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ID0600820400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 8. Sitzung Bonn, den 5. November 1969 Inhalt: Glückwunsch zu dem Geburtstag des Abg. Varelmann 247 A Verzicht des Abg. Dr. Schmidt (Offenbach) auf die Mitgliedschaft im Bundestag 247 A Eintritt der Abg. Zander und Pohlmann in den Bundestag 247 A Fragestunde (Drucksache VI/34) Frage des Abg. Dröscher: Anrechnung der Zeit der Arbeitsdienstpflicht bei der Versorgung früherer Berufssoldaten Genscher, Bundesminister 47 B Frage des Abg. r. Meinecke (Hamburg) : In den ersten drei Quartalen 1969 sichergestellte Rauschgiftmengen Genscher, Bundesminister 47 D, 248 A Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) 48 A Frage des Abg. Rösing: Versetzung von Referenten der Bundesministerien Genscher, Bundesminister 48 B, C, 249 A, B, C, 20 A, B, C, D, 21 A Rösing (CDU/CSU) 248 B, C Rommerskirchen (CDU/CSU) 248 C, D Benda (CDU/CSU) 249 A, B Moersch (FDP) 249 B, C Dichgans (CDU/CSU) 249 D Dorn (FDP) 249 D Rasner (CDU/CSU) 250 A Dr. h. c. Kiesinger (CDU/CSU) 250 B Köppler (CDU/CSU) 250 C Mick (CDU/CSU) 250 C von Hassel, Präsident 250 D, 251 B Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) 250 D Dr. Aigner (CDU/CSU) 251 A Frage der Abg. Frau Brauksiepe: Entlassung von Staatssekretären, Ministerialdirektoren und leitenden Angestellten der Bundesministerien Genscher, Bundesminister 251 B Frage der Abg. Frau Brauksiepe: Anderweitige Verwendung von Abteilungsleitern und Unterabteilungsleitern der Bundesministerien Genscher, Bundesminister 251 C, D, 252 A, B, C, 253 A, C, D Dr. Frerichs (CDU/CSU) 251 C Moersch (FDP) 251 D Köppier (CDU/CSU) 251 D, 253 C von Hassel, Präsident 252 A Rommerskirchen (CDU/CSU) 252 A, B Dr. Aigner (CDU/CSU) 252 C, 253 D Gscheidle (SPD) 252 D, 253 D Moersch (FDP) 253 A Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) 253 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. November 1969 Fragen des Abg. von Fircks: Vertriebenenministerium Dr. Ehmke, Bundesminister 254 A, C, D, 255 A, B, C, D von Fircks (CDU/CSU) 254 C Köppler (CDU/CSU) 254 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 255 A, B, C Frage des Abg. Zebisch: Nachteile für die Landwirtschaft durch Änderung der Parität der Deutschen Mark 255 D Frage des Abg. Weigl: Schulmilchspeisung Ertl, Bundesminister 256 A, B Dr. Aigner (CDU/CSU) 256 B Frage der Abg. Frau Renger: Freistellung von Studierenden des zweiten Bildungsweges vom Grundwehrdienst Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 256 C, D, 257 A, B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) 256 D, 257 A Cramer (SPD) 257 B Fragen des Abg. Dröscher: Haltevorrichtungen für Stehplätze in für den Transport von Schulkindern benutzten Omnibussen — Zusätzliche Aufsichtspersonen in Schulomnibussen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 257 C, D, 258 A, B, C Dröscher (SPD) 257 D, 258 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 258 A Mertes (FDP) 258 B Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 258 C Frage des Abg. Dichgans: Zahl der Studienanfänger der Fachrichtung Medizin Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . 258 D, 259 A, B, C Dichgans (CDU/CSU) 258 D, 259 C Dr. Tamblé (SPD) 259 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 259 B Dr. Fuchs (CDU/CSU) 259 B, C Frage des Abg. Cramer: Dauer der Bearbeitung eines Antrags bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 259 D, 260 A Cramer (SPD) 259 D, 260 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Anwendung des Systems d'Hondt für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen in den Ausschüssen (Drucksache VI/37) in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache VI/38), mit Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Einsetzung eines Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (Drucksache VI/39), mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung eines Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen (Drucksache VI/43), mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Einsetzung eines 1. Sonderausschusses für Sport und Olympische Spiele (Drucksache VI/40), mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Einsetzung eines 2. Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (Drucksache VI/41) und mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache VI/44) Dr. Freiherr von Weizsäcker (CDU/CSU) 261 A Wienand (SPD) 263 B Dr. Mende (FDP) 263 D Franke, Bundesminister 264 C Frehsee (SPD) (zur GO) 265 D von Hassel, Präsident (zur GO) 265 D Nächste Sitzung 267 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten 269 Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen betr. Amtsbezeichnungen nach der Bundesgrenzschutz-Laufbahnverordnung 269 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. November 1969 247 8. Sitzung Bonn, den 5. November 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Amrehn* 16. 11. Frau Funcke 5. 11. Gottesleben 31. 12. Frau Herklotz * 17. 11. Dr. Jungmann 10. 11. Frau Kalinke * 17. 11. Lücke (Bensberg) 30. 11. Frau Meermann * 9. 11. Petersen* 17. 11. Raffert * 9. 11. Dr. Rinderspacher 14. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 6. 11. Frau Dr. Wolf * 20. 11. b) Urlaubsanträge Draeger 12. 11. Für die Teilnahme an einer Tagung der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. November 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (Drucksache VI/34 Frage 16) : Teilt die Bundesregierung j Meine Auffassung, daß die Bundesgrenzschutz-Laufbahnverordnung nunmehr - auch ohne förmliche Änderung - entsprechend der Änderung der Amtsbezeichnungen in den einzelnen Besoldungsgruppen durch das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz anzuwenden ist? Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß die Bundesgrenzschutz-Laufbahnverordnung bereits - bevor sie förmlich geändert wird - unter Berücksichtigung der durch das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz eingetretenen Änderungen der Amtsbezeichnungen anzuwenden ist. Durch Erlaß vom 3. November 1969 habe ich den nachgeordneten Behörden entsprechende Weisungen erteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard von Weizsäcker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU lautet, einen Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen einzusetzen und damit die Bezeichnung beizubehalten, die dieser Ausschuß seit Jahr und Tag gehabt hat. Ich möchte diesen Antrag kurz begründen und mich dabei bemühen, es mit der Behutsamkeit zu tun, die gerade in dieser Frage notwendig ist.
    Es liegt uns gar nichts daran, um jeden Preis eine neue Debatte über die Deutschlandpolitik zu führen. Der Name ist nicht Vorwand, wohl aber ist er ein Symptom dafür, ob wir über eine gemeinsame geschichtlich-politische Grundlage in unseren Tagesgeschäften verfügen und wie wir es mit der so notwendigen Gemeinsamkeit gerade in dieser Frage halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst zu den praktischen Aufgaben des Ressorts und des dazugehörigen Ausschusses etwas sagen. Herr Bundesminister Franke hat in einem Interview mit dem RIAS am 23. Oktober gesagt, daß nach seiner Meinung alles, was in der Regierung gemacht werde, gesamtdeutsche Politik sei, in der Außenpolitik, in der Wirtschaftspolitik und in anderen Ressorts. Die Aufgabe seines Hauses sei vor allem, innerdeutsche Probleme einer Lösung zuzuführen. Meine Damen und Herren, diese innerdeutschen Probleme sind von besonderer Wichtigkeit, und wir wollen und werden an ihrer Lösung mitarbeiten. Es geht hier u. a. um Fragen aus dem Feld der Wirtschaftspolitik, der Verkehrspolitik, des Post- und Fernmeldewesens, aber auch um Fragen aus anderen Bereichen. Sie werden in den zuständigen Ressorts bearbeitet, in denen es nach den Worten von Bun-
    desminister Franke um gesamtdeutsche Politik geht. In seinem Haus soll es, wie er sich in demselben Interview äußerte, um Koordinierung gehen, und Koordinierung soll auch die Hauptaufgabe des zuständigen Bundestagsausschusses sein. Ich frage nun: Ist diese Koordinierung etwa keine gesamtdeutsche Aufgabe? Ich frage: Wohin soll diese Namensänderung führen? Ist sie Ausdruck der Kontinuität der Politik dieses Hauses, wie sie etwa in dem Beschluß vom September des Jahres 1968 zum Ausdruck gekommen ist?

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    Oder soll sie ein neues Programm signalisieren? Das würde uns besorgt stimmen.

    (Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sehr gut!)

    Die Ostberliner Regierung will sich, wann immer sie öffentlich angesprochen wird, auf keine andere Art von Verhandlungen einlassen als auf die, die zu ihrer Anerkennung als Völkerrechtssubjekt führt. Wir alle wissen, daß es deshalb wichtig ist, in der Stille unablässig um Regelungen im einzelnen bemüht zu sein. Dann stellt sich aber die Frage, meine Damen und Herren: Was verspricht man sich, wenn man nüchtern und praktisch arbeiten will, von einem ersten Schritt, der in aller Öffentlichkeit die Namensänderung von Ministerium und Ausschuß ankündigt?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist ein neuer Name, der gewiß auch nicht die ständig wiederholte Maximalforderung Ostberlins befriedigen wird.
    Aber entscheidend ist und bleibt: Was meinen wir mit „gesamtdeutsch"? Dieser Name sagt mehr und anderes, als es juristische Definitionen tun. Der Name besagt, daß durch die Demarkationslinie willkürlich getrennt ist, was menschlich und kulturell, geschichtlich, politisch und wirtschaftlich zusammenhängt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Name sagt, daß hüben und drüben Deutsche einer Nation leben und geboren werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In ihnen lebt das elementare Bewußtsein, zusammenzugehören. Es äußert sich im Verlangen nach freier Kommunikation auf allen Gebieten. Trotz der ihnen aufgezwungenen Gegensätze kommen heide Teile nicht voneinander los. Die Zusammengehörigkeit ist stärker als diese Gegensätze, die ihre Wurzel in der Zugehörigkeit zu so grundverschiedenen gesellschaftlichen und politischen Systemen haben.
    Das Bewußtsein dieser Zusammengehörigkeit äußert sich darin, daß es den Menschen hüben und drüben unerträglich macht, den jeweils anderen irgendeinem Angehörigen eines anderen Nachbarstaates gleichzusetzen. Beide Teile wurzeln in derselben Geschichte und können sich in ihren Gegenwartsaufgaben davon nicht lossagen, auch wenn sie es wollten.
    In diesem Sinne gehören wir Deutsche auch im Bewußtsein der anderen Völker zusammen. Die Fortdauer cles ungelösten deutschen Problems erfüllt sie



    Dr. Freiherr von Weizsäcker
    mit Sorge, und zwar auch angesichts der ihnen bedrohlich erscheinenden Vorstellung, daß die Lösung des Deutschlandproblems in einem neuen vereinigten deutschen Nationalstaat liegen könnte. Deshalb haben sie die Hoffnung, mit den Deutschen zu größeren politischen Einheiten zu kommen, die den Deutschen die Identität als ein zusammengehöriges Volk nicht rauben.
    Fir uns Deutsche bringt die exponierte Lage in der Mitte Europas besondere Notwendigkeiten und Chancen zur Befriedung Europas. Wir sind von der Spaltung am meisten betroffen. Von der Kraft unseres Zusammenhalts und unserer Einsicht wird es mit am meisten abhängen, ob die Spaltung Europas schrittweise überwunden werden kann. Es gibt kein befriedetes Europa ohne ein befriedetes Deutschland,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    wie es auch kein befriedetes Deutschland gibt, es sei denn im Rahmen eines europäischen Friedens.
    Dies alles, das Bewußtsein dieses deutschen Zusammenhanges, seines menschlichen und seines geschichtlichen Rechts und seiner politischen Aufgabe, dies alles liegt im Begriff „gesamtdeutsch". Dies ist gemeint, wenn wir von gesamtdeutschen Lösungen sprechen, um die es geht. Gesamtdeutsche Politik, meine Damen und Herren, heißt nicht, Propaganda zu treiben, es heißt nicht, Illusionen am Leben zu erhalten,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    es heißt nicht, praktische nüchterne Politik durch Definitionen und Deklamationen zu ersetzen; es heißt damit geradezu das Gegenteil von großdeutsch und alldeutsch unseligen Angedenkens. Gesamtdeutsche Politik heißt, den für ganz Europa lebensnotwendigen Weg voranzugehen, nämlich Grenzen durchlässig zu machen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    den überlebten Nationalstaat uneingeschränkter Souveränitäten zu überwinden und für Menschenrechte in allen Teilen einzutreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies alles, und gerade auch der Beitrag von uns Deutschen, den Europa trennenden Graben allmählich zuzuschütten, dies alles liegt im Wort „gesamtdeutsch". Es drückt aus, daß wir die politischen und die sittlichen Gebote lebendiger Geschichte zur unverrückbaren Basis unseres Handelns machen

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und daß die Grundlage unserer Friedenspolitik für Europa eben diese sind und bleiben. Unsere Nachbarn, meine Damen und Herren, vor allem die. welche selbst über eine leidvolle Geschichte verfügen, wissen dies sehr wohl. Sie werden den Respekt vor unserer Politik nur behalten, ja, sie werden unsere Friedensbeiträge für Europa nur dann für glaubwürdig und beständig halten, wenn sie spüren, daß dies der Sinn dessen ist, was wir unter „gesamtdeutsch" verstehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dieser Sinn bringt die Achtung vor dem langen Atem der Geschichte zum Ausdruck, der gute Politik durchdringt, und ich glaube, es ist keine gute Politik, gerade hier mit der Sorglosigkeit vor Experimenten zu beginnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zur Gemeinsamkeit in den Fragen der Nation sagen. Wie es andere Fraktionskollegen schon getan haben, möchte auch ich sagen, daß ich ausdrücklich zu dem stehe, was in den vergangenen drei Jahren in der Großen Koalition auf deutschlandpolitischem Gebiet gemacht wurde. Es kam zu wichtigen Aussagen und Schritten. Das Wichtigste aber scheint mir zu sein, daß wir wieder gelernt haben, besser zusammenzuarbeiten, gelernt haben, bei allen Unterschieden der Meinungen und Urteile in einer Weise miteinander umzugehen, die uns lehrt, dieses uns alle so tief erregende Gebiet im Sinne der Gemeinsamkeit zu behandeln, es aber nicht zum polemischen Schlachtfeld werden zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir haben Respekt vor der Arbeit, die Herbert Wehner im Gesamtdeutschen Ministerium geleistet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen auch mit seinem Nachfolger zusammenarbeiten. Die Opposition bejaht ausdrücklich die Aussage der Regierungserklärung über die notwendige Gemeinsamkeit in den Fragen der Nation. Der gegebene Platz hierfür ist der Bundestag im allgemeinen und der Gesamtdeutsche Ausschuß im besonderen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir alle wissen, wieviel diese Gemeinsamkeit von uns fordert. Uns alle bedrückt die ungelöste Lage, und wir wissen, wie viele Menschen in unserem Lande — vor allem die jüngeren ungeduldig werden. Wir müssen uns gemeinsam darum bemühen, daß aus dieser Ungeduld heraus nicht manche das Vertrauen zur Deutschlandpolitik dieses Hauses verlieren und zu einer nationalistischen Einstellung, zu einem Weg des kalten Krieges, der immer in einen heißen umschlagen kann, zurückkehren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Aber ebenso müssen wir verhindern, daß andere in ihrer Ungeduld die Lösung darin sehen, die Teilung der Deutschen in zwei Nationen einfach zu akzeptieren.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Beides, meine Damen und Herren, sind lebensgefährliche Fluchtversuche, die auch bei noch so viel verständlicher Ungeduld von keinem verantwortlichen Politiker zugelassen werden dürfen. Wir müssen uns mit aller Kraft dagegen wehren, daß auf diesem Feld aus der Ungeduld heraus wieder Spaltungen erwachsen, die dann auch wieder den Weg in dieses Hans nehmen wurden.
    Wir müssen festhalten, was wir im Stil des Umgangs in diesem Haus gelernt haben. Wir müssen



    Dr. Freiherr von Weizsäcker
    aufhören, davon zu sprechen, wer heizt und wer bremst, und es darf nicht notwendig sein, daß wir uns hier gegenseitig sagen, daß „ich und meine Freunde sich von niemandem übertreffen lassen wollen" in der Frage, wer für das Recht auf Selbstbestimmung am besten eintritt. Uns allen gemeinsam ist die Sorge für das Recht auf Selbstbestimmung und für die Menschenrechte für alle Deutschen aufgegeben. Wir alle und wir gemeinsam tragen diese gesamtdeutsche Verantwortung.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß kommen. Der Bundesminister Franke wurde am 27. Oktober im Norddeutschen Rundfunk gefragt, ob er und seine Fraktion die Umbenennung des entsprechenden Bundestagsausschusses zum Anlaß für eine Kampfabstimmung machen würden. Seine Antwort lautete - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren —:
    Wenn es darum geht, die erklärte Politik dieser
    Regierung zu praktizieren, wird man bemüht
    sein, zum Einvernehmen mit allen zu kommen.
    Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, wissen, daß auch Sie eine Deutschlandpolitik nur im Einvernehmen mit allen werden machen können. Unsere Bereitschaft hierzu ist vorhanden. Was wir von Ihnen erwarten, ist nicht vorgefaßte Meinungen mit einer nur allzu knappen Mehrheit durchzusetzen, sondern, sich um die gemeinsame Grundlage selbst zu bemühen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    sich selbst zu bemühen, auch im Interesse Ihrer eigenen Politik. Hierfür allerdings ist die Frage, die vor uns steht, eine symptomatischer Prüfstein.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU.)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wienand.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Wienand


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zunächst einen Glückwunsch an meinen Vorredner, den Herrn Kollegen von Weizsäcker, zu richten. Er hat in einer Art, die das Haus ehrt, und in einer Form, die jeder gutheißen muß, seine erste Rede hier gehalten. Ich glaube, das sollte Anlaß sein, ihn dafür zu beglückwünschen.

    (Beifall auf allen Seiten.)

    Wenn ich diesen Glückwunsch vorausschicke und wenn ich sage, daß ich mich auch mit einer Reihe seiner Gedanken identifizieren kann, bedeutet das nicht, daß ich mich mit allen seinen Gedanken, bedeutet auch nicht, daß ich mich mit seinen Schlußfolgerungen identifiziere. Aber ich meine, es gehört auch zum Stil und zum Wesen eines Parlaments, dies klarzustellen.
    Ich habe die Ehre, im Namen der Koalitionsfraktionen der FDP und der SPD eine Erklärung zu dem vorliegenden Antrag der beiden Koalitionsfraktionen auf Drucksache VI/39 abzugeben. Der neu konstituierte Deutsche Bundestag ist souverän in der Gestaltung seiner Arbeit, z. B. in der Festlegung der
    Anzahl der Ausschüsse, der Stärke der Ausschüsse und deren Benennung.
    Gleichwohl sind die sozialdemokratische Bundestagsfraktion und die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten der Auffassung, daß auch auf diesem Gebiet die Kontinuität vergangener Legislaturperioden gewahrt bleiben sollte. Wir halten es für erstrebenswert, daß die Ausschüsse nach Möglichkeit Bezeichnungen erhalten, die mit denen der entsprechenden Ministerien übereinstimmen.
    Die Fraktionen der SPD und der FDP haben der Umbenennung des bisherigen Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen entsprechend seinen Aufgaben in „Ministerium für innerdeutsche Beziehungen" voll zugestimmt. Das ist bei der Debatte zur Regierungserklärung hier zum Ausdruck gebracht worden. Wir unterstreichen nochmals die Begründung, daß die Deutschlandpolitik insgesamt nicht Aufgabe eines Ressorts sein kann. Sie ist eine ständige Aufgabe der ganzen Regierung und umfaßt Aspekte der auswärtigen Politik, der Sicherheits- und Europapolitik ebenso wie die Bemühungen um den Zusammenhalt unseres Volkes und um die Beziehungen im geteilten Deutschland. Das gilt auch für den Deutschen Bundestag und für seine Ausschüsse.
    Die Kontinuität in der Bezeichnung dieses Ausschusses wird dadurch gewahrt, daß bereits der zuständige Kabinettsausschuß für diese Fragen in der Zeit des Kabinetts Kiesinger am 8. Februar 1967 ganz bewußt „Kabinettsausschuß für innerdeutsche Beziehungen" genannt worden ist. Wie der Name des Ministeriums dem des in der vorigen Legislaturperiode so benannten Kabinettsausschusses angepaßt worden ist, so sollte auch der Name des Ausschusses dem des Ministeriums angepaßt werden.
    Die Fraktionen der SPD und der FDP begrüßen die mit der Umbenennung des Ministeriums und des zugehörenden Ausschusses angestrebte Versachlichung der politischen Bemühungen. Sie sind sicher, daß weder im deutschen Volk noch im Ausland Zweifel an der Intensität der Bemühungen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages um die Beziehungen und damit um den Zusammenhalt der Deutschen im gespaltenen Deutschland aufkommen werden.

    (Beifall hei den Regierungsparteien.)

    Ich bitte deshalb, dem Antrag der SPD und der FDP zuzustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)