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ID0612200600

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    Deutscher Bundestag 122. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Inhalt: Würdigung des 25jährigen Bestehens der Organisation CARE von Hassel, Präsident . . . . . . 7043 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs 7043 B Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Bundestages zu Petitionen (Drucksache 1/1/2141) Hussing (CDU/CSU) . . . . . . 7043 C Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sicherheitspolitik der Bundesregierung (Drucksache VI/ 1779, VI/ 1977) in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen VI/1931, VI/1977), mit Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1970 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Drucksachen VI/1942, VI/2168) und mit Mündlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über das Weißbuch 1970 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr (Drucksachen VI/765, VI/2167) Adorno (CDU/CSU) . . . . . . . 7044 C Buchstaller (SPD) . . . . . . 7050 B Jung (FDP) 7054 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 7057 D Wienand (SPD) . . . . . . . . 7065 B Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 7069 D Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 7072 A Schultz, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . 7073 C Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . . 7089 D Schmidt, Bundesminister . 7093 B, 7106 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 7105 B Dr. Bußmann (SPD) . . . . . . . 7108 B Ernesti (CDU/CSU) . . . . . . . 7110 D Pawelczyk (SPD) 7114 D Krall (FDP) 7117 C Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 7119 D Stahlberg (CDU/CSU) 7121 B Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 7123 D Damm (CDU/CSU) . . . . . . 7125 D Neumann (SPD) 7128 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 7130 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung . . . . . 7076 B Fragestunde (Drucksache VI/2166) Frage des Abg. Dr. Mende (CDU/CSU) : Forderung der SED nach Abgrenzung der DDR von der Bundesrepublik Deutschland Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7076 D, 7077 B, C Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 7077 C Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Merkblatt über Reisen in die DDR Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7077 D, 7078 C, D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 7078 C Dr. Haack (SPD) . . . . . . . . 7078 D Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Äußerung des Bundesministers Dr. Eppler betreffend Aussiedlerhöfe in Baden-Württemberg Dr. Eppler, Bundesminister . , 7079 A, B, C Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7079 B, C Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Beurteilung der Aussiedlung durch den Bundesminister Dr. Eppler Dr. Eppler, Bundesminister 7079 D, 7080 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . 7079 D, 7080 A Fragen des Abg. Ehnes (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Beihilfen für den Anbau von Grünfutter in den Niederlanden Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7080 B, C, D, 7081 A, B Ehnes (CDU/CSU) 7080 C, D Röhner (CDU/CSU) . . . . . . 7081 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7081 B Bittelmann (CDU/CSU) . . . . 7081 B Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Überbrückungsmaßnahmen für niederländische Obsterzeugerbetriebe Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7081 C, D, 7082 A, B Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . , 7082 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 B Fragen des Abg. Rainer (CDU/CSU) : Gewährung staatlicher Hilfe an niederländische Gartenbaubetriebe bei Aufnahme von Krediten für die Beschaffung von Heizöl Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7082 C, D, 7083 A, B, C Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 D Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . . 7083 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 7083 B Fragen des Abg. Röhner (CDU/CSU) : Gewährung von Zuschüssen an Landwirte für den Aufbau einer neuen Existenz Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7083 C, D, 7084 A, B, C Röhner (CDU/CSU) 7084 A, B von Thadden (CDU/CSU) . . . . 7084 C Fragen der Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) und Susset (CDU/CSU) : Ausführungen in der „Verbraucherpolitischen Korrespondenz" über die Verhältnisse in der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7084 C, 7085 A, B, D, 7086 A, B, D, 7087 A Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 7085 A Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 7085 B Susset (CDU/CSU) . 7085 D, 7086 A, C, D Biechele (CDU/CSU) . . . . . . 7087 A Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) : Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7087 B, C Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 7087 C Dr. Früh (CDU/CSU) 7087 D Frage des Abg. Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Zusammensetzung der Bundesversammlung unter Berücksichtigung der Bundestags- und Landtagswahlen seit dem 28. September 1969 Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 7088 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 III Frage des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Mitwirkung der Bundesregierung in dem „Gemeinsamen Ausschuß für Kulturarbeit" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7088 A, B, C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 7088 B, C Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Besitz- und Beteiligungsverhältnisse der „Konzentration-GmbH" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7088 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 7089 A Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU): Sofortprogramm der Bundesregierung zur Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7089 A, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 7089 C Nächste Sitzung 7133 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7135 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Einkommen in der Landwirtschaft . 7135 D Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Möglichkeiten eines kostenorientierten Wirtschaftens für landwirtschaftliche Unternehmer . . . . . . . . . 7136 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 7043 122. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Berger 12. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Faller * 13. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Gerlach (Emsland) 14. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Frau Klee ** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Michels 12. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Müller (München) ** 15. 5. Frau Dr. Orth * 14. 5. Pöhler ** 15. 5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richarts * 14. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Sieglerschmidt ** 12. 5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Dr. Stoltenberg 14. 5. Struve 12. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 57) : Hält die Bundesregierung angesichts des in wenigen Wochen abgeschlossenen Wirtschaftsjahrs 1970/71 ihre Aussage immer noch aufrecht, daß die Landwirtschaft annähernd das Einkommensniveau des zurückliegenden Wirtschaftsjahrs 1969'70 erreichen wird (Drucksache VI/1861)? Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß in der Landwirtschaft das Einkommen je Vollarbeitskraft im Wirtschaftsjahr 1970/71 das Niveau des Vorjahres annähernd erreichen wird. In dieser Auffassung wird sie dadurch bestärkt, daß durch die Brüsseler Preisbeschlüsse vom 25. März 1971, die bei der Vorschätzung für den Agrarbericht 1971 seinerzeit noch nicht bekannt waren, zum Ende des Wirtschaftsjahres 1970/71 noch ein positiver Einkommenseffekt zu erwarten ist. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 58) : Bleibt die Bundesregierung im Hinblick auf den sich beschleunigenden Preisauftrieb bei ihrer Äußerung, daß die Landwirtschaft durch eine zeitliche Streckung der Investitionen und durch Verlageiungen innerhalb der Aufwandstruktur dem für sie unerträglichen Kostenanstieg entgegenwirken kann? Die Bundesregierung bleibt grundsätzlich bei ihrer Auffassung. Sie stützt sich dabei auf die unveränderte Annahme, daß die landwirtschaftlichen Unternehmer unter den gegenwärtigen schwierigen Bedingungen alle Möglichkeiten kostenorientierten Wirtschaftens ausschöpfen und im übrigen durch die die EG-Agrarpreisbeschlüsse ergänzenden nationalen Maßnahmen in Höhe von 480 Millionen DM, deren Akzent auf Entlastung der Kostenseite liegt, eine Hilfe erfahren.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Buchstaller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD und der FDP haben die Große Anfrage Drucksache VI/1779 hauptsächlich eingebracht, um der Bundesregierung, vor allem dem Bundesverteidigungsminister, Gelegenheit zu geben, zu aktuellen Fragen der Sicherheitspolitik Stellung zu nehmen. Parlament und Öffentlichkeit haben, gerade was die äußere Sicherheit anbetrifft, Anspruch auf eine umfassende Sachinformation sowohl über die Verteidigungs- und Bündnispolitik als auch im besonderen über die Lage der Bundeswehr.
    Bei der Großen Anfrage der Koalitionsfraktionen geht es vor allen Dingen um eine Stellungnahme zu
    den Fragen erstens nach dem Einfluß von Umstrukturierungsmaßnahmen im Verteidigungsbereich auf die Kampfkraft der Bundeswehr; zweitens nach der Steigerung der Effektivität der Bundeswehr, insbesondere der Verbesserung ihres inneren Gefüges; dittens nach den Zielsetzungen von bereits realisierten strukturellen Veränderungen innerhalb der Bundeswehr; viertens nach der Zielverfolgung und Situationsanalsyse in der Zusammenarbeit mit anderen NATO-Staaten und dem Bündnis.
    Zum zweiten haben uns, sehr verehrte Damen und Herren, auch verschiedene Behauptungen und Darstellungen zu verteidigungspolitischen Problemen in der Öffentlichkeit und auch Äußerungen von Oppositionssprechern Veranlassung gegeben, dafür zu sorgen, daß diese Fragen im Parlament und vor der Öffentlichkeit ihre Beantwortung durch die Bundesregierung erfahren. Meinungs- und Beurteilungsverschiedenheiten sind selbstverständlich auch im sicherheitspolitischen Bereich eine demokratische und parlamentarische Notwendigkeit. Aber mit einem ständigen Krisengerede wird weder ein Beitrag zur Stärkung der Verteidigungskraft noch zur Bewältigung der Probleme der Bundeswehr geleistet.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im Gegenteil führt das zur Verunsicherung der Gesellschaft, der NATO-Verbündeten und nicht zuletzt der Bundeswehr selbst. Hier sind Klarstellungen in und vor aller Öffentlichkeit notwendig. Verteidigungsminister Helmut Schmidt ist seit seiner Amtsübernahme beharrlich, ständig und erfolgreich bestrebt, aufgestaute oder vertagte Schwierigkeiten innerhalb der Bundeswehr und im Grenzbereich so optimal wie möglich zu lösen. Alle diese verwirklichten, eingeleiteten oder in Angriff genommenen Maßnahmen dienen dem Sicherheitsbedürfnis unserer Gesellschaft.
    Drittens. Seit der Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Oktober 1969

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Beginnt ein neues Zeitalter!)

    haben sich neues sicherheitspolitische Perspektiven ergeben.

    (Abg. van Delden: Im Wunschdenken!)

    Sie manifestieren sich im Weißbuch 1970 und in den Kommuniqués der NATO-Ministerratstagungen von Rom und Brüssel im Jahre 1970. Das Weißbuch zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr stellt das sicherheitspolitische Programm der Bundesregierung für die nächsten Jahre dar. Diese umfassenden Reformvorhaben können selbstverständlich nur Zug um Zug realisiert werden. Ihr Ziel ist es, die Streitkräfte effektiver zu gestalten. Im Kommuniqué über die Ministertagung des Nordatlantikrates in Rom vom 27. Mai 1970 heißt es zur Lage in Mitteleuropa:
    Mit Unterstützung und Verständnis ihrer Verbündeten hat die Bundesrepublik Deutschland Gespräche mit der Sowjetunion, Polen und der DDR aufgenommen, um die Lage in Mitteleuropa zu verbessern. Die Bündnispartner erachten dies als ermutigend.



    Buchstaller
    Dies alles, meine Damen und Herren, sind Faktoren, die die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik beeinflußt haben und die man nicht unberücksichtigt lassen kann und nicht unberücksichtigt lassen darf. Im Bereich des Bündnisses sind die Entscheidungen über den Verbleib ausreichender amerikanischer Streitkräfte auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland und über ein europäisches Verstärkungsprogramm zur NATO-Verteidigung von stabilisierender Bedeutung. So wird beispielsweise in der strategischen NATO-Studie „AD-70" das europäische Verstärkungsprogramm begrüßt und als zusätzliche Stabilisierung in bestimmten Fachgebieten der NATO charakterisiert.
    Im Rahmen der Bundeswehr sollen die 124 angekündigten und zum größten Teil schon realisierten Maßnahmen aus dem Weißbuch 70 zur inneren Konsolidierung der Streitkräfte und zu vermehrter Integration in die Gesellschaft beitragen. Angesichts der Vielzahl anstehender Aufgaben müssen diese Bemühungen als ein Prozeß aufgefaßt werden, der selbstverständlich seine Zeit braucht.
    Eine nüchterne Bilanzierung im Bündnis und in der Bundeswehr führt zu dem Ergebnis, daß die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der verbündeten Nachbarn verbessert worden ist. Bei allem Sinn für sachlich ausgetragene Meinungsunterschiede mit Teilen der Öffentlichkeit und der Opposition kann meines Erachtens diese in sich ausgewogene Sicherheitsbilanz nicht bestritten werden.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Na! Na!)

    In sachlicher, d. h. positiver und auch kritischer, Darstellung müssen Öffentlichkeit, Soldaten und Bündnispartner wissen, wie es um die Bundeswehr, die Verteidigungsanstrengungen und die Verteidigungskonzeption der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich bestellt ist.
    Diesem Verlangen nach Information ist die Bundesregierung mit ihrer Antwort auf die Großen Anfragen der SPD- und der FDP-Fraktion sowie der CDU/CSU-Fraktion nachgekommen. Mit dieser Beantwortung wird u. a. für die NATO-Politik folgendes klargestellt.
    Erstens. Unsere nationale Sicherheitspolitik gründet sich auf die vom NATO-Bündnis entwickelten Prinzipien einer gemeinsamen Sicherheitspolitik. Dazu gehören nicht nur die Strategie der flexiblen Reaktion und das Prinzip der Vorne-Verteidigung, sondern auch die Kernfeststellung des auch von meinem Vorredner zitierten „Harmel-Berichts" vom Dezember 1967, in dem es heißt:
    Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung stellen keinen Widerspruch, sondern eine gegenseitige Ergänzung dar. Wir werden auch weiterhin daran festhalten, daß politische Entspannungsbemühungen nur auf der Basis eines militärischen Gleichgewichts zwischen Ost und West in dauerhafte und wirksame Regelungen münden können.
    Zweitens. Das Kräfteverhältnis in Europa zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt wird im wesentlichen durch die strategische Ausgewogenheit der verfügbaren Kräfte bestimmt. Dieser stabile Zustand in Mitteleuropa beruht nicht nur, Herr Adorno, auf einem Kopf-und-Kopf-Zählen oder auf dem Abzählen von Raketen oder dem Abzählen von Panzern.

    (Abg. van Delden: Das hat auch niemand behauptet!)

    Es kommt vor allem darauf an, die Situation der einzelnen Länder entsprechend einzuschätzen und ins Gewicht zu bringen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Diese tatsächlichen und potentiellen Kräfte gilt es mit in die Beurteilung der Gesamtsituation einzubeziehen. Der Schluß, der ja auch in den Ausführungen von Herrn Adorno nicht bestritten wurde, lautet: In Mitteleuropa funktioniert das Prinzip der gegenseitigen, glaubwürdigen Abschreckung, das der Bundesrepublik und ihren Nachbarn in Ost und West bereits seit 26 Jahren zumindest den negativen Frieden, d. h. die Verhinderung eines Krieges, garantiert hat. Aber auch die ersten, wenn auch zaghaften Ansätze zu einem positiven Frieden in Europa, d. h. die Überwindung möglicher kriegerischer Aggressionen durch kooperative Maßnahmen z. B. der Krisenbeilegung deuten sich an. In diesem Zusammenhang wird das Konferenzobjekt über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gründlich zu prüfen sein. Der NATO-Plan, der beiderseitige und ausgewogene Truppenverminderungen in Mitteleuropa vorsieht, liegt zur Prüfung auch dem Warschauer Pakt vor.
    Drittens. Die in die Zukunft gerichtete Studie der NATO, der sogenannte AD-70-Bericht, weist auf die Tatsache hin und das muß auch meinerseits festgestellt werden , daß die Möglichkeit einer weiteren Steigerung sowjetischen Militärpotentials gegeben ist.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Was heißt „die Möglichkeit"!)

    Hierbei handelt es sich um sachliche Feststellungen und um eine ungeschminkte Lageschilderung. Die daraus zu ziehenden Konsequenzen der NATO halten sich im Rahmen der als ausreichend zu bezeichnenden Maßnahmen. Diese sollen weder zur Schwächung noch zur provokativen Stärkung der NATO, sondern zur Aufrechterhaltung des Gegengewichts führen, ohne das — und das unterstreiche ich, Kollege Adorno - eine wirksame Abschreckung nicht denkbar ist.
    Das europäische Verstärkungsprogramm zur NATO-Verteidigung, das ja letztlich durch einen starken Einfluß auch der Bundesrepublik zustande kam, setzt 3,6 Milliarden DM im Zeitraum von fünf Jahren für zusätzliche Leistungen fest. Die Bundesrepublik Deutschland trägt dabei mit 1,7 Milliarden DM den Löwenanteil. Diese Maßnahmen führen unter anderem zu einer Situation in Europa, in der der Frieden sicherer wird, ohne daß der Abbau von Konfrontationen erschwert oder verzögert wird.
    Viertens. Die rein defensive Aufgabenstellung der NATO, mithin auch der Bundeswehr, machen stän-



    Buchstaller
    dige Wachsamkeit erforderlich. Die Lage im Mittelmeerraum, auf den Nordmeeren und an der Nordflanke der NATO wird eingehend verfolgt, und es werden mögliche notwendige Konsequenzen zeit- und situationsgemäß gezogen. Die Rolle der Bundesrepublik im NATO-Bündnis wird infolgedessen auch weiterhin von den Zeitgedanken bestimmt, die der Herrn Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung entwickelte. Darin heißt es unter anderem:
    Wir werden . . . in und gegenüber dem Bündnis die bisherige Politik fortsetzen und erwarten dies auch von unseren Bündnispartnern und von ihren Beiträgen zur gemeinsamen Sicherheitspolitik und zu den vereinbarten gemeinsamen Sicherheitsanstrengungen.
    Zur Lage in der Bundeswehr stellt die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage unter anderem folgende Aspekte deutlich heraus.
    Erstens. Durch Umschichtungen im Einzelplan 14 des Bundeshaushalts zugunsten von Fürsorgemaßnahmen für Soldaten und durch Umdisponierungen in der Rüstungsplanung wurden neue Ausgangspositionen geschaffen, um die Kampfkraft der Bundeswehr zu erhalten und auszubauen. Grundlage dieser Aktivitäten bilden die im Weißbuch 1970 angekündigten Maßnahmen, deren Realisierung in den Streitkräften bereits Erfolge in Richtung auf eine Konsolidierung durch stetiges Abtragen von Mißständen und Einführung neuer Maßnahmen zeitigen. Wie bereits erwähnt, wird es sich hierbei um einen längeren Prozeß handeln, der zum einen Versäumtes nachzuholen hat und zum anderen ständige Anpassung an Neuerungen verlangt. Diese Doppelbelastung muß anerkannt werden, wenn Aufwand und Erfolg von Reformen innerhalb der Bundeswehr gegeneinander aufgewogen werden.
    Zweitens. Eine Effektivitätssteigerung der Bundeswehr hängt im wesentlichen von der inneren Verfassung der Streitkräfte ab. Diese wird hauptsächlich durch bestimmende Faktoren wie Personalwesen, Bildung und Ausbildung, optimale Gleichbehandlung aller Wehrpflichtigen und Truppenfürsorge beeinflußt. In allen genannten Bereichen zeichnen sich Besserungen ab, die auf Grund von eingeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung oder des Verteidigungsministers auf eine Festigung des inneren Gefüges der Bundeswehr Einfluß nehmen. Eine Beschleunigung dieses Vorgangs wird dann eintreten, wenn alle Kommissionsberichte vorliegen und die sorgfältig geprüften Vorschläge innerhalb der Streitkräfte wirksam und ins Bewußtsein der Öffentlichkeit aufgenommen werden.
    Drittens. Durch Einführung überschaubarer und dem Stand der Technik entsprechender Führungs-, Organisations- sowie Koordinierungsmethoden wurde dem Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums mehr Transparenz verliehen und die Straffung von Verantwortlichkeiten gewährleistet. So wurde z. B. der Rüstungsbereich im vergleichbaren Stil eines Großgruppenmanagements neu geordnet, um u. a. auch die Kosten-NutzenRelation optimal im Interesse sowohl der erforderlichen Rüstungsanstrengungen als auch im Interesse der Steuerzahler gestalten zu können. Mit Hilfe der
    Neuordnung im Bereich der Führung konzentrieren sich im Ministerium auf Grund der vorgenommenen Arbeitsteilung die Aufgaben von Führung, Lenkung, Planung und Kontrolle. Diese im internationalen Rahmen übliche Regelung wird sich auch bald in der Bundeswehr durch rationalere Entscheidungen auswirken.
    So weit in groben Zügen die schriftliche Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktionen von SPD und FDP durch die Bundesregierung.
    In der Regierungserklärung zur Verteidigungs- und Sicherheitspolitik am 26. März 1971 wurde diese Antwort noch ergänzt und unterstrichen. Verteidigungsminister Helmut Schmidt hob beispielsweise hervor, daß der Bundeswehr von seiten der Gesellschaft in den letzten eineinhalb Jahren mehr Verständnis und Anteilnahme entgegengebracht worden ist, und zwar durch den verstärkten Ausbau der für eine Demokratie unerläßlichen Prinzipien der Durchsichtigkeit und Öffentlichkeit. Durch Meinungsumfragen konnte die Tatsache untermauert werden, daß die Einordnung von Bundeswehr und Soldaten in die Gesellschaft weitestgehend gelungen ist. Ferner betonte er, daß die verhärtete Personalknappheit im vergangenen Jahr entspannt werden konnte.
    Lassen Sie mich, gerade auch weil mein Vorredner auf die Personalsituation eingegangen ist, die Feststellungen des Ministers dazu wiederholen, weil sie deutlich zeigen, daß zumindest die Tendenz besteht, die Personalmisere allmählich überwinden zu können. Diese Feststellungen finden in folgenden Bemerkungen ihren Ausdruck.
    Erstens. An längerdienenden Mannschaften fehlten zu Beginn des vorigen Jahres 3 500 Soldaten. Zum Jahresende wurde die Sollzahl um 6 500 überschritten.
    Zweitens. Die Zahl der Zeitunteroffiziere ist im Laufe des Jahres 1970 von 81 600 auf 87 700 gestiegen. Damit wurde der Fehlbestand von rund 25 000 Unteroffizieren in einem Jahr um ein Viertel verringert.
    Drittens. Die Bereitschaft von Unteroffizieren, sich auf vier oder acht Jahre zu verpflichten, ist gestiegen. 1969 waren es 4600, 1970 dagegen 6700 Unteroffiziere.
    Viertens. Die Soll-Zahl für Berufsunteroffiziere wurde um 8200 Stellen überschritten.
    Fünftens. Auch bei den Berufsoffizieranwärtern hat sich die Personallage etwas gebessert. Im vergangenen Jahr konnten 260 Berufsoffizieranwärter mehr gewonnen werden als im Jahr zuvor.
    Außerdem — das soll nur am Rande erwähnt werden — werden durch die neuen Dienstzeitvoraussetzungen demnächst rund 700 Zeitoffiziere mit einer Verpflichtungszeit von drei bis vier Jahren zum Leutnant befördert, und es konnten Anfang dieses Jahres 1700 Soldaten, die sich zu einer zweijährigen Dienstzeit verpflichteten, Leutnant werden.
    Ubrigens ist interessant, daß z. B. beim Technischen Dienst in der Luftwaffe, der mit einer Aka-



    Buchstaller
    demieausbildung verbunden ist, die Zahl der Offizierbewerber am höchsten liegt. Das scheint mir eine Bestätigung dafür zu sein, daß die Tendenz der Ausbildungs- und Bildungskommission richtig ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das alles ändert jedoch nichts daran, daß die Personallage in der Bundeswehr angespannt bleibt. Wer allerdings in diesem Zusammenhang von einer Krise spricht, muß zur Kenntnis nehmen, daß der Tiefstand in den vergangenen Jahren lag und daß die Maßnahmen, die jetzt zur Beseitigung der Schwierigkeiten eingeleitet wurden, erst langsam zu wirken beginnen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rommerskirchen: Die ehemalige Opposition ist vernünftiger geworden! Daran liegt es mit!)

    — Aber, Herr Kollege Rommerskirchen, ich glaube, Sie geben mir recht, daß es auch für die Truppe gut ist, einmal diese positiven Zahlen zu nennen — sie brauchen zu keinem Überschwang zu führen —,

    (Abg. Rommerskirchen: Natürlich!)

    damit sich deutlich abzeichnet, daß die Bemühungen ihren Niederschlag finden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein Problem, das uns alle bedrückt, ist die ständig steigende Zahl von Wehrdienstverweigerern. Verteidigungsminister Helmut Schmidt und auch der Herr Bundeskanzler wiesen in der Debatte am 26. März 1971 mit großem Nachdruck auf dieses Problem hin. Ich teile diese Sorgen.
    Es wird deshalb notwendig sein, die in Angriff genommene Novellierung des § 1 des Gesetzes über den Zivilen Ersatzdienst umgehend vorzunehmen, um die Ersatzdienstpflichtigen auch über den sozialen Bereich hinaus verpflichten zu können.
    Um der Wehrgerechtigkeit willen, aber auch um der allgemeinen Gerechtigkeit willen ist es vonnöten, daß umgehend mit der Tatsache Schluß gemacht wird, daß drei von vier Ersatzdienstpflichtigen wegen fehlender Einsatzplätze damit rechnen können, sich jeglicher Dienstleistung für unsere Gesellschaft entziehen zu können.
    Meines Erachtens besteht ein enger Kontakt zwischen diesen beiden Problemen, dem Problem Bundeswehr—Wehrdienstverweigerung und dem Mangel an politischer Bildung eines Großteils der nachwachsenden Generation. Schulen, Elternhaus, Gewerkschaften und Arbeitgeber sind aufgerufen, neben der Vermittlung notwendiger Sachkenntnisse im Beruf und über politische Institutionen auch die politische Verhaltensweise der heranwachsenden Generation im Sinne des vom Grundgesetz bestimmten Menschenbildes zu beeinflussen.
    Der Brief des Herrn Bundeskanzlers an den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, in dem er die Bitte ausspricht, dem Thema der Landesverteidigung im Sozial- und im Gemeinschaftskundeunterricht die notwendige Beachtung zu schenken, sollte so bald wie möglich praktische Auswirkungen zeigen.

    (Abg. Haehser: Der ist in der Staatskanzlei verlorengegangen!)

    — Herr Kollege Haehser, er ist aber inzwischen gefunden worden.
    Auch die in diesem Zusammenhang vom Bundeskanzler geforderte Zusammenarbeit der Universitäts- und Forschungsstätten mit der Bundeswehr sollte nicht allzulange auf eine positive Reaktion warten lassen.
    Lassen Sie mich in Verbindung mit dem von mir zuletzt genannten Punkt der politischen Bildung einige wenige Bemerkungen zum Schlagwort von der Politisierung der Streitkräfte machen. Ohne Zweifel gibt es in unserer Gesellschaft, vor allen Dingen aber innerhalb der jungen Generation einen Trend zu größerem politischen Engagement. Gleichzeitig zeigt sich im politischen Bereich eine immer klarer, teilweise leider aber auch härter werdende Polarisierung. Das hat auch seine Auswirkungen auf die Bundeswehr. Sie dagegen abschirmen zu wollen, ist unsinnig. Aber gerade deshalb sollte die Behandlung von Fragen der Sicherheits- und Bündnispolitik und von Schwierigkeiten der Soldaten und der Bundeswehr im ganzen die Grenze sachlicher Auseinandersetzung nicht verletzen. Ich halte es für gut, daß Verteidigungsminister Helmut Schmidt in der Regierungserklärung zur Sicherheitspolitik der Bundesregierung in dieser Hinsicht auf seinen Amtsvorgänger Dr. Schröder Bezug genommen und unterstrichen hat, daß Sicherheits-, Verteidigungs- und Bündnispolitik auf eine möglichst breite politische Grundlage gestellt werden sollten. Von manchen Äußerungen einiger Oppositionspolitiker auch von Ihrer Rede in der gleichen Debatte, Herr Kollege Dr. Zimmermann — kann nicht behauptet werden, daß sie von der gleichen Absicht getragen gewesen seien.
    Ich meine, es ist gut, daß in der schriftlichen Antwort der Regierung und in der Rede des Verteidigungsministers in der Debatte am 26. März der Versuch gemacht wurde, für die parlamentarische Auseinandersetzung um Fragen der Sicherheit, der Verteidigung und des Bündnisses einen sachlichen Rahmen zu setzen. Die gemeinsame Verantwortung des Parlaments und der ihm angehörenden Parteien für die äußere Sicherheit verträgt keine verzerrende Polemik. Die Probleme können nur bewältigt werden, wenn die Auseinandersetzungen sachlich und konstruktiv geführt werden. Dieser Vorgang verlangt keineswegs ein Verwischen des eigenen politischen Standorts. Für eine Sachdiskussion und den eventuell zu erringenden Kompromiß ist es allerdings erforderlich, daß die Meinungsunterschiede und Alternativen klar herausgestellt werden. Statt mit Polemik und Negation sollte die Opposition mit mehr Alternativen aufwarten. Das möchte ich hier deutlich an die Adresse der Opposition sagen. Hoffentlich wird dazu in der heutigen Debatte ein Ansatz gefunden.



    Buchstaller
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gesichtspunkte zusammenfassen, die sich aus der Erklärung und der schriftlichen Antwort der Bundesregierung ergeben.
    Erstens. Die Bundesrepublik steht politisch und militärisch fest im NATO-Bündnis.
    Zweitens. Militärische Sicherheitspolitik und Entspannungsbemühungen sind zwei Seiten einer und derselben Medaille.
    Drittens. Die Bundesrepublik leistet mit dem personellen und materiellen Umfang, d. h. mit dem Ausbildungsstand und der Rüstung der Bundeswehr, einen angemessenen Beitrag zu der vom NATO-Bündnis praktizierten Strategie des abschreckenden Gegengewichts.
    Viertens. Die Bundeswehr hält hinsichtlich des Ausbildungsstandes, der Ausrüstung und auch der Verteidigungsbereitschaft jedem Vergleich mit jedem der europäischen Bündnispartner stand.
    Fünftens. Die personelle Überforderung und die damit seit Bestehen der Bundeswehr gegebenen Schwierigkeiten sind klar erkannt. Maßnahmen zur Milderung und Behebung dieser Probleme sind eingeleitet. Dazu gehören die Maßnahmen aus dem Weißbuch ebenso wie die noch ausstehenden Entscheidungen im Rahmen der Empfehlungen der Bildungskommission, der Wehrstrukturkommission und der Personalstrukturkommission.
    Ich glaube, meine Damen und Herren, feststellen zu dürfen, daß unter der Verantwortung dieser Bundesregierung und von Verteidigungsminister Helmut Schmidt außerordentlich Vieles und Positives im Verteidigungsbereich für unsere Sicherheit und die Soldaten geleistet wurde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das — und das möchte ich nicht unerwähnt lassen ist auch ein Verdienst der militärischen und zivilen Mitarbeiter des Ministeriums und eine große Leistung der militärischen Führer und Unterführer in der Truppe. Bei jeder Kritik sollte zumindest dieser großen Leistung, auch der großen Leistung Hunderttausender von Wehrpflichtigen, der gebührende Respekt nicht versagt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Jung. Für ihn hat seine Fraktion, die Fraktion der FDP, 30 Minuten Redezeit beantragt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anläßlich der sicherheitspolitischen Beratungen am 4. Februar dieses Jahres und anläßlich der Grundsatzerklärungen der Regierung sowie der Fraktionen dieses Hauses am 26. März dieses Jahres haben wir eine ganze Reihe von sicherheits- und verteidigungspolitischen Problemen, die in diesen beiden Großen Anfragen angesprochen sind, bereits ausführlich diskutiert. Um möglichst Wiederholungen zu vermeiden, darf ich deshalb ausdrücklich die Aussagen in diesen beiden Debatten mit einbeziehen in die heutige Debatte und sie neben der Antwort der Regierung zu diesen beiden Großen Anfragen als Grundlage der heutigen Debatte ansehen.
    Heute, so hoffe ich, werden wir in eine Sach-
    und Detaildebatte eintreten können, um daraus dann gemeinsame politische Entscheidungen vorzubereiten, die für die Sicherheitspolitik in den nächsten beiden Jahrzehnten von entscheidender Bedeutung sein werden. Material, so meine ich, haben wir genügend im Weißbuch, in den Berichten der verschiedenen Kommissionen, im Wehrbeauftragtenbericht. in der NATO-Studie AD 70 und in vielen anderen uns vorliegenden Stellungnahmen der Regierung wie auch der Fraktionen.
    Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zunächst auf die außen- und bündnispolitische Seite unserer Sicherheitspolitik eingehen. Ich habe bereits in den beiden vorerwähnten Debatten ausführlich zu dem Ost-West-Käfteverhältnis Stellung genommen und die Meinung meiner Fraktion dazu vorgetragen. Herr Kollege Adorno, Sie haben dazu auch gesprochen, nur meine ich, daß die Darstellung, die Sie gegeben haben, natürlich durch ständige Wiederholung nicht besser wird, denn das haben wir ja nun schon verschiedentlich gehört und auch in Ihren Informationen zur Verteidigungspolitik nachgelesen. Ich meine, daß Sie als ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär, wenn Sie z. B. sagen, daß im Osten doppelt so viele Divisionen stehen wie im Westen, doch wissen müßten, daß Division nicht gleich Division ist. Ich glaube, daß ist hier schon wiederholt gesagt worden. Man kann natürlich daraus die Frage herleiten, welche Division effektiver ist, und hier meine ich, daß Sie sich in Ihrer Fraktion wohl auch schon Gedanken darüber gemacht haben, wenn ich die Presseverlautbarungen über das laute Denken von Herrn Klepsch richtig beurteile. Und wenn Sie hier sagen, daß die Konferenz über europäische Sicherheit oder die SALT-Gespräche ja von den Sowjets eigentlich nur als Zeitgewinn angesehen würden, um ihre eigene Position zu stärken, dann meine ich, Herr Kollege Adorno, so viel Mißtrauen sollte man nicht von vornherein in Verhandlungen einführen; denn sonst wird man natürlich nie zu einem guten Ergebnis kommen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern].)

    - Ich meine auch, Herr Kollege Marx, wir sollten
    da etwas mehr Vertrauen in unsere Bündnispartner, nämlich die Vereinigten Staaten, haben, die sicher in diesen Verhandlungen und Gesprächen nicht mutwillig irgendwelche Positionen aufs Spiel setzen werden.
    Ich möchte für meine Fraktion noch einmal bekräftigen, daß wir voll mit der Situationsanalyse des NATO-Bündnisses übereinstimmen, wie sie durch die Bundesregierung in dieser Antwort zu den beiden Großen Anfragen der Fraktionen gegeben wird. Hier ist festzustellen, daß als ein wesentlicher Punkt die Einbettung der Bundesrepublik Deutschland in die NATO und damit die Aufrechterhaltung dieses Bündnisses für die Glaubwürdigkeit der Abschreckung und damit auch zur Verhütung des Krieges unerläßlich ist. Die Bundesregie-



    Jung
    rung hat dies durch den Kanzler, durch den Außenminister und durch den Verteidigungsminister wiederholt und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht.
    Schon deshalb, meine Damen und Herren, ist die Verdächtigung des Fraktionsvorsitzenden der CDU/ CSU, des Herrn Barzel, absurd und diffamierend, der in den „Informationen zur Verteidigungspolitik" schreibt: „Die diese Regierung tragenden Parteien müßten sich endlich auch in ihrer Gesamtheit zur Bundeswehr bekennen."

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Das ist typisch Barzel!)

    Dies, meine Damen und Herren, ist bezeichnend für den politischen Stil der Opposition. Wenn schon der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Opposition nur noch zu völlig substanzlosen Aussagen in der Sache fähig ist, wie dieser Artikel beweist, und diese Substanzlosigkeit durch allzu billige Polemik glaubt überspielen zu können, rdann sollten ihm seine sachverständigeren Freunde klarmachen, daß man mit solchen verteidigungspolitischen Äußerungen sicher nicht der Sache der Sicherheitspolitik und der Bundeswehr dient, sondern sich bestenfalls der Lächerlichkeit preisgibt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Für die Freien Demokraten weise ich deshalb diese Verdächtigung mit Entschiedenheit zurück. Denn wir haben uns schon immer zu dieser Bundeswehr als einem integralen Bestandteil unserer Demokratie bekannt, und meines Wissens gab es auch in der Vergangenheit bei uns keine Äußerungen in dem Sinne, daß man etwa stolz gewesen sei, nie Soldat gewesen zu sein, oder ähnliche Äußerungen, die eine solche Verdächtigung auch nur in etwa rechtfertigen würden.

    (Abg. Rommerskirchen: Herr Jung, fragen Sie einmal die Jungdemokraten!)

    — Die Ansichten der Jungdemokraten kenne ich ebenso wie die Ansichten der Jugendorganisationen anderer Parteien. Im übrigen kann man das nicht pauschalieren, Herr Kollege Rommerskirchen.
    Mit Recht weist die Antwort auf den engen Zusammenhang zwischen Ost- und Sicherheitspolitik hin. In der Debatte am 4. Februar meines Wissens — habe ich dazu sehr ausführlich Stellung genommen, wobei es ja auch zu einem sehr regen Frage-und-Antwort-Spiel kam.
    Daß diese Entspannungspolitik — im Gegensatz zu den Unkenrufen der Opposition — von den Bündnispartnern voll gebilligt wird, darf ich nur mit zwei kurzen Zitaten belegen. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus dem Schlußkommuniqué der NATO-Ministertagung vom 3. und 4. Dezember 1970, wo es heißt:
    Sie
    — also die Minister —begrüßten diese Ostverträge als Beiträge zur Minderung der Spannungen in Europa und als wichtige Elemente des Modus vivendi, den die Bundesrepublik Deutschland mit ihren östlichen Nachbarn herstellen will.
    Und in den Empfehlungen der Nordatlantischen Versammlung wurde bekräftigt:
    Die Versammlung bekräftigt ihr Einverständnis mit der Erklärung, durch die der Nordatlantikrat auf seiner Tagung in Rom im Mai 1970 die Bemühungen Bundeskanzler Brandts und seiner Regierung, bessere Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten herzustellen, unterstützte, und bringt ihre Überzeugung zum Ausdruck, daß diese Bemühungen auf die politische und militärische Solidarität der Staaten des atlantischen Bündnisses gegründet sein müssen.
    Dies sollte die Opposition nun endlich zur Kenntnis nehmen und akzeptieren,
    Wenn Sie, Herr Kollege Marx, vermutlich anschließend mit dem „aber die Prawda, aber die Isvestija sagt so und so . . ." kommen,

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sie sind doch kein Hellseher, Herr Jung! Oder doch?)

    dann, meine Damen und Herren, müßte es, so meine ich, um so mehr unsere gemeinsame Aufgabe sein, deutlich zu machen, daß diese Bundeswehr vor allem eine Friedensfunktion hat, daß sie Voraussetzung und Garant für eine Entspannung ist.

    (Abg. Dr. Klepsch: Voraussetzung! — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Das hat sich die NATO schon an den Schuhen abgelaufen, was Sie da offenbar als Ergebnis neuer Weisheit vortragen!)

    Gewiß — und hier komme ich auf den Zwischenruf von Herrn Kollegen Rommerskirchen noch einmal zurück — gibt es draußen in allen Gruppierungen und Parteiungen auch Tagträumer, die umgekehrt mit der utopischen Vorstellung argumentieren, durch eine einseitige Abschaffung des Militärs könnte der ewige Friede ausbrechen. Aber denen, meine Damen und Herren von der Opposition, müssen wir halt auch gemeinsam klarmachen, daß z. B. mit dem Abschaffen der Feuerwehr noch lange nicht sichergestellt ist, daß kein Feuer mehr ausbricht.

    (Abg. Dr. Marx Kaiserslautern] : Eine sehr kluge Bemerkung! — Abg. van Delden: Da brauchen Sie sich aber nicht an uns zu wenden! — Zuruf von der CDU/CSU: Hilfsschülervortrag!)

    Wir, die Freien Demokraten, haben unsere Forderungen in einem langfristig angelegten liberalen Wehrkonzept niedergelegt — ich darf hier noch einmal auf die ausführliche Begründung in der Debatte am 26. März dieses Jahres verweisen —, in dem diese Friedensfunktion der Bundeswehr als Garant für die Entspannung realisiert wird.
    In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen, daß die Überlegungen, die innerhalb der NATO zur NATO-Reform angestellt werden, doch mehr als nur rein militärische Aufgaben sind. Die FDP begrüßt insbesondere die Konsequenz, die in der Antwort der Bundesregierung aus dem strategischen NATO-Konzept der Flexible Response und der VorneVerteidigung in Verbindung mit den erhöhten so-



    Jung
    wjetischen Verteidigungsanstrengungen deutlich wird, nämlich die stärkere Betonung der konventionellen Komponente der Verteidigung für den europäischen Bereich. Dies entspricht unseren Vorstellungen, die in der NATO ein integriertes Bündnis mit Arbeitsteilung sehen, das auf vollem gegenseitigem Vertrauen basiert. Die Freien Demokraten haben dies immer wieder zum Ausdruck gebracht. Die FDP hat deshalb auch am 26. März dieses abgerundete, in sich geschlossene Konzept vorgelegt, um die Effektivität der Bundeswehr und damit die Effektivität des Bündnisses auf der notwendigen Stufe zu halten und zu verbessern.
    Ich brauche darauf nicht mehr im einzelnen einzugehen, denn inzwischen hat dieses konkrete Konzept dazu geführt, daß von verschiedenen Seiten -
    ich verweise auf Äußerungen sowohl des Kollegen Wienand als auch des Kollegen Dr. Klepsch -
    Überlegungen angestellt wurden, wie man die Effektivität erhalten und eventuell verbessern und wie man personelle Schwierigkeiten der Bundeswehr möglicherweise beheben kann. Vielleicht ist es das Verdienst von Herrn Klepsch — er wird sicher nachher noch dazu Stellung nehmen —, daß die Tabus der Opposition durch den Vorschlag abgebaut werden, eine von jeweils drei Brigaden zum Skelett abmagern zu lassen. Wenn sich die Bundesregierung, so hoffe ich, zukünftig Überlegungen zuwenden sollte, die den Abbau des personellen Präsenzfetischismus zum Gegenstand haben, wird es wohl seitens der Opposition nur noch Kooperation geben.
    Das Nachdenken zur Erhöhung der Effektivität der NATO gibt es also nicht nur bei der FDP, aber auch nicht nur bei uns in der Bundesrepublik. Auch in den anderen Staaten des Bündnisses, bei unseren Partnern, auch in den Vereinigten Staaten werden Überlegungen angestellt, die zu einer Änderung der Wehrkonzeption führen. Wir werden nicht um diese Diskussionen, die in den Vereinigten Staaten heute schon laufen, über Abschaffung der Wehrpflicht und die künftige Einführung einer Freiwilligenarmee herumkommen. Wir werden auch bei uns in der Bundesrepublik diese Diskussion führen müssen. Herr Minister Schmidt hat in verschiedenen Verlautbarungen auch schon dazu Stellung genommen.
    Die Ergebnisse dieser Diskussion werden u. a. an dem Grad der Wehrgerechtigkeit gemessen werden, die damit zu verwirklichen ist. Die FDP hat, wie ich schon sagte, in einer langfristigen Konzeption eigene Vorstellungen und Vorschläge unterbreitet. Da diese natürlich nicht von heute auf morgen zu verwirklichen sind, begrüßen wir alle Schritte, die dahin führen — z. B. die Vorschläge der Mommer-Kommission —, als wertvolle Grundlage unserer anstehenden Entscheidungen. Hier, Herr Kollege Adorno, darf ich natürlich den Bericht der sogenannten Adorno-Kommission mit einbeziehen, der uns ebenfalls eine wertvolle Grundlage für die künftigen Überlegungen zur Herbeiführung der Wehrgerechtigkeit ist.
    Aber eines möchte ich hier doch richtigstellen. Sie haben nach der damaligen Enttäuschung mit Recht gesagt, daß Sie und Ihre Kollegen in diesem kleinen Ausschuß sich nachträglich bestätigt fühlen. Nur
    möchte ich die konkrete Frage an Sie richten, wenn Sie dies nun schon hier beklagen: Wer hat denn diese Ihre Vorschläge vereitelt? Ich darf feststellen, daß sie in der Zeit der Großen Koalition von Ihrer Fraktion und wohl der Koalitionsfraktion beiseite gelegt wurden. Denn wir, die Freien Demokraten, haben damals erklärt, daß wir dieses Paket mit einer kleinen Änderung annehmen und voll unterstützen. Das haben wir öffentlich erklärt. Wir haben damit ein Beispiel gegeben, wie man konstruktive Opposition betreibt, neben vielen anderen Beispielen, indem wir Gesetzentwürfe usw. vorgelegt haben, was wir derzeit bei Ihnen vermissen. Wir haben seinerzeit auch zur Wehrersatzabgabe — —

    (Abg. Adorno: Sie haben sich ausnahmsweise einmal ausgezeichnet verhalten!)

    — Vielen Dank, Herr Kollege Adorno.

    (Abg. Stahlberg: Vereitelt hat es das Ende der Legislaturperiode! Das wissen Sie doch!)

    — Aha; das ist auch eine gute Ausrede, Herr Stahlberg.

    (Abg. Stahlberg: Nein, gar keine Ausrede!)

    Bei einer so übergroßen Koalition hätte ich allerdings erwartet, daß man Vorschläge innerhalb eines Jahres durchsetzen kann, wenn sie von beiden gemeinsam getragen werden.

    (Abg. Adorno: Wir wollen mal abwarten, wie lange ihr braucht!)

    Wir stellen hier ausdrücklich noch einmal fest
    — Herr Kollege Adorno, Sie haben das schon bestätigt daß wir diesen Vorschlägen zugestimmt
    haben, mit einer kleinen Änderung, weil nämlich Ihre Berechnungen bei der Wehrersatzabgabe ergeben haben, daß ein so hoher Überschuß entstehen würde, daß wir sagen konnten, der damalige Prozentsatz sollte eventuell halbiert werden. Wir sind auch bereit, Herr Kollege Adorno, diese Frage im Zusammenhang mit der Herbeiführung der Wehrgerechtigkeit weiterhin zu diskutieren. Wir sind dazu bereit, und das wissen Sie: Wir werden unseren Teil dazu beitragen, diese Wehrgerechtigkeit herbeizuführen, und das möglichst rasch.
    Eine maximale Wehrgerechtigkeit ist auch Voraussetzung der von uns immer wieder geforderten noch stärkeren Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft. Ich verwende diesen Begriff bewußt, weil er draußen immer wieder verwendet wird, obgleich ich der Meinung bin, daß er insoweit falsch ist, als die Bundeswehr, geschaffen von dieser parlamentarischen, freiheitlichen Demokratie, nicht erst in diese Gesellschaft integriert werden muß, sondern daß sie von vornherein ein integraler Bestandteil dieser Gesellschaft ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber der Wehrbeauftragte hat in seinem Bericht diese Forderung auch wieder erhoben, und zur Verdeutlichung muß man ihn wohl so zitieren. Die Integration kann eben nicht nur seitens der Bundeswehr
    — z. B. durch die Aufstellung eines Ausbildungs- und Bildungskonzeptes, das Parallelen zwischen dem



    Jung
    zivilen und dem militärischen Bereich aufzeichnet — betrieben werden, sondern auch die Gesellschaft muß sich der Bundeswehr öffnen. Hierzu gehört der Abbau von Vorurteilen durch Information und Aufklärung auch im pädagogischen Bereich. Dies sage ich insbesondere an die Adresse der Kultusminister der Länder. Wir haben hier wiederholt gefordert, daß Sorge dafür getragen wird, daß dem jungen Staatsbürger bewußt wird, daß man in einer freiheitlichen Demokratie nicht nur Rechte über Rechte für sich in Anspruch nehmen kann, sondern daß man auch Pflichten gegenüber einer solchen Demokratie hat.
    Hier, so meine ich, würde natürlich eine höhere Konzentration der Zuständigkeiten im Bildungsbereich bei der Bundesregierung dazu beitragen, daß von da aus eine bessere Information und Aufklärung betrieben werden kann. Der Wehrbeauftragte hat mit vollem Recht in seinem Bericht auf diese Probleme hingewiesen.
    Diese Information muß aber gleichzeitig eine kritische Diskussion ermöglichen; denn nur dadurch wird eine Versachlichung der Atmosphäre möglich, und der Abbau von Aggressionen und Aversionen wird erst dadurch erfolgen können.
    Die sachliche Diskussion ist ferner eine unerläßliche Voraussetzung, um den Wehrwillen zu steigern. Hier darf ich unter dem Stichwort „soziale Verteidigung" Bundeskanzler Brandt zitieren, der sagte:
    Wir müssen mit Sorge die innere Abwendung eines Teiles der heranwachsenden Generation von den Pflichten sehen, die ihnen von Staat und Gesellschaft abverlangt werden.
    Dem ist voll zuzustimmen. In diesem Zusammenhang ist die vom Verteidigungsminister an den Tag gelegte Diskussionsfreudigkeit, wie sie bei der Bestandsaufnahme, bei der Hauptmannstagung usw. zum Ausdruck kam, ausdrücklich zu begrüßen.
    Auf andere Bereiche, die in diesem Zusammenhang stehen und im Bericht des Wehrbeauftragten erwähnt werden, wie Bildung, Innere Führung oder die personelle Situation der Bundeswehr, werden meine Kollegen Krall und Ollesch noch näher eingehen.
    Ich möchte, um meine Zeit einzuhalten, nur noch einige Worte zur Opposition sagen, zu dem Dilemma der CDU/CSU, das durch Widersprüchlichkeit und damit, meine Damen und Herren, leider auch Konzeptionslosigkeit bis in die Führung der Fraktion gekennzeichnet ist. Stellen Sie bitte die Aussagen von Herrn Barzel und Herrn Wörner einander gegenüber, um den Beweis für diese Behauptung vor sich zu haben.
    Ferner fehlen — das ist immer wieder gesagt worden — Alternativen. Das wird auch in der parteiinternen Diskussion zugegeben. Die Aussagen von Herrn Ernesti und die kritische Stellungnahme dazu werde ich im Anschluß, wenn der Herr Präsident es genehmigt, zitieren.

    (Abg. Baron von Wrangel: Die Protokolle können wir selbst lesen!)

    Für die Verschleierung dieses Dilemmas durch falsche und verzerrende Information der Öffentlichkeit und der Bundeswehr gibt es genügend Beispiele aus der „Information zur Verteidigungspolitik". So nennt sich dieses Informationsheft, das Sie in die Bundeswehr schicken und aus dem man eine ganze Reihe von Aussagen durchaus in diesem Hause kritisch bewerten und behandeln könnte.
    Ich meine auch, hier wird deutlich, daß die CDU/ CDU-Fraktion wie gestern auch in der Wirtschafts- und Währungsdebatte von einzelnen Sprechern der Regierungsfraktion zum Ausdruck gebracht wurde, des kurzfristigen Erfolges wegen oftmals die Bedeutung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik für uns alle, die in diesem Hause gemeinsam versammelt sind, vergißt. Um das nochmals zu unterstreichen, darf ich mit Genehmigung des Präsidenten zitieren:
    Nach dem zweistündigen Vortrag von Herrn Ernesti über die innere Situation der Bundeswehr fand ein junger Hauptmann die Ausführungen des Parteifreundes nicht befriedigend. Er fragte den Abgeordneten, der ausgiebig Kritik an der oberen militärischen und politischen Führung der Bundeswehr geübt hatte, nach seinen Alternativen und hörte von Herrn Ernesti, daß die Opposition solche fertigen Alternativen nicht haben kann, weil sie nicht den Apparat und die Unterlagen hat wie die Regierung.
    Nun, Herr Kollege Ernesti, ich muß allen Ernstes fragen: Was haben Sie denn in den 20 Jahren mit dem Apparat gemacht, in dem Sie selbst tätig waren? Ist das nicht eine allzu billige Ausrede, wenn man keine Alternativen und Vorschläge hat?

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Herr Jung, dies ist ein Beispiel für demagogische Behandlung der Sache!)

    Meine Damen und Herren, ich will das nicht auf die Spitze treiben, ich will das nicht sehr verschärfen, sondern ich will Sie damit nur auffordern, daß Sie in der heutigen Debatte zu den konkreten Vorschlägen, die gemacht sind, auch einmal sagen: Dies nicht, dies so und dies anders. Herr Kollege Junghans hat während der Währungsdebatte gestern gesagt: „Wir erwarten von Ihnen Antworten, damit diese Diskussion endlich so geführt werden kann, wie dies dem Ernst der Lage entspricht." Meine Damen und Herren, dies gilt auch für die heutige Verteidigungsdebatte; ich habe dem nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)