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ID0612203600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 122. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Inhalt: Würdigung des 25jährigen Bestehens der Organisation CARE von Hassel, Präsident . . . . . . 7043 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs 7043 B Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Bundestages zu Petitionen (Drucksache 1/1/2141) Hussing (CDU/CSU) . . . . . . 7043 C Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sicherheitspolitik der Bundesregierung (Drucksache VI/ 1779, VI/ 1977) in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen VI/1931, VI/1977), mit Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1970 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Drucksachen VI/1942, VI/2168) und mit Mündlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über das Weißbuch 1970 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr (Drucksachen VI/765, VI/2167) Adorno (CDU/CSU) . . . . . . . 7044 C Buchstaller (SPD) . . . . . . 7050 B Jung (FDP) 7054 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 7057 D Wienand (SPD) . . . . . . . . 7065 B Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 7069 D Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 7072 A Schultz, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . 7073 C Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . . 7089 D Schmidt, Bundesminister . 7093 B, 7106 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 7105 B Dr. Bußmann (SPD) . . . . . . . 7108 B Ernesti (CDU/CSU) . . . . . . . 7110 D Pawelczyk (SPD) 7114 D Krall (FDP) 7117 C Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 7119 D Stahlberg (CDU/CSU) 7121 B Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 7123 D Damm (CDU/CSU) . . . . . . 7125 D Neumann (SPD) 7128 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 7130 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung . . . . . 7076 B Fragestunde (Drucksache VI/2166) Frage des Abg. Dr. Mende (CDU/CSU) : Forderung der SED nach Abgrenzung der DDR von der Bundesrepublik Deutschland Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7076 D, 7077 B, C Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 7077 C Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Merkblatt über Reisen in die DDR Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7077 D, 7078 C, D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 7078 C Dr. Haack (SPD) . . . . . . . . 7078 D Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Äußerung des Bundesministers Dr. Eppler betreffend Aussiedlerhöfe in Baden-Württemberg Dr. Eppler, Bundesminister . , 7079 A, B, C Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7079 B, C Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Beurteilung der Aussiedlung durch den Bundesminister Dr. Eppler Dr. Eppler, Bundesminister 7079 D, 7080 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . 7079 D, 7080 A Fragen des Abg. Ehnes (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Beihilfen für den Anbau von Grünfutter in den Niederlanden Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7080 B, C, D, 7081 A, B Ehnes (CDU/CSU) 7080 C, D Röhner (CDU/CSU) . . . . . . 7081 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7081 B Bittelmann (CDU/CSU) . . . . 7081 B Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Überbrückungsmaßnahmen für niederländische Obsterzeugerbetriebe Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7081 C, D, 7082 A, B Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . , 7082 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 B Fragen des Abg. Rainer (CDU/CSU) : Gewährung staatlicher Hilfe an niederländische Gartenbaubetriebe bei Aufnahme von Krediten für die Beschaffung von Heizöl Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7082 C, D, 7083 A, B, C Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 D Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . . 7083 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 7083 B Fragen des Abg. Röhner (CDU/CSU) : Gewährung von Zuschüssen an Landwirte für den Aufbau einer neuen Existenz Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7083 C, D, 7084 A, B, C Röhner (CDU/CSU) 7084 A, B von Thadden (CDU/CSU) . . . . 7084 C Fragen der Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) und Susset (CDU/CSU) : Ausführungen in der „Verbraucherpolitischen Korrespondenz" über die Verhältnisse in der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7084 C, 7085 A, B, D, 7086 A, B, D, 7087 A Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 7085 A Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 7085 B Susset (CDU/CSU) . 7085 D, 7086 A, C, D Biechele (CDU/CSU) . . . . . . 7087 A Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) : Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7087 B, C Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 7087 C Dr. Früh (CDU/CSU) 7087 D Frage des Abg. Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Zusammensetzung der Bundesversammlung unter Berücksichtigung der Bundestags- und Landtagswahlen seit dem 28. September 1969 Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 7088 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 III Frage des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Mitwirkung der Bundesregierung in dem „Gemeinsamen Ausschuß für Kulturarbeit" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7088 A, B, C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 7088 B, C Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Besitz- und Beteiligungsverhältnisse der „Konzentration-GmbH" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7088 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 7089 A Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU): Sofortprogramm der Bundesregierung zur Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7089 A, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 7089 C Nächste Sitzung 7133 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7135 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Einkommen in der Landwirtschaft . 7135 D Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Möglichkeiten eines kostenorientierten Wirtschaftens für landwirtschaftliche Unternehmer . . . . . . . . . 7136 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 7043 122. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Berger 12. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Faller * 13. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Gerlach (Emsland) 14. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Frau Klee ** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Michels 12. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Müller (München) ** 15. 5. Frau Dr. Orth * 14. 5. Pöhler ** 15. 5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richarts * 14. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Sieglerschmidt ** 12. 5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Dr. Stoltenberg 14. 5. Struve 12. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 57) : Hält die Bundesregierung angesichts des in wenigen Wochen abgeschlossenen Wirtschaftsjahrs 1970/71 ihre Aussage immer noch aufrecht, daß die Landwirtschaft annähernd das Einkommensniveau des zurückliegenden Wirtschaftsjahrs 1969'70 erreichen wird (Drucksache VI/1861)? Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß in der Landwirtschaft das Einkommen je Vollarbeitskraft im Wirtschaftsjahr 1970/71 das Niveau des Vorjahres annähernd erreichen wird. In dieser Auffassung wird sie dadurch bestärkt, daß durch die Brüsseler Preisbeschlüsse vom 25. März 1971, die bei der Vorschätzung für den Agrarbericht 1971 seinerzeit noch nicht bekannt waren, zum Ende des Wirtschaftsjahres 1970/71 noch ein positiver Einkommenseffekt zu erwarten ist. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 58) : Bleibt die Bundesregierung im Hinblick auf den sich beschleunigenden Preisauftrieb bei ihrer Äußerung, daß die Landwirtschaft durch eine zeitliche Streckung der Investitionen und durch Verlageiungen innerhalb der Aufwandstruktur dem für sie unerträglichen Kostenanstieg entgegenwirken kann? Die Bundesregierung bleibt grundsätzlich bei ihrer Auffassung. Sie stützt sich dabei auf die unveränderte Annahme, daß die landwirtschaftlichen Unternehmer unter den gegenwärtigen schwierigen Bedingungen alle Möglichkeiten kostenorientierten Wirtschaftens ausschöpfen und im übrigen durch die die EG-Agrarpreisbeschlüsse ergänzenden nationalen Maßnahmen in Höhe von 480 Millionen DM, deren Akzent auf Entlastung der Kostenseite liegt, eine Hilfe erfahren.
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    Rede von Liselotte Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Das Wort hat der Wehrbeauftragte. Das Begehren, ihm das Wort zu geben, ist von allen Fraktionen und damit hinreichend unterstützt.
    Bitte schön, Herr Wehrbeauftragter!
    Schultz, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst darf ich mich dafür bedanken, daß Sie mir die Gelegenheit geben, einige Bemerkungen zu meinem Jahresbericht zu machen. Wenn der Wehrbeauftragte in Fragen seines Verfassungsauftrages das Wort nimmt, muß er immer zwei Aspekte dieses Auftrages sehen. Er ist einmal Ihr Hilfsorgan, Hilfsorgan des Parlaments für die Kontrolle der Streitkräfte, und er ist gleichzeitig eine Art parlamentarischer „Schutzpatron" der Soldaten, ohne daß die eine Aufgabe von der anderen immer säuberlich zu trennen wäre.
    Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren dieses Hohen Hauses, in der Rolle des Sachwalters für die Soldaten dafür zu danken, daß Sie sich mit den Problemen der Bundeswehr in dieser Breite heute auseinandersetzen und schon im März auseinandergesetzt haben. Ich spreche dabei nicht so sehr für die Institution Bundeswehr als für den einzelnen Soldaten, dessen Sorgen und Nöte Sie zu den Ihren machen. Ich weiß aus den vielen Truppenbesuchen, die ich im vergangenen Jahr abgestattet habe, wie stark sich das Interesse der Soldaten auf dieses Hohe Haus konzentriert, wenn Fragen der Landesverteidigung und des inneren Zustandes der Bundeswehr auf der Tagesordnung stehen.
    Ich möchte Ihnen auch danken, daß Sie den Jahresbericht 1970 im Verteidigungsausschuß in aller Ausführlichkeit diskutiert haben und daß Sie so schnell an die Beratung herangegangen sind. Hier hat sich eine Tradition, die mit der Beratung der Jahresberichte 1968 und 1969 begonnen hat, erfreulicherweise sehr gut fortgesetzt.
    Ich darf nun auf einige Probleme hinweisen, die mir noch des Erwähnens wert scheinen, und vielleicht auf einige Unterschiede zu Auffassungen draußen, die zu dem Jahresbericht geäußert worden sind, hinweisen.
    Einigen Pressekommentaren zum Jahresbericht 1970 konnte ich entnehmen, daß das Thema „Haar- und Barttracht der Soldaten" zu breit dargestellt worden sei. Es hieß in diesem Zusammenhang gelegentlich auch, der Bericht sei insgesamt allzu juristisch formuliert. Ich will mich natürlich jetzt nicht mit Kommentaren der Presse zu meinem Bericht auseinandersetzen. Aber ich darf mir viel-



    Schultz, Wehrbeauftragter
    leicht den Hinweis erlauben, das es nach meinem Dafürhalten dort, wo es sich um die Grundrechte des einzelnen handelt, gar nicht juristisch exakt genug zugehen kann.
    Der Bundesminister der Verteidigung hat in seiner Erklärung am 26. März hier vor diesem Hause diese Ausführungen über Haar- und Barttracht, die zugegebenermaßen verhältnismäßig langatmig gewesen sind, in die Rubrik „Heiteres aus der Truppe" eingeordnet. Ich kann diese Auffassung im Hinblick auf den Arbeitsanfall, den gerade dieses Problem im Berichtsjahr 1970 in meinem Amt verursacht hat, nicht ganz teilen. Es haben sich im Berichtsjahr 1970 über 500 Soldaten in dieser Frage an den Wehrbeauftragten gewandt. Der Bundesminister der Verteidigung hat mit zwei fernschriftlich ergangenen Weisungen im Februar und März dieses Jahres versucht, dieses Problem zu lösen. Der Jahresbericht hatte daraufhin der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Neuregelung geeignet sei, in der Truppe nunmehr die erforderliche Rechtssicherheit herbeizuführen. Leider hat sich diese Hoffnung zumindest bis jetzt noch nicht erfüllt. Denn in Fragen Haar- und Barttracht haben wir im laufenden Berichtsjahr, also in jetzt etwas mehr als einem Vierteljahr, schon wieder 100 Eingaben in meinem Amt zu verzeichnen.
    Der Herr Bundesminister der Verteidigung hat in der Sitzung am 26. März, als er sich mit diesem heiteren Problem auseinandersetzte, unter anderem schließlich gesagt — ich darf zitieren -.
    „Und wer auf diesem Gebiet die persönliche Gestaltungsfreiheit junger Menschen unnötig einengen wollte, der würde überflüssigen Konfliktstoff schaffen."
    Diese Auffassung teile ich hundertprozentig. Aber ich muß sagen, daß diese Auffassung zumindest noch nicht hinreichend die Auffassung der Führer aller Grade geworden ist. Es kommt auch nach meiner Meinung sehr viel mehr darauf an, die Ausführung des Dienstes zu kontrollieren und sich auf einen möglichst hohen Ausbildungsstand an der Waffe zu konzentrieren, als formale Fragen in den Vordergrund zu stellen. Ich würde allerdings trotzdem empfehlen, daß sich Fü S 1 dieses Problems intern doch noch einmal annimmt und einen weitgehenden Konsensus mit den Gefühlen der Truppe herstellt. Das Problem ist zugegebenermaßen banal. Aber es stellt immer noch einen Unruheherd dar, dessen man sich entledigen sollte; vielleicht dadurch — und nun trage ich vielleicht auch etwas zur Heiterkeit bei , daß wir Älteren, wie mir ein stellvertretender Divisionskommandeur vorschlug, Zöpfe tragen und uns einen Kaiser-FranzJoseph-Bart wachsen lassen sollten.
    Ein weiteres Problem, dessen Untersuchung sich der Bundesminister der Verteidigung nunmehr angenommen hat, ist die grundsätzliche Frage nach der Integrationsfähigkeit der bewaffneten Macht in die Struktur einer entwickelten Industriegesellschaft. In unmittelbarem Zusammenhang damit steht die alte Frage nach den Konturen eines soldatischen Berufsbildes in der Mitte oder gegen Ende des
    zwanzigsten Jahrhunderts. Ich sage mit Freude, daß die Diskussion darüber wieder in Gang gekommen ist und daß sie nunmehr, wie ich hoffe, ohne den ideologischen Ballast geführt wird, der ihr dadurch beigefügt wird, indem man die Leute, die der einen Meinung sind, in die berühmte Gruppe der Reformer einteilt und die anderen, die anderer Meinung sind, mit dem Schlagwort „Traditionalisten" belegt. Das wird nämlich der Sachfrage nicht gerecht. Es kommt darauf an, daß eine klärende wissenschaftliche Untersuchung dieser Gesamtproblematik stattfindet, weil die Untersuchung dieser Frage natürlich auf alle übrigen Maßnahmen ihren Ausfluß haben wird, Maßnahmen, die z. B. in der Personalstrukturkommission, in der Bildungskommission und welche Einrichtungen zur Untersuchung von Fragen der zukünftigen Wehrstruktur noch eingesetzt worden sind, erörtert und beraten werden. Ich darf darauf verweisen, daß Herr Abgeordneter Adorno dieses Problem schon angeschnitten und, wie ich glaube, mit Recht gesagt hat, man könne natürlich nicht auf der einen Seite den Soldatenberuf als einen Beruf wie jeden anderen bezeichnen, gleichzeitig aber besondere, von der übrigen Gesellschaft abweichende Forderungen an den Soldaten — sei es in der Dienstzeit, der Dienstausübung, sei es im Erscheinungsbild daran knüpfen. Diese beiden Gegensätze miteinander zu verbinden ist nicht möglich. Man muß sich für das eine oder das andere entscheiden. Wir haben uns für das „andere" entschieden, nämlich Einordnung des Soldaten in die Gesellschaft. Deshalb müssen wir auch die Konsequenzen daraus ziehen.
    Herr Abgeordneter Jung meinte, daß die Bundeswehr schon als demokratische Institution in unseren Staat integriert sei. Dem stimme ich zu. Es geht hier mehr oder weniger darum, wie einzelne Sachprobleme wie z. B. die Frage der beruflichen Weiterarbeit nach dem Soldatendienst in der Gesellschaft geregelt oder gelöst werden können.
    Ich habe in meinem Bericht auch darüber gesprochen — diese Frage ist hier schon angeschnitten worden , daß das Bewußtsein, gegenüber der Allgemeinheit auch Pflichten zu besitzen, bei der heranwachsenden Generation nicht immer hinreichend ausgeprägt ist. Ich meine, daß aber auch die mittlere Generation und auch meine eigene inzwischen gelernt haben, Wünsche und Forderungen an den Staat zu stellen, ohne sich zu fragen: Was muß ich eigentlich dazu tun, daß dieses Gemeinwesen blühe und gedeihe? Es handelt sich hierbei natürlich nicht um ein Sonderproblem der Bundeswehr, sondern das ist ein Phänomen unserer Gegenwart, und die Menschen in der Bundeswehr sind nicht anders als die Menschen in unserem Staat.
    Ich glaube aber, daß dieses Problem gerade im Hinblick auf die staatsbürgerliche Unterrichtung der Soldaten und solcher, die es werden sollen, besondere Beachtung finden muß. Ich teile durchaus die Auffassung, die hier schon geäußert worden ist, daß nämlich die Anstrengungen der Bundeswehr, im Rahmen staatsbürgerlicher Unterrichtung den Staatsbürger in Uniform wirklich ernst zu nehmen, Stückwerk bleiben müssen, wenn nicht auch Elternhaus



    Schultz, Wehrbeauftragter
    und Schule eine Aufgabe darin sehen, über Probleme der Landesverteidigung zu unterrichten, und diese Aufgabe besser als bisher erfüllen. Ich meine, daß gerade junge Menschen ein Anrecht darauf haben, über diese Probleme informiert nicht manipuliert, aber informiert -- zu werden.
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß innerhalb der Bundeswehr die Führer aller Grade diesem hohen Anspruch, Innere Führung zu praktizieren, gerecht werden können, wenn sie sich nicht nur mit den Schwierigkeiten, die durch Infrastruktur, Material und dergleichen entstehen, auseinandersetzen müssen, das heißt, wenn sie weitgehend darauf angewiesen sind, auch heute noch immer nur zu improvisieren, und auf der anderen Seite auf Wehrpflichtige treffen, die den Problemen der Landesverteidigung indifferent gegenüberstehen und noch nicht einmal etwas davon gehört haben. Dann zu führen, dann auszubilden, das übersteigt die Kräfte des einzelnen mit Sicherheit.
    Ich habe deswegen auch mit Freude von der Initiative des Herrn Bundeskanzlers Kenntnis genommen; Herr Abgeordneter Buchstaller hat darauf schon hingewiesen. Ich darf Sie alle bitten, meine Damen und Herren in diesem Hohen Hause, zum Gelingen dieser Initiative — des Briefes an die Ministerpräsidenten in Sachen staatsbürgerliche Unterrichtung in Schulen — das Ihre beizutragen. Das kann weniger vom Hohen Hause ausgehen als von den Landtagen und den Landesverbänden. Sie sind alle dort irgendwie verankert. Ich würde also meinen, daß im Sozialkunde- und Gemeinschaftskundeunterricht auch die Bundeswehr und Probleme der Landesverteidigung Gegenstand des Unterrichts sein sollten.
    Zum Problembereich Innere Führung enthält der Jahresbericht den Vorschlag, eine allgemeine militärische Führungslehre unter pädagogischem Aspekt zu entwickeln. Hier hat der Bundesminister der Verteidigung in der schon erwähnten Sitzung am 26. März gesagt, daß „Innere Führung nicht vornehmlich eine Sache der theoretischen, sondern der praktischen Pädagogik sei, und daß man die Praxis der Inneren Führung" besser von seinen unmittelbaren Vorgesetzten als aus Büchern lerne. Sicher ist dieser Auffassung zuzustimmen. Aber ich glaube, daß sie nicht die ganze Breite des Problems voll abdeckt. Ich freue mich, daß die Anregung des Jahresberichtes 1970 und auch früherer Jahresberichte, eine allgemeine militärische Führungslehre unter pädagogischem Aspekt zu entwickeln, nun doch in die Wirklichkeit umgesetzt wird. Ich bin natürlich auch nicht der Meinung, daß man in diesen Fragen theologisieren und dogmatisieren sollte. Aber es handelt sich dabei um einen Wechselprozeß von Erfahrung und theoretischem Wissen, der im pädagogischen Bereich ausgetauscht werden muß. Der Vorschlag meines Vorgängers und auch mein Vorschlag lassen Raum für beides, sowohl für die lernbare theoretische Darlegung der Inneren Führung, die dem Bewußtsein aller Soldaten zugänglich ist, als auch für das praktische Beispiel im Führungsverhalten des unmittelbaren Vorgesetzten.
    Im übrigen hat kein Wehrbeauftragter bisher behauptet, daß er einen Monopolanspruch auf die Auslegung des Begriffs Innere Führung besitze, sondern alle haben ihre Darlegungen immer als Vorschläge und Denkanstöße verstanden wissen wollen und in diesem Bemühen auch die Anerkennung dieses Hohen Hauses gefunden.
    Ich fühle mich in dem, was wir hier geschrieben haben, ohne daß das vorher abgesprochen worden ist, auch durch ein Vorwort bestätigt, das Graf Kielmansegg zu einem jetzt erscheinenden Buch „Bundeswehr in der Demokratie" geschrieben hat, der gerade auch hier ein Fehl festgestellt hat, das nunmehr ausgeglichen werden soll.
    Ein weiteres Problem noch: Der Bundesminister der Verteidigung hat im Weißbuch 1970 und bei anderen Gelegenheiten auf die Notwendigkeit von Diskussion und Dialog in den Streitkräften ausdrücklich hingewiesen. Diese Erklärungen sind auf sehr fruchtbaren Boden gefallen. Es ist eine starke Diskussion innerhalb der Truppe in Gang gekommen. Der Soldat jeden Dienstgrads hat das Bedürfnis und den Willen, seine Probleme im breiten Ausmaß mit den Vorgesetzten zu diskutieren. Diskussion und Dialog sind, wie ich glaube, mehr als bloße Meinungsfreiheit, sondern sie bedeuten, daß man sich auch mit vorgetragenen Sachverhalten auseinandersetzt, daß man nicht nur angehört wird, sondern daß man, insbesondere wenn man anderer Meinung ist als die Vorgesetzten, dann auch eine begründete Antwort haben will, warum dies oder jenes nicht geht oder warum diese oder jene Lösung, die man vorschlägt, nicht möglich ist. Es kommt wohl darauf an, daß diese Bereitschaft, nicht nur zu sagen, das geht nicht, sondern zu sagen, warum dieses oder jenes nicht geht, oder vielleicht sogar etwas aufzugreifen, was einem vorgetragen wird, insbesondere in der mittleren Führungsebene verstärkt wird und daß auch gelehrt wird, daß man heute nur mehr führen kann, wenn man zur Diskussion bereit ist. Hier scheint mir noch ein gewisses Fehl an Verhalten vorzuliegen. Den Sachverhalt, daß Führung ohne Diskussion, ohne Information heute schlechterdings nicht mehr zu machen ist, haben viele Vorgesetzte noch nicht erkannt. Wenn dem nicht so wäre, könnte man mancherorts nicht von einer Vertrauenskrise zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sprechen oder zumindest Anzeichen dafür feststellen. Damit ist selbstverständlich auch eine verstärkte Anforderung an das Ministerium selber gestellt. Auch das Ministerium muß heute vielleicht zu mehr Dingen Stellung beziehen als es das früher notwendig gehabt hat.
    In diese Darstellung möchte ich eigentlich auch das aufgefaßt wissen, was ich bezüglich der Unterrichtung über Aktionen, die in der Truppe stattgefunden haben, geschrieben habe. In dem Bericht des Ausschusses — Drucksache VI/2168 zu dem Jahresbericht des Wehrbeauftragten wird gesagt:
    „Der Wehrbeauftragte verlangt Erteilung eindeutiger Richtlinien und Weisungen an die Truppe im Falle der Agitation von radikalen Kräften."
    Der Bundesminister der Verteidigung hält es für sehr schwierig, im vorhinein abstrakte Weisungen für alle möglichen Eventualitäten zu erteilen.



    Schultz, Wehrbeauftragter
    Da stimme ich ihm zu; das ist natürlich nicht möglich. Aber worum es mir geht, ist, daß solche Aktionen — angesprochen war hier die Aktion „Soldat 70" — in ihren Hintergründen ausgeleuchtet und auch wieder mit entsprechenden Stellungnahmen versehen von der Führung aus an die Truppe weitergegeben werden, um die Möglichkeit und die Gelegenheit für das Bestehen einer Diskussion, insbesondere für die Führer aller Grade, zu schaffen. Das war das, was ich meinte und was vielleicht in dem grammatikalischen Deutsch des Berichtes nicht so gut ausgedrückt war.
    Dart ich abschließend noch einmal in die Rolle des Sachwalters der Soldaten hinüberwechseln. Ich hatte schon am Anfang gebeten, daß Sie den vorgeschlagenen Abhilfe- und Verbesserungsmaßnahmen des Jahresberichts Ihre Zustimmung nicht versagen, und ich bin mir dabei der Tatsache bewußt, daß die Verwirklichung dieser Vorschläge auch neue finanzielle Anstrengungen erforderlich macht. Kritiker der Bundeswehr und politische Gegner der Verteidigungsanstrengungen in diesem Land sollten darauf hingewiesen werden, daß sich auch andere Staaten ihre äußere Sicherheit vieles kosten lassen. Das neutrale Schweden, das sogar ein Ministeramt für Atom- und Abrüstungsfragen geschaffen hat, gab im vergangenen Jahr 183 Dollar pro Kopf der Bevölkerung für Verteidigung aus. Gemessen an der Bevölkerungszahl waren das die vierthöchsten Verteidigungsausgaben der Welt. Höhere gab es nur bei den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und in Israel. Ich meine, daß dieser Tatbestand uns alle nachdenklich stimmen muß, und daß bei aller Friedensliebe unsere nördlichen Nachbarn sich darüber klar zu sein scheinen, daß es auch für ein neutrales Land in der derzeitigen weltpolitischen Situation ohne eine wirksame Verteidigungsorganisation keine Sicherheit gibt. Gerade diesen Sachverhalt sollten wir uns vor Augen halten, wenn Diskussionen darüber geführt werden, was die Bundeswehr kostet. Ich spreche auch noch eine Banalität aus, wenn ich sage: Die Sicherheit hat ihren Preis, und daran führt uns kein Weg vorbei.

    (Beifall.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Wir danken dem Herrn Wehrbeauftragten. Nunmehr treten wir in die Mittagspause ein. Das Haus tritt um 14 Uhr wieder zur Fragestunde zusammen, um 15 Uhr zur Fortsetzung der Debatte. Es sind noch 16 Redner gegemeldet.
Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.58 Uhr bis 14.00 Uhr.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schmitt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Die Sitzung ist wieder eröffnet.
    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 5 der heutigen Tagesordnung — zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes — von der Tagesordnung dieser Woche abgesetzt werden. Ist
    das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
    Dann treten wir ein in die Fragestunde
    — Drucksache VI/2166 —
    Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Herold zur Verfügung. Die Frage 1 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Mende eingebracht.
    Wie beurteilt die Bundesregierung die in den Losungen zum 1. Mai 1971 vom Zentralorgan der SED aufgestellte Forderung: „Vollständige Abgrenzung von der imperialistischen BRD für die Herstellung normaler diplomatischer Beziehungen zwischen der DDR und BRD entsprechend den Regeln des Völkerrechts!" im Hinblick auf die Begegnungen von Erfurt und Kassel und die Gespräche der Staatssekretäre Bahr und Kohl?
    Herr Staatssekretär!