Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe natürlich nicht nur mit großem Interesse, sondern auch mit Befriedigung gehört, was der Vorsitzende der Christlich-Sozialen Union, Herr Kollege Dr. Strauß, zu dem in der Tat auch häufig mißverstandenen und mißverständlich angewandten Begriff des Nationalismus und in Verbindung mit der Rede in South Carolina gesagt hat. Ich nehme das so hin, wie es ist, und gehe davon aus, daß der Text, den ich hatte, dann das nicht richtig wiedergibt. Ich habe nicht einen Text der Übersetzung aus dem Englischen gehabt. Aber für mich genügt das, was dazu gesagt worden ist.
Ich habe nicht die Absicht gehabt, Herrn Kollegen Strauß zu diffamieren, als ich über sein Votum in der Frage der Aufwertung der Deutschen Mark sagte, daß auch andere als sachliche, ganz auf die Sache bezogene Erwägungen eine Rolle gespielt haben könnten. Ich habe damit gemeint — und muß das hier erklären dürfen —, daß meiner Überzeugung nach dabei die europapolitischen und die auf das Weltwährungssystem bezogenen Gesichtspunkte zu kurz gekommen sind und daß dies zu einer Entscheidung mit beitrug, von der ich glaube, daß sie unrichtig war, so wie andere guten Grund gehabt haben, etwas anderes zu glauben.
Meine Damen und Herren, auf Presseäußerungen, die heute Vormittag eine Rolle gespielt haben, werde ich an anderer Stelle zurückkommen. Ich möchte nur sagen, während dieser Mittagspause hat mich die dpa-Meldung erreicht, Herr Kollege Strauß, die lautet:
Das vom früheren Bundesfinanzminister Franz-Josef Strauß herausgegebene CSU-Organ ,Bayernkurier' erschien am Mittwoch
— das ist heute —
mit der über die ganze Seite reichenden Schlagzeile ,Brandt als Kanzler des Ausverkaufs'.
Das wußte ich heute morgen gar nicht, sondern heute morgen stützte ich mich auf die Nummer, in der die Überschrift lautete: „Ausverkauf begonnen" In der ersten Passage heißt es dann, dies und das sei gegen die, die hier die Regierung gebildet haben, nötig, „damit die deutschen Interessen nicht für ein schäbiges Butterbrot veräußert werden". Zweitens heißt es, die SPD sei zu schlapp, „gegen das
zweite Versailles, gegen den programmierten Untergang deutscher Wirtschaftskraft Front zu machen".
Drittens: „Aber Brandt wird als Verzichtskanzler geschichtsmächtig werden."
Viertens heißt es schließlich: „Die Koalition von FDP und SPD wird das historische Verdienst haben, die Bundesrepublik an den Eingang zum Sowjetsystem gerückt zu haben."
Herr Kollege Strauß, ich nehme zur Kenntnis, daß Sie sich damit nicht identifizieren, aber da, wie auch die dpa-Meldung wieder deutlich macht, dieses Blatt in Ihrer Verantwortung herausgegeben wird, wäre es — auch der künftigen Zusammenarbeit in diesem Hause wegen — gut, wenn deutlich würde, daß das Blatt, obwohl in Ihrer Verantwortung herausgegeben, insoweit nicht Ihre Auffassung wiedergibt.
Im übrigen gehe ich meinerseits davon aus, daß kein Mitglied des Deutschen Bundestages eine Politik im Sinne Hugenbergs treiben will, wobei für den geschichtlich Interessierten sogar noch hinzuzufügen wäre, daß gewiß auch dieser Politiker der Weimarer Zeit eine nuanciertere Beurteilung verdient haben könnte, als sie einem manchmal selbst unterläuft. Aber das mag auf sich beruhen. Ich erkläre noch einmal die Bereitschaft der ganzen Bundesregierung zur sachlichen und offenen Zusammenarbeit mit allen Fraktionen des Hauses.