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ID0607018500

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    Deutscher Bundestag 70. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Oktober 1970 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 3855 A Fragestunde (Drucksachen VI/ 1218, VI/1233) Fragen des Abg. Kiep: Pressemeldungen betr. Wiedergutmachungszahlungen an osteuropäische Staaten in Milliardenhöhe Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 3855 B, C, 3856 A Kiep (CDU/CSU) . . . . 3855 D, 3856 A Fragen des Abg. von Eckardt: Wiedergutmachungsforderungen von Ostblockregierungen — Unterrichtung der zuständigen Ausschüsse des Bundestages Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär 3856 A, B, C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 3856 B Frage des Abg. Freiherr von Fircks: Aussagen des Bundeskanzlers hinsichtlich der Bedeutung des deutsch-sowjetischen Gewaltverzichtsvertrages Frau Dr. Focke, Parlamentarischer Staatssekretär 3856 C, D Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 3856 D Frage des Abg. Niegel: Staatsangehörigkeit der Mitglieder der Bundesregierung und der Staatssekretäre Frau Dr. Focke, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 3856 D, 3857 A, B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 3857 A Dasch (CDU/CSU) . . . . . . . 3857 B Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Anzeigenserie des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Ahlers, Staatssekretär 3857 C, 3858 A, B, C, D, 3859 A, B, C, D, 3860 A, B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 3857 D, 3858 A Kiep (CDU/CSU) . . . . . . . 3858 C Dr. Häfele (CDU/CSU) 3858 D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 3859 A Niegel (CDU/CSU) . . . . . . 3859 B Dr. Geßner (SPD) . . . . . . 3859 C Rasner (CDU/CSU) . . . . . . 3859 D Dasch (CDU/CSU) . . . . . . 3859 D Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) . 3860 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 3860 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode 70. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Oktober 1970 Fragen des Abg. Walkhoff: Veröffentlichungen in der Zeitschrift „German International" — Darstellung betr. die Ostpolitik der Bundesregierung Ahlers, Staatssekretär . . . . 3860 C, D, 3861 A, B,C,D Walkhoff (SPD) . . . . 3860 D, 3861 B Vogel (CDU/CSU) 3861 B, C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) 3861 D Frage des Abg. Dr. Geßner: Pressemeldung betr. die Beschaffung des Waffensystems F-104 G Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 3862 A, B Dr. Geßner (SPD) 3862 A Cramer (SPD) . . . . . . . . 3862 B Fragen der Abg. Frau Huber: Versorgung der Bundeswehreinheiten mit Frischobst Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 3862 C., D, 3863 A Frau Huber (SPD) . . . . . . . 3863 A Frage des Abg. Niegel: Meldungen über Pläne der Bundesregierung betr. eine Verkürzung des Grundwehrdienstes Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . 3863 B, D, 3864 A Niegel (CDU/CSU) 3863 B, C Dr. Klepsch (CDU CSU) . . . . 3863 D Fragen des Abg. Rawe: Zunahme der Lärmbelästigung durch militärische Strahlflugzeuge Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 3864 A, B, C, D Rawe (CDU/CSU) . . . . . . 3864 B, C Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 3864 C Fragen des Abg. Vogel: Überprüfung der Tieffluggebiete — Unterrichtung des Verteidigungsausschusses Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . 3864 D, 3865 A, B, C, D Rawe (CDU/CSU) . . . . . . . 3865 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 3865 C Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) . 3865 C, D Frage des Abg. Berding: Einhaltung der Vorschriften über Mindestflughöhen durch Besatzungen von Flugzeugen befreundeter Staaten Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 3866 A Berding (CDU CSU) 3866 A Frage des Abg. Berding: Heraufsetzung der Mindestflughöhen für Strahlflugzeuge Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 3866 A Fragen des Abg. Varelmann: Zahlung der ungekürzten Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 3866 B, C, D, 3867 A, B Varelmann (CDU/CSU) 3866 D, 3867 A, B Frage des Abg. Dr. Häfele: Vorschlag betr. ein zyklisch gestuftes Arbeitslosengeld Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär ........ 3867 C Fragen des Abg. Dr. Kempfler: Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen von Wehrmachtangehörigen bei deren Freitod Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 3867 D, 3868 A, B Dr. Kempfler (CDU CSU) . . . . . 3868 A Fragen des Abg. Geisenhofer: Ambulante Behandlung durch Fachärzte in Krankenhäusern als Mindestleistung der gesetzlichen Krankenversicherung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 3868 C, D Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . . 3868 D Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Mißbilligung der Äußerungen des Bundesministers der Finanzen Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Alex Möller (Drucksache VI/1193) Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 3869 A Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 3870 D Frau Funcke (FDP) . . . . . . . 3873 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 3874 A, 3875 D Brandt, Bundeskanzler 3874 C Wehner (SPD) . . . . . . . 3875 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 70. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Oktober 1970 III Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1971 (Haushaltsgesetz 1971) (Drucksachen VI/ 1100, Ergänzung zu VI/1100) — Fortsetzung der ersten Beratung — in Verbindung mit Finanzplan des Bundes 1970 bis 1974 (Drucksache VI/1101) — Fortsetzung der Beratung — und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. notwendige haushaltspolitische Maßnahmen (Drucksache VI/1154 [neu]) — Fortsetzung der Beratung —Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 3876 C Seidel (SPD) . . . . . . . . . 3881 D Kirst (FDP) . . . . . . . . . 3884 D Dr. Heck (CDU/CSU) 3888 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Bundesminister 3889 D Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses über den Antrag des Abg. Dr. Lenz (Berg- Straße) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Enquete-Kommission Verfassungsreform und über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Enquete-Kommission zur Reform der bundesstaatlichen Struktur (Drucksachen VI/653, VI/739, VI/1211) Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 3893 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 3894 C Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 3895 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Baukostenentwicklung und ihre Auswirkung auf den sozialen Wohnungsbau (Drucksachen VI/1189, VI/1216) Erpenbeck (CDU/CSU) . . . . . . 3896 D Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 3904 C Henke (SPD) 3912 D Wurbs (FDP) 3916 C Mick (CDU/CSU) . . . . . . 3919 B Frau Meermann (SPD) . . . . . 3924 B Nächste Sitzung 3928 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 3929 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Strohmayr betr. Erwägungen im Rentenbericht zur Zahlung von Witwerrente 3929 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 70. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Oktober 1970 3855 70. Sitzung Bonn, den 8. Oktober 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 9. 10. Adams * 9. 10. Dr. Aigner * 9. 10. Amrehn ** 9. 10. Dr. Artzinger * 9. 10. Behrendt * 9. 10. Dr. Burgbacher * 9. 10. Corterier ** 9. 10. Dichgans ** 9. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 9. 10. Dr. Dittrich * 9. 10. Dröscher * 9. 10. Faller * 9. 10. Fellermaier * 9. 10. Flämig * 9. 10. Fritsch *** 9. 10. Dr. Furler * 9. 10. Frau Geisendörfer 9. 10. Gerlach (Emsland) * 9. 10. Dr. Gradl ** 9. 10. Haage (München) * 9. 10. Haar (Stuttgart) 9. 10. Dr. Hallstein 16. 10. Dr. Hein * 9. 10. Frau Herklotz *** 9. 10. Dr. Hermesdorf (Sehleiden) *** 9. 10. Heyen 18. 12. Dr. Jahn (Braunschweig) * 9. 10. Dr. Jungmann 16. 10. Klinker * 9. 10. Dr. Koch * 9. 10. Kriedemann * 9. 10. Lange * 9. 10. Lautenschlager * 9. 10. Dr. Löhr * 9. 10. Logemann 9. 10. Lücker (München) * 9. 10. Majonica 9. 10. Matthöfer ** 9. 10. Frau Meermann ** 9. 10. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 9. 10. Meister * 9. 10. Memmel * 9. 10. Müller (Aachen-Land) * 9. 10. Frau Dr. Orth * 9. 10. Pöhler *** 9. 10. * Für die Teilnahme an einer Sitzung des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an der Jahrestagung der Interparlamentarischen Union *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Preiß 8. 10. Raffert ** 9. 10. Ravens 9. 10. Richarts * 9. 10. Dr. Schulz (Berlin) *** 9. 10. Schwabe * 9. 10. Dr. Schwörer * 9. 10. Seefeld * 9. 10. Sieglerschmidt *** 9. 10. Dr. Slotta 15. 10. Springorum * 9. 10. Dr. Starke (Franken) * 9. 10. Dr. Tamblé 30. 10. Werner * 9. 10. Wienand *** 9. 10. Wilhelm 30. 10. Frau Dr. Wolf ** 9. 10. Wolfram * 9. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 7. Oktober 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Strohmayr (Drucksache VI/1218 Fragen A 39 und 40) : Läßt sich die Erwägung im Rentenbericht, deft die Zahlung von Witwerrente wegen nicht unerheblicher Mehraufwendungen nicht verantwortet werden kann (Drucksache VI/1126, S. 34, Nr. 4 Doppelbuchstabe cc, letzter Absatz), mit dem Gleichberechtigungsgesetz, das auf Artikel 3 GG fußt, vereinbaren? Ist der Bundesregierung bekannt, daß der überwiegende Teil der berufstätigen Ehefrauen zum gemeinsamen Unterhalt der Familie beitragen muß, die aber oft jahrzehntelang gezahlten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Familie bei Ableben der berufstätigen Freu vor Erreichen der Altersgrenze verlorengehen? Die Bundesregierung hat die in Ihren Fragen enthaltene Anregung ebenso wie viele andere Vorschläge und Forderungen zur Weiterentwicklung des Rentenversicherungsrechts in den von Ihnen zitierten Bericht aufgenommen, um eine umfassende Grundlage für die parlamentarischen Beratungen zu geben. Sie hat dabei allgemein zu den Einzelpunkten nicht abschließend Stellung genommen, sondern Lösungsmöglichkeiten angedeutet und auf die vielfältigen, insbesondere auch die finanziellen Auswirkungen aufmerksam gemacht, die sich bei einer Verwirklichung der Anregungen ergeben würden und die bei den Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung über den Bericht sicherlich eine Rolle spielen werden. Sie haben gewiß Verständnis dafür, daß ich diesen Beratungen nicht durch eine Stellungnahme zu einzelnen Punkten vorgreifen möchte.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haushaltsberatungen sind große Tage dieses Hauses, ob es sich um die erste Lesung, die zweite oder um die dritte handelt, es sind die Tage, an denen sich das Parlament damit beschäftigt, der Politik des nächsten Jahres in Zahlen Ausdruck zu verleihen. Die Finanzpolitiker sind in der Regel sachliche Kollegen, und die Sachdebatte gerade auf diesem Gebiet ist eine der Voraussetzungen eines erfolgreichen Zusammenwirkens des ganzen Hauses. Dessen ungeachtet gab es bei dem ersten Bemühen um die für richtig gehaltene Lösung schon immer auch temperamentvolle Äußerungen. Wenn das Wort „Inflation" fällt oder früher gefallen ist, dann trat auf allen Seiten die Besorgnis sehr lebendig hervor, alles zu tun, um so etwas für die Zukunft zu verhindern.
    So ist es sehr interessant, wenn man die Debatte vom 26. Februar 1965 nachliest, woraus ich Ihnen wörtlich etwas vortragen darf. Ich darf daran erinnern — es sind fünfeinhalb Jahre her —: Die CDU/CSU war Regierungspartei, die SPD war in der Opposition. Es war die dritte Lesung des Haushaltsplans 1965.

    (Abg. Rasner: Also nicht die Einbringung!)

    — Die dritte Lesung, ich sage es ganz präzis. In dieser dritten Lesung sprach für die SPD-Fraktion der damalige sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Möller. Ich darf Ihnen vorlesen, was er dort nach einigen anderen Dingen sagte:



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    Wenn Sie etwa über die Ursachen der beiden großen Inflationen, die unser Volk heimgesucht haben, nämlich der Inflation nach dem ersten Weltkrieg und der Inflation nach dem zweiten Weltkrieg, etwas nachdächten — und ich würde Ihnen ein solches stilles Kämmerlein zum Nachdenken gönnen —, dann müßten Sie wissen, daß für diese Inflation die politischen Kräfte unseres Volkes verantwortlich sind, die näher mit Ihnen verwandt sein dürften, als Sie heute zuzugeben bereit sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er hat nichts dazugelernt!)

    Das Protokoll verzeichnet danach: „Beifall bei der SPD."

    (Abg. Strauß: Das war das beste Eigentor. — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Warten Sie! Ich zitiere weiter: kein Zuruf der CDU/CSU.

    (Lachen. — Beifall bei der SPD.)

    — Kein Zuruf!
    Natürlich konnte die CDU/CSU-Fraktion eine solche Aussage nicht unwidersprochen sein lassen. Der CSU-Abgeordnete Dr. Althammer hat denn auch im Fortgang der Debatte folgendes ausgeführt — ich zitiere ebenfalls wörtlich —:
    Ich glaube, daß ein Vorwurf die Opposition am meisten getroffen hat, nämlich der Vorwurf, daß die Durchführung der Vorschläge der SPD die konkrete Gefahr einer Inflation herbeiführen würde. Es ist nicht anders verständlich, als daß dieser Vorwurf tief getroffen hat, wenn vom Kollegen Alex Möller heute der Versuch gemacht worden ist, die Inflation des ersten und zweiten Weltkrieges etwa Kräften in die Schuhe zu schieben, die mit unserer Seite zu tun haben. Eine derartige Querverbindung zwischen den Ereignissen der ersten und zweiten Inflation mit unserer Bundesregierung, mit unserem Staat überhaupt muß als unzulässig zurückgewiesen werden.

    (Beifall in der Mitte.)

    Man brauchte keinen Ältestenrat, sondern die Angelegenheit war damit erledigt.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Aber, meine Damen und Herren, in welcher Situation Sie sich heute als Opposition befinden, auch das darf ich Ihnen aus der Rede von Herrn Althammer vortragen; genau das ist die verkrampfte Situation, die Sie haben. Herr Althammer fährt nach einem Satz weiter fort — hören Sie jetzt bitte sehr genau zu —:
    Man kann nicht der Bundesregierung und den Koalitionsparteien Versäumnisse auf allen Gebieten vorwerfen, Versäumnisse, deren Behebung immense Mehraufwendungen erfordern würde, um gleichzeitig — sogar in der gleichen Rede — das Finanzvolumen und den Umfang der Ausweitungen zu kritisieren. Eine Opposition kann nur dann innerlich wahrhaftig bleiben, wenn sie in dem Moment, wo sie das Finanzvolumen eines Haushalts als zu groß beanstandet und von Wahlgeschenken spricht, ganz konkrete Streichungs- und Kürzungsvorschläge macht.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Stücklen: Sie sollten mal Herrn Erler zitieren!)

    — Herr Stücklen, ich komme gleich darauf zurück.
    Die Opposition von damals, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, hat in jener Sitzung vom 26. Februar durch ihren Sprecher Alex Möller in der Tat Anträge in Höhe von 2,54 Milliarden DM zurückgenommen, um ihren Beitrag zu leisten.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir wissen doch, wie schwer es in der Opposition
    ist; wir haben das ja auch lange genug üben müssen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Lassen Sie mich doch ausführen, wie sich die Dinge darstellen.
    Sie haben auf der Drucksache VI/1154 einen Antrag eingebracht. Es ist ein offizieller Antrag mit den Unterschriften: Barzel, Stücklen und Fraktion. Den Antrag haben Sie nachher zurückgezogen. Aber in dem ersten Schock, jetzt Rede und Antwort stehen zu müssen im Hinblick auf Ihre Anträge, Ihre Versprechungen und einen Haushaltsplan, der auf dem Tisch liegt, haben Sie nichts anderes zu tun gewußt, als dem Bundestag folgendes vorzuschlagen:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Der Deutsche Bundestag lehnt die Beratung des Haushaltsentwurfs 1971 in der von der Bundesregierung vorgelegten Fassung ab.

    (Abg. Rasner: Richtig!)

    Schlicht und einfach: Sie wollten nicht; nein, meine Damen und Herren, Sie konnten nicht! Das war die Lage.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dabei ist gar nicht entscheidend, ob dieser Antrag nach der Geschäftsordnung zulässig ist, sondern entscheidend ist die politische Aussage.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie konnten nicht;

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    denn zur Zeit liegen dem Bundestag von Ihnen Gesetzentwürfe und Anträge vor, die 2,46 Milliarden DM ausmachen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Am 14. Juli — so in der „Welt" berichtet — hat Herr Klepsch Anforderungen in Höhe von 1,1 Milliarden DM gestellt, die Herr Zimmermann in der Zwischenzeit wiederholt hat. Ihr Mittelstandskreis hat Forderungen angemeldet, die

    (Zuruf des Abg. Dr. Stoltenberg)




    Dr. Schäfer (Tübingen)

    — Herr Stoltenberg, ich weiß es - zu gegebener Zeit durchzuführen sind.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Zum Zeitpunkt der Steuerreform! — Zuruf des Abg. Windelen.)

    — Lassen wir das einmal beiseite! — Sie haben also Anträge in Höhe von 3,6 Milliarden DM gestellt, Herr Windelen — —

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Sehen Sie, Sie werden dabei unruhig.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Entschuldigen Sie, das ist doch die Problematik der Finanzpolitik:

    (Erneute lebhafte Zurufe von der CDU/CSU und Gegenrufe von der SPD)

    die Anforderungen sind größer als die Leistungsfähigkeit.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Hier geht es um den Stil! Der ist miserabel!)

    — Auf Ihren Stil komme ich gleich zurück.
    Ich habe Ihnen jetzt den Rahmen gezeigt, in dem Sie sich bewegen. Ich habe für Ihr Verhalten Verständnis. Wir haben in der Opposition oft in gleicher Situation gestanden. Ich habe Ihnen gesagt, welchen Beitrag wir damals geleistet haben.

    (Abg. Dr. Müller-Herrmann: Keinen!)

    Es war uns auch nicht leichtgefallen, alle Anträge zurückzuziehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, nachdem Ihre Fraktion diesen Antrag beschlossen hatte und wußte, daß sie damit nicht durchkommt, kamen wir zur ersten Lesung des Haushaltsplanes. Die Bundesregierung hat den Mut, einen Haushaltsplan vorzulegen, mit dem Versäumnisse der Vergangenheit nachgeholt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Wörner: Witzbold!)

    Sie hat den Mut, echte Prioritäten zu setzen und dafür einzustehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wörner: Sind Sie denn der gestrigen Debatte nicht gefolgt?)

    — Das ist Ihnen unangenehm, meine Damen und Herren.
    Nehmen Sie sich doch einmal die Zeit und lesen Sie im Protokoll nach, wie das in der Sitzung vom 23. 9. eskalierte. Da geht es um eine Frage, die uns unabhängig von diesem besonderen Vorkommnis beschäftigen muß,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nein, hier geht es um Möller!)

    eine Frage, die das ganze Haus angeht und uns bei
    Haushaltsberatungen besonders beschäftigen muß,
    nämlich die notwendige sachliche Basis zu schaffen,
    daß man über so wichtige Fragen sprechen kann. Das geht alle in diesem Hause an.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich sehe aus den Protokollen des Ältestenrats, daß man dieses Problem erkannt hat und daß der Herr Präsident sich darum bemüht, Möglichkeiten zu suchen und zu finden, um die sachliche Arbeit dieses Hauses auch für harte Diskussionen zu sichern. Das geht uns alle an, und dazu müssen wir alle unseren Beitrag leisten.

    (Abg. Dr. Wörner: Sorgen Sie dafür, daß sich Herr Möller entschuldigt!)

    Meine Damen und Herren, lesen Sie das Protokoll des zweiten Tages und Sie sehen, daß der Bundesfinanzminister Möller das Wort ergriff, die Situation noch einmal darstellte und dann folgendes ausführte. Er zitierte noch einmal das, was Ihnen nicht gefällt, und sagte dann:
    Mit der letzten Feststellung habe ich selbstverständlich niemanden aus der CDU/CSU-Fraktion oder aus den beiden Parteien CDU und CSU in die Nähe des Nationalsozialismus rükken wollen.

    (Zuruf der Abg. Frau Kalinke. — Weitere Zurufe der CDU/CSU.)

    — Entschuldigen Sie, Frau Kalinke, ich darf doch wohl vorlesen:
    Ein solcher Eindruck, der von mir nicht beabsichtigt war, kann auch aus dem Protokoll nicht hergeleitet werden.
    Meine Damen und Herren, lesen Sie aber bitte weiter und stellen Sie dann fest, daß der Fraktionsvorsitzende Barzel hier meinte, den Herrn Bundesfinanzminister als Demokraten disqualifizieren zu müssen! Man muß feststellen, daß Sie sich aus Ihrer Verkrampfung damals nicht gelöst haben, trotz des Schrittes des Bundesfinanzministers. Aus der Stellung Ihres Antrags ersehe ich, daß Sie sich bis heute nicht zu lösen verstehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren — und hier kommen wir wieder an das Generalproblem in diesem Hause, und wir Sozialdemokraten haben hier unseren Weg hinter uns —, der Schritt von der Oppositionsrolle zur Obstruktionsrolle ist der Schritt zur Frustrierung des Parlaments.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich bin überzeugt, daß niemand in den Reihen der CDU/CSU eine solche Frustrierung will. Ich bin überzeugt, daß Sie mit uns zusammen genau wissen, daß ein Parlament nur dann funktioniert, wenn die Fraktion der Opposition durch ihre sachlich-kritischen Beiträge zur Klärung der Fragen zwingt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    — Ich freue mich über die Zwischenrufe. — Das ist für eine Opposition, die nicht über die Mehrheit verfügt — sonst wäre sie ja nicht Opposition —,



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    häufig mit entsagungsvollen Konsequenzen verbunden.

    (Abg. Strauß: Da hätten Sie sich etwas Besseres einfallen lassen können! — Zuruf des Abg. Stücklen.)

    Das fällt Ihnen, nachdem Sie es noch nicht ganz gelernt haben, in dieser Rolle zu agieren, schwer, und nun suchen Sie deshalb diesen Ausweg. Das ist Ihre Angelegenheit.
    Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Wir meinen, daß wir uns der Sacharbeit zuwenden sollten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Funcke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Liselotte Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion bedauert den Ablauf der Verhandlungen im Bundestag vom 23. und 24. September.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir auch!)

    Sie bedauert, daß hinüber und herüber Worte gefallen sind, die besser nicht gesagt worden wären.
    Sie bedauert darüber hinaus — und das erscheint uns noch ernster — daß hinüber und herüber Stimmung erzeugt und Reaktionen ausgelöst worden sind und werden, die dem Parlament schaden. Es kann niemandem, gleich welcher Fraktion, nützen, wenn wir uns über Worte und Interpretationen streiten. Es kann niemandem nützen, wenn in einer fortgesetzen Eskalation der Vorwürfe die Gegner versuchen, Ursache und Wirkung jeweils subjektiv festzustellen, und es kann auch niemandem nützen, wenn wir darüber beckmessern, ob die Erklärung zu einer unglücklichen Formulierung genügt oder nicht genügt. Die Bevölkerung im Lande, meine Herren und Damen, erwartet von dem deutschen Parlament, daß es zur Sache verhandelt,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Abg. Rawe: Und von der Regierung, daß sie sich demokratisch verhält!)

    und nicht, daß man Worte gegeneinander aufrechnet.

    (Abg. Dr. Schmidt — Ich spreche von diesem Hohen Hause, Herr Kollege, und in diesem Hause sind ja die Dinge geschehen. (Abg. Rawe: Von der Regierung! — Abg. Darf sich das Parlament das gefallen lassen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)