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    Deutscher Bundestag lo. Sitzung Bonn, den 12. November 1969 Inhalt: Glückwunsch zu dem Geburtstag des Abg Faller 291 A Verzicht des Abg. Gscheidle auf die Mitgliedschaft im Bundestag 291 A Eintritt des Abg. Säckl in den Bundestag 291 A Erweiterung der Tagesordnung 291 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 291 C Fragestunde (Drucksache VI/49) Frage des Abg. Dr. Fuchs: Wehrdienst von Abiturienten bei Be- ginn des Studiums im Wintersemester Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 291 D Dr. Fuchs (CDU/CSU) 292 A Frage des Abg. Jung: Möglichkeit des Studiums ohne Be- schränkung durch den Numerus clausus Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 292 B Jung (FDP) 292 C Borm (FDP) 292 C Frage der Abg. Frau Geisendörfer: Auszahlung der Beträge an die Empfangsberechtigten des Honnefer Modells Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 293 A Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . . 293 B Fragen des Abg. Dr. Riedl (München): Verlegung des Sitzes des Europäischen Patentamtes nach München 293 D Fragen des Abg. Burger: Gebührenbefreiung für Grundbucheintragungen bei Gewährung von Darlehen aus Bundesmitteln für Rehabilitationseinrichtungen Jahn, Bundesminister . . 294 A, 294 C Burger (CDU/CSU) 294 A Frage des Abg. Zebisch: Amnestiegesetzgebung für Demonstrationsvergehen 294 D Frage des Abg. Flämig: Unterbindung des Verkaufs von Rauschgift Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 295 A Flämig (SPD) . . . . . . . . . 295 C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . . . 295 D Fragen der Abg. Frau Klee: Schaffung eines Europäischen Jugendwerks Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 296 A, 296 B Frau Klee (CDU/CSU) 296 C Frage des Abg. Dr. Apel: Linksfahren auf den Bundesautobahnen Leber, Bundesminister 296 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 297 A Mertes (FDP) . . . . . . . 297 B Flämig (SPD) 297 C von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 297 C Frage des Herrn Abg. Dr. Apel: Bestimmungen über Wechseln der Fahrspur und Rechtsüberholen im Entwurf der Straßenverkehrs-Ordnung Leber, Bundesminister 297 D Frage des Abg. Josten: Zeitplan für den Bau neuer Rheinbrücken Leber, Bundesminister 298 A Josten (CDU/CSU) 298 B Frage des Abg. Weigl: Beginn des Baues der Autobahn Weiden—Hof Leber, Bundesminister 298 B Weigl (CDU/CSU) 298 C Frage des Abg. Fellermaier: Berücksichtigung der Erfordernisse des Verkehrs in der Ferienordnung 1970 Leber, Bundesminister 299 A Fellermaier (SPD) . . . . . . . 299 A von Hassel, Präsident . . . . . . 299 D Frage des Abg. Fellermaier: Erfahrungen mit dem Verkehrsverbot für Lastkraftwagen während der Hauptreisezeit Leber, Bundesminister . . . . . . 299 D Frage des Abg. Mertes: Unfallhilfe auf den Straßen und Autobahnen Leber, Bundesminister . . . . . . 300 A Frage des Abg. Mertes: Einheitliche Notrufnummer — Gebührenfreiheit für Notrufe — Notrufsäulen an Bundesstraßen Leber, Bundesminister 300 B Mertes (FDP) 300 C Fragen des Abg. Dr. Arnold: Einführung eines privaten Fernsehens Leber, Bundesminister . . 300 D, 301 B Dr. Arnold (CDU/CSU) . . 301 A, 301 C Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Wohngeldzuschuß für Sozialhilfeempfänger Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 301 D Müller (Mülheim) (SPD) . . . . . 302 A Frage des Abg. Zebisch: Möglichkeiten der Bundesregierung zur Milderung der Wohnungsnot der Studenten Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 302 A Zebisch (SPD) . . . . . . . . . 302 C Frage der Abg. Frau Funcke: Ausgabe von Informationsmaterial des Bundespresseamtes an Mitglieder der Opposition . . . . . . . . . . . 302 D Fragen des Abg. Matthöfer: Beseitigung der rechtlichen Benachteiligung der bei den Stationierungsstreitkräften Beschäftigten — Federführung innerhalb der Bundesregierung Dr. Ehmke, Bundesminister 303 A, 303 B Matthöfer (SPD) . . . . 303 B, 303 C Köppler (CDU/CSU) 303 D Borm (FDP) 303 D Frage des Abg. Ollesch: Geltendmachung der Rezeptgebühr beim Lohnsteuerjahresausgleich Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 304 A Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) : Prozeßdauer bei Revisionen in der Finanzgerichtsbarkeit Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 304 B Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 304 C von Bockelberg (CDU/CSU) . . . 304 D Fragen des Abg. Dr. Müller (München) : Zollfreie Einfuhr von Skiern aus 'Osterreich Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 305 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 305 C Fragen des Abg. Wendt: Besteuerung von karitativen Zwecken dienenden Lotterien Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 305 D Wendt (SPD) 306 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 III Frage des Abg. Krammig: Abbau von wettbewerbsverzerrend wirkenden Steuerarten Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 306 B Krammig (CDU/CSU) . . . . . . 306 C Frage des Abg. Krammig: Zusagen der Bundesländer hinsichtlich der Grunderwerbsteuerbefreiung Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 306 C Krammig (CDU/CSU) 306 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Atomwaffensperrvertrag (Drucksachen VI/ 1, VI/50) Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 307 A Flämig (SPD) 311 A Dr. Rutschke (FDP) 314 B Scheel, Bundesminister . 317 C, 348 D Dr.-Ing. Leussink, Bundesminister . . 323 D Dr. Dr. h. c. Birrenbach (CDU/CSU) . 326 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) (Erklärung nach § 36 GO) 331 A Dr. Bußmann (SPD) . . . . . . 331 B Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 335 B Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . . 338 A Brandt, Bundeskanzler 340 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 345 D Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) 350 D Dr. Eppler, Bundesminister . . . . 353 B Jung (FDP) 355 D Wischnewski (SPD) 357 D Stücklen (CDU/CSU) 359 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Dr. Schmidt [Wuppertal], Rollmann, Orgaß, Dr. Probst, Müller [Berlin], Wohlrabe u. Gen.) (Drucksache VI/2) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Dr. Probst u. Gen.) (Drucksache VI/3) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München] u. Gen.) (Drucksache VI/13) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München] u. Gen.) (Drucksache VI/14) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Abg. Geisenhofer, Dr. Riedl [München], Rollmann, Orgaß u. Gen.) (Drucksache VI/15) — Erste Beratung — Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . . 361 A Frau Meermann (SPD) . . . . . . 362 B Schmidt (München) (SPD) . . . . 364 B Wurbs (FDP) 364 D Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 366 A, 379 A, 383 B Dr. Gleissner (CDU/CSU) 368 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 370 D Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 373 C Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 378 B Dr. Czaja (CDU/CSU) 381 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin (SPD, FDP) (Drucksache VI/46) — Erste Beratung —in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Mietpreisrechts im Land Berlin (Abg. Müller [Berlin], Benda, Dr. Gradl, Wohlrabe u. Gen.) (Drucksache VI/55) — Erste Beratung — Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 385 B Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen (SPD, FDP) (Drucksache VI/4 [neu]) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen (CDU/CSU) (Drucksache VI/7) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 386 D Entwurf eines Gaststättengesetzes (CDU/ CSU) (Drucksache VI/5) — Erste Beratung — 387 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gebühren der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte (Fleischmarkthallen) (CDU/ CSU) (Drucksache VI/6) — Erste Beratung — 387 A IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Dezember 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache VI/16) — Erste Beratung — 387 B Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Fußballweltmeisterschaft 1974 (Drucksache VI/42) 387 B Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/8) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/10) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache VI/9) — Erste Beratung — Ernesti (CDU/CSU) . . . . . . . 387 C Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . . 388 D Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 390 A Genscher, Bundesminister . . . . 391 B Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 391 D Nächste Sitzung 392 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 393 A Anlage 2 Zusammensetzung der Bundesregierung . 393 B Anlage 3 Gegenseitige Vertretung der Bundesmini- ster 393 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Verhandlungen über Grenzfragen im Osten 394 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Memmel betr. Vorschriften über den Erwerb und das Führen von Schußwaffen 394 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Draeger betr. Hilfe für die saarländische Wirtschaft . . . . . 395 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Pohle betr. Aufwertung und stabilitätsgerechte Wirtschaftspolitik 395 B Anlage 8 Ubersicht zu der Mündlichen Frage des Abg. Jung betr. Zulassungsbeschränkungen an den Wissenschaftlichen Hochschulen 395 C Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen betr. Änderung der Ferienordnung für den Sommer 1970 396 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 291 10. Sitzung Bonn, den 12. November 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 393 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aachenbach 12.11. Amrehn * 16. 11. Dr. Dittrich ** 14. 11. Draeger 12. 11. Gottesleben 31. 12. Frau Dr. Henze 14. 11. Frau Herklotz * 17. 11. Frau Kalinke * 17. 11. Frau Krappe 14. 11. Lücke (Bensberg) 30. 11. Lücker (München) 13. 11. Müller (Aachen-Land) ** 12. 11. Petersen * 17. 11. Dr. Rinderspacher * 14. 11. Frau Dr. Wolf * 20. 11. b) Urlaubsanträge Dr. h. c. Strauß 6. 12. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Interparlamentarischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Zusammensetzung der Bundesregierung Bundeskanzler Willy Brandt Stellvertreter des Bundeskanzlers und Bundesminister des Auswärtigen Walter Scheel Bundesminister des Innern Hans-Dietrich Genscher Bundesminister der Justiz Gerhard Jahn Bundesminister der Finanzen Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Alex Möller Bundesminister für Wirtschaft Prof. Dr. Karl Schiller Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Josef Ertl Anlagen zum Stenographischen Bericht Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Arendt Bundesminister der Verteidigung Helmut Schmidt Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Käte Strobel Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Georg Leber Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen Dr. Lauritz Lauritzen Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Egon Franke Bundesminister für Bildung und Wissenschaft Prof. Dr.-Ing. Hans Leussink Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Dr. Erhard Eppler Bundesminister für besondere Aufgaben Prof. Dr. Horst Ehmke Anlage 3 Gegenseitige Vertretung der Bundesminister Es werden vertreten: durch: Der Bundeskanzler den BM des Auswärtigen Der BM des Auswärtigen den BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit Der BM des Innern den BM der Justiz Der BM der Justiz den BM des Innern Der BM der Finanzen den BM für Wirtschaft Der BM für Wirtschaft den BM der Finanzen Der BM für Ernährung, den BM für Wirtschaft Landwirtschaft und Forsten Der BM für Arbeit und den BM für Jugend, Sozialordnung Familie und Gesundheit Der BM der Verteidigung den BM für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen einschließlich der Vertretung in der Befehls-und Kommandogewalt über die Streitkräfte Der BM für Jugend, Fa- milie und Gesundheit den BM für Arbeit und Sozialordnung Der BM für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen den BM der Verteidigung Der BM für Städtebau und Wohnungswesen den BM für innerdeutsche Beziehungen 394 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Der BM für inner- den BM für Städtebau deutsche Beziehungen und Wohnungswesen Der BM für Bildung und den BM für besondere Wissenschaft Aufgaben Der BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit den BM des Auswärtigen Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 12. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache VI/34 Fragen 12 und 13) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß Verhandlungen über Grenzfragen im Osten nur durch eine gesamtdeutsche Regierung in Friedensverhandlungen geführt werden können? Ist die Bundesregierung bereit, da für sie das Recht auf Selbstbestimmung kein Verhandlungsgegenstand ist, dieses Recht auch für die Wiedervereinigung des dreigeteilten Deutschlands zu vertreten? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sie nicht nur berechtigt, sondern im Interesse des Friedens in Europa auch verpflichtet ist, mit ihren östlichen Nachbarn über alle Probleme zu sprechen, die zur Normalisierung unseres Verhältnisses zu ihnen und zur Herstellung gut nachbarlicher Beziehungen gelöst werden müssen. 25 Jahre nach dem Unglück des letzten Krieges ist es an der Zeit, die Hindernisse wegzuräumen, die bisher einer deutsch-polnischen Verständigung im Wege gestanden haben. Wir sind .uns dabei bewußt, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht die volle Zuständigkeit in allen Deutschland als Ganzes und Berlin betreffenden Fragen besitzt. Die Bundesregierung hat in ihrer Regierungserklärung bekräftigt, daß das Recht auf Selbstbestimmung, wie es in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist und wie es von der gesamten Welt für sich in Anspruch genommen wird, auch für das deutsche Volk gilt. Das Recht auf Selbstbestimmung wird nirgendwo in der Welt geleugnet, doch gibt es zahlreiche Fälle, in denen Völker oder Volksteile an der Ausübung dieses fundamentalen Rechts gehindert werden. Aus dem Recht auf Selbstbestimmung, das die Bundesregierung nicht müde werden wird, für das ganze deutsche Volk zu fordern, kann aber keine geeignete Handhabe für die Regelung territorialer Fragen hergeleitet werden. Dennoch werden die Gespräche, die mit der polnischen Regierung in Kürze aufgenommen werden sollen, an der Grenzfrage nicht vorbeigehen können. Die Bundesregierung wird sich dabei von der Erkenntnis leiten lassen, die bereits die frühere Bundesregierung in ihrer Erklärung vom 13. Dezember 1966 wie folgt ausgesprochen hat: „In weiten Schichten des deutschen Volkes besteht der lebhafte Wunsch nach einer Aussöhnung mit Polen, dessen leidvolle Geschichte wir nicht vergessen haben und dessen Verlangen, endlich in einem Staatsgebiet mit gesicherten Grenzen zu leben, wir im Blick auf das gegenwärtige Schicksal unseres eigenen geteilten Volkes besser als in früheren Zeiten begreifen." In ihrer Politik gegenüber ihren östlichen Nachbarn wird die Bundesregierung auch der polnischen Regierung den Abschluß eines Abkommens vorschlagen, durch das auf die Anwendung oder Androhung von Gewalt beiderseitig Verzicht geleistet wird. Ein solches Abkommen, das die territoriale Integrität eines jeden Vertragspartners berücksichtigt, könnte zum Ansatzpunkt für weitere Gespräche werden. Was Einzelheiten dieser Gespräche angeht, so bitte ich Sie um Ihr Verständnis, daß die Bundesregierung es nicht für vertretbar hält, ihren durch die Regierungserklärung eröffneten Verhandlungsspielraum durch öffentliche Erklärungen selbst einzuengen. Die Bundesregierung betont aber auch hier, daß sie die von seiten des Parlaments ausgehenden Anregungen vertrauensvoller Fühlungnahnahmen nutzen möchte. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Memmel (Drucksache VI/34 Fragen 30 und 31) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die Kontroverse um die Auslegung des Bundeswaffengesetzes durch eine Novellierung des § 36 zu beenden? Kennt die Bundesregierung die Kritik der Süddeutschen Zeitung vom 27. Oktober 1969, wonach lediglich der Gesetzgeber zu verurteilen sei, weil er durch eine augenscheinlich in ihren Konsequenzen nicht zu Ende gedachte waffenrechtliche Verordnung diese Rechtsunsicherheit geschaffen hat? Der Bundesregierung ist die Kritik der Süddeutschen Zeitung vom 27. Oktober 1969 bekannt. Sie teilt die Auffassung, „daß ein scharfes Vorgehen gegen Revolverhelden für die Sicherheit der Allgemeinheit zwingend ist". Sie ist gemeinsam mit dem Bundestag und Bundesrat der Ansicht, daß die Vorschriften über den Erwerb und das Führen von Schußwaffen auch nach dem Erlaß des Bundeswaffengesetzes strafbewehrt sind. Entsprechend dieser Rechtsauffassung hat das Landgericht München die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und betont, daß § 26 Reichswaffengesetz teilweise als Landesrecht fortgilt. In diesem Sinne hat auch das bayerische Oberste Landesgericht geurteilt. Im übrigen sehen die künftigen Landeswaffengesetze vor, daß der unbefugte Erwerb und das unbefugte Führen von Schußwaffen bestraft wird. Mit dem Erlaß dieser Gesetze ist in einigen Ländern bereits in Kürze zu rechnen; eine Initiative des Bundesgesetzgebers ist deshalb nicht erforderlich. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 395 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Draeger (Drucksache VI/34 Frage 35) : Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der besonderen Absatzsituation der saarländischen Wirtschaft auf den französischen Märkten, den saarländischen Unternehmungen im Rahmen ihrer Strukturmaßnahmen zusätzliche Erleichterungen und Hilfen zu gewähren und welche? Die Bundesregierung ist weiterhin bereit, der saarländischen Wirtschaft im Rahmen ihrer Strukturmaßnahmen eine umfassende Hilfe zu gewähren. So sind in der Zweijahresperiode 1967/68 fast 500 Mio DM für das Saarland an Bundesmitteln zur Verfügung gestellt worden. 1969/70 werden diese Bundesmittel, trotz Beendigung der Konjunkturprogramme und trotz geringerer Finanzhilfen für den Steinkohlenbergbau, nahezu die gleiche Größenordnung erreichen. Demgegenüber wurden 1965/66 nur 110 Mio DM für das Saarland aufgewendet. Die Bundesmittel für 1969/70 werden weitgehend im Rahmen des Aktionsprogramms Saarland-Westpfalz zum Einsatz kommen. Dieses Programm sieht Hilfen für die Errichtung neuer Betriebe wie für die Erweiterung grundlegende Rationalisierung und Umstellung der altansässigen Unternehmen vor. In seinem Rahmen sollte auch versucht werden, diejenigen Schwierigkeiten zu beseitigen, von denen die Saarwirtschaft auf Grund der Änderung in den Wechseikursrelationen berührt werden könnte. Die Bundesregierung wird deshalb — im engen Einvernehmen mit den zuständigen Stellen des Landes — die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten. Dem Bundesbeauftragten für den Steinkohlenbergbau und die Steinkohlenbergbaugebiete obliegt es, Anträge für eine steuerliche Investitionsförderung auf Grund des § 32 des Kohlegesundungsgesetzes zu prüfen. Für die saarländische Wirtschaft hat er inzwischen Förderungsbescheinigungen für Investitionen über einen Gesamtbetrag von 1,7 Mrd. DM erteilt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 6. November 1969 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Pohle (Drucksache VI/34 Fragen 36 und 37): Welche Bereiche der deutschen Wirtschaft haben im Sinne der Rede des Bundesministers für Wirtschaft vom 30. Oktober 1969 gesagt: „Wären wir doch bloß rechtzeitig dem Schiller gefolgt, dann wäre die Sache billiger."? Hängt die zukünftige Funktionsfähigkeit des internationalen Währungssystems nicht maßgeblich davon ab, daß einige andere wichtige Industrieländer eine stabilitätsgerechtere Wirtschaftspolitik führen und eine Reform des Abkommens von Bretton Woods erfolgt? Alle Bereiche der deutschen Wirtschaft haben durch die Verzögerung der Aufwertung Nachteile erlitten. Eine Aufwertung im Frühjahr, ja noch im Sommer dieses Jahres, hätte die Preis- und Kostenstabilität gesichert. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine stabilitätsgerechtere Wirtschaftspolitik wesentlich ist, wenn das derzeitige internationale Währungssystem reibungslos funktionieren soll. In der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bedarf es noch einer erheblichen Fortentwicklung des Gemeinschaftsgedankens, um das notwendige Maß an Harmonisierung einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik zu erreichen. Solange wir uns in der westlichen Welt nicht auf einem gemeinschaftlichen Stabilitätspfad bewegen, müßten zumindest die im Statut des Internatioalen Währungsfonds gegebenen Möglichkeiten rechtzeitig und entschlossen genutzt werden. Auch auf der Grundlage dieses Statuts ist nach Übereinstimmung vieler Politiker und Sachverständiger eine elastischere und weniger abrupte Anwendung des Wechselkursinstruments möglich. Anlage 8 Ubersicht des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi zu der Mündlichen Frage des Abgeordneten Jung (Drucksache VI/49 Frage 2) : Ubersicht über die Entwicklung der Zulassungsbeschränkungen an den Wissenschaftlichen Hochschulen der WS 1968/69 und 1969/70 für Studienanfänger 1) (Stand: 1. 10. 1969) Fächer Vorhandene Zulassungsbeschränkungen Fakultäten absolut WS WS 1968/69 1969/70 1 2 3 Medizin 23 21 23 Zahnmedizin 19 17 19 Tiermedizin 4 3 4 Pharmazie 17 16 17 2) Psychologie 25 12 14 Biologie 29 6 18 Mikrobiologie 9 1 1 Chemie 31 13 18 Biochemie 9 — 1 Lebensmittelchemie 10 — 3 Geographie 32 4 6 Geologie 28 5 3 Geophysik 14 i Mathematik 33 3 8 Mineralogie 28 2 3 Physik 31 8 12 Astronomie 12 — 1 Architektur 8 8 8 Bauing. 8 — 2 Elektrotechnik 10 5 6 Luftfahrttechnik 2 — 1 Vermessung 8 — 2 Jura 24 — 1 Betriebswirtschaft 27 2 4 Volkswirtschaft 28 2 4 Anglistik 27 2 4 Germanistik 28 3 3 396 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. November 1969 Fächer Vorhandene Fakultäten Zulassungsbeschränkungen absolut WS WS 1968/69 1969/ 70 1 2 I 3 Geschichte 27 2 2 Politologie 23 2 2 Publizistik 4 — 1 Romanistik 25 2 3 Slawistik 21 — 1 Soziologie 23 2 3 Theaterwissenschaft 4 — 1 Dolmetscher 3 1 1 1) ohne Konstanz und Ulm, die sich noch im Aufbau befinden 2) darunter zwei Hochschulen, deren Fächer zwar voll ausgelastet sind, die aber offiziell keine Zulassungsbeschränkung eingeführt haben Quelle: Ermittlungen der WRK Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 12. November 1969 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (Drucksache VI/49 Frage 38) : Ist die Bundesregierung bereit, mit der Kultusministerkonferenz wegen einer Änderung der Ferienordnung für Sommer 1970 zu verhandeln? Die Bundesregierung ist bereit, mit der Kultusministerkonferenz wegen einer Änderung der Ferienordnung für Sommer 1970 zu verhandeln. Ich habe im Auftrag der Bundesregierung den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, in Abstimmung mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Bundesländer den Ferienbeginn im Lande Nordrhein-Westfalen möglichst auf den 2. Juli 1970 festzusetzen. Die gleiche Bitte habe ich an den Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder gerichtet.
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    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle der Debatte auf wenige Punkte beschränken; den übrigen Fortgang der Debatte werden andere, sachverständigere Kollegen bestreiten.



    Dr. Barzel
    Wir begrüßen, daß in der nächsten Woche in Helsinki die SALT-Gespräche beginnen, und wir hoffen, daß sie ein Klima schaffen, in dem der Abbau von Spannungen in Mitteleuropa erleichtert werden kann; denn dies bleibt die Hauptsorge der Deutschen.
    Herr Bundeskanzler, zu einigen Punkten dessen, was Sie hier vorgetragen haben! Erstens. Sie haben in einem Ihrer ersten Sätze gesagt, dieser Bundestag werde „formal" erst bei der Ratifizierung votieren. Das ist ein interessanter Satz. Das bedeutet, daß diese Debatte einen großen Rang bekommt, und daß bedeutet zugleich, welcher Rang der Absicht der Bundesregierung zukommt, bald — „zügig", wie Sie uns gesagt haben — eine Unterschrift zu leisten. Dies zwingt natürlich die Opposition, die Punkte, in denen sie Bedenken hat, entweder in diesem Hause voll auszusprechen oder sie im Ausschuß zu erörtern. Es zwingt die Opposition auch, weiterhin davon auszugehen, daß das gilt, worin wir übereingekommen sind, nämlich: daß die Bundesregierung warten wird, bis dieses Haus und seine Ausschüsse ihre Befassung mit der Sache abgeschlossen haben. Das erscheint mir sehr wichtig.
    Der bisherige Gang der Debatte und Ihre Intervention eben, Herr Bundeskanzler, machen doch deutlich, daß noch manches zu besprechen ist. Ich will manche Frage hier gar nicht stellen. Aber ich meine, wir müßten doch etwas mehr wissen über die Frage, was mit der Sowjetunion im Zusammenhang mit diesem Thema besprochen worden ist, was noch besprochen werden soll, was nicht mit der Sowjetunion besprochen worden ist oder nicht mit der Sowjetunion besprochen werden soll. Auch das kann in den Ausschüssen geschehen, wenn dies gewünscht wird.
    Wir begrüßen, daß die Regierung erklärt hat, sie werde alles, was die Opposition — sei es hier, sei es im Ausschuß, sei es in anderen Gesprächen — hierzu sagt, würdigen und in ihre Entscheidung einbeziehen. Im Hinblick auf diese Erklärung findet die Debatte am heutigen Tag statt. Ich denke, sie ist bis zur Stunde eine Debatte, in der sachlich gerungen wird, in der Argumente pro und kontra auf den Tisch gelegt werden, in der die eine Frage beantwortet worden ist, die andere noch nicht, in der aber eine abschließende Würdigung noch nicht möglich ist,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    weil noch nicht alles ausgesprochen und noch nicht alles mitgeteilt worden ist.
    Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, wirklich eine breite Basis für diese Politik suchen, müssen Ihre Anstrengungn breit, geduldig, sachlich und so sein, daß man Argument für Argument nehmen und es dann als erledigt oder nicht erledigt betrachten kann, um zu einer abschließenden Gesamtwürdigung zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Das ist das eine, was ich hier sagen wollte.

    Das zweite. Der Herr Bundeskanzler hat am Schluß seiner Ausführungen — Sie werden mir erlauben,
    ganz ruhig zu sagen, daß ich das für überflüssig hielt, weil dafür in diesem Hause kein Adressat vorhanden ist, wie Ihnen, Herr Bundeskanzler, bekannt sein muß; ich weiß nicht, wen Sie damit gemeint haben — eine Mahnung ausgesprochen. Die deutsche Politik müsse, so sagten Sie, „Fehldeutungen vermeiden", und zwar vor allem auf dem atomaren Gebiet.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    — Lassen Sie mich doch dazu etwas sagen! Es ist, denke ich, hilfreich für Deutschland, wenn sich die Opposition hier so einläßt. — Wir müssen, so sagte der Kanzler, den Eindruck vermeiden, als sei die Bundesrepublik Deutschland auf etwas aus, was sie nicht bekommen werde. So ungefähr hieß es.
    Herr Bundeskanzler, wen meinen Sie eigentlich damit? Dieses Haus, der vorige 5. Bundestag, hat am 26. September 1968 einstimmig — ich darf für die Fraktion der CDU/CSU des 6. Deutschen Bundestages sagen, daß dieses Votum unverändert fort-gilt —folgendes beschlossen.

    (Vereinzelter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf es mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren — es handelt sich um die berühmte Entschließung, die hier oft eine Rolle gespielt hat —:
    Der Deutsche Bundestag tritt für internationale Vereinbarungen über gleichwertige Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, Rüstungsbegrenzung und Abrüstung ein. Die Bundesrepublik Deutschland hat gegenüber ihren Bündnispartnern auf die Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen verzichtet und sich entsprechenden internationalen Kontrollen unterworfen. Sie strebt keine nationale Verfügungsgewalt über Atomwaffen und keinen nationalen Besitz an solchen Waffen an.
    Dies gilt für uns fort, und deshalb war diese Mahnung sicherlich an eine Adresse außerhalb des Hauses gerichtet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unsere Besorgnis, Herr Bundeskanzler und Herr Außenminister, ist folgende. Das Neue dieses Vertrags — ich sage das in NV-Debatte auf NV-Debatte für diese Fraktion — ist doch, daß wir eine rechtsförmliche Verpflichtung auch gegenüber der Sowjetunion eingehen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Frage, die wir zu stellen haben werden, heißt: Ist diese Verpflichtung so konkret und so bekannt und so unzweideutig, daß eine Situation entsteht, in der ein definitives Urteil für jeden, der bei einem praktisch unbefristet geltenden Vertrag Verantwortung für kommende Generationen übernimmt, möglich ist?
    Sehen Sie, Herr Kollege Raffert, wenn ich den Vorzug gehabt hätte, mit Ihnen und mit anderen in Neu-Dehli gewesen zu sein, hätte der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der CDU/CSU entsprechend den Einlassungen dieser Fraktion und beider Parteien bei der IPU natürlich ja zur Nonproliferation gesagt. Aber das heißt doch nicht, daß für Deutschland alle Voraussetzungen erfüllt sind; denn dies



    Dr. Barzel
    ist das einzige Land der Welt, das sich einer Interventionsanmaßung der Sowjetunion ausgesetzt sieht. Dieses Thema muß vom Tisch, meine Damen und meine Herren.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. —Abg. Raffert: Was hat denn das mit dem Vertrag zu tun, Herr Barzel? Das steht so oder so darin!)

    — Was das mit dem Vertrag zu tun hat? Das ist in der Debatte deutlich geworden, und es wird weiter deutlich werden, Herr Raffert; wir führen die Debatte.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Ich habe jetzt nicht die Absicht, eine Zwischenfrage zu gestatten, und bitte sehr um Verständnis.

    (Erneuter Zuruf von der SPD.)

    — Es ist das zweite Mal, daß ich eine Zwischenfrage ablehne. Ich habe sie einmal einem Kollegen, als eine persönliche Sache zu bereinigen war, abgelehnt. Ich möchte hier in Ruhe noch ein paar Punkte ansprechen. Die Redezeit für die Opposition ist an diesem Tage knapp genug. Das haben Sie früher oft genug beklagt.

    (Lachen bei der SPD )

    Der dritte Punkt, Herr Bundeskanzler — und ich sehe dabei auch den Herrn Außenminister an im Hinblick auf das, was er über eine Wiener Erklärung meines Freundes Stoltenberg gesagt hat, wozu Herr Stoltenberg sich mit Recht geäußert hat —: Der Bundeskanzler fing an, von einem Brief meines Kollegen Birrenbach zu sprechen, und hat das dann freundlicherweise nicht ganz zu Ende geführt. Es ist sicher nicht Ihre Absicht, aber bei denen, die zuhören, und die Vorgänge dieser Jahre und Monate nicht kennen, wird so der Eindruck erweckt: Na, ist das eigentlich alles so eine Richtung, und wird überall dasselbe gesagt? — Es ist wohl nicht Ihre Absicht, aber der Eindruck könnte entstehen. Damit er nicht entsteht, Herr Bundeskanzler, habe ich mir — und dies ist ein Kompliment für das Archiv der Bundestagsfraktion der CDU/CSU — den Brief von Herrn Birrenbach vom 16. Juni beschafft. Und da dieser Brief — —

    (Zurufe von der SPD.)

    — Sicherlich, es ist etwas anderes, wenn ein Absender die Ermächtigung gibt, einen Brief zu verlesen, als wenn ein Empfänger von einem Brief Gebrauch macht. — Da dieser Brief, wie es ausdrücklich heißt, im Auftrag des Fraktionsvorsitzenden geschrieben worden ist, möchte ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einige Sätze aus diesem Brief vorlesen. Es heißt — —

    (Wiederholte Zurufe von der SPD.)

    — Haben Sie nicht gemerkt: es ist etwas anderes, wenn Sie mir einen Brief schreiben, was Sie dann mit dem Brief machen, oder wenn ich als Empfänger hingehe. Das ist ein Unterschied. Ich glaube, das ist klar. — Es heißt dort:
    Die Vorschläge der Kabinettsvorlage von Bundesaußenminister Brandt scheinen mir im ganzen gesehen nicht annehmbar zu sein. Herr
    Brandt wünscht eine Verbesserung der NV-Regelung auf eine Zeit nach der Unterzeichnung des Vertrages vertagen zu wollen. Ich bin demgegenüber der Auffassung, daß es zwar zahlreiche Fragen gibt, die erst nach der Unterzeichnung des Vertrages in Verhandlungen mit unseren Partnern eine Regelung finden können, daß aber andererseits gewisse Punkte bereits vor Unterzeichnung des Vertrages — sei es mit unseren westlichen Partnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, sei es mit der Sowjetunion — verhandelt werden müssen.
    So weit dieses Zitat.
    Wenn jemand genau wissen möchte, welche Fragen vorher und welche nachher zu verhandeln sind, dann möchte ich bitten, Herr Bundeskanzler, in dem Vermerk über das Gespräch mit der Fraktion der CDU/CSU bei Ihnen als Außenminister nachzusehen — ich glaube, vom April —, wo ganz genau gesagt ist, welche Fragen vor einer etwaigen deutschen Unterschrift und welche hinterher zu klären seien. Eines kann ich hier schon sagen: es war und ist die unveränderte Auffassung der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, daß vor einer definitiven Festlegung der deutschen Haltung die Frage, die der Bundeskanzler Kiesinger „unser Verhältnis zur Sowjetunion" genannt hat und über die mein Freund Guttenberg nachher im einzelnen sprechen wird, geklärt sein muß.
    Der vierte Punkt. Ich habe leider der Jungfernrede des sozialdemokratischen Kollegen Bußmann nur am Lautsprecher zuhören können. Ich fand, es war eine bedeutsame Rede. Ich möchte auf diese Rede zurückkommen, Herr Bußmann, weil es bedeutsam war und weil dort ein Satz war — —

    (Zuruf von der SPD.)

    — Er hört es in der Übertragung; ich mache gar keinen Vorwurf. — Er sagte — und da stimme ich nicht mit ihm überein —, wir sollten hier „nicht juristische Scheinprobleme hochspielen". Er hat dem das gegenübergestellt, was er „Realpolitik" nannte. Was sind juristische Scheinprobleme? Ich möchte einmal Herrn Bußmann eine Frage stellen. Vielleicht antwortet jemand anders; das beste wäre natürlich, Sie würden antworten, Herr Bundeskanzler, aber ich will es einmal so herum versuchen. In Art. II dieses Vertrages wird beschrieben, welche Verpflichtung wir übernehmen, und ich darf mit Genehmigung des Präsidenten diesen Artikel in die Debatte einführen:
    Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, . .
    Wenn mir in diesem Hause jemand sagen kann, was definitiv dies sei, die mittelbare Verfügungsgewalt zu erlangen, dann wäre ich dankbar. Dies ist nämlich nicht ein „rechtliches Scheinproblem", sondern dies ist der Kern des Vertrages!

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Was ist dies, meine Damen und Herren?




    Dr. Barzel
    Was passiert in dem Fall — und ich gehe jetzt gar nicht einmal auf den europäischen Vorbehalt ein, über den meine Freunde sprechen werden; aber es ist eine fundamentale Frage —, was ist, wenn im Sinne dieses Vertrages Kernwaffenstaaten und Nichtkernwaffenstaaten sich im Zuge künftiger Entwicklungen — in 10, in 15 Jahren; dieser Vertrag dauert ja so lange — zu einer Gemeinsamkeit in der Politik zusammenfinden wollen, die etwas anderes ist als die Staatensukzession? Ist dann dieses Zusammenkommen und dieses Versuchen, gemeinsame Politik in einem gemeinsamen Ministerrat zu machen, etwa die Nähe der indirekten Verfügungsgewalt?
    Ich habe den deutschen Text zitiert, weil alle, die mit dem englischen umgehen, den Begriff der Kontrolle hier gewöhnlich verwechseln. „Kontrolle" ist Art. III; und „Verfügungsgewalt" ist Art. I und II und heißt im Englischen „control". Das ist ein großer Unterschied. Was ist möglicher Zugang zu indirekter Kontrolle? Das ist eine Frage, die beantwortet werden muß.
    Sehen Sie, Herr Bußmann, mein Kollege Birrenbach hat — was wir in anderen Zusammenhängen unendlich oft getan haben — davon gesprochen: Pacta sunt servanda; Verträge sind zu halten. Und gerade die Deutschen haben allen Anlaß, überhaupt nie wieder den Schatten eines Verdachts, eines Zweifels aufkommen zu lassen, daß sie irgendeine Unterschrift dolos leisten würden. Das aber setzt doch voraus, daß 'der Inhalt eines Vertrages bestimmt ist und daß alle die, die ihm zustimmen sollen, wissen, welche Verpflichtungen sie wirklich übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren! Das Völkerrecht, mit dem wir es zu tun haben, setzt ja nicht Normen, sondern lebt im Grunde aus Verabredungen, und die kommen ja nicht gegen einen zustande. Deshalb ist es ein geltender Satz der allgemeinen Völkerrechtslehre, daß für die Interpretation und Beurteilung völkerrechtlicher Verträge auch das heranzuziehen ist, was sich im Zivilrecht in der Welt als allgemeine Rechtslehre entwickelt hat. Ich möchte das jetzt noch sagen, um dem ohnehin beschäftigten Herrn Bundeskanzleiminister Ehmke vielleicht noch etwas in seiner juristischen Eigenschaft zu tun zugeben.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    — Das ist ein positives Wort, meine Damen und Herren. — Ich habe gesternabend, weil ich dachte, daß so etwas kommen könnte, in einer Rechtsquelle nachgelesen, die für jeden Juristen, wenn er Politiker ist und gelegentlich seinen Verstand wieder juristisch einrichten muß, nützlich ist. Herrn Jahn geht's noch nicht so; er ist Justizminister; aber anderen Juristen geht es so: Wenn man immer in der Politik ist, muß man gelegentlich den juristischen Verstand wieder einrichten. Und dazu sind es, glaube ich, hervorragende Übungen, wenn man bei Sohm in den „Institutionen des Römischen Rechts" nachliest. Da wird vieles wieder klar, und das ist auch völlig unbestritten, daß ist auch europäisch, und das hat
    überhaupt eine gute Basis. Da heißt es dann auf Seite 201: „Verträge im Rechtssinne sind rechtlich erhebliche Konsenserklärungen." Konsens heißt also Zustimmung. Meine Damen und Herren, ist es eigentlich wirklich ein Fortschritt, wenn wir es hier mit einer Sache zu tun haben, wo .ein Konsens über einen Dissens zur Geschäftsgrundlage wird? Das ist eine Frage, und ich glaube, sie so zu formulieren entspricht der Zurückhaltung, die wir uns hier vorgenommen hatten. Aber da in der allgemeinen Rechtslehre — und da hört es auch schon auf — der „error in substantia", d. h. der Irrtum über den Gegenstand selbst, nicht nur als Motiv beachtlich ist, sondern ein potentieller Anfechtungsgrund ist, möchte ich gern, daß in diesem Hause und in der deutschen Politik niemand diesen potentiellen Anfechtungsgrund wird finden können, weil er hier etwa einen Beschluß mit einem „error in Substantia" gefaßt hat. Deshalb wollen wir die „substantia" gründlich in den Ausschüssen erörtern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, wir sprechen hier sonst oft von Friedensordnung. Das heißt: Herrschaft des Rechts, oder das heißt im Sprachgebrauch, wenn ich es richtig verstanden habe: Vertragt euch! Also: Wenn ihr euch vertragt, euch an die Ver- träge haltet, gibt es Frieden. Das meint „Herrschaft des Rechts".
    Meine Damen und Herren, deshalb kann man rechtliche Fragen in einem solchen Zusammenhang gar nicht „hochspielen" und sie gegen eine vermeintliche „Realpolitik" setzen. Politik für Deutschland heißt das Recht ganz ernst nehmen

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und eine Verpflichtung, die wir eingehen sollen, unbegrenzt eingehen sollen, ganz, ganz ernst nehmen und sich nicht selbst, Herr Bundeskanzler, unter einen zeitlichen Zugzwang setzen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Scheel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, ich will in diesem Augenblick nur auf ganz wenige Bemerkungen des Kollegen Dr. Barzel eingehen. Zunächst einmal hat Herr Dr. Barzel wieder auf die Erklärung von Herrn Dr. Stoltenberg von heute mittag zurückgegriffen. Herr Dr. Stoltenberg, Sie haben erklärt, ich hätte, als ich Ihre Auffassung über den Termin einer möglichen Unterschrift unter den NV-Vertrag hier genannt habe, vertrauliche Berichte verwendet. Das ist nicht der Fall. Ich habe mich auf offen geführte Unterhaltungen und bekannte Erklärungen von Ihnen bezogen, und ich habe ja auch nur zur Sache etwas gesagt.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Das trifft nicht zu!)

    Ich bin der Meinung, daß Sie, Herr Dr. Stoltenberg, auch gar nicht etwa bestreiten wollen, daß Sie -- wie wir es als eine reale Möglichkeit betrachtet haben, daß der Vertrag Ende dieses Jahres un-



    Bundesminister Scheel
    terschrieben wird. Es ist ja auch kein Geheimnis, daß man diese Meinung hat vertreten können, wenn die Einschränkung gemacht wird — und Sie haben sie gemacht —: wenn alle die Dinge geklärt sind, die es zu klären gilt.
    Die unterschiedliche Auffassung ergibt sich also letztlich daraus, ob man mit den Klärungen, die wir in der Zwischenzeit haben erreichen können, zufrieden ist oder nicht. Sie werden möglicherweise nicht damit zufrieden sein. Wir dagegen werden bei der endgültigen Abwägung der Pro und Kontra des Vertrages möglicherweise mit diesen Klärungen zufrieden sein. Darin besteht der Unterschied. Mehr wollte ich auch damit nicht gesagt haben, Herr Kollege Stoltenberg.
    Ich möchte jetzt gleich auf den letzten Punkt, den Herr Dr. Barzel hier erwähnt hat, zu sprechen kommen. Er brachte seine Sorge zum Ausdruck, die Verfügungsgewalt könnte nicht recht definiert worden sein. Hier muß ich Ihnen einige Passagen vorlesen. Ich glaube, das ist auch für die Kollegen, die diesen Text noch nicht kennen, nützlich. Zu dem von Herrn Dr. Barzel angesprochenen Thema liegt eine sehr umfassende Antwort unserer amerikanischen Verbündeten vor. Dort heißt es:
    1. Der Vertrag befaßt sich nur mit dem, was untersagt, und nicht mit dem, was erlaubt ist.
    Das ist, glaube ich, ein entscheidender Bestandteil.
    2. Er untersagt, Kernwaffen, das bedeutet Bomben und Sprengköpfe
    — ich sage hinzu: sonst nichts —
    oder die Verfügungsgewalt darüber, an irgendeinen Empfänger weiterzugeben. Er untersagt ferner die Weitergabe sonstiger Kernsprengkörper, weil ein für friedliche Zwecke bestimmter Kernsprengkörper als Waffe verwendet oder unschwer für eine derartige Verwendung hergerichtet werden kann.
    Darüber ist heute morgen eine umfassende Diskussion geführt worden.
    3. Er behandelt nicht und untersagt daher nicht die Weitergabe nuklearer Träger oder Trägersysteme oder der Verfügungsgewalt darüber an irgendeinen Empfänger, solange eine solche Weitergabe Bomben oder Sprengköpfe nicht einschließt.
    Die augenblickliche NATO-Regelung wird also überhaupt nicht betroffen.
    4. Er behandelt nicht alliierte Konsultationen und Planungen auf dem Gebiet der nuklearen Verteidigung, solange daraus keine Weitergabe von Kernwaffen oder der Verfügungsgewalt darüber resultiert.
    Die augenblickliche Regelung ist also gedeckt.
    5. Er behandelt nicht Regelungen über die Dislozierung von Kernwaffen auf alliiertem Hoheitsgebiet, da diese keine Weitergabe von Kernwaffen oder Verfügungsgewalt darüber einschließen, sofern und solange nicht eine Entscheidung, Krieg zu führen, getroffen wird, in
    welchem Zeitpunkt der Vertrag nicht mehr maßgebend wäre.
    6. Der Vertrag behandelt
    — das ist das, was Herr Dr. Barzel speziell wissen will —
    nicht das Problem der europäischen Einheit und würde die Rechtsnachfolge eines neuen föderierten europäischen Staates in den Nuklearstatus eines seiner schon vorher vorhandenen Bestandteile nicht ausschließen. Ein neuer föderierter europäischer Staat müßte die Kontrolle über alle Aufgaben im Bereich seiner äußeren Sicherheit ausüben einschließlich der Verteidigung und aller die äußere Sicherheit betreffenden außenpolitischen Angelegenheiten,
    — das ist der hohe Stand an Föderation, den ich für eine solche Entwicklung bejahe —
    brauchte jedoch nicht so zentralisiert zu sein, daß er sämtliche Regierungsaufgaben übernähme. Während der Vertrag die Rechtsnachfolge seitens eines solchen föderierten Staates nicht behandelt, würde er der Weitergabe von Kernwaffen oder der Verfügungsgewalt darüber an irgendeinen Empfänger einschließlich eines multilateralen Gebildes entgegenstehen.
    Das heißt mit anderen Worten, es muß ein bestimmter Grad an Föderation erreicht sein, und ich meine, das ist gut so. Es heißt aber außerdem, daß vorher jede andere Form von Sicherheit in der gleichen Weise geregelt werden kann, wie sie jetzt innerhalb unseres Bündnisses geregelt ist, nämlich dadurch, daß die Staaten, die Atomwaffen besitzen, in den Stand versetzt werden, eine wirkungsvolle Verteidigung zu betreiben, und daß den Beteiligten, die nicht Atomwaffenstaaten sind, der Zugang zu den Waffen blockiert wird, so wie es jetzt geschieht.
    Meine Damen und Herren, ich darf jetzt vielleicht zu ein paar anderen Punkten kommen, nur ganz wenigen, zunächst zum Verfahren. Herr Dr. Barzel, Sie haben gesagt, daß es Ihnen darauf ankäme, bis zur Unterschrift ein sehr sorgfältiges Verfahren durchzuführen. Nun ist die Unterschrift unter diesen Vertrag ganz unbestritten nicht Sache einer Entscheidung des Bundestages, sondern einer Entscheidung der Bundesregierung. Wir haben es für richtig gehalten, die Unterschrift unter diesen Vertrag nicht zu beschließen, solange der Bundestag nicht ausführlich über diesen Vertrag diskutieren konnte. Das hat er jetzt getan bzw. ist dabei, es zu tun. Er hat diese Diskussion auf der Basis der Großen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion begonnen. Erklärungen über die Verhandlungen mit der Sowjetunion über diesen Komplex sind nun heute hier gegeben worden. Darüber hinaus kann es keine geben. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß der Komplex der Art. 53 und 107 in zukünftige Verhandlungen mit der Sowjetunion hineingeschoben wird, die nicht mit dem NV-Vertrag in Verbindung stehen. Wir haben von der Sowjetunion erstens eine zufriedenstellende Erklärung über den ganzen Bereich der friedlichen Anwendung der Kernenergie und der Freiheit in der Wissenschaft und der Entwicklung und der Wirtschaft auf diesem Gebiete bekommen. Zweitens ha-



    Bundesminister Scheel
    ben wir eine völlig ausreichende Erklärung über den Komplex der Kosten der Kontrollen bekommen. Hier kann ich nur sagen: Daß der Vertrag mit der Internationalen Atomenergieorganisation noch nicht geschlossen ist, liegt ja zum Teil daran, daß wir noch nicht die Unterschrift unter den Vertrag gesetzt haben, denn erst danach wird Euratom in der Lage sein, das Verifikationsabkommen mit der Internationalen Behörde zu verhandeln. Das bedingt sich gegenseitig.
    Daß wir ein Verifikationsabkommen haben wollen, in dem auch die Kostenfrage in unserem Sinne geregelt ist, versteht sich. Das gilt aber auch für die anderen Atomländer. Insoweit haben wir hier Verbündete in der Sache. Alle haben bei ihrer Unterschrift darauf hingewiesen, daß eine Ratifikation erst in Frage kommt, wenn das Verifikationsabkommen, also auch die Frage der Kosten, zufriedenstellend geregelt ist.
    Weiter hat die Sowjetunion eine Erklärung abgegeben über die Entschließung 255 der Vereinten Nationen. Hier gibt es die bekannte Einschränkung, die heute auch von dem Herrn Bundeskanzler noch einmal eingehend dargestellt wurde. Aber erstens können wir hier nichts weiteres erwarten — nicht zuletzt auch mit Nutzen für uns —, weil ja das Vetorecht jedes Mitgliedes des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in jedem Fall und immer gegeben ist, und zweitens berührt das nicht unsere Sicherheit; denn unsere Sicherheit wird nicht durch eine Entschließung der UNO garantiert, sondern
    ganz allein durch die Wirksamkeit des Bündnisses, dem wir angehören.
    Herr Dr. Barzel hat nun gesagt, das Neue dieser Diskussion und dieses Vertrages sei, daß es sich hier zum erstenmal um eine rechtsförmliche Verpflichtung der Bundesrepublik gegenüber der Sowjetunion handle. Damit, Herr Dr. Barzel, verfälschen Sie den Sinn dieses Vertrages doch um einiges. Denn hier handelt es sich nicht um einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion, sondern es handelt sich um einen multilateralen Vertrag, dem schon 93 Länder angehören.

    (Abg. Dr. Barzel: Ich habe doch nur von einer Verpflichtung gesprochen! — Abg. Dr. Dr. h. c. Birrenbach: Aber die Sowjetunion ist doch Partner dieses Vertrages! Das ist doch das Problem!)

    — Natürlich. Es sind aber auch noch andere Partner dieses Vertrages. Herr Dr. Birrenbach, unsere Sicherheit wird in diesem Bereich überhaupt nicht berührt, weil unsere Sicherheit nicht von diesem Vertrag abhängt.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Birrenbach meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    Es kommt doch darauf an — Herr Dr. Birrenbach, ich möchte das jetzt zu Ende führen —, daß unsere Vertragspartner in dem Sicherheitsbündnis, dem wir angehören, in ihrer Definition der Bestimmungen des Vertrages mit uns eine gemeinsame Meinung haben und daß sie innerhalb dieses Bündnisses diese Meinung vertreten. Nun ist es so, daß in der Interpretation der Vereinigten Staaten eine einheitliche Auffassung zustande gekommen ist, der sich alle NATO-Partner angeschlossen haben: Der Sicherheitsfall, der Bündnisfall würde in dem gleichen Augenblick eintreten, in dem eine andere Macht von außen die Sicherheit der Bundesrepublik gefährden würde. Das ist doch allein der Kern, auf den es ankommt. Das haben wir erreicht, und das ist das Entscheidende.