Rede:
ID0606201400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 16
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. für: 1
    4. die: 1
    5. SPD-Fraktion: 1
    6. hat: 1
    7. der: 1
    8. Abgeordnete: 1
    9. Junghans.: 1
    10. Es: 1
    11. sind: 1
    12. 30: 1
    13. Minuten: 1
    14. Redezeit: 1
    15. begehrt: 1
    16. worden.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Juli 1970 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Tobaben und Borm 3443 A Amtliche Mitteilungen 3443 A Erweiterung der Tagesordnung 3444 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Schiller, Bundesminister 3444 C Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer (SPD, FDP) (Drucksache VI/ 1017) —Erste Beratung — in Verbindung mit Zweite Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen (Drucksache VI/ 1013) und mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. konjunkturpolitische Dämpfungsmaßnahmen (Drucksache VI/1025 [neu]) Mertes (FDP) 3447 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) 3450 C Brandt, Bundeskanzler 3456 A Junghans (SPD) 3460 B Kienbaum (FDP) 3462 C Höcherl (CDU/CSU) 3463 D Dr. Schellenberg (SPD) . 3466 B, 3467 D Nächste Sitzung 3468 C Anlagen: Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten 3469 A Anlage 2 Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1970 (Hauhaltsgesetz 1970) 3469 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juli 1970 3443 62. Sitzung Bonn, den 10. Juli 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 7. Dr. Achenbach * 11.7. Adams * 11.7. Dr. Aigner * 11. 7. von Alten-Nordheim 11. 7. Dr. Artzinger * 11.7. Baier 11.7. Dr. Barzel 11.7. Dr. Becher (Pullach) 11.7. Behrendt * 11.7. Benda 11.7. Dr. Burgbacher * 11. 7. Dr. Czaja 11.7. Dr. Dittrich * 11. 7. Dichgans * 11. 7. Dröscher * 11.7. Faller * 11.7. Fellermaier * 11. 7. Flämig * 11.7. Dr. Furler * 11. 7. Gewandt 11. 7. Gerlach (Emsland) * 11.7. Dr. Gradl 11.7. Haage (München) * 11. 7. Dr. Hein * 11. 7. Frau Dr. Henze 11. 7. Dr. Hupka 11.7. D. Jahn (Braunschweig) * 11. 7. Klinker * 11.7. Katzer 11.7. Dr. Kley 11.7. Dr. Koch * 11.7. Frau Krappe 11.7. Kriedemann * 11. 7. Frau Dr. Kuchtner 11. 7. Lange * 11. 7. Lautenschlager * 11. 7. Leisler Kiep 11. 7. Lemmer 11. 7. Lenze (Attendorn) 11.7. Liehr 11.7. Dr. Lohmar 11. 7. Dr. Löhr * 11.7. Lücker (München) * 11.7. Meister * 11. 7. Memmel * 11.7. Müller (Aachen-Land) * 11.7. Ollesch 11.7. Frau Dr. Orth * 11. 7. Picard 11.7. Pieroth 11.7. Porzner 11. 7. Richarts * 11.7. Riedel (Frankfurt) * 11.7. Schmidt (Braunschweig) 11. 7. Schmidt (Würgendorf) 11.7. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Schwabe * 11.7. Schröder (Wilhelminenhof) 11. 7. Dr. Schwörer * 11. 7. Seefeld * 11.7. Springorum * 11.7. Dr. Starke (Franken) * 11.7. Frau Dr. Walz 11. 7. Dr. Freiherr v. Weizsäcker 11. 7. Werner * 11.7. Wolfram * 11. 7. Dr. Wörner 11. 7. Wohlrabe 11.7. Anlage 2 Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 26. Juni 1970 an den Bundeskanzler Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1970 (Haushaltsgesetz 1970) a) Der Bundesrat hält die Ermächtigung an den Bundesminister der Finanzen, eine „Bildungsanleihe" bis zur Höhe von 1 Milliarde DM aufzunehmen, allein nicht für geeignet, das Problem der Bildungsfinanzierung zu lösen. Es geht bei der Bildungsfinanzierung nicht darum, einen einmaligen investiven Nachholbedarf zu finanzieren, sondern es müssen vor allem die progressiv wachsenden Folgekosten, die Länder und Gemeinden zu tragen haben, finanziell gesichert werden. Im übrigen geht der Bundesrat davon aus, daß von der Anleiheermächtigung nur dann Gebrauch gemacht wird, wenn die Verhältnisse am Kapitalmarkt eine solche Anleihe zulassen und wenn außerdem die Anleihebedürfnisse der übrigen öffentlichen Gebietskörperschaften ausreichend berücksichtigt werden. b) Der Bundesrat bedauert, daß die Bundesregierung die verfügte Aussetzung der Frachthilfe für die Beförderung von Steinkohle ab 10. Februar 1970 nicht rückgängig gemacht hat. Er bittet die Bundesregierung, im weiteren Vollzug des Bundeshaushalts alles zu unternehmen, um die Fortsetzung der Steinkohlefrachthilfe zu ermöglichen. *) Für die Teilnahme an einer Sitzung des Europäischen Parlaments 3470 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juli 1970 Der Bundesrat bedauert, daß seine Forderung, im Bundeshaushalt 1970 einen Ansatz von 100 Millionen DM für Investitionshilfen gemäß Art. 104 a Abs. 4 GG zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums auszubringen, bei den Beratungen im Deutschen Bundestag unberücksichtigt geblieben ist. Durch gezielten Einsatz derartiger Finanzhilfen hätten strukturpolitisch wichtige Maßnahmen, auf die nach den Grundsätzen des Konjunkturrats vom Januar 1969 Konjunkturdämpfungsmaßnahmen nicht angewendet werden sollen, insbesondere in Problemgebieten leistungsschwacher Länder im Interesse eines stabilitätskonformen Wachstums ermöglicht werden können. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Rahmen der Haushaltsberatungen für 1971 und der Fortschreibung der Finanzplanung zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Gewährung von Investitionshilfen nach Art. 104 a Abs. 4 GG ab 1971 notwendig und möglich ist.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Sie wissen aus Ihrer eigenen Zugehörigkeit zum Bundeskabinett, daß im Rahmen der Beratung so wichtiger Themen sehr viele Anregungen und Vorschläge gemacht werden, nicht nur diese. Entscheidend ist, was das Kabinett beschließt.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, für mich ist dies nicht der unwichtigste Aspekt der stabilitätspolitischen Maßnahmen, über die in diesen Tagen zu entscheiden ist. Für mich ging es nicht zuletzt darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Gemeinschaftsaufgaben besser und stärker als bisher finanziert werden können.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Ja, mit Inflation!)

    Wir dürfen nicht glauben, daß man über einen längeren Zeitraum hinweg den öffentlichen Haushalt als alleiniges oder entscheidendes Instrument der Konjunkturpolitik einsetzen könnte. Wenn Sie das anders sehen, sind wir hier eben sehr unterschiedlicher Meinung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist klar, daß auch die Haushalte des kommenden Jahres und der kommenden Jahre im Zusammenhang mit der dann gegebenen konjunkturellen Lage gesehen werden müssen.

    (Abg. Leicht: Der Finanzminister hat etwas anderes gesagt!)

    Es versteht sich auch von selbst, daß das Stabilitätsgesetz auch insoweit in Kraft bleibt. Es ist Gesetz, egal, ob die Regierung oder irgend jemand sonst es jeden Morgen oder jeden Abend noch einmal zitiert.
    Ich kann mich nur wundern über solche, die schreiben und sagen — auch in Zeitungen mit sehr hoher Auflage —: Streicht einmal die Staatsaufgaben kräftig zusammen! Sie sind dann zuweilen identisch mit denen, die bei anderer Gelegenheit schreiben und sagen: Baut mehr Straßen und Wohnungen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)




    Bundeskanzler Brandt
    tut mehr für Bildung und Ausbildung, schafft mehr Sicherheit! Ich bin nicht bereit — wir alle sollten nicht bereit sein —, vor solcher Schizophrenie zu kapitulieren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es geht nicht um eine Verschwendungssucht des Staates, sondern es geht um die Investitionen in die Zukunft unseres Volkes.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Um die Inflation!)

    Ich kann nur nachdrücklich das unterstreichen, was der Kollege Schiller dazu gesagt hat: Nicht um den Ehrgeiz eines staatlichen Ungeheuers handelt es sich, sondern um die legitime Nachfrage der Bürger dieses Landes und um den unbestreitbaren Zusammenhang zwischen öffentlichen und privaten Investitionen. Wir müssen mehr Forschungszentren, Universitäten und Schulen bauen, wir müssen den Leber-Plan durchführen, damit der Verkehr besser fließt auf der Schiene und auf der Straße, wir müssen den sozialen Wohnungsbau wieder stärker fördern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei den Baukosten? — Abg. Leicht: Es kann doch keiner mehr bauen!)

    Wir müssen den Umweltschutz verbessern, und wir dürfen nicht zuletzt unsere Verteidigung nicht vernachlässigen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir müssen also die Signale so setzen, daß Gefahren für die Wirtschaft gestoppt werden und daß die notwendigen Reformen voran- und durchkommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Acht Monate Zeit gehabt!)

    Die Politik der Reformen kostet Geld. Es ist eine Politik aller für alle.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Der private Wohlstand kann auf die Dauer nur erhalten bleiben und sich nur dann voll auswirken, wenn sich auch unsere allgemeinen Lebensbedingungen entsprechend entwickeln. Dafür Sorge zu tragen, ist die Aufgabe des Staates. Man muß bereit sein, sich diesen Aufgaben und den damit verbundenen Kosten zu stellen. Man muß ebenso bereit sein, von den Bürgern dann bescheidene Opfer zu verlangen, wenn dies für die Allgemeinheit notwendig ist.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Junghans. Es sind 30 Minuten Redezeit begehrt worden.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dieser Sondersitzung hat ,der Kollege Dr. Stoltenberg von sechs Monaten und fünfzehn Sitzungswochen gesprochen und davon, was in dieser Zeit alles hätte geschehen sollen zu dem Thema, zu dem der Deutsche Bundestag heute hier in einer Sondersitzung zusammengetreten ist. Lassen Sie mich einmal anmerken: Ich kann mich sehr genau erinnern, daß der Deutsche Bundestag zu einem anderen Thema, nämlich zu den Telefongebühren, aus den Ferien geholt worden ist.

    (Abg. Dr. Wehner: Sehr wahr!)

    Dieses Thema hier ist doch viel, viel ernster. Ich meine, es ist zu verantworten, den Deutschen Bundestag in der dritten Ferienwoche zu einem so ernsten Thema aus den Ferien zu holen.
    Zum anderen möchte ich der Opposition vorhalten: sie hat in diesen sechs Monaten und fünfzehn Sitzungswochen ihre Beiträge — und das waren wesentlich mehr als heute — zum Heraufreden des Preisklimas geleistet, und das ist der Grund, warum wir heute zusammentreten müssen.
    Dabei kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. In den sechs Monaten, in den fünfzehn Sitzungswochen hat es bisher keine konkreten Anträge — hier zählen nur solche Anträge, die dem Hohen Hause als Drucksache vorliegen — der Opposition gegeben. Anscheinend geht es der Opposition heute nur darum, zu belegen, wie recht sie gehabt hat und wie unrecht andere gehabt haben. Ich glaube, jedermann in diesem Saal wäre imstande, in dieser konjunkturpolitischen Lage jede Meinung mit sogenannten wirtschaftswissenschaftlichen Gutachten zu belegen, vom Nichtstun bis zu allen harten Maßnahmen. Insofern hat es wenig Sinn, auf das hinzuweisen, was gewesen ist, und gegenseitig mit Zitaten aufzuwarten. Auch ich könnte x Zitate bringen, beispielsweise vom Abwürgen der Konjunktur durch die Überdosierung der Aufwertung usw. Das sollte uns heute nicht beschäftigen.
    Auf einen Irrtum möchte ich aber noch einmal nachdrücklich hinweisen, Herr Kollege Stoltenberg. Die Sozialdemokraten haben nie einen Gegensatz von Vollbeschäftigung und Stabilität in irgendeiner Form konstruiert oder konstruieren wollen. Da gibt es keine Gegensätze. Eine Stabilitätspolitik ist voll vereinbar mit einer Vollbeschäftigungspolitik. Aber wir haben uns immer gegen Methoden und Maßnahmen gewandt, mit denen man unter Aufgabe der Vollbeschäftigung und mit der Drohung von Arbeitslosigkeit eine, wie wir meinten, nur scheinbare Stabilität erreichen wollte.
    Über die Fragen einer stabilitätsgerechten Haushaltspolitik wird der Kollege Hermsdorf noch einiges sagen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat ebenso wie die Bundesregierung in der Vergangenheit immer wieder erklärt, daß sie die konjunkturelle Entwicklung mit Aufmerksamkeit verfolge und, falls es die Entwicklung notwendig machen sollte, nicht zögern werde, auch härtere Maßnahmen, die nicht überall Anklang finden— wir wissen das —, zu ergreifen.
    Ich möchte hier die Analyse über die konjunkturelle Lage nicht wiederholen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat die Lage vorhin in aller Deutlichkeit geschildert. Aber eins möchte ich festgehalten wissen: was uns jetzt zum Handeln veranlaßt, ist, daß sich die Preisentwicklung, — die Preiserwartungen der Unternehmer und die Auftragsein-



    Junghans
    gänge — nicht so abzeichnet, wie wir uns das wohl alle erhofft haben. Wir sind der Meinung, daß jetzt die Stunde gekommen ist, das konjunkturpolitische Steuer fest in die Hand zu nehmen, um eine drohende neue Preiswelle von vornherein zu brechen. Ich kann hier für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erklären, daß wir nicht bereit sind, eine Eskalation der Preise in Kauf zu nehmen. Wir sehen nämlich die Gefahr, die entsteht, wenn sich ein Preisklima entwickelt, bei dem, wie das heute zum Teil üblich ist, die Unternehmer glauben, jeden Preis verlangen und jeden Gewinn realisieren zu können. Das hält die Volkswirtschaft nicht aus. Auf der anderen Seite können wir es uns aber auch nicht leisten, daß die Verbraucher in zunehmendem Maße bereit sind — breite Schichten unseres Volkes können das allerdings nicht —, Waren zu kaufen, ohne nach dem Preis zu fragen.
    Dieser Entwicklung muß man im Interesse breitester Schichten unserer Bevölkerung entgegentreten. Der von der Bundesregierung und initiativ von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Antrag erfüllt diesen Zweck auf eine ausgewogene Art und Weise.
    ich darf einmal, weil das hier etwas untergetaucht ist, die wichtigsten Bestandteile des Programms an dieser Stelle noch einmal kurz skizzieren und ein wenig kommentieren.
    Erstens Herr Kollege Stoltenberg, das Bundeskabinett hat beschlossen, 'bei dem Vollzug des Bundeshaushalts 1970 konjunkturpolitische Zurückhaltung zu üben, um dadurch massive Nachfragestöße zu vermeiden.
    Zweitens sollen bis zum 31. Januar nächsten Jahre die degressiven Abschreibungen ausgesetzt werden. Das wird zu einem vorübergehenden Rückgang der Nachfrage nach Investitionsgütern etwa in der Größenordnung von 3 bis 4 Milliarden DM und damit zu einer dämpfenden Wirkung gerade auf dem Investitionsgütersektor führen.
    Drittens sollen die Einkommen-, die Lohn- und die Körperschaftsteuerpflichtigen vom 1. August dieses Jahres an bis zum 30. Juni nächsten Jahres einen Konjunkturzuschlag von 10 °/o auf ihre Steuerschuld bzw. ihre Vorauszahlungen leisten. Meine Damen und Herren, diese Zuschläge werden nicht vom Staat vereinnahmt, sondern bei .der Deutschen Bundesbank auf Eis gelegt. Sobald es die Konjunkturlage erlaubt — und das Gesetz schreibt vor: bis spätestens 31. März 1973 —, bekommt jeder, der Steuervorauszahlungen geleistet hat, seine Zuschläge auf Mark und Pfennig zurück. Dazu ist die Bundesregierung durch Gesetz verpflichtet. Jeder wird mir zugeben, daß es sich hier also nicht um eine Art der Besteuerung handelt, sondern eher um eine Art des Sparens von Staats wegen. Wir sind leider dazu gezwungen, unsere Mitbürger zu verpflichten, einen kleinen Teil ihres Einkommens für gewisse Zeit bei der Bundesbank in Verwahrung zu geben.
    Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, darauf hinzuweisen, um welch kleinen Teil des Einkommens es sich hierbei handelt, um auch falsche Vorstellungen und Befürchtungen auszuräumen. Zunächst: Arbeitnehmer, die — der Herr Bundeskanzler hat es auch noch einmal gesagt, und man kann es nicht oft genug sagen — im Monat 100 DM oder weniger Lohnsteuer zahlen, werden von dieser Maßnahme überhaupt nicht betroffen. Zum anderen: Die Zuschläge betragen 10 °/o der Lohnsteuer und nicht, wie häufig angenommen, des Einkommens. Dies ist ein großer Unterschied.
    Viertens soll das Steueränderungsgesetz, das die Verdoppelung der Arbeitnehmerfreibeträge und eine Erhöhung der Einkommensgrenze für die Ergänzungsabgabe vorsieht, noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden, sobald es die Konjunkturlage erlaubt.
    Das ganze Stabilitätspaket ist nach unserer Auffassung angemessen und zweckentsprechend. Trotzdem möchte ich betonen, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion diesen Beschluß nicht leichten Herzens gefaßt hat. Das gilt insbesondere für die Steuervorauszahlung. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß sich meine Fraktion erst nach langen und intensiven Diskussionen dazu hat durchringen können, die Konjunkturzuschläge zu akzeptieren. Wir konnten schließlich nur zustimmen, weil wir das Stabilitätspaket in seiner Gesamtheit für ausgewogen halten, und zwar in zweifacher Hinsicht: erstens, weil die Nachfrage nach Investitionsgütern ebenso gedämpft wird wie die Nachfrage nach Konsumgütern, und zweitens, weil es die Lasten sozial gerecht verteilt.
    Lassen Sie auch mich wie der Herr Bundeskanzler einige Worte zur Frage der sozialen Ausgewogenheit des Programms sagen. Die Konjunkturzuschläge, die aufkommen werden — rund 5,2 Milliarden DM —, werden je zur Hälfte von den Lohnsteuerpflichtigen, nämlich von 8 Millionen Arbeitnehmern, und von rund 1 Million Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtigen aufgebracht. Schon allein diese Zahlen machen deutlich, daß die Belastung der Einkommensteuerpflichtigen und der Lohnsteuerpflichtigen ausgewogen ist. Lassen Sie mich noch folgendes Beispiel geben: Ein Lediger mit einem Monatseinkommen von rund 1000 DM muß zirka 1 % seines Bruttoeinkommens als Konjunktfurzuschlag abführen. Dagegen muß ein Lediger mit rund 10 000 DM Monatseinkommen 411/4 seines Einkommens zusätzlich abführen. Darüber hinaus trifft den Unternehmer noch die zusätzliche Belastung durch die Aussetzung der degressiven Abschreibung und durch die Zuschläge zur Körperschaftsteuer.
    Die soziale Ausgewogenheit dieses Programms wird aber noch in weiterer Hinsicht deutlich, und hier unterscheiden wir uns auch von der Opposition. Es müßte jedem klar sein, daß das weitere Kürzen an den Ausgaben der öffentlichen Hand — und das heißt, in erster Linie an den öffentlichen Investitionen — unverantwortlich wäre, weil es den Erfordernissen einer modernen Industriegesellschaft zuwiderliefe. Wir werden — um das hier mit aller Deutlichkeit zu sagen, meine Damen und Herren von der Opposition — keinem Rezept folgen, das im Endeffekt darauf hinausläuft, daß der Bau von Straßen, von Schulen, von Universitäten, von Kranken-



    Junghans
    häusern, von Kindergärten bald ganz zum Erliegen kommt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Eine solche Politik wäre mit den Bedürfnissen der deutschen Volkswirtschaft nicht zu vereinbaren.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Deswegen müssen die Preise stabil werden!)

    Wir sollten auch daran denken, daß wir mit den Infrastrukturinvestitionen, mit dem Bau von Schulen und Universitäten, die wir heute durchführen oder unterlassen, über die Zukunft unserer Kinder entscheiden. Meine Damen und Herren, es wäre unverantwortlich, wenn über Jahre hinaus solche Maßnahmen unterbleiben müßten. Dann könnte man sich fragen, zu welchem Zeitpunkt wir uns auf be--stimmten Gebieten dem Stand eines Entwicklungslandes nähern.

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Dafür haben Sie gesorgt!)

    Hier liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen uns, Herr Stoltenberg. Diese Koalition hat sich die inneren Reformen zum Ziel gesetzt, und daran halten wir fest. Das bedeutet aber auch, daß wir die öffentlichen Investitionen nicht in die Rolle von konjunkturpolitischen Lückenbüßern drängen lassen können, sondern daß ihnen die Priorität eingeräumt werden muß, die ihnen zukommt.
    Ich möchte hier eines hinzufügen. Es ist nicht unsere Absicht, den Haushalt von den konjunkturpolitischen Aufgaben zu entlasten. Wir hoffen, daß wir
    auch mit diesen Stabilitätsmaßnahmen für die Bundesbank neuen Spielraum schaffen. Wir würden es begrüßen, wenn sich die Bundesbank jetzt in der Lage sähe, die Zügel der Zinspolitik zu lockern.
    Ich darf zusammenfassend abschließend folgendes feststellen.
    Erstens. Wir halten dieses Maßnahmebündel für angemessen und für sozial ausgewogen.
    Zweitens. Wir sind der Meinung, daß damit der Handlungsspielraum der Bundesbank erweitert wird, und erwarten in absehbarer Zeit eine merkliche Senkung des Zinsniveaus.
    Drittens. Die Maßnahmen sind zugleich so flexibel, daß sie, falls sich eine deutliche Tendenzwende in der Konjunkturentwicklung abzeichnet, sofort rückgängig gemacht werden können.
    Viertens. Wir wissen, daß die Bevölkerung, auch wenn sie die Last zu tragen hat, diese Maßnahmen in weitesten Teilen unterstützt.
    Der Antrag der CDU/CSU zeigt einen Weg, der für uns nicht gangbar ist. Wir bitten die Opposition, auch einmal über ihren eigenen Schatten zu springen und unserem in sich geschlossenen Programm zur Stabilität und zur Konjunkturstabilisierung ohne Wenn und Aber zuzustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)