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ID0612200400

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    Deutscher Bundestag 122. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Inhalt: Würdigung des 25jährigen Bestehens der Organisation CARE von Hassel, Präsident . . . . . . 7043 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs 7043 B Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Bundestages zu Petitionen (Drucksache 1/1/2141) Hussing (CDU/CSU) . . . . . . 7043 C Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sicherheitspolitik der Bundesregierung (Drucksache VI/ 1779, VI/ 1977) in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen VI/1931, VI/1977), mit Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1970 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Drucksachen VI/1942, VI/2168) und mit Mündlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über das Weißbuch 1970 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr (Drucksachen VI/765, VI/2167) Adorno (CDU/CSU) . . . . . . . 7044 C Buchstaller (SPD) . . . . . . 7050 B Jung (FDP) 7054 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 7057 D Wienand (SPD) . . . . . . . . 7065 B Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 7069 D Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 7072 A Schultz, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . 7073 C Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . . 7089 D Schmidt, Bundesminister . 7093 B, 7106 D Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 7105 B Dr. Bußmann (SPD) . . . . . . . 7108 B Ernesti (CDU/CSU) . . . . . . . 7110 D Pawelczyk (SPD) 7114 D Krall (FDP) 7117 C Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 7119 D Stahlberg (CDU/CSU) 7121 B Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 7123 D Damm (CDU/CSU) . . . . . . 7125 D Neumann (SPD) 7128 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 7130 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung . . . . . 7076 B Fragestunde (Drucksache VI/2166) Frage des Abg. Dr. Mende (CDU/CSU) : Forderung der SED nach Abgrenzung der DDR von der Bundesrepublik Deutschland Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7076 D, 7077 B, C Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 7077 C Frage des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) : Merkblatt über Reisen in die DDR Herold, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7077 D, 7078 C, D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 7078 C Dr. Haack (SPD) . . . . . . . . 7078 D Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Äußerung des Bundesministers Dr. Eppler betreffend Aussiedlerhöfe in Baden-Württemberg Dr. Eppler, Bundesminister . , 7079 A, B, C Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7079 B, C Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Beurteilung der Aussiedlung durch den Bundesminister Dr. Eppler Dr. Eppler, Bundesminister 7079 D, 7080 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . 7079 D, 7080 A Fragen des Abg. Ehnes (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Beihilfen für den Anbau von Grünfutter in den Niederlanden Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7080 B, C, D, 7081 A, B Ehnes (CDU/CSU) 7080 C, D Röhner (CDU/CSU) . . . . . . 7081 A Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . 7081 B Bittelmann (CDU/CSU) . . . . 7081 B Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Überbrückungsmaßnahmen für niederländische Obsterzeugerbetriebe Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7081 C, D, 7082 A, B Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . , 7082 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 B Fragen des Abg. Rainer (CDU/CSU) : Gewährung staatlicher Hilfe an niederländische Gartenbaubetriebe bei Aufnahme von Krediten für die Beschaffung von Heizöl Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7082 C, D, 7083 A, B, C Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 7082 D Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . . 7083 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 7083 B Fragen des Abg. Röhner (CDU/CSU) : Gewährung von Zuschüssen an Landwirte für den Aufbau einer neuen Existenz Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7083 C, D, 7084 A, B, C Röhner (CDU/CSU) 7084 A, B von Thadden (CDU/CSU) . . . . 7084 C Fragen der Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) und Susset (CDU/CSU) : Ausführungen in der „Verbraucherpolitischen Korrespondenz" über die Verhältnisse in der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7084 C, 7085 A, B, D, 7086 A, B, D, 7087 A Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 7085 A Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 7085 B Susset (CDU/CSU) . 7085 D, 7086 A, C, D Biechele (CDU/CSU) . . . . . . 7087 A Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) : Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7087 B, C Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 7087 C Dr. Früh (CDU/CSU) 7087 D Frage des Abg. Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Zusammensetzung der Bundesversammlung unter Berücksichtigung der Bundestags- und Landtagswahlen seit dem 28. September 1969 Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 7088 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 III Frage des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Mitwirkung der Bundesregierung in dem „Gemeinsamen Ausschuß für Kulturarbeit" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7088 A, B, C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 7088 B, C Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Besitz- und Beteiligungsverhältnisse der „Konzentration-GmbH" Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7088 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 7089 A Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU): Sofortprogramm der Bundesregierung zur Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 7089 A, D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 7089 C Nächste Sitzung 7133 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7135 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Einkommen in der Landwirtschaft . 7135 D Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Eyrich (CDU/CSU) betr. Möglichkeiten eines kostenorientierten Wirtschaftens für landwirtschaftliche Unternehmer . . . . . . . . . 7136 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 7043 122. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 15. 5. Alber ** 15. 5. Amrehn ** 15. 5. Bals ** 15. 5. Bauer (Würzburg) ** 15. 5. Berger 12. 5. Dr. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld ** 15. 5. Frau von Bothmer 14. 5. Dasch 15. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 15. 5. Dr. Dittrich * 14. 5. Draeger ** 15. 5. Dr. Enders ** 15. 5. Faller * 13. 5. Fellermaier 21. 5. Fritsch ** 15. 5. Dr. Fuchs 14. 5. Dr. Furler ** 15. 5. Geldner 31. 5. Gerlach (Emsland) 14. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 13. 5. Frau Herklotz ** 15. 5. Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 15. 5. Hösl ** 15. 5. Dr. Jungmann 14. 5. Kahn-Ackermann ** 15. 5. Dr. Kempfler ** 15. 5. Frau Klee ** 15. 5. Dr. Klepsch ** 15. 5. Dr. Kley 15. 5. Dr. Kliesing (Honnef) ** 15. 5. Dr. Koch * 14. 5. Lemmrich ** 15. 5. Lenze (Attendorn) ** 15. 5. Dr. Löhr * 15. 5. Maucher 26. 6. Meister * 12. 5. Memmel * 14. 5. Michels 12. 5. Müller (Aachen-Land) * 14. 5. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Müller (München) ** 15. 5. Frau Dr. Orth * 14. 5. Pöhler ** 15. 5. Dr. Reinhard 14. 5. Frau Renger 15. 5. Richarts * 14. 5. Richter ** 15. 5. Riedel (Frankfurt) * 14. 5. Dr. Rinderspacher ** 15. 5. Rollmann 18. 5. Roser ** 15. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) ** 15. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 14. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 15. 5. Dr. Schmücker ** 15. 5. Dr. Schulz (Berlin) ** 15. 5. Sieglerschmidt ** 12. 5. Dr. Siemer 14. 5. Simon 14. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Dr. Stoltenberg 14. 5. Struve 12. 5. Frau Dr. Walz ** 15. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 15. 5. Wienand ** 15. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 57) : Hält die Bundesregierung angesichts des in wenigen Wochen abgeschlossenen Wirtschaftsjahrs 1970/71 ihre Aussage immer noch aufrecht, daß die Landwirtschaft annähernd das Einkommensniveau des zurückliegenden Wirtschaftsjahrs 1969'70 erreichen wird (Drucksache VI/1861)? Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß in der Landwirtschaft das Einkommen je Vollarbeitskraft im Wirtschaftsjahr 1970/71 das Niveau des Vorjahres annähernd erreichen wird. In dieser Auffassung wird sie dadurch bestärkt, daß durch die Brüsseler Preisbeschlüsse vom 25. März 1971, die bei der Vorschätzung für den Agrarbericht 1971 seinerzeit noch nicht bekannt waren, zum Ende des Wirtschaftsjahres 1970/71 noch ein positiver Einkommenseffekt zu erwarten ist. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 12. Mai 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache VI/2166 Frage A 58) : Bleibt die Bundesregierung im Hinblick auf den sich beschleunigenden Preisauftrieb bei ihrer Äußerung, daß die Landwirtschaft durch eine zeitliche Streckung der Investitionen und durch Verlageiungen innerhalb der Aufwandstruktur dem für sie unerträglichen Kostenanstieg entgegenwirken kann? Die Bundesregierung bleibt grundsätzlich bei ihrer Auffassung. Sie stützt sich dabei auf die unveränderte Annahme, daß die landwirtschaftlichen Unternehmer unter den gegenwärtigen schwierigen Bedingungen alle Möglichkeiten kostenorientierten Wirtschaftens ausschöpfen und im übrigen durch die die EG-Agrarpreisbeschlüsse ergänzenden nationalen Maßnahmen in Höhe von 480 Millionen DM, deren Akzent auf Entlastung der Kostenseite liegt, eine Hilfe erfahren.
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    Rede von Eduard Adorno


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Sicherheitspolitik gehören die Verteidigungspolitik und die Entspannungspolitik gleichermaßen. Dies gilt für das Atlantische Bündnis nicht erst seit dem Bericht des belgischen Minister Harmel von 1967. Beide, die Verteidigungspolitik wie die Entspannungspolitik, dienen der Erhaltung unserer Freiheit und der Sicherung des Friedens. Diese Politik der Sicherung des Friedens in Freiheit aber kann auch künftig nur erfolgreich betrieben werden, wenn sie einerseits die dauernde, also nicht nur temporäre Übereinstimmung mit Bleichgelagerten Interessen starker Partner sucht und wenn sie andererseits geduldig, also nicht hektisch, gelassen, aber nicht riskant, den Ausgleich mit den widerstrebenden Interessen der Regierungen Osteuropas anstrebt. Ergebnis der einen Seite dieser Politik ist die Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Partnerschaft in der NATO mit ihrem starken Rückhalt. Das Bemühen nach der anderen Seite ist die mühselige und bisher leider wenig honorierte Suche nach Entspannung, vor allem mit der Sowjetunion.
    Dazu ein offenes Wort. Mir scheint, daß im öffentlichen Bewußtsein das Verhältnis von Sicherheit und Entspannung manchmal auf den Kopf gestellt wird. Man trifft häufig auf ein eigentümlich übersteigertes Sicherheitsgefühl, das aus einer schon als gegeben empfundenen Entspannung entstehen mag. Es ist sicher verständlich, wenn die Menschen dazu neigen, das Bemühen um Entspannung gleichzusetzen mit schon eingetretener Entspannung. Aber ein sol; cher Trugschluß ist äußerst gefährlich.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sehr wahr!)

    Denn die Entspannungspolitik ist kein Ersatz für die Verteidigungspolitik, sondern deren sinnvolle Ergänzung — aber auch nur dann, wenn die Sicherheit gegeben ist und gewährleistet bleibt. Nicht am Wunschdenken, sondern nur an den Fakten darf sich unsere Sicherheitspolitik orientieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Daraus, meine Damen und Herren, ergibt sich, daß Friedenspolitik heute, aller Voraussicht nach auch morgen und unter Umständen auch übermorgen, nur dann wirksam, d. h. mit Aussicht auf Ergebnisse betrieben werden kann, wenn dabei die Sicherheit militärisch garantiert bleibt.



    Adorno
    Nun nimmt die Bundesregierung für sich in Anspruch, mit ihrer Politik den Frieden sicherer zu machen. Was heißt, den Frieden sicherer machen? Da die Macht als geballte Willenskraft großer Staaten oder Staatengruppen in unserer Welt, zu ungeheuren Energien gesteigert, unter gegenläufigen Wirkungsabsichten existent ist, gibt es unterschiedliche Auffassungen vom Frieden. Sie bestimmen das Handeln der Großen. Sie sind — und dies ist das tragische Weltproblem — in Moskau anders als in Washington, in Peking anders als in den Regierungszentren der Länder der Dritten Welt. Angesichts eines hochgerüsteten Gegners, der nicht daran denkt, sein militärisches Potential einzufrieren oder gar abzubauen, haben wir doch nur die Wahl, uns entweder im Rahmen des Bündnisses zu behaupten, indem wir mithelfen, das Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten und Zug um Zug zu sichern, oder uns der Gefahr der politischen Erpressung auszuliefern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Beides, meine Damen und Herren, macht den Frieden, wenn Sie so wollen, „sicherer". Nur stellt sich uns die Frage, welchen Frieden wir erstreben; ob wir uns einsetzen wollen für den Frieden, der sich auf die Freiheit gründet, oder ob wir mehr und mehr bereit sind, hinzunehmen den erstarrten Frieden einer durch eine allmächtige Staatsideologie beherrschten Welt, das Endziel des äußerst expansiven und dynamischen Sowjetimperiums. Wenn wir das erstere wollen, den Frieden in Freiheit — und wir gehen noch immer davon aus, daß dies der gemeinsame Wille dieses Hohen Hauses ist —, dann müssen wir uns auch gemeinsam gegen alle Machtinteressen wenden, die sich gegen die Freiheit richten, sei es mit Mitteln politischer Erpressung, sei es mit militärischen Mitteln jeglicher Art. Dann dürfen wir allerdings nicht durch Vorleistungen, durch einseitiges Entgegenkommen, durch voreilige Abrüstung oder auch nur durch gefährliche Gleichgültigkeit die eigene Position einem Gegner gegenüber schwächen, der sein Arsenal laufend vermehrt, seine Waffen ständig schärft und auch dazu fähig ist, diese Waffen einzusetzen, von der Maschinenpistole bis zur Interkontinentalrakete.
    Die letzte NATO-Konferenz betonte die steigende militärische Kraft der Sowjetunion und unterstrich die Notwendigkeit, die westlichen Verteidigungsanstrengungen zu erhöhen.
    Vier Hauptmerkmale kennzeichnen diese steigende militärische Kraft der Sowjetunion:
    Erstens. In Osteuropa stehen über 160 Divisionen zur Verfügung, davon im europäischen Vorfeld des Warschauer Paktes mindestens 60, die sofort antreten können. General Goodpaster hat gerade jetzt wieder darauf hingewiesen, daß der Warschauer Pakt in der Kernregion über doppelt soviel Divisionen verfügt wie die NATO.

    (Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

    Die 5 sowjetischen Divisionen in der Tschechoslowakei sind inzwischen von Besatzungsdivisionen in Kampftruppen der ersten Welle umgewandelt worden. Hier ist also nach 1968 ein neuer Stoßkeil
    von 5 Elitedivisionen aufgebaut worden, obwohl die Anwesenheit dieser Divisionen in der Tschechoslowakei sowohl ihrer Stärke als auch ihrer Zahl nach heute nicht einmal mehr aus Besatzungsgründen als notwendig betrachtet werden kann. Sie werden in unmittelbarer Grenznähe gehalten. Gleichzeitig wurde das sowjetische Versorgungsnetz innerhalb der Tschechoslowakei aus dem ukrainischen Raum vorgetrieben bis nach Karlsbad, Pilsen, Eger und Budweis. Dieser weit in das NATO-Gebiet vorstoßende überdimensionale und strategisch ausgebaute Brückenkopf des Warschauer Paktes bedroht jetzt auch Süddeutschland unmittelbar.
    Weiter muß erwähnt werden:
    die laufende Modernisierung der Bewaffnung der Warschauer-Pakt-Armeen,
    die forcierte Ausrüstung ihrer Einheiten mit amphibischen Fahrzeugen — ein eindeutiges Mittel des Angriffs —,
    die Abhaltung großer Übungen zur Schulung der Führungsstäbe und der Kampftruppen,
    die Vereinheitlichung des schweren Rüstungsmaterials und der Ausbau der gemeinsamen Logistik.
    Zweitens. Der Einbruch der roten Flotte ins Mittelmeer ist ein entscheidendes Datum dieses Jahrhunderts und ein irreversibler Vorgang. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß Moskau im Zuge der permanenten Nahostkrise alle Anstrengungen unternimmt, sich entlang der nordafrikanischen Küste alle strategisch wichtigen Positionen zu sichern, um damit den Süden des NATO-Verteidigungsbereichs auszuflankieren. Wer die weiten, offenen und schwer zu verteidigenden Küsten Südeuropas von Spanien über Italien, Jugoslawien, Griechenland bis hin zur Türkei betrachtet, sieht die Gefahr, der die NATO hier in zunehmendem Maße ausgesetzt ist, ganz abgesehen von der Gefährdung der Handelsbeziehungen und Ölzufuhren in und aus diesem Raum.
    Das gleiche gilt für die Bedrohung der nördlichen Flanke der NATO im Ostsee- und vor allem im Nordmeerraum, die allerdings unserer Öffentlichkeit im Gegensatz zur Bedrohung aus dem Mittelmeer noch kaum bewußt ist, obwohl die sowjetische Nordmeerflotte sowohl ihrer Größe als auch ihrer Schlagkraft nach die stärkste Flotte der UdSSR ist. Diese Zangenbewegung aus dem Nordmeer und aus dem Mittelmeer kann für das freie Europa tödlich werden, wenn wir nicht auf der Hut sind.
    Drittens. Die Jahrhunderte währenden und niemals, auch durch keine noch so großen Rückschläge aufgegebenen Bemühungen der Russen, neben einer kontinentalen Weltmacht eine maritime Streitmacht von Weltgeltung aufzubauen, sind jetzt von Erfolg gekrönt worden. Der alte russische Traum von der „Weltmacht auf den Meeren" ist Wirklichkeit geworden. Die großen Seemanöver „Okean" des vergangenen Jahres auf allen Meeren bewiesen eindeutig, daß die Sowjetunion heute die zweitgrößte Seemacht der Welt ist. Und sie weiß auch ihre maritimen Fähigkeiten und Mittel politisch



    Adorno
    und strategisch einzusetzen. Dieser altemberaubende Expansionsdrang in alle maritimen Bereiche ist faszinierend und alarmierend zugleich. Es sichert dem Kreml weltweite Operationsfreiheit, macht ihn überall aktions- und interventionsfähig. Dieser Dynamik liegen Umfassungspläne zugrunde, die sich nicht nur gegen Europa richten, sondern gegen die gesamte westliche Welt und ihre lebenswichtigen Versorgungswege. Es ist ein Konzept gewaltigen Ausmaßes, das in seiner Bedeutung das nukleare Brust-an-Brust-Rennen der beiden Supermächte wahrscheinlich noch übertrifft.
    Viertens. Auf dem Gebiet der strategischen Nuklearrüstung ist die Gleichstellung der Sowjetunion mit den USA praktisch vollzogen. Auf Teilgebieten beginnen die Sowjets die Amerikaner bereits zu überholen. Um einen solchen Vorsprung Moskaus zu verhindern, z. B. bei seinen Anstrengungen, die Fähigkeit des Gegners zum second strike, zum wirksamen Vergeltungsschlag zu vernichten, muß sich Washington auf dem Gebiet der strategischen Waffen wieder stärker engagieren. Die zwangsläufige Folge davon wird sein, daß die amerikanische Regierung ihre Ausgaben bei den konventionellen Waffen kürzen muß; denn den Zwängen der Innenpolitik in den Vereinigten Staaten muß Präsident Nixon auch bei den Verteidigungsausgaben seines Landes Rechnung tragen.
    Dies, meine Damen und Herren, sind Fakten, die beweisen, daß die Sowjetunion atomar, mit ihren Flottenverbänden an den Flanken der NATO und auf den Weltmeeren sowie mit der Phalanx des Warschauer Paktes nach wie vor die Ausdehnung ihres Machtbereiches anstrebt. Der amerikanische Verteidigungsminister Laird wies deshalb kürzlich darauf hin, daß kaum Anzeichen für eine Bereitschaft Moskaus zur Abrüstung und Entspannung bestehen, sondern daß vielmehr die militärische Bedrohung durch den Kreml ständig wächst.
    Der deutsche Verteidigungsminister kam in seiner Analyse der militärischen Lage der NATO, die er vor einem halben Jahr in einer gemeinsamen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses gab, zur gleichen Beurteilung der Situation und nannte dabei ebenfalls eine Reihe dieser Fakten, die zur Störung des Gleichgewichts und damit zur Bedrohung des Bündnisses führen werden.
    Nun bedeutet es nach manchen Erfahrungen in der Vergangenheit schon etwas, meine Damen und Herren, wenn der Verteidigungsminister mit der Opposition in der Analyse der militärischen Lage weitgehend übereinstimmt. Leider läßt die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU/CSU die gleiche eindeutige Diagnose vermissen, die Ihre Ausführungen, Herr Minister, in der vorhin erwähnten Ausschußsitzung kennzeichneten. Zu viel ist hier die Rede von „die Bundesregierung stellt fest, sie hofft, sie weiß, sie prüft, sie orientiert sich", zu wenig aber sagt die Bundesregierung, was sie will und was sie tut.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie bleibt die Antwort auf viele Fragen schuldig.
    Woran liegt dies? Liegt dies etwa daran, daß die Bundesregierung bei ihrer Antwort zu unterschiedliche Auffassungen in ihren eigenen Reihen und innerhalb der Koalition über die wahren Absichten der Sowjetunion berücksichtigen mußte?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das wird es sein! — Wunschdenken!)

    Dann wäre es Ihnen, Herr Kollege Schmidt, leider nicht gelungen, die Bundesregierung, Ihre eigene Fraktion und die Ihres Koalitionspartners von der Genauigkeit ihrer Analyse, der Analyse des dafür in erster Linie zuständigen und verantwortlichen Ministers nachhaltig zu überzeugen.
    Oder liegt es daran, daß die Bundesregierung befürchtet, daß sie aus einer solchen Analyse andere Schlußfolgerungen ziehen muß, als sie bis jetzt zu ziehen bereit war?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Beides, meine Damen und Herren, wäre verhängnisvoll. Denn nach unserer Überzeugung muß die Bundesregierung auf Grund der erkennbaren Absichten der Sowjetunion offenbar darlegen, daß diese mit einer global angelegten Strategie unverändert ihre imperialen Ziele verfolgt. Die gesamten militärischen, wirtschaftlichen, ideologischen und politischen Maßnahmen des Warschauer Pakts sind darauf ausgerichtet, und es ist reines Wunschdenken, daß gewisse ideologische und wirtschaftliche Risse innerhalb dieses Bereichs das gemeinsame Handeln behindern. Das beste Beispiel hierfür lieferte die Tschechoslowakei im Jahre 1968.
    Wenn sich die Sowjetunion zur Entspannungsbereitschaft und zu einer ausgewogenen Truppenreduzierung bekennen wollte, dann, meine Damen und Herren, böte der Abzug der vorhin erwähnten fünf Divisionen aus der Tschechoslowakei oder wenigstens eines Teils derselben ein Beispiel ihres guten Willens. Es wäre dies doch ein Anfang und ein spektakuläres Ereignis für die Völker Europas.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    So aber müßte die Bundesregierung angesichts der weiter wachsenden Stärke des Warschauer Pakts zu dem naheliegenden Schluß kommen, daß die Sowjetunion keinerlei Rücksicht auf die Entspannungsbemühungen der deutschen Politik nimmt, sondern unbeirrbar ihre militärischen, politischen und wirtschaftlichen Positionen ausbaut, um ein eindeutiges Übergewicht zu gewinnen.
    In diesem Zusammenhang müssen auch Pläne wie z. B. die Einberufung einer sogenannten „Europäischen Sicherheitskonferenz" oder auch die SALT-Gespräche mit äußerster Zurückhaltung beurteilt werden. Wer gibt uns die Gewähr, daß die Sowjets all dies nicht nur als Zeitgewinn werten, um hinter der Fassade von Verhandlungen den kontinuierlichen Ausbau ihrer Streitmacht weiterhin ungestört vollziehen zu können?

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Und selbst wenn die SALT-Gespräche zu einem
    Erfolg führen sollten, die konventionelle Überlegenheit der Sowjets bleibt, ja, sie tritt dann nur noch



    Adorno
    stärker in Erscheinung und gewinnt in dem Maße, in dem es gelingt, die nukleare Parität auch nur annähernd zu sichern, nicht nur militärisch, sondern auch politisch an Bedeutung. Sie wird zu einem Instrument der politischen Erpressung.
    Wenig, sehr wenig davon enthält die magere Antwort der Bundesregierung. Und dies trotz der alarmierenden Analyse, die der Verteidigungsminister ich unterstreiche dies noch einmal — in der gemeinsamen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses gegeben hat. Es liegt doch auf der Hand, daß der Minister diese Lagebeurteilung auch dem Kabinett nicht vorenthalten hat.
    Wenn es möglich wäre, an der Stirnseite dieses Plenarsaales eine große Weltkarte anzubringen, auf der die militärischen Positionen der Supermächte eingetragen und laufend ergänzt würden, dann hätte dieses Hohe Haus das wirkliche Ausmaß unserer Bedrohung stets vor Augen, und dann könnten wir uns auch manche Debatte ersparen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. Abg. Wehner: Vor allem Ihre Rede!)

    -- Herr Kollege Wehner, ich gehe gern zu, daß Sie das nicht immer gern hören, was wir in diesen wichtigen Fragen der Verteidigung des Landes zu sagen haben.

    (Abg. Wehner: Nehmen Sie sich nicht wichtiger, als Sie sind! — Zuruf von der CDU/ CSU: Sie aber auch nicht!)

    — Niemand nimmt sich hier wichtiger, als er ist, sicherlich auch nicht Sie, Herr Kollege Wehner; aber Sie sollten die Fragen der Verteidigung wichtig nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. Abg. Wehner: Zu Befehl, Herr! Danke für Ihre Belehrung!)

    Meine Damen und Herren! Die Verteidigung unserer Sicherheit und unserer Freiheit ist Aufgabe und Last aller Bürger, und zwar schon im Frieden. Da wir gemeinsam den Krieg verhindern wollen, ohne dabei unsere Freiheit und unsere Sicherheit aufs Spiel zu setzen, müssen wir auch gemeinsam schon im Frieden Tag für Tag unseren Willen zur Verteidigung, die Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr und unsere Fähigkeit zu lückenloser und glaubwürdiger Abschreckung unter Beweis stellen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß jedes Nachlassen unserer Anstrengungen eine gefährliche Vorleistung darstellt, die das Risiko für den potentiellen Gegner mehr und mehr berechenbar macht. Die Grenze, die es hier im Interesse unserer Sicherheit geben muß, ist nach unserer Überzeugung bereits erreicht. Jede Verringerung der Kampfkraft unserer Bundeswehr sowohl im personellen wie im materiellen Bereich stellt die Vorne-Verteidigung nicht nur in Frage, sondern gibt sie auf.
    Ich erinnere hier z. B. an die immer spürbarer werdende Jäger-Lücke. Wir wissen, daß der Verteidigungsminister eine Grundsatzentscheidung darüber gefällt hat, die Luftwaffe der Bundeswehr mit amerikanischen Kampfmaschinen des Typs Phantom auszurüsten und diese als „LuftüberlegenheitsJäger" und als Jagdbomber einzusetzen. Der Verteidigungsausschuß soll in Kürze mit einer entsprechenden Vorlage befaßt werden. Wir sehen dem mit Interesse entgegen. Denn militärische Operationen im freien Raum bedingen einen erhöhten Luftschutz. Was Luftüberlegenheit des Gegners bedeutet, wissen wir aus den Erfahrungen in Monte Cassino, bei der Invasion und bei der deutschen Ardennen-Offensive.
    Wann will das Verteidigungsministerium die aktive Luftverteidigung des Heeres bessern? Als Stichwort nenne ich hier nur die veralteten 40-mmFla-Batterien. Ist die Luftwaffe in der Lage, durchgebrochene Panzer zu bekämpfen? Wie verhält es sich mit dem Ausbau der Luftbeweglichkeit des Heeres? Moderne Armeen belastet zunehmend der hohe Grad der Motorisierung auf der Erde. Um die operative Beweglichkeit der Reserveverbände zu erhöhen -- ein besonderes Erfordernis der Verteidigungsstrategie —, muß die dritte Dimension genutzt werden. Was ist mit dem Kampfhubschrauber? Wann werden die erforderlichen Aufklärungsmittel zur Verfügung stehen, damit die Artillerie auch auf weite Entfernungen nicht blind ist?
    Aus der Marinekonzeption wurden die Fregatten gestrichen. Ich möchte jetzt nicht untersuchen, welche Argumente von der Marineleitung jahrelang ins Treffen geführt wurden, um das Fregatten-Programm durchzusetzen. Die Devise lautete alles in allem, ohne Fregatten sei eine Verteidigung in der Ostsee nicht möglich. Nun soll es auf einmal ohne Fregatten gehen. Aber wo bleibt dann das Ersatzprogramm? Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, daß sich in der Nordsee angesichts der wachsenden sowjetischen Seestreitkräfte die Lage verschärft hat. Der Verteidigungsausschuß wird mit großen Beschaffungsvorhaben der Marine befaßt, ohne die neue Konzeption der Marine zu kennen: ein unhaltbarer Zustand!

    (Abg. Dr. Klepsch: Sehr wahr!)

    Das sind nur wenige Fragen aus dem Rüstungsbereich. Sie wecken Zweifel daran, daß auf längere Sicht die Kampfkraft der Bundeswehr ausreicht. Was wird morgen und übermorgen sein? Sie Sicherung der Kampfkraft der Bundeswehr muß im Verteidigungsetat und in der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung von Jahr zu Jahr ihren Niederschlag finden. Sonst ist die Abschreckung keine Abschreckung mehr.
    Lassen Sie mich dies näher erläutern. In allen Bereichen des Haushalts bleibt das Geld sinnvoll angelegt, auch wenn in den verschiedenen Einzelplänen nicht die ganze Summe zur Verfügung gestellt werden kann, die erforderlich wäre, um alle Wünsche zu befriedigen, um alle Vorhaben durchzuführen. Der Verteidigungsbereich macht hier eine Ausnahme. Wenn wir im Verteidigungsetat weniger Geld einstellen, als für die Erhaltung der Abschrekkung notwendig ist, und dieser Vorgang sich mehrmals wiederholt, dann ist die Grenze bald erreicht, von der an die Abschreckung ihre Glaubwürdigkeit verliert und daher das ganze Geld mehr oder weniger unnütz ausgegeben wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Adorno
    Das Geld ist in diesem Fall nicht mehr sinnvoll angelegt.
    Von diesem gefährlichen Zeitpunkt sind wir nicht mehr weit entfernt. Nach der Finanzplanung der Bundesregierung sinkt der Anteil des Verteidigungshaushalts am Bundeshaushalt infolge geringer werdender Zuwachsraten von Jahr zu Jahr. Er beträgt 1970 noch 22,3 %, 1971 21,9 %, 1972 20,9 %, 1973 19,6 % und 1974 nur noch 18,7 %.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Wienand: Was besagt das denn?)

    Und dies trotz Kostenexplosion in der Rüstung.

    (Abg. van Delden: Und Personal!)

    Das NATO-Dokument AD 70, Herr Kollege Wienand, stellt fest, daß die Verteidigungsausgaben der europäischen Staaten seit 1964 real um den gleichen Satz von 4 % sanken, um den die Sowjetunion jährlich ihre Ausgaben real gesteigert hat.

    (Abg. Wienand: Wie ist das absolute Verhältnis?)

    Die sich aus dieser Differenz ergebende Verschiebung des militärischen Gleichgewichts zugunsten Moskaus gefährdet in erster Linie unser Land.
    Zur Personallage der Bundeswehr muß leider gesagt werden, daß mindestens im Heer keine wesentliche Verbesserung und wesentliche Entspannung eingetreten ist, wenn es auch einzelnen Verbänden gelang, ihren Unteroffiziersbestand zu verbessern. Drückend bleibt das Fehl beim Offiziersnachwuchs des Heeres. Die Truppe ist mit Recht der Auffassung, daß sich die Personalprobleme nicht allein mit Geld oder sozialen Maßnahmen lösen lassen, sondern vor allem durch ein eindeutiges und klares Bekenntnis der gesamten Gesellschaft, und zwar aller ihrer Gruppierungen, zur Landesverteidigung und damit zur Bundeswehr.
    Wir wollen die Situation unvoreingenommen betrachten. Dann erkennen wir sehr schnell den Kern des eigentlichen Problems. Nicht Mangel an sozialen Leistungen, nicht fehlende Aufstiegschancen, nicht die Auffassung, daß der Beruf des Soldaten weniger interessant sei als andere Berufe, bringen die Bundeswehr in erster Linie in Personalnot. Ich möchte die eigentlichen Schwierigkeiten und Ursachen hier ganz deutlich aussprechen: Das indifferente Verhältnis unserer Gesellschaft zum Staat,

    (Abg. Dr. Giulini: Sehr wahr!)

    die Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen unserer Freiheit,

    (Abg. Dr. Giulini: Sehr wahr!)

    die Wunschvorstellung, die Welt besser zu sehen, als sie ist, übersteigertes materielles Interesse auf der einen, mangelnde Opferbereitschaft auf der anderen Seite und der Verlust an natürlicher Autorität in weiten Bereichen unserer Gesellschaft. Dazu kommt, daß es immer noch keine bessere Wehrgerechtigkeit gibt, sowie unser Unvermögen, das von Jahr zu Jahr größer werdende Problem der Kriegsdienstverweigerung für alle befriedigend zu lösen. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf:
    Haben unsere Kriegsdienstverweigerer nicht ein brillantes Argument zur Hand, seitdem diese Bundesregierung ihre Entspannungspolitik auf die angeblich so friedlichen Absichten der Sowjets gegründet hat?

    (Abg. Dr. Klepsch: Sehr wahr!)

    Meine Damen und Herren, das sind sicher nicht nur unsere Probleme. Sie stellen sich auch anderswo, vor allem dort, wo die Freiheit des Individuums verbrieftes Recht ist. Aber vielleicht sollten uns diese Fragen stärker beschäftigen, um bessere Lösungen nicht von vornherein auszuschließen. Denn in einem solchen Klima kann die Bereitschaft, dem Allgemeinwohl durch Verteidigung zu dienen, nur spärlich wachsen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die jungen Wehrpflichtigen sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Paradoxerweise hämmert diese Gesellschaft einerseits der Bundeswehr unentwegt ein, sie habe keine Sonderstellung zu beanspruchen, und erwartet andererseits vom Soldaten beispielhaftes Verhalten und herausragende Leistungen, kurz, den Staatsbürger in Uniform. Die Bundeswehr kann jedoch in 18 Monaten Ausbildung nicht aufholen, was 18 Jahre lang vorher bei der Erziehung zum Staatsbürger die für die Bildung und Ausbildung junger Menschen verantwortlichen Kräfte der Gesellschaft versäumt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Denn es fehlt nur allzuoft an der notwendigen und rechtzeitigen Erziehung zur Solidarität und zum Engagement für das Allgemeinwohl, also an der Entwicklung jener Eigenschaften, die den Staatsbürger letztlich charakterisieren. Darüber müssen wir, wenn wir die Verteidigungsbereitschaft der breiten Schichten stärken wollen, ebenso nachdenken wie über die Schwierigkeiten und Belastungen in jener Zeit, als wir darangingen, gegen große Widerstände Streitkräfte zur Landesverteidigung wiederaufzubauen. In diesem Gesamtkomplex haben die Distanz und oft genug auch die Abstinenz, deren sich vor allem der „zivil orientierte Intellektuelle" in Wehrfragen befleißigt, ihre Wurzeln.

    (Abg. Dr. Klepsch: Sehr wahr!)

    Wir brauchen dagegen in den Fragen der Landesverteidigung eine weitgehende politische Übereinstimmung aller Schichten unseres Volkes. Das Parlament und die tragenden politischen Kräfte unseres Staates müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Konflikte zwischen politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen über viele Probleme des öffentlichen Lebens sind sicher nützlich und auch notwendig. Nur in den großen nationalen Anliegen — und dazu zählt insbesondere die Landesverteidigung — muß es mehr Konsens als Konflikt, mehr Engagement als Abstinenz geben. Dann wird bei uns das Verständnis für die notwendige Verteidigung unseres Staates wachsen und damit das Ansehen unserer Bundeswehr ebenso wie ihre den Frieden sichernde Wirkung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Adorno
    Schließlich sind jene nicht zu übersehen, die die Bundeswehr zum Außenseiter der Gesellschaft stempeln, sie in Frage stellen oder sogar von ihr erwarten, daß sie sich als Institution selbst in Frage stellt. In Frage stellen kann sich und seine Ideologie vielleicht der Philosoph, niemals aber der Soldat in unserer gefährdeten Welt. Sonst gingen der Philosoph und jene mit ihm der Freiheit verlustig, die es ihnen erst erlaubt, diese Freiheit und alles, was sie gewährleistet, zu verunsichern.

    (Abg. Wehner: Aber nicht jeder Bramarbas ist ein Philosoph!)

    Der Herr Bundesminister der Verteidigung hat am 9. Februar dieses Jahres in einer Rede vor der Georgetown University in Washington erklärt — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
    Ich kann Sie versichern, daß es in der Bundesrepublik keine verantwortliche Partei, Gruppe oder Persönlichkeit gibt, die derart destruktiven Vorstellungen folgen würde.
    Meinen Sie nicht, Herr Minister, daß dies angesichts der zahlreichen erklärten Gegner einer ausgewogenen Sicherheitspolitik eine allzu optimistische Beurteilung der inneren Verhältnisse unseres Landes ist? Diese Gegner versammeln sich in radikalen Gruppen, vornehmlich auch in Schulen und nicht zuletzt in den Massenmedien. Sie agieren im Schutz der allgemeinen Meinungsfreiheit auf allen publizistischen Gebieten, in den Informationsbereichen genauso wie in den künstlerischen Bereichen, gegen die Verteidigung dieses Staates und damit auch gegen die Bundeswehr.
    Hier sind auch Regierung und Regierungskoalition aufgefordert, ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, daß sich unqualifizierte und verleumderische Aussagen gegen Staat und Soldat unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit nicht weiter ausbreiten. Ihnen muß Einhalt geboten werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unser Grundgesetz garantiert allen die Freiheit, nur nicht den Gegnern der Freiheit.
    In diesem Zusammenhang muß auch darauf hingewiesen werden, daß die Passivität gegenüber den zunehmenden antiamerikanischen Umtrieben ein gefährliches Ausmaß angenommen hat.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Daraus erwächst eine erhebliche Gefahr für die äußere Sicherheit unseres Staates; denn die VorneVerteidigung ist nur mit Hilfe der verbündeten Streitkräfte, vor allem der amerikanischen, garantiert.
    Der Antiamerikanismus wird vor allem durch linksradikale Gruppierungen mit einer Intensität wie noch zu keinem Zeitpunkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte betrieben.

    (Zuruf von der SPD: Und die NPD?)

    Hier sind Kräfte im Rahmen einer globalen Strategie
    am Werk, die sich die Vertreibung der Amerikaner
    aus Europa als Ziel gesetzt haben. Wenn sie sich
    durchsetzen, ist die Freiheit unseres Kontinents verspielt.
    Es reicht nicht aus, nur auf die ungeschmälerte Präsenz der Vereinigten Staaten in Europa zu drängen. Es muß auch wirksam gegen die antiamerikanischen Umtriebe eingeschritten werden.
    Ich möchte noch ein Wort zur Unabhängigkeit des Urteils der militärischen Führung in allen militärischen Fragen sagen. Der militärische Führer kann in einem demokratischen Staat dem Politiker seinen militärischen Rat unabhängig von der Regierungskonstellation und erst recht ohne Rücksicht auf parteipolitische Zweckmäßigkeiten geben.

    (Zuruf von der SPD: Jetzt ja!)

    Meine eigenen Erfahrungen in diesem Bereich aus jüngster Zeit stimmen mich skeptisch. Ich will das kurz begründen.
    Bei der Verwirklichung der Wehrgerechtigkeit spielt bekanntlich die Frage nach der Dauer des Grundwehrdienstes eine wesentliche Rolle. Im Sommer 1968 schlug eine aus Mitgliedern aller drei im Bundestag vertretenen Fraktionen bestehende Kornmission unter meinem Vorsitz vor, den Grundwehrdienst bis zu drei Monaten zu verkürzen, wenn bestimmte personelle Voraussetzungen erfüllt seien. Von der militärischen Führung wurden damals erhebliche Bedenken angemeldet und vor allem die schädliche Auswirkung einer solcher Verkürzung auf die NATO beredt geschildert.
    Vor wenigen Wochen hat nun die Wehrstrukturkommission der jetzigen Bundesregierung ebenfalls vorgeschlagen, den Grundwehrdienst zu verkürzen von 18 Monaten auf 16 Monate, und zwar aus den gleichen Gründen wie wir damals. Es sollen nämlich mehr Wehrpflichtige eingezogen werden können, um die Wehrgerechtigkeit zu verbessern. Natürlich war auch unser Vorschlag in ein Paket mit ergänzenden personellen und materiellen Empfehlungen eingefügt. In den Schlußbemerkungen hatten wir ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Lösungsvorschlag ein Gesamtkonzept darstellt, das nicht in Teile zerlegt werden kann, da sonst das Problem der Wehrgerechtigkeit nicht befriedigend zu lösen ist.

    (Abg. Dr. Klepsch: Sehr gut!)

    Die beiden Kommissionsvorschläge sind auf weite Strecken fast deckungsgleich. Ja, es ist heute nicht einmal mehr tabu, im Kabinett und in der Öffentlichkeit über die Einführung einer Wehrabgabe ernsthaft zu diskutieren. Niemanden wird es daher überraschen, daß die Mitglieder der ersten Kommission sich bestätigt finden.
    Wie man hört, hat sich die militärische Führungsspitze mit diesem Vorschlag einer Verkürzung der Wehrdienstdauer jetzt plötzlich abgefunden, obwohl sich seit dem Sommer 1968 die militärische Bedrohung durch den Warschauer Pakt sicher nicht verringert hat, noch die Situation innerhalb der NATO, noch die Personallage in der Bundeswehr sich wesentlich verändert haben. Angesichts dieses merkwürdigen spontanen Wandels fällt es mir nicht gerade leicht, auf die Unbeirrbarkeit des Denkens



    Adorno
    und Urteilens der militärischen Führung unbedingt zu vertrauen. Diese Unbeirrbarkeit des Denkens und Urteilens der militärischen Führung wäre aber so wichtig; denn jeder Verteidigungsminister ist auf den fachmännischen, nur von der Sache her bestimmten Rat seiner militärischen Berater in hohem Maße angewiesen. Es wäre schlecht, wenn das Motto gelten und zur Richtschnur des Handelns werden sollte: Paßt euch der gegebenen Situation an!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unverzichtbar bleibt, daß aus der Einsicht in das Notwendige auch das Notwendige gefordert wird. Dies ist, wie mir scheint, ein Gebot der Loyalität. Zur Loyalität gehört aber auch, daß kein politischer Druck auf den militärischen Sachverstand ausgeübt wird.
    Meine Damen und Herren! In dieser gefährdeten Welt müssen wir, wollen wir uns nicht selbst aufgeben, die Sicherheitsfragen auch künftig sehr ernst nehmen. Es ist die Pflicht der Regierung, die Notwendigkeiten der Sicherheitspolitik darzulegen. Die Öffentlichkeit muß wieder und wieder hören, daß Sicherheit auch morgen und übermorgen unverzichtbar ist.
    Die Auseinandersetzungen um die Macht sind so alt wie die Weltgeschichte. Das läßt mich ohne Zögern Thukydides zitieren.

    (Abg. Wehner: Und das am frühen Morgen!)

    Er hat gesagt: „Recht und Gerechtigkeit bestehen nur zwischen Gleichstarken. Sonst machen die ' Starken, was sie wollen, und die Schwachen erleiden, was sie müssen."

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren! Wenn wir weder unter politischen Druck noch in Abhängigkeit geraten wollen, müssen wir bereit sein, die personellen und materiellen Lasten, die unsere Sicherheit erfordert, auf uns zu nehmen. Die Verantwortung für die Zukunft können wir nur gemeinsam tragen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat Herr Abgeordneter Buchstaller. Für ihn hat die SPD-Fraktion 40 Minuten Redezeit beantragt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Buchstaller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD und der FDP haben die Große Anfrage Drucksache VI/1779 hauptsächlich eingebracht, um der Bundesregierung, vor allem dem Bundesverteidigungsminister, Gelegenheit zu geben, zu aktuellen Fragen der Sicherheitspolitik Stellung zu nehmen. Parlament und Öffentlichkeit haben, gerade was die äußere Sicherheit anbetrifft, Anspruch auf eine umfassende Sachinformation sowohl über die Verteidigungs- und Bündnispolitik als auch im besonderen über die Lage der Bundeswehr.
    Bei der Großen Anfrage der Koalitionsfraktionen geht es vor allen Dingen um eine Stellungnahme zu
    den Fragen erstens nach dem Einfluß von Umstrukturierungsmaßnahmen im Verteidigungsbereich auf die Kampfkraft der Bundeswehr; zweitens nach der Steigerung der Effektivität der Bundeswehr, insbesondere der Verbesserung ihres inneren Gefüges; dittens nach den Zielsetzungen von bereits realisierten strukturellen Veränderungen innerhalb der Bundeswehr; viertens nach der Zielverfolgung und Situationsanalsyse in der Zusammenarbeit mit anderen NATO-Staaten und dem Bündnis.
    Zum zweiten haben uns, sehr verehrte Damen und Herren, auch verschiedene Behauptungen und Darstellungen zu verteidigungspolitischen Problemen in der Öffentlichkeit und auch Äußerungen von Oppositionssprechern Veranlassung gegeben, dafür zu sorgen, daß diese Fragen im Parlament und vor der Öffentlichkeit ihre Beantwortung durch die Bundesregierung erfahren. Meinungs- und Beurteilungsverschiedenheiten sind selbstverständlich auch im sicherheitspolitischen Bereich eine demokratische und parlamentarische Notwendigkeit. Aber mit einem ständigen Krisengerede wird weder ein Beitrag zur Stärkung der Verteidigungskraft noch zur Bewältigung der Probleme der Bundeswehr geleistet.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im Gegenteil führt das zur Verunsicherung der Gesellschaft, der NATO-Verbündeten und nicht zuletzt der Bundeswehr selbst. Hier sind Klarstellungen in und vor aller Öffentlichkeit notwendig. Verteidigungsminister Helmut Schmidt ist seit seiner Amtsübernahme beharrlich, ständig und erfolgreich bestrebt, aufgestaute oder vertagte Schwierigkeiten innerhalb der Bundeswehr und im Grenzbereich so optimal wie möglich zu lösen. Alle diese verwirklichten, eingeleiteten oder in Angriff genommenen Maßnahmen dienen dem Sicherheitsbedürfnis unserer Gesellschaft.
    Drittens. Seit der Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Oktober 1969

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Beginnt ein neues Zeitalter!)

    haben sich neues sicherheitspolitische Perspektiven ergeben.

    (Abg. van Delden: Im Wunschdenken!)

    Sie manifestieren sich im Weißbuch 1970 und in den Kommuniqués der NATO-Ministerratstagungen von Rom und Brüssel im Jahre 1970. Das Weißbuch zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr stellt das sicherheitspolitische Programm der Bundesregierung für die nächsten Jahre dar. Diese umfassenden Reformvorhaben können selbstverständlich nur Zug um Zug realisiert werden. Ihr Ziel ist es, die Streitkräfte effektiver zu gestalten. Im Kommuniqué über die Ministertagung des Nordatlantikrates in Rom vom 27. Mai 1970 heißt es zur Lage in Mitteleuropa:
    Mit Unterstützung und Verständnis ihrer Verbündeten hat die Bundesrepublik Deutschland Gespräche mit der Sowjetunion, Polen und der DDR aufgenommen, um die Lage in Mitteleuropa zu verbessern. Die Bündnispartner erachten dies als ermutigend.



    Buchstaller
    Dies alles, meine Damen und Herren, sind Faktoren, die die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik beeinflußt haben und die man nicht unberücksichtigt lassen kann und nicht unberücksichtigt lassen darf. Im Bereich des Bündnisses sind die Entscheidungen über den Verbleib ausreichender amerikanischer Streitkräfte auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland und über ein europäisches Verstärkungsprogramm zur NATO-Verteidigung von stabilisierender Bedeutung. So wird beispielsweise in der strategischen NATO-Studie „AD-70" das europäische Verstärkungsprogramm begrüßt und als zusätzliche Stabilisierung in bestimmten Fachgebieten der NATO charakterisiert.
    Im Rahmen der Bundeswehr sollen die 124 angekündigten und zum größten Teil schon realisierten Maßnahmen aus dem Weißbuch 70 zur inneren Konsolidierung der Streitkräfte und zu vermehrter Integration in die Gesellschaft beitragen. Angesichts der Vielzahl anstehender Aufgaben müssen diese Bemühungen als ein Prozeß aufgefaßt werden, der selbstverständlich seine Zeit braucht.
    Eine nüchterne Bilanzierung im Bündnis und in der Bundeswehr führt zu dem Ergebnis, daß die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der verbündeten Nachbarn verbessert worden ist. Bei allem Sinn für sachlich ausgetragene Meinungsunterschiede mit Teilen der Öffentlichkeit und der Opposition kann meines Erachtens diese in sich ausgewogene Sicherheitsbilanz nicht bestritten werden.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Na! Na!)

    In sachlicher, d. h. positiver und auch kritischer, Darstellung müssen Öffentlichkeit, Soldaten und Bündnispartner wissen, wie es um die Bundeswehr, die Verteidigungsanstrengungen und die Verteidigungskonzeption der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich bestellt ist.
    Diesem Verlangen nach Information ist die Bundesregierung mit ihrer Antwort auf die Großen Anfragen der SPD- und der FDP-Fraktion sowie der CDU/CSU-Fraktion nachgekommen. Mit dieser Beantwortung wird u. a. für die NATO-Politik folgendes klargestellt.
    Erstens. Unsere nationale Sicherheitspolitik gründet sich auf die vom NATO-Bündnis entwickelten Prinzipien einer gemeinsamen Sicherheitspolitik. Dazu gehören nicht nur die Strategie der flexiblen Reaktion und das Prinzip der Vorne-Verteidigung, sondern auch die Kernfeststellung des auch von meinem Vorredner zitierten „Harmel-Berichts" vom Dezember 1967, in dem es heißt:
    Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung stellen keinen Widerspruch, sondern eine gegenseitige Ergänzung dar. Wir werden auch weiterhin daran festhalten, daß politische Entspannungsbemühungen nur auf der Basis eines militärischen Gleichgewichts zwischen Ost und West in dauerhafte und wirksame Regelungen münden können.
    Zweitens. Das Kräfteverhältnis in Europa zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt wird im wesentlichen durch die strategische Ausgewogenheit der verfügbaren Kräfte bestimmt. Dieser stabile Zustand in Mitteleuropa beruht nicht nur, Herr Adorno, auf einem Kopf-und-Kopf-Zählen oder auf dem Abzählen von Raketen oder dem Abzählen von Panzern.

    (Abg. van Delden: Das hat auch niemand behauptet!)

    Es kommt vor allem darauf an, die Situation der einzelnen Länder entsprechend einzuschätzen und ins Gewicht zu bringen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Diese tatsächlichen und potentiellen Kräfte gilt es mit in die Beurteilung der Gesamtsituation einzubeziehen. Der Schluß, der ja auch in den Ausführungen von Herrn Adorno nicht bestritten wurde, lautet: In Mitteleuropa funktioniert das Prinzip der gegenseitigen, glaubwürdigen Abschreckung, das der Bundesrepublik und ihren Nachbarn in Ost und West bereits seit 26 Jahren zumindest den negativen Frieden, d. h. die Verhinderung eines Krieges, garantiert hat. Aber auch die ersten, wenn auch zaghaften Ansätze zu einem positiven Frieden in Europa, d. h. die Überwindung möglicher kriegerischer Aggressionen durch kooperative Maßnahmen z. B. der Krisenbeilegung deuten sich an. In diesem Zusammenhang wird das Konferenzobjekt über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gründlich zu prüfen sein. Der NATO-Plan, der beiderseitige und ausgewogene Truppenverminderungen in Mitteleuropa vorsieht, liegt zur Prüfung auch dem Warschauer Pakt vor.
    Drittens. Die in die Zukunft gerichtete Studie der NATO, der sogenannte AD-70-Bericht, weist auf die Tatsache hin und das muß auch meinerseits festgestellt werden , daß die Möglichkeit einer weiteren Steigerung sowjetischen Militärpotentials gegeben ist.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Was heißt „die Möglichkeit"!)

    Hierbei handelt es sich um sachliche Feststellungen und um eine ungeschminkte Lageschilderung. Die daraus zu ziehenden Konsequenzen der NATO halten sich im Rahmen der als ausreichend zu bezeichnenden Maßnahmen. Diese sollen weder zur Schwächung noch zur provokativen Stärkung der NATO, sondern zur Aufrechterhaltung des Gegengewichts führen, ohne das — und das unterstreiche ich, Kollege Adorno - eine wirksame Abschreckung nicht denkbar ist.
    Das europäische Verstärkungsprogramm zur NATO-Verteidigung, das ja letztlich durch einen starken Einfluß auch der Bundesrepublik zustande kam, setzt 3,6 Milliarden DM im Zeitraum von fünf Jahren für zusätzliche Leistungen fest. Die Bundesrepublik Deutschland trägt dabei mit 1,7 Milliarden DM den Löwenanteil. Diese Maßnahmen führen unter anderem zu einer Situation in Europa, in der der Frieden sicherer wird, ohne daß der Abbau von Konfrontationen erschwert oder verzögert wird.
    Viertens. Die rein defensive Aufgabenstellung der NATO, mithin auch der Bundeswehr, machen stän-



    Buchstaller
    dige Wachsamkeit erforderlich. Die Lage im Mittelmeerraum, auf den Nordmeeren und an der Nordflanke der NATO wird eingehend verfolgt, und es werden mögliche notwendige Konsequenzen zeit- und situationsgemäß gezogen. Die Rolle der Bundesrepublik im NATO-Bündnis wird infolgedessen auch weiterhin von den Zeitgedanken bestimmt, die der Herrn Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung entwickelte. Darin heißt es unter anderem:
    Wir werden . . . in und gegenüber dem Bündnis die bisherige Politik fortsetzen und erwarten dies auch von unseren Bündnispartnern und von ihren Beiträgen zur gemeinsamen Sicherheitspolitik und zu den vereinbarten gemeinsamen Sicherheitsanstrengungen.
    Zur Lage in der Bundeswehr stellt die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage unter anderem folgende Aspekte deutlich heraus.
    Erstens. Durch Umschichtungen im Einzelplan 14 des Bundeshaushalts zugunsten von Fürsorgemaßnahmen für Soldaten und durch Umdisponierungen in der Rüstungsplanung wurden neue Ausgangspositionen geschaffen, um die Kampfkraft der Bundeswehr zu erhalten und auszubauen. Grundlage dieser Aktivitäten bilden die im Weißbuch 1970 angekündigten Maßnahmen, deren Realisierung in den Streitkräften bereits Erfolge in Richtung auf eine Konsolidierung durch stetiges Abtragen von Mißständen und Einführung neuer Maßnahmen zeitigen. Wie bereits erwähnt, wird es sich hierbei um einen längeren Prozeß handeln, der zum einen Versäumtes nachzuholen hat und zum anderen ständige Anpassung an Neuerungen verlangt. Diese Doppelbelastung muß anerkannt werden, wenn Aufwand und Erfolg von Reformen innerhalb der Bundeswehr gegeneinander aufgewogen werden.
    Zweitens. Eine Effektivitätssteigerung der Bundeswehr hängt im wesentlichen von der inneren Verfassung der Streitkräfte ab. Diese wird hauptsächlich durch bestimmende Faktoren wie Personalwesen, Bildung und Ausbildung, optimale Gleichbehandlung aller Wehrpflichtigen und Truppenfürsorge beeinflußt. In allen genannten Bereichen zeichnen sich Besserungen ab, die auf Grund von eingeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung oder des Verteidigungsministers auf eine Festigung des inneren Gefüges der Bundeswehr Einfluß nehmen. Eine Beschleunigung dieses Vorgangs wird dann eintreten, wenn alle Kommissionsberichte vorliegen und die sorgfältig geprüften Vorschläge innerhalb der Streitkräfte wirksam und ins Bewußtsein der Öffentlichkeit aufgenommen werden.
    Drittens. Durch Einführung überschaubarer und dem Stand der Technik entsprechender Führungs-, Organisations- sowie Koordinierungsmethoden wurde dem Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums mehr Transparenz verliehen und die Straffung von Verantwortlichkeiten gewährleistet. So wurde z. B. der Rüstungsbereich im vergleichbaren Stil eines Großgruppenmanagements neu geordnet, um u. a. auch die Kosten-NutzenRelation optimal im Interesse sowohl der erforderlichen Rüstungsanstrengungen als auch im Interesse der Steuerzahler gestalten zu können. Mit Hilfe der
    Neuordnung im Bereich der Führung konzentrieren sich im Ministerium auf Grund der vorgenommenen Arbeitsteilung die Aufgaben von Führung, Lenkung, Planung und Kontrolle. Diese im internationalen Rahmen übliche Regelung wird sich auch bald in der Bundeswehr durch rationalere Entscheidungen auswirken.
    So weit in groben Zügen die schriftliche Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktionen von SPD und FDP durch die Bundesregierung.
    In der Regierungserklärung zur Verteidigungs- und Sicherheitspolitik am 26. März 1971 wurde diese Antwort noch ergänzt und unterstrichen. Verteidigungsminister Helmut Schmidt hob beispielsweise hervor, daß der Bundeswehr von seiten der Gesellschaft in den letzten eineinhalb Jahren mehr Verständnis und Anteilnahme entgegengebracht worden ist, und zwar durch den verstärkten Ausbau der für eine Demokratie unerläßlichen Prinzipien der Durchsichtigkeit und Öffentlichkeit. Durch Meinungsumfragen konnte die Tatsache untermauert werden, daß die Einordnung von Bundeswehr und Soldaten in die Gesellschaft weitestgehend gelungen ist. Ferner betonte er, daß die verhärtete Personalknappheit im vergangenen Jahr entspannt werden konnte.
    Lassen Sie mich, gerade auch weil mein Vorredner auf die Personalsituation eingegangen ist, die Feststellungen des Ministers dazu wiederholen, weil sie deutlich zeigen, daß zumindest die Tendenz besteht, die Personalmisere allmählich überwinden zu können. Diese Feststellungen finden in folgenden Bemerkungen ihren Ausdruck.
    Erstens. An längerdienenden Mannschaften fehlten zu Beginn des vorigen Jahres 3 500 Soldaten. Zum Jahresende wurde die Sollzahl um 6 500 überschritten.
    Zweitens. Die Zahl der Zeitunteroffiziere ist im Laufe des Jahres 1970 von 81 600 auf 87 700 gestiegen. Damit wurde der Fehlbestand von rund 25 000 Unteroffizieren in einem Jahr um ein Viertel verringert.
    Drittens. Die Bereitschaft von Unteroffizieren, sich auf vier oder acht Jahre zu verpflichten, ist gestiegen. 1969 waren es 4600, 1970 dagegen 6700 Unteroffiziere.
    Viertens. Die Soll-Zahl für Berufsunteroffiziere wurde um 8200 Stellen überschritten.
    Fünftens. Auch bei den Berufsoffizieranwärtern hat sich die Personallage etwas gebessert. Im vergangenen Jahr konnten 260 Berufsoffizieranwärter mehr gewonnen werden als im Jahr zuvor.
    Außerdem — das soll nur am Rande erwähnt werden — werden durch die neuen Dienstzeitvoraussetzungen demnächst rund 700 Zeitoffiziere mit einer Verpflichtungszeit von drei bis vier Jahren zum Leutnant befördert, und es konnten Anfang dieses Jahres 1700 Soldaten, die sich zu einer zweijährigen Dienstzeit verpflichteten, Leutnant werden.
    Ubrigens ist interessant, daß z. B. beim Technischen Dienst in der Luftwaffe, der mit einer Aka-



    Buchstaller
    demieausbildung verbunden ist, die Zahl der Offizierbewerber am höchsten liegt. Das scheint mir eine Bestätigung dafür zu sein, daß die Tendenz der Ausbildungs- und Bildungskommission richtig ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das alles ändert jedoch nichts daran, daß die Personallage in der Bundeswehr angespannt bleibt. Wer allerdings in diesem Zusammenhang von einer Krise spricht, muß zur Kenntnis nehmen, daß der Tiefstand in den vergangenen Jahren lag und daß die Maßnahmen, die jetzt zur Beseitigung der Schwierigkeiten eingeleitet wurden, erst langsam zu wirken beginnen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rommerskirchen: Die ehemalige Opposition ist vernünftiger geworden! Daran liegt es mit!)

    — Aber, Herr Kollege Rommerskirchen, ich glaube, Sie geben mir recht, daß es auch für die Truppe gut ist, einmal diese positiven Zahlen zu nennen — sie brauchen zu keinem Überschwang zu führen —,

    (Abg. Rommerskirchen: Natürlich!)

    damit sich deutlich abzeichnet, daß die Bemühungen ihren Niederschlag finden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein Problem, das uns alle bedrückt, ist die ständig steigende Zahl von Wehrdienstverweigerern. Verteidigungsminister Helmut Schmidt und auch der Herr Bundeskanzler wiesen in der Debatte am 26. März 1971 mit großem Nachdruck auf dieses Problem hin. Ich teile diese Sorgen.
    Es wird deshalb notwendig sein, die in Angriff genommene Novellierung des § 1 des Gesetzes über den Zivilen Ersatzdienst umgehend vorzunehmen, um die Ersatzdienstpflichtigen auch über den sozialen Bereich hinaus verpflichten zu können.
    Um der Wehrgerechtigkeit willen, aber auch um der allgemeinen Gerechtigkeit willen ist es vonnöten, daß umgehend mit der Tatsache Schluß gemacht wird, daß drei von vier Ersatzdienstpflichtigen wegen fehlender Einsatzplätze damit rechnen können, sich jeglicher Dienstleistung für unsere Gesellschaft entziehen zu können.
    Meines Erachtens besteht ein enger Kontakt zwischen diesen beiden Problemen, dem Problem Bundeswehr—Wehrdienstverweigerung und dem Mangel an politischer Bildung eines Großteils der nachwachsenden Generation. Schulen, Elternhaus, Gewerkschaften und Arbeitgeber sind aufgerufen, neben der Vermittlung notwendiger Sachkenntnisse im Beruf und über politische Institutionen auch die politische Verhaltensweise der heranwachsenden Generation im Sinne des vom Grundgesetz bestimmten Menschenbildes zu beeinflussen.
    Der Brief des Herrn Bundeskanzlers an den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, in dem er die Bitte ausspricht, dem Thema der Landesverteidigung im Sozial- und im Gemeinschaftskundeunterricht die notwendige Beachtung zu schenken, sollte so bald wie möglich praktische Auswirkungen zeigen.

    (Abg. Haehser: Der ist in der Staatskanzlei verlorengegangen!)

    — Herr Kollege Haehser, er ist aber inzwischen gefunden worden.
    Auch die in diesem Zusammenhang vom Bundeskanzler geforderte Zusammenarbeit der Universitäts- und Forschungsstätten mit der Bundeswehr sollte nicht allzulange auf eine positive Reaktion warten lassen.
    Lassen Sie mich in Verbindung mit dem von mir zuletzt genannten Punkt der politischen Bildung einige wenige Bemerkungen zum Schlagwort von der Politisierung der Streitkräfte machen. Ohne Zweifel gibt es in unserer Gesellschaft, vor allen Dingen aber innerhalb der jungen Generation einen Trend zu größerem politischen Engagement. Gleichzeitig zeigt sich im politischen Bereich eine immer klarer, teilweise leider aber auch härter werdende Polarisierung. Das hat auch seine Auswirkungen auf die Bundeswehr. Sie dagegen abschirmen zu wollen, ist unsinnig. Aber gerade deshalb sollte die Behandlung von Fragen der Sicherheits- und Bündnispolitik und von Schwierigkeiten der Soldaten und der Bundeswehr im ganzen die Grenze sachlicher Auseinandersetzung nicht verletzen. Ich halte es für gut, daß Verteidigungsminister Helmut Schmidt in der Regierungserklärung zur Sicherheitspolitik der Bundesregierung in dieser Hinsicht auf seinen Amtsvorgänger Dr. Schröder Bezug genommen und unterstrichen hat, daß Sicherheits-, Verteidigungs- und Bündnispolitik auf eine möglichst breite politische Grundlage gestellt werden sollten. Von manchen Äußerungen einiger Oppositionspolitiker auch von Ihrer Rede in der gleichen Debatte, Herr Kollege Dr. Zimmermann — kann nicht behauptet werden, daß sie von der gleichen Absicht getragen gewesen seien.
    Ich meine, es ist gut, daß in der schriftlichen Antwort der Regierung und in der Rede des Verteidigungsministers in der Debatte am 26. März der Versuch gemacht wurde, für die parlamentarische Auseinandersetzung um Fragen der Sicherheit, der Verteidigung und des Bündnisses einen sachlichen Rahmen zu setzen. Die gemeinsame Verantwortung des Parlaments und der ihm angehörenden Parteien für die äußere Sicherheit verträgt keine verzerrende Polemik. Die Probleme können nur bewältigt werden, wenn die Auseinandersetzungen sachlich und konstruktiv geführt werden. Dieser Vorgang verlangt keineswegs ein Verwischen des eigenen politischen Standorts. Für eine Sachdiskussion und den eventuell zu erringenden Kompromiß ist es allerdings erforderlich, daß die Meinungsunterschiede und Alternativen klar herausgestellt werden. Statt mit Polemik und Negation sollte die Opposition mit mehr Alternativen aufwarten. Das möchte ich hier deutlich an die Adresse der Opposition sagen. Hoffentlich wird dazu in der heutigen Debatte ein Ansatz gefunden.



    Buchstaller
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gesichtspunkte zusammenfassen, die sich aus der Erklärung und der schriftlichen Antwort der Bundesregierung ergeben.
    Erstens. Die Bundesrepublik steht politisch und militärisch fest im NATO-Bündnis.
    Zweitens. Militärische Sicherheitspolitik und Entspannungsbemühungen sind zwei Seiten einer und derselben Medaille.
    Drittens. Die Bundesrepublik leistet mit dem personellen und materiellen Umfang, d. h. mit dem Ausbildungsstand und der Rüstung der Bundeswehr, einen angemessenen Beitrag zu der vom NATO-Bündnis praktizierten Strategie des abschreckenden Gegengewichts.
    Viertens. Die Bundeswehr hält hinsichtlich des Ausbildungsstandes, der Ausrüstung und auch der Verteidigungsbereitschaft jedem Vergleich mit jedem der europäischen Bündnispartner stand.
    Fünftens. Die personelle Überforderung und die damit seit Bestehen der Bundeswehr gegebenen Schwierigkeiten sind klar erkannt. Maßnahmen zur Milderung und Behebung dieser Probleme sind eingeleitet. Dazu gehören die Maßnahmen aus dem Weißbuch ebenso wie die noch ausstehenden Entscheidungen im Rahmen der Empfehlungen der Bildungskommission, der Wehrstrukturkommission und der Personalstrukturkommission.
    Ich glaube, meine Damen und Herren, feststellen zu dürfen, daß unter der Verantwortung dieser Bundesregierung und von Verteidigungsminister Helmut Schmidt außerordentlich Vieles und Positives im Verteidigungsbereich für unsere Sicherheit und die Soldaten geleistet wurde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das — und das möchte ich nicht unerwähnt lassen ist auch ein Verdienst der militärischen und zivilen Mitarbeiter des Ministeriums und eine große Leistung der militärischen Führer und Unterführer in der Truppe. Bei jeder Kritik sollte zumindest dieser großen Leistung, auch der großen Leistung Hunderttausender von Wehrpflichtigen, der gebührende Respekt nicht versagt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)