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ID0609502100

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    Deutscher Bundestag 95. Sitzung Bonn, Dienstag, den 2. Februar 1971 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Rösing 5193 A Wahl des Abg. Dr. Arndt (Berlin) als Mitglied des Europäischen Parlaments . . 5193 A Amtliche Mitteilungen 5193 B Beratung des Jahresgutachtens 1970 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache VI/1470) in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1971 der Bundesregierung (Drucksache VI/1760) Dr. Schiller, Bundesminister 5194 B, 5242 B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 5201 D Junghans (SPD) 5209 B Kienbaum (FDP) 5215 D Brandt, Bundeskanzler . . . . . 5218 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 5223 D Dr. Schachtschabel (SPD) . . . . 5226 C Mertes (FDP) . . . . . . . . 5229 B Dr. Pohle (CDU/CSU) 5233 B Kater (SPD) . . . . . . . . . 5239 A Höcherl (CDU/CSU) . . . . . . . 5250 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . . 5253 C Graaff (FDP) . . . . . . . . . 5257 A Breidbach (CDU/CSU) . . . . . 5258 A Lenders (SPD) . . . . . . . . . 5261 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 5263 D Kirst (FDP) . . . . . . . . . . 5264 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . • 5266 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 5267 A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zu dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen . . . . . . . . . 5267 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 95. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 2. Februar 1971 95. Sitzung Bonn, den 2. Februar 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 93. Sitzung, Seite 5048 A, Zeile 13: Der Zuruf des Abgeordneten Reddemann ist zu streichen. Dafür ist einzusetzen: (Zuruf von der CDU/CSU.) 93. Sitzung, Seite 5050 C, Zeile 10: Zwischen den Wörtern „fest" und „in" ist einzufügen: (Abg. Reddemann: Mit beiden Beinen fest in der Luft!) Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 5. 2. Dr. Apel 2. 2. Dr. Artzinger * 2. 2. Bühling 28. 2. Becker (Pirmasens) 5. 2, Dasch 5. 4. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 2. 2. Dr. Dollinger 23. 2. Dröscher * 3. 2. Dr. Furler 2. 2. Gerlach (Emsland) * 2. 2. Dr. Götz 28. 2. Dr. Jungmann 15. 2. Dr. Kiesinger 5. 2. Klinker * 3. 2. Dr. Koch * 4. 2. Kriedemann * 5. 2. Frhr. von Kühlmann-Stumm 2. 2. Dr. Löhr * 2. 2. Maucher 12. 2. Memmel * 5. 2. Müller (Aachen-Land) * 4. 2. Frau Dr. Orth * 3. 2. Pfeifer 5. 2. Rasner 12. 2. Richarts * 3. 2. Schmitz (Berlin) 5. 2. Saxowski 2. 2. Susset 2. 2. Stücklen 2. 2. v. Thadden 6. 2. Wiefel 26. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Bonn, den 29. Januar 1971 An. den Herrn Bundeskanzler Bonn Der Bundesrat hat in seiner 361. Sitzung am 29. Januar 1971 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 9. Dezember 1970 verabschiedeten Gesetz über die Entschädigung für Straf- verfolgungsmaßnahmen (StrEG) gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat außerdem die nachstehende Stellungnahme beschlossen: Zu § 14 Abs. 1 geht der Bundesrat davon aus, daß der Eröffnung des Hauptverfahrens der Erlaß eines Strafbefehls, einer Strafverfügung oder eines Bußgeldbescheids gleichsteht. Dr. Röder Vizepräsident Bonn, den 29. Januar 1971 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Vorstehende Abschrift wird auf Ihr Schreiben vom 22. Dezember 1970 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Räder Vizepräsident
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    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich erinnere nur daran, daß sich Herr Dr. Stoltenberg dabei besonders hervorgetan hat. Ich möchte hier einige Beispiele nennen.
    Am 10. Juli sagte Herr Stoltenberg in diesem Hohen Hause:
    Damit kann nach Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 1970 in den kommenden Monaten ein neuer Nachfragestoß an Verpflichtungsermächtigungen und Zahlungen ausgelöst werden, der die Wirkung der vorgesehenen steuerlichen Belastungen zunichte macht.
    In der gleichen Rede warf Herr Dr. Stoltenberg der Bundesregierung fehlende Integration der Haushaltspolitik in das Stabilitätskonzept vor. Am 15. September wird Herr Dr. Stoltenberg in seinen Anschuldigungen noch massiver und sagt:
    Insbesondere ist es zweifelhaft geworden, ob die Regierung überhaupt noch gewillt ist, die Vorschriften des Stabilitätsgesetzes zu beachten und zur Grundlage ihrer fiskal- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen zu machen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Daran zweifeln viele Leute!)

    Ein letztes Zitat, vom 7. Oktober, Herr Stoltenberg:
    Die negativen Wirkungen einer konjunkturwidrigen staatlichen Ausgabenpolitik tragen den Boom in seiner Spätphase offensichtlich mit einem neuen inflatorischen Treibsatz noch weiter, einem Treibsatz, dessen Kraft und Dauer heute niemand exakt vorausschätzen kann.

    (Abg. Haase [Kassel] : Ein wahres Wort! Alles zutreffend!)

    Hier sollte offensichtlich der Herr Bundesfinanzminister zum Buh-Mann gestempelt werden.
    Heute sind wir in der Lage, Bilanz zu ziehen. Wir stellen fest, während das Bruttosozialprodukt im Jahre 1970 um 12,5 % gestiegen ist, haben die Ausgaben des Bundes nur um 7 % zugenommen. Damit steht also fest: Die Haushaltspolitik des Bundesfinanzministers im Jahre 1970, Herr Dr. Stoltenberg, war erfolgreich. Sie war konjunkturgerecht und hat damit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität geleistet. Ich möchte jedenfalls auch namens meiner Fraktion dem Herrn Bundesfinanzminister für diese Tatsache ausdrücklich die Anerkennung aussprechen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Ott.)

    Meine Damen und Herren, die Äußerungen von Herrn Dr. Stoltenberg und auch heute die von Herrn Müller-Hermann zum Thema Haushaltspolitik im letzten Jahr sind nur ein Beispiel dafür, daß es
    auch in unserem Lande wahre und falsche Propheten gibt wie überall. Herr Dr. Stoltenberg gehört doch offensichtlich nicht zu den wahren Propheten.

    (Abg. Haase [Kassel] : Wer denn? Herr Schiller etwa?)

    Wir haben im Juli vorigen Jahres an dieser Stelle weitere Beschlüsse zur Konjunktursteuerung gefaßt. Das war der 10%ige Konjunkturzuschlag, der nach dem Gesetz bis zum 30. Juni dieses Jahres erhoben werden kann und der spätestens bis zum 31. März 1973 wieder zurückgezahlt werden muß. Wir begrüßen aber ausdrücklich die Erklärung der Bundesregierung, daß sie, falls die konjunkturelle Situation es ermöglicht oder gar erforderlich macht, die Erhebung des Konjunkturzuschlages schon früher einstellen und auch die Rückzahlung früher vornehmen wird.
    Herr Müller-Hermann, wie kann man einen Konjunkturzuschlag zunächst als wirkungslos bezeichnen und im nächsten Satz sagen, man müsse aber bei der Rückzahlung und Einstellung an die richtige konjunkturpolitische Situation denken, wie Sie das getan haben?

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD. — Abg. Dr. Müller-Hermann: Wegen der psychologischen Wirkungen!)

    Im gleichen Atemzuge das Gegenteil zu sagen, ist, glaube ich, Ihnen hier vorbehalten.
    Eine weitere Maßnahme, die im vorigen Jahr hier beschlossen wurde, war die Aussetzung der Möglichkeit der degressiven Abschreibung bis zum 31. Januar dieses Jahres.

    (Zuruf des Abg. Dr. Müller-Hermann.)

    Auch bei diesen beiden Beschlüssen hat die Opposition nicht gerade ihr Verantwortungsbewußtsein gezeigt. Es war ja auch gerade 14 Tage nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Sie zogen über die Lande und malten die Konjunktur schwarz in schwarz. Als es dann aber hier in Bonn zum Schwur kam

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    und konkrete Maßnahmen zur Abstimmung standen, haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das getan, was am einfachsten ist, nämlich nichts. Sie haben weder ja noch nein gesagt, Sie haben sich schlicht und einfach der Stimme enthalten. Das ist das Bequemste.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Setzen Sie sich mit dem Sachverständigengutachten auseinander, dann geht Ihnen die Wirkungslosigkeit der Maßnahmen auf!)

    — Herr Stoltenberg, man kann nicht von der Wirkungslosigkeit sprechen und auf der anderen Seite im gleichen Atemzuge sagen: Ihr müßt das aber konjunkturgerecht einsetzen, wenn diese Maßnahme aufgehoben wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)




    Junghans
    Das ist unmöglich. Den Widerspruch müssen wir erst einmal erklären.

    (Abg. Ott: Sie wollten den Arbeitnehmerfreibetrag noch vor der Wahl verdoppeln! Das wissen Sie nicht mehr!)

    Ich fasse zusammen. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen haben im letzten Jahr ein konjunkturelles Dämpfungsprogramm verwirklicht, dem ein geschlossenes Konzept zugrunde liegt. Wir gingen davon aus, daß die Übersteigerungstendenzen durch eine Übernachfrage ausgelöst werden. Wir haben daher spezielle Maßnahmen zur Dämpfung für jede dieser vier Nachfragekomponenten der Gesamtwirtschaft getroffen:
    1. Zur Eindämmung der Auslandsnachfrage wurde die Aufwertung der Deutschen Mark vollzogen.
    2. Zur Eindämmung der Staatsnachfrage wurden Konjunktursperren bzw. Kürzungen und die Konjunkturausgleichsrücklagen beschlossen.
    3. Zur Dämpfung der Investitionsnachfrage der Unternehmen wurde die degressive Abschreibung ausgesetzt.
    4. Zur Dämpfung der privaten Verbrauchernachfrage wurde der Konjunkturzuschlag erhoben.
    Herr Müller-Hermann, wenn Sie diese vier Maßnahmen betrachten, müssen Sie doch zugeben, daß Ihr Märchen, die Bundesbank habe die Last der Konjunkturpolitik allein getragen einfach nicht stimmt; es wird auch durch Wiederholung nicht wahrer. Es wurden also vier konkrete Maßnahmen beschlossen; ich habe sie aufgezählt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieses Programm ist überzeugend. Dabei sind uns — das gebe ich offen zu — die Entscheidungen nicht immer leichtgefallen. Ich denke hier besonders an den Konjunkturzuschlag; um den wurde gerungen. Aber eines muß festgestellt werden: Immer wenn die Koalition in der Wirtschaftspolitik gefordert war, hat sie auch die notwendigen Entscheidungen getroffen. Das können wir von der CDU/CSU leider nicht sagen. Sie hat weder, wie heute wiederum in den Ausführungen von Herrn Müller-Hermann deutlich wurde, echte Alternativvorschläge gebracht, noch war sie bereit mitzuziehen. Es ist der Opposition nicht gelungen, klarzumachen, wo sie wirtschaftspolitisch steht. Ebenso ist der Opposition nicht gelungen, klarzumachen, was sie in der jeweiligen konjunkturpolitischen Situation konkret wollte, an welchen Haushaltspositionen sie Kürzungen vornehmen wollte, an welchen Investitionen sie sparen wollte.
    Die deutsche Wirtschaft und die deutschen Arbeitnehmer sollten erkennen, daß die Bundestagswahl 1969 sie davor bewahrt hat, daß falsche Propheten an der deutschen Wirtschaft herumexperimentieren können.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    In der Beurteilung der gegenwärtigen Wirtschaftslage stimmen wir mit der Bundesregierung überein.
    Die konjunkturelle Entspannung, die sich jetzt in den meisten Branchen zunehmend bemerkbar macht, ist begrüßenswert. Die Normalisierung der Auftragseingänge, der Arbeitszeiten und der Gewinne ist ein Zeichen dafür, daß sich die Wirtschaft auf dem Weg zum Gleichgewicht befindet.
    Auf der anderen Seite wissen wir aber auch — und da stimmen wir mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister überein —, daß jeder konjunkturelle Umschwung die Tendenz hat, sich selbst zu verstärken und damit zu einem ungewollten Abschwung zu werden. Die Kurzarbeit in einigen Unternehmen und die anhaltend sinkenden Auftragseingänge sind ein Warnsignal, das wir mit besonderer Aufmerksamkeit beobachten.
    Ich möchte deshalb hier erklären, daß wir nicht auf die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft vertrauen. Wohin der Fetisch der sogenannten Selbstheilungskräfte führt, haben wir 1966 gesehen: 700 000 Arbeitslose und 350 000 Kurzarbeiter. Eine solche Wirtschaftspolitik, die mit der Angst um den Arbeitsplatz hausieren geht, können wir Sozialdemokraten nicht verantworten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sehen die Aufgabe der staatlichen Wirtschaftspolitik darin, durch Beeinflussung der Daten der Wirtschaft unmittelbar den Übergang in das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu ermöglichen. Eine Gefahr für die Arbeitsplätze darf und wird dabei nicht entstehen. Das hat der Herr Bundeskanzler — und wir danken ihm dafür, Herr Müller-Hermann — wiederholt versichert, und da kann er sich auch der Unterstützung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sicher sein.

    (Beifall bei der SPD.)

    Mit Genugtuung haben wir auch zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung für den Fall, daß die Abschwächung ein unerwünschtes Ausmaß annehmen könnte, ein Konjunkturprogramm bereitstehen hat.
    Als wichtigstes stabilisierendes Element sehen wir dabei den Bundeshaushalt 1971 mit seinem Haushaltsvolumen von 100 Milliarden DM an. Dieses Haushaltsvolumen ist — daran wird ja hoffentlich die Opposition nicht mehr zweifeln — konjunkturgerecht. Die Bundesregierung hat also, als sie im Juli diesen Haushaltsentwurf vorlegte, mit ihrer Einschätzung der konjunkturellen Lage richtiger gelegen als die CDU/CSU-Fraktion. Ich erinnere Sie, Herr Dr. Stoltenberg, daran, daß Sie noch am 7. Oktober in diesem Hohen Hause einen Angriff auf den Herrn Bundesfinanzminister geführt haben mit der Behauptung, der Entwurf des Bundesetats 1971 entspreche nicht den Erfordernissen des Stabilitätsgesetzes. Ich stelle fest, daß Sie sich auch in diesem Fall als falscher Prophet erwiesen haben und daß der Herr Bundesfinanzminister nachträglich voll gerechtfertigt wurde. Dabei hätte es sich ja eigentlich schon im Oktober bis zur Opposition herumsprechen müssen, daß die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland mitten in einem Konjunkturumschwung war. Oder haben Sie vielleicht den Herrn



    Junghans
    Bundesfinanzminister weniger aus sachlichen als
    vielmehr aus taktischen Erwägungen angegriffen?

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Da meinen Sie wahrscheinlich Herrn Klasen, der das gleiche gesagt hat?!)

    Auch in diesem Fall hat sich wieder gezeigt, daß kurzfristige Polemik um ihrer selbst willen meistens auf den Urheber zurückschlägt.
    Sie haben im Juli 1970 hier verlangt — Sie, Herr Stoltenberg, oder wer es aus der großen Zahl Ihrer Wirtschaftsexperten auch war —, der Haushalt 1971 solle in einen Kern- und einen Eventualhaushalt geteilt werden, wie das Stabilitätsgesetz es verlange. Nun, auch dieses Gerede von Kern- und Eventualhaushalt ist jetzt vom Tisch.


Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Junghans, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, ich habe nicht mehr soviel Zeit.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Sie sind ein großer Debatter! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Er traut sich nicht!)

    Neben der geplanten antizyklischen Haushaltspolitik stehen — darauf hat der Herr Bundeswirtschaftsminister hingewiesen — die Konjunkturausgleichsrücklagen in Höhe von 3 Milliarden DM für schnell zu verabschiedende Investitionshaushalte bereit.
    Wir begrüßen auch, daß die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht zum Konjunkturzuschlag eindeutig erklärt hat, daß, wenn ,die konjunkturelle Lage es erfordere, schnell über Einstellung und vorzeitige Rückzahlung des Konjunkturzuschlags entschieden werden kann, wie das Gesetz es befiehlt.
    Mit den Orientierungsdaten für 1971 hat die Bundesregierung Markierungen für die Tarifvertragsparteien gesetzt. Es ist erfreulich festzustellen, daß sich die Größenordnungen mit den Orientierungsdaten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in etwa decken. Die Tarifvertragsparteien sind in der Gestaltung der Tarifabschlüsse autonom; die Ergebnisse sind aber von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Sie können daher einen wichtigen Beitrag zur Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Dieser Verantwortung — das stelle ich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich fest — müssen sich alle Gruppen in diesem Lande bewußt sein.
    Aber jede Bemühung um Stabilität des Wirtschaftsablaufs wird sehr erschwert, wenn die wirtschaftspolitischen Instanzen auf Bundes- und Länderebene nicht mit der Bundesbank an einem Strang ziehen. Die Bundesbank hat in der Vergangenheit die Stabilitätspolitik wirkungsvoll unterstützt. Wir würden es begrüßen, wenn die Bundesbank jetzt schon prüfte, ob zur Stabilisierung der Investitionsneigung nicht eine weitere Lockerung der geldpolitischen Restriktionen erforderlich ist.
    Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein Umschwenken in der Geldpolitik einen langen Zeitraum braucht, bis es sich in einem veränderten Verhalten in der Wirtschaft niederschlägt, halten wir ein weiteres Beibehalten des harten Kurses nicht für angebracht.
    Lassen Sie mich aber eines mit aller Entschiedenheit noch einmal deutlich machen. Die konjunkturpolitische Situation ist heute völlig anders als im Jahre 1966, als die 'Regierung Erhard wegen ihrer Entschlußlosigkeit scheiterte:
    Erstens. Bundesregierung und Koalition sind fest entschlossen, die Vollbeschäftigung kompromißlos zu verteidigen. Eine „gewollte Rezession" zur Bereinigung wirtschaftlicher Anpassungsschwierigkeiten ist für uns nicht diskutabel.
    Zweitens. Dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundesfinanzminister stehen mehrere Mittel zur Gegensteuerung zur Verfügung, über deren Einsatz jederzeit beschlossen werden kann.
    Drittens. Dabei kann jeder Bürger — das stelle ich für unsere Fraktion nachdrücklich fest —, jeder Arbeitnehmer und jeder Unternehmer sicher sein, daß diese Bundesregierung und die Parteien, die sie tragen, dirigistische Eingriffe in den Wirtschaftsprozeß ablehnen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Siehe Wohnungswirtschaft!)

    Die marktwirtschaftliche Ordnung ist für uns unantastbar.
    Es wäre für die deutsche Wirtschaft, für Arbeitnehmer und Unternehmer bedauerlich, wenn die CDU/CSU-Fraktion auch im Jahre 1971 wie 1970 ihre Rolle als Opposition vor allem darin sähe, Wirtschaft und Bevölkerung zu verunsichern,

    (Abg. Dr. Althammer: Das tun Sie schon selber!)

    statt Alternativen zur Wirtschaftspolitik der Koalition zu entwickeln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Nachdem ich hier die Bilanz der wirtschaftspolitischen Aktivität der Bundesregierung im Jahre 1970 — auch im Vergleich mit der Opposition — gezogen habe, möchte ich feststellen: die Opposition hat im letzten Jahr vor der deutschen Bevölkerung falsche Propheten auftreten lassen. Ihr sogenanntes wirtschaftspolitisches Alternativprogramm — auch das, was Herr Müller- Hermann hier nicht wieder vorgelegt hat — hat den Test mit dem Prädikat „nicht empfehlenswert" beendet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)