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    Deutscher Bundestag lo. Sitzung Bonn, den 12. November 1969 Inhalt: Glückwunsch zu dem Geburtstag des Abg Faller 291 A Verzicht des Abg. Gscheidle auf die Mitgliedschaft im Bundestag 291 A Eintritt des Abg. Säckl in den Bundestag 291 A Erweiterung der Tagesordnung 291 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 291 C Fragestunde (Drucksache VI/49) Frage des Abg. Dr. Fuchs: Wehrdienst von Abiturienten bei Be- ginn des Studiums im Wintersemester Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 291 D Dr. Fuchs (CDU/CSU) 292 A Frage des Abg. Jung: Möglichkeit des Studiums ohne Be- schränkung durch den Numerus clausus Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 292 B Jung (FDP) 292 C Borm (FDP) 292 C Frage der Abg. Frau Geisendörfer: Auszahlung der Beträge an die Empfangsberechtigten des Honnefer Modells Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 293 A Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . . 293 B Fragen des Abg. Dr. Riedl (München): Verlegung des Sitzes des Europäischen Patentamtes nach München 293 D Fragen des Abg. Burger: Gebührenbefreiung für Grundbucheintragungen bei Gewährung von Darlehen aus Bundesmitteln für Rehabilitationseinrichtungen Jahn, Bundesminister . . 294 A, 294 C Burger (CDU/CSU) 294 A Frage des Abg. Zebisch: Amnestiegesetzgebung für Demonstrationsvergehen 294 D Frage des Abg. Flämig: Unterbindung des Verkaufs von Rauschgift Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 295 A Flämig (SPD) . . . . . . . . . 295 C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . . . 295 D Fragen der Abg. Frau Klee: Schaffung eines Europäischen Jugendwerks Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 296 A, 296 B Frau Klee (CDU/CSU) 296 C Frage des Abg. Dr. Apel: Linksfahren auf den Bundesautobahnen Leber, Bundesminister 296 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 297 A Mertes (FDP) . . . . . . . 297 B Flämig (SPD) 297 C von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 297 C Frage des Herrn Abg. Dr. Apel: Bestimmungen über Wechseln der Fahrspur und Rechtsüberholen im Entwurf der Straßenverkehrs-Ordnung Leber, Bundesminister 297 D Frage des Abg. Josten: Zeitplan für den Bau neuer Rheinbrücken Leber, Bundesminister 298 A Josten (CDU/CSU) 298 B Frage des Abg. Weigl: Beginn des Baues der Autobahn Weiden—Hof Leber, Bundesminister 298 B Weigl (CDU/CSU) 298 C Frage des Abg. Fellermaier: Berücksichtigung der Erfordernisse des Verkehrs in der Ferienordnung 1970 Leber, Bundesminister 299 A Fellermaier (SPD) . . . . . . . 299 A von Hassel, Präsident . . . . . . 299 D Frage des Abg. Fellermaier: Erfahrungen mit dem Verkehrsverbot für Lastkraftwagen während der Hauptreisezeit Leber, Bundesminister . . . . . . 299 D Frage des Abg. Mertes: Unfallhilfe auf den Straßen und Autobahnen Leber, Bundesminister . . . . . . 300 A Frage des Abg. Mertes: Einheitliche Notrufnummer — Gebührenfreiheit für Notrufe — Notrufsäulen an Bundesstraßen Leber, Bundesminister 300 B Mertes (FDP) 300 C Fragen des Abg. Dr. Arnold: Einführung eines privaten Fernsehens Leber, Bundesminister . . 300 D, 301 B Dr. Arnold (CDU/CSU) . . 301 A, 301 C Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Wohngeldzuschuß für Sozialhilfeempfänger Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 301 D Müller (Mülheim) (SPD) . . . . . 302 A Frage des Abg. Zebisch: Möglichkeiten der Bundesregierung zur Milderung der Wohnungsnot der Studenten Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 302 A Zebisch (SPD) . . . . . . . . . 302 C Frage der Abg. Frau Funcke: Ausgabe von Informationsmaterial des Bundespresseamtes an Mitglieder der Opposition . . . . . . . . . . . 302 D Fragen des Abg. Matthöfer: Beseitigung der rechtlichen Benachteiligung der bei den Stationierungsstreitkräften Beschäftigten — Federführung innerhalb der Bundesregierung Dr. Ehmke, Bundesminister 303 A, 303 B Matthöfer (SPD) . . . . 303 B, 303 C Köppler (CDU/CSU) 303 D Borm (FDP) 303 D Frage des Abg. Ollesch: Geltendmachung der Rezeptgebühr beim Lohnsteuerjahresausgleich Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 304 A Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) : Prozeßdauer bei Revisionen in der Finanzgerichtsbarkeit Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 304 B Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 304 C von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 304 D Fragen des Abg. Dr. Müller (München) : Zollfreie Einfuhr von Skiern aus 'Osterreich Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 305 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 305 C Fragen des Abg. Wendt: Besteuerung von karitativen Zwecken dienenden Lotterien Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 305 D Wendt (SPD) 306 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 III Frage des Abg. Krammig: Abbau von wettbewerbsverzerrend wirkenden Steuerarten Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 306 B Krammig (CDU/CSU) . . . . . . 306 C Frage des Abg. Krammig: Zusagen der Bundesländer hinsichtlich der Grunderwerbsteuerbefreiung Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 306 C Krammig (CDU/CSU) 306 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Atomwaffensperrvertrag (Drucksachen VI/ 1, VI/50) Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 307 A Flämig (SPD) 311 A Dr. Rutschke (FDP) 314 B Scheel, Bundesminister . 317 C, 348 D Dr.-Ing. Leussink, Bundesminister . . 323 D Dr. Dr. h. c. Birrenbach (CDU/CSU) . 326 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) (Erklärung nach § 36 GO) 331 A Dr. Bußmann (SPD) . . . . . . 331 B Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 335 B Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . . 338 A Brandt, Bundeskanzler 340 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 345 D Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) 350 D Dr. Eppler, Bundesminister . . . . 353 B Jung (FDP) 355 D Wischnewski (SPD) 357 D Stücklen (CDU/CSU) 359 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Dr. Schmidt [Wuppertal], Rollmann, Orgaß, Dr. Probst, Müller [Berlin], Wohlrabe u. Gen.) (Drucksache VI/2) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Dr. Probst u. Gen.) (Drucksache VI/3) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München] u. Gen.) (Drucksache VI/13) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München] u. Gen.) (Drucksache VI/14) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Rollmann, Orgaß u. Gen.) (Drucksache VI/15) — Erste Beratung — Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . . 361 A Frau Meermann (SPD) . . . . . . 362 B Schmidt (München) (SPD) . . . . 364 B Wurbs (FDP) 364 D Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 366 A, 379 A, 383 B Dr. Gleissner (CDU/CSU) 368 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 370 D Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 373 C Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 378 B Dr. Czaja (CDU/CSU) 381 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin (SPD, FDP) (Drucksache VI/46) — Erste Beratung —in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Mietpreisrechts im Land Berlin (Abg. Müller [Berlin], Benda, Dr. Gradl, Wohlrabe u. Gen.) (Drucksache VI/55) — Erste Beratung — Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 385 B Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen (SPD, FDP) (Drucksache VI/4 [neu]) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen (CDU/CSU) (Drucksache VI/7) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 386 D Entwurf eines Gaststättengesetzes (CDU/ CSU) (Drucksache VI/5) — Erste Beratung — 387 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gebühren der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte (Fleischmarkthallen) (CDU/ CSU) (Drucksache VI/6) — Erste Beratung — 387 A IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Dezember 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache VI/16) — Erste Beratung — 387 B Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Fußballweltmeisterschaft 1974 (Drucksache VI/42) 387 B Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/8) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/10) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/9) — Erste Beratung — Ernesti (CDU/CSU) . . . . . . . 387 C Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . . 388 D Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 390 A Genscher, Bundesminister . . . . 391 B Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 391 D Nächste Sitzung 392 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 393 A Anlage 2 Zusammensetzung der Bundesregierung . 393 B Anlage 3 Gegenseitige Vertretung der Bundesmini- ster 393 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Verhandlungen über Grenzfragen im Osten 394 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Memmel betr. Vorschriften über den Erwerb und das Führen von Schußwaffen 394 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Draeger betr. Hilfe für die saarländische Wirtschaft . . . . . 395 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Pohle betr. Aufwertung und stabilitätsgerechte Wirtschaftspolitik 395 B Anlage 8 Ubersicht zu der Mündlichen Frage des Abg. Jung betr. Zulassungsbeschränkungen an den Wissenschaftlichen Hochschulen 395 C Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen betr. Änderung der Ferienordnung für den Sommer 1970 396 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 291 10. Sitzung Bonn, den 12. November 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 393 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aachenbach 12.11. Amrehn * 16. 11. Dr. Dittrich ** 14. 11. Draeger 12. 11. Gottesleben 31. 12. Frau Dr. Henze 14. 11. Frau Herklotz * 17. 11. Frau Kalinke * 17. 11. Frau Krappe 14. 11. Lücke (Bensberg) 30. 11. Lücker (München) 13. 11. Müller (Aachen-Land) ** 12. 11. Petersen * 17. 11. Dr. Rinderspacher * 14. 11. Frau Dr. Wolf * 20. 11. b) Urlaubsanträge Dr. h. c. Strauß 6. 12. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Interparlamentarischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Zusammensetzung der Bundesregierung Bundeskanzler Willy Brandt Stellvertreter des Bundeskanzlers und Bundesminister des Auswärtigen Walter Scheel Bundesminister des Innern Hans-Dietrich Genscher Bundesminister der Justiz Gerhard Jahn Bundesminister der Finanzen Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Alex Möller Bundesminister für Wirtschaft Prof. Dr. Karl Schiller Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Josef Ertl Anlagen zum Stenographischen Bericht Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Arendt Bundesminister der Verteidigung Helmut Schmidt Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Käte Strobel Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Georg Leber Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen Dr. Lauritz Lauritzen Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Egon Franke Bundesminister für Bildung und Wissenschaft Prof. Dr.-Ing. Hans Leussink Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Dr. Erhard Eppler Bundesminister für besondere Aufgaben Prof. Dr. Horst Ehmke Anlage 3 Gegenseitige Vertretung der Bundesminister Es werden vertreten: durch: Der Bundeskanzler den BM des Auswärtigen Der BM des Auswärtigen den BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit Der BM des Innern den BM der Justiz Der BM der Justiz den BM des Innern Der BM der Finanzen den BM für Wirtschaft Der BM für Wirtschaft den BM der Finanzen Der BM für Ernährung, den BM für Wirtschaft Landwirtschaft und Forsten Der BM für Arbeit und den BM für Jugend, Sozialordnung Familie und Gesundheit Der BM der Verteidigung den BM für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen einschließlich der Vertretung in der Befehls-und Kommandogewalt über die Streitkräfte Der BM für Jugend, Fa- milie und Gesundheit den BM für Arbeit und Sozialordnung Der BM für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen den BM der Verteidigung Der BM für Städtebau und Wohnungswesen den BM für innerdeutsche Beziehungen 394 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Der BM für inner- den BM für Städtebau deutsche Beziehungen und Wohnungswesen Der BM für Bildung und den BM für besondere Wissenschaft Aufgaben Der BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit den BM des Auswärtigen Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 12. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache VI/34 Fragen 12 und 13) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß Verhandlungen über Grenzfragen im Osten nur durch eine gesamtdeutsche Regierung in Friedensverhandlungen geführt werden können? Ist die Bundesregierung bereit, da für sie das Recht auf Selbstbestimmung kein Verhandlungsgegenstand ist, dieses Recht auch für die Wiedervereinigung des dreigeteilten Deutschlands zu vertreten? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sie nicht nur berechtigt, sondern im Interesse des Friedens in Europa auch verpflichtet ist, mit ihren östlichen Nachbarn über alle Probleme zu sprechen, die zur Normalisierung unseres Verhältnisses zu ihnen und zur Herstellung gut nachbarlicher Beziehungen gelöst werden müssen. 25 Jahre nach dem Unglück des letzten Krieges ist es an der Zeit, die Hindernisse wegzuräumen, die bisher einer deutsch-polnischen Verständigung im Wege gestanden haben. Wir sind .uns dabei bewußt, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht die volle Zuständigkeit in allen Deutschland als Ganzes und Berlin betreffenden Fragen besitzt. Die Bundesregierung hat in ihrer Regierungserklärung bekräftigt, daß das Recht auf Selbstbestimmung, wie es in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist und wie es von der gesamten Welt für sich in Anspruch genommen wird, auch für das deutsche Volk gilt. Das Recht auf Selbstbestimmung wird nirgendwo in der Welt geleugnet, doch gibt es zahlreiche Fälle, in denen Völker oder Volksteile an der Ausübung dieses fundamentalen Rechts gehindert werden. Aus dem Recht auf Selbstbestimmung, das die Bundesregierung nicht müde werden wird, für das ganze deutsche Volk zu fordern, kann aber keine geeignete Handhabe für die Regelung territorialer Fragen hergeleitet werden. Dennoch werden die Gespräche, die mit der polnischen Regierung in Kürze aufgenommen werden sollen, an der Grenzfrage nicht vorbeigehen können. Die Bundesregierung wird sich dabei von der Erkenntnis leiten lassen, die bereits die frühere Bundesregierung in ihrer Erklärung vom 13. Dezember 1966 wie folgt ausgesprochen hat: „In weiten Schichten des deutschen Volkes besteht der lebhafte Wunsch nach einer Aussöhnung mit Polen, dessen leidvolle Geschichte wir nicht vergessen haben und dessen Verlangen, endlich in einem Staatsgebiet mit gesicherten Grenzen zu leben, wir im Blick auf das gegenwärtige Schicksal unseres eigenen geteilten Volkes besser als in früheren Zeiten begreifen." In ihrer Politik gegenüber ihren östlichen Nachbarn wird die Bundesregierung auch der polnischen Regierung den Abschluß eines Abkommens vorschlagen, durch das auf die Anwendung oder Androhung von Gewalt beiderseitig Verzicht geleistet wird. Ein solches Abkommen, das die territoriale Integrität eines jeden Vertragspartners berücksichtigt, könnte zum Ansatzpunkt für weitere Gespräche werden. Was Einzelheiten dieser Gespräche angeht, so bitte ich Sie um Ihr Verständnis, daß die Bundesregierung es nicht für vertretbar hält, ihren durch die Regierungserklärung eröffneten Verhandlungsspielraum durch öffentliche Erklärungen selbst einzuengen. Die Bundesregierung betont aber auch hier, daß sie die von seiten des Parlaments ausgehenden Anregungen vertrauensvoller Fühlungnahnahmen nutzen möchte. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Memmel (Drucksache VI/34 Fragen 30 und 31) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die Kontroverse um die Auslegung des Bundeswaffengesetzes durch eine Novellierung des § 36 zu beenden? Kennt die Bundesregierung die Kritik der Süddeutschen Zeitung vom 27. Oktober 1969, wonach lediglich der Gesetzgeber zu verurteilen sei, weil er durch eine augenscheinlich in ihren Konsequenzen nicht zu Ende gedachte waffenrechtliche Verordnung diese Rechtsunsicherheit geschaffen hat? Der Bundesregierung ist die Kritik der Süddeutschen Zeitung vom 27. Oktober 1969 bekannt. Sie teilt die Auffassung, „daß ein scharfes Vorgehen gegen Revolverhelden für die Sicherheit der Allgemeinheit zwingend ist". Sie ist gemeinsam mit dem Bundestag und Bundesrat der Ansicht, daß die Vorschriften über den Erwerb und das Führen von Schußwaffen auch nach dem Erlaß des Bundeswaffengesetzes strafbewehrt sind. Entsprechend dieser Rechtsauffassung hat das Landgericht München die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und betont, daß § 26 Reichswaffengesetz teilweise als Landesrecht fortgilt. In diesem Sinne hat auch das bayerische Oberste Landesgericht geurteilt. Im übrigen sehen die künftigen Landeswaffengesetze vor, daß der unbefugte Erwerb und das unbefugte Führen von Schußwaffen bestraft wird. Mit dem Erlaß dieser Gesetze ist in einigen Ländern bereits in Kürze zu rechnen; eine Initiative des Bundesgesetzgebers ist deshalb nicht erforderlich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 395 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Draeger (Drucksache VI/34 Frage 35) : Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der besonderen Absatzsituation der saarländischen Wirtschaft auf den französischen Märkten, den saarländischen Unternehmungen im Rahmen ihrer Strukturmaßnahmen zusätzliche Erleichterungen und Hilfen zu gewähren und welche? Die Bundesregierung ist weiterhin bereit, der saarländischen Wirtschaft im Rahmen ihrer Strukturmaßnahmen eine umfassende Hilfe zu gewähren. So sind in der Zweijahresperiode 1967/68 fast 500 Mio DM für das Saarland an Bundesmitteln zur Verfügung gestellt worden. 1969/70 werden diese Bundesmittel, trotz Beendigung der Konjunkturprogramme und trotz geringerer Finanzhilfen für den Steinkohlenbergbau, nahezu die gleiche Größenordnung erreichen. Demgegenüber wurden 1965/66 nur 110 Mio DM für das Saarland aufgewendet. Die Bundesmittel für 1969/70 werden weitgehend im Rahmen des Aktionsprogramms Saarland-Westpfalz zum Einsatz kommen. Dieses Programm sieht Hilfen für die Errichtung neuer Betriebe wie für die Erweiterung grundlegende Rationalisierung und Umstellung der altansässigen Unternehmen vor. In seinem Rahmen sollte auch versucht werden, diejenigen Schwierigkeiten zu beseitigen, von denen die Saarwirtschaft auf Grund der Änderung in den Wechseikursrelationen berührt werden könnte. Die Bundesregierung wird deshalb — im engen Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des Landes — die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten. Dem Bundesbeauftragten für den Steinkohlenbergbau und die Steinkohlenbergbaugebiete obliegt es, Anträge für eine steuerliche Investitionsförderung auf Grund des § 32 des Kohlegesundungsgesetzes zu prüfen. Für die saarländische Wirtschaft hat er inzwischen Förderungsbescheinigungen für Investitionen über einen Gesamtbetrag von 1,7 Mrd. DM erteilt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Pohle (Drucksache VI/34 Fragen 36 und 37): Welche Bereiche der deutschen Wirtschaft haben im Sinne der Rede des Bundesministers für Wirtschaft vom 30. Oktober 1969 gesagt: „Wären wir doch bloß rechtzeitig dem Schiller gefolgt, dann wäre die Sache billiger."? Hängt die zukünftige Funktionsfähigkeit des internationalen Währungssystems nicht maßgeblich davon ab, daß einige andere wichtige Industrieländer eine stabilitätsgerechtere Wirtschaftspolitik führen und eine Reform des Abkommens von Bretton Woods erfolgt? Alle Bereiche der deutschen Wirtschaft haben durch die Verzögerung der Aufwertung Nachteile erlitten. Eine Aufwertung im Frühjahr, ja noch im Sommer dieses Jahres, hätte die Preis- und Kostenstabilität gesichert. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine stabilitätsgerechtere Wirtschaftspolitik wesentlich ist, wenn das derzeitige internationale Währungssystem reibungslos funktionieren soll. In der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bedarf es noch einer erheblichen Fortentwicklung des Gemeinschaftsgedankens, um das notwendige Maß an Harmonisierung einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik zu erreichen. Solange wir uns in der westlichen Welt nicht auf einem gemeinschaftlichen Stabilitätspfad bewegen, müßten zumindest die im Statut des Internatioalen Währungsfonds gegebenen Möglichkeiten rechtzeitig und entschlossen genutzt werden. Auch auf der Grundlage dieses Statuts ist nach Übereinstimmung vieler Politiker und Sachverständiger eine elastischere und weniger abrupte Anwendung des Wechselkursinstruments möglich. Anlage 8 Ubersicht des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi zu der Mündlichen Frage des Abgeordneten Jung (Drucksache VI/49 Frage 2) : Ubersicht über die Entwicklung der Zulassungsbeschränkungen an den Wissenschaftlichen Hochschulen der WS 1968/69 und 1969/70 für Studienanfänger 1) (Stand: 1. 10. 1969) Fächer Vorhandene Zulassungsbeschränkungen Fakultäten absolut WS WS 1968/69 1969/70 1 2 3 Medizin 23 21 23 Zahnmedizin 19 17 19 Tiermedizin 4 3 4 Pharmazie 17 16 17 2) Psychologie 25 12 14 Biologie 29 6 18 Mikrobiologie 9 1 1 Chemie 31 13 18 Biochemie 9 — 1 Lebensmittelchemie 10 — 3 Geographie 32 4 6 Geologie 28 5 3 Geophysik 14 i Mathematik 33 3 8 Mineralogie 28 2 3 Physik 31 8 12 Astronomie 12 — 1 Architektur 8 8 8 Bauing. 8 — 2 Elektrotechnik 10 5 6 Luftfahrttechnik 2 — 1 Vermessung 8 — 2 Jura 24 — 1 Betriebswirtschaft 27 2 4 Volkswirtschaft 28 2 4 Anglistik 27 2 4 Germanistik 28 3 3 396 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Fächer Vorhandene Fakultäten Zulassungsbeschränkungen absolut WS WS 1968/69 1969/ 70 1 2 I 3 Geschichte 27 2 2 Politologie 23 2 2 Publizistik 4 — 1 Romanistik 25 2 3 Slawistik 21 — 1 Soziologie 23 2 3 Theaterwissenschaft 4 — 1 Dolmetscher 3 1 1 1) ohne Konstanz und Ulm, die sich noch im Aufbau befinden 2) darunter zwei Hochschulen, deren Fächer zwar voll ausgelastet sind, die aber offiziell keine Zulassungsbeschränkung eingeführt haben Quelle: Ermittlungen der WRK Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 12. November 1969 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (Drucksache VI/49 Frage 38) : Ist die Bundesregierung bereit, mit der Kultusministerkonferenz wegen einer Änderung der Ferienordnung für Sommer 1970 zu verhandeln? Die Bundesregierung ist bereit, mit der Kultusministerkonferenz wegen einer Änderung der Ferienordnung für Sommer 1970 zu verhandeln. Ich habe im Auftrag der Bundesregierung den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, in Abstimmung mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Bundesländer den Ferienbeginn im Lande Nordrhein-Westfalen möglichst auf den 2. Juli 1970 festzusetzen. Die gleiche Bitte habe ich an den Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder gerichtet.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Worte zu dem sagen, was man vielleicht die politsich-geschichtliche Räson dieses Vertrags nennen kann. Ich stimme dabei zunächst voll mit dem überein, was der Herr Bundeskanzler hier gesagt hat, daß nämlich das eigentliche Kriterium für die Bewertung dieses Vertrags selbstverständlich die Frage danach ist, ob er den deutschen legitimen Interessen mehr nützt oder mehr schadet.
    Meine Damen und Herren, es liegt ein konkreter Vertrag vor. Das ist eine gute Sache, weil es nämlich davor schützt, eine abstrakte Diskussion um das Prinzip der Nichtverbreitung zu führen, bei der dann die einen die Kalten Krieger und die anderen die Verständigungssucher sind etc. Dies alles paßt nicht mehr vor den Hintergrund dieses konkreten Vertrages.
    Ich möchte aber einem widersprechen, was der Herr Bundeskanzler hier gesagt hat. Er war der



    Freiherr von und zu Guttenberg
    Meinung, daß wir heute alle zusammen nicht mehr vor der Frage stehen, o b , sondern nur mehr vor der Frage, wann dieser Vertrag unterschrieben werden sollte; nur über dieses Wann gebe es verschiedene Meinungen. Herr Bundeskanzler, ich glaube, Sie haben die Einlassungen meiner Parteifreunde mißverstanden. Uns geht es nicht nur um das Wann, uns geht es um konkrete Klärungen konkreter Punkte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sind nicht der Meinung, daß alles bereits geklärt sei.
    Mit Ihnen, Herr Bundeskanzler, sind auch meine Freunde und ich der Meinung, daß es ein ganz großes, gewichtiges Argument für diesen Vertrag gibt, nämlich daß er ein Hemmnis gegen die Verbreitung von Atomwaffen ist. Das begrüßen wir. Aber wir sagen: Hemmnis, wir sagen gewiß nicht: Garantie. Und wir setzen die legitime Frage dazu, ob die Mittel und Methoden richtig sind, die nach dem Vertrag zur Erreichung dieses Zieles angewendet werden sollen.
    Lassen Sie mich noch eine Vorbemerkung machen. Ich habe wenig Verständnis für das Argument, das hier bei manchen Sprechern der Regierungsparteien durchgeklungen ist, daß wir uns durch eine Verzögerung oder gar eine Nichtunterschrift in die Isolierung brächten, daß wir damit Munition für eine gegnerische Propaganda schüfen. Solche Argumente liegen am Rande; und ich möchte hinzusetzen, daß die Substanz eines 25jährigen Vertrages — so lange
    soll er ja laufen — gewichtiger ist als eine momentane Klimaverbesserung, die man vielleicht erreichen kann.
    Zudem, meine Damen und Herren — und das meine ich sehr ernst —, wer aus solchen Gründen, nämlich aus der Befürchtung einer möglichen Isolation, für diesen Vertrag plädiert, plädiert in Wahrheit gegen ihn. Denn ein Vertragsvorschlag, der eine solche Zwangslage, der eine solche Beschneidung der Handlungsfreiheit bedeutete, wäre ein schlechter Vertragsvorschlag.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben den Vertrag ganz nüchtern auf dem Hintergrund der großen Ziele zu prüfen, die dieses ganze Haus gemeinsam verfolgt.
    Wir alle wünschen Abrüstung. Ist dieser Vertrag ein Schritt zur Abrüstung? Ich will nicht wiederholen, was Kollege Kliesing und andere hier gesagt haben. Aber ich glaube nicht, daß dieser Vertrag als Schritt zur Abrüstung bezeichnet werden kann; denn mehr als eine relativ unverbindliche Willenserklärung der Großmächte ist in diesem Vertrag nicht enthalten.
    Herr Außenminister, wenn Sie in einer Ihrer Einlassungen vorhin gesagt haben, daß dieser Vertrag der einzige Hebel sei, mit dem wir, die Nichtnuklearen, atomare Abrüstung erreichen könnten, dann kann ich nur antworten: Alle Nichtnuklearen legen diesen Hebel in dem Augenblick aus der Hand, in dem sie ihre Unterschrift leisten. Dies gilt nicht nur für uns, dies gilt für alle Nichtnuklearen.
    Eine zweite Frage. Wir alle — und das ist hier in allen Reden zum Ausdruck gekommen — sehen in der NATO die Grundlage unserer Sicherheit. Ist dieser Vertrag ein Schritt zur Stärkung unserer Sicherheit, also zur Stärkung der NATO? Lassen Sie mich Sie alle daran erinnern, daß der amerikanische hohe Beamte, der diesen Vertrag ausgehandelt hat, vor einigen Jahren selbst geschrieben hat, daß dieser Vertrag eine „gewisse Erosion" der Bündnisse zur Folge haben werde; ein Zeugnis, das man nicht so einfach überspringen sollte.
    Lassen Sie mich hinzusetzen: nach meiner Meinung begründet dieser Vertrag eine zusätzliche Abhängigkeit der europäischen nichtnuklearen Partner von der großen Nuklearmacht USA. Wenn Kennedy recht hatte, der gesagt hat, ein gesundes Bündnis müsse auf gegenseitiger Abhängigkeit beruhen, dann gilt auch vice versa, daß die Stärkung einseitiger Abhängigkeit in der Tat die Gefahr einer gewissen Erosion bedeutet.
    Ein Drittes. Dieses ganze Haus sucht Entspannung. Ist dieser Vertrag ein Schritt zur Entspannung? Ich fürchte im Gegenteil, — und ich werde noch einiges darüber sagen —, daß dieser Vertrag von der Sowjetunion sehr bald als Instrument ihrer Kampagne gegen uns und damit als ein Mittel zu vermehrten Spannungen verwendet werden wird.
    Ein Viertes. Dieses Haus strebt nach einer europäischen Friedensordnung. Ist dieser Vertrag ein Schritt zu zusätzlicher europäischer Friedenssicherung? Diese Frage stellen heißt, darauf hinweisen zu müssen, daß im vergangenen Jahr die Kernwaffenmacht Sowjetunion kurz nach ihrer Unterschrift unter diesen Vertrag den Nichtkernwaffenstaat CSSR manu militari oder „in brüderlicher Hilfe", wie es dann genannt wurde, überfallen hat.
    Ein Fünftes. Wir alle wünschen die Einheit Europas. Ich will nicht wiederholen, was gesagt wurde. Aber ich bestreite, daß dieser Vertrag als solcher ein Mittel zur Förderung der europäischen Einigungspolitik ist. Ich befürchte leider im Gegenteil, daß von diesem Vertrag, der das nationalstaatliche Prinzip erneut und verstärkt in die europäische Diskussion einführt, gegenläufige Tendenzen ausgehen werden.
    Lassen Sie mich sechstens sagen: Wir alle hoffen auf Verbesserung unseres Verhältnisses zur Sowjetunion und haben also die Frage zu stellen: Ist dieser Vertrag geeignet, diese Beziehungen zu verbessern? Dazu nun einiges im Detail.
    Hier, im deutsch-sowjetischen Verhältnis liegt nach meiner Meinung das zentrale Problem, das wir bei diesem Vertrag sehen müssen. Alle anderen Probleme betreffen auch andere Nichtkernwaffenstaaten. Hier, beim deutsch-sowjetischen Verhältnis, geht es um ein spezifisch deutsches Problem. Hier müssen wir entscheiden, und hier kann uns niemand anders die Entscheidung abnehmen.
    Der Herr Bundeskanzler nannte diesen Vertrag einen optimalen Vertrag. Herr Bundeskanzler, ich bestreite, daß dieser Vertrag für uns Deutsche in unserer speziellen Situation wirklich ein optimaler Vertrag ist.



    Freiherr von und zu Guttenberg
    Wie sieht denn die deutsche Situation aus? Der Herr Bundeskanzler sprach von Zwangsvorstellungen, die da irgend jemand haben soll. Herr Bundeskanzler, es ist keine Zwangsvorstellung, daß nur die Bundesrepublik einen essentiellen, die nationale Existenz der Deutschen berührenden Konflikt mit der Sowjetunion hat. Herr Bundeskanzler, es ist keine Zwangsvorstellung, daß außerhalb Osteuropas nur die Bundesrepublik expressiv verbis in die Interventionszone der Sowjetunion einbezogen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, es ist keine Zwangsvorstellung, daß nur die Bundesrepublik von der Sowjetunion ausdrücklich als ein Staat minderen Rechts behandelt wird. Und, Herr Bundeskanzler, es ist auch keine Zwangsvorstellung, daß die Sowjetunion nur von der Bundesrepublik behauptet, daß bereits geltende Abmachungen ihr, der Bundesrepublik, eine Rechtspflicht zum Vertragsbeitritt auferlegten. Meine Damen und Herren, wenn die Sowjetunion von uns sagt, wir seien durch andere Abmachungen bereits rechtlich verpflichtet, dem Vertrag zuzustimmen, dann allerdings handelt die Sowjetunion nur konsequent, wenn sie sagt, daß dies dann keine deutsche Leistung sei, und wenn sie jede Gegenleistung verweigert. Von uns wird Leistung verlangt. Was die Sowjetunion leistet, sehe ich bis heute nicht.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben in diesem Zusammenhang gesagt, im Grunde vollzögen mit diesem Vertragswerk andere doch nur, was wir, die Deutschen, bereits vorgeleistet hätten. Herr Bundeskanzler, ich bin anderer Meinung; denn es ist ein qualitativer Unterschied, daß wir gestern bestimmte Verzichte unseren westlichen Alliierten gegenüber geleistet haben und heute gefragt werden, solche Verzichte der Sowjetunion gegenüber zu leisten. Man kann darüber nicht so leicht hinweggehen, wie es der Herr Außenminister gemacht hat. Meine Damen und Herren, hier fordert die zweite Weltmacht der Erde von uns, von dem Mittelstaat Bundesrepublik, eine auf eine Generation hinaus dauern sollende Verpflichtung, mit der sie unter anderem ein Mitspracherecht zu erlangen sucht in unseren eigenen Verhältnissen innerhalb der NATO, innerhalb Europas und innerhalb der Bundesrepublik selbst. Dies ist ein Novum.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Widerspruch bei der SPD.)

    – Meine Damen und Herren, man kann füglich die Gefahr nicht bestreiten, daß dieser Vertrag von der Sowjetunion vorrangig als ein Instrument ihrer Deutschlandpolitik angesehen wird. Hier, scheint mir, liegt der Grund dafür, daß die Sowjetunion bewußt— und ich weiß, was ich sage

    (Abg. Wienand: Hoffentlich!)

    eine klare Definition jenes entscheidenden Vertragsbegriffes verweigert hat, von dem vorhin der Kollege Dr. Barzel sprach. Es ist der Sowjetunion und ihrer Intervention zuzuschreiben, daß wir heute keine klare und verbindliche Interpretation dessen haben, was „Proliferation" eigentlich nach diesem Vertrag sein soll, was also unter „mittelbarer oder unmittelbarer Verfügungsgewalt" zu verstehen sei.
    Der Herr Bundeskanzler sagt, in der Geschichte dieses Vertrages seien manche Verbesserungen erreicht worden. Dem stimme ich zu und setze hinzu, daß hieran der letzen Regierung der Großen Koalition ein gerüttelt Maß an Dank zu schulden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der FDP.)

    Aber wenn das auch stimmt, dann stimmt leider
    auch das Gegenteil, nämlich daß es in der Behandlung dieses Vertrages gewisse Phasen gab, bei denen in entscheidenden Punkten von den Amerikanern und anderen für uns bessere Formulierungen vorgeschlagen waren, Formulierungen, die dann aber unter dem Eindruck des sowjetischen Njet leider verschlechtert worden sind.

    (Abg. Wehner: Wem gilt dieser Vorwurf, Herr Kollege?)

    — Herr Wehner, ich mache hier gar keinen Vorwurf.

    (Abg. Wehner: Das wollte ich nur festgestellt wissen!)

    — Ich versuche hier mit aller Nüchternheit die Gefahren darzustellen, die es in diesem Vertrage gibt.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

    Ich habe gesagt, daß ich dankbar dafür sei, daß die vergangene Regierung viel erreicht habe, daß aber entscheidende Punkte noch der Klärung bedürften, z. B. die Frage: Wird die Sowjetunion es schon unter den Begriff „indirekte Verfügungsgewalt" einordnen, wenn in der Bundesrepublik spaltbares Material für friedliche Zwecke produziert werden wird? Wird die Sowjetunion schon von indirekter Verfügungsgewalt reden, wenn in der Bundesrepublik technische Weiterentwicklungen auf dem nuklearen Gebiet gefunden werden sollten? Wird die Sowjetunion von indirekter Verfügungsgewalt sprechen, wenn innerhalb der NATO neue interne Beratungen über gemeinsame strategische Fragen durchgeführt werden?

    (Abg. Dr. Rutschke: Schauen Sie doch mal in den Vertrag rein, da steht es doch!)

    Meine Damen und Herren, ich hole mir diese Frage nicht sozusagen aus der Luft. Ich habe gute Gründe zu dieser Sorge. Bereits 1963 gab es einen sowjetischen Protest gegen die Zusammenarbeit der Firma Siemens mit der französischen Atomkommission. 1968 gab es die Behauptung der „Prawda" — das heißt ja „Wahrheit", wie wir wissen —, daß das deutsch-britisch-holländische Ultrazentrifugenprojekt ein Hintertürchen für die Deutschen bedeute, um sich Atomwaffen zu verschaffen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Am 28. Januar 1967 wie am 8. Dezember 1968 gab es Noten der Sowjetunion mit der Beschuldigung, daß die Bundesrepublik bereits an der industriellen Basis der Atomwaffen arbeite. Ich habe daher keinen Zweifel — —

    (Glocke des Präsidenten.)

    — Sie mahnen mich, Herr Präsident; ich werde mich kurz fassen.





Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das rote Licht hat Sie gemahnt!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich habe daher keinen Zweifel an der Berechtigung dieser Voraussage: Sollten diese unklaren Verpflichtungsbestimmungen so bleiben, fürchte ich, daß in Verbindung mit der sowjetischen Interventionsanmaßung, von der die Rede war, für die sowjetische Politik unüberschaubare Möglichkeiten ständiger Interventionsversuche unter dem Schein des Rechtes dieses Vertrages eröffnet werden. Wenn man uns sagt, daß der Wunsch nach Klarheit diesen Vertrag gefährde, dann antworten wir, daß ein unklarer Vertrag uns gefährdet; und dies scheint mir für uns das Wichtigere zu sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundeskanzler hat gefragt, was noch zu klären sei. Ich kann hier keinen erschöpfenden Katalog mehr aufstellen. Ich will nur sagen: sicher die Frage des Gewaltverzichts, also die Frage dessen, was ich hier als Interventionsanmaßung der Sowjetunion bezeichnet habe. Ich widerspreche der These, daß man diese Problematik von der Problematik des NV-Vertrages trennen solle oder könne.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wer diese beiden Dinge trennt, begibt sich des einzigen Hebels, des einzig wirklichen Mittels, das wir haben — wenn wir überhaupt eines haben —, um bei der Sowjetunion Interesse daran zu wecken, sich uns gegenüber auf eine ernsthafte Gewaltverzichtspolitik einzulassen.

    (Glocke des Präsidenten.)

    — Ich bin am Ende, Herr Präsident, und darf noch vier Schlußsätze sagen: Mir scheint, daß in der feindseligen Haltung der Sowjetunion gegenüber uns und unseren legitimen Zielen das eigentlich entscheidende Kriterium für die Bewertung dieses Vertrages liegen muß. Wir, meine Freunde und ich, hielten es für eine grobe Selbsttäuschung, wollte irgend jemand glauben, daß unsere Unterschrift unter den Vertrag ein Mittel sein könne, um dieses deutsch-sowjetische Verhältnis zu verbessern. Umgekehrt wird ein Schuh daraus:

    (Abg. Wehner: Was für ein Schuh?)

    wenn sich die Sowjetunion wirklich und tatsächlich bereit fände, ihr Verhältnis zu uns entscheidend zu revidieren und auf eine neue Grundlage zu stellen — Stichwort: Gewaltverzicht —, wären auch wir bereit, über vieles mit uns reden zu lassen, auch über diesen Vertrag.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)