Rede von
Hans-Jürgen
Junghans
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nein, ich habe nicht mehr soviel Zeit.
Neben der geplanten antizyklischen Haushaltspolitik stehen — darauf hat der Herr Bundeswirtschaftsminister hingewiesen — die Konjunkturausgleichsrücklagen in Höhe von 3 Milliarden DM für schnell zu verabschiedende Investitionshaushalte bereit.
Wir begrüßen auch, daß die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht zum Konjunkturzuschlag eindeutig erklärt hat, daß, wenn ,die konjunkturelle Lage es erfordere, schnell über Einstellung und vorzeitige Rückzahlung des Konjunkturzuschlags entschieden werden kann, wie das Gesetz es befiehlt.
Mit den Orientierungsdaten für 1971 hat die Bundesregierung Markierungen für die Tarifvertragsparteien gesetzt. Es ist erfreulich festzustellen, daß sich die Größenordnungen mit den Orientierungsdaten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in etwa decken. Die Tarifvertragsparteien sind in der Gestaltung der Tarifabschlüsse autonom; die Ergebnisse sind aber von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Sie können daher einen wichtigen Beitrag zur Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Dieser Verantwortung — das stelle ich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich fest — müssen sich alle Gruppen in diesem Lande bewußt sein.
Aber jede Bemühung um Stabilität des Wirtschaftsablaufs wird sehr erschwert, wenn die wirtschaftspolitischen Instanzen auf Bundes- und Länderebene nicht mit der Bundesbank an einem Strang ziehen. Die Bundesbank hat in der Vergangenheit die Stabilitätspolitik wirkungsvoll unterstützt. Wir würden es begrüßen, wenn die Bundesbank jetzt schon prüfte, ob zur Stabilisierung der Investitionsneigung nicht eine weitere Lockerung der geldpolitischen Restriktionen erforderlich ist.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein Umschwenken in der Geldpolitik einen langen Zeitraum braucht, bis es sich in einem veränderten Verhalten in der Wirtschaft niederschlägt, halten wir ein weiteres Beibehalten des harten Kurses nicht für angebracht.
Lassen Sie mich aber eines mit aller Entschiedenheit noch einmal deutlich machen. Die konjunkturpolitische Situation ist heute völlig anders als im Jahre 1966, als die 'Regierung Erhard wegen ihrer Entschlußlosigkeit scheiterte:
Erstens. Bundesregierung und Koalition sind fest entschlossen, die Vollbeschäftigung kompromißlos zu verteidigen. Eine „gewollte Rezession" zur Bereinigung wirtschaftlicher Anpassungsschwierigkeiten ist für uns nicht diskutabel.
Zweitens. Dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundesfinanzminister stehen mehrere Mittel zur Gegensteuerung zur Verfügung, über deren Einsatz jederzeit beschlossen werden kann.
Drittens. Dabei kann jeder Bürger — das stelle ich für unsere Fraktion nachdrücklich fest —, jeder Arbeitnehmer und jeder Unternehmer sicher sein, daß diese Bundesregierung und die Parteien, die sie tragen, dirigistische Eingriffe in den Wirtschaftsprozeß ablehnen.
Die marktwirtschaftliche Ordnung ist für uns unantastbar.
Es wäre für die deutsche Wirtschaft, für Arbeitnehmer und Unternehmer bedauerlich, wenn die CDU/CSU-Fraktion auch im Jahre 1971 wie 1970 ihre Rolle als Opposition vor allem darin sähe, Wirtschaft und Bevölkerung zu verunsichern,
statt Alternativen zur Wirtschaftspolitik der Koalition zu entwickeln.
Nachdem ich hier die Bilanz der wirtschaftspolitischen Aktivität der Bundesregierung im Jahre 1970 — auch im Vergleich mit der Opposition — gezogen habe, möchte ich feststellen: die Opposition hat im letzten Jahr vor der deutschen Bevölkerung falsche Propheten auftreten lassen. Ihr sogenanntes wirtschaftspolitisches Alternativprogramm — auch das, was Herr Müller- Hermann hier nicht wieder vorgelegt hat — hat den Test mit dem Prädikat „nicht empfehlenswert" beendet.