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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 17. Februar 1970 Inhalt: Anteilnahme an dem Anschlag auf das Altersheim der israelitischen Kultusgemeinde in München 1245 A Überweisung einer Vorlage an den Haushaltsausschuß 1245 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Berlin, Dr. von Nordenskjöld, Dr. Erhard, Frau Seppi und Becker (Pirmasens) 1245 B Amtliche Mitteilungen 1245 C Beratung des Jahresgutachtens 1969 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache VI/100) in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1970 der Bundesregierung (Drucksache VI/281) Dr. Schiller, Bundesminister 1247 B, 1297 A, 1328 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) 1255 A Kienbaum (FDP) 1263 B Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) (zur GO) 1267 B Junghans (SPD) 1267 B, 1323 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) 1272 A Brandt, Bundeskanzler 1281 C Mertes (FDP) 1282 D Dr. Schachtschabel (SPD) 1284 B Höcherl (CDU/CSU) 1288 A Dr. von Dohnanyi (SPD) 1294 D Graaff (FDP) 1303 D Zander (SPD) 1304 C Dr. Luda (CDU/CSU) 1306 D Lenders (SPD) 1310 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) 1313 C Rosenthal (SPD) 1314 B Gewandt (CDU/CSU) 1316 B Wolfram (SPD) 1318 B Springorum (CDU/CSU) 1321 A Dr. Frerichs (CDU/CSU) 1322 C Dr. Warnke (CDU/CSU) 1324 A Wehner (SPD) 1325 B Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 1326 C Nächste Sitzung 1330 II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Februar 1970 Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten 1331 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Zusatzfrage des Abg. Niegel betr. Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände 1331 B Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Zusatzfrage des Abg. Meister betr. Freigabe von Wohnungen durch die Stationierungsstreitkräfte 1331 D Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Strohmayr betr. Wohngeld für Sozialhilfeempfänger 1332 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Breidbach betr. Kompetenzen in bezug auf Hilfsmaßnahmen für Nigeria 1332 B Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Wulff betr. Hilfsmaßnahmen für Biafra 1332 C Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Petersen betr. Verfolgung von Mängelrügen durch Käufer von Eigentumswohnungen und Eigenheimen im Prozeßwege 1332 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Baier betr. Maßnahmen gegen den Mietwucher 1333 A Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Mertes betr. Übergang von mit Bundesmitteln geförderten Wohnungen in Privatbesitz 1333 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Februar 1970 1245 29. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adams * 17. 2. Adorno 20. 2. Dr. Artzinger * 17. 2. Dr. Bayerl 28. 2. Behrendt * 17. 2. Biechele 28. 2. Dr. Dittrich * 20. 2. Frehsee 28. 2. Geldner 20. 2. Freiherr von und zu Guttenberg 20. 2. Hauck 28. 2. Kater 20. 2. Memmel * 20. 2. Müller (Aachen-Land) * 20. 2. Dr. Prassler 20. 2. Richarts * 19. 2. Schirmer 17. 2. Stücklen 18. 2. Vogel 17. 2. Dr. Freiherr von Weizsäcker 20. 2. b) Urlaubsanträge Burgemeister 31. 3. Dohmann 31.3. Dr. Pohle 28. 2. Schröder (Sellstedt) 6. 3. *Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Ertl vom 28. Januar 1970 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Niegel zu seiner Mündlichen Frage *). Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e. V., Bonn, (AGV) ist ein Zusammenschluß von 20 Verbänden und Organisationen, die sich laut Satzung überwiegend mit Verbraucherfragen beschäftigen; die Finanzierung erfolgt durch Mitgliedsbeiträge, Verkaufserlöse der Publikationen und zweckgebundene Zuwendungen der öffentlichen Hand für spezielle Aufklärungsmaßnahmen. Die AGV erhält vom BML keine globalen Zuschüsse zur Deckung ihrer laufenden Personal- und Sachkosten. Die AGV verfügt über gute Verbindungen zur Tagespresse sowie zum Rundfunk und Fernsehen; sie ist für die Information der Verbraucher über das *) Siehe 22. Sitzung Seite 833 B Anlagen zum Stenographischen Bericht aktuelle wirtschaftspolitische Geschehen eine wichtige Einrichtung. Da mir an einer schnellen und weitgestreuten Verbraucherinformation gelegen ist, erhält die AGV von meinem Hause zweckgebundene Zuwendungen mit dem Auftrag, a) jahrlich bis zu 70 Rundfunksendungen und 40 Fernsehsendungen zu warenkundlichen und verbraucherpolitischen Themen auf dem Ernährungsgebiet im überregionalen Programm eingenverantwortlich durchzuführen, b) wöchentlich Angaben über Verbraucherpreise für Nahrungsmittel im gesamten Bundesgebiet - besonders in Mittel- und Kleinstädten - zu sammeln und die Ergebnisse der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle der Deutschen Landwirtschaft und der Unterabteilung für Verbraucherangelegenheiten in meinem Hause für Auswertungen zur Verfügung zu stellen, c) jährlich bis zu 100 Schreibmaschinenseiten Informationen über verbraucherpolitische Themen sowie Warenkunde, Marktzusammenhänge und richtiges Verhalten beim Einkauf von Nahrungsmitteln in der Verbraucherpolitischen Korrespondenz (VPK) oder Verbraucherrundschau (VR) zu veröffentlichen. Eine Beeinflussung der AGV etwa in der Richtung, daß sie ihre Veröffentlichungen mit den agrar- und ernährungspolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung in Einklang bringt, ist nicht möglich und auch nicht beabsichtigt. Es besteht mit dem Vorstand und der Geschäftsführung der AGV Übereinstimmung darüber, daß sich die Arbeitsgemeinschaft bei ihren Veröffentlichungen um eine objektive Darstellung des Sachverhalts zu bemühen und bei ihrer Meinungsäußerung jede Polemik zu vermeiden hat. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 10. Februar 1970 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Meister zu seiner Mündlichen Frage *). Die Unterhaltskosten für die freigegebenen und wegen der laufenden Instandsetzung zur Zeit noch nicht besetzten rd. 1400 Wohnungen betragen pro Monat schätzungsweise rd. 31 220 DM (22,30 je Wohnung und Monat im Durchschnitt). Die Kosten werden vom Bund als Eigentümer getragen. Die Wohnungen befinden sich zur Zeit in einem Zustand, der es nicht gestattet, sie sofort zu beziehen. Da sie unmittelbar nach der notwendigen Instandsetzung vermietet werden, ist ein Mietausfall nicht zu erwarten. *) Siehe 25. Sitzung Seite 1012 B 1332 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Februar 1970 Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordnerten Strohmayr (Drucksache VI/273 Frage A 49): Welche Maßnahmen sind erforderlich oder bereits getroffen worden, daß die Sozialhilfeempfänger nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum § 29 des Wohngeldgesetzes vom 1. April 1965 nunmehr und noch nachträglich Wohngeld erhalten? In einem gemeinsamen Rundschreiben vom 19. Dezember 1969 haben die Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen, für Jugend, Familie und Gesundheit sowie für Arbeit und Sozialordnung die für die Durchführung des Wohngeldgesetzes, der Sozialhilfe und der Kriegsopferfürsorge zuständigen obersten Landesbehörden über den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1969 unterrichtet. Das Rundschreiben stellt klar, daß alle Empfänger von Sozialhilfe und Kriegsopferfürsorge einen Rechtsanspruch auf Wohngeld haben, wenn die sonstigen Voraussetzungen nach dem Wohngeldgesetz erfüllt sind. Ab November 1969, dem Monat, in dem der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts erlassen worden ist, werden die Anträge des genannten Personenkreises unter Nichtbeachtung des § 29 Wohngelde vom 1. April 1965 beschieden. Es ist sichergestellt, daß die Antragberechtigten neben dem ihnen zustehenden Wohngeld soviel Sozialhilfe oder Kriegsopferfürsorge erhalten, daß sie nicht schlechter gestellt sind, als wenn sie wie früher lediglich Sozialhilfe oder Kriegsopferfürsorge erhalten würden. Im Interesse einer zügigen und möglichst reibungslosen Abwicklung der etwa 350 000 Wohngeldanträge werden zunächst die Anträge bearbeitet, die sich auf den Zeitraum ab November 1969 erstrecken. Die Entscheidungen über das Wohngeld für die zurückliegende Zeit werden vorerst zurückgestellt, weil die damit zusammenhängenden Fragen noch nicht abschließend geklärt sind. Dem begünstigten Personenkreis entstehen dadurch jedoch keine Nachteile. Zur Erörterung des gesamten Fragenkomplexes hat im Bundesministerium für Städtebau und Wohnungswesen am 15. Januar 1970 eine Ressortbesprechung und gestern eine Besprechung mit Vertretern der zuständigen Länderminister stattgefunden. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Breidbach (Drucksache VI/273 Frage A 98) : Wie lange haben die Kompetenzschwierigkeiten zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt gewisse Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung an Nigeria verzögert, und erklärt sich damit die Tatsache, daß der Vertreter des für humanitäre Hilfe angeblich zuständigen Bundesinnenministeriums nicht nach Lagos ausreisen konnte? Zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern hat es keine Kompetenzstreitigkeiten gegeben, noch hat es in irgend einer Weise Verzögerungen der Hilfsmaßnahmen durch die Bundesregierung gegeben. Wie mir der Bundesminister des Innern mitgeteilt hat, ließen sich die bisher in Frage kommenden Soforthilfen weitgehend anhand der Berichte der Deutschen Botschaft in Lagos und der Hilfsorganisation aus Nigeria in die Wege leiten. Eine Reise eines Vertreters des Bundesministeriums des Innern nach Nigeria ist deshalb bis jetzt nicht vorgesehen worden. Erweist sich eine Prüfung an Ort und Stelle als zweckmäßig, wird dei Bundesminister des Innern unverzüglich einen Vertreter nach Nigeria entsenden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wulff (Drucksache VI/273 Frage A 101) : Zu welchem Zeitpunkt hat die Bundesregierung begonnen, Hilfsmaßnahmen für Biafra zu koordinieren? Die Bundesregierung hat seit Bekanntwerden der Not in der Ostregion Nigerias im Sommer 1968 die nach dortigen Verhältnissen mögliche Hilfe geleistet. Seit diesem Zeitpunkt werden auch die deutschen Hilfsmaßnahmen koordiniert, und zwar sowohl zwischen den in Frage kommenden Bundesministerien als auch mit den nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Diese Koordinierung ist auch jetzt laufend fortgesetzt worden. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Jahn vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Petersen (Drucksache VI/273 Fragen A 109 und 110) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die in der Regel hohen Abzahlungsquoten die Inhaber von Eigentumswohnungen oder Kaufeigenheimen hindern, mögliche Mängelrügen angesichts des hohen Streitwertes im Prozeßwege zu verfolgen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in solchen Fallen den Bürgern den Rechtsweg zu erleichtern? Fälle, in denen die Eigentümer von Eigentumswohnungen und Kaufeigenheimen durch die hohen Belastungen aus dem Erwerb ihres Eigentums ernsthaft daran gehindert worden sind, Mängelrügen im Prozeßwege zu verfolgen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß dem Erwerber einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheimes in Fällen, in denen er die zusätzlichen Mittel für eine Prozeßführung zur Verfolgung von Mängel- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Februar 1970 1333 rügen nicht aufbringen kann, bereits im Rahmen des geltenden Rechts hinreichend durch die Inanspruchnahme des Armenrechts geholfen werden kann. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 30. Jannuar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (Drucksache VI/273 Frage A 129) : Was gedenkt der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen zu unternehmen, nachdem er im Süddeutschen Rundfunk am 10. Januar 1970 erklärte, daß die vorhandenen Vorschriften gegen den Mietwucher nicht ausreichen? Die Mietwuchervorschrift des § 302 Buchst. e Strafgesetzbuch ist nicht sehr wirksam, denn die Straftatbestände sind so gefaßt, daß man in der Praxis damit sehr wenig anfangen kann, insbesondere was die subjektive Seite dieser Rechtsnorm angeht. Deshalb soll die Mietwuchervorschrift des § 302 e Strafgesetzbuch im Zuge der Strafrechtsreform geändert werden. Das hat der Herr Bundesminister der Justiz bereits in der Fragestunde am 4. Dezember 1969 in Aussicht gestellt. Seine Ausführungen zu diesem Fragenkreis bitte ich im Protokoll der 17. Sitzung auf Seite 612 nachzulesen. Wir werden Herrn Minister Jahn in seinem Bemühen um eine Lösung dieses Problems voll unterstützen. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Mertes (Drucksache VI/273 Fragen A 130 und 131) : In welchem Umfang sind Wohnungen, die mit Bundesmitteln gefördert wurden, nach Kenntnis der Bundesregierung in Privatbesitz übergegangen und in welchem Umfang befinden sich derartige noch in Händen von Kommunen oder Baugesellschaften? Welche Überlegungen hat die Bundesregierung hinsichtlich eines verstärkten Einsatzes des öffentlich geförderten Wohnungsbaues als Mittel der privaten Vermögensbildung? Insgesamt sind in den Jahren 1949 bis 1968 rd. 1,3 Millionen Eigentümerwohnungen — das sind Wohnungen, die der Eigentümer selbst bewohnt - mit öffentlichen Mitteln gefördert worden. Das sind etwas mehr als ein Viertel aller mit Bundes- und Landesmitteln geförderten Sozialwohnungen. Für den Bereich der Kommunen liegen keine Zahlen vor, die als Antwort auf Ihre Frage dienen können. Die Gemeinden haben im allgemeinen auch keine Wohnungen selbst gebaut. Für den Bereich der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ist zu sagen, daß in den letzten Jahren durchschnittlich 23 v. H., also nahezu ein Viertel, ihrer gesamten Bauleistung in eigener Bauherrschaft Wohnungen waren, die sie anschließend an Einzelbewerber zur Eigennutzung veräußert haben. Von den in den Jahren 1949 bis 1968 in eigener Bauherrschaft von den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen errichteten Wohnungen sind nahezu 600 000 in Ein- und Zweifamilienhäusern und fast 75 000 Wohnungen in Wohnungseigentum in Mehrfamilienhäusern, zusammen also fast 700 000 Sozialwohnungen von den Unternehmen zur Veräußerung erstellt und dementsprechend als privates Einzeleigentum veräußert worden. Daneben haben die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen noch den Bau von mehreren hunderttausend Wohnungen in Eigenheimen und in Mehrfamilienhäusern also Eigentumswohnungen — für private Bauherren betreut. Sie haben hiermit einen beachtlichen Beitrag zur privaten Vermögensbildung geleistet. Die Bundesregierung wird auch weiterhin an der im Zweiten Wohnungsbaugesetz festgelegten Förderung der Eigentumsbildung für breite Volksschichten festhalten. Das Förderungsvolumen wird sich in erster Linie am Bedarf orientieren sowie an den im II. Wohnungsbaugesetz vorgeschriebenen Förderungsschwerpunkten. Das gilt auch für das vorgesehene langfristige Wohnungsbauprogramm.
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    Rede von Gerhard Kienbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich darf wiederholen: Ich möchte gliedern in die kurzfristigen konjunkturpolitischen und die mittelfristigen wettbewerbs- und angebotsstärkenden Maßnahmen. Ich würde mich wie bei meiner ersten Rede in diesem Hohen Hause anläßlich der Regierungserklärung bei meinem Beitrag zur Urteilsfindung gern lediglich auf das beschränken, was uns heute aufgegeben. ist, und nur Maßnahmen behandeln, die unsere Probleme lösen können. Denn wir haben dicke Probleme. Ein Narr, wer sie verleugnen wollte! Aber ein ebensolcher Narr, der die Ursachen zu vertuschen sucht!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie das mal Herrn Schiller! — Abg. Wehner: Und Herrn Müller-Hermann!)

    Es wird allerdings nicht zu vermeiden sein, heute auch auf die Vergangenheit einzugehen.
    Nun zur Situation Anfang des Jahres 1970. Wir haben eine deftige Überhitzung und dazu einen inflationistischen Preisauftrieb, der zur Zeit 3 % überschreitet, zu meistern. Aber, meine Damen und Herren, beides hat Ursachen, die im Jahre 1969 und in den fehlenden Maßnahmen der damaligen Bundesregierung begründet liegen. Ich will nicht zum Überdruß wiederholen, daß die Aufwertung unterlassen wurde, sondern möchte darauf verweisen, daß die Stillegung öffentlicher Nachfrage, die ebenso nachdrücklich gefordert wurde, im vergangenen Jahr zwar beschlossen, aber praktisch nicht verwirklicht wurde, und daß die Angebotsverstärkung nicht ernsthaft gefördert wurde. Währenddessen aber wurde die Sicherheit der wirtschaftlichen Disposition — sowohl der Verbraucher wie der Anbieter — in extremer Weise gestört.
    Die Währungsspekulation ist auch in diesem Hohen Hause bereits oft genug behandelt worden. Ich kann mich auf die Erwähnung beschränken.
    Erwähnt werden müßte aber doch wohl die Verknappung wichtiger Grundstoffe und Halbzeuge. Es ist notwendig, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß im vergangenen Jahr ein wesentlicher Teil der Preisauftriebsentwicklungen von der Verknappung an Baustahl ausgegangen ist, von der Verknappung eines wichtigen, für die Bauwirtschaft unentbehrlichen Halbzeugs, die angesichts 'der erteilten Bauaufträge zu sprunghaften Steigerungen von Preisen in einem der wichtigsten Wirtschaftszweige geführt hat.
    Es muß auch, so scheint mir jedenfalls, darauf hingewesen werden, daß im Jahr 1969, ohne daß die eben erwähnten durchaus möglichen Maßnahmen eingeleitet wurden, die Verknappung der Arbeitskräfte zugenommen hat und sich von dort aus preistreibende Tendenzen nicht nur in der industriegütererzeugenden Wirtschaft, sondern in allen Bereichen bis hin zu den Dienstleistungen entwickelt und gesteigert haben. Die hohe Preissteigerung bei Industriegütern, der zunächst eine entsprechende Steigerung der Kosten und Preise bei den Verbrauchsgütern noch nicht folgte, ist ein Störungsfaktor, der sich 1969 zum Teil ausgewirkt hat und 1970 weiterwirkt.



    Kienbaum
    Was aber nicht unerwähnt bleiben darf, wenn wir uns nicht an den Dingen vorbeimogeln wollen, die es nunmehr zu meisterngilt, ist die völlig aus dem Rahmen fallende Steigerung der Personalkosten, nicht allein ausgelöst durch Tariferhöhungen, sondern insbesondere durch die gegen Ende des Jahres bewilligten Zulagen nach den wilden Streiks. Angesichts solcher Fakten, Herr Dr. Müller-Hermann — ich wiederhole: die wirtschaftliche Disposition extrem störenden Fakten — ist mir nicht ganz verständlich, was Sie anfags vorgetragenhaben; es erscheint mir fast als ein Symptom andauernder Vergeßlichkeit. Sie als Regierungsfraktion und die von Ihnen gestellten Minister in der Regierung der Großen Koalition haben doch diesen Jahreswirtschaftsbericht vom Januar 1969, den Sie zitierten, verabschiedet. Darüber kann doch wohl kein Zweifel bestehen. Aber ich will mich mit diesen Reminiszenzen nicht lange aufhalten.
    Wir haben — das ist ,die Situation — Überhitzung und Preisauftrieb. Wir haben beides, obwohl die neue Regierung unverzüglich die Aufwertung durchführte und dabei einen, allerdings nicht alle, Unruheherde beseitigte. Wir haben sie immer noch, obwohl daneben die Deutsche Bundesbank den Kredit verknappte und verteuerte, und zwar 'in Ergänzung zum Abfluß an Liquidität.
    Beide Maßnahmen reichten also nicht aus. Man muß sich mit der Frage auseinandersetzen, warum sie nicht ausreichten. Ich glaube — darüber ist in eingehenden Beratungen innerhalb der FDP für uns Klarheit geschaffen worden —, weil 1970 neue Impulse wirken, die zum Teil ebenfalls aus den Entscheidungen des Jahres 1969 herüberreichen: die Lohnfortzahlung ab 1. Januar 1970, die aufgestauten Anpassungen administrierter Preise, neuerliche bereits ins Haus stehende Tarifsteigerungen. Es sollte auch ein Indiz bzw. ein Trend nicht verschwiegen werden, der bedenklich werden könnte: der verminderte Zuwachs der Spartätigkeit, im allgemeinen zu werten als ein erstes Anzeichen für einen möglichen Verlust an Vertrauen in die Stabilität, um die wir uns hier heute in der Auseinandersetzung über den richtigen Weg in der Wirtschaftspolitik mühen.
    Durch alle diese Beispiele, die noch ergänzt werden könnten, durch die wirkenden Impulse ist die Nachfrage erneut angestiegen, und zwar stark. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ist weiter angewachsen. Sie ist nur in einigen Teilsektoren zum Stillstand gekommen. Es muß daher befürchtet werden, daß sich der übernachfragefördernde und damit preistreibende Trend von neuen Tarifvereinbarungen, die den Produktivitätszuwachs weit übersteigen, noch fortsetzen kann. Angesichts der zur Zeit debattierten Tarifsteigerungsraten ist durch die Verhandlungen des Bundesinnenministers ein geradezu erstaunliches Ergebnis im öffentlichen Dienst erzielt worden.
    In dieser Situation — das ist die Auffassung der Freien Demokraten — gibt es leider keinerlei Sicherheit, daß sich die erforderliche Abschwächung im zweiten Halbjahr 1970 einstellt, und das nicht zuletzt deshalb, weil die Inflation im Ausland fortwirkt. Das war — ich mußte mich natürlich in der Zusammenfassung der Impulse, der Trends und der Indizien beschränken — die Beurteilung der Situation Mitte Februar 1970 durch die Freien Demokraten.
    Es stellt sich die Frage: Welches sind angesichts dieses Urteils die kurzfristig wirkenden Maßnahmen zur Dämpfung, die wir für wünschenswert halten? Wir sind der Aufassung, die derzeitige Haltung der Bundesbank darf nicht aufgegeben werden, auch dann nicht, wenn Interessentengruppen in der Presse auf eine andere Linie hinwirken wollen;

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    denn die Kreditverteuerung und die Kreditverknappung bewirken keine Preisauftriebselemente, vielmehr wirken sie in einem ganz entscheidenden Bereich, der Bauwirtschaft, entscheidend dämpfend. Wir sollten auch keine Konterkarieren der Aufwertung — etwa durch Ausnahmeregelungen in großer Zahl, die hier und da von draußen gewünscht werden — zulassen. Wir sollten weiterhin — in der Beurteilung dieser Frage werden sich unsere Meinungen möglicherweise unterscheiden — den bereits bekannten Entscheidungen zur konjunkturgerechten Haushaltsgestaltung und -abwicklung unserer Unterstützung leihen.
    Wir haben aus diesem Grunde gewünscht und es, wie der Bericht und die inzwischen bekannt gewordenen Entscheidungen des Bundeskabinetts gezeigt haben, auch erreicht — sicher nicht durch uns allein —, daß im Jahre 1970 eine Konjunkturausgleichsrücklage gebildet wird, daß Haushaltssperren vorgesehen werden, daß ein weitgehender Verzicht auf Inanspruchnahme des Kapitalmarkts Beschluß wurde.
    Diese haushaltswirksamen Maßnahmen, meine Damen und Herren — damit greife ich eine Anregung von Herrn Dr. Müller-Hermann auf —, sollten aber gemessen werden am Gesamtgewicht der volkswirtschaftlichen Leistung. Dabei ist es einfach wichtig, zu wissen, daß sie zusammengenommen immer noch weniger als ein Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachen. Von daher können Zweifel an der vollen Wirksamkeit der Maßnahmen, an ihrer von uns allen gewünschten Wirkung durchaus erörtert werden. Das Problem hat die FDP auch erörtert. Aus diesem Grunde wünscht sie über das bisher Bekanntgewordene hinaus eine Einstellung aller Haushaltsersparnisse — insbesondere bei der gedämpften Abwicklung des Haushalts bis zur Verabschiedung des neuen Haushalts 1970 — zusätzlich in die Konjunkturausgleichsrücklage. Falls erforderlich, d. h. falls die uns zu diesem Zeitpunkt bekannten Daten immer noch nicht die gewünschte Dämpfung zur Folge haben, erwarten wir eine weitere zusätzliche Bedienung der Rücklage im dritten und vierten Quartal 1970.
    Schließlich — auch das ist bereits angedeutet — sehen wir in der Abschöpfung von Kaufkraft durch Vermögensbildungsmaßnahmen, wie sie bereits bekannt wurden und wie sie sich möglicherweise noch durch ein Verziehen der Zahlungsfristen verstärken können, ein geeignetes Mittel.



    Kienbaum
    Was wir nicht wünschen, soll allerdings auch in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden. Wir wünschen in dieser Situation unter keinen Umständen eine Behinderung produktivitätsfördernder Investitionen. Diese jetzt zu stoppen, hieße eine lange Wiederanlaufphase heraufbeschwören, möglicherweise zu einem Zeitpunkt, zu dem diese Investitionen lebenswichtig werden. Damit sich aber erst gar nicht ein Image in dieser Richtung entwickelt, wünschen wir auch nichts, was die unternehmerische Investitionsbereitschaft dämpfen könnte. Hier muß bestimmten Äußerungen in der Öffentlichkeit widersprochen werden. Es wird hier nicht falsche Rücksichtnahme geübt — indem man etwa Unternehmen und Unternehmer ausklammern wollte aus dem Paket notwendiger Maßnahmen —, sondern hier wird der Gedanke logisch weiterentwikkelt, daß diese Investitionen notwendig sind, damit morgen und übermorgen die Arbeitsplätze für alle abhängig Beschäftigten auch den ausreichenden und gewünschten Ertrag abwerfen können.
    Ich möchte mich nun den mittelfristig wirkenden Maßnahmen zuwenden. Ich will sie einmal als ergänzende Maßnahmen bezeichnen. Hier ist eine komplementäre Aufgabe gestellt, die dem gleichen Ziel dient, nämlich einer behutsamen Wiederherstellung des Gleichgewichts, sowohl bei den Gütern und Leistungen als auch am Arbeitsmarkt, damit verbunden einer Wiederherstellung der Preisstabilität und zugleich — das möchte ich unterstreichen — einem Basisaufbau für neues Wachstum. Die FDP wünscht entsprechend den Passagen im Teil C des Jahreswirtschaftsberichts den Ausbau des Wettbewerbs überall dort, wo er bisher unterblieben ist — solche Gebiete gibt es noch — oder wo er behindert wird.
    Dazu ein paar konkrete Beispiele. Wir wünschen Wettbewerb im Walzstahlbereich; denn wir haben im vergangenen Jahr erlebt, wie sich die Begrenzung und Behinderung durch die Wahlstahlkontore ausgewirkt haben, insbesondere in dem soeben erwähnten Baustahlbereich.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wir wünschen Ausbau des Wettbewerbs im Energiebereich und wollen hier ganz offen aussprechen, daß wir darunter auch etwas verstehen, was bisher so eine Art Tabu umgeben hat. Wir wollen über die Heizölsteuer sprechen, wenn der Termin des Endes ihrer Laufzeit heransteht.

    (Abg. Dr. Böhme: Wie ist es dann mit der Einheitsgesellschaft?)

    Wir wünschen Ausbau der Wettbewerbs-Kohle im Verkehr.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Bravo! Sagen Sie das mal Ihren eigenen Leuten!)

    — Sie werden es kaum glauben, Herr Dr. MüllerHermann, aber das tue ich sogar und, wie Sie vielleicht nicht vermuten werden, mit Erfolg.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Ich lasse mich überzeugen!)

    Im Verkehr wünschen wir Wettbewerb durch Verzicht auf einseitige Bevorzugung eines Verkehrsträgers. Wir sind jedenfalls glücklich darüber, daß uns
    die technische Entwicklung heute von der MonopolStellung einer einzigen technischen Lösung befreit hat.
    Ferner wünschen wir — das sollte nicht zuletzt unterstrichen werden - - Ausbau des Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt. Dort wünschen wir einerseits mehr Mobilität, damit Abbau von Abhängigkeiten der Arbeitsuchenden und der Arbeitnehmer, andererseits aber auch mit dem gleichen Gewicht die Verhinderung von Verknappungsversuchen.
    Schließlich sind wir der Auffassung, daß uns eine massive Förderung und Verstärkung des Angebots weiterhelfen kann. Hier liegen — ich bedaure, das feststellen zu müssen — seit Jahren Versäumnisse vor. Der Jahreswirtschaftsbericht trägt ihnen erst zum Teil Rechnung.
    Angesichts unserer Arbeitsmarktsituation wollen wir Produktivität und Rationalisierung fördern. Da erscheint es mir als Anachronismus, daß der RKW-Haushalt seit Jahren bei 10 Millionen DM verharrt, aus denen die Basis- und Projektkosten gedeckt werden sollen. Der Basiskostenanteil ist natürlich wegen der steigenden Aufwendungen für die Bediensteten und für die Sachmittel ständig gestiegen, und der verbleibende Rest für Projektkosten ständig gesunken. Der Anteil im Verhältnis zu unserem Bruttosozialprodukt ist geradezu lächerlich klein geworden. Damit kein Mißverständnis entsteht: die Freien Demokraten plädieren nicht für eine Ausweitung des Haushalts auf diesem Gebiet, sondern für eine Umschichtung innerhalb des Ressorts Wirtschaft. Die dringend notwendige Steigerung ist jederzeit aus I diesem Gesamthaushalt möglich.
    Wir wünschen — das wird auch im Jahreswirtschaftsbericht als eine Zukunftsnotwendigkeit herausgestellt - die Förderung der angewandten Forschung. Wir müssen endlich von dem Tabu weg, das der öffentlichen Hand nur die nichtangewandte, d. h. die Grundlagenforschung als Aufgabe zuweist. Es ist einfach unerträglich, wenn in Deutschland Grundlagenerkenntnisse durch Forschungsmaßnahmen erarbeitet werden, ihre Nutzanwendung aber erst über dem Großen Teich in den USA ermöglicht wird.

    (Zustimmung bei der FDP und bei der CDU/CSU.)

    Schließlich ist — auch das wurde zum Ausdruck gebracht , um die Erkenntnisse in die tägliche Praxis der Wirtschaft umzusetzen, die Verbesserung der Information, die Zugriffsbereitschaft zu Informationen in bezug auf den technischen Stand als Angebot auszubauen. Eine der wichtigsten Aufgaben aber scheint uns derzeit die Bestandsaufnahme über die Situation in den sektoralen Bereichen der Wirtschaft wie in den regionalen. Unsere Wirtschaft ist keine Massenwirtschaft, keine etwa aus dem Begriff der Massengesellschaft abzuleitende konformistische Größe. Sie differenziert sich ständig mehr, weil frei verfügbares Einkommen die Möglichkeit zur Differenzierung der Nachfrage bietet. Deshalb müssen die Verantwortlichen mehr als bisher die Situation und die Fakten transparent machen. Hier reichen einfach globale Feststellungen für die Entscheidung der Unternehmen, aber auch für die freie



    Kienbaum
    Entscheidung ihrer Mitarbeiter genausowenig aus wie für sektorale Verbände und regionale Kammern. Sie reichen nicht einmal für die Wirtschaftspolitik. Ich erwähne als Beispiele die aufgeführten Wirtschaftsbereiche der Werftindustrie, der Luft- und Raumfahrt und der Datenverarbeitung. Ich ergänze sie nur um ein einziges Beispiel: Papier und Zellstoff, — ein Bereich, in dem die bundesdeutsche Situation eine völlig vom mittleren Trend abweichende Summe von Größe und Fakten widerspiegelt.
    Schließlich, so glaube ich, wird eine Strukturpolitik dazu beitragen müssen, die Ziele zu erreichen, die die Wanderung bisher immobiler Potentiale, Arbeitskräfte sowohl wie Kapitalien, einleitet und die insbesondere die „stillen Räume" — ein schöner neudeutscher Begriff — bei ihrer Entwicklung unterstützt. Dazu rechnen wir alle Mittelgebirgslagen innerhalb der Bundesrepublik, das Zonenrandgebiet und die übrigen Grenzgebiete. Sicher wird sich das eine oder andere noch dazu ergänzen lassen.
    Wichtig erscheint uns dabei insbesondere die Mobilisierung mittelständischer Reserven. Ich sprach darüber bereits bei der Debatte über die Regierungserklärung. Ich will nun folgendes hinzufügen. Wir betonen diesen Bereich, über den mein Kollege Mertes sicher noch mehr in der Debatte ausführen wird, weil die FDP nicht an den Fetisch der Mammutgebilde glaubt, sondern diesen mittelgroßen Strukturen eine besondere Impulskraft zurechnet.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU.)

    Ich muß mich auf diesen Sektor der komplementären Maßnahmen und der Erwartungen, die daraus abzuleiten sind, beschränken. Ich darf zusammenfassend feststellen — zum Wirtschaftsbericht und zu unserer Auswertung -: wir begrüßen den Verzicht auf Zielprojektionen mit Stellen hinter dem Komma, die im Grunde nur vorgespielte Genauigkeit abgeben können.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU.)

    Nun mögen wir uns unterscheiden. Gegen eine Verbesserung des Analyse- und Informationsinstrumentariums, und zwar für alle Beteiligten, nicht nur für die Administration — für alle Beteiligten heißt: für das Parlament, für den Wirtschaftsausschuß, aber auch für die Wirtschaft, Verbraucher und Anbieter —, haben wir nichts einzuwenden.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Wir auch nicht!)

    Nach der Hektik der Änderungen im Jahre 1969 — das gestatten Sie sicher festzustellen — braucht die Wirtschaft eines am dringendsten: Ruhe.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU.)

    Verbraucher und Anbieter — ich wiederhole: Verbraucher; von denen wird nämlich so ganz selten gesprochen —(Abg. Dr. Schmidt/Wuppertal/: Sehr richtig!)

    müssen sich im Markt messen und beurteilen
    können. Die Möglichkeit ist durch die vielfachen
    Änderungen, die sich laufend überlagern, für
    einen wesentlichen Teil der deutschen Bürger verlorengegangen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese letzte Feststellung, scheint mir, sollten insbesondere die Tarifpartner berücksichtigen, und zwar
    — damit hier kein Mißverständnis entsteht — beide Tarifpartner.
    Ein warnendes Beispiel scheint mir eine Meldung zu sein, die gestern in der Presse erschien. In Berlin verzichtet eine Gruppe von Bauauftraggebern auf die Auftragserteilung für Bauaufträge in Höhe von 1 Milliarde DM, weil durch das Verlorengehen der Beurteilungsmöglichkeiten Preissteigerungen von ganz unerträglichem Ausmaß sichtbar geworden sind.
    Mit diesem warnenden Beispiel möchte ich übergehen zu der Feststellung — das ist für Sie sicher nichts Neues —, daß die FDP die Stabilität gegenwärtig mit dem eindeutigen Vorrang auszeichnet.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU.)

    Daher sind für uns Prognosen und Zielprojektionen nicht ganz so wichtig wie die Fakten widerspiegelnde Information. Ein Beispiel dafür ist die Richtigstellung der Erwartungen aus der Aufwertung. Der Nachfragebeitrag des Exports hat im Jahre 1969 30 % und nicht 100 % ausgemacht. Daher war nicht mehr und nicht weniger aus der Aufwertung zu erwarten, als bisher eingetreten ist. Es gibt zusätzliche Nachfrageübersteigerungen von 70 %, die im Binnenmarkt wirken und aus dem Binnenmarkt ausgelöst sind. Mit ihnen müssen wir uns auseinandersetzen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. Abg. Dr. Stoltenberg: Im Oktober hörten wir es anders!)

    — Ich freue mich ganz besonders, daß die Opposition, die mir hier so nahe ist, auch körperlich nahe ist, so ausgesprochen positiv gestimmt ist. Ich kann das nicht auf mich beziehen.

    (Zurufe.)

    Ich darf deshalb abschließen.

    (Abg. Dr. Schmidt/Wuppertal/: Nicht „deshalb" ! Reden Sie ruhig in dem Sinne weiter!)

    — Ich freue mich immer über Zustimmung, obwohl ich gelegentlich auch Zielkonflikte gerne austrage. — Die FDP unterstreicht die Textziffern 61 und 66 des Jahreswirtschaftsberichts. Wir wünschen mit Nachdruck ihre Verwirklichung. Damit sie bei der Erörterung von so vielen Einzelheiten nicht in Vergessenheit geraten, möchte ich sie mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren:
    In der Bundesrepublik hat sich die Marktwirtschaft als grundlegendes wirtschaftliches Ordnungssystem bewährt.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU!)




    Kienbaum
    Und um das Handeln einzubeziehen:
    Die Bundesregierung wird deshalb ... im Jahre 1970 die ... Maßnahmen zur Stärkung der marktwirtschaftlichen Ordnung fortsetzen.
    — Eigentlich hätte ich erwartet, daß Sie auch da Beifall klatschen.

    (Beifall bei der FDP. — Heiterkeit und Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Das ist ein gesunder Standpunkt, aber wir können uns später darüber unterhalten. — Die FDP wird daher die Entwicklung der Konjunktur insbesondere in diesem Frühjahr 1970 und im Frühsommer aufmerksam, aber auch unter Verzicht auf hektische Reaktionen beobachten. Sie wird die erforderlichen Maßnahmen — welche wir für erforderlich halten, habe ich soeben mit einigen Strichen skizziert — mit Nachdruck fördern. Sie stellt heute fest, das zur Zeit Notwendige ist eingeleitet.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst dem Redner danken; er hat die angemeldete Zeit um 14 Minuten unterschritten, — ein gutes Symptom, daß wir versuchen, die Debattenbeiträge hier kurz und zusammengefaßt zu leisten.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Kollege Dr. Stoltenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur Geschäftsordnung und zur Geschäftslage der Erwartung meiner Fraktion Ausdruck geben, daß auch der Bundesminister für Wirtschaft an dieser Debatte teilnimmt, nachdem wir ihn hier angehört haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)