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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 237. Sitzung Bonn, den 12. Juni 1969 Inhalt: Eintritt des Abg. Sieglerschmidt in den Bundestag 13139 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 13139 A Entwurf eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksachen V/3983, V/3985, V/4350) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/4318), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksachen V/4285, zu V/4285, Nachtrag zu Drucksache V/4285) — Dritte Beratung — Behrendt (SPD) . . . . 13140 B, 13146 C Spitzmüller (FDP) . . 13140 C, D, 13141 C, 13142 B, 13143 C, 13144 A, D Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) . . 13140 C Dr. Schellenberg (SPD) . . 13141 A, 13142 A, 13145 A Dr. Götz (CDU/CSU) 13141 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . 13142 D, 13152 D Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . . 13145 C, 13146 A Mischnick (FDP) . . . 13148 A, 13150 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 13149 B Katzer, Bundesminister . . . 13150 C Dr. Schiller, Bundesminister 13152 A, 13153 B Genscher (FDP) 13153 A Entwurf eines Berufsbildungsgesetzes (Drucksachen V/887, V/1009, V/4351) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/4320), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache V/4260) — Dritte Beratung — Behrendt (SPD) . . . . . . . . 13155 D Stücklen (CDU/CSU) . . . . . . 13156 B Schmidt (Kempten) (FDP) . 13156 D 13163 D Liehr (SPD) . . . . . . . . . . 13158 C Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . . 13161 D Schulhoff (CDU/CSU) . . . . . . 13166 B Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 13167 A Fragestunde (Drucksache V/4306) Fragen des Abg. Dr. Müller-Emmert: Gesetzliche Regelung der Sportförderung auf Bundesebene 13167 C Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Konstituierung eines Sportbeirates — Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund 13168 A Fragen des Abg. Stein (Honrath) : Rückgabe von im Jahre 1945 nach den USA verbrachten Dürerbildern . . . 13168 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Kommunistische Parteien in Deutschland Benda, Bundesminister 13168 D Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 13168 D Fragen des Abg. Prinz von Bayern: Reformen von Regierung und Verwaltung und Reformen in der Arbeitsweise des Bundestages — Zusätzliche Kontrollfunktion des Bundesrates gegenüber der Bundesregierung bei Durchführung des Art. 29 GG 13169 A Fragen des Abg. Dr. Becher (Pullach) : Kommentar im 1. Deutschen Fernsehen über die Pfingsttreffen der Vertriebenen Benda, Bundesminister . . . . . 13169 B Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 13169 C, 13172 D Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . 13170 A Frau Holzmeister (CDU/CSU) .. 13170 C Raffert (SPD) . . . . . . . . 13170 D Sänger (SPD) 13170 D Berkhan (SPD) 13171 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 13171 B Glombig (SPD) . . . . . . . . 13171 D Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 13172 B Dröscher (SPD) . . . . . . . . 13172 B Frage des Abg. Dr. Becher (Pullach) : Untersuchung über die Gefahr der Manipulierung des Deutschen Fernsehens Benda, Bundesminister 13173 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 13173 B, 13174 D Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . . . 13173 C Berkhan (SPD) 13173 D Raffert (SPD) 13174 A Glombig (SPD) . . . . . . . 13174 B, D Sänger (SPD) . . . . . . . . 13 174 B, C Fragen des Abg. Damm: Bundesverband für den Selbstschutz Benda, Bundesminister 13175 A Damm (CDU/CSU) 13175 B Berkhan (SPD) . . . . . . . 13177 A Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Zustand von COMNAVBALTAP in Kiel und COMNAVSOUTH in Malta . . . 13177 B Fragen des Abg. Westphal: Sonderurlaub für wehrpflichtige Soldaten zur Teilnahme an JugendleiterLehrgängen oder jugendpflegerischen Veranstaltungen 13177 C Fragen des Abg. Felder: Abtretung von Gelände auf der Garchinger Gemeindeflur an die Bundeswehr 13177 D Fragen des Abg. Haase (Kellinghusen) : Belastung von Soldaten und Zivilbediensteten durch Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort . . . 13178 A Frage des Abg. Dröscher: Schwierigkeiten der Inhaber von Einzelhandelsgeschäften in Stationierungsorten der US-Streitkräfte durch die schlechte Zahlungsmoral amerikanischer Kunden 13178 B Frage des Abg. Geldner: Mieterhöhungen durch steigende Steuer- und Gebührenlasten Dr. Schornstein, Staatssekretär . . 13178 C Geldner (FDP) 13178 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 13179 A, C Fragen des Abg. Moersch: Wohngeldvergabe an Personen mit mehreren Wohnungen 13179 C Fragen des Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) : Richtlinien des Landes Hessen über die Zuschüsse beim Bau von Kindergärten 13179 D Frage des Abg. Jung: Architektenwettbewerb für neues Regierungsviertel . . . . . . . . . 13180 A Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Bau einer durchgehenden Entlastungsautobahn 13180 B Frage des Abg. Wilhelm: Entfernung von Bäumen an Bundesstraßen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 13180 C Wilhelm (SPD) 13180 D Ramms (FDP) . . . . . . . . 13181 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 III Fragen des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) : Flugdienst der niederländischen Fluggesellschaft KLM zum Ostberliner Flughafen Schönefeld Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 13181 B Fragen des Abg. Dr. Althammer: Überführungssteg beim Hauptbahnhof in Augsburg Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 13181 C Lemmrich (CDU/CSU) 13181 D Frage des Abg. Geldner: Ersetzung der Park- und Halteverbotsschilder durch farbige Bordsteine Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 13182 A Fragen des Abg. Baier: Ausbau der Neckar-Talstraße B 37 — Ausbau der B 3 zwischen HeidelbergNußloch—Wiesloch 13182 B Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Hauptamtliche Bahnpolizeibeamte Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 13182 C Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 13182 C Nächste Sitzung 13183 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 13185 A Anlagen 2 bis 8 Änderungsanträge Umdrucke 695 (neu), 697, 696, 682, 683, 684 und 693 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksachen V/3983, V/3985, V/4350, V/4318, V/4285, zu V/4285, Nachtrag zu Drucksache V/4285) . . . . . . 13185 C Anlagen 9 bis 12 Änderungsanträge Umdrucke 698, 686, 687 und 688 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Berufsbildungsgesetzes (Drucksachen V/887, V/1009, V/4351, V/4320, V/4260) 13189 A Anlage 13 Schriftliche Erklärung des Bundesministers Katzer zu Punkt 5 der Tagesordnung 13189 D Anlage 14 Schriftliche Erklärung des Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi zu Punkt 5 der Tagesordnung 13194 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13139 237. Sitzung Bonn, den 12. Juni 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 13.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Aigner ** 13. 6. Frau Albertz 13. 6. Arendt (Wattenscheid) 13.6. Dr. Arndt (Berlin) 12. 6. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 13. 6. Bading ** 13. 6. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 13. 6. Bals * 13. 6. Bauer (Wasserburg) 13. 6. Prinz von Bayern 14. 6. Bazille 21. 6. Bergmann ** 13. 6. Dr. Besold 13. 6. Dr. Brenck 14. 6. Dr. Burgbacher * 13. 6. Dröscher * 13. 6. Dr. Eckardt 21. 6. Dr. Even 28. 6. Flämig *** 13. 6. Dr. Friderichs 12. 6. Gerlach ** 13. 6. Dr. Giulini 20. 6. Graaff 13. 6. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 7. Hamacher 30. 6. Dr. Dr. Heinemann 20. 6. Hellenbrock 15. 7. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 13. 6. Jahn (Marburg) 12. 6. Koenen (Lippstadt) 20. 6. Dr. Kopf * 15. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 13. 6. Kunze 15. 7. Lautenschlager ** 12. 6. Dr. Lohmar 30. 6. Lotze 15. 7. Frau Dr. Maxsein *** 13. 6. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 13. 6. Dr. von Merkatz 13. 6. Michels 27. 6. Missback 5. 7. Müller (Aachen-Land) ** 13. 6. Nellen 15. 7. Ott 13. 6. Peters (Norden) 14. 6. Dr. Prassler 14. 6. Rehs 12. 6. Dr. Rinderspacher *** 13. 6. Dr. Rutschke *** 13. 6. Saam 12. 6. Scheel 13. 6. Dr. Schmidt (Wuppertal) 12. 6. Sieglerschmidt 13. 6. Dr. Süsterhenn 14. 6. Dr. Starke (Franken) 13. 6. Steinhoff 15. 7. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Wessel 15.7. Frau Dr. Wex 13. 6. Dr. Wilhelmi 30. 6. Zebisch 21. 6. Anlage 2 Umdruck 695 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung über die von den Fraktionen der SPD und CDU/CSU eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung - Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 -. Der Bundestag wolle beschließen: I. Artikel 1 wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. § 1 erhält folgende Überschrift und in Abs. 1 folgende Fassung: Grundsatz (1) Wird ein Arbeiter nach Beginn der Beschäftigung durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, bei dem er versichert ist oder versichert wäre, wenn er versicherungspflichtig wäre oder wenn er sich nicht der Mitgliedschaft nach § 517 Abs. 1 RVO hätte befreien lassen, für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Leistungen in Höhe des entgangenen Nettoarbeitsentgelts sowie auf Entrichtung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, die einem entgangenen Arbeitsentgelt nach § 2 Abs. 2 entsprechen. 2. § 2 erhält folgende Überschrift und in Abs. 1 folgende Fassung: § 2 Berechnungen der Leistungen (1) Die Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 werden wie folgt berechnet: a) Bei Arbeitern, deren Arbeitsentgelt nicht nach Monaten bemessen ist, wird für die Berechnung des für die Beiträge zur * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Nordatlantischen Versammlung ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats 13186 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung maßgebenden entgangenen Arbeitsentgelts, das im letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum mindestens jedoch während der letzten abgerechneten vier Wochen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden geteilt, für die es gezahlt wurde und an denen der Arbeiter unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben ist. Das Ergebnis ist mit der Zahl der auf den Werktag entfallenden Arbeitsstunden zu vervielfachen. Hierbei ist für den Werktag ein Sechstel der auch aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden anzusetzen; das Ergebnis kann auf volle Zehntel aufgerundet werden. Für Betriebe oder Betriebsteile, in denen regelmäßig nur fünf Tage in der Woche gearbeitet wird, ist für die Berechnung des entgangenen Arbeitsentgelts ein Fünftel der sich aus dem Inhalt des, Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden anzusetzen. Bei Arbeitern, deren Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen ist, wird der Berechnung das Arbeitsentgelt des letzten abgerechneten Kalendermonats vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegt. Bei der Berechnung des entgangenen Arbeitsentgelts bleiben einmalige Zuwendungen außer Betracht. b) Entgangenes Nettoarbeitsentgelt ist das um den Betrag der gesetzlichen Lohnabzüge verminderte entgangene Arbeitsentgelt." 3, Der Zweite Abschnitt erhält folgende Fassung: „Zweiter Abschnitt. Aufbringung und Verwaltung der Mittel für Leistungen nach § 1 und § 2 § 10 Aufbringung der Mittel (1) Die Mittel für Leistungen aufgrund des § 1 und des § 2 werden durch eine Umlage von den beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Die Umlage ist an den zuständigen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten. (2) Die Umlagebeträge sind in Vomhundertsätzen des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen für die im Betrieb beschäftigten Arbeiter bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen zu bemessen wären. Vom Entgelte der unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 fallenden Arbeiter sind Umlagebeträge nicht zu erheben. § 11 Verwaltung der Mittel Der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung verwaltet die Mittel als Sondervermögen. Die Mittel dürfen nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Zwecke verwendet werden. § 12 Satzung (1) Die Satzung des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung muß bestimmen über 1. Höhe der Umlagesätze, 2. Bildung von Betriebsmitteln, 3. Aufstellung des Haushalts, 4. Prüfung und Abnahme des Rechnungsabschlusses. (2) Die Satzung kann die Festsetzung der Umlagebeträge nach dem für die Berechnung der Beträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grundlohn zulassen. (3) Die Betriebsmittel dürfen den Betrag der voraussichtlichen Ausgaben für drei Monate nicht übersteigen. (4) In Angelegenheiten dieses Abschnitts wirken in den Organen der Selbstverwaltung nur die Vertreter der Arbeitgeber mit. § 13 Anwendung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften finden entsprechend Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt." II. Artikel 2 wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. Nr. 2 erhält folgende Fassung: „2. In § 165 Abs. 1 Nr. 2, § 166 Abs. 1 und § 176 Abs. 1 werden die Worte „10 800,— Deutsche Mark" durch die Worte „65 vom Hundert der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung der Arbeiter geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2)" ersetzt." In Nr. 9 werden in § 188 die Absätze 2 bis 4 gestrichen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13187 3. Nr. 16 erhält folgende Fassung: „16. § 381 wird wie folgt geändert und ergänzt: a) Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Beiträge für die in § 165 Abs. 1 und 2 bezeichneten Versicherten werden jeweils zur Hälfte von ihnen und ihren Arbeitgebern getragen. Dies gilt auch für a) Versicherte nach § 313, die nach § 165 Abs. 5 aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und b) Angestellte, die bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, für die ihnen Familienkrankenpflege zusteht, Vertragsleistungen erhalten, die der Art nach den Leistungen der Krankenhilfe entsprechen, wenn die Jahresbezüge die in der Rentenversicherung der Angestellten geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen. Für einen Versicherten, dessen regelmäßiges Entgelt DM 65,—monatlich oder DM 15,— wöchentlich nicht übersteigt und für einen Versicherten, der ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres leistet, trägt der Arbeitgeber den Beitrag allein. Den in Satz 2 bezeichneten Personenkreis ist der Beitragsanteil des Arbeitgebers bei der Lohn- oder Gehaltszahlung auszuzahlen." b) Abs. 3 Satz 3 erhält folgende Fassung: „Dies gilt auch für Personen, die einen Rentenantrag gestellt haben, bis zum Beginn der Rente, es sei denn, 1. die Witwe eines in § 165 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Versicherten, der bereits Rente bezogen hat, beantragt Witwenrente oder 2. die Waise eines in § 165 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Versicherten, der bereits Rente bezogen hat, beantragt vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres Waisenrente, oder 3. ohne die Versicherung nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 bestände Anspruch auf Familienkrankenpflege." Für den Fall der Ablehnung des Antrages unter Nr. 2 a) 3. In Nr. 3 wird nach § 173 b Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt: „(3) Wer nach Abs. 1 von der Versicherungspflicht befreit wird, hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf die Hälfte der monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung, jedoch nicht mehr, als dieser für einen Versicherungspflichtigen mit entsprechendem Arbeitsentgelt zu leisten hat." 4. Es wird folgende Nr. 24 angefügt: „24. In § 520 wird folgender Abs. 5 angefügt: (5) Freiwillige weiterversicherte Mitglieder von Ersatzkassen, die nach § 165 Abs. 5 aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind, haben Anspruch auf den Beitragsanteil des Arbeitgebers, der für einen Versicherungspflichtigen unter Berücksichtigung des höchsten beitragspflichtigen Entgelts zu zahlen ist. Der Arbeitgeber hat den Beitragsanteil unmittelbar an den Versicherten bei der Lohn- oder Gehaltszahlung abzuführen. Dies gilt für Versicherte nach § 381 Abs. 1 Buchstabe b) entsprechend." III. In Artikel 4 werden in § 9 Abs. 1 die Worte „13 und 16" durch die Worte und 13 ersetzt. Bonn, den 12. 6. 1969 Mischnick und Fraktion Anlage 3 Umdruck 697 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 2 erhält die Nummer 2 folgende Fassung: ,2. In § 165 Abs. 1 Nr. 2, § 166 Abs. 1 und § 176 Abs. 1 werden die Worte „10 800 Deutsche Mark" durch die Worte „14 400 Deutsche Mark" ersetzt.' Bonn, den 12. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 696 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfall und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. 13188 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 Der Bundestag wolle beschließen: 1. Artikel 4 § 4 Absatz 1 erhält folgende Fassung: (1) Der Bund gewährt als Übergangshilfe zu dem im Zweiten Abschnitt des Lohnfortzahlungsgesetzes vorgeschriebenen Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Kleinbetriebe im Jahre 1969 einhundertfünfundzwanzig Millionen Deutsche Mark, im .Jahre 1970 zweihundert Millionen Deutsche Mark, im Jahre 1971 einhundert- - fünfundzwanzig Millionen Deutsche Mark und im Jahre 1972 fünfundsiebzig Millionen Deutsche Mark. 2. In Artikel 4 § 9 werden die Worte „1. Januar 1970" durch die Worte „1. August 1969" ersetzt. Bonn, den 12. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 5 Umdruck 682 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, geeignete Maßnahmen einzuleiten mit dem Ziel, daß freiwillige Zuschüsse der Arbeitgeber zum Krankenversicherungsbeitrag sowohl für die gesetzliche Krankenversicherung als auch für die private Krankenversicherung an nicht krankenversicherungspflichtige Angestellte von der Abgabenpflicht befreit werden, soweit diese Zuschüsse die Hälfte des Höchstbeitrages für Pflichtversicherte, nicht übersteigen. Bonn, den 10. Juni 1969 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 6 Umdruck 683 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht zu prüfen, ob und inwieweit durch Einführung eines degressiv gestaffelten Pflegesatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung eine positive Entwicklung gefördert werden kann a) in Beziehung auf die Behandlungsweise, b) hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, c) in bezug auf die Durchschaubarkeit von Leistung und Gegenleistung. Bonn, den 10. Juni 1969 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 7 Umdruck 684 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Dezember 1971 über die Erfahrungen mit der Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit durch den vertrauensärztlichen Dienst und über das Zusammenwirken der Kassenärzte (Kassenzahnärzte), der Krankenkassen und des vertrauensärztlichen Dienstes — insbesondere auch bei .dem sogenannten Hausarztverfahren — zu berichten. Dabei sollen sowohl die Erfahrungen aus der Anwendung des geltenden Rechts und des durch das Lohnfortzahlungsgesetz neugestalteten § 369 b der Reichsversicherungsordnung als auch die Entwicklung des Krankenstandes dargestellt werden. Bonn, den 10. Juni 1969 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 8 Umdruck 693 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung über ,die von den Fraktionen der SPD und CDU/CSU eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung — Drucksachen V/3983, V/3985, V/4285 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, Maßnahmen zu treffen, die die Steuerfreiheit von freiwilligen Arbeitgeberbeiträgen zur Krankenversicherung der Beschäftigten gewährleistet, die in der gesetz- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13189 ) lichen Krankenversicherung freiwillig weiterversichert oder bei einem privaten Versicherungsunternehmen entsprechend versichert sind. Bonn, den 11. 6. 1969 Mischnick und Fraktion Anlage 9 Umdruck 698 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Berufsbildungsgesetzes — Drucksachen V/887, V/1009, V/4260 —. Der Bundestag wolle beschließen: Im achten Teil § 100 Nr. 1 wird zu den §§ 34, 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 und 3, § 100 Nr. 8, § 100 Nr. 12 der Wortlaut der Beschlüsse des 19. Ausschusses Drucksache V/4260 wieder hergestellt. Bonn, den 12. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 10 Umdruck 686 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Berufsbildungsgesetzes — Drucksachen V/887, V/1009, V/4260 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. die Einheitlichkeit des Berufsbildungsrechts beim Erlaß der Ausbildungsordnung nach dem achten Teil § 25 Abs. 1 zu gewährleisten, 2. die Anlage A zur Handwerksordnung in der nächsten Wahlperiode neu zu fassen und dabei die Erkenntnisse der Berufsbildungsforschung und des Rates des Bundesausschusses für Berufsbildung zu berücksichtigen. Bonn, den 11. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 11 Umdruck 687 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Berufsbildungsgesetzes — Drucksachen V/887, V/1009, V/4260 —. Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag ersucht die Bundesregierung, dafür einzutreten, daß Berlin als Sitz des durch das Berufsbildungsgestz zu errichtenden Bundesinstituts für Berufsbildungsforschung gewählt wird. Bonn, den 11. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 12 Umdruck 688 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Berufsbildungsgesetzes — Drucksachen V/887, V/1009, V/4260 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert: 1. Aus unabhängigen Sachverständigen ist eine Kommission zu bilden mit dem Auftrag, die Kosten und die Finanzierung der beruflichen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland in den verschiedenen Berufen und Wirtschaftszweigen zu untersuchen. Hierbei sind die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung vom 28. März 1969 zu berücksichtigen. 2. Ein entsprechender Bericht mit einer Stellungnahme der Bundesregierung über die Arbeit der gebildeten Kommission ist dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 1970 vorzulegen. Die Stellungnahme der Bundesregierung soll Vorschläge für neue Finanzierungsformen der Berufsbildung enthalten, die die Nachteile der einzelbetrieblichen beruflichen Bildungsfinanzierung aufheben. Bonn, den 11. Juni 1969 Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 13 Schriftliche Erklärung des Bundesministers Katzer zu Punkt 5 der Tagesordnung. Vor vier Wochen hat der Deutsche Bundestag das Arbeitsförderungsgesetz verabschiedet. Heute bereits steht ein weiteres auf die Zukunft gerichteten Gesetz an, das Berufsbildungsgesetz. Und vielleicht schon in der nächsten Woche wird dieses Hohe Haus ein drittes für die Berufschancen wichtiges Gesetz verabschieden: das Ausbildungsförderungsgesetz. Die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag in dieser Konzentration drei Gesetze, die die berufliche 13190 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 Bildung für die Zukunft gestalten, berät und verabschiedet, ist ein einmaliges und hoffnungsvolles Ereignis in der langen und wechselvollen Geschichte der beruflichen Bildung. Wir erreichen damit den Durchbruch der beruflichen Bildung zum umfassenden gesellschaftspolitischen Auftrag, der von nun ab von vielen Kräften gemeinsam erfüllt werden muß. Ich glaube, es wäre dieser Stunde angemessen, wenn ich einen Rückblick auf die langen Jahre halten würde, in denen man ein einheitliches Berufsbildungsgesetz anstrebte. Man könnte auf die Bestimmungen in der Gewerbeordnung zurückblicken, die jetzt 100 Jahre alt sind, oder auf die Regelungen im Handelsrecht. Ich könnte auf zähe Interessenkämpfe und auch Streitereien zwischen Bundesressorts eingehen. Und schließlich könnte man auf die sich mehrenden Proteste, besonders in der jungen Generation, zu sprechen kommen. Ich möchte jetzt nicht zurückblicken und richten, was falsch war und wo gesündigt wurde. Vielmehr geht es jetzt darum, den vorliegenden Gesetzentwurf im Blick auf die Zukunft zu sehen und zu prüfen und die neuen Möglichkeiten, die dieser gesetzliche Rahmen verschafft, zu erkennen. Natürlich gibt es viel Kritik an diesem Gesetzesentwurf, sowohl von Kammern, Wirtschaftsverbänden und auch von Gewerkschaftsseite. Ich werde dazu noch ein Wort sagen. Zunächst möchte ich aber feststellen, daß der vorliegende Gesetzesentwurf weit mehr ist als ein taktisch ausgehandelter Interessenausgleich. Dieser Entwurf ist ein kühner Schritt, der nur in der Zusammenarbeit der beiden Koalitionsparteien, in der Großen Koalition, möglich war. Zu einer Zeit, als man weiterhin glaubte, das Berufsausbildungsgesetz werde auch in dieser Legislaturperiode erneut scheitern, kam es zu einem entschlossenen Anlauf der beiden Koalitionsparteien. Der Wille der Großen Koalition war, dieses lange vertagte Gesetzgebungswerk endlich vom Tisch zu bringen. In den intensiven und umfassenden Beratungen des Ausschusses für Arbeit war dieser Wille zu spüren, und alle Ausschußmitglieder haben sich in den langen Beratungen hiervon leiten lassen. Ich möchte an dieser Stelle dem federführenden Ausschuß für Arbeit des Deutschen Bundestages und vor allem zwei Männern, dem Vorsitzenden des Ausschusses, Herrn Kollegen Müller (Remscheid), und dem Vorsitzenden des Unterausschusses für berufliche Bildung, Herrn Kollegen Liehr, für ihre Entschlossenheit und große Arbeitsleistung meinen besonderen Dank aussprechen. II. Lassen Sie mich ein kurzes Wort zur Rolle der beruflichen Bildung in der Gesellschaft von heute sagen. Wir stehen hier mitten in einer großen geistigen und sozialen Wandlung. Bildung war früher weitgehend eine private Angelegenheit. Sie diente einer kultivierten persönlichen Lebensgestaltung, weitab und getrennt von den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Heute gibt es kaum noch eine Frage in unserer gesellschaftspolitischen Entwicklung, die nichts mit Bildungsnotwendigkeiten zu tun hätte. Die Bildung ist ein unentbehrliches Mittel des Zusammenhalts und der Verständigung in unserer Gesellschaft geworden. Sie richtet sich mehr und mehr auf die Erschließung neuer sozialer Chancen, ja auf Gleichheit der Chancen und Startbedingungen in unserer sozialen Gesellschaft. Sie will ein Höchstmaß an persönlicher Verantwortung in allen Schichten unseres Volkes. Die öffentliche Bildungsdiskussion in unserem Volke wogt hin und her. Sie wird noch lange nicht zu einem Abschluß kommen. Aber eine zentrale Frag klärt sich immer mehr: in der überkommenen Bildung gab es eine scharfe Trennung zwischen der allgemeinen Bildung und der beruflichen Bildung. Die Welt der Bildung und Kultur stand in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu einer Welt des Berufes und der Technik. Diese traditionelle Spaltung in Bildung und Beruf ist unhaltbar und wirklichkeitsfremd geworden. Überall in der Wissenschaft, an den Schulen und in den Organisationen der Wirtschaft mehren sich die Kräfte, die den unheilvollen Gegensatz zu überwinden suchen, um damit zu einem umfassenden Bildungsverständnis zu gelangen, in dem die industrielle Arbeitswelt ihren vollwertigen Platz hat. III. Das vorliegende Gesetz bestätigt und beschleunigt diesen tiefgreifenden Wandel im Bildungsverständnis. Das ist für mich die wichtigste Feststellung, gegenüber der alle Unvollkommenheiten des Gesetzentwurfs im einzelnen zurücktreten sollten. In sieben Punkten möchte ich kurz darstellen, wo die entscheidenden Fortschritte des neuen Berufsbildungsrechts liegen: 1. Jahrzehntelang ging der Kampf um ein Berufsaus bildungsgesetz. Der vorliegende Entwurf erhält die Bezeichnung Berufsbildungsgesetz. Darin drückt sich der Fortschritt der Diskussion aus; es ist der ganze Bildungsgang des arbeitenden Menschen über 40 oder 50 Jahre hinweg gemeint. Man kann heute nicht mehr nur über Fragen der Berufsbildung sprechen, ohne die anschließenden weiteren Probleme der Fortbildung, des Berufsaufstiegs, des Berufswechsels bis hin zur Umschulung mitzubedenken. Kein junger Mensch, der heute in die Arbeitswelt eintritt, kann noch damit rechnen, daß er das Rüstzeug einer relativ kurzen Ausbildung lebenslang anwenden kann. Das bedeutet keineswegs eine Abwertung der Ausbildung; ihr kommt aber jetzt und in Zukunft eine ganz andere Rolle zu. Sie muß eine breite, funktionale Grundlage für den ganzen weiteren Berufsweg bilden. Die Fragen der Fortbildung und beruflichen Neuorientierung werden in Zukunft gleichrangig neben der erstmaligen beruflichen Ausbildung stehen. Diesem neuen Absatz der Berufsbildungspolitik trägt der Gesetzentwurf Rechnung. In dieser Richtung ist er offen und weiterhin entwicklungsfähig. 2. Der Gesetzentwurf bringt eine erstmalige bundeseinheitliche Regelung des Berufsbildungsrechts. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13191 Die bisherige Rechtszersplitterung soll beseitigt werden, viele Lücken sollen geschlossen werden. Zerstreute Regelungen, die bis heute nur in den einzelnen Ländern oder für einzelne Wirtschaftsbereiche Geltung haben, sollen in das neue Bundesrecht übernommen werden oder modernisiert werden. Der Entwurf erfaßt grundsätzlich alle Berufs- und Wirtschaftszweige. Ausgenommen sind lediglich die Berufsbildung im Beamtenverhältnis und auf Schiffen. Das Handwerk ist in den Entwurf einbezogen. Diese Frage war besonders hart umstritten. Der Kompromiß wurde darin gefunden, daß sich die Vorschriften über die Ordnung der Berufsbildung in dem Gesetzentwurf materiell decken mit den entsprechenden Bestimmungen der Handwerksordnung. Ein derartiges gesetzestechnisches Vorgehen ist bei politischen Kompromissen nicht neu. Damit wird erstmalig in der Geschichte der Industrialisierung unseres Landes eine solide und systematische Basis für eine eigenständige Berufsbildungspolitik geschaffen. Mobilität und flexibles Anpassungsvermögen der Berufstätigen werden auf diese Weise in Zukunft wesentlich erleichtert werden. 3. Der alte Streit, ob betriebliche oder schulische Berufsausbildung, kann jetzt beendet werden. Der Gesetzentwurf geht vom Prinzip des Zusammenwirkens von betrieblicher und schulischer Ausbildung aus und verzahnt in vielfacher Weise die Bildungsanstrengungen der Wirtschaft und der berufsbildenden Schulen: — Die überbetriebliche Lehrlingsausbildung steht gleichberechtigt neben der 'betrieblichen Ausbildung. — Die schulischen Ausbildungszeiten können in Zukunft auf die betriebliche Ausbildung angerechnet werden. — Die Lehrer an berufsbildenden Schulen sind in den vorgesehenen Kammern auf Bundes- oder Landesebene sowie in den Prüfungsausschüssen vertreten. — Auch in dem neuen Institut für Berufsbildungsforschung wird der Bereich der Berufsschulen maßgeblich vertreten sein. Mit diesen Regelungen wird hoffentlich ein Zustand beseitigt, der immer wieder mit Recht von der Wirtschaft beklagt wurde: die fehlende Zusammenarbeit zwischen den Berufsschulen und den Unternehmen und ihren Organisationen. Damit wird aber auch, so möchte ich hoffen, ein Stück kooperativen Föderalismus praktiziert werden, denn die gemeinsamen Aufgaben von Bund, Ländern und Wirtschaft liegen nun eng beieinander. 4. Die moderne Berufsbildung ist bei weitem nicht so eindeutig in ihren Zielen und im Bildungsweg wie in früheren Zeiten. Im Strukturwandel der Wirtschaft und Gesellschaft stellen wich viel stärker als früher die Fragen nach den Grundlagen, den Zielen, den Inhalten und Methoden der Berufsbildung. Alle diese Fragen lassen sich nur auf dem Wege neuer empirischer Forschung klären und für Entscheidungen vorbereiten. Das soll die Aufgabe des neuen Bundesinstituts zur Erforschung der Berufsbildung sein. Dieses Institut muß Informationen sammeln, es muß die beruflichen Anforderungen analysieren und muß Prognosen entwickeln, an denen die Berufsbildungspolitik sich ausrichten kann. Die Berufsbildungsforschung ist längst ein differenzierter Forschungsbereich geworden, der nun systematischen und konzentriert weiter entwickelt werden soll. Dem vorgesehenen Institut soll auch die seit langem von allen Seiten geforderte Kontrollstelle für den Fernunterricht eingegliedert werden. 5. Der Entwurf stellt eindeutig die Mitverantwortung der Arbeitnehmer bei der Gestaltung der beruflichen Bildung heraus und enthält auf allen Ebenen die Mitwirkung in den vorgesehenen Ausschüssen. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sowohl im Bundesausschuß wie in den Landesausschüssen in gleicher Zahl und gleichberechtigt vertreten. Bundesausschuß und Landesausschüsse haben nicht nur eine beratende Funktion, sondern sind Gremien, in denen sich die Meinungsbildung über die Gestaltung und Fortentwicklung der beruflichen Bildung vollzieht und in denen über das Zusammenwirken aller beteiligten Kräfte entschieden wird. Bei dieser Regelung wird deutlich, daß der Gesetzgeber nur den neuen Rahmen für eine gleichberechtigte Mitwirkung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern schaffen kann. In diesem Rahmen müssen nun die Probleme gestellt und diskutiert werden und neue Initiativen ergriffen werden. Hier eröffnet sich nun ein weites Feld der Bewährung für partnerschaftliche Zusammenarbeit. 6. Der neue Gesetzentwurf regelt nach modernen arbeitsrechtlichen Erkenntnissen das Vertragsrecht der Berufsausbildung. Bei den Rechten und Pflichten der Parteien des Ausbildungsverhältnisses sind eine Menge alte Zöpfe abgeschnitten worden. 'Die beitragsrechtlichen Vorschriften sind gesetzliche Mindestnorm, sie können nicht zuungunsten des Lehrlings abgeändert werden. In diesen Fragen besteht seit langem eine erfreuliche Übereinstimmung zwischen den maßgebenden Organisationen der Wirtschaft und der Arbeitnehmer. 7. Der alte Zuständigkeitsstreit zwischen den Ressorts, besonders zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, wird nunmehr beendet. Diese alte Streiterei, das möchte ich hier ganz offen sagen, habe ich persönlich immer bedauert, weil sie jahrelang von den eigentlichen Sachaufgaben ablenkte und bei vordergründigen Fragen stehenblieb. Ich glaube, ich spreche hier auch im Namen meines Kollegen, des Herrn Bundeswirtschaftsministers, wenn ich feststelle, daß in dem Entwurf eine faire Zuständigkeitsverteilung gefunden wurde, die für eine produktive und kooperative Fortentwicklung der Berufsbildungspolitik genügend Spielraum läßt. 13192 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 Es ist vorgesehen, — daß im Bereich der Berufsbildung der jeweils zuständige Fachminister, vor allem also der Bundeswirtschaftsminister, federführend ist. Im Interesse einer einheitlichen Politik soll dabei das Einvernehmen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung eingeholt werden. — daß weiter im Bereich der Fortbildung und der Umschulung der Bundesarbeitsminister federführend sein soll, der wiederum an das Einvernehmen der anderen Fachminister gebunden ist. — daß drittens der Bundesausschuß für berufliche Bildung vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung betreut wird. — daß viertens für das neue Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung die Bundesministerien für Wirtschaft und für Arbeit und Sozialordnung gemeinsam zuständig sein sollen. Diese Regelungen liegen auf der Linie einer engen Verzahnung von Wirtschafts- und Sozialpolitik, die ich persönlich seit meinem Amtsantritt verfolge. Der alte und im Grunde fruchtlose Streit, ob die Berufsbildung Wirtschafts- oder Sozialrecht ist, läßt sich nur in der Zusammenarbeit der Ressorts beseitigen, einer Zusammenarbeit allerdings, das möchte ich hinzufügen, die dynamisch bleiben und in die Zukunft gerichtet sein muß. IV. Schon diese wenigen Punkte zeigen: In dem neuen Gesetz wird nicht einfach Recht kodifiziert und geordnet, sondern in diesem Gesetz werden neue Formen und Beziehungen auf der Grundlage eines gesellschaftspolitischen Auftrages geschaffen. Alle diese Regelungen müssen im engen Zusammenhang mit dem Arbeitsförderungsgesetz gesehen werden. — Das Berufsbildungsgesetz sorgt für die Grundlagen, Inhalte und Methoden des Bildungsweges, das Arbeitsförderungsgesetz enthält ein beinahe komplettes System der finanziellen und organisatorischen Förderung aller beruflichen Bildungsmöglichkeiten. — Bevor die eigentliche Berufsbildung beginnt, setzt schon die Berufsberatung ein, die heute jährlich von fast 1 Million Ratsuchenden in Anspruch genommen wird. Hier gelten besonders die Erfordernisse der beruflichen Mobilität, denen auch das Berufsbildungsgesetz Rechnung trägt. — Das Berufsbildungsgesetz legt großen Wert auf die persönliche, fachliche und betriebliche Eignung für die Berufsausbildung. Das Arbeitsförderungsgesetz verpflichtet die Arbeitsverwaltung, bei der Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen dieses Kriterium zu beachten. — Das Arbeitsförderungsgesetz beauftragt die Bundesanstalt für Arbeit, bei der Berufsaufklärung, der Beratung und der Vermittlung mit allen Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung eng zusammenzuarbeiten. Dabei wird es ganz besonders auf die Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern ankommen, die mit dem neuen Gesetz einen eindeutigen Auftrag zur Regelung und Überwachung der Berufsausbildung erhalten. — Nach dem Arbeitsförderungsgesetz betreibt die Bundesanstalt für Arbeit Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Sie soll rechtzeitig die Entwicklungen und Veränderungen des Arbeitsmarktes und der Berufsstrukturen erforschen. Nach dem Berufsbildungsgesetz wird ein Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung errichtet. Diese Forschung schließt sich unmittelbar an die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung an. Die Ergebnisse des einen Forschungsbereichs sind wichtige empirische Grundlagen für eine flexible Gestaltung der beruflichen Ordnung und Methodik. Diese systematische Verzahnung von Arbeitsförderungs- und Berufsbildungsgesetz hat der Gesetzgeber gewollt. Sie kann in Zukunft von beiden Seiten, sowohl in der Arbeitsverwaltung wie in den Kammern der Wirtschaft und in den vorgesehenen Ausschüssen, praktiziert werden. Ich mache keinen Hehl daraus, daß nach meiner Auffassung im Bereich der Arbeitsverwaltung bisher der Blick noch zu sehr auf den Arbeitsmarkt und momentane Vermittlungsmöglichkeiten gerichtet war. Viel stärker muß noch das berufliche Schicksal des einzelnen Erwerbstätigen in die Beratung und Orientierung der Arbeitsämter einbezogen werden. Aber ich glaube, wir sind hier auf dem richtigen Wege. Die Berufs- und Arbeitsberatung wird ausgebaut und durch gründliche Schulung der Mitarbeiter verfeinert. Die Berührungspunkte der Arbeitsämter mit allen Stellen, die für die berufliche Bildung zuständig sind, werden sich verstärken. Ich möchte hier ganz besonders die Unternehmen und ihre Organisationen aufrufen, diesen notwendigen Kontakt aufzunehmen, denn das neue Gesetz ist ebenso wie das Arbeitsförderungsgesetz auf diese Zusammenarbeit angelegt. Wir haben viele autonome Zuständigkeiten im Bereich der beruflichen Bildung. Sie können gegeneinander wahrgenommen werden, und dann erstarrt das beste Gesetz in formalistischer Handhabung. Sie können aber auch kooperativ wahrgenommen werden und sich auf die Erfüllung eines gemeinsamen gesellschaftlichen Auftrages konzentrieren. V. Damit komme ich zu den kritischen Stimmen zu dem neuen Gesetz. Ich habe die Kritik der letzten Wochen bis hin zu den Protestveranstaltungen der gewerkschaftlichen Jugend und zur jüngsten Fernsehsendung über die Berufsausbildung genau verfolgt. Auf der einen Seite heißt es, das Berufsbildungsgesetz sei auf Abwegen, es höhle die betriebliche Berufsausbildung aus, schwäche die Selbstverwaltung und die Zuständigkeit der Kammern. Ja, es wird sogar behauptet, die Berufsbildung werde jetzt in Staatsregie übernommen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13193 Auf der anderen Seite wird zunehmend Kritik an der bisherigen Praxis der betrieblichen Ausbildung geübt, die total veraltet sei. Die Wirtschaft verteidige Machtpositionen, anstatt Sachfragen zu diskutieren. Das neue Gesetz ändere wenig an den Privilegien der Kammern und Betriebe, es bringe nur geringfügige Verbesserungen. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter sei nur unvollkommen geregelt, weil sie sich nicht auf die Finanzierung der Berufsbildung erstrecke. Die bisherige Vorherrschaft der Arbeitgeber und ihrer Einrichtungen werde somit durch das Gesetz bestätigt. Ich will hier nicht im einzelnen auf alle kritischen Äußerungen eingehen und untersuchen, wer recht und wer unrecht hat, aber lassen Sie mich eines hier deutlich feststellen: Genau wie in der Diskussion um die weiterführenden Schulen und die Hochschulen werden sich auch im beruflichen Bereich die Bildungsprobleme schärfer und herausfordernder stellen. Mit dem üblichen Hinweis auf unsere altbewährte und in aller Welt anerkannte betriebliche Berufsausbildung können wir uns nicht mehr beruhigen. Dieses Gesetz ist der Versuch, Brücken zu bauen, um endlich die verkrusteten Interessen zu überwinden und die Berufsbildungspolitik mit neuem gesellschaftlichem und geistigem Schwung zu erfüllen. Es ist ein Angebot an viele Kräfte, die berufen sind, an der Meinungsbildung, an den langfristigen Perspektiven und an der Praxis mitzuwirken. Bei den Aufgaben, die vor uns stehen, wirkt es geradezu kleinlich, wenn etwa be fürchtet wird, daß das neue Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung in den Händen der Ministerialbürokratie liegen könne. Eine kritische Äußerung habe ich mir ganz besonders gemerkt. Es wurde gesagt, das Schicksal dieses Gesetzes sei es, daß zu viele mitsprechen, die die Praxis des sehr komplexen Gebietes der Berufsausbildung nicht oder zu wenig kennen. Diese Äußerung scheint mir typisch zu sein für ein Expertendenken, das viel zu lange vorgeherrscht hat und verhindert hat, daß die berufliche Bildung zu einem vollwertigen und allgemein anerkannten Bildungsbereich wird. Wer weiß, welche schwerwiegenden Fragen hinsichtlich der Ziele und der Inhalte und auch Zuordnung der beruflichen Bildung in Zukunft vor uns stehen werden, kann nur den einen Wunsch haben, daß alle diese Probleme in einer großen Breite unter Einschluß aller Betroffenen diskutiert und geklärt werden. Die Berufsbildung der Zukunft ist keine Expertensache mehr. Das Berufsbildungsgesetz ist ein Schritt zur Demokratisierung des Bildungswesens, und von diesem Weg werden wir in Zukunft nicht abweichen können und dürfen. VI. Lassen Sie mich zum Schluß wenige Worte zum Umfang und zu den Schwerpunkten der neuen Aufgaben sagen. Zuerst wenige Zahlen. Wie viele Berufstätige werden in den Wirkungskreis des neuen Gesetzes fallen? 1968 gab es in der Bundesrepublik fast 1,4 Mio Lehrlinge. Daneben gab es eine große Gruppe von Berufstätigen, die in der Fortbildung standen. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Sie wird aber sicherlich eine halbe Million erreichen. Außerdem nahmen rund 300 000 Schüler am Fernunterricht teil. Die Umschulung und berufliche Neuorientierung hat in den letzten Jahren zugenommen. Zur Zeit stehen rund 5000 Arbeitnehmer in Umschulungskursen, die von der Arbeitsverwaltung gefördert werden. Schließlich kamen im letzten Jahr rund 30 000 Arbeitnehmer in den Genuß der Aufstiegs- und Leistungsförderung der Bundesanstalt. Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, daß diese Zahlen in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Von dem breit gefächerten Angebot an beruflichen Bildungsmaßnahmen werden und müssen immer mehr Berufstätige Gebrauch machen, sowohl aus persönlichem Interesse und zur Bewahrung einer ausreichenden sozialen und geistigen Beweglichkeit als auch im Interesse unserer Volkswirtschaft. Denn diese hoch entwickelte Industriegesellschaft braucht die Bildungsimpulse für ihr weiteres Wachstum genauso wie die Kapitalbildung und die Rationalisierung. Der Strukturwandel unserer Wirtschaft und Gesellschaft wird uns die Probleme nicht erleichtern, er fordert neue Berufsbildungskonzeptionen, in der volks- und betriebswirtschaftliche, technologische, bildungspolitische und pädagogische Aspekte vereint werden. Ich denke hier etwa an Fragen wie — die vorberufliche Hinführung zur industriellen Arbeits- und Berufswelt, — den Inhalt und die Gestaltung einer breit angelegten beruflichen Grundbildung, — die Entwicklung von Stufenplänen der Aus- und Fortbildung, — die Wiedereingliederung der Frauen in das Erwerbsleben, — die berufliche Neuorientierung in späteren Lebensjahren, — die Entwicklung von neuen Übersichten und Zuordnungen der beruflichen Tätigkeiten, — die Erforschung der Möglichkeiten und Grenzen der beruflichen Mobilität, — die Entwicklung zeitgerechter Formen der beruflichen Erwachsenenbildung, — die Heranbildung der Ausbildungskräfte in Betrieben und in überbetrieblichen Einrichtungen. Das sind nur wenige herausgegriffene Fragen, die in den Ausschüssen nach dem Berufsbildungsgesetz zur Diskussion stehen werden und vor allein auch in der Forschung des Bundesinstituts in Angriff genommen werden müssen. Die Vorarbeiten hierfür hat der Gesprächskreis „Berufliche Bildung" geleistet, an dem die Spitzenorganisationen der Wirtschaft beteiligt sind und der von den Bundesministern für Wirtschaft und für 13194 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 Arbeit und Sozialordnung gemeinsam geleitet wird. Die bisherige Tätwickelt. Hier wigkeit dieses Gesprächskreises hat sich erfreulich entar endlich abseits von allen Streitereien eine Plattform für das dringend notwendige gemeinsame Sachgespräch geschaffen. Was hier an ersten Erkenntnissen erarbeitet wurde, muß nun eingehend in dien neuen Einrichtungen .des Gesetzes (eingebracht werden. Der wirtschaftliche Strukturwandel schafft neue Berufstätigkeiten und verurteilt andere zum Absterben. Die vorhandenen Arbeitsplätze sind in ständigen Veränderungen begriffen. Unsere Aufgabe ist es, den arbeitenden Menschen, so gut es geht, rechtzeitig vor beruflichen Fehlentwicklungen zu bewahren. Wir wollen verhüten, daß sie von der wirtschaftlichen und technischen Dynamik überrannt werden und schließlich in einer ausweglosen beruflichen Situation dahinleben oder gar verkümmern. Dazu gehört eine Politik, die nicht nur akute Probleme löst, sondern rechtzeitig kommende Fragen und Spannungen erkennt und darauf vorbereitet. Eine derartige Berufspolitik nimmt eine Schlüsselstellung in unserer modernen Gesellschaftspolitik ein. Gesellschaftspolitik von heute ist aber viel mehr als bloße Verteilungspolitik und Beseitigung von sozialen Härten. Sie ist auf die Grundbedingungen unserer Lebensordnung gerichtet und will die Strukturen für eine freiheitliche und solidarische Gesellschaft sichern. Anlage 14 Schriftliche Erklärung des Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi zu Punkt 5 der Tagesordnung. Wir beraten ein Gesetz, das gleichermaßen wirtschaftspolitische, sozialpolitische und bildungspolitische Aspekte und Auswirkungen hat. Bildung — insbesondere berufliche Bildung — wird immer mehr zu einer wesentlichen Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum, für die soziale Sicherung des einzelnen und für die Bewältigung gesellschaftspolitischer Probleme überhaupt. Es kann kaum ein wichtigeres Gesetz als dieses geben: Wir reden viel von Schulen und Universitäten. Nahezu 70 v. H. der Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren fallen unter dieses Gesetz. Mit dem Arbeitsförderungsgesetz hat der Deutsche Bundestag einen Ausbau der Berufsberatung und eine Ausweitung der Möglichkeiten für die finanzielle Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung und von Teilnehmern an Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen beschlossen. Das war ein positiver Schritt auf dem Wege zu einer modernen Arbeitsmarktpolitik, der auch zu größerer Mobilität der Erwerbstätigen führt. Den Berufstätigen werden erweiterte Chancen für ihr berufliches Fortkommen eröffnet. Niemand soll aus sozialen Gründen auf eine angemessene berufliche Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung verzichten müssen. Das Arbeitsförderungsgesetz ist gleichzeitig ein Beitrag zur Gesellschaftspolitik: Die Gleichheit der Bildungschancen wird verbessert. Doch kann das Arbeitsförderungsgesetz seine Ziele nur erreichen, wenn die finanziellen Hilfen auf ein zeitgemäßes Angebot an Bildung rechnen können, die für den einzelnen und die Gesellschaft den Gewinn abwerfen, der im Rahmen der technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung gebraucht wird. Und Berufsbildung ist gleichberechtigt zu sehen zu jeder anderen Form der Bildung. Hierfür soll das Berufsbildungsgesetz bessere Voraussetzungen schaffen. In der Wirtschaftswissenschaft, im Bereich der Bildungsökonomie, ist es heute üblich, Bildung als Investition zu betrachten. Ob berufliche Bildung eine lohnende Investition ist, hängt von ihrer Effizienz für den einzelnen, die Wirtschaft und die Gesellschaft ab. Natürlich: Bildung ist ein Bürgerrecht. Aber ein Kosten-Nutzen-Denken würde unserem Bildungswesen auf manchen Gebieten förderlich sein, und auch aus diesem Grunde bedarf gerade die Berufsbildung immer wieder der Verbesserung. Bildung — auch berufliche Bildung — ist in erster Linie eine Entwicklungschance für den ganzen Menschen. Alle seine Kräfte und Anlagen sollen entwickelt werden, er muß zum Könner, aber nicht zu einem Nur-Fachmann werden. Seine Stellung in Beruf, Gesellschaft und Staat muß auf seiner freien Willensentscheidung gründen, getroffen im Rahmen eines individuellen Wertsystems, erlangt und behauptet werden. Berufliche Bildung ist also Bildung mit spezifischen Mitteln und Zielen. Sie muß darauf gerichtet sein, den Auszubildenden fähig zu machen, — den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt zu beherrschen und voranzutreiben, — strukturelle Wandlungen möglichst reibungslos mitzuvollziehen, — sich neuen Gegebenheiten im Beruf oder notfalls auch durch Berufswechsel anzupassen, — in Beruf und Gesellschaft aufzusteigen und damit wachsende Verantwortung zu übernehmen. Berufliche Bildung muß im Interesse der Gleichheit der Bildungschancen für gleiche Startbedingungen und möglichst große Durchlässigkeit sorgen. Das erfordert ein gewisse Einheitlichkeit und eine große Anpassungsfähigkeit. Wenn berufliche Bildung mit ihren Inhalten und Zielen jeweils dem neuesten Stand der bestehenden und voraussehbaren Entwicklung entsprechen soll, dann muß Praxisnähe, mehr Berufsbildungsforschung sowie Selbstverantwortung und Kooperation der Beteiligten eine wesentliche Rolle spielen. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen und anderen wesentlichen Gesichtspunkten weitgehend Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 13195 Rechnung. Als zukunftsoffenes und flexibles Rahmengesetz bietet er den freien Kräften der Wirtschaft Gestaltungsmöglichkeiten. In den Ausschüssen auf Bundes-, Landes- und Kammerebene sowie im Institut für Berufsbildungsforschung gibt er den Beteiligten die Möglichkeit der Abstimmung, der Zusammenarbeit und der Einflußnahme. Und das sind die wesentlichen Ziele dieses Gesetzes: Klare Rechtsgrundlagen für die Beseitigung von Mängeln und Unzulänglichkeiten; Ansätze für eine staatliche Ordnung, soweit sie im Interesse des einzelnen und der Gesellschaft notwendig ist; Instrumente zur Anpassung der beruflichen Bildung an die wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Entwicklung; sowie Aktivierung ,der freien Kräfte zu einer praxisnahen und ,entwicklungsbezogenen Gestaltung und Durchführung. Ich glaube, diese Ziele werden durch den Gesetzentwurf im ganzen erreicht. Das gilt — so meine ich — auch für Regelungen des Gesetzentwurfs, die in der Öffentlichkeit auf Kritik gestoßen sind. So wird zum Beispiel behauptet, die für das Handwerk gefundene Lösung störe den umfassenden Charakter des Gesetzes und berge die Gefahr in sich, daß künftig zweierlei Recht gelte. Diese Kritik ist nicht berechtigt. Die Berufsbildung im Handwerk wird durch dieses Gesetz im wesentlichen inhaltsgleich geregelt, wobei allerdings niemand daran denkt, zum Beispiel den Befähigungsnachweis in Frage zu stellen. Für die Arbeitnehmermitwirkung in der handwerklichen Berufsbildung hätte ich mir allerdings auch eine andere Lösung vorstellen können. Es kommt aber doch wohl darauf an, ein einheitliches Berufsbildungsrecht zu schaffen, was durch den Entwurf des Berufsbildungsgesetzes geschieht. Ob ein Teil dieses Rechts in ein Gesetz eingestellt wird, das eine geschlossene Regelung für das Handwerk enthält und anderenfalls unvollständig würde, dürfte dann nicht mehr entscheidend sein. Der Gesetzentwurf enthält genügend Sicherungen dafür, daß es zu der befürchteten Auseinanderentwicklung nicht kommen kann. Ein anderer Vorwurf besagt, daß auch das berufliche Schulwesen hätte mit einbezogen werden müssen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß eine engere Verzahnung von betrieblicher und schulischer Ausbildung sinnvoll und notwendig ist. Dem trägt der Entwurf auch Rechnung. Eine Einbeziehung des beruflichen Schulwesens hätte jedoch eine Änderung des Grundgesetzes erfordert, für die die notwendigen Mehrheiten nicht zu erreichen gewesen wären. Das ist auch denjenigen bekannt, die Kritik üben. Schließlich wird vorgebracht, daß neue Formen zur finanziellen Förderung qualifizierter Ausbildungseinrichtungen geschaffen werden müßten, im Gesetz aber nicht behandelt werden. Den Wunsch, die Ausbildungsfinanzierung zu überprüfen, halte ich für gerechtfertigt. Es bedarf noch eingehender Untersuchungen, wie diese Frage am besten einer befriedigenden Antwort zugeführt werden kann. Deshalb beschäftigt sich der Gesprächskreis für Fragen der beruflichen Bildung damit, dem der Bundes-arbeits- und der Bundeswirtschaftsminister vorsitzen. Sicherlich werden sich auch der nach dem Gesetzentwurf zu errichtende Bundesausschuß für Berufsbildung und das Institut für Berufsbildungsforschung damit befassen müssen. Erst nach Abschluß dieser Arbeiten wird es möglich sein, zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Schließlich wird Kritik an den vorgesehenen Zuständigkeitsregelungen geübt. Ich will gar nicht bestreiten, daß auch andere Lösungen dieser Frage denkbar wären. Ich halte die in Aussicht genommene Aufgabenverteilung sachlich und politisch jedoch für vertretbar. Der Bundesminister für Wirtschaft verfolgt weder nur Arbeitnehmerinteressen, noch nur Arbeitgeberinteressen; er ist der Gemeinschaft als Ganzem verpflichtet. Wirtschaftspolitik ist unteilbar. Das ist der Grund, warum gewisse wesentliche Zuständigkeiten der Berufsausbildung mit Recht beim Bundesminister für Wirtschaft sind und bleiben sollen. Sicherlich sind durch ein Berufsbildungsgesetz, wie es im Entwurf vorliegt, nicht alle Wünsche erfüllt und nicht alle Betroffenen und Beteiligten ganz zufriedengestellt. Das konnte bei einer Materie, die soziale Aspekte hat und eine große Zahl von sachlichen und politischen Interessen berührt, auch nicht erwartet werden. Das Gesetz schafft aber eine Basis, auf der weitergebaut werden kann. Wir wollen dabei nicht vergessen, daß der Gesetzgeber ein ausgebautes System der Berufsbildung vorfand, das zum Teil ohne Rechtsgrundlagen in Selbstverantwortung, Selbstverwaltung und Selbstdisziplin von der Wirtschaft entwickelt worden ist. Das bestehende Ausbildungssystem hat zu der wirtschaftlichen Stellung der Bundesrepublik in der Welt wesentlich beigetragen und genießt, so verbesserungsbedürftig es auch ist, gerade im Ausland hohes Ansehen. Wir sollten deshalb trotz der sicher zum Teil berechtigten Kritik an den bestehenden Verhältnissen nicht vergessen, den freien Kräften der Wirtschaft, vor allem den Kammern und den Betrieben, für ihre positive Arbeit auf diesem Gebiet zu danken — auch den Gewerkschaften, die als Mahner, als Träger von Bildungseinrichtunoen und durch aktive Mitarbeit zu einer ständigen Verbesserung der Berufsbildung beigetragen haben. Wir haben Grund, den an der Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs beteiligten Kollegen für die Bewältigung der schwierigen Materie zu danken. Wie schwierig sie war, ergibt sich schon daraus, daß fünfzig Jahre intensiver Vorbereitung notwendig waren, um zu einem verabschiedungsreifen Gesetzentwurf zu gelangen. Sicherlich werden die Aufgaben, die der Bundeswirtschaftsminister nach diesem Gesetz wahrzunehmen hat, nicht leichter lösbar. Er wird bei ihrer Durchführung auf die aktive Mitarbeit der Wirtschaft, der Länder, der Wissenschaft und des Bundesarbeitsministers angewiesen sein. In diesem Zu- 13196 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1969 sammenhang kann ich Ihnen versichern, daß er die Berufsbildung nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie, unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten sieht, sondern — wie bisher und künftig noch verstärkt — als bildungs- und gesellschaftpolitischen Auftrag auf dem Hintergrund wirtschaftlicher Entwicklungen sowie im Rahmen der Entwicklung des gesamten Bildungswesen. Der beruflichen Bildung kommt derselbe Stellenwert zu wie der Schul- und Hochschulpolitik. Diese Überzeugung in das Bewußtsein der Öffentlichkeit und der Politik zu rücken, ist unsere gemeinsame Aufgabe. Ich hoffe, daß dieses Gesetz mit dazu beitragen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erwin Schoettle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Dr. Marx!


Rede von Dr. Werner Marx
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister, darf ich fragen: Haben Sie von Ihrer Sicht her irgendwelche Nachweise dafür, daß es zwischen einzelnen dieser genannten Parteien unterirdische Verbindungen und Kanäle gibt?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Benda


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Es gibt, Herr Kollege Dr. Marx, nicht nur solche unterirdischen



    Bundesminister Benda
    Verbindungen, sondern es gibt ganz offensichtliche Verbindungen — z. B. zwischen der SED und der verbotenen KPD — und auch andere Querverbindungen sowohl ober- als auch unterirdischer Art zwischen den anderen genannten Parteien, vielleicht •mit Ausnahme dieser maoistischen Gruppe, die ich erwähnt habe.