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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 36. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Jacobi 1741 A Eintritt der Abg. Welslau und Urbaniak in den Bundestag 1741 D Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 1741 D Amtliche Mitteilungen 1742 A Beratung des Jahresberichts 1969 des Wehrbeauftragten des Bundestages (Drucksache VI/453) Rasner (CDU/CSU) 1743 A Hoogen, Wehrbeauftragter . .. . 1743 A Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . 1746 C Buchstaller (SPD) 1749 A Jung (FDP) . . . . . . . . 1751 C Schmidt, Bundesminister . 1754 A, 1761 D Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 1760 C Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 1760 D Damm (CDU/CSU) 1762 C Wahl des Wehrbeauftragten des Bundestages Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 1763 B Begrüßung von Senatoren aus Vietnam . . 1763 D Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970) (Drucksache VI/486) — Erste Beratung — 1764 A Entwurf eines Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (Drucksache VI/385) — Erste Beratung — . . . . . 1764 A Entwurf eines Gesetzes über technische Assistenten und Gehilfen in der Medizin (Abg. Dr. Jungmann, Frau Kalinke und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache VI/445) — Erste Beratung — . . . . . 1764 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 (Abg. Dr. Schmid-Burgk, Dr, Pohle, Porzner, Dr. Koch, Frau Funcke, Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP) (Drucksache VI/389) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 1764 A, 1838 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kaffeesteuergesetzes und des Teesteuergesetzes (Drucksache VI/396) — Erste Beratung — 1764 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. September 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern bei den Unternehmungen der Luftfahrt (Drucksache VI/397) — Erste Beratung - 1764 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen (Abg. Dr. Dittrich, Draeger, Seibert u. Gen.) (Drucksache VI/402) — Erste Beratung — 1764 B Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Vorlage eines Entwurfs für ein Verwaltungsverfahrensgesetz (Drucksache VI/409) 1764 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (Abg. Engelsberger, Strauß, Dr. Pohle, Haage [München], Schmidt [Kempten], Ollesch u. Gen. und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache VI/428) — Erste Beratung — . . . 1764 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Speiseessig) (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache VI/429) — Erste Beratung — 1764 C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Müller-Hermann (Drucksache VI/422) in Verbindung mit Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Bundesminister Schmidt (Drucksache VI/423) und mit Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Wehner (Drucksache VI/424) . . . 1764 D Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über die Vorschläge der EG-Kommission für eine Verordnung des Rates zur Verlängerung der Haushaltsordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften und über die Verantwortung der Anweisungsbefugten und der Rechnungsführer für 1970 eine Verordnung des Rates zur Durchführung der Rechnungslegung und Rechnungsprüfung (Drucksachen VI/190, VI/451) 1765 B Bericht des Ausschusses für Wirtschaft über die Verordnungen über die Erhebung einer Ausgleichsabgabe zur Sicherung der deutschen Landwirtschaft Verordnungen zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 19/69 und 2/70 — Angleichungszölle für Verarbeitungsweine griechischer Erzeugung) Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 23/69 — Zollaussetzung für Sprotten und Kaviar) (Drucksachen VI/59, VI/147, VI/173, VI/214, VI/314, VI/315, VI/462) 1765 B Bericht des Ausschusses für Wirtschaft über die Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung Achtunddreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksachen VI/207, VI/209, VI/210, VI/463) . . 1765 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Zusatzvertrag vom 7. Februar 1969 zur Durchführung und Ergänzung des Vertrages vom 7. Mai 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Kriegsopferversorgung und Beschäftigung Schwerbeschädigter (Drucksache VI/275) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache VI/458) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — 1765 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Januar 1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen der Sozialen Sicherheit (Drucksache VI/277) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache VI/459) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — 1766 A Sammelübersicht 2 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die vom 18. Oktober 1965 bis 19. Oktober 1969 eingegangenen Petitionen (Drucksache VI/411) . . 1766 B Entwurf eines Gesetzes über den Wegfall des von Rentnern für ihre Krankenversicherung zu tragenden Beitrags (Drucksache VI/220) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 III VI/465), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache VI/457) — Zweite und dritte Beratung — Geiger (SPD) 1766 D Dr. Schellenberg (SPD) 1767 B Wahl des Wehrbeauftragten des Bundestages Ergebnis 1771 C Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . 1771 C, D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 1771 C, D Vereidigung des Wehrbeauftragten Schultz 1771 D Würdigung des Wirkens des Wehrbeauftragten Hoogen Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 1772 A Fragestunde (Drucksachen VI/480, VI/488) Fragen des Abg. Dr. Häfele: Gegendarstellungen der Opposition zu Inseraten der Bundesregierung Ahlers, Staatssekretär 1773 C, 1774 A,C, D, 1775 A, B, C, 1776 B, C, D, 1777 A, B, C Dr. Häfele (CDU/CSU) 1773 D, 1774 A, C Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 1774 D, 1775 A, B, C, D, 1776 A Dr. Schmid, Vizepräsident . . 1776 B, C, 1777 A, C Raffert (SPD) . . . . . . . . 1776 B, D Dr. Gölter (CDU/CSU) 1776 D Moersch (FDP) 1777 A, B Dr. Wörner (CDU/CSU) 1777 B Fragen des Abg. Dr. Klepsch: Anzeige des Bundespresseamtes in Tageszeitungen betr. Mittel für neue Krankenhäuser Ahlers, Staatssekretär 1777 C, 1338 A, B, C, D, 1779 A, B, C, D, 1780 A, B, C Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . 1778 A, B, C Dr. Schmid, Vizepräsident . . . 1778 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 1778 D, 1779 A Maucher (CDU/CSU) 1779 B Dr. Czaja (CDU/CSU) 1779 B Niegel (CDU/CSU) 1779 C Damm (CDU/CSU) . . , 1779 D, 1780 A Ott (CDU/CSU) 1780 B Moersch (FDP) 1780 C Fragen des Abg. Dichgans: Verkürzung der juristischen Referendarausbildung und Verbesserung der finanziellen Lage der Referendare Jahn, Bundesminister . 1780 D, 1781 A, B Dichgans (CDU/CSU) 1781 A Frage des Abg. Dr. Gölter: Verhandlungen über die EWG-Weinmarktordnung einschließlich der Anbauregelung Ertl, Bundesminister 1781 C, D, 1782 A, B, C Dr. Gölter (CDU/CSU) . 1781 D, 1782 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 1782 B Susset (CDU/CSU) 1782 B Fragen des Abg. Peters (Poppenbüll) : Kosten des Butterbergs der EWG und Kosten einer Schulmilchspeisung in den EWG-Ländern Ertl, Bundesminister . . 1782 C, D, 1783 A, B, C, D Peters (Poppenbüll) (FDP) 1782 D, 1783 B Dr. Rutschke (FDP) 1783 C Niegel (CDU/CSU) 1783 D Frage des Abg. Zebisch: Beratung der Landwirte bezüglich der Möglichkeiten der Verbundwirtschaft Ertl, Bundesminister . . 1783 D, 1784 B Zebisch (SPD) . . . . . . . 1784 A, B Frage des Abg. Dr. Hermesdorf (Schleiden) : Zinsverbilligung von Darlehen zur Finanzierung von Maßnahmen ländlicher Gemeinden zur Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung Ertl, Bundesminister 1784 C, D, 1785 A, B Dr. Hermesdorf (Schleiden) (CDU/CSU) . . . . . 1784 D, 1785 A Dr. Klepsch (CDU/CSU) 1785 B Entwurf eines Gesetzes über den Wegfall des von Rentnern für ihre Krankenversicherung zu tragenden Beitrags — Dritte Beratung — Fortsetzung der Aussprache Härzschel (CDU/CSU) 1785 C Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 1788 B IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 Dr. Schellenberg (SPD) 1789 D Arendt, Bundesminister 1790 A Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß § 4 des Landwirtschaftsgesetzes und Maßnahmen der Bundesregierung gemäß Landwirtschaftsgesetz und EWG-Anpassungsgesetz (Drucksache VI/372) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Nachversicherung landwirtschaftlicher Unternehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung (CDU/CSU) (Drucksache VI/438) — Erste Beratung —Dr. Ritz (CDU/CSU) 1791 C Helms (FDP) . . . . . . . . 1798 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 1803 B Ehnes (CDU/CSU) 1808 B Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 1813 A Dr. Weber (Köln) (SPD) . . . . 1815 B Ertl, Bundesminister 1820 B Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 1828 C Höcherl (CDU/CSU) 1830 B Löffler (SPD) . . . . . . . . 1834 A Horstmeier (CDU/CSU) . . . . 1836 B Lotze (SPD) . . . . . . . . 1836 C Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 1836 C Sander (SPD) 1836 C Kiechle (CDU/CSU) . . . . . . . 1836 D Dr. Fischer (SPD) . . . . . . . 1836 D Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) . 1837 A Niegel (CDU/CSU) 1837 A Klinker (CDU/CSU) . . . . . . 1837 C Bewerunge (CDU/CSU) 1837 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Abg. Schulhoff, Gewandt, Stücklen, Dr. Schmidt [Wuppertal] u. Gen.) (Drucksache VI/280) — Erste Beratung — Schulhoff (CDU/CSU) 1838 C Nächste Sitzung 1838 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1839 A Anlage 2 Entschließungsantrag Umdruck 12 zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß § 4 des Landwirtschaftsgesetzes und der Maßnahmen der Bundesregierung gemäß Landwirtschaftsgesetz und EWG-Anpassungsgesetz (Drucksache VI/372) . . . . 1839 C Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Horstmeier (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1840 B Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abg. Lotze (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung . . 1842 A Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Abg. Frau Griesinger (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1843 B Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abg. Sander (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung . . 1844 D Anlage 7 Schriftliche Erklärung des Abg. Kiechle (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1846 D Anlage 8 Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Fischer (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1847 D Anlage 9 Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1849 A Anlage 10 Schriftliche Erklärung des Abg. Klinker (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1850 B Anlage 11 Schriftliche Erklärung des Abg. Tobaben (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung 1851 B Anlage 12 Schriftliche Erklärung der Abg. Frau Klee (CDU/CSU), zu Punkt 5 der Tagesordnung 1851 D Anlage 13 Schriftliche Erklärung des Abg. Schulhoff (CDU/CSU) zu Punkt 6 der Tagesordnung 1852 B Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Zusatzfrage des Abg. Dr. Häfele zu seiner Mündlichen Frage betr. biologischen Landbau . . . 1854 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1741 36. Sitzung Bonn, den 11. März 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Siehe Anlage 13 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 14. 3. Adams * 14. 3. Dr. Aigner * 14. 3. Dr. Artzinger * 14. 3. Dr. Bayerl 31. 3. Behrendt * 14. 3. Berlin 31. 3. Biechele 13. 3. Dr. Burgbacher * 14. 3. Burgemeister 31. 3. Cramer 13. 3. Dr. Dittrich * 14. 3, Dr. Dollinger 13. 3. Dröscher * 14. 3. Frau Dr. Elsner * 14. 3. Faller * 14. 3. Fellermaier * 14. 3. Flämig * 12. 3. Frehsee 24. 3. Dr. Furler * 14. 3. Frau Geisendörfer 14. 3. Gerlach (Emsland) 14. 3. Gottesleben 13. 3. Haage (München) * 14. 3. von Hassel 13. 3. Dr. Hein * 14. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 3. Katzer 13. 3. Klinker * 14. 3. Köppler 11. 3. Dr. Koch * 14. 3. Kriedemann * 14. 3. Lange * 14. 3. Lautenschlager * 14. 3. Dr. Löhr * 14. 3. Lücker (München) * 14. 3. Meister * 14. 3. Memmel * 14. 3. Müller (Aachen-Land) * 14. 3. Frau Dr. Orth * 14. 3. Richarts * 14. 3. Riedel (Frankfurt) * 14. 3. Ruf 11. 3. Schwabe * 14. 3. Dr. Schwörer * 14. 3. Seefeld * 14. 3. Springorum * 14. 3. Dr. Starke (Franken) * 14. 3. Stein (Honrath) 13. 3. Werner * 14. 3. b) Urlaubsanträge Dr. Birrenbach 21. 3. Frau Krappe 20. 3. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Nölling 31. 3. Dr. Prassler 20. 4. Spilker 21. 3. Anlage 2 Umdruck 12 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß § 4 des Landwirtschaftsgesetzes und der Maßnahmen der Bundesregierung gemäß Landwirtschaftsgesetz - Drucksache VI/372 -. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, I. im Rahmen der im Ministerrat anstehenden Verhandlungen über die Herbeiführung des Gleichgewichts an den Märkten wegen der kritischen Preis-Kostensituation der deutschen Landwirtschaft darauf hinzuwirken, daß 1. zum Abbau der Getreideüberschüsse in der EWG die Preise von Futtergetreide und Weichweizen unter Aufrechterhaltung des Preises für Weichweizen entsprechend ihrem Futterwert angeglichen werden; 2. bei Zuckerrüben die Grundquoten und der Zuckerrübenpreis unverändert bleiben; 3. bei einer Mengenregulierung auf dem Milchsektor gebührend Rücksicht auf solche landwirtschaftlichen Betriebe genommen wird, die keine Produktionsalternative haben. Ihnen ist eine Präferenz einzuräumen. Die derzeitigen, nicht aus deutscher Produktion stammenden Überbestände an Milchprodukten sind aus öffentlichen Mitteln in verstärktem Maße durch verbilligte Abgabe für den Verbraucher abzubauen. 4. der Rinderorientierungspreis zur Entlastung des Milchmarktes angehoben wird; II. Neben der Schaffung gewerblich-industrieller Arbeitsplätze für aus der Landwirtschaft Ausscheidende in der Nähe des bisherigen Wohnortes. zugunsten der in der Landwirtschaft Verbleibenden 1. die klassischen Agrarstrukturmaßnahmen mindestens im bisherigen Umfang fortzuführen und deshalb die Etatansätze in der mittelfristigen Finanzplanung den steigenden Kosten anzupassen; 2. landwirtschaftliche Betriebe durch gezielte Förderungsmaßnahmen in den Stand zu setzen, durch Kauf oder Pacht ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern; 1840 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 3. landwirtschaftlich genutzte Flächen, die nicht für die Aufstockung aufgenommen werden, von der öffentlichen Hand vorübergehend erworben werden; 4. die Investitionsbeihilfen, wie sie bis zum 31. 12. 1969 gewährt worden sind, fortzuführen; 5. das Programm der Investitionszuschüsse durch ein Zinsverbilligungsprogramm auf der Basis eines 3%igen Hofkredits unter angemessener Berücksichtigung der steigenden Zinssätze am Kreditmarkt zu ergänzen; 6. durch die Erweiterung der Richtlinien Mittel für Aufgaben der sozialökonomischen Beratung bereitzustellen. Dabei sollten die berufsständischen Organisationen angemessen beteiligt werden. III. 1. die überbetriebliche Zusammenarbeit und Partnerschaft der Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe in Produktion und Vermarktung weiterhin gefördert wird. Soweit steuerliche Vorschriften diese Zusammenarbeit hemmen, sollten sie beseitigt werden. 2. bei AuFgabe des landwirtschaftlichen Betriebes zur Verbesserung der Agrarstruktur steuerliche Vorschriften, ,die diesen Vorgang behindern, aufgehoben werden; in Härtefällen müßte die Veräußerung von beweglichem Inventar einkommensteuerfrei gestellt werden. 3. für Altenteiler in der Landwirtschaft bei der Einkommensteuer ein Freibetrag von 25 % der Bezüge bis zu einem Höchstbetrag eingeführt wird. Bonn, den 11. März 1970 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Horstmeier (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung Ich möchte kurz zu Fragen der Sozial- und Bildungspolitik für die Menschen in der Landwirtschaft Stellung nehmen. Dabei möchte ich nicht detalliert auf die jüngsten sozialpolitischen Initiativen der CDU/CSU-Fraktion eingehen, zumal sie bekannt sind und der Kollege Berberich sie vor wenigen Tagen gut und ausführlich begründet hat. Lassen Sie mich vorausschickend einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Wir müssen die ganzen Übergangs und Anpassungsbewegungen der Landwirtschaft im Rahmen des Strukturwandels im Zusammenhang mit den drei Generationsstufen sehen, nämlich mit der älteren, der mittleren und der jungen Generation. Während bei der älteren Generation die sozialpolitischen Hilfen im Vordergrund stehen müssen, wie die Altershilfe oder die Betriebsaufgabenrente, müssen bei der mittleren Generation neben der Verbesserung der sozialen Lage vor allem die Möglichkeiten zur Umschulung in krisenfeste gewerbliche Berufe möglichst auf dem Lande geschaffen werden. Gerade im Übergangs- oder Anpassungsprozeß in dieser mittleren Generation trägt der von der CDU/ CSU-Fraktion dieser Tage unterbreitete Gesetzentwurf der Möglichkeit einer Nachversicherung für Landwirte bei der Abwanderung in andere Berufe Rechnung. Eine der entscheidendsten Aufgaben ist jedoch für mich die Verbesserung der Allgemeinbildung und der Fachausbildung auf dem Lande. Wenn es nicht gelingt, sozusagen den agrarpolitischen Hebel im Rahmen des Strukturwandels bei der Jugend anzusetzen, wird die Öffentlichkeit mit ihren agrarpolitischen Sanierungsbemühungen ständig hinter der Entwicklung herhinken, weil die Probleme immer wieder nachwachsen und größer werden. Ich glaube durchaus behaupten zu können, daß die Lösung dieses Problems eine der agrarpolitischen Kernfragen schlechthin ist. Voraussetzung für die Lösung der mit dem dynamischen, sich immer mehr beschleunigenden Strukturwandel anfallenden Probleme sind 1. geistige Aufgeschlossenheit, 2. eine breite und gute Allgemeinbildung und 3. eine hervorragende Berufsausbildung. Das Bildungswesen auf dem Lande sowohl für die Jugendlichen als auch für die Erwachsenen muß daher wesentlich erweitert und intensiviert werden. Ein leistungsfähiges Erziehungs- und Bildungswesen muß das Recht auf Bildung des einzelnen so verwirklichen, daß er seine Persönlichkeit nach Begabung und Leistung voll entfalten kann und den Anforderungen der Gesellschaft gewachsen ist. Diese Bildungspolitik muß daher gerade auf dem Lande vorausschauend geplant und wenn möglich, bundeseinheitlich gestaltet werden. Die fachliche Ausbildung sowie das landwirtschaftliche Berufs- und Fachschulwesen müssen den ständig wachsenden Ansprüchen an den künftigen Betriebsleiter angepaßt werden. Aber auch die Erwachsenenbildung auf dem Lande muß in diesen Problemkreis mit einbezogen werden. Hier kommt den ländlichen Heimvolkshochschulen eine besondere Bedeutung zu. Ich bin der Meinung, daß durch ein umfangreiches Kultur- und Bildungsangebot die gewerblichen Betriebe und ihre Führungskräfte mit ihren Familien eher bereit sein werden, sich im ländlichen Raum anzusiedeln. Fest steht, daß gerade bei einer Intensivierung der Bildungspolitik im ländlichen Raum in wenigen Jahren die agrarpolitische Landschaft im Bundesgebiet wesentlich günstiger aussehen würde. Ich möchte hier daran erinnern, daß wir in der vergangenen Legislaturperiode im Rahmen des sogenannten Höcherl-Planes auf dem Gebiet der Ausbildung und Berufsförderung sehr zukunftsorientierte Gesetze verabschiedet haben: 1. das Arbeitsförderungs- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1841 Besetz, 2. das Ausbildungsförderungsgesetz, 3. das Berufsbildungsgesetz. Diese Gesetze enthalten die geeigneten Instrumente, die Bildungsreserven auf dem Lande zu mobilisieren. Sie haben darüber hinaus einen gesellschaftspolitischen Wert ersten Ranges. Es muß hier jedoch bemerkt werden, daß die Richtlinien des Arbeitsförderungsgesetzes für Förderungsmaßnahmen bei der Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung auf dem Lande großzügiger gehandhabt werden müssen, um den differenzierten Gegebenheiten besser gerecht zu werden. Mit Inkrafttreten des Ausbildungsförderungsgesetzes am 1. Juli dieses Jahres erhofft sich das Land Ausbildungsbeihilfen für Personengruppen und Schularten, die bisher nicht gefördert werden konnten. Vor allem wird erwartet, daß die Richtlinien für die Beihilfen aus allen Förderungsprogrammen eine einkommensgerechte Bewertung des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens gewährleisten. Da die Wirtschaftskraft eines mittleren landwirtschaftlichen Betriebes heute nicht mehr ausreicht, die Ausbildungskosten zu tragen. In diesem Zusammenhang muß auch die individuelle sozialökonomische Beratung finanziell und personell durch gut geschulte Fachkräfte stärker gefördert werden. Bei der Einbringung des Grünen Berichtes hat der Bundesernährungsminister Ertl eine wohlklingende Rede zur Bewältigung des Strukturwandels ohne soziale Härten gehalten. Eine ganze Reihe der darin aufgeführten sozialpolitischen Grundsätze kann ich voll und ganz unterstützen. Leider fehlt den wohlgemeinten Ausführungen des Bundesernährungsministers in weiten Bereichen die Basis, nämlich das Geld, um sie zu realisieren. Die konkreten Zahlen im Agrarhaushalt sagen mehr als wohlgemeinte Worte. Wenn man den Etat nämlich genau und kritisch unter die Lupe nimmt, so muß man feststellen, daß 1970 für struktur- und sozialpolitische Maßnahmen 250 Millionen DM weniger bereitstehen als 1969, davon 48 Millionen DM weniger für soziale Hilfe. So sind 1970 die Mittel für die landwirtschaftliche Unfallversicherung von 190 Millionen DM auf 160 Millionen DM herabgesetzt worden. Nach präzisen Berechnungen des Bundesverbandes der' Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften beträgt der Bedarf jedoch 242 Millionen DM. Hier muß unbedingt eine Korrektur erfolgen. Eine Verbesserung des Altersgeldes — wie sie von der Landwirtschaft mit Recht gefordert und sie jetzt von der CDU/CSU in einem Gesetzentwurf vorgeschlagen worden ist — ist im Etat unberücksichtigt geblieben. Lediglich die Betriebsabgaberente wird im Agrarhaushalt mit 28 Millionen DM um 16 Millionen DM höher als 1969 berücksichtigt. Herr Bundesminister Ertl, diese Sparsamkeit am falschen Platz hat mich sehr erstaunt. Noch vor knapp fünf Monaten hatte die FDP in einem Spitzengespräch mit dem Präsidium des Deutschen Bauernverbandes an dem Sie, Ihr Bundesvorsitzender Außenminister Scheel sowie Ihre Kollegen Mischnick, Dr. Starke, Moersch, Logemann und Peters (Poppenbüll) am 12. September 1969 — also praktisch zwei Wochen vor der Bundestagswahl — in Stuttgart versichert: (Ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren) Eine wirksame Erhöhung des Haushaltsansatzes für nationale Förderungsmaßnahmen muß in den Jahren ab 1970 unabhängig von den Zahlungen an den EWG-Agrarfonds erfolgen, denn die Lösung der Anpassungs- und Umstellungsschwierigkeiten der Landwirtschaft ist nur möglich, wenn man bereit ist, die notwendigen Mittel für Marktordnungsaufgaben und strukturelle und soziale Umstellungszwecke bereitzustellen. Weiter hieß es: In der Sozialpolitik ist in der nächsten Legislaturperiode eine Erhöhung des Altersgeldes auf 200 DM je Monat ohne Beitragserhöhung und die Wiedereinführung der Defizithaftung des Bundes erforderlich. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sind die notwendigen Zuschüsse bereitzustellen und zusätzlich zu verankern. Herr Minister Ertl, nachdem Sie jetzt auf der Sonnenseite sitzen, hätten Sie doch zunächst Gelegenheit gehabt, Ihre eigenen Vorstellungen und Zusagen verwirklichen zu können. Sie hätten dabei den vollen Rückenwind der Opposition gehabt. — Was hat Sie eigentlich daran gehindert? Haben Sie Gegenwind von Ihrem Koalitionspartner bekommen? — Oder — was ich nicht annehme — haben Sie selbst Ihre Zusagen in den Wind geschlagen? Kritisieren muß man an der Agrarpolitik der Koalition auch, daß der Schwerpunkt der strukturellen und sozialen Förderung im Agrarhaushalt 1970 in starkem Maße auf Abwanderung und Ausscheiden verlagert wurde. Ich befürworte diese Hilfen in vollem Umfang. Man darf aber nicht außer acht lassen, daß eine große Zahl von Menschen in der Landwirtschaft verbleibt. Sie muß in gleichem Maße in die Lage versetzt werden, ihr Einkommen und ihren sozialen Status zu verbessern. Dieser Notwendigkeit trägt der neue Agraretat in nicht ausreichendem Maße Rechnung. Wenn man in diesem Zusammenhang unterstellen muß, daß die Kosten der EWG-Agrarfinanzierung aller Voraussicht nach noch weiter steigen, besteht die Gefahr, daß in den nächsten Jahren noch weniger Mittel für soziale und strukturpolitische Maßnahmen zur Verfügung stehen. Dazu kommt, daß auch in der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung die Ansätze des Etats gekürzt werden sollen. Wenn man das alles im Blickfeld hat, muß man fragen, Herr Minister, wie Sie denn Ihr angekündigtes sozialpolitisches Ergänzungsprogramm verwirklichen wollen? Ich spreche Ihnen den guten Willen nicht ab, sehe aber bei dieser finanzpolitischen Konzeption keine Basis für eine progressive Sozialpolitik, schon gar nicht für ein groß angelegtes sozialpolitisches Ergänzungsprogramm. Ich fürchte, 1842 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 daß zum Schaden der Landwirtschaft letztlich nur noch ein „Miniprogramm" übrig bleibt. Berücksichtigen muß man in diesem Zusammenhang noch die von der Bundesregierung erstellte Modellrechnung für das Jahr 1980, worin eine große Abwanderung in den 70iger Jahren vorausgesagt wird, die ich nicht einmal angreifen möchte, da die Entwicklung unaufhaltsam weiter geht. Aber meine Frage lautet, wie denn dieser rapide Strukturwandel in Anbetracht der deutlichen Kürzung der Mittel ohne soziale Härten bewältigt und die notwendigen Alternativen geschaffen werden sollen. Hierzu, Herr Minister, müßten Sie uns eine Antwort geben. Ich möchte zusammenfassend sagen: Wenn schon der Strukturwandel auf Grund der wirtschaftspolitischen Entwicklung. unvermeidbar ist, so müssen jedoch sozialpolitische Härten vermieden werden. Dafür zu sorgen, ist die Pflicht des Staates und der Regierung. Die Sozialpolitik muß ein gewisses Schwergewicht in den agrarpolitischen Überlegungen bilden. Die Konturen, die sich jetzt abzeichnen, deuten eher auf ein Federgewicht. Damit können und wollen wir uns nicht abfinden. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Lotze (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Mein Beitrag zum Grünen Bericht ist in der hier gebotenen Kürze auf zwei Probleme der Agrarsozialpolitik konzentriert: 1. auf die Altershilfe für Landwirte und 2. auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung. Zur Altershilfe folgendes. Sie wissen, daß die Koalitionsfraktionen am 26. Februar dieses Jahres einen Antrag eingebracht haben, in dem die Bundesregierung ersucht wird, das System der sozialen Sicherung für die Landwirte und ihre Angehörigen auszubauen und zu verbessern. Dazu sind Maßnahmen, unter anderem in Bereichen der Kranken- und Rentenversicherung, der Landabgaberente und Verpachtungsprämie, vorgeschlagen worden, die darüber hinaus geeignet sind, die Sozial- und Strukturpolitik in der Weise zu kombinieren, daß sowohl das Ausscheiden aus der Landwirtschaft als auch der strukturelle Anpassungsprozeß erleichtert werden. Da nun dieser Antrag der Regierungsparteien nichts über die Altershilfe aussagt, die Opposition aber gleichzeitig einen Antrag auf Verbesserung dieser Altershilfe eingebracht hat, ist draußen im Lande die Meinung aufgekommen — oder gemacht worden — die Regierungsparteien seien an der Weiterentwicklung der Altershilfe nicht mehr sonderlich interessiert. Diese Meinung ist falsch! Sie kann weder aus der Rede des Herrn Bundesministers Ertl vom 26. Februar 1970 noch aus der Antragsbegründung meines Fraktionskollegen Schonhofen vom gleichen Tage herausgelesen werden. Ich stelle deshalb fest: Die SPD-Bundestagsfraktion steht nach wie vor zu dem Grundsatz, daß die Altershilfe ein wichtiges sozial- und strukturpolitisches Instrument ist und bleiben muß. Nach unserer Auffassung müßten deshalb auch so schnell wie möglich die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß auch die Altershilfe für Landwirte dynamisiert werden kann, sowie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung schon seit Jahren der Fall ist und nunmehr auch endlich in der Kriegsopferversorgung durchgesetzt werden konnte. Das wäre im übrigen auch deshalb gut und nützlich, weil die Altershilfe dann nicht mehr bei jeder Landtags- und Bundestagswahl zum Wahlkampfthema gemacht und mißbraucht werden könnte. Jede Leistungserhöhung, gleich ob sie in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abschnitten vorgenommen wird, muß finanziell gedeckt und abgesichert werden. Bei dem jetzigen System der Finanzierung bedeutet eine Anhebung der Altershilfe für Landwirte, so wie sie von der Opposition gefordert wird, auch zwangsläufig eine Erhöhung der Beiträge und eine Erhöhung des Bundeszuschusses. Dies weiß auch die Opposition. Es ist deshalb merkwürdig und unverständlich zugleich, daß sie die Bundesregierung unter Hinweis auf die Konjunkturlage laufend auffordert, die Ausgaben zu drosseln, den Umfang der Haushaltssperren zu überprüfen — so Herr Kollege Stoltenberg noch am 9. März vor der Presse —, gleichzeitig aber Anträge in diesem Haus einbringt, die höhere Bundesausgaben erforderlich machen als die Regierung selbst vorgesehen hat. Dieses widersprüchliche Verhalten läßt den Verdacht aufkommen, daß derartige Anträge möglicherweise doch mit den anstehenden Landtagswahlen im Zusammenhang stehen. Doch lassen wir das jetzt einmal beiseite. In der Sache geht es darum, folgendes Problem zu lösen: Die Altershilfe muß zu gegebener Zeit aus sozial- und strukturpolitischen Gründen weiter erhöht werden und dies bei Abnahme der Beitragszahler und Zunahme der Leistungsempfänger. Aus dieser Entwicklung ergibt sich die Konsequenz, daß eine ständige Erhöhung der Altershilfe nur dann möglich sein wird,, wenn auch die Beiträge und Bundeszuschüsse ständig, und zwar ständig stärker, aufgestockt werden. Mit dieser Feststellung komme ich zu Punkt 2, der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Dazu kann ich mich kurz fassen, weil wir es fast mit der gleichen Situation zu tun haben. Auch hier nimmt die Zahl der Beitragszahler laufend ab, während die Leistungen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung an die der übrigen Berufsgenossenschaften angeglichen werden sollen und müssen, und die liegen höher. Wie bei der Altershilfe heißt das auch in diesem Bereich: ständig steigende Bundeszuschüsse, wobei auch Beitragserhöhungen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften nicht ausgeschlossen werden Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1843 können. Wie Herr Minister Ertl und mein Fraktionskollege Dr. Martin Schmidt (Gellersen) schon angedeutet haben, kann diese ständig zunehmende Belastung auf die Dauer weder dem Beitragszahler noch dem Staat zugemutet werden. Deshalb regen wir an, daß die zuständigen Ressorts und Institutionen den ernsthaften Versuch unternehmen sollten, noch in dieser Legislaturperiode ein für alle Beteiligten vertretbares und tragbares Finanzierungssystem zu entwickeln, und dies sowohl für die landwirtschaftliche Altershilfe als auch die landwirtschaftliche Unfallversicherung. Zum Schluß noch einmal kurz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Seit Sie in der Opposition sind, werden Forderungen von Ihnen aufgestellt, auch im Bereich der Agrarpolitik, von denen Sie in Ihrer langjährigen Regierungstätigkeit schon eine Anzahl selbst hätten erfüllen können. Sie treiben ein schlechtes Spiel, wenn Sie für diese Versäumnisse die jetzige Bundesregierung und die sie tragenden Parteien verantwortlich machen wollten. Das kommt draußen nicht mehr an. Die Menschen auf dem Lande haben längst erkannt, daß Agrarpolitik und Agrarsozialpolitik alles andere, nur keine Erbhöfe der CDU/CSU sind. Auch daran mußten Sie bei dieser Gelegenheit wieder einmal erinnert werden. Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Griesinger (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung Im Mittelpunkt Ihrer agrarpolitischen Bemühungen, Herr Minister, steht der Mensch auf dem Lande, wie Sie in Ihrer Einbringungsrede zum „Grünen Bericht" gesagt haben. Für Ihren Vorgänger, Herr Minister Höcherl, galt die agrarpolitische Zielsetzung: die Verbesserung der Einkommenssituation und des Sozialstatus der in der Landwirtschaft Beschäftigten. Sie vertreten damit beide die gleichen Ziele. Was bedeutet das Wort „Sozialstatus" ? Nach meiner Auffassung wird der Sozialstatus von drei wesentlichen Komponenten bestimmt: 1. von .der Höhe der Einkommen, 2. von dem Umfang .der sozialen Sicherung, 3. von der Art der Einkommensverwendung, und zwar für a) Befriedigung der Primärbedürfnisse (Ernähren, Kleiden, Wohnen) b) Befriedigung der Sekundärbedürfnisse (Bildung, Freizeit und Erholung) c) den Umfang der Vermögensbildung. In Ihrem „Grünen Bericht" ist mir aufgefallen, daß auf die Beteiligung der Frauen an der Wertschöpfung in der Landwirtschaft wenig eingegangen wird, obwohl bekannt ist, daß 35 % ides betrieblichen Aufwandes an Arbeit von weiblichen Arbeitskräften erledigt wird. Hält man Umschau in der landwirtschaftlichen Praxis, möchte man annehmen, daß der Anteil der Arbeitsleistung der Frau im landwirtschaftlichen Betrieb höher ist als statistisch erfaßt. Verfolgt man die agrarpolitischen Diskussionen, so entsteht der Eindruck, daß man die Frau als mithelfende Arbeitskraft nicht mehr in das Kalkül einbezieht. Ich bezweifle, ob das möglich ist. Zieht man einmal den Vergleich von der Landwirtschaft zu den übrigen Wirtschaftsbereichen, so stellt man fest, daß die Erwerbstätigkeit der Frau hier und dort — insbesondere auch der verheirateten Frau— zunimmt. Die Wirtschaft bietet Anreize dafür; gleichzeitig veranlassen die gehobenen Konsumwünsche der Bevölkerung die Erwerbstätigkeit der Frau. Ginge man davon aus, daß in Zukunft in den übrigen Wirtschaftsbereichen die Frauen nicht mehr erwerbstätig sind, bedeutete das für die Volkswirtschaft hohe finanzielle Anstrengungen, da Bekannterweise Arbeitskraft nur über Kapitalinvestitionen ersetzt werden kann. Gleichzeitig müßten die Einkommen der im Erwerbsprozeß verbleibenden Personen erheblich steigen mit der Konsequenz, daß in allen arbeitsintensiven Bereichen, wie z. B. in den Dienstleistungsbereichen, erhebliche Verteuerungen entstehen. Ich glaube, u. a. würden die Krankenversicherungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wenn das weibliche Pflegepersonal durch männliches Pflegepersonal mit Familien ersetzt würde, oder die Industrie und die Verwaltung würden sich wundern, wenn anstelle der Sekretärinnen verheiratete Sekretäre mit Familien den Dienst verrichten würden. Vor einigen Tagen hat Herr Mansholt in einem Interview gesagt, daß Betriebe, die heute ein bereinigtes Betriebseinkommen je Arbeitskraft in Höhe von 13 000 DM haben, nur noch eine Entwicklungschance hätten, wenn sie bis zum Jahre 1980 über 26 000 DM Betriebseinkommen je Arbeitskraft verfügen können. Mich würde interessieren, an Hand welcher Daten Herr Mansholt zu dieser Aussage kommt. Mit welchen nichtlandwirtschaftlichen Einkommensschichten wird hier verglichen? Wirft man einen Blick auf die Einkommensstruktur bei den Lohn- und Gehaltsempfängern, so kann man feststellen, daß nur ein Drittel der Lohnempfänger ein Jahreseinkommen von 13 000 DM und mehr hat und daß es bei den Gehaltsempfängern ca. 40 % sind. Viele unserer landwirtschaftlichen Betriebe haben bereits ein Einkommen erzielt, das bei ca. 13 000 DM Betriebseinkommen je Arbeitskraft liegt. Aber die Betriebe haben nicht mehr die Chance, ihr Einkommen zu steigern, weil die ökonomischen Reserven erschöpft sind. Für ,diese Fälle kommt die Umschulung in Frage, wenn der Betriebsleiter sich noch in einem umschulungsfähigen Alter 'befindet. Die umgeschulten Landwirte finden in den technischen und handwerklichen Berufen durchaus nicht überall einen Arbeitsplatz, der ihnen die gleichen Verdienstchancen, wie sie im Augenblick 'im Betrieb gegeben 1844 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 sind, anbietet. In der Regel haben diese Landwirte zunächst Einkommensverluste, die sich nur über Lohnerhöhungen auf die Dauer beheben lassen. In dieser Situation müssen viele Landwirte ihren landwirtschaftlichen Betrieb als Nebenerwerbsbetrieb aufrecht erhalten, wenn sie Einkommensverluste vermeiden wollen. Wer aber, führt den Erwerbsbetrieb? Die Frauen. Damit erhebt sich für mich das Anliegen, einmal kritisch die soziale Sicherung der Frauen in der Landwirtschaft zu beleuchten. Die Frauen nehmen Teil an der Altershilfe sowie an der Unfallversicherung in ihrer Eigenschaft als mithelfende Familienangehörige teil. Die Krankenversicherung steht in der Diskussion, und hier möchte ich gleich einhaken. Auf Grund ihrer Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb ist die Frau gleichermaßen zu versichern wie ,der Mann. Ihre Versicherung muß aber so abgeschlossen sein, daß auch sie Anspruch auf Krankengeld bzw. Ersatzgeld hat. Dieser Anspruch wurde ihr bisher verwehrt, wenn sie in .der Krankenversicherung ihres Mannes in ihrer Eigenschaft als Ehefrau mitversichert wird. Der geringe soziale Schutz der Hausfrauen ist ein warnendes Beispiel. Ein Wort zur Nachversicherung. Ich bin mit Ihnen, Herr Bundesminister, völlig einig, daß Landwirten und mithelfenden Familienangehörigen eine Nachversicherung gewährt wird. Ich sehe aber ein Faß ohne Boden auf uns zukommen, wenn nicht von vornherein, und zwar ,ab sofort, gesetzlich geregelt wird, daß zwischen Betriebsleiter und mithelfenden Familienangehörigen Arbeitsverträge geschlossen werden, die den Betriebsleiter verpflichten, für die soziale Sicherung der mithelfenden Familienangehörigen die entsprechende finanzielle Vorsorge durch Einzahlung in die allgemeinen Versicherungseinrichtungen zu treffen. Ich halte es für notwendig, diese Forderung zu erheben, da die in der Landwirtschaft tätigen Kräfte nicht wissen, ob sie ein Leben lang in der Landwirtschaft verbleiben können. Nun zur Frage der Einkommensverwendung in der Landwirtschaft. Ich wiederhole noch einmal, ebenso wie die Einkommenserzielung ist die Einkommensverwendung ein Kriterium des Sozialstatus. Wir wissen aus Statistiken und Erhebungen, daß das Gefälle im Sozialstatus nicht nur durch die Einkommen, sondern auch durch die Lebensverhältnisse 'bedingt wird, in denen die bäuerlichen Menschen leben. Die mangelhafte Infrastruktur in rein ländlichen Gebieten kann nicht den einzelnen 'bäuerlichen Familien angelastet werden, sondern ist ein Versäumnis der Gesamtwirtschaft. Infolgedessen ist es durchaus gerechtfertigt, wenn der Staat Hilfen einleitet, die Wohnbedingungen der Menschen auf dem Lande zu verbessern, wie er dies auch bei allen anderen Bevölkerungsgruppen getan hat. Ich habe daher mit Befremden festgestellt, daß Sie, Herr Bundesminister, die Förderungsmaßnahme zur Verbesserung landwirtschaftlicher Wohngebäude im Rahmen der Althofsanierung .einstellen wollten und das sogenannte „Bäuerinnenprogramm" finanziell stark gekürzt haben. Ich möchte Sie herzlich bitten, sich an Ihre eigenen Aussagen in den vergangenen Jahren zu erinnern, daß dieses Programm weiter durchgeführt werden muß, weil es gut und nötig ist und nun mitzuhelfen, daß es kontinuierlich weitergeht ohne empfindliche Kürzung! 400 000 Wohnhäuser bedürfen noch ,der Sanierung. Im Verhältnis zu der Eigenleistung ist der Staatszuschuß sehr gering. Ich darf hierbei auf meine Ausführungen der vergangenen Jahre verweisen. Mit ebenso großer Sorge stelle ich fest, daß die ländlich-hauswirtschaftliche Beratung, die einen erheblichen Anteil an der Verbesserung des Sozialstatus der bäuerlichen Bevölkerung hat, und gleichermaßen wie die Wirtschaftsberatung ein Bestandteil der sozialökonomischen Beratung ist, in Frage gestellt wird. Dies ist mir unverständlich in Anbetracht einer agrarpolitischen Zielsetzung, die das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt der Überlegungen stellt. — Dies trifft gleichermaßen auch für .den Komplex der Erwachsenenbildung zu, der mit großem Erfolg von der ländlich-hauswirtschaftlichen Beratung betrieben wird. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß es in keinem Fall zuträglich ist, die Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft aus dem Bereich des Bundes in den der Universität Hohenheim zu überführen. Gerade in dieser Zeit, wo es darauf ankommt, der landwirtschaftlichen Bevölkerung jede nur mögliche Hilfe zu gewähren, um ihren Sozialstatus zu verbessern, ist es nicht angängig, Einrichtungen, die mit dazu beitragen, abzugeben. Herr Bundesminister, meine kritische Stellungnahme hätte sich sicherlich erübrigt, wenn in Ihrem „Grünen Bericht" auch ein Kapitel über die Situation der Frauen in der Landwirtschaft, über die Lebens- und Wohnverhältnisse der landwirtschaftlichen Bevölkerung enthalten wäre. Ich möchte Sie bitten, sich dieser Fragen um der Menschen willen mit aller Energie anzunehmen, um derentwillen wir heute in diesem Hohen Hause zusammengekommen sind — der Familien auf dem Lande. Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Sander (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung Bei allen Fachdiskussionen um eine zeitgemäße Agrarpolitik spielt die Strukturpolitik eine besondere Rolle. Wir können feststellen, daß auch im Bewußtsein der Öffentlichkeit die Bedeutung der Agrarstrukturpolitik zunehmend erkannt wird. Viele halten sie für den Schlüssel zur Lösung der Agrarfrage überhaupt. Es gab noch keine Debatte über den Grünen Plan in diesem Hohen Hause, die sich nicht ebenfalls diesem bedeutenden Teilstück der Agrarpolitik zugewandt hätte. Diese Tatsache kann nicht überraschen, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß z. B. im Jahre 1950 noch über 5 Millionen Menschen in der Landwirtschaft tätig waren und daß diese Zahl Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1845 — nach dem uns heute vorliegenden Grünen Bericht — inzwischen auf 2,35 Millionen zurückgegangen ist. In einem Zeitraum von 20 Jahren sind also weit mehr als die Hälfte der ursprünglich in der Landwirtschaft Tätigen in andere Berufe übergewechselt. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich im gleichen Zeitraum um rund 600 000 oder 31 % verringert. Die deutsche Landwirtschaft hat also seit zwei Jahrzehnten laufend Kräfte, und zwar in einem beträchtlichen Umfang, an die übrige Wirtschaft abgegeben. Ohne diesen ständigen Kräftezustrom wären die Leistungen unserer Volkswirtschaft nicht erzielt worden. Die von mir genannten Zahlen verdeutlichen zugleich den ungeheuren Strukturwandel, in dem sich die Landwirtschaft befindet. Er hat sich in der Vergangenheit zumeist lautlos vollzogen, was aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, daß er sehr oft mit sozialen Härten verbunden gewesen ist. Wir alle wissen, daß dieser Prozeß des Strukturwandels noch nicht abgeschlossen ist, er wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Ja, er wird sich fortsetzen müssen. Ich darf ebenfalls in diesem Zusammenhang Bezug nehmen auf das erstmalig in einem Grünen Bericht enthaltene Projektionsmodell. Diese Projektion über die Zukunftsaussichten der deutschen Landwirtschaft ist angelehnt an ähnliche, zuvor stark umstrittene Vorschläge zur Strukturänderung aus der EWG-Kommission — ich meine den Mansholt-Plan — und an Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums, die der Wirtschafts- und insbesondere der Agrarpolitik Entscheidungsunterlagen liefern sollten. Daß die im Modell genannnten Daten einer möglichen Entwicklung bis zum Jahre 1980, in welchem nur noch 1,4 oder gar nur 1 Millionen Arbeitskräfte ein ausreichendes Einkommen aus landwirtschaftlicher Beschäftigung haben werden — gegenüber 2,35 Mio. heute — ohne größere Proteste der Landwirtschaft zur Kenntnis genommen wurden, hat seine Gründe wahrscheinlich in der Strukturentwicklung der letzten Jahre und der daraus abzuleitenden realistischeren Betrachtungsweise. Es wird die Aufgabe der Agrarpolitik sein, diesen Anpassungsprozeß zu humanisieren und in eine Richtung zu lenken, die zukunftsträchtige Entwicklungen ermöglicht. Das Letztere stellt sich insbesondere der Agrarstruktur als Aufgabe. Es hat in diesem Hohen Hause vielfältige Bemühungen und Ansätze für eine moderne Agrarstrukturpolitik gegeben, und ich darf hoffen, daß es sie weitergeben wird. Erinnern möchte ich an das von meiner Fraktion eingebrachte Agrarstrukturgesetz, an das Absatzfondsgesetz, an das Weingesetz, an die Förderungsprogramme für ländliche Räume und andere Regelungen. Sie alle verfolgten und verfolgen das Ziel, die Situation der Landwirtschaft und der in ihr tätigen Menschen auf Dauer zu verbessern. Unsere gemeinsame Aufgabe wird es sein, die bereits vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen und neue Möglichkeiten durch gesetzliche Maßnahmen zu eröffnen. Der Phantasie sind hier weiß Gott keine Grenzen gesetzt. Wenn wir eine moderne Agrarstrukturpolitik wollen, dann müssen wir auch bereit sein, das dazu notwendige Instrumentarium zu schaffen und zu erweitern. Meine Fraktion fordert darum die Bundesregierung auf, dem Parlament so bald wie möglich geeignete Vorschläge zu unterbreiten. Daßdabei der notwendige Zusammenhang zwischen der Wirtschaftspolitik im allgemeinen und der Agrarpolitik im speziellen beachtet und immer wieder hergestellt werden muß, ist selbstverständlich. Wir brauchen eine lückenlose Verzahnung zwischen Wirtschafts-, Sozial- und Agrarpolitik. Es kann nicht mein Anliegen sein, die Aufgabe der Agrarpolitik in einer Industriegesellschaft wissenschaftlich exakt und umfassend zu definieren. Ich möchte für meine Betrachtungen schlicht davon ausgehen, daß sie zwei Aufgaben hat: erstens, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen sicherzustellen, zweitens, die Teilnahme der in der Landwirtschaft Beschäftigten am wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu ermöglichen. Der Agrarstrukturpolitik als integralem Bestandteil jeder Agrarpolitik stellt sich hierbei eine dreifache Aufgabe: erstens die der optimalen Gesamtentwicklung ländlicher Räume, einschließlich der Verbesserung der kommunalen Infrastruktur, zweitens die der Schaffung lebensfähiger Betriebe durch Entwicklung sinnvoller, an betriebs und volkswirtschaftlichen Erkenntnissen orientierter Produktions- und Betriebsstrukturen, drittens die der Erleichterung des Übergangs zu einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit bzw. des Ausscheidens älterer Landwirte. Lassen Sie mich zum ersten Punkt folgendes sagen: Aus der richtigen Erkenntnis, daß Agrarstrukturpolitik und regionale Wirtschaftspolitik nicht isoliert gesehen werden können, ist vom Bundeswirtschaftsminister das Programm „zur Intensivierung und Koordinierung der regionalen Wirtschaftspolitik" entwickelt worden. Die Zielsetzung des Programms brauche ich Ihnen nicht zu erläutern, sie ist hinreichend bekannt. U. a. sollen mit staatlicher Hilfe in ländlichen Entwicklungsschwerpunkten jährlich 20 000 außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Zielsetzung ist zunächst belächelt, dann später skeptisch beurteilt worden. Heute wissen wir, daß allein im Jahre 1969 durch den Einsatz von 2 Milliarden DM Förderungsmittel des Bundes, der Länder und der Gemeinden über 40 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind. 'Es genügt aber nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen. Wir müssen auch die Menschen, die diese Arbeitsplätze einnehmen sollen, durch berufliche Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen auf ihre neue Tätigkeit entsprechend vorbereiten. 1846 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 Wir wissen, daß die regionale Strukturpolitik der Bundesregierung gerade im letzten Jahr zu einem Integrationsfaktor der Entwicklung ländlicher Räume geworden ist. .Trotzdem dürften auch hier noch zahlreiche Möglichkeiten für eine bessere Effizienz vorhanden sein. Die Koordinierung der einzelnen Pläne und Programme könnte sicherlich ebenfalls noch verbessert werden. In 12 Regionen sind inzwischen Regionalprogramme angelaufen. Mit Genugtuung können wir feststellen, daß die Bundesregierung entschlossen ist, die Förderung wirtschaftsschwacher, ländlicher Räume auch in Zukunft fortzuführen. Dafür stehen im Jahre 1970 unter anderem zur Verfügung: Steuerfreie Investitionszulagen, deren Inanspruchnahme auf vorläufig jährlich 270 Millionen DM geschätzt wird, Investitionszuschüsse des Regionalen Förderungsprogramms; für das Jahr 1970 sind Haushaltsmittel in Höhe von rund 360 Millionen DM vorgesehen. Diese Hilfen werden wie bisher durch zinsgünstige Kredite des ERP-Vermögens und der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg ergänzt. Die Zusammenarbeit in der regionalen Wirtschaftsförderung zwischen Bund und Ländern wird 1970 weiter verbessert. Nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" am 1. Januar 1970 wird sich nunmehr der Planungsausschuß unter dem Vorsitz des Bundeswirtschaftsministers konstituieren und die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Rahmenplan schaffen, der ab 1971 bzw. 1972 Grundlage aller Maßnahmen sein wird. Bis dahin wird die Bundesregierung ihre regionale Wirtschaftsförderung im Rahmen regionaler Aktionsprogramme fortsetzen. Lassen Sie mich diesen Punkt abschließen mit der Feststellung, daß es das Ziel aller -Bemühungen sein muß, die Attraktivität der ländlichen Räume zu erhöhen und die soziale Sicherheit und die Lebenschancen der dort wohnenden Menschen zu vergrößern. Zum zweiten Punkt der agrarstrukturellen Aufgabenstellung möchte ich folgendes bemerken: Niemand kann heute mit absoluter Richtigkeit sagen, an welchen Kriterien sich eine optimale Produktions- bzw. Betriebsstruktur orientieren sollte. Der rasche Wandel läßt die Bestimmung unwandelbarer Normen nicht zu. Ich erinnere Sie an das Schicksal der von Mansholt entwickelten Produktionseinheiten und modernen landwirtschaftlichen Unternehmen. Mansholt selbst hat bereits eine Modifizierung angekündigt. Selbst eine betriebswirtschaftlich richtig gewählte Betriebsstruktur kann sich noch im Widerspruch befinden zu volkswirtschaftlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten. Die Abnahme der Zahl der Vollerwerbsbetriebe und die Zunahme der Nebenerwerbsbetriebe scheinen einen Funktionswandel anzudeuten. In einer sich durch immer mehr Freizeit auszeichnenden Gesellschaft dürften die Neben- und Zuerwerbsbetriebe eine immer größere Rolle spielen. Daraus ergeben sich auch für die Bestimmung der Betriebsstruktur mannigfache Konsequenzen. In diesen Betrachtungskreis gehören auch die Auswirkungen einer verstärkten und verbesserten Kooperation. In diesem Zusammenhang möchte ich eines mit aller Deutlichkeit klarstellen: Aus der Praktizierung von Zusammenarbeit dürfen den Betroffenen keine rechtlichen und materiellen Nachteile erwachsen. Auf diesem Felde erwarten wir schon sehr bald die entsprechenden Vorschläge der Regierung. Juristische Hemmnisse dürfen politisches Wollen nicht ad absurdum führen. Ich will diesen Fragenkreis nicht weiter ausdehnen. Daß zu ihm auch die Flurbereinigung, der freiwillige Landtausch, die freiwillige Landabgabe, die Aufstockung landwirtschaftlicher Betriebe und dergleichen mehr gehört, versteht sich von selbst. Für diese Maßnahmen hat die Bundesregierung 1970 nahezu 500 Millionen DM bereitgestellt. Zum dritten Punkt der angesprochenen Aufgabenstellung möchte ich nur feststellen, daß die landwirtschaftliche Sozialpolitik in einem hohen Maße zugleich landwirtschaftliche Strukturpolitik ist. Die strukturpolitischen Effekte sind unübersehbar, ob es sich um die Altershilfe, die Landabgaberente oder um die demnächst zu schaffende Möglichkeit der Nachversicherung handelt. Mit all diesen Hilfen wird der landwirtschaftliche Strukturwandel gefördert und abgesichert. Die Bundesregierung hat allein für diesen Bereich 827 Millionen DM bereitgestellt. Für die Zukunft wird es darauf ankommen, die strukturpolitischen Effekte der landwirtschaftlichen Sozialpolitik noch zu vermehren. Ich habe deutlich zu machen versucht, daß die Agrarstrukturpolitik auch zukünftig ein Kernstück unserer nationalen Agrarpolitik sein muß und daß sie nicht losgelöst von den Zusammenhängen und Notwendigkeiten unseres gesellschaftlichen Lebens gesehen werden kann. Sie muß eingebettet sein in die große Politik. Die Bundesregierung hat dieser Erkenntnis dadurch Rechnung getragen, daß sie im Gegensatz zur früheren mehrjährigen Finanzplanung die Mittel für die nationale Agrarstrukturpolitik zusätzlich um 389 Millionen DM aufgestockt hat. Die Finanzierung der für notwendig erachteten agrarstrukturellen Maßnahmen dürfte damit gesichert sein. Weiter muß festgestellt werden, daß die Bundesregierung nach wie vor an dem Grundsatz festhält, daß die Agrarstrukturpolitik weitgehend im nationalen Verantwortungsbereich verbleiben muß. Damit sind die Verantwortlichkeiten klar abgesteckt. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstreicht, daß sie die Auffassung der Bundesregierung in dieser Frage teilt. Anlage 7 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Kiechla (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung Im Mittelpunkt agrarpolitischer Überlegungen und Auseinandersetzungen steht unter den sogenann- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1847 ten Überschußprodukten die Milch. Prognosen des EWG-Ministerrates, die bereits von nicht mehr unterzubringenden Bergen sprechen — übrigens fleißig sekundiert von gewissen Politikern und auch Presseorganen dieses Landes —, haben sich allerdings nicht erfüllt. Statt prophezeiten 450 000 t gibt es zur Zeit 250 000 t oder auch knappe 300 000 t. Die europäischen Bauern und hier besonders die deutschen haben also sehr wohl marktgerecht versucht zu handeln. Ein wenig mehr Unterstützung im Hinblick auf Verbrauchsförderung würde diese so oft zitierten Berge noch schneller verschwinden lassen. Trotzdem nehmen die Belastungen für die deutschen Milcherzeuger laufend zu. Ich setze als bekannt voraus, daß gerade die kleinen und mittelgroßen Betriebe Milchproduzenten sind. In vielen Gebieten Deutschlands — Mittelgebirgslagen, Küstenländer und Voralpengebiet — sind andere Produktionszweige unmöglich. In diesen reinen Grünlandgebieten müssen bei eventuellen Kontingentierungen Präferenzen gewährt werden. Diese Landwirte entziehen sich einem Strukturwandel keineswegs. Viele haben schon aufgestockt, investiert, modernisiert und viele stehen unmittelbar zwangsläufig davor. Dies sind im Regelfall die modernen, risikobereiten Betriebsleiter. Gerade sie stehen nun vor folgender Situation: Jener Teil des Kapitalbedarfs, der auf dem freien Markt beschafft wurde — in vielen Fällen erhebliche Teile —, versteuert sich erheblich wegen der hohen Zinsbelastungen. Die bei der Kostenkalkulation zugrunde gelegten erzielbaren Betriebserlöse sind aufgebaut worden auf dem Milchrichtpreis von 39 Pfennig oder wenig darunter. Er wird aber seit geraumer Zeit nicht mehr erreicht. Durch die Aufwertung hat sich die Situation noch verschärft, besonders da für umsatzstarke intensive Grönlandgebiete der vorgesehene Flächenschlüssel ungenügend ist. Die auf dem Betriebsmittelsektor eingetretenen und laufend eintretenden Preissteigerungen treffen ganz allgemein die Landwirtschaft hart, im besonderen Umfang aber wieder alle intensiven Betriebszweige, zu denen die Milchproduktion zweifellos gehört. Die allgemeinen Kostensteigerungen bei den Lebenshaltungskosten sind dabei auch für die Bauern genauso wirksam wie für alle übrigen Mitbürger. Durch Streichungen im Etat bei der Unfallversicherung erwartet die Landwirte eine Beitragserhöhung erheblicher Größenordnung dieses Jahr. Die starke Reduktion der Strukturmittel beim Investitionssektor ist für reine Grönlandgebiete zusätzlich erschwerend, da diese Bauern keine Betriebsaufstockungen vornehmen können, ohne eine Erweiterung ihrer Betriebsgebäude und damit Investitionen zu tätigen. Damit sind sie ausgeschlossen aus den Entwicklungen hin zum größeren Betrieb einer rationalisierten Einheit. Hinter all dem steht die dauernde Drohung mit Preissenkungen, die in ihren unmittelbaren Folgerungen weder sozial zu rechtfertigen noch wirtschaftlich zu vertreten noch gesellschaftspolitisch zu wünschen noch landschaftspflegerisch zu verantworten sind. Wer also dauernd davon spricht — und seine Politik auch danach ausrichtet —, daß noch mehr als bisher aus Drittländern eingeführt werden muß — so der Bundesaußenminister laut Bulletin vom 2. 12. 1969 — wer von „überhöhten" Preisen redet, wie der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, Mansholt und alle seine Sekundanten es tun, wer bewußt oder unbewußt zum Maßstab seiner Vergleiche den unzutreffenden und teils verlogenen Weltmarktpreis macht, der kann sich nicht gleichzeitig als Freund jener Menschen bezeichnen, die in Deutschland schließlich nichts anderes tun als Lebensmittel herstellen, unsere Landschaft kostenlos pflegen, die damit auch Naturkatastrophen verhindern helfen und den Wasserhaushalt mit in Ordnung halten. Dies gilt in besonderem Maße für Deutschlands schönste Gegenden, in denen meistens die Grönlandgürtel liegen. Die Antwort auf die seit der — ich zitiere — „Machtübernahme" der neuen Regierung sichtbaren Tendenzen in einer „neuen" Agrarpolitik werden nicht die derzeitigen deutschen Bauern geben — die sind ihrem Beruf zu sehr verhaftet —, sondern sie wird von der Jugend kommen. Jene, denen der sogenannte Strukturwandel ausschließlich Abwanderung aus der Landwirtschaft bedeutet, denen diese Entwicklung gar nicht schnell genug gehen kann, werden diese dann gegebene Antwort eines Tages bereuen. Alle, die diese sichtbare Entwicklung in vernünftige Bahnen zu lenken bereit sind, sind unsere Freunde und Verbündete. Anlage 8 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Fischer (SPD) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Wenn man die Diskussion der letzten Wochen über die EWG-Weinmarktordnung verfolgt hat, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hierbei nicht allein die Existenz des deutschen Weinbaues und das Interesse ,der Verbraucher primär im Mittelpunkt der Argumentation gestanden haben. Bei aller Schärfe der Auseinandersetzung müssen wir jedoch darauf achten, meine Damen und Herren, daß unsere Position für die weiteren Verhandlungen im EWG-Ministerrat nicht geschwächt wird. Denn 'dadurch würden wir 'unserer Weinwirtschaft mehr schaden als nützen. Und darüber besteht doch kein Zweifel: Bei den derzeitigen Verhandlungen in Brüssel wird weitgehend über die Zukunftschancen unseres deutschen Weinbaues entschieden und über die Menschen, die in der Weinwirtschaft ihre Existenz haben und behalten wollen. 1848 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 Neben dieser Feststellung muß ich aber auch — um nicht mißverstanden zu werden — eindeutig hervorheben, daß sich gegenüber der hier und dort hochgekommenen Polemik die beiden Entschließungen des .deutschen Weinbauverbandes positiv abheben. Sie sind hart — sehr hart — und eindeutig in der Sachargumentation, aber fair und unpolemisch abgefaßt. Sie dienen der Zukunft des deutschen Weinbaues und der Existenz des Berufsstandes der Winzer und dem Interesse der Verbraucher. Dies ist das legitime Recht des deutschen Weinbauverbandes. Diese Argumente und diese Zielsetzungen, eingeschlossen in 'dem großen Ziel, die Einigung Europas zu vollenden, vertreten auch wir grundsätzlich. Dabei dürfen wir nicht die Weinmarktordnung losgelöst von den Fragen der EWG-Finanzierung und der Erweiterung der EWG um die beitrittswilligen Länder sehen. Dies kann nur als Ganzes betrachtet, beurteilt und 'durchgeführt werden. Die kurzfristige Einigung über die Weinmarktordnung wird ,deshalb erforderlich, weil der Rat bereits 1962 beschlossen hat — in der Verordnung Nr. 24 und in der Ratsentschließung von 1966 —, eine Marktorganisation zu schaffen, und die Übergangszeit am 1. Januar 1970 abgelaufen war. Dies ist die Zwangsjacke, in der sich die Regierung und auch ,dieses Hohe Haus befinden, in der sich aber auch schon vorige Regierungen befunden haben, was in diesem Zusammenhang nicht ganz unerwähnt bleiben darf. Jedenfalls hat die jetzige Regierung die schwierige Aufgabe, diesen Leitlinien-Konfektionsanzug von damals nunmehr ineinen Maßanzug — sprich EWG-Marktordnung —zuzuschneidern, wobei ich nicht unbedingt hervorheben möchte, daß die früheren Regierungen dazu viele Jahre Zeit gehabt hätten. Im Gegensatz dazu hat die jetzige Bundesregierung im Rahmen der Entschließung des Ministerrates vom 6. Februar bereits einen großen Teil der deutschen Anliegen durchsetzen können. Hierzu zählt insbesondere ,die Anerkennung der unterschiedlichen Weinbereitungsmethoden, die durch die verschiedenen Naturgegebenheiten den einzelnen Weinbaugebieten gegeben sind. Dazu gehören auch die Verbesserung der Einteilung der Weinbauzonen, die verbesserte Anreicherungsgrenze für Rotwein, das Verbot des Verschnitts von EWG-Wein mit Drittlandswein sowie des Verschnitts von Drittlandsweinen untereinander im Bereich ,der EWG. Natürlich unterliegt es keinem Zweifel, daß der Anfang Februar vorgelegte Kommissionsentwurf viele Bestimmungen enthält, die für die deutsche Weinwirtschaft unannehmbar sind. Hierbei dürfen wir jedoch nicht in den Fehler verfallen, Forderungen zu erheben, die im Rahmen der Beratungen in Brüssel absolut nicht durchzusetzen sind. Vielmehr müssen 'wir gemeinsam versuchen, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, die Aussicht haben, bei den schwierigen Verhandlungen mit unseren Partnerländern durchzudringen. Im Hinblick auf die schwierige Situation halte ich es für angebracht, den Katalog unserer Forderungen aufzuteilen, einerseits in solche, die für die Durchsetzung wünschenswert sind, und andererseits in solche, die für uns hinsichtlich der Existenz weiter Teile 'unserer Winzerschaft unverzichtbar sind. Als wünschenswert erscheint mir die Aufnahme aller deutschen Weinbaugebiete in die Zone A, um sicherzustellen, daß eine Aufsplitterung der deutschen Weinbaugebiete verhindert wird. Des weiteren halte ich für wünschenswert eine Verbesserung der Vorschriften über den Verschnitt mit dem Ziel, dies nur mit Weinen ,ausschließlich innerhalb dier einzelnen Weinbauzonen zu gestatten. Für unverzichtbar halten wir Sozialdemokraten vier Forderungen, die in Brüssel mit aller Härte vertreten und durchgesetzt werden müssen. 1. Die klare Trennung der Rechtsgrundlagen für Marktordnungs- unid Weinrechtsfragen ist unbedingt erforderlich. Dabei sind Marktordnungsfragen gemäß Artikel 43 des :EWG-Vertrages festzulegen. Alle Weinrechtsfragen dürfen nur auf Artikel 100 des EWG-Vertrages gestützt werden. Sie sind demnach durch leine EWG-Richtlinie zu regeln. 2. Marktregelung, Weinrechtsrichtlinie, Tafelwein- und Qualitätsweinregelung können nur als Ganzes behandelt und beschlossen werden. Es muß verhindert werden, daß durch getrennte Entschließungen Nachteile, z. B. für die Qualitätsweine, präjudiziert werden. 3. Sofern die Mindestwerte für den natürlichen Alkoholgehalt beibehalten bleiben, muß sichergestellt werden, daß neben -den von der Kommission vorgeschlagenen Verwertungsmögllichkeiten diese Erzeugnisse als Grundlagenweine für die Herstellung von Schaumwein zugelassen .werden. 4. Unter Berücksichtigung der 'klimatischen Bedingungen einiger unserer Weinbaugebiete halten wir es für eine unabdingbare Forderung, daß .für Schlechtwetterjahre leine Schutzklausel in die Weinrechtsrichtlinie aufgenommen wird, die bezüglich der Werte der Anreicherung ,den Bestimmungen des Paragraphen 87 unseres Deutschen Weingesetzes entspricht. Die Feststellung über die Auslösung dieser 'Bestimmung kann nach unserer Auffassung nicht gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 24 in Verbindung mit dem Kommissionsentwurf dem Verwaltungsausschuß für Wein übertragen werden, sondern muß ausschließlich Sache der einzelnen Mitgliedstaaten sein. Meine Damen und Herren, verkennen wir nicht, daß die Durchsetzung dieser wünschenswerten und unverzichtbaren Forderungen sehr schwierig sein wird und einer harten Verhandlungsführung bedarf. Zu dieser harten Verhandlungsführung brauchen wir diese Bundesregierung nicht besonders aufzufordern. Diese Bundesregierung hat in der Ministerratssitzung am 2. und 3. März dieses Jahres dem vorliegenden Kommissionsentwurf ihre Zustimmung versagt, und der Herr Landwirtschaftsminister hat ja deutlich genug zu erkennen gegeben, daß er bei den weiteren Verhandlungen die existenzwichtigen Interessen der deutschen Weinwirtschaft mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln wahrnimmt. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1849 Anlage 9 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung Mehrfach ist seitens der Bundesregierung geäußert worden, die Verbesserung der Agrarstruktur als einen wichtigen Bestandteil ihrer Politik anzusehen. In seiner Regierungserklärung sagte der Kanzler — ich zitiere —: „Es bleibt das Ziel der Bundesregierung, die nationale Verantwortung für die landwirtschaftliche Strukturpolitik zu erhalten. Bei der notwendigen Strukturverbesserung der Landwirtschaft muß vermieden werden, daß eine Politik des Preisdruckes betrieben wird." Bei der Einbringung des Grünen Berichtes nannte der Bundesernährungsminister als Schwerpunktaufgabe der Agrarpolitik die Struktur- und Regionalpolitik als erstes. Er sagt wörtlich: „Diese Einordnung der Agrarstrukturverbesserung in die allgemeine Erschließung der ländlichen Räume wird auch in der Öffentlichkeit zu größerem Verständnis für diese zum Teil kostspieligen Maßnahmen führen. Es wird bisher in nicht landwirtschaftlichen Kreisen leider allzu wenig beachtet, daß agrarstrukturelle Maßnahmen in vielen Fällen Voraussetzung für die Verbesserung der landwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit der Lebensbedingungen im ländlichen Raum sind." Man kann also sagen, daß nicht nur von seiten der Regierungsvertreter, sondern ganz allgemein der Agrarstrukturverbesserung eine große Bedeutung, manchmal sogar eine zu große Bedeutung beigemessen wird, dies nämlich immer dann, wenn in ihr das Allheilmittel für die Gesundung der Landwirtschaft gesehen wird. Ich kann mich auch des Gefühls nicht erwehren, daß der Begriff Agrarstruktur allzuoft in verschiedener Richtung je nach der Tendenz des Betrachtenden ausgelegt wird. Der eine versteht darunter die Schaffung ländlicher Arbeitsplätze, um ausscheidenden Landwirten Arbeit zu geben. Der andere meint die Betriebsstrukturverbesserung, und es bleibt immer wieder festzustellen, daß übergeordnet die klassischen Agrarstrukturmaßnahmen sich in ihrer Zielrichtung auf die in der Landwirtschaft später verbleibenden Betriebe richten müssen. So sehr alle Maßnahmen der Sozialpolitik und der Regionalpolitik zu begrüßen sind, so muß ich nochmal betonen, daß die Strukturpolitik, die für die in der Landwirtschaft verbleibenden Betriebe wirksam wird, vorrangig ist. Wir beraten zwar heute keinen Haushalt, aber ohne Geld läßt sich nun einmal auch die beste Politik nicht in die Tat umsetzen, und es ist deswegen ganz besonders gravierend, daß die Bundesregierung bei der Vorlage des Entwurfs des Bundeshaushaltsplans 1970 gerade bei der Verbesserung der Agrarstruktur gegenüber dem Jahre 1969 erhebliche Kürzungen vorgenommen hat. Insgesamt beträgt die Kürzung bei allen Maßnahmen 64 Millionen DM. Besonders gravierend sind die Kürzungen bei den Titeln Siedlung (14,3 Millionen DM), Flurbereinigung (14,0 Millionen DM), benachteiligte Gebiete (15,0 Millionen DM), Emslandprogramm (6,05 Millionen DM), Nordprogramm (4,0 Millionen DM), Landarbeiterwohnungsbau (7,0 Millionen DM), und bei der für die betriebliche Strukturverbesserung so wichtigen Investitionshilfe (71 Millionen DM). Über die Kürzungen kann auch die Verbesserung der Zinsverbilligung nicht hinweghelfen. Die Kürzung im Titel „Flurbereinigung", die ich nach wie vor überall da, wo sie angebracht ist, als die umfassendste und beste Agrarstrukturverbesserung halte, wirkt sich deswegen besonders nachteilig aus, weil die Teilnehmer der Flurbereinigungsgemeinschaften durch das ständig steigende Preisniveau kaum noch in der Lage sind, die von ihnen geforderte Eigenbeteiligung selbst aufzubringen. Ich muß hier fragen: „Wie sollen die Flurbereinigungsmaßnahmen überhaupt in Zukunft noch finanziert werden?" Wenn also die Bundesregierung die Ansätze für die Flurbereinigung kürzt, so beeinträchtigt sie das vom früheren Bundesminister Höcherl bereits in die Wege geleitete Zusammenspiel von Flurbereinigung und regionaler Wirtschaftsstruktur, dessen Zusammenhänge auch Minister Ertl ausdrücklich betont hat. Die Flurbereinigung kann und muß entscheidend mit dazu beitragen, daß die Voraussetzungen für die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen möglich gemacht werden. Die geringe Ausstattung des Titels „Flurbereinigung" bedeutet also einen absoluten Rückschritt im Zusammenspiel der Kräfte für die Neuordnung des ländlichen Raumes. Ich darf in diesem Zusammenhang noch die gravierenden Kürzungen bei den großen Strukturprogrammen Emsland und Nordprogramm erwähnen. Sicherlich wird man am Emslandprogramm die eine oder andere Maßnahme monieren können. Das Programm im ganzen ist aber richtig und muß verstärkt zu Ende geführt werden. Bedauerlich ist auch die Ausstattung der Finanzierungsquellen für die Eingliederung vertriebener und geflüchteter Landwirte. Die Bundesregierung hat hier an Mitteln für Nebenerwerbsstellen nur ganze 120 Millionen DM einkalkuliert. Wir haben am 26. 6. 1969 im Deutschen Bundestag einen einstimmigen Beschluß gefaßt, für die Jahre 1970 bis 1974 einen festen Finanzplan für die Schaffung und Übernahme von jährlich 4000 landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen aufzustellen, damit auf diese Weise die Eingliederung der aus Ost- und Mitteldeutschland geflüchteten Landwirte bis 1974 zu einem geregelten Abschluß gebracht wird. Abgesehen davon, daß heute schon erhebliche Eigenmittel von den Siedlungswilligen gefordert werden und damit für viele diese Möglichkeit des Wiederseßhaftwerdens ausscheidet, werden die Kosten bei den gestiegenen Preisen in Zukunft noch höher sein. Es dürfte jedenfalls kaum möglich sein, bei dieser Art von Finanzierungsplanung das Nebenerwerbsstellenprogramm bis Ende 1974 aus der Welt zu schaffen. Es ist ganz selbstverständlich, daß bei der immer kleiner werdenden Decke für die zahlreichen Agrarstrukturmaßnahmen, deren Kalender andererseits immer größer wird, sich jeder an diesen Maßnah- 1850 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 men Interessierte nach anderen Finanzierungsquellen umsieht. So ist es nicht verwunderlich, daß in immer größerem Umfang das Zweckvermögen der Deutschen Siedlungsbank zur Verbesserung der Agrarstrukturmaßnahmen, soweit das nach den Richtlinien zulässig ist, herangezogen werden soll. Damit kommt es in echte Konkurrenz mit den Aufgaben der Schaffung von Nebenerwerbsstellen. Wir haben bei dieser Unsicherheit, wie die einzelnen Maßnahmen finanziell geschafft werden sollen, zu bedenken, daß draußen im Lande eine große Zahl tüchtiger Beamter bei Behörden und Siedlungsgesellschaften vorhanden ist, die bei dieser Ungewißheit allmählich zu resignieren beginnen und zum Teil schon abwandern. Wenn jemand erst in einen anderen sicheren Beruf gegangen ist, werden wir ihn nicht wieder zurückgewinnen können. Auch dies ist ein Grund, sich ernstlich zu überlegen, wie die Finanzierung der Maßnahmen auf einen sicheren Boden, der eine kontinuierliche Durchführung gewährleistet, gestellt werden kann. Es ist klar, daß die Kosten immer höher werden und die Ansätze ganz offensichtlich immer kleiner. Sie reichen heute schon nicht aus, die bisherigen Kosten zu decken, und es wird durch die Preissteigerungen die Kluft zwischen öffentlicher Hilfe und tatsächlichen Kosten in einer ganz bedenklichen Weise immer größer. Ich habe die Hoffnung, daß hier noch Mittel und Wege gefunden werden, diese Kürzungen wieder auszugleichen. Anlage 10 Schriftliche Erklärung ,des Abgeordneten Klinker (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Die deutsche Landwirtschaft soll nach der wiederholten Zusage der Bundesregierung in vollem Umfang an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung in der Bundesrepublik teilnehmen. Der Landwirtschaftsminister hat hervorgehoben, daß dieser Erklärung auch bereits Taten gefolgt seien, und dabei u. a. auf das Gesetz zum Ausgleich der DM-Aufwertungsverluste hingewiesen. Namens meiner Fraktion stelle ich dazu fest, daß gerade unter dem Blickwinkel einer angemessenen Beteiligung der Landwirtschaft am allgemeinen Einkommenswachstum die mit dem Ausgleichsgesetz geschaffene Regelung die deutsche Landwirtschaft in keiner Weise zufriedenstellen kann. Sie ist vor allem deshalb mangelhaft, weil damit die Kostensteigerungen, denen die Landwirtschaft im Zuge der allgemeinen Teuerungstendenz in der Bundesrepublik in verstärktem Maße ausgesetzt ist, keine Berücksichtigung finden. Ich bin deshalb nach wie vor der Auffassung, daß bis zur Schaffung einer gemeinsamen Währungspolitik in der EWG die Wiedereinführung nationaler Preise — auf Vorschlag der Kommission und mit Bestätigung des Ministerrates entsprechend der nationalen Kostenentwicklung unumgänglich ist, wenn der deutschen Landwirtschaft Gerechtigkeit widerfahren soll. Für diese Auffassung gibt es darüber hinaus eine ganze Reihe von Gründen, die ich hier nicht aufführen kann. Ich erinnere jedoch an die weiterhin bestehende allgemeine währungspolitische Unsicherheit (Italien), die unter Umständen schon sehr bald zu erneuten Paritätsänderungen zwingt. Sehr wesentlich ist für diesen Standpunkt jedoch auch die Tatsache, daß im Rahmen der EWG-Markt- und Preispolitik der deutschen Landwirtschaft erneut große Gefahren und einseitige Belastungen drohen. Ich verweise auf die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Herstellung des Gleichgewichts auf den Agrarmärkten. Diese Vorschläge bringen, wenn sie verwirklicht würden, weitere empfindliche Preiseinbußen für die deutsche Landwirtschaft. So ist bei Getreide zum Abbau der Weizenüberschüsse eine Senkung des Grundinterventionspreises um 2 Rechnungseinheiten vorgesehen. Auch die beabsichtigte Veränderung der Regionalisierungsbestimmungen führt vor allem in den marktfernen Erzeugungsgebieten zu weiteren beträchtlichen Preissenkungen. Die dafür als Äquivalent vorgesehene Anhebung der Futtergetreidepreise reicht zum Ausgleich dieser Preisverluste nicht annähernd aus. Bei Futtergetreide ist lediglich eine Anhebung der Richtpreise vorgesehen, die erfahrungsgemäß nicht bis zum Erzeuger durchschlägt. Von der Bundesregierung erwarten wir daher, daß sie sich einer derartigen Auflockerung mit aller Entschiedenheit widersetzt, zumal von einer Weizenpreissenkung in dem vorgesehenen Umfang keinerlei Wirkungen auf die Produktion ausgehen. Der deutschen Landwirtschaft nicht zuzumuten ist ferner die vorgeschlagene Reduzierung der Zuckerrübengrundquote um 5 %. Auch diese Maßnahme trifft den. deutschen Rübenerzeuger sehr einseitig, denn die -Produktionsausweitung auf diesem Sektor erfolgt nachweislich in anderen Ländern. Die deutschen Rübenanbauer haben sich im Rahmen der Kontingentsregelung immer marktkonform verhalten. Ein Abbau der vorhandenen Überschüsse kann daher nur durch Herabsetzung der Quote für magere Rüben und Preissenkungen für diese Rüben erfolgen. Von schwerwiegender Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft sind außerdem die Vorschläge der Kommission zur Herstellung des Gleichgewichts bei Milch und Milchprodukten. Die von der Kommission vorgeschlagene Beteiligung der Erzeuger an der Überschußbeseitigung in Höhe von 2 Pf/kg ist einerseits nicht geeignet, eine Produktionseinschränkung herbeizuführen. Sie führt .andererseits nach der DM-Aufwertung zu einer erneuten unzumutbaren Einkommensminderung der deutschen Landwirtschaft, die ihr Einkommen immerhin zu etwa 30 % aus der Milchwirtschaft bezieht. Auch die gegenwärtig im Ministerrat diskutierte Beteiligung an der Überschußverringerung von 1 Pf ist für die deutschen Milcherzeuger unzumutbar. Der weitaus größte Teil Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1851 der Milch stammt in der Bundesrepublik aus Werkmilchbetrieben, in denen eine solche Beteiligung zu zusätzlichen Einkommensminderungen führt. Diese trifft wiederum in existenzgefährdender Weise vor allem die Betriebe in den Grönlandgebieten, die keine Alternative zur Milcherzeugung haben. Ein solches Vorgehen ist für die deutsche Landwirtschaft, aber insbesondere auch gegenüber den französischen Bauern ungerecht, die infolge der FrancAbwertung eine wesentliche Preisaufbesserung erfahren. Zur Bewältigung des Milchproblems in der EWG hat die deutsche Landwirtschaft mit ihren Vorschlägen zur Einführung handelsfähiger Milchlieferrechte sehr konkrete Vorstellungen entwickelt. Ich halte diese Maßnahme im Zusammenwirken mit den weiteren Vorschlägen zur Absatzförderung und zur Veränderung der Preisrelationen, insbesondere durch stufenweise Anhebung des Rinderorientierungspreises, für durchaus geeignet, das Milchproblem in den Griff zu bekommen. Ich freue mich, ,daß Herr Minister Ertl diese Vorschläge in Brüssel auf den Tisch gelegt hat. Meine Freunde und ich erwarten, daß er in dieser Frage im Ministerrat eine ebenso feste Haltung einnimmt, wie er idas bei den Verhandlungen um die Europäische Weinmarktordnung getan hat. Hier geht es um Entscheidungen, die zu weit größeren Auswirkungen für die deutsche Landwirtschaft führen. Meine Freunde und ich fordern den Herrn Minister auf, im Sinne dieser Vorschläge im Ministerrat sehr energisch für die Interessen der deutschen Landwirtschaft einzutreten, die bisher für das europäische Einigungswerk immer nur der gebende Teil gewesen ist. Sollte er erneut Kompromissen zustimmen, die einseitig zu Lasten der deutschen Landwirtschaft erfolgen, dann begibt er sich in einen krassen Widerspruch zu den ihr gegenüber in der Regierungserklärung gemachten Zusagen. Anlage 11 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Tobaben (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Ich habe nicht ums Wort gebeten, um hier einmal wieder reden zu können. Ich möchte aber trotzdem noch ganz kurz auf die besonders prekäre Lage im deutschen Obstbau aufmerksam machen, weil hier die Schwierigkeiten eine schnelle Hilfe erfordern! Es gibt kaum einen Wirtschaftszweig in unserem Berufsstand, in dem sich die Abwertung des Franc und die Aufwertung der DM so hart ausgewirkt hat wie im Obstbau. Die zum Ausgleich des Verlustes in der Zeit des flexibleren Wechselkurses zugesagten 19 Millionen DM stehen meines Wissens immer noch nicht zur Auszahlung zur Verfügung, weil verwaltungsmäßige und EWG-Schwierigkeiten noch nicht überwunden sind. Dazu kommt als eine besondere Erschwerung, daß, in der Hoffnung auf den deutschen Markt, besonders in den Partnerländern der EWG eine erhebliche Ausweitung im Obstanbau vollzogen wurde. Die stark gestiegenen Erträge streben jetzt auf den Markt und führen zu einem harten Verdrängungswettbewerb. In dieser Situation muß der deutsche Obstbauer erwarten, daß ihm die gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen eingeräumt wird wie in den Partnerländern. Wir fordern in einem Antrag, daß der heute weit überhöhte Einheitswert im Obstbau um 50 % gesenkt wird. Man kann es den Obtsbauern nicht mehr zumuten, auf den Einheitswerten beruhende Steuern aus der Substanz zu bezahlen. Der Obstbau ist besonders lohnintensiv. Die Löhne sind überdurchschnittlich gestiegen, ebenso die Sozialleistungen und die anderen Aufwendungen. Dabei sind die Erzeugerpreise gefallen, für Tafeläpfel bis zu 50 %. Daß sich die neuerlichen Zinserhöhungen in dieser Situation gravierend auswirken, bedarf kaum einer Erwähnung. Die zur Zeit doppelt so hohen Lagerbestände bei Tafeläpfeln wie im Vorjahr erfordern darum eine sofortige Ausnutzung aller Möglichkeiten, die uns im Rahmen der EWG gegeben sind. Jede Apfeleinfuhr aus Drittländern in die Gemeinschaft sollte nach der V.O. 2513 EWG verhindert werden. Auch eine Intervention in der Bundesrepublik nach Verordnung 2515/69 EWG sollte sofort in Erwägung gezogen werden. In den Obstanbaugebieten gilt es der zunehmenden Hoffnungslosigkeit zu begegnen. Eine Umwandlung der kurzfristigen Kredite in tragbare längerfristige Verpflichtungen scheint mir dabei unerläßlich zu sein. Im größten zusammenhängenden Obstbaugebiet an der Niederelbe kommt durch die Wasserhypothek noch eine weitere Belastung hinzu, die die Wettbewerbsfähigkeit erheblich erschwert. In den übrigen Bereichen der Landwirtschaft haben wir im Küstenplan durch die Übernahme der Abgaben für den Lastenausgleich auf den Staat wenigstens einen gewissen Ausgleich zu schaffen versucht. Wegen der damals günstigeren Lage auf diesem Sektor wurde der Obstbau dabei ausgenommen. Was damals durchaus verständlich war, ist heute unter ganz veränderten Verhältnissen nicht mehr zu verantworten. Wir sollten im Ausschuß prüfen, ob nicht auch der Obstbau in diesem Gebiet den übrigen Zweigen der Landwirtschaft gleichgestellt werden kann. Anlage 12 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Klee (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Die Beratende Versammlung des Europarates hat in ihrer letzten Sitzungswoche in Straßburg am 22. Januar den Entwurf des Statuts des europäischen Landwirts einstimmig verabschiedet. 1852 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 , Als Mitglied der Beratenden Versammlung geht nun meine Bitte dahin, Herr Minister, daß Sie sich doch im Ministerkomitee des Europarates mit aller Entschiedenheit dafür verwenden, damit auch dort dies so wichtige Dokument verabschiedet wird. Wie Sie wissen, messen die zuständigen Kreise der Landwirtschaft selber dieser Charta allergrößte Bedeutung bei und haben jahrelang Vorarbeit dafür geleistet. Sie ist in der Tat ein bedeutsames Dokument, das auf einer ausgezeichneten Analyse der jetzigen Situation beruht und zurecht darauf hinweist, daß diese erste Charta für Freie und Selbständige notwendig ist, weil sie aus eigener Kraft nicht mehr mit den unerhörten Anforderungen fertig werden können, die die Entwicklung an ihren Berufsstand stellt. Durch den Strukturwandel allein wird die Landwirtschaft in Europa nicht am sozialen Fortschritt beteiligt. Zusätzliche Maßnahmen sind notwendig. Hier sind sie in übersichtlicher, knapper und doch erschöpfender Weise zusammengestellt worden. Es geht nicht nur um Fragen der sozialen Sicherung wie z. B. bei Krankheit, Unfall, Invalidität oder Alter, sondern auch um Maßnahmen der Selbsthilfe, um die Chancengleichheit in Bildung und Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Natürlich begrüße ich sehr, daß in einem besonderen Artikel auf die Probleme der Landfrau eingegangen wird. Gerade sie ist vom Strukturwandel in der Landwirtschaft besonders betroffen und muß sich, gerade wenn der Betrieb vollmechanisiert ist, häufig noch größeren Anforderungen stellen. Diese Charta soll richtungweisend sein und Hilfe geben. Deshalb möchte ich Sie, Herr Minister, noch einmal eindringlich darum bitten, für eine baldige Verabschiedung durch das Ministerkomitee des Europarates Sorge zu tragen. Anlage 13 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schulhoff (CDU/CSU) zu Punkt 6 der Tagesordnung. Seit mehr als vier Jahren schleppe ich den Gedanken an Änderung des Gewerbesteuergesetzes bzw. der Anpassung dieses Gesetzes an die wirtschaftlichen Verhältnisse mit mir herum. Immer wurde mir bedeutet, wenn ich den Gesetzantrag betreffend der Nullstufe einbringen wollte, daß jetzt gerade in dem Moment nicht der richtige Zeitpunkt wäre. Alle, die ich ansprach, auch die Kollegen anderer Parteien, haben mir in der Sache recht gegeben, nur 'sagten sie eben: nicht jetzt, sondern später. 1966 verwies man mich auf die damalige schlechte Finanzlage der Gemeinden. 1967 auf die kommende Finanz- bzw. Gemeindefinanzreform, und als ich während der Behandlung der Gemeindefinanzreform im Finanzausschuß die Erhöhung des Freibetrages verlangte, da wurde mir gesagt — Sie können es selbst im Protokoll nachlesen —, das sei eine durchaus berechtigte Forderung, aber das müsse man im Rahmen der Steuerreform erledigen. Zwar wurde bekanntlich im Rahmen der Gemeindesteuerreform eine Neuverteilung ,der Gewerbesteuer vorgenommen, .aber die Nullstufe bzw. die Zwischenstufen blieben auf ihrem Stand un-verrückt stehen. In der Zwischenzeit, und zwar ,am Ende der vorigen Legislaturperiode, wurden von allen Parteien Anträge eingebracht, die zum Ziele hatten, den Freibetrag zu 'erhöhen oder, wie die SPD, zumindest die kleinen Steuerzahler, also die mit geringem Einkommen, zu entlasten. All diese Anträge sind, wie Sie wissen, nicht mehr zur Entscheidung gekommen. Als ich nun Anfang dieses Jahres hörte, daß Herr Finanzminister Möller die Gewerbesteuerreform im Rahmen einer Finanzreform ,an letzter Stelle behandeln wollte, habe ich zusammen mit Kollegen diesen Ihnen vorliegenden Antrag am 20. Januar eingebracht, und gleichzeitig hat dann tatsächlich der Finanzminister ein Papier vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß die Gewerbesteuerreform etwa im Jahre 1974, wie man so sagt, über die Bühne gehen soll. Mancher von Ihnen wird natürlich jetzt wieder sagen oder denken: der Antrag kommt nicht zum richtigen Zeitpunkt; denn jetzt haben wir nine heiße Konjunktur, einen unerhörten Preisanstieg, und eben deshalb ist der Antrag nicht konjunkturgerecht. Nun, meine Kollegen, wann soll man eigentlich einen solchen steuermindernden Antrag einbringen, wenn nicht zu einer Zeit, in 'der die Steuereinnahmen, insbesondere die Steuereinnahmen aus dem Gewerbeertrag geradezu übersprudeln? Ich entnehme dem Statistischen Wochendienst, Heft 9 vom 6. März 1970, folgendes Zahlenspiel: Gemeindesteueraufkommen 1969 = 18,8 Mrd. DM (+ 4,0 Mrd. DM oder 27,2 % gegenüber 1968) ; Gewerbesteueraufkommen 1969 = 14,2 Mrd. DM (+ 3,7 Mrd. DM oder 34,9 %. gegenüber 1968) ; Gewerbeertragssteueraufkommen 1969 = 12,07 Mrd. DM; Gemeindesteueraufkommen 4. Quartal 1969 = 6,7 Mrd. DM (+ 2,9 Mrd. DM oder 76,4 % gegenüber 4. Quartal 1968) ; Gewerbesteueraufkommen 4. Quartal 1969 — 5,5 Mrd. DM (+ 2,8 Mrd. DM oder 102,2 % gegenüber 4. Quartal 1968). Außerdem wird dieses Gesetz sicherlich nach Annahme — und ich hoffe, daß Sie mir am Ende alle Ihr Placet geben — zu einem 'Zeitpunkt verabschiedet, an dem die Konjunktur sich wieder in normalen Bahnen bewegt. Jedenfalls soll das Gesetz nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Man kann doch wohl annehmen, meine Damen und Herren, daß es dem Genie des Herrn Wirtschaftsministers mit Unterstützung des Finanzministers gelingen wird, in den nächsten Monaten die Preis- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 1853 entwicklung in den Griff zu bekommen. Oder denken Sie anders? Übrigens — ich lehne mich da an den eben genannten Wirtschaftsminister Schiller —: Es ist doch durchaus möglich, daß eine gewisse Steuererleichterung auch in die heutige konjunkturelle Landschaft paßt. Prof. Schiller hatte doch vor, zum Zwecke der Preisstabilisierung eine Senkung der Mehrwertsteuer um 1 % herbeizuführen. Das hätte übrigens zu einem Steuerausfall von über 3 Milliarden DM geführt. Daß dieses Vorhaben von Herrn Schiller nicht zum Ziele geführt hat, lag bekanntlich nicht an ihm. Entscheidend für die Beurteilung dieses Antrages aus konjunkturpolitischer Sicht ist doch die Frage, an welcher Stelle im Wirtschaftskreislauf die Mehroder Mindereinnahmen anfallen. Für den einzelnen Gewerbetreibenden bedeutet die Gesetzesänderung eine Ersparnis von maximal 915 DM, wenn man einen Hebesatz von 300 % zugrunde legt. Dieses Mehreinkommen wird nicht etwa, wie das wahrscheinlich bei einem Unselbständigen der Fall ist, dazu benutzt, durch zusätzlichen Konsum die Nachfrage anzuheizen. Vielmehr wird der kleine Gewerbetreibende, wie z. B. der Handwerker oder unser Einzelhändler an der Ecke, dem im Konkurrenzkampf gegen die Industrie oder die Supermärkte das Wasser bis zum Halse steht, den ersparten Betrag dazu benutzen, längst überfällige Investitionen zu verwirklichen. Außerdem, und das ist gerade in der jetzigen konjunkturellen Situation von Bedeutung, gibt ihm die sinkende Belastung durch eine Kostensteuer viel eher die Möglichkeit, die Preise stabil zu halten, und das ist ihm wohl in den letzten Wochen durch die Kosten der Lohnfortzahlung und durch die Schwierigkeit der vollen Überwälzung der Mehrwertsteuer schwierig genug geworden. Der Steuerausfall beträgt, wenn Sie dieses Gesetz annehmen, nach den mir gemachten Angaben eines Ministeriums brutto 650 Millionen DM. Durch die inzwischen erfolgte Gemeindefinanzreform partizipieren an diesem Ausfall Bund und Länder. Außerdem erhöht sich die Einkommensteuer entsprechend, da ja bekanntlich die gezahlte Gewerbesteuer vom Einkommen abzugsfähig ist. Per Saldo kommt auf die Gemeinden ein Ausfall von 358 Millionen DM. Das sind in etwa nach dem heutigen Stand 21/2 % der Einnahmen aus Gewerbesteuerertrag. Es ist mir bekannt — ich war selbst 12 Jahre Stadtverordneter in Düsseldorf —, daß Gesetze, die die Finanzen der Kommunen betreffen, immer ein heißes Eisen waren und noch sind. Jeder von uns kommt ja aus einer Stadt oder einem Landkreis und weiß, was für Vorwürfe ihn zu Hause erwarten, wenn er hier einer Einnahmensenkung der Kommunen seine Zustimmung gibt. Das sollte uns aber nicht daran hindern, etwas in die Tat umzusetzen, was wir als gerecht und notwendig ansehen. Schließlich bleibt, und das kann dann im Finanzausschuß ja überlegt werden, die Möglichkeit, im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs den Einnahmeverlust ausgleichen. Durch die Annahme des Gesetzes werden 345 000 Betriebe entlastet, und nur noch 41 % aller gewerbesteuerpflichtigen Betriebe werden Gewerbesteuer zahlen. Das bringt auch eine erhebliche Einsparung an Verwaltungskosten. Im übrigen wissen Sie ja, daß der Löwenanteil der Gewerbesteuer von großen Gesellschaften, von Kapitalgesellschaften, aufgebracht wird, und die werden von diesem Antrag überhaupt nicht berührt, da Kapitalgesellschaften bekanntlich keinen Freibetrag in Anspruch nehmen können. Nur am Rande darf ich darauf hinweisen, daß es Leute gibt, die behaupten, daß die Anheizung der Konjunktur hauptsächlich in den Gemeinden stattfinde und daß eine kleine steuerliche Bremswirkung der Volkswirtschaft sicherlich keinen Schaden zufügen werde. Meine Damen und Herren, 1961 wurde die NullStufe auf 7 200 DM erhöht. Seither ist sie unverändert geblieben. Der Weg von 1961 bis heute ist nicht nur mit guten Vorsätzen, sondern auch mit Beteuerungen aller Parteien gepflastert, diesen Freibetrag den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Es ist noch gar nicht lange her, daß in diesem Hause der Abgeordnete Kurlbaum von der SPD sagte — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus dem Protokoll der sogenannten Mittelstandsdebatte vom 3. Juli 1969 —: Die derzeitige Gewerbeertragssteuer hat folgende entscheidende Nachteile, die die Reform geradezu herausfordern. Die Besteuerung ist, abgesehen von unzureichenden Freibeträgen und abgesehen von einer Steigerung der Sätze im Rahmen eines noch relativ kleinen Einkommens, nicht progressiv, sondern wendet einen festen Steuersatz an. Sie widerspricht also in ihrer Grundkonzeption den modernen Vorstellungen einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. In diesem Zusammenhang weise ich auch auf eine Rede der Kollegin Funcke in der gleichen Debatte hin, in der sie ebenfalls von der Unzulänglichkeit des derzeitigen Freibetrages sprach. Wenn Sie davon ausgehen, daß der Unternehmerlohn die Verzerrungen, die durch die unterschiedliche Behandlung der Geschäftsführergehälter bei Personengesellschaften bzw. Einzelunternehmern gegenüber Kapitalgesellschaften entstehen, wenigstens ein wenig ausgleichen soll, dann sollten Sie sich einmal das Gehalt eines Geschäftsführers vor Augen führen. Keiner in diesem Haus wird der Ansicht sein, daß ein Angestellter in dieser Position bereit ist, für 7200 DM pro Jahr zu arbeiten. Nehmen Sie als Vergleichsmaßstab nur die Gehälter eines gewerblichen Angestellten der Leistungsgruppe II, der im Jahre 1961 ca. 950 DM verdiente! Dann stellen Sie fest, daß dessen Einkommen von 1961 bis 1968 um rund 50 % gestiegen ist. Wir schreiben das Jahr 1970; in der Zwischenzeit dürfte sich das Gehalt noch weiter erhöht haben. Um zu einer realistischen Größenordnung zu kommen, müßten Sie das Gehalt eines solchen Angestellten um mindestens 25 % erhöhen, wenn Sie die höhere Verantwortung, die größere zeitliche Belastung und 1854 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. März 1970 das zu tragende Risiko eines Unternehmers berücksichtigen wollen. Der Betrag von 12 000 DM ist also wirklich eine Minimalforderung, und tatsächlich handele ich mir die Mißbilligung meiner eigenen Leute ein, denn der Zentralverband ides Deutschen Handwerks fordert einen Freibetrag von 48,000 DM und der Deutsche Gewerbeverband spricht von 24 000 DM. Aber selbst wenn Sie nicht bereit sind, den Begriff des Unternehmerlohns zu akzeptieren, dann bleibt doch unbestritten, daß ein Freibetrag, der seit 1961 unverändert geblieben ist, dringend einer Änderung bedarf, um seinen ursprünglichen Zweck überhaupt noch erfüllen zu können. Ich bin fast versucht zu sagen, daß in einer Zeit, in der die meisten Leistungen des Staates den veränderten Einkomenensverhältnissen angepaßt werden, eine Dynamisierung des Freibetrags angebracht wäre. Aber so weit will ich natürlich nicht gehen. Eines bleibt doch unbestritten: eine Erhöhung der NullStufe ist zweifellos ein Akt der sogenannten sozialen Symmetrie, die in diesem Haus so oft beschworen wird. Ich habe iah Vorblatt diesen Antrag als einen Einstieg in die Gewerbesteuerreform bezeichnet. Tatsächlich ist er allenfalls ein ganz kleines Schrittchen in die Richtung einer kommenden Reform. In seiner Konzeption ist er bewußt so abgefaßt, daß er den Charakter der Gewerbesteuer nicht ändert, eine solche tiefgreifende Reform soll der zuständigen Kommission des Finanzministers überlassen bleiben. Helfen Sie bitte mit, ein Stück Steuergerechtigkeit zu verwirklichen! Stimmen Sie dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates zu, den Antrag idem Finanzausschuß — federführend — und an den Haushaltsausschuß und den Wirtschaftsausschuß zur Mitberatung zu überweisen! Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 27. Februar 1970 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Häfele zu seiner Mündlichen Frage *) Es muß grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß unsere Landwirtschaft bemüht ist, ihre gesamte Erzeugung unabhängig von der jeweiligen Anbaumethode auch im Interesse der Volksgesundheit auszurichten. Diese Bestrebungen werden durch gesetzliche und administrative Regelungen auf verschiedenen Gebieten, wie z. B. beim Pflanzenschutz und der Rückstandsbestimmung sowie bei Dünge- und Futtermitteln, unterstützt. In diesem Zusammenhang ist auch auf die gesetzliche Handelsklassenregelung hinzuweisen. Spezielle Erzeugungsrichtungen, wie die von Ihnen angesprochene, verfolgen in der Regel das Ziel, besondere Marktchancen zu nutzen. Der Anreiz hierzu muß sich deshalb auch vom Markt her ergeben. Die Erfolge solcher Erzeugungsrichtungen in unseren Nachbarländern, wie z. B. in der Schweiz, beruhen auf der Eigeninitiative der Landwirtschaft. Bei der Beantwortung Ihrer mündlichen Anfrage am 28. Januar 1970 hatte ich bereits ausgeführt, daß die Bundesregierung zwar keine Möglichkeit sieht, den „biologischen Landbau" durch spezielle Maßnahmen zu fördern, daß aber andererseits auch diese Wirtschaftsform in die allgemeinen Förderungsmaßnahmen des Bundes zugunsten der Landwirtschaft einbezogen wird, sofern die in den einschlägigen Vergabebedingungen geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. *) Siehe 26. Sitzung Seite 1118 A
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Arendt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Schellenberg, da Sie es gerade gesagt haben, brauche ich es nicht mehr zu sagen; es ist so, wie Sie sagen. Deshalb würde ich sagen: Diese finanzielle Grundlage, an der wir doch alle ein Interesse haben, wird auch in der nächsten Zeit und in die nächste Zukunft hinein solide und ausreichend fundiert sein und bleiben. Aber das entbindet uns nicht von der Verpflichtung, das zu tun, was unter dem Stichwort der größeren sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit zu verstehen ist. Hinsichtlich dieses Gesetzes ist zu sagen — das wissen auch Sie —, die 9,5 Millionen Rentner haben einen unverhältnismäßig hohen Beitrag dazu geleistet, daß die Staatsfinanzen im Jahre 1967 wieder in Ordnung gebracht wurden; das ist gar keine Frage.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn heute die Voraussetzungen geschaffen sind, daß wir durch den Wegfall des Rentnerkrankenversicherungsbeitrags den alten Zustand wiederherstellen, dann ist das auch unter dem Gesichtspunkt der größeren sozialen Gerechtigkeit zu verstehen.
    Ich habe den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung für die zügige Behandlung dieses Gesetzentwurfs zu danken. Ich kann meinerseits für die Regierung versprechen, daß wir nach der Verabschiedung durch dieses Hohe Haus und den Bundesrat alles daransetzen werden, die Auszahlung der Beträge an die Rentner recht schnell vorzunehmen, damit diese Maßnahme auch in der Praxis ihren Niederschlag findet und die Rentner in der Bundesrepublik Deutschland erkennen können, daß für sie in dieser Zeit Maßnahmen eingeleitet werden, die der größeren sozialen Sicherheit dienen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Beratung. Die Ausschußvorlage, wie sie in der zweiten Lesung behandelt worden ist, ist in der dritten Lesung nicht verändert worden. Wir kommen daher sofort zur Gesamtabstimmung.
Wer in dritter Beratung idem Entwurf eines Gesetzes über den Wegfall des von den Rentnern für ihre Krankenversicherung zu tragenden Beitrags zustimmen will, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir haben nun noch abzustimmen über Ziffer 2 des Ausschußantrages, nach dem die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt erklärt werden sollen. Ich sehe keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 5 der Tagesordnung auf:
a) Beratung des Berichts der Bundesregierung
über die Lage der Landwirtschaft gemäß § 4
des Landwirtschaftsgesetzes und Maßnahmen
der Bundesregierung gemäß Landwirtschaftsgesetz und EWG-Anpassungsgesetz
— Drucksache VI/372 —
b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nachversicherung landwirtschaftlicher Unternehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung
—Drucksache VI/438 —
Das Wort 'hat der Abgeordnete Dr. Ritz. Seine Fraktion hat gebeten, seine Redezeit auf 45 Minuten festzusetzen; dies geschieht hiermit.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Ritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum 15. Mal ist uns der Grüne Bericht der Bundesregierung vorgelegt worden, und zum 15. Mal haben wir damit Gelegenheit, wieder einmal agrarpolitische Bilanz zu ziehen und in diesem Haus auch über die agrarpolitische Zukunft zu diskutieren.
    Lassen Sie mich zuvor ein Wort des Dankes sagen — noch nicht an den Herrn Minister, denn er ist noch gar nicht da. Mein Dank gilt den zahlreichen landwirtschaftlichen Testbetrieben, die seit vielen Jahren mit zusätzlichem Zeitaufwand die Ergebnisse ihres Betriebes exakt erstellen. Mein Dank gilt auch den Beamten und Angestellten im BML, die seit Jahren diese Ergebnisse zu einem, wie ich meine, weit über die Grenzen unseres Landes hinaus beachteten agrarpolitischen Zahlen- und Kommentarwerk zusammengestellt haben. Ich meine, daß es angebracht ist, an dieser Stelle herzlich Dank zu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (den allgemeinen Bereich der Wirtschaft ökonomische, soziale und gesellschaftliche Daten, die tief hineinreichen in den Entscheidungsbereich des einzelnen Betriebes. Der einzelne Landwirt richtet sich in seinen agrarpolitischen Entscheidungen sehr stark nach den agrarpolitischen Daten; diese Entscheidungen reichen von der Planung einer Investition :bis hin zur Aufgabe des Betriebes oder gar des Berufes. Gerade deshalb, meine Damen und Herren, ist es besonders notwendig, .daß sich die Agrarpolitik durch ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und politischer Standfestigkeit auszeichnet, damit diese Daten für den Landwirt dann auch zur Orientierungshilfe werden können. Wie wichtig für die Wirtschaftspartner die ökonomischen Daten sind, wie sehr aber auch ein ständiges Hin und Her im Bereich von Maßnahmen, Prognosen und Voraussagen die Wirtschaftspartner verunsichern kann, haben wir leider alle hinlänglich in den letzten Wochen und Monaten erfahren müssen. Gerade weil die Agrarpolitik, im wesentlichen geprägt durch die CDU/CSU und getragen von MiDr. Ritz nistern der CDU und CSU, von Glaubwürdigkeit und politischer Standfestigkeit getragen war, konnte sich ein Strukturwandel in der Landwirtschaft vollziehen, und zwar geräuschlos, der sicher seinesgleichen sucht. Die von Höcherl konzipierte Agrarpolitik war richtig und erfolgreich. Ich glaube, die Daten des Grünen Berichts weisen dies aus, und zwar sowohl für die nationale als auch für die europäische Agrarpolitik. (Beifall bei der CDU/CSU. — Widerspruch bei der SPD.)




    Die Ergebnisse des Grünen Berichts 1970 sprechen ihre eigene Sprache. Man wird sich nicht mehr hinter Vorwürfen an frühere Regierungen verstekken können, um den eigenen, in der Regel doch sehr dürftigen Einstand zu verbergen, wenn es darum geht, über Agrarpolitik zu diskutieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Baron von Wrangel: Sehr gut!)

    Da ist dann von „Erbmasse" und von „Konkursverwaltung" die Rede. Nun, wer die Ergebnisse, die in diesem umfangreichen Zahlenwerk zusammengestellt sind, sorgfältig studiert, wird diese Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalten können.
    Meine Damen und Herren, Worte allein, viele auch schöne Worte, ja, auch Besuche des Bauernverbandes beim Bundeskanzler ersetzen nicht auf Dauer Politik.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Diese Erkenntnis hat inzwischen auch in einer enttäuschenden Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes .am 18. Februar ihren Niederschlag gefunden.
    Die Ergebnisse des Grünen Berichts machen für uns aber auch die ersten Erfolge des von Hermann Höcherl konzipierten Agrarprogramms sichtbar und der daraus entwickelten Komponente der regionalen Wirtschaftspolitik.

    (Zuruf von der SPD.)

    Trotz verbesserter Preis-Kosten-Relation — und dieses Ergebnis scheint mir bemerkenswert zu sein — ist die Zahl der ausgeschiedenen Betriebe im Wirtschaftsjahr 1968/69 nicht etwa kleiner geworden, sondern gegenüber dem Vorjahr sogar gewachsen, ein Beweis für die unmittelbar notwendige Koordination und Verzahnung von Agrarstruktur und regionaler Wirtschaftspolitik, aber auch ein Beweis dafür, daß auch relativ gute Preise keineswegs den Strukturwandel hemmen, sondern ebenfalls ihn sich kontinuierlich fortentwickeln lassen, worauf ich noch einzugehen habe.
    Meine Damen und Herren, wir sind auch der Meinung, daß die Agrarpolitik unseres Freundes Höcherl auch auf europäischem Parkett erfolgreich war. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, daß es ihm mit seiner zähen und cleveren Verhandlungskunst in den letzten Jahren gelungen ist, die Futtergetreidepreise entsprechend vielen wissenschaftlichen Erwägungen und Untersuchungen an den Weichweizenpreis heranzuziehen und nicht eine gegenteilige Entwicklung einzuleiten. Bestrebungen dieser Art hat es Igegeben und gibt es noch, wie wir alle wissen.
    Nun zur Würdigung der viereinhalb- bzw. fast fünfmonatigen Amtszeit unseres Bundeslandwirtschaftsministers Ertl. Herr Minister, wenn ich die Würdigung Ihrer Arbeit in einem Satz zusammenfassen sollte, so würde ich sagen: Sie bemühen sich, das Agrarprogramm Ihres Amtsvorgängers fortzuführen und haben .das vor allem auch mit Ihrer Einbringungsrede getan, haben aber durch Worte und Taten die geradlinige Fortentwicklung gebremst und gehemmt. Was zu 'beweisen ist!
    Herr Minister, Sie sind zwar nicht allein verantwortlich für die Aufwertung, wohl aber für die Folgen, die der Landwirtschaft aus der Aufwertung entstehen und entstanden sind.

    (Zuruf von der FDP: Das ist aber gelogen!)

    Wenn man berücksichtigt, daß Sie auch als Oppositionssprecher mit Ihren politischen Freunden draußen im Lande die Notwendigkeit der Aufwertung auch für die Landwirtschaft als richtig und die negativen Folgen als leicht abwendbar apostrophiert haben, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie geradezu leichtfertig in Schwierigkeiten hineingeschlittert sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es kann doch gar kein Zweifel sein, daß heute die deutsche Agrarpolitik innerhalb der EWG, innerhalb des Ministerrats an die Wand gedrückt worden ist. Nehmen Sie doch nur anstehende Preisdebatten und Preisbeschlüsse. Jeder Vorschlag in Richtung einer Preissenkung kann natürlich von den Franzosen sehr viel leichter akzeptiert und aufgefangen werden als von uns, die wir durch die Aufwertung ohnehin um. 8,5 % zurückgeworfen sind.
    Das Zweite; auch darüber ist in der Vergangenheit hier noch gar nicht gesprochen worden. Ohne die Konsequenzen voll werten zu können, muß doch gesagt werden: Was wird eigentlich nach der Übergangszeit, nach dem Wegfall der Ausgleichsmaßnahmen? Zumindest im nominalen Preisniveau hängen wir dann um rund 20 % gegenüber den Franzosen zurück. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich über diese Fragen Gedanken zu machen. Denn es ist offensichtlich abzusehen, daß die Währungs- und Wirtschaftsunion nicht in den nächsten vier Jahren Wirklichkeit wird, sondern noch acht oder zehn Jahre auf sich warten lassen wird.
    Aber, Herr Minister, wir haben auch Fragen an Sie zu den Ausgleichsmodalitäten selbst. Am 9. Februar ist in diesem Haus ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP angenommen worden — übrigens mit den Stimmen auch der Opposition —, in 'dem die Bundesregierung ersucht wird, zu prüfen, ob bestimmten Betriebs- und Unternehmensformen der Landwirtschaft, vor allem solchen mit einer relativ starken Veredelungswirtschaft, nicht Nachteile aus diesem Gesetz entstehen. Es geht ,dabei vor allem um die Frage der Abgrenzung im Bewertungsgesetz zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben und hier wieder



    Dr. Ritz
    vor allem um leistungsfähige mittelbäuerliche Betriebe, die durch ein hohes Maß an innerer Aufstockung — entsprechend vieler Empfehlungen übrigens — nun doch eine Grenze gesetzt bekommen haben, die im Hinblick auf die 3 %-Regelung über die Mehrwertsteuer für sie von allergrößter Bedeutung ist. Wir haben bis heute, Herr Minister, von Ihnen noch keine Antwort auf diesen Entschließungsantrag gehört.
    Der Herr Kollege Dr. Schmidt hat damals in der Debatte gesagt, damit kämen die Dinge nun in Ordnung. Wo bleibt die Antwort, wo bleibt die Stellungnahme der Regierung?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er darf nicht!)

    Oder, Herr Minister Ertl, sollte möglicherweise Ihre Stellungnahme, Ihre Antwort blockiert sein durch ein Versprechen, das Sie der niederländischen Regie rung gegeben haben sollen — ich betone: sollen —, wonach eine Änderung in der Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben nicht vorgenommen werden darf für den Bereich dieser 3 %-Regelung? Herr Minister — ich sage noch einmal „wenn das so wäre", ich will es nicht unterstellen, aber ich muß hier fragen —, wenn das so wäre, würden Sie damit nicht geradezu einen wesentlichen Fortschritt in der Landwirtschaft auf vier Jahre verhindern, gerade in jenen Betriebsgrößen und Typen, die mit Sicherheit auch morgen leistungsfähige Vollerwerbsbetriebe sein werden? Hierauf brauchen wir heute eine Antwort. Wir müssen alles verhindern, was einen Zustand zementiert, der viele Betriebe vom technisch-betriebswissenschaftlichen Fortschritt ausschließen würde.
    Ein Wort zur Verteilung der 920 Millionen! Bis heute liegt zwar kein Gesetz vor, aber noch früh genug, nämlich gestern, ist uns immerhin bekanntgeworden, daß nun die Kabinettsvorlage fertig ist. Sie haben ja auch in Ihrer Einbringungsrede darauf verwiesen, daß mit der Auszahlung der Gelder bis zur Mitte des Jahres zu rechnen ist. Nun, Herr Minister, die Frage ist natürlich auch, wieweit die vorgesehenen 1,7 Milliarden überhaupt dem hohen Anspruch noch gerecht werden, der Landwirtschaft einen Verlustausgleich zu gewähren, ob überhaupt noch alle Grundlagen dieser Berechnung des Ausgleichs stimmen. Ich denke hier z. B. an die Kostenentwicklung, die ja sicher nicht den erhofften Verlauf — den von Ihnen und uns erhofften Verlauf — genommen hat. Sie haben auch in den vergangenen Wochen häufiger — zumindest erinnere ich mich, es zweimal gelesen zu haben — auf die Möglichkeit hingewiesen, daß den Betrieben, die auf Grund von Buchführungsergebnissen einen höheren Verlust nachweisen, auch dieser Verlust entsprechend ausgeglichen werden solle. Nun lesen wir heute — wir müssen uns auf Zeitungslektüre beschränken —, daß davon Abstand genommen wird wegen verwaltungstechnischer Schwierigkeiten. Ich muß Ihnen sagen: verwaltungstechnische Schwierigkeiten sehe ich keine, möglicherweise aber natürlich finanztechnische. Denn in der Tat würde eine solche Regelung möglicherweise den Ansatz wesentlich sprengen.
    Herr Ministér, ein weiteres Wort zur Frage des Verlustausgleichs. Sie haben am 19. Februar 1970 hier von diesem Platz aus gesagt — ich zitiere, Herr Präsident —:
    Ich möchte sie
    — die 920 Millionen DM —
    aus vielerlei Gründen ... gern im Einzelplan 10 behalten, weil ich damit ein echtes Instrument meiner Agrarpolitik habe.
    Sie weisen dann auf den Verlustausgleichscharakter dieser Mittel hin und fahren wörtlich fort:
    Sie
    - die Bundesregierung — versteht sie
    — die 920 Millionen —
    aber auch als einen Teil einer möglichen Variante in der Agrarpolitik.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Herr Minister, ich glaube, dieser Satz muß hier heute interpretiert werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Uns scheint er nicht vereinbar mit Intention und Wortlaut des Gesetzes.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn was anders könnte er andeuten, als daß man diese Mittel möglicherweise für andere Maßnahmen abzweigen wolle? Hierauf muß heute hier Antwort gegeben werden.
    Meine Damen und Herren, ein Wort zur Agrarfinanzierung. Sie, aber auch die Minister Möller und Schiller, haben wiederholt den Versuch gemacht, die Regelung über die europäische Agrarfinanzierung als einen großen Erfolg der Bundesregierung hinzustellen. Niemand von uns zweifelt daran, daß wir einen angemessenen Beitrag zu leisten haben. Aber ich glaube, unser Kollege Wagner hat mit Recht darauf hingewiesen, daß ein Ergebnis ab 1975 von 36 bis 38 % wirklich nicht dazu angetan ist, auf Erfolgseuphorie zu machen,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    sondern daß es uns sehr schwerfällt, zu den sich abzeichnenden Belastungen unser Jawort zu geben. Aber auf diese Dinge müssen wir im 'einzelnen noch zu sprechen kommen; diese Regelung bedarf ja der Zustimmung dieses Hauses.
    Herr Minister, Sie stehen zur Zeit vor schwierigen preispolitischen Verhandlungen in Brüssel. Im Gegensatz zu FDP-Oppositionszeiten wollen wir Sie heute nicht auf einen hundertstel Pfennig bei der Preisfestsetzung festlegen. Wir wollen Sie auch nicht zu einer Politik ,des leeren Stuhls ermuntern, wenn Ihre Vorstellungen nicht voll durchsetzbar sind. Aber wir können uns des Eindrucks doch nicht erwehren, daß in dieser Frage zur Zeit in dieser Regierung ein Spiel mit gezinkten Karten stattfindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Pfui!)




    Dr. Ritz
    — Meine Damen und Herren, wie anders wollen Sie es denn erklären, daß der Herr Bundesminister immer wieder mit Nachdruck darauf verweist, daß es für die Deutschen nicht zumutbar ist, mit den Preisen, etwa bei Weichweizen, herunterzugehen, während fast gleichzeitig der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium in der Tagesschau am 7. März

    (Zuruf des Abg. Wienand)

    im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Außenministerrates, im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen sagt: „Wir hoffen, daß das Preisniveau bis dahin niedriger sein wird,

    (Abg. Wienand: Wer hofft das nicht?)

    woran wir ja jetzt arbeiten." — Ach, Sie hoffen das auch, Herr Kollege Wienand? Aha!

    (Zurufe von der SPD.)

    — Nein, nein, es ging um das Erzeugerpreisniveau, Herr Kollege Wienand, daran ist in diesem Zusammenhang gar kein Zweifel.

    (Dr. Stark [Nürtingen] : Das eine ist für die Bauern, und das andere ist für die Öffentlichkeit!)

    Meine Damen und Herren, das geht eben nicht. Man kann in der Frage des Erzeugerpreisniveaus nicht vor Landwirten immer sagen: „Wir sind für hohe Preise" und dann, wenn man bei anderen Gruppen ist, sagen: „Wir sind für niedrige Preise."

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    Das ist doch der Punkt, und dazu muß hier und heute klipp und klar etwas gesagt werden. Ich bin der Meinung, hier sind so gravierende Widersprüche in den Aussagen,

    (Zuruf von der SPD: Nein!)

    daß wir vom Bundeskanzler auch erwarten, daß er ein klärendes Wort in seiner Regierung spricht und für Klarheit sorgt.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Kann er nicht!)

    Das ist nämlich das, was viele Landwirte draußen unsicher macht, unsicher bis in ihre betrieblichen Planungen und Entscheidungen hinein. Deshalb muß diese Ungewißheit beseitigt werden.
    Herr Minister Ertl, hier in diesem Hause ist zwar schon der Haushalt Ihres Ressorts kurz debattiert worden. Aber da gerade im Einzelplan 10 am deutlichsten wird, wie die geradlinige Fortentwicklung der Agrarpolitik gebremst wird, scheint es mir unbedingt notwendig, auch an dieser Stelle ein Wort zu sagen; und zwar gebremst nicht nur im Hinblick auf einzelne Titel, sondern gebremst im Hinblick auf die gesamte Konzeption.
    Einzelne Punkte möchte ich hier herausgreifen. Ich bin neugierig, wann die Landwirtschaftsämter diesmal die Richtlinien für Investitionsförderung bekommen. Wahrscheinlich, wenn das Haushaltsjahr zu Ende geht! Aber es wird wieder regiert, und zwar kraftvoll!

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen].)

    — Das war nun nicht meine Formulierung, Herr Kollege Schäfer, sondern das stammt von Herrn Kollegen Ertl und ist in diesem Hause in einer Sitzung am 16. März 1967, in einer Debatte zum gleichen Thema wie heute gefallen.
    Es gibt nur einen entscheidenden Unterschied. Damals mögen die Richtlinien spät gekommen sein, aber sie kamen. Damals war vor allem Geld da, nämlich 110 Millionen DM. In diesem Jahr sind aber weder Richtlinien noch Geld da. Man muß sich natürlich fragen, ob es notwendig ist, für die 10 Millionen DM im Rahmen der Aktion 70 und die 20 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen noch Superminirichtlinien zu schaffen.
    Herr Minister Ertl, die Länge der entsprechenden Passage in Ihrer Einbringungsrede bezüglich Investitionshilfe und einzelbetrieblicher Förderung steht nun in der Tat in umgekehrtem Verhältnis zu dem Mittelansatz.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Wie ist es mit der Regierungserklärung? Da wurde doch mehr versprochen!)

    — Darauf kommen wir noch. (Abg. Wienand: Wieso umgekehrt?)

    — Lieber Herr Wienand, ich will es Ihnen gerne erklären. Die Erklärung war sehr lang, aber die Mittel sind, wenn Sie so wollen, sehr kurz. Ich denke vor allem an die Positionen vor dem Komma.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Große Worte, kleine Taten!)

    Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Einbringungsrede vor allem die Bedeutung der Zinsverbilligung herausgestellt. Auch wir messen der Zinsverbilligung eine hohe Bedeutung zu, fragen uns allerdings, ob es sinnvoll ist, etwa auf die Investitionshilfe zu verzichten, wenn wir gleichzeitig sehen, daß sich z. B. die Investitionsförderung im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung — bis zu 25 % der Investitionssumme — hervorragend bewährt, und wenn wir gleichzeitig sehen, daß natürlich bei einem Wegfall dieser Investitionshilfen die kreditmäßige Belastung der Betriebe in einem ungeheuren Maße strapaziert würde.
    Herr Minister, ein Blick auf die Förderungsmittel insgesamt zerstört die Legende von einem optimalen Haushaltsvolumen. Ich nenne einige Zahlen: Verbesserung der Agrarstruktur minus 65 Millionen DM,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Modernisierung der betrieblichen Ausstattung minus 71 Millionen DM,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    landwirtschaftliche Sozialpolitik minus 48 Millionen DM,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Rationalisierung der Vermarktung minus 77 Millionen DM, Verbesserung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung minus 172 Millionen DM. Darunter nun, meine Damen und Herren,



    Dr. Ritz
    findet sich ein Plus von 920 Millionen DM für den Aufwertungsausgleich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der rote Faden!)

    Verehrter Herr Minister, wir meinen nach wie vor, daß die 920 Millionen DM in den Einzelplan 60 eingestellt werden sollten. Sie sind ja anderer Meinung; es ist aber geradezu eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn man sie unter der Position „Verbesserung der Einkommenslage" etatisiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Rawe: Das sind so die schönen Tricks!)

    Herr Minister, das ist Augenauswischerei und Ihrer doch immer auf Wahrheit und Klarheit angelegten politischen Konzeption nicht würdig. Das muß weg aus dieser Position.

    (Abg. Saxowski: EWG-Anpassungsgesetz und Getreidepreisausgleich! — Weiterer Zuruf von der SPD: Dazu kann er nichts sagen, da weiß er nichts! — Zuruf von der CDU/CSU: Das nach dieser Regierungserklärung!)

    — Stellen Sie Zwischenfragen; ich werde mich gar nicht schwer tun, Kollege Saxowski, Ihnen dann eine Antwort zu geben. Aber ich lasse mich nicht aus dem Konzept bringen.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Natürlich kommt das alles noch, Kollege Schmidt.
    Meine Damen und Herren, auch wir halten eine bessere Koordinierung von Agrarstruktur, Infrastruktur und regionaler Wirtschaftsförderung für notwendig. Der Herr Minister hat diese Notwendigkeit in der Einbringungsrede unterstrichen. Wir stimmen dem zu. Herr Minister, allerdings verliert diese Aussage natürlich in hohem Maße an Glaubwürdigkeit, wenn gleichzeitig die Mittelansätze für jene Programme, die sich seit mehr als zehn Jahren bemühen, genau dieses Ziel zu erreichen, entsprechend gekürzt werden. Ich denke an die Regionalprogramme Nord, Emsland, aber auch an die Programme für die von der Natur benachteiligten Gebiete.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Vorsitz : Vizepräsident Frau Funcke.)

    Also in der Tendenz, in Ihrem Wollen haben Sie unsere Unterstützung; das muß man dann allerdings auch finanziell entsprechend zum Ausdruck bringen.
    Sie haben in der Einbringungsrede der Sozialpolitik im landwirtschaftlichen Bereich einen hohen Rang eingeräumt. Auch hier können wir nur zustimmen. Das gilt sowohl für jene, die auch in Zukunft Vollerwerbslandwirte sein werden, wie für jene, die im Zuge des Strukturwandels nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sein werden. Dieser Priorität allerdings wird weder der Haushalt 1970 noch die mittelfristige Finanzplanung gerecht. Gerade im sozialpolitischen Bereich müssen wir uns endlich daran gewöhnen, meine Damen und Herren,
    daß es ohne wesentliche Erhöhung der öffentlichen Mittel keine Ergebnisse geben kann.

    (Abg. Struve: Sehr richtig!)

    Man kann der Landwirtschaft nicht ständig empfehlen, sich den strukturellen Veränderungen anzupassen — so steht es im Agrarprogramm —, und gleichzeitig die notwendigen, auch sozialpolitischen, Konsequenzen daraus nicht ziehen wollen. Auf dem Gebiete der Sozialpolitik kann man nicht husten wollen und gleichzeitig das Mehl im Mund behalten. Das ist einfach unvereinbar. Hier muß man unter Umständen klotzen, weil es anders nicht geht.
    Herr Minister, noch ein Wort zum Haushalt. Sie feiern die angeblich zusätzlichen 389 Millionen DM als Erfolg Ihrer Politik. Dabei wird oft der Eindruck zu erwecken versucht — ich will nicht gerade sagen, nur von Ihnen, aber z. B. auch in dem grünen Blättchen „Agrarpolitischer Rundbrief der Freien Demokratischen Partei" ; ich kann mich nur wundern, wer noch glaubt, was darin steht —, als handle es sich bei diesen 389 Millionen DM um eine Summe, die zusätzlich zum Haushalt 1969 gegeben wird. Davon kann natürlich keine Rede sein. Es handelt sich lediglich um eine Aufstockung der in der alten mittelfristigen Finanzplanung für 1970 vorgesehenen Mittel. Wir wissen doch alle — das sollte auch in den anderen Fraktionen respektiert werden —, daß sowohl der damalige Bundesfinanzminister wie der damalige Landwirtschaftsminister wie der damalige Bundeskanzler, Herr Strauß, Herr Höcherl und Herr Kiesinger, übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß bei der Fortschreibung der mittelfrisitgen Finanzplanung sowohl im Hinblick auf die EWG-Finanzierung wie auch im Hinblick auf die nationale Agrarpolitik eine wesentliche Anhebung der Mittelansätze erforderlich ist. Es war die Rede von 500 Millionen DM. Der amtierende Bundesfinanzminister, Herr Möller, hat hier noch während der Aussprache zur Regierungserklärung keinen Zweifel daran gelassen, daß er sogar die Einstellung von zusätzlichen 530 Millionen DM für absolut erforderlich hält. Hier kann man also wohl nicht von einem großen Erfolg sprechen.
    Meine Damen und Herren, ich weiß natürlich sehr gut, daß wir alle in diesem Haus, Regierung und Parlament, Koalition und Opposition, gleichermaßen vor dem Zwang stehen, einen konjunkturgerechten Haushalt zu erstellen. Das Konjunkturbild in Regionen und Sektoren weicht natürlich wesentlich von den Globalwerten der Konjunktur ab. Es kann gar kein Zweifel sein, daß strukturverbessernde Maßnahmen in regional schwachen Räumen nicht die Konjunktur stimulieren, sondern sie eher positiv ausbalancieren. Diesen Haushalt haben wir auch unter dieser Perspektive der gesamtkonjunkturellen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung einzelner Regionen und Sektoren zu würdigen, und da kommen wir zu dem Ergebnis, daß der Einzelplan 10 trotz des Zwanges, beim Haushalt konjunkturgerecht zu verfahren, nicht den Anforderungen gerecht wird. Wann wollen wir denn Strukturpolitik — jetzt im weitesten Sinne: Agrarstruktur- und regionale Wirtschaftsstrukturpolitik — treiben, wenn nicht im Zeichen der Hochkonjunktur? Im Zei-



    Dr. Ritz
    chen der Rezession ist natürlich kein Geld da. Wir müssen also in der Hochkonjunktur für eine sinnvolle Ausbalancierung des Gesamtkonjunkturbildes Sorge tragen.
    Damit bin ich schon bei dem Strukturwandel, meine Damen und Herren. Der Agrarpolitik der Vergangenheit wird häufig der Vorwurf gemacht —nicht von Ihnen, Herr Minister, aber etwa im Jahresgutachten der Sachverständigen zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, leider aber auch vom Herrn Kollegen Schonhofen in diesem Hause am 26. Februar 1970 —, sie sei nur konservierend und auf die Erhaltung überkommener Strukturen ausgerichtet gewesen.

    (Abg. Saxowski: Stimmt ja auch!)

    Meine Damen und Herren, wir weisen diesen Vorwurf auch hier und heute noch einmal in aller Schärfe zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD: Das stimmt doch! — Ihr habt doch nichts gemacht!)

    Nehmen Sie bitte alle selbst die Grünen Berichte zur Hand! Studieren Sie die Zahlen über die Verminderung der Betriebe! Studieren Sie die Zahlen über die gewandelten Existenzformen der Betriebe zueinander!

    (Zurufe von der SPD.)

    Studieren Sie die Zahlen über die Abwanderung der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte! Hierbei handelt es sich um eine Bewegung von mehr als zwei Millionen Menschen in einem Zeitraum von nicht einmal 20 Jahren.

    (Abg. Saxowski: Was haben Sie vorher dafür getan? — Weitere anhaltende Zurufe von der SPD.)

    Diese Zahlen, meine Damen und Herren, sprechen eine deutliche Sprache und werden keineswegs dem Vorwurf gerecht, daß der Strukturwandel nicht gefördert, sondern die Strukturen nur einseitig verfestigt worden seien.
    Der Landwirtschaft ist in den letzten 15 Jahren ein die Grenzen des sozial Tragbaren vielfach überschreitendes Maß an Anpassung abverlangt worden, das von ihr auch geleistet wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dafür gebührt vor allem den Betroffenen Dank, zumal wenn man bedenkt, daß sich dieser Strukturwandel vor einer breiten Öffentlichkeit lautlos vollzogen hat. Wir werten diese Entwicklung aber auch als Zeichen einer guten Politik. Auch wir wissen, daß sich der Strukturwandel fortsetzt und fortsetzen muß. Aber — und dabei bleiben wir trotz aller Prognosen, trotz aller Pläne —: Er wird sich nur dann ökonomisch und sozial verantwortbar fortsetzen können, wenn es uns in gleichem Maße gelingt,, im ländlichen Raum, in der gewerblich-industriellen Struktur und in der Infrastruktur hinreichend Alternativen bereitzustellen. Das war das
    Ziel unserer Politik, und es sollte auch in Zukunft das Ziel unserer Politik bleiben.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Im letzten Jahr! — Weitere Zurufe von der SPD und Gegenrufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang und oft von den gleichen Personen und Personengruppen wird immer wieder der Vorschlag gemacht, man solle doch endlich durch eine drastische Preissenkungspolitik den Strukturwandel beschleunigen und kanalisieren. Nur aus falscher Rücksichtnahme habe die offizielle Politik von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Wir sind diesen Weg nicht gegangen, weil wir keinen Mut gehabt hätten, auch nicht nur, weil wir diesen Weg sozial und ökonomisch nicht für zumutbar gehalten hätten, sondern weil wir ihn strukturpolitisch für falsch gehalten haben. Sehr viele Wissenschaftler im In- und Ausland kommen zu dem Ergebnis, daß gerade im Hinblick auf den gewünschten Strukturwandel auch der Preispolitik — darüber besteht kein Zweifel — eine wichtige Bedeutung zuerkannt werden muß. Ich möchte mich auf ein Zitat der Professoren Weinschenk und Meinhold beschränken. Diese haben gesagt:
    Aus der Sicht der Strukturpolitik gibt es eine obere und eine untere Preisgrenze, deren Beachtung Voraussetzung für die Fortsetzung des Strukturwandels ist. Die obere Grenze wird durch die Notwendigkeit bestimmt, einen Abwanderungsanreiz für kleinere Größenklassen aufrechtzuerhalten, die untere Grenze ist dadurch gegeben, daß in den mittleren und größeren Betrieben eine hinreichende Liquidität zur Finanzierung der im Strukturwandel unerläßlichen Investitionen erhalten bleiben muß. In der Bundesrepublik ist die untere Preisgrenze bereits erreicht oder gar unterschritten.
    Dieses Buch wurde im Jahre 1968/69 verlegt.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben sehr dankbar registriert, daß gerade Herr Minister Ertl preispolitischen Vorstellungen, wie sie auch im Jahresgutachten enthalten sind, hier eine klare Absage erteilt hat und auch überall dort erteilt, wo er über Agrarpolitik spricht. Wir hätten allerdings erwartet, daß die Dinge auch im Jahreswirtschaftsbericht, auf den ich gleich noch zu sprechen komme, anders dargestellt worden wären.
    Die strukturpolitisch negative Folge einer solchen Politik des massiven Preisdrucks wäre zweifelsohne die, daß gerade die leistungsfähigen, auf Rentabilität angewiesenen Betriebe aus der Produktion heraus müßten, während in den Kleinst- und Nebenerwerbsbetrieben, wo Rentabilitätsgesichtspunkte eine untergeordnete Rolle spielen, die Produktion möglicherweise nicht nur stagnieren, sondern sogar noch angereizt würde. Wir würden also strukturpolitisch genau den negativen Effekt durch eine solche Politik erzielen.
    In diesem Zusammenhang — meine Damen und Herren, ich meine, das gehört in eine solche Debatte hinein — müssen wir uns auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen — das ist jetzt alles nicht an den



    Dr. Ritz
    Bundesminister gerichtet, aber doch an die Diskussion in der breiten Öffentlichkeit —, daß die Agrarpreispolitik in den letzten Jahren auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen worden sei. Meine Damen und Herren, diesen Vorwurf wird und kann nur der erheben, der etwa das Agrarpreisniveau innerhalb der EWG mit dem Weltmarktpreisniveau vergleicht. Wer aber weiß, daß der Weltagrarmarkt schon lange zu einem Dschungel der Manipulation, der versteckten und offenen Interventionen geworden ist, wird uns sicher recht geben, wenn wir feststellen, daß diese Vergleiche einfach nicht möglich sind. Vergleicht man hingegen die Ausgaben privater Haushalte für Nahrungsmittel im Verlauf des letzten Jahrzehnts, so haben wir ein völlig anderes Bild. Dann stellen wir nämlich fest, daß trotz qualitativ wesentlich besserer Ernährung die Ausgaben für Nahrungs- und Genußmittel des privaten Haushalts von 43 % im Jahre 1952 auf 34 % im Jahre 68/69 gesunken sind. Wenn Sie die Genußmittelpreise wegnehmen, kommen Sie auf einen Satz von 28 bis 29 %.
    Meine Damen und Herren! In dem Zusammenhang spielen allerdings auch eine wesentliche Rolle die Anteile des Erzeugerpreises im Verbraucherpreis. Wir wissen doch seit langem, daß im Durchschnitt nur noch 50 % des Erzeugerpreises im Verbraucherpreis enthalten sind. Wir wissen, daß z. B. bei den Mehlprodukten dieser Anteil nur 25 % beträgt und daß damit natürlich Senkungen auf der Erzeugerpreisstufe nicht entsprechend auf die Verbraucherpreisstufe durchschlagen. Wir alle hier haben das sehr leidvoll in den vergangenen Wochen im Zuge der Aufwertung erfahren müssen. Ich glaube, hier haben sich sonst auch ' wirtschaftspolitisch sehr kluge Leute doch sehr geirrt. Ich darf nur daran erinnern, daß auch Herr Schiller dem Irrglauben erlegen war, daß nicht zuletzt die Aufwertung zu einem wesentlichen Sinken der Nahrungsmittelpreise führen würde.
    Herr Bundesminister Ertl hat gestern sehr zu Recht, glaube ich, dargestellt, daß die Erzeugerpreise von Dezember auf Januar um 3,5 % gefallen sind, während die Verbraucherpreise um 1,4 oder 1,5 % gestiegen sind. Das Böse daran ist nur, daß sowohl die Bauern wie die Hausfrauen die Gelackmeierten dieses Schillerschen Irrglaubens geworden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Kiep: Wie so viele andere!)

    Herr Minister, wir hätten allerdings von Ihnen erwartet, daß Sie klar, begründet und entschieden die entsprechenden Vorstellung im Jahreswirtschaftsbericht zurückgewiesen hätten. Von Ihnen, dem Landwirtschaftsminister der FDP, durften wir das um so mehr erhoffen, als wahrscheinlich ja auch Sie verantwortlich zeichnen für das Zehn-Punkte-Agrarprogramm der FDP, in dem es z. B. unter Punkt 3 heißt:
    Eine auf die Kostendeckung ausgerichtete aktive Erzeugerpreispolitik ist nach wie vor das Kernstück landwirtschaftlicher Einkommenspolitik.

    (Abg. Baron von Wrangel: Das ist der grüne Klecks in der roten Landschaft!)

    Zur Durchsetzung höherer Erzeugerpreise erwartet die FDP eine härtere Verhandlungsführung der Bundesregierung im Ministerrat der EWG.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich kann nur sagen: à la bonne heure! Landgraf, werde hart! Das ist heute an Sie selbst gerichtet.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist nicht leicht. Wir wollen hier keineswegs die Schwierigkeiten verniedlichen.

    (Abg. Peters [Poppenbüll] : Sie denken wohl an Ihre eigene Erfahrung!)

    — Ach was, Herr Peters, machen Sie sich nur keine Sorgen!
    In den entsprechenden Passagen des Jahreswirtschaftsberichts, Herr Minister — das soll hier noch kurz gesagt werden —, haben offensichtlich nicht Sie die Feder geführt, auch nicht Ihr Haus, sondern das Wirtschaftsministerium. Wie anders wäre sonst wohl ein Satz entstanden wie dieser — und ich möchte Sie fragen, Herr Minister, ob Sie diesem Satz zustimmen —:
    Für den Landwirt dürfte es zweitrangig sein, ob sich das wirtschafts- und sozialpolitisch notwendige Einkommen aus überhöhten Preisen auf Kosten des Verbrauchers oder aus niedrigen Preisen zu Lasten des öffentlichen Haushalts herleitet.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen]: Staatsrentner!)

    Die Anpassung der Preispolitik an die Angebots- und Nachfrageverhältnisse auf den einzelnen Märkten kann nur behutsam erfolgen und muß von Maßnahmen der Struktur- und Sozialpolitik begleitet sein.
    Ich habe bewußt so lang zitiert, damit man mir nicht den Vorwurf macht, ich hätte das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen.
    Immerhin bleibt zu fragen: Herr Minister, glauben auch Sie, daß es dem Landwirt zweitrangig oder egal ist, ob er sein Einkommen über den Markt oder über öffentliche Mittel erwirtschaftet, gerade dem tüchtigen, durch ständige Leistungsverbesserung die Zukunft gewinnenden Landwirt? Glauben Sie wirklich, daß die derzeitigen Preise zu Lasten des Verbrauchers überhöht sind? Auch darauf sollten Sie hier und heute eine deutliche Antwort geben, weil das für die agrarpolitische Diskussion und für die gesamte Bewußtseinsbildung und Willensbildung der bäuerlichen Bevölkerung von größter Bedeutung ist.
    Sie haben, Herr Minister — auch das muß ich in diesem Zusammenhang sagen — teilweise in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, einmal auch im Ausschuß — nicht konkret, aber doch immerhin andeutungsweise —, daß man sich vorstellen könne, daß das englische Agrarsystem, das englische Stützungssystem auch auf die EWG übertragen werden könne. Herr Minister, wir würden hier zumindest zu mehr Vorsicht raten. Der Selbstversorgungsgrad der EWG, und zwar mit oder ohne Großbritannien, ist so hoch, daß damit Finanzprobleme auf uns zukom-

    Dr. Ritz
    men, die im Vergleich zu dem, was wir jetzt haben, noch größere Belastungen, noch größere Schwierigkeiten auf uns alle zubringen würden.
    Auch wir wissen, Herr Minister, wie eng der Spielraum für Sie ist, bei den Überschußprodukten eine preispolitische Linie zu vertreten, die der in unserem Antrag niedergelegten entspricht. Doch meinen wir, daß nicht zuletzt die Folgen der Aufwertung uns dazu zwingen, Sie zu bitten, dafür zu sorgen, daß alles unterbleibt, was zu einer auch nur geringfügigen Senkung des deutschen Erzeugerpreisniveaus führen könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Hier sind die Landwirte ohnehin hinlänglich getroffen.
    Ich muß noch einen Satz aus dem Jahreswirtschaftsbericht zitieren, der mir für die Zukunftsentwicklung nicht unwichtig zu sein scheint. Dort steht folgender Satz, den wir für bedenklich halten:
    Der Anteil der Drittlandlieferungen am Verbrauch in der Gemeinschaft sollte aufrechterhalten bleiben.
    Meine Damen und Herren, dieser Satz, so hingestellt, könnte natürlich den Eindruck erwecken, als käme es jetzt darauf an, die expandierenden Kräfte der Agrarwirtschaft in Europa zu drosseln zugunsten anderer Agrarwirtschaften in anderen Bereichen der Welt. Wir wollen gar nicht die Problematik verkennen, die mit den ganzen Handelsströmen verbunden ist. Nur, eine so einseitige Willenserklärung der Bundesregierung scheint uns doch in hohem Grade bedenklich zu sein. Denn hier liegen Probleme, die nur durch weltweite Verhandlungen überhaupt angepackt und eines Tages gelöst werden können.
    Meine Damen und Herren, ein Wort zur Marktpolitik. Wir freuen uns, daß Sie das Marktstruktur- und Absatzfondsgesetz als moderne Instrumentarien der Marktpolitik begrüßen.

    (Abg. Marquardt: Das haben Sie lange genug verzögert!)

    Wir freuen uns, daß Sie diese Erkenntnis gewonnen haben. Denn wir erinnern uns, daß Sie mit Ihren Freunden dem Fondsgesetz damals Ihre Zustimmung glaubten verweigern zu müssen. Auch wir meinen, daß es nun darauf ankommt, diese Instrumente zu nutzen, sowohl über die CEMA als auch über die Erzeugergemeinschaften im Hinblick auf die Produktionsorganisation innerhalb der Landwirtschaft.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Große Einigkeit!)

    — Ich bedanke mich.
    Ein Wort zu den Betriebs- und Unternehmensformen. Wir freuen uns, daß Sie in der Interpretation Ihrer Modellberechnung nicht irgendwelchen Schrumpfungseuphorien erlegen sind. Es gibt eben nicht d a s Modell, das es gilt, in Zukunft betriebswirtschaftlich anzustreben. Die Praxis hat schon heute vielgestaltige Betriebs- und Unternehmensformen entwickelt, so daß jedes Optieren für eine Form sicher falsch wäre. Wir müssen hier den freien
    Kräften, die in der landwirtschaftlichen Unternehmensinitiative liegen, vollen Spielraum lassen. Daß in dieser Entwicklung verschiedene Formen der überbetrieblichen Zusammenarbeit eine entscheidende Rolle spielen, wissen wir alle. Sie entsprechend zu fördern, auch die entsprechenden gesetzgeberischen Konsequenzen zu ziehen, ist notwendig. Wir werden Sie hierbei unterstützen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen. Der Grüne Bericht 1970 ist ein Dokument, das sichtbar macht, daß der jetzigen Bundesregierung ein im ganzen positives Erbe hinterlassen worden ist. Durch Fakten und Signale in den letzten viereinhalb Monaten stehen wir allerdings in der Gefahr, positive Entwicklungen der letzten Jahre zu hemmen. Die CDU/CSU-Fraktion wird stets bereit sein, an der Lösung schwerwiegender wichtiger Aufgaben im Bereich der Landwirtschaft mitzuhelfen, wenn sie davon überzeugt ist, daß die Dinge, die Sie uns vorschlagen, richtig und notwendig sind. Wenn Sie mit Ihren Initiativen zeitlich zu lange in Verzug bleiben, werden wir von uns aus die notwendigen parlamentarischen Initiativen entwickeln, um auch aus unserer Verantwortung als Opposition das zu tun, was wir dem Wohle unserer Landwirtschaft, dem Wohle unserer Gesellschaft schuldig sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)