Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich weiß nicht, welche Gesetzentwürfe Sie meinen. Vielleicht meinen Sie gewisse Initiativen von damals, die die Lohnfortzahlung voranbringen sollten. Aber das war wohl nur im Rahmen einer bestimmten Situation zu sehen, in der konjunkturell die Löhne in der Tat schneller hätten nachholen müssen.
Trotzdem, Sie haben nun beide gefordert, die Konzertierte Aktion müsse straffer — feuriger, sagten Sie, Herr Höcherl —, wirken. Nun muß ich Ihnen eines sagen. Die Konzertierte Aktion ist kein Debattierklub.
Es ist schade, daß Sie so in diesem Jargon über diese Veranstaltung reden. Sie ist eine Veranstaltung der gegenseitigen Information, und zwar der Tarifvertragsparteien, der Sachverständigen, der Bundesbank, der Bundesregierung. Wir haben deutlich gesagt, daß wir die vorläufigen Eckwerte vom Juli dieses Jahres jetzt — wir haben die Tarifvertragsparteien schon im Juli gebeten — mit den eigenen Vorstellungen der Tarifvertragsparteien konfrontieren werden. Wir hatten im Januar dieses Jahres Orientierungsdaten durch den Jahreswirtschaftsbericht gegeben. Wir haben im Sommer vorläufige Eckwerte für 1971 geliefert, weil es uns qua Regierung noch nicht
— nein, noch nicht — erforderlich und noch nicht möglich, noch nicht zumutbar erschien, für das Jahr 1971 Orientierungsdaten für die Gesamtentwicklung zu beschließen. Deshalb haben wir diese vorläufigen Werte genommen. Jetzt — ich habe das sehr deutlich gesagt — wird nach der wie immer freimütigen Aussprache in der Konzertierten Aktion die Regierung an Hand der Ergebnisse der Konzertierten Aktion ihre eigenen Überlegungen anstellen. Ich glaube, Herr Kienbaum hat mich vollkommen richtig verstanden, daß sich dann auch die Regierung gegebenenfalls äußert. Vielleicht genügt es auch, mit dem Ergebnis aus der Konzertierten Aktion vom 9. Oktober zu leben. Es kommt darauf an.
- Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen. Herr Strauß hat einmal an dieser Stelle gesagt: Die Tarifautonomie ist ein beinahe grundgesetzliches Element unserer freiheitlichen Ordnung. Nun dürfen Sie nicht in diesem Augenblick dagegen verstoßen oder dieses Element verletzen. Denn in eine seit Wochen und Monaten diskutierte spezielle Tarifrunde eines großen Wirtschaftszweiges, der Metallindustrie, von der Konzertierten Aktion aus hineinzuoperieren — Herr Luda: völlig illusionär —, das wäre eine Verletzung der Tarifautonomie.
Wir haben uns in der Konzertierten Aktion nie mit speziellen Lohnrunden oder mit Tarifverhandlungen spezieller Branchen, mögen sie noch so groß sein, befaßt, sondern wir haben immer Distanz gewahrt. Herr Katzer weiß das noch aus eigener Präsenz in diesen Runden.
Wir werden also in unserem Timing — ich glaube, jeder versteht das in diesem Saal — den richtigen Zeitpunkt finden, nach dem, was dann im Metallbereich — hoffentlich vernünftig — gelaufen sein wird. Dann werden wir sehen, ob vielleicht schon die Ergebnisse der Konzertierten Aktion ausreichen oder ob vielleicht Äußerungen oder Überlegungen der Bundesregierung erforderlich sind. So etwa möchte ich es sagen. Das ist wohl in diesem Saal deutlich verstanden worden.
Aber bitte, nehmen Sie noch einmal diese Konzertierte Aktion als eine Angelegenheit, die mit der Tarifautonomie als einem Element unserer Ordnung sehr behutsam umgehen muß!
Was Sie verlangen, das ist nicht nur eine Partitur — um das Bild von dem Dirigenten aus dem Zillertal hier aufzugreifen —; die haben wir mit den Eckwerten. Wir nehmen auch den Taktstock. Aber was
3840 Deutscher Bundestag —6. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Oktober 1970
Bundesminister Dr. Schiller
Sie, Herr Stoltenberg, und auch andere verlangen, in eine laufende, akute Runde hineinzuoperieren, das ist der Vorschlaghammer, und damit wäre die ganze Sache geplatzt. Das wissen Sie ganz genau.
Meine Damen und Herren! Wenn ich das ganze Alternativprogramm der CDU/CSU, wie Herr Stoltenberg es heute vorgetragen hat, nehme — nur in wenigen Sätzen , komme ich zu dem Ergebnis: wenn man die pflichtgemäße Kritik und Polemik der Opposition abzieht, bleibt von einer tiefgreifenden Kluft zwischen Ihnen und der Bundesregierung in Sachen Konjunkturpolitik nicht mehr viel übrig.
— Ja, Sie mögen jetzt verbal kommen. Jetzt kommen Sie genau mit dem, was ich als pflichtgemäße Kritik oder Polemik bezeichnete. Wenn man das, was Sie konkret nennen, in der Sache nimmt, gibt es keine Entfernungen zwischen der Opposition und der Regierung, die unüberbrückbar wären.
Und so nehme ich tatsächlich das wieder auf, was ich ich zum Schluß gesagt habe: Gehen Sie doch auf Entspannungskurs!
Herr Höcherl hat gesagt, wir, alle drei Fraktionen dieses Hauses, sollten uns gemeinsam an einen runden Tisch setzen und in Sachen Konjunkturpolitik miteinander reden. Ich bin sehr für diese Gemeinsamkeit. Allerdings, Herr Höcherl, ich bin dagegen, daß nun die Regierung, bevor sie an diesen runden Tisch herantritt, nach Ihrem Verlangen erst einmal eine theologische Ehrenbezeigung macht, indem sie ein Sündenbekenntnis ablegt.
Es scheint mir unzumutbar zu sein, daß jeder, der dort an dieser Runde teilnimmt, vorweg ein Schuldbekenntnis ablegt.
Herr Höcherl, Sie wären ja dabei. Ich würde dann von Ihnen verlangen, daß Sie alle die Sünden bekennen, die Sie als Agrarminister gegen die Stabilität begehen mußten, weil Ihnen andere im Nacken saßen. Denn Sie haben auch sündigen müssen, gerade als Landwirtschaftsminister.
Sie haben sündigen müssen gegen die Stabilität, und wir wollen doch auch bei Ihnen den Mantel der Nächstenliebe über die vergangenen Sünden decken, Herr Höcherl. Aber von diesem allem abgesehen, nachdem die Opposition gezeigt hat, daß, ich möchte so sagen: bei ihr nicht mehr sehr viel Druck im Schlauch ist,
— nein, die Luft ist bei Ihnen ziemlich heraus —
nachdem wir das festgestellt haben, sollten wir an die gemeinsame Arbeit gehen und das tun, was hier einige Kollegen angeboten haben und was auch Herr Kienbaum angedeutet hat und was ich offeriert habe: wir sollten gemeinsam an die Arbeit gehen.