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    Deutscher Bundestag 211. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1969 Inhalt: Amtsniederlegung des Bundestagspräsidenten D. Dr. Gerstenmaier 11415 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 11415 B Erweiterung der Tagesordnung 11415 D Amtliche Mitteilungen 11415 D Fragestunde (Drucksache V/3730, Nachtrag zur Drucksache V/3730) Frage des Abg. Rollmann: Vollendung der Europäischen Wirtschaftsunion Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 11416D, 11417 A Rollmann (CDU/CSU) 11417 A Fragen des Abg. Dr. Schmid-Burgk: Verfälschung des überstaatlichen Charakters der Europäischen Gemeinschaften durch intergouvernementale Verwaltungsausschüsse — Direkte Wahl europäischer Abgeordneter Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11417 B, D, 11418 A, B, C, D, 11419 A, B Dr. Schmid-Burgk (CDU/CSU) . . . 11417 B Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 11417 D Dr. Schulz (Berlin) (SPD) . 11418 A, 11419 B Rollmann (CDU/CSU) . . . . .11418 B, C Dr. Mommer (SPD) 11418 B, D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 11419 A Frage des Abg. Rollmann: Einschränkung der Verhandlungsvollmachten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei den Verhandlungen mit der Türkei Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 11419B, D, 11420 A Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 11419 D Rollmann (CDU/CSU) . . . . . .11420 A Schoettle, Vizepräsident . . . . . 11420 A Frage des Abg. Dr. Schmid-Burgk: Ausklammerung der Osthandelspolitik bei Verabschiedung der Verordnungen zur Außenhandelspolitik der Europäischen Gemeinschaften Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 11420 B, D, 11421 A Dr. Schmid-Burgk (CDU/CSU) . . . 11420 D Dr. Apel (SPD) 11421 A Schoettle, Vizepräsident 11421 B Fragen des Abg. Dr. Häfele: Bemühungen der Bundesregierung zur Freilassung des in Italien festgehaltenen ehemaligen Oberstleutnants Kappier 11421 B Frage des Abg. Weigl: Herausgabe einer Zeitschrift der Bundesrepublik Deutschland in der Sowjetunion 11421 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 Fragen des Abg. Flämig: Verhandlungen zwischen der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien über ein Kontrollabkommen Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11421 C, D, 11422 A, C, D, 11423 A, B Flämig (SPD) . . . 11421 C, D, 11422 C, D Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . 11422 A Ott (CDU/CSU) 11423 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 11423 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Europäisches Übereinkommen über Reisen Jugendlicher mit Sammelpässen zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 11423 B, D, 11424 B Bauer (Würzburg) (SPD) . 11423 D, 11424 B Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Einreiseverbot der CSSR für Studenten aus westlichen Ländern 11424 C Fragen des Abg. Dorn: Pläne zur Änderung der Bundesbahntrasse in Bonn — Tieflegung der Gleisanlagen Wittrock, Staatssekretär . . . .11424 C, D, 11425 A, B, C Ramms (FDP) . . . . 11424 D, 11425 A, B Dorn (FDP) 11425 C Frage des Abg. Kubitza: Personenverkehr im Raum von Lohr, Marktheidenfeld und Wertheim Wittrock, Staatssekretär 11425 D Kubitza (FDP) 11425 D, 11426 A Schoettle, Vizepräsident 11426 A Frage des Abg. Kubitza: Zugverkehr Aschaffenburg—Gemünden Wittrock, Staatssekretär . . . .11426 B, C Kubitza (FDP) 11426 B Frage des Abg. Kubitza: Änderungen der Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung über den Verkehr von Lastzügen an Feiertagen Wittrock, Staatssekretär . . . . . 11426 D Frage des Abg. Damm: Einbau einer ILS-Anlage im Flughafen Fuhlsbüttel Wittrock, Staatssekretär . . .11427 A, B Damm (CDU/CSU) . . . . . . .11427 A Dr. Apel (SPD) 11427 B Frage des Abg. Ramms: Einführung der Warnblinkleuchte bei in Betrieb befindlichen Fahrzeugen Wittrock, Staatssekretär . . . 11427 C, D Ramms (FDP) 11427 C, D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (Abg. Stücklen, Dr. Jaeger, Wagner, Schlager, Frau Dr. Kuchtner u. Gen.) (Drucksache V/3631) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Jugendgerichtsgesetzes (CDU/CSU, SPD) (Drucksache V/3633) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Strafgesetzbuches (Abg. Dichgans, Dr. Lenz [Bergstraße], Dr. Jaeger und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache V/3743) — Erste Beratung — Schlager (CDU/CSU) 11428 A Schoettle, Vizepräsident (zur GO) . 11429 D, 11434 A Hirsch (SPD) . . . . . 11434 B, 11461 A Dichgans (CDU/CSU) 11442 B Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 11444 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 11446 B, 11455 C, 11456.C, 11457 A Dr. Jaeger, Vizepräsident (zur GO) 11450 A Schulz, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 11452 D Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 11454 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 11454 B Könen (Düsseldorf) (SPD) 11458 B Genscher (FPD) . . . . 11450 B, 11459 B Nächste Sitzung 11462 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten 11463 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Kahn-Ackermann betr. Einheitlichkeit einer Politik der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur und Erziehung . . . . 11463 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 III Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Lenze (Attendorn) betr. Reorganisation des Atlantischen Bündnisses und Beziehungen zwischen NATO und WEU 11464 A Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Reichmann betr. Preis der Phantom-Düsenjäger 11464 B Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Strohmayr betr. Einsprüche in Anhörverfahren zu neu aufgestellten Flächennutzungsplänen . . . . 11464 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Josten betr. einheitliche Uniform für die einzelnen Truppengattungen 11464 D Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Jung betr. Untersuchungen des ES-Referats gegen Angehörige des Bundesverteidigungsministeriums wegen Korruptionsverdachts . . . 11465 B Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Ramms betr. fristgerechte Stellung von Waggons durch die Bundesbahn . . . . . . . . . . . 11465 C Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Ramms betr. Umlenkung der Güter von der Straße auf die Schiene 11465 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Marx (Kaiserslautern) betr. Schiffahrtsabgabe auf der Donaustrecke zwischen Rajka und Gönyü . . . 11465 D Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Weiland betr. Weiterwälzung der Straßengüterverkehrsteuer — Umlagerungseffekte — Margen bei den Beförderungsentgelten 11466 B Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Kiep betr. strukturpolitische Auswirkungen einer im Raum Frankfurt vorgesehenen unterirdischen Fernmeldestation 11466 C Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Enders betr. Befreiung von der Fernseh- und Rundfunkgebühr 11467 B Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Geldner betr. Dichte des Fernsprechnetzes in der Bundesrepublik Deutschland 11467 C Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Hörmann (Freiburg) betr. Errichtung eines neuen Fernsehsenders auf dem Schönberg 11468 B Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) betr. Verkauf von Spielwaren mit radioaktiven Leuchtfarben 11468 D Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Westphal betr. Verfahren bei der Vergabe von Promotionsstipendien 11469 A Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage der Abg. Frau Blohm betr. Verteilung der Nahrungsmittelhilfe an die Entwicklungsländer 11469 C Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) betr. Aufbewahrung und Auswertung der Texte von Reden Hitlers . . 11469 D Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dorn betr. Verwendung der Symbole der „DDR" bei Sportveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland 11470 B Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage der Abg. Frau Freyh betr. künftige Form der Finanzierung der Studentenförderung nach dem Honnefer Modell 11470 C IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage der Abg. Frau Blohm betr. Vorarbeiten für die rechtliche Gestaltung einer einheitlichen europäischen Handelsgesellschaft 11471 A Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Frerichs betr. Vereinheitlichung der Gesetzgebung gegen den unlauteren Wettbewerb in den Mitgliedstaaten der EWG 11471 A Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dröscher betr. Überprüfung der Bestimmungen über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen 11471 D Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Fellermaier betr. Förderung von Obstgemeinschaftsbrennereien 11472 A Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Orgaß betr. Zehnerkonferenz in Bonn im Herbst 1968 — Währungsunion der Europäischen Gemeinschaften 11472 B Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Musterprüfungen in der Unterabteilung Sicherheitstechnik der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig — Ausstattung dieser Unterabteilung 11472 D Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Bühler betr. Verfahren bei der Zulassung von Privatdetektiven 11473 C Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Weigl betr. Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums zur Schaffung von Informationsstellen . . . 11473 C Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Fritsch (Deggendorf) betr. Strukturverbesserung des ostbayerischen Raumes 11473 D Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Fritsch (Deggendorf) betr. Aktionsprogramm „Ostbayern" . . 11474 A Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Zebisch betr. Fertigstellung der regionalen Aktionspro- gramme für Nord- und Ostbayern . . . 11474 B Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage der Abg. Frau Blohm betr. steigende Kosten der EWG-Landwirtschaftspolitik 11474 C Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Ertl betr. Erlernen eines weiteren Berufes durch junge Bauern 11474 D Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dröscher betr. Ausschluß fusionsbereiter landwirtschaftlicher Betriebe von der Förderung nach dem Grünen Plan 11475 B Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Weigl betr. Zahl der von den landwirtschaftlichen Alterskassen abgelehnten Anträge auf Gewährung von Altersgeld . . . . . . . . . . 11475 C Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Geisenhofer betr. Minderung der Rente infolge Kurzarbeit — Entrichtung des Rentenkrankenkassenbeitrags während des Rentenverfahrens 11475 D Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Maucher betr. Anträge auf Kapitalisierung der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz 11476 C Anlage 39 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Mick betr. Bindungsermächtigungen 11476 D Anlage 40 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Hudak betr. Günter Graß als Mitglied des Kunstausschusses des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 1972 . . . . . . . .11477 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11415 211. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung In der namentlichen Liste über das endgültige Ergebnis der namentlichen Abstimmung — 210. Sitzung, Seite 11377 B — muß es unter Nein — SPD — statt Dr. Arndt (Berlin/Köln) heißen: Dr. Arndt (Hamburg). Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach * 25. 1. Dr. Aigner * 25. 1. Frau Albertz 24. 1. Dr. Althammer 31. 1. Dr. Apel * 25. 1. Arendt (Wattenscheid) * 25. 1. Dr. Arndt (Berlin) 24. 1. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 24. 1. Dr. Artzinger * 25. 1. Bading * 25. 1. Bauer (Wasserburg) 24. 1. Prinz von Bayern 24. 1. Dr. Becher (Pullach) 24. 1. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 24. 1. Behrendt * 25. 1. Frau Berger-Heise 25. 1. Bergmann * 25. 1. Dr. Birrenbach 24. 1. Dr. Burgbacher * 25. 1. Dr. Brenck 25. 1. Corterier * 25. 1. Cramer 24. 1. van Delden 4. 2. Deringer * 25. 1. Dichgans * 25. 1. Dr. Dittrich * 25. 1. Dröscher * 25. 1. Frau Dr. Elsner * 25. 1. Faller * 25. 1. Fellermaier * 25. 1. Frieler 24. 1. Dr. Furler * 25. 1. Gerlach * 25. 1. Dr. Götz 25. 1. Graaff 24. 1. Freiherr von und zu Guttenberg 24. 1. Haage (München) 24. 1. Dr. Haas 24. 1. Hahn (Bielefeld) 31. 1. Hamacher 31. 1. Hauck 24. 1. Hellenbrock 31. 3. Illerhaus * 25. 1. Dr. Ils 24. 1. Jürgensen 28. 2. Kiep 24. 1. Klein 24. 1. Klinker * 25. 1. Köppler 24. 1. KohLberger 24. 1. Krammig 24. 1. Kriedemann * 25. 1. Freiherr von Kühlmann-Stumm 24. 1. Kulawig * 25. 1. Kunze 30. 4. Frau Kurlbaum-Beyer 15. 2. Lautenschlager * 25. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Lemp 24. 1. Lenz (Brühl) * 25. 1. Dr. Löhr 25. 1. Lücker (München) * 25. 1. Mauk * 25. 1. Memmel * 25. 1. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 24. 1. Metzger * 25. 1. Müller (Aachen-Land) * 25. 1. Petersen 24. 1. Richarts * 25. 1. Prinz 24. 1. zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schmidt (Offenbach) 24. 1. Frau Dr. Schwarzhaupt 24. 1. Springorum * 25. 1. Dr. Staratzke 25. 1. Dr. Starke (Franken) * 25. 1. Dr. Stecker 24. 1. Steinhoff 30. 4. Teriete 24. 1. Unertl 24. 1. Weigl 24. 1. Weimer 25. 1. Welke 24. 1. Frau Wessel 28. 2. Frau Dr. Wex 24. 1. Dr. Wilhelmi 25. 1. Winkelheide 28. 2. Wurbs 24. 1. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vorn 20. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/3705 Frage 157): Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um entsprechend der Entschließung 378 der Beratenden Versammlung des Europarates vom 24. September 1968 zu einer einheitlichen Politik auf dem Gebiet der Kultur und Erziehung in den internationalen Kulturorganisationen zu gelangen? Die Bundesregierung ist ständig bemüht, die Einheitlichkeit einer Politik der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur und Erziehung zu gewährleisten. Diese Einheitlichkeit wird u. a. durch enge Fühlungnahme und regelmäßige Besprechungen zwischen den Ressorts und den zuständigen innerdeutschen Institutionen angestrebt. Die Bundesregierung beabsichtigt, diese regelmäßigen Besprechungen im Interesse der Erarbeitung einer kohärenten Politik der deutschen Vertreter in den internationalen Kulturorganisationen noch weiter auszudehnen. Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung einer einheitlichen Kultur- und Erziehungspolitik im * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments 11464 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 multilateralen Bereich bewußt und handelt auch danach. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Bundesrepublik Deutschland in derartigen internationalen Gremien nur einer von vielen Teilnehmern ist. So begrüßt die Bundesregierung z. B. den Vorschlag, daß die Programme der UNESCO und des Rats für kulturelle Zusammenarbeit im Europarat besser als bisher aufeinander abgestimmt werden. Desgleichen ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die im Rat für kulturelle Zusammenarbeit vertretenen europäischen Staaten bei ihrem Auftreten in der UNESCO möglichst eine einheitliche Haltung einnehmen sollten. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 20. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lenze (Attendorn) (Drucksache V/3709 Fragen 160 und 161) : Hat der Ministerrat der Westeuropäischen Union bereits Stellung genommen zu der Empfehlung 166 der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 14. Oktober 1968, in der diese den Rat um einen Bericht über die Reorganisation des Atlantischen Bündnisses und über die Beziehungen zwischen NATO und Westeuropäischer Union ersucht? Welches sind die eigenen Vorstellungen der Bundesregierung in dieser Frage? Der Rat der WEU hat die 11 Empfehlungen der WEU-Versammlung, die sie während ihrer 14. Ordentlichen Sitzung verabschiedet hat und zu denen die Empfehlung 166 gehört, noch nicht beantwortet. Der Rat ist bemüht, nach Abstimmung mit den Regierungen die Antworten der Versammlung bis zu ihrer nächsten Sitzung am 20. und 21. Februar 1969 zuzuleiten. Die Bundesregierung erörtert z. Z. mit den übrigen Regierungen die Antworten auf die Empfehlungen der WEU-Versammlung. Mit Rücksicht auf das Prinzip, daß die Antworten des Rates die einheitliche Auffassung aller Mitgliedstaaten wiedergeben sollen, erscheint es der Bundesregierung nicht tunlich, im gegenwärtigen Zeitpunkt im einzelnen ihre Auffassung sowohl über die Reorganisation des atlantischen Bündnisses als auch über die Beziehungen zwischen NATO und der WEU darzustellen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Reichmann (Drucksache V/3730 Fragen 6 und 7) : Sind Berichte und Veröffentlichungen zutreffend, wonach die USA an Israel Phantom-Düsenjäger zum Stückpreis von 16 Millionen DM liefern? Aus welchem Grund bezahlt die Bundesregierung für dieselbe Maschine angeblich 23 Millionen DM? 1. Über die Höhe des Stückpreises für die von den USA an Israel zur liefernden Phantom-Flugzeuge liegen der Bundesregierung keine amtlichen Mitteilungen vor. 2. Die Preise der Phantom-Flugzeuge für die israelische Luftwaffe und für die deutsche Luftwaffe sind nicht vergleichbar, weil es sich um unterschiedliche Versionen handelt. 3. Der Stückpreis von angeblich 16 Mio DM der israelischen Version ist nicht vergleichbar mit dem Systempreis von 23 Mio DM der deutschen Version, da — im Gegensatz zum Stückpreis — im Systempreis sämtliche Aufwendungen eingeschlossen sind, die für die Beschaffung und die Indienststellung des Waffensystems notwendig sind (Ersatzteil-Grundausstattung, Bodendienst- und Prüfgerät, Dokumentation, Ausbildungsgerät, Pilotenausbildung, technische Unterstützung und Infrastrukturmaßnahmen). 4. Der reine Stückpreis der deutschen Version des Phantom-Flugzeugs beträgt DM 12,4 Mio. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Strohmayr (Drucksache V/3730 Frage 8) : Ist es richtig, daß die Oberfinanzdirektionen von der Bundesregierung angewiesen worden sind, bei Anhörverfahren zu neu aufgestellten Flächennutzungsplänen Einsprüche zu erheben, auch wenn bundeseigene Grundstücke, die in die genannten Pläne einbezogen wurden, schon seit Jahren keinerlei Nutzung von seiten des Bundes oder der Bundeswehr zugeführt worden sind? Der Bundesregierung ist von einer derartigen Anordnung nichts bekannt. Wenn Sie, Herr Kollege, einen speziellen Fall im Auge haben, bitte ich, dem Ministerium die Einzelheiten mitzuteilen. Ich werde veranlassen, daß Sie möglichst schnell eine nähere Sachschilderung erhalten. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Josten (Drucksache V/3730 Frage 9) : Wieweit sind die Entscheidungen über eine einheitliche Uniform für die einzelnen Truppengattungen getroffen? Ich darf Ihre Fragestellung so auslegen, daß Sie unter der Bezeichnung „Truppengattung" die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine verstehen. Die Soldaten der Bundeswehr verfügen über eine — Grundausstattung (Kampfausstattung) und eine — Friedenszusatzausstattung. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11465 Die Grundausstattung tragen sie im Verteidigungsfall. Sie ist seit Bestehen der Bundeswehr einheitlich für alle Teilstreitkräfte. Zur Friedenszusatzausstattung gehört der sog. „Ausgehanzug", der in den 3 Teilstreitkräften unterschiedlich ist. 1955 hatte man zwar den Versuch gemacht, die Ausgehuniform zu Lande für alle 3 Teilstreitkräfte einheitlich einzuführen. Nachdem jedoch diese steingraue Uniform — Sie entsinnen sich vielleicht noch des zweireihigen Rockes — bei der Truppe auf einhellige Ablehnung gestoßen war, kam man bereits 1957 zu den Ausgehuniformen, wie sie noch heute getragen werden. Sie wurden lediglich bei Herr und Luftwaffe durch Anfügen farbiger Biesen in den Waffenfarben verändert. Die Stoffqualitäten unterliegen allerdings gelegentlichen Änderungen; so wurde im vergangenen Jahr für neubeschaffte Ausgehuniformen ein leichteres Tuch ausgewählt, weil dies von der Truppe allgemein gewünscht wurde. Aus technischen Gründen (Kräuselfalten) soll künftig die Hosenbiese in Wegfall kommen. Es besteht vorläufig nicht die Absicht, im Hinblick auf die Vereinheitlichung der Ausgehuniform bei den kanadischen Streitkräften, für die 3 Teilstreitkräfte der Bundeswehr eine ähnliche Regelung einzuführen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jung (Drucksache V/3730 Fragen 10, 11 und 12) : Gegen wie viele Angehörige des Bundesverteidigungsministeriums schweben Untersuchungen des ES-Referates wegen Korruptionsverdachts? Treffen Informationen zu, wonach die Untersuchung gegen einen Beamten der Beschaffungsstelle bereits seit zehn Jahren betrieben wird? Nach welchen Gesichtspunkten kann eine Untersuchung über Jahre geführt werden, ohne daß über Einstellung oder Abgabe an die Strafverfolgungsbehörden entschieden wird? Die Zahl der gegen Angehörige des Bundesverteidigungsministeriums laufenden Untersuchungen ist beruhigend gering. Da es sich bei diesen Untersuchungen aber aus naheliegenden Gründen um geheimzuhaltende Angelegenheiten handelt und sich schon aus der bloßen Zahl der anhängigen Fälle Schlüsse ziehen lassen, die die Aufklärung beeinträchtigen können, bitte ich um Verständnis, wenn die Bundesregierung die genaue Zahl hier nicht bekanntgeben kann. Ich bin aber gern bereit, dem Verteidigungsausschuß weitere Auskünfte zu erteilen. Die zweite Frage beantworte ich mit „Nein". Die im eigenen Bereich geführten Untersuchungen sollen die Korruption im Ansatz bekämpfen und ihr durch möglichst frühzeitige Aufklärung vorbeugend entgegenwirken. Geschickt getarnte, z. B. überwiegend im Ausland durchgeführte Manipulationen können manchmal erst nach jahrelangen Bemühungen aufgeklärt werden. Über die Abgabe an die Staatsanwaltschaft wird jeweils entschieden, wenn zureichende Anhaltspunkte für den Verdacht einer strafbaren Handlung vorliegen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/3730 Frage 23) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß entgegen der Behauptung in der Werbezeitschrift „contra" des Bundesverkehrsministers die Deutsche Bundesbahn nicht in der Lage war, die angeforderten Waggons fristgerecht zu stellen? Nach den Feststellungen der Bundesregierung hat die Bundesbahn im abgelaufenen Jahre den Wagenanforderungen fast durchweg fristgerecht entsprechen können. Verzögerungen entstanden nur vereinzelt und nur dann, wenn kurzfristig und unvorhergesehen bestimmte Typen von Spezialwagen in großem Umfange angefordert wurden, wie dies im Zusammenhang mit der sprunghaften Steigerung des Exportes vor Inkrafttreten der erhöhten Besteuerung der Ausfuhrgüter zum 23. 12. 1968 geschah. Die zitierte Schrift CONTRA enthält zu diesem Thema lediglich die den Tatsachen entsprechende Notiz, daß bei der Bundesbahn „zeitweise zigtausend Waggons leer herumstehen". Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/3730 Frage 24) : Ist die Bundesregierung der Meinung, daß in dem Augenblick, wo der Güterfernverkehr den einen Pfennig pro Tonne und Kilometer der Verladerschaft nicht berechnen muß, das Ziel, die Güter von der Straße auf die Schiene umzulenken, noch zu erreichen ist? Ja, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der von der Straßengüterverkehrsteuer ausgehende Umlenkungseffekt nach wie vor gegeben ist. Die Güterfernverkehrsunternehmer werden die Steuer in der Regel weitergeben müssen, wie umgekehrt bei Verzicht auf Weitergabe der Anreiz für die Güterfernverkehrsunternehmer, sich des von der Steuer befreiten kombinierten Verkehrs zu bedienen, noch verstärkt wird. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/3730 Frage 25) : 11466 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 In welcher Weise ist das ungarische und tschechoslowakische Begehren, auf der Donaustrecke zwischen Rajka und Gönyü für durchfahrende Schiffe eine besondere Schiffahrtsabgabe zu erheben, im Hinblick auf das Belgrader Donauabkommen von 1948 und die Beschlüsse der Donaukommission von 1950 behandelt worden? Das ungarische und tschechoslowakische Begehren, auf der Donaustrecke zwischen Rajka und Gönyü für die durchfahrende Schiffahrt eine besondere Abgabe zu erheben, wird seit Juni 1968 in der Donaukommission behandelt. Dabei ist die rechtliche Frage der Zulässigkeit der Abgabenerhebung bisher nicht näher erörtert worden. Im Vordergrund der Beratungen stehen die technischen Fragen der beabsichtigten Donauregulierung und ihrer Auswirkungen auf den Hochwasserschutz, die übrige Wasserwirtschaft und die Verkehrswirtschaft. Eine Entscheidung wurde bisher nicht getroffen, weil mehrere Mitgliedstaaten der Einführung der Abgabe ablehnend gegenüberstanden. Die Vertreter Ungarns und der Tschechoslowakei wurden gebeten, bis zur nächsten Tagung der Donaukommission weitere Unterlagen über die technischen Einzelheiten des Ausbauprojekts vorzulegen und darzutun, inwieweit die Kosten das übliche Maß der Aufwendungen für die Stromunterhaltungen übertreffen und inwieweit gegebenenfalls die Mehrkosten billigerweise der Schiffahrt angelastet werden können. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Weiland (Drucksache V/3730 Fragen 26, 27 und 28) : Was hat die Bundesregierung veranlaßt, ihre ursprüngliche Absicht, der vollen Weiterwälzung der Straßengüterverkehrsteuer, wie sie in der Begründung zur Drucksache V/2494 Teil II unter I. zum Ausdruck kommt und wie sie der Bundesverkehrsminister in seinen Ausführungen in der 332. Sitzung des Bundesrates als notwendig für die Umverlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene bezeichnet hat, fallenzulassen? Wie stellt sich die Bundesregierung nach der Tarifentscheidung vom 19. Dezember 1968 über die Weiterwälzung der Straßengüterverkehrsteuer die im Verkehrspolitischen Programm geforderten Umlagerungseffekte von der Straße auf die Schiene vor? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die neu geschaffenen unterschiedlichen Margen bei den Beförderungsentgelten zu Konzentrationserscheinungen im Straßengüterverkehrsgewerbe führen werden, ohne die Gesamtkapazität zu ändern? Ihre Frage unterstellt, die Bundesregierung habe die Auffassung vertreten, die Straßengüterverkehrssteuer müsse in jedem Falle und restlos weitergewälzt werden. Das trifft nicht zu. Deshalb gibt es keine Änderung der Auffassung der Bundesregierung. Die bisherigen Vorstellungen der Bundesregierung bleiben durch den Erlaß der Tarifentscheidung vom 19. 12. 1968 völlig unberührt. Nach wie vor ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Verlagerungseffekt 1. durch die Veränderung der Kostenlage und 2. durch die Attraktivität des Angebots der Deutschen Bundesbahn sowie 3. durch die Steuerbefreiung bei Ausschöpfung der Möglichkeiten des kombinierten Verkehrs erzielt wird. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß die Tarifentscheidung vom 19. Dezember 1968 zu Konzentrationserscheinungen führen wird. Alle Güterfernverkehrsunternehmer sind berechtigt, die Steuer neben der Fracht in Rechnung zu stellen. Die gegenwärtige Marktlage sowie die bestehende Wettbewerbssituation lassen eine ausgeglichene Wahrnehmung dieser Chance erwarten. Im übrigen wird die Bundesregierung die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr.-Ing. Pausch vom 21. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgordneten Kiep (Drucksache V/3730 Fragen 29, 30 und 31) : Ist die Bundesregierung bereit, bei der Planung einer im Raume Frankfurt (Main) vorgesehenen unterirdischen Fernmeldestation insbesondere strukturpolitische Auswirkungen zu berücksichtigen? Bei Bejahung der Frage 29: Glaubt die Bundesregierung, durch den Bau einer solchen Anlage im Kur- und Erholungszentrum Königstein (Taunus) einen positiven strukturpolitischen Effekt zu erzielen? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß es aus strukturpolitischen Gesichtspunkten sinnvoller wäre, die Station an einen anderen Platz zu verlegen, etwa in das Bundesausbaugebiet Oberlahnkreis, wo es insbesondere durch die umfangreichen Bauarbeiten zu einem verstärkten Angebot industrieller Arbeitsplätze kommen könnte? Bei dem geplanten Fernmeldebauvorhaben im Romberg bei Königstein handelt es sich um ein technisches Bauwerk. Es kommt also bei der Wahl seines Standortes in erster Linie auf technische Gesichtspunkte an. Selbstverständlich werden daneben auch soweit als möglich strukturpolitische Auswirkungen berücksichtigt. Das ist auch im vorliegenden Fall geschehen. Es gibt allerdings vorrangige technische Gründe, die für den Raum Königstein sprechen. Der Erweiterungsbau darf nicht weiter von Frankfurt am Main entfernt sein als unbedingt notwendig. Nur dann bestehen günstige Voraussetzungen für den Anschluß an das Kabel- und Richtfunknetz. Nur dann läßt sich das technische und betriebliche Zusammenspiel aller in diesem Raum vorhandenen Dienststellen in optimaler Weise aufeinander abstimmen. Das Projekt im Romberg erfüllt diese Voraussetzungen gegenüber 8 anderen überprüften Möglichkeiten optimal. Wie durch ein Gutachten bestätigt wird, gilt das auch in geologischer und hydrogeologischer Hinsicht. Auch strukturpolitische Überlegungen sprechen nicht gegen den Raum Königstein. Es wurde festgestellt, daß täglich etwa 12 000 Einwohner des Landkreises Untertaunus in andere Gebiete zu ihren Arbeitsstätten fahren müssen und daß der Bevölkerungszuwachs im Landkreis in den letzten 15 Jahren 40 v. H. betrug. Im Hinblick auf diese Zahlen ist es sicher wichtig, neue Arbeitsplätze in diesem Gebiet Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11467 zu schaffen. Eine genügend große Bevölkerungsreserve läßt für die Deutsche Bundespost keine Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Arbeitskräften im Raum Königstein erwarten. Die Verkehrsstruktur ist für Pendler sehr günstig. Auch sind weiterführende Schulen vorhanden. Es darf zuletzt nicht unberücksichtigt bleiben, daß bereits heute 15 bis 20 v. H. der Kräfte, die später im Neubauprojekt „Romberg" arbeiten sollen, in diesem Gebiet wohnen. Durch das geplante Bauvorhaben gibt es für die Stadt Königstein eine Reihe von Vorteilen. So kann die Stadt einen großen Teil des Abraums für Aufschüttungen beim Schwimmbad und bei der Brunnenanlage sowie für den geplanten Ausbau des Wanderwegenetzes verwenden. Auch der Bau der zur Entlastung der Innenstadt von Königstein geplanten Straßen wird sich beschleunigen lassen, wenn dabei auf das verfügbare Abraumgestein zurückgegriffen werden kann. Schließlich stehen der Stadt bei der Lösung ihres Abwasserproblems weitere Vorteile in Aussicht. Die Bundesregierung kann aus zwingenden technischen Gründen nicht auf ihre Planung im Raum Königstein verzichten. Sie ist der Ansicht, daß strukturpolitische Überlegungen nicht dagegen sprechen. Das Bauvorhaben im Romberg dient der Erweiterung der fernmeldetechnischen Anlagen, die sich in Frankfurt am Main in den Gebäuden auf der Zeil befinden. Etwa 1975 ist deren Kapazität erschöpft. Deshalb würde sich jede Verzögerung des Bauvorhabens im Romberg nachteilig auf die Leistungsfähigkeit unseres Fernmeldewesens, insbesondere für die Fernsprechversorgung des Frankfurter Raumes und des Fernverkehrs auswirken. Darüber hinaus käme es zu Gebührenausfällen. Eine planmäßige Erweiterung dagegen schafft dringend benötigte zusätzliche Anschlüsse. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr.-Ing. Pausch vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgordneten Dr. Enders (Drucksache V/3730 Fragen 32, 33 und 34) : Nach welchen Kriterien gewährt die Deutsche Bundespost Befreiung von der Fernseh- und Rundfunkgebühr? Wieviel Anträgen auf Befreiung von der Fernseh- und Rundfunkgebühr wurde bisher entsprochen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Anträge für die Befreiung von der Fernseh- und Rundfunkgebühr ausgegeben werden, die zur Befürwortung an die Fürsorgestelle und an den Bezirksfürsorgeverband gerichtet werden müssen? In einem Urteil vom 15. März 1968 hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Rechtsstreit wegen Befreiung von der Rundfunkgebühr entschieden, daß nicht die Deutsche Bundespost, sondern die Rundfunkanstalten Gläubiger der Rundfunkgebühren und damit auch für die Befreiung von Ton- und Fernsehrundfunkgebühren zuständig sind. Die Rundfunkanstalten haben daraufhin der Deutschen Bundespost zum Befreiungs-Verfahren folgendes mitgeteilt: Anträge auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht sind an die zuständige Sozialbehörde zu stellen. Sofern diese nach den ihnen gegebenen Richtlinien den Antrag befürwortet, gilt er aufgrund einer Allgemeinverfügung der Rundfunkanstalten als genehmigt. Befürwortet die Sozialbehörde den Antrag nicht, wird er an die zuständige Landesrundfunkanstalt abgegeben, die darüber entscheidet. Sie teilt ihre Entscheidung dem Antragsteller und der Deutschen Bundespost mit. So wird z. Z. verfahren. Es ist also richtig, daß die Anträge für die Befreiung von den Ton- und Fernseh-Rundfunkgebühren aus sozialen Gründen bei der jeweils zuständigen Sozialbehörde einzureichen sind. Nach dem Stand vom 1. Januar 1969 waren aus sozialen Gründen von den Ton-Rundfunkgebühren 428 024 und von den Fernseh-Rundfunkgebühren 60 741 Rundfunkteilnehmer befreit. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr.-Ing. Pausch vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Geldner (Drucksache V/3730 Frage 35) : Wie kommt es, daß die Bundesrepublik Deutschland, die zu den wirtschaftlich stärksten Ländern zählt, mit 17 Sprechstellen auf 100 Einwohner mit ihrem Fernsprechnetz erst an 16. Stelle in der Welt steht? Nach den jüngsten statistischen Übersichten der American Telephone & Telegraph Company steht die Bundesrepublik Deutschland unter den Ländern mit mehr als 500 000 Fernsprechanschlüssen an der 14. Stelle in der Welt. Vor uns stehen: USA, Schweden, Schweiz, Kanada, Neuseeland, Dänemark, Australien, Norwegen, England, Niederlande, Finnland, Belgien und Japan. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse in den genannten Ländern kann man jedoch die statistischen Zahlen nicht direkt miteinander vergleichen. Ein Vergleich wäre mit Frankreich möglich, das in dieser Statistik zwei Stellen hinter uns steht. 1945 betrug unsere Sprechstellendichte noch 4,4 Sprechstellen je Einwohner. Nunmehr beträgt sie etwa 19 v. H. Bei der Beurteilung dieser statistischen Werte darf man folgendes nicht außer acht lassen: — Unser Fernmeldenetz wurde durch den Krieg bis zu 30 v. H. zerstört. — Durch die Teilung unseres Landes mußte das Fernmeldenetz umstrukturiert werden. Früher war Berlin der Mittelpunkt, heute ist es Frankfurt am Main. — Die Kapazität der deutschen Fernmeldeindustrie reichte in der Vergangenheit nicht immer aus, um den Bedarf der Deutschen Bundespost zu decken. — Die Planungskapazität bei der Deutschen Bundespost konnte mangels Ingenieuren und ande- 11468 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 ren Fachkräften nicht in dem erforderlichen Umfang erweitert werden. Noch heute fehlen 14 000 Kräfte im gesamten Fernmeldewesen. — Dazu kam schließlich noch der chronische Mangel an Investitionsmitteln, die hohe Fremdverschuldung der Deutschen Bundespost, die z. Z. 15 Milliarden DM beträgt, und die zeitweilige Verknappung auf dem Kapitalmarkt. Während z. B. ein Teilnehmer in Japan für die Einrichtung eines Fernsprechanschlusses 330 DM zahlt und gleichzeitig der staatlichen Telefongesellschaft ein Darlehen in Höhe von durchschnittlich 1100 DM gibt, Laufzeit 10 Jahre — Verzinsung 7 %, zahlt der Teilnehmer in Deutschland nur eine Einrichtungsgebühr von 90 DM. Günstiger sieht die Statistik für uns aus, wenn man die Zuwachsraten an Fernsprechanschlüssen vergleicht. Dabei stehen wir in der Welt an 8. Stelle. Die Nettozugänge an Hauptanschlüssen wurden von 194 000 im Jahre 1958 auf 710 000 im Jahre 1963 gesteigert. Zieht man den technischen Ausbaustand des Fernmeldewesens wie z. B. den Stand der Automation mit zur Betrachtung heran, so fällt der Vergleich noch günstiger für uns aus: Unser Ortsverkehr ist zu 100 %, unser Fernsprechfernverkehr (Inland) zu 99,8 % und unser Fernsprechfernverkehr (Ausland) zu 90,5 % vollautomatisiert. In Frankreich z. B. beträgt der Anteil des Selbstwählferndienstes 88,9 v. H. Die Deutsche Bundespost ist im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten fünf Jahre bemüht, die Sprechstellendichte auf etwa 27 Anschlüsse je 100 Einwohner zu steigern. Dabei wird der Nettozuwachs an Anschlüssen bis auf 1 Million pro Jahr steigen. Ich will allerdings gleich hinzufügen, daß dazu die Investitionsmittel, die im Jahr 1968 2,3 Milliarden DM betragen, auf jährlich bis zu 4 Milliarden DM gesteigert werden müssen. Dabei hoffe ich auf die Unterstützung dieses Hohen Hauses. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr.-Ing. Pausch vom 21. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Hörmann (Freiburg) (Drucksache V/3730 Fragen 36, 37 und 38) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fachleute der Rundfunk- und Fernsehtechnik in Freiburg, daß die Errichtung eines neuen Fernsehsenders auf dem Schönberg die Umrüstung von rund 60 000 Fernsehantennen in den Kreisen Freiburg (Stadt und Land, Emmendingen und Müllheim) zur Folge hat, weil der bisherige Kaiserstuhl-Sender (K 58) künftig das Dritte Programm ausstrahlen soll? Ist der einwandfreie Empfang des Ersten Programms in allen Teilen des Einzugsbereiches des Senders K 58 auch nach der Umstellung gewährleistet? Wie beurteilt die Bundesregierung die entsprechenden Vorschläge der Fachleute der Rundfunk- und Fernsehtechnik zur Behebung der zu erwartenden Schwierigkeiten? Für die Versorgung der Bevölkerung mit dem 1. Fernsehprogramm ist im Freiburger Raum der Südwestfunk zuständig. Er hat bei mir beantragt, die Errichtung und den Betrieb eines Fernsehfüllsenders im Kanal 51 auf dem Schönberg zu genehmigen. Dieser Antrag wurde erforderlich, nachdem die schweizerische Fernmeldeverwaltung, die nach den Bestimmungen des Europäischen Rundfunkabkommens Stockholm (1961) befragt werden mußte, ihre Zustimmung zur Verwendung des Kanals 51 am Standort Kaiserstuhl trotz wiederholter Bemühungen der Deutschen Bundespost versagt hatte. Der Standort Schönberg erfordert eine Umrüstung der Fernsehempfangsantennen im Freiburger Raum. Der Sender im Kanal 58 (Standort Kaiserstuhl) kann aber für das 1. Programm nicht länger verwendet werden. Er war von Anbeginn an für das 3. Programm vorgesehen, wurde nur vorübergehend für das 1. Programm zur Verfügung gestellt und wird jetzt vom 3. regionalen Programm benötigt. Bisher war ich nicht darüber unterrichtet, daß durch den Standortwechsel vom Kaiserstuhl zum Schönberg etwa 60 000 Fernsehempfangsantennen umgerüstet werden müssen. Es war mir nur bekannt, daß mit Umrüstungen in wesentlich geringerem Umfang zu .rechnen sei. Vorschläge der Fachleute der Rundfunk- und Fernsehtechnik zur Behebung dieser Schwierigkeiten sind mir bisher nicht unterbreitet worden. Dem Vernehmen nach ist jedoch damit zu rechnen, daß sie in Kürze vorgelegt werden. Die Deutsche Bundespost wird diese Vorschläge mit Vorrang prüfen und im Interesse der betroffenen Fernsehteilnehmer entsprechende Vorhaben des Südwestfunks, der für die Behebung der Versorgungsschwierigkeiten im 1. Programm zuständig ist, nach Kräften unterstützen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Stoltenberg vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage .des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (Drucksache V/3730 Frage 39) : Wird die Bundesregierung in einer Rechtsverordnung nicht nur die Herstellung und den Verkauf von Uhren mit radioaktiven Leuchtfarben verbieten, die als Spielzeug für Kinder gedacht sind, wie das im Ratsbeschluß der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 19. Juli 1966 empfohlen wird, sondern allgemein die Herstellung und den Verkauf von Spielwaren verbieten, auf denen radioaktive Leuchtfarben angebracht sind? Der z. Z. dem Deutschen Bundestag vorliegende Entwurf eines Gesetzes zum Ratsbeschluß der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 19. Juli 1966 über die Annahme von Strahlenschutznormen für Uhren mit radioaktiven Leuchtfarben enthält in Art. 2 die Ermächtigung durch Rechtsverordnung bestimmte Arten der Verwendung radioaktiver Stoffe allgemein zu verbieten, wenn dies aufgrund internationaler Empfehlungen zum Schutz der Gesundheit ein- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11469 zelner older der Allgemeinheit erforderlich List. Eine Arbeitsgruppe der OECD erarbeitet z. Z. Empfehlungen zur Verwendung von Bedarfsgegenständen mit radioaktiven Stoffen. Hierunter fallen auch Spielwaren. Die Arbeitsgruppe wird voraussichtlich für Spielwaren mit radioaktiven Stoffen ein allgemeines Verwendungsverbot empfehlen. Nach der Annahme der Empfehlungen wird die Bundesregierung dieses Verbot in das deutsche Recht übernehmen. Im übrigen kann aufgrund der bisherigen Erfahrungen (angenommen werden, daß sich in der Bundesrepublik kein Spielzeug mit radioaktiver Leuchtfarbe auf dem Markt befindet. Die Bundesregierung wird jedoch in Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden aufmerksam verfolgen, ob Spielzeug mit radioaktiver Leuchtfarbe auf den Markt gebracht wird und ggfs. auch schon vor einem allgemeinen Verbot die notwendigen Maßnahmen zur Untersagung des Vertriebs derartigen Spielzeuges treffen. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Stoltenberg vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Westphal (Drucksache V/3730 Fragen 46 und 47): Führt die Bundesregierung bereits Verhandlungen mit den Ländern über das Verfahren der Vergabe von Promotionsstipendien, nachdem dafür 1969 erstmals Mittel in die Haushalte von Bund und Ländern eingesetzt werden? Stimmt die Bundesregierung meiner Auffassung zu, daß die Promotionsstipendien nicht nur direkt über die Universitäten, sondern zu einem angemessenen Anteil auch über die Hochbegabten-Förderungswerke zur Verteilung gelangen sollen? Im Herbst 1967 ist erstmals zwischen dem Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und dem Hochschulausschuß der Kultusministerkonferenz erörtert worden, ob und wie Bund und Länder gemeinsam ein Programm zur Promotionsförderung als Nachfolger des Programms der Stiftung Volkswagenwerk ab 1969 entwickeln sollen. Die Länder haben untereinander die Grundzüge des neuen Programms entwickelt, den BMwF davon jedoch erst im Dezember 1968 in Kenntnis gesetzt. Die Bundesregierung hofft, daß alsbald eine endgültige Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zustande kommt, damit die in den Haushalten eingesetzten Mittel interessierten und befähigten Kandidaten zugute kommen können. Wie ich in meiner Antwort auf die Frage 1 dargelegt habe, besteht noch keine Einigung zwischen Bund und Ländern darüber, auf welche Weise bei einem gemeinsamen Promotionsförderungsprogramm die Stipendien vergeben werden sollen. Es muß geprüft werden, ob auch die Hochbegabtenförderungswerke mit der Abwicklung eines Teils des Programms beauftragt werden können. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Blohm (Drucksache V/3730 Frage 48) : Ist es richtig, daß die Bundesregierung die im Zusammenhang mit der Kennedy-Runde beschlossene Nahrungsmittelhilfe an die Entwicklungsländer nationalstaatlich statt über die Europäischen Gemeinschaften verteilen will? Die in der Kennedy-Runde gemeinsam von der EWG und ihren Mitgliedstaaten übernommene Verpflichtung zur Nahrungsmittelhilfe in Form von Getreide wird zum Teil durch die Gemeinschaft und zum Teil national erfüllt werden. Bei gemeinschaftlichen Maßnahmen beteiligen sich alle Mitgliedstaaten — mit Ausnahme Luxemburgs — in vergleichbarem Umfang an der Nahrungsmittelhilfe für bestimmte Empfängerländer. Bisher konnte in Brüssel keine Einigung über die Aufteilung der Nahrungsmittelhilfe auf einzelstaatliche und gemeinschaftliche Hilfsaktionen erzielt werden. Dies ist darauf zurückzuführen, daß sich einige Mitgliedstaaten noch nicht verbindlich über die Auswahl der Empfängerländer und die Höhe ihrer Lieferabsichten geäußert haben. Erst wenn dies der Fall ist, kann der Ministerrat der EWG über den Umfang der Nahrungsmittelhilfe bei gemeinschaftlichen Maßnahmen entscheiden. Es ist durchaus möglich, daß Mitgliedstaaten, die gegenüber bestimmten dritten Ländern an Hilfsaktionen besonders interessiert sind, sowohl eine Beteiligung an gemeinschaftlichen Maßnahmen als auch einzelstaatliche Aktionen in Erwägung ziehen können. Die Bundesrepublik Deutschland hat in der vergangenen Woche einer Soforthilfeaktion der Gemeinschaft an die Türkei zugestimmt. Der deutsche Anteil an dieser Gemeinschaftshilfe von 50 000 t Getreide beträgt 14 000 t. Darüber hinaus sind auch nationale Lieferungen an die Türkei vorgesehen. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (Drucksache V/3730 Fragen 51 und 52) : Trifft es zu, daß in der früheren Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz die Texte von Hitlers Reden so aufbewahrt werden, daß diese Dokumente einer schlimmen Zeit für die Auswertung allmählich unbrauchbar werden? Trifft es zu, daß für die Auswertung dieser Reden, die als Material für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit wichtig sein können, bisher wenig getan worden ist, und dies auch in der nächsten Zeit so bleiben wird? Das Bundesarchiv bewahrt Texte von HitlerReden in schriftlicher Form, in Form von Tonfilmen und in Form von Tonträgern auf. Die Aufbewahrung der schriftlichen Texte ist unproblematisch. Die einschlägigen Filme sind auf der Festung Ehrenbreitstein eingelagert und zwar in dem dort mit erheb- 11470 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 lichen Mitteln ausgebauten Filmarchiv. Dessen technische Einrichtungen bieten die Gewähr für eine konservierende und dauerhafte Aufbewahrung. Die Tonfilme mit Hitler-Reden sind im übrigen bereits auf Sicherheitsfilm umkopiert. Allenfalls können jüngste Rückgaben aus Amerika bisher noch nicht bearbeitetes Material enthalten. Die Lagerung der neuen Azetatkopien bietet zu akuter Sorge keinen Anlaß. Das Tonarchiv ist zur Zeit noch im Filmarchiv auf der Festung Ehrenbreitstein untergebracht und nutzt dessen technische Einrichtungen. Die Lagerung der Schallplatten, Kupfermatrizen und Tonbänder ist zweckentsprechend. Die Erhaltung der Tonträger ist gewährleistet. Im übrigen ist ein Erweiterungsbau des Bundesarchivs geplant, der u. a. auch das Tonarchiv aufnehmen soll. Insgesamt besteht kein Anlaß zu der Befürchtung, daß die Art der Aufbewahrung die Auswertung der Dokumente beeinträchtigen könnte. Die in schriftlicher Form, auf Tonfilm oder -träger, im Bundesarchiv vorhandenen Reden Hitlers können grundsätzlich für wissenschaftliche und andere Zwecke ausgewertet werden. Aufgabe des Bundesarchivs ist es nicht in erster Linie, die wissenschaftliche Auswertung selbst vorzunehmen, sondern das Material zur Auswertung zu sammeln und zu erschließen. Bei den Tonträgern ist die Erschließung allerdings noch nicht in der erforderlichen Weise durchgeführt, da die Übernahme und Erschließung der großen Massen des Aktenmaterials, insbesondere der umfangreichen Aktenrückgaben aus den USA, bisher, und wahrscheinlich auch noch in absehbarer Zeit, die Arbeitskapazität des Bundesarchivs beansprucht. Eine Auswertung der Tonträger war und ist dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Als Material für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürften die im Bundesarchiv vorhandenen Reden Hitlers kaum in Betracht kommen, da sie nicht auf Einzelfälle eingehen. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dorn (Drucksache V/3730 Frage 53) : Auf welche Tatsachen oder Erklärungen stützt sich die Meinung der Bundesregierung, „daß es möglich sein wird, Wege und Mittel zu finden, durch die Sportveranstaltungen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland sich abwickeln lassen, ohne deshalb in Kauf nehmen zu müssen, daß die Symbole eines sogenannten zweiten deutschen Staates überall gezeigt werden"? Nach den Statuten der meisten internationalen Fachverbände können Welt- und Europameisterschaften ohne Flaggen und Hymnen durchgeführt werden. Mehr als die Hälfte der Statuten stellen das Zeremoniell bei internationalen Sportwettkämpfen in das Ermessen des Ausrichters oder sehen vor, daß von der Verwendung von Flaggen und Hymnen in den Ländern abgesehen werden kann, in denen gesetzliche Bestimmungen die Handhabung des vollen Protokolls verhindern. Andere Statuten schreiben sogar ausdrücklich vor, daß die Meisterschaften ohne nationale Flaggen und Hymnen auszutragen sind. Bei dieser Sachlage kann davon ausgegangen werden, daß sich auch in Zukunft internationale Sportveranstaltungen auf dem Boden der Bundesrepublik abwickeln lassen, ohne daß Flagge und Hymne der sogenannten „DDR" geduldet werden müssen. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/3730 Frage 56) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die künftige Form der Finanzierung der Studentenförderung nach dem Honnefer Modell? Die Vorstellungen der Bundesregierung gingen und gehen dahin, daß die künftige Förderung von Studenten im Rahmen des Ausbildungsförderungsgesetzes ausschließlich durch den Bund erfolgt. Gegenwärtig werden die Mittel im Rahmen des Honnefer Modells je zur Hälfte durch Bund und Länder aufgebracht. Auch nach den im Deutschen Bundestag eingebrachten Initiativentwürfen der beiden Koalitionsfraktionen für ein Ausbildungsförderungsgesetz soll die Studentenförderung ausschließlich durch den Bund erfolgen; der FDP-Entwurf sieht demgegenüber eine Mischfinanzierung je zur Hälfte von Bund und Ländern vor. Nach dem vom Deutschen Bundestag in das Finanzreformgesetz eingefügten Art. 104 a Abs. 2 a wäre die bisherige Mischfinanzierung auch künftig möglich; denn danach können Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren, und von den Ländern ausgeführt werden, bestimmen, daß diese Geldleistungen ganz oder z. T. vom Bund getragen werden. Solange die Studenten-Förderung nach dem „Honnefer Modell" fortgeführt wird, wird es das Bemühen des Bundesministers des Innern bleiben, in Zusammenarbeit mit den Ländern das „Honnefer Modell" weiter zu verbessern. Das gilt insbesondere für die Erhöhung des Förderungsmeßbetrages und der Freibeträge. Leider war es nicht möglich, den Förderungsmeßbetrag schon ab 1. Januar dieses Jahres von 290 auf 350 DM zu erhöhen; z. Z. liegt er bei 320 DM monatlich. Es wird ferner erwogen, auch in den ersten drei Fachsemestern zu einer durchgehenden Förderung zu kommen, d. h. zu einer Einbeziehung auch der vorlesungsfreien Monate. Der Bundesminister des Innern wird sich darüber hinaus um eine Vereinfachung der Richtlinien bemühen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11471 Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Blohm (Drucksache V/3730 Frage 57): Welchen Stand haben die Vorarbeiten für die rechtliche Gestaltung einer einheitlichen europäischen Handelsgesellschaft? Die Schaffung einer Europäischen Handelsgesellschaft ist zunächst in einer Arbeitsgruppe des Ministerrats behandelt worden. Auf Grund des Berichts der Arbeitsgruppe ist im Ministerrat erörtert worden, ob gewisse Grundsatzfragen (Zugang, Mitbestimmung, ausschließlich Namensaktien) vorab entschieden werden müssen. Im Ministerrat ist zusätzlich das Verlangen geäußert worden, die beitrittswilligen Staaten an den Arbeiten zu beteiligen. Der Ministerrat hat die Ständigen Vertreter beauftragt, dieses Problem in ihrem Kreise zu erörtern und dem Rat einen Vorschlag vorzulegen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Frerichs (Drucksache V/3730 Fragen 58, 59 und 60) : Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu der durch die Fragebogenaktion der Kommission angesprochenen Vereinheitlichung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft? Welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um zu verhindern, daß die im Zuge der Harmonisierung erforderderlichen Kompromisse das fortschrittliche deutsche Wettbewerbsrecht verwässern? Ist die Bundesregierung bereit, einer beabsichtigten Regelung der EWG-Vereinheitlichung durch Richtlinien nach Artikel 100 des EWG-Vertrages wegen der geringen nationalen Möglichkeiten einer Einflußnahme zu widersprechen? Die Bundesregierung begrüßt es, daß die EWG-Kommission idie Initiative zu einer Vereinheitlichung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ergriffen hat. Sie ist mit der Brüsseler Kommission der Meinung, daß eine solche Vereinheitlichung für die Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes von wesentlicher Bedeutung ist. Die Bundesregierung wird sich bemühen, soviel wie möglich von den deutschen Rechtsvorstellungen auf diesem Gebiet auch für eine einheitliche Regelung innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durchzusetzen. Die Bundesregierung wird sich dabei auf das umfassende Gutachten stützen können, das das Max-Planck-Institut für ausländisches und interationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht in München im Auftrage der EWG-Kommission bereits erstattet hat. Außerdem sind nach unserem Eindruck in den fünf anderen Mitgliedstaaten der EWG Bestrebungen erkennbar, das dortige Recht gegen den unlauteren Wettbewerb auf 'bestimmten Gebieten, insbesondere dem der irreführenden Werbung, dem deutschen Schutz anzunähern. Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen insbesondere auch darauf richten, daß bei den Vereinheitlichungsarbeiten der von der deutschen Rechtsprechung zunehmend herausgestellte Gesichtspunkt, daß das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb auch dem Schutz des Verbrauchers dient, nicht zu kurz kommt. Welcher formelle Weg für die Vereinheitlichung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb innerhalb der EWG eingeschlagen werden wird, läßt sich heute noch nicht mit Sicherheit sagen. Es handelt sich hierbei nach meinem Dafürhalten in erster Linie um eine Zweckmäßigkeitsfrage. Ich habe allerdings den Eindruck, daß einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen den sechs Mitgliedstaaten der EWG vor einer Richtlinie nach Artikel 100 des EWG-Vertrages schon deshalb ,der Vorzug gegeben werden sollte, weil mit einem solchen Vertrag eine weitergehende Vereinheitlichung als mit einer Richtlinie erreicht und damit auch dem Ziel der von der Kommission in Brüssel dankenswerterweise ergriffenen Initiative besser gedient wäre. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß auch das bereits erwähnte Gutachten des MaxPlanck-Instituts sich für den Hauptbereich des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb für den Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages ausspricht und einer Richtlinie nach Artikel 100 des EWG-Vertrages allenfalls Nebengebiete, wie etwa das Zugabe- und Rabattrecht, zu überlassen vorschlägt. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. Januar 1969 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/3730 Frage 61): Ist die Bundesregierung bereit, die Bestimmungen über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen entsprechend der agrarpolitischen Entwicklung (wie sie sich aus dem Agrarprogramm der Bundesregierung und der Europäischen Gemeinschaften ergibt) zu überprüfen und mit dem Ziel zu verändern, daß die pauschalen Sätze erheblich gesenkt werden? Die Bundesregierung hat, als sie im Frühjahr 1968 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GDL — der eine Verlängerung der Geltungsdauer der Übergangsregelung in § 12 des Gesetzes vorsieht — verabschiedete, geprüft, ob die Durchschnittsätze auch der Höhe nach geändert werden müßten. Sie ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Durchschnittsätze der gegenwärtigen Ertragslage der Landwirtschaft entsprechen und für eine Abänderung keine Veranlassung besteht. Sollte die künftige Ertragslage sich verschlechtern, so wird die Bundesregierung prüfen, ob eine Änderung der Durchschnittsätze notwendig ist. Im übrigen strebt die Bundesregierung mit ihrem Agrarprogramm eine Verbesserung der Ertragslage der Landwirtschaft an. Ob durch Maßnahmen der EWG Ertragseinbußen eintreten werden, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen, da über die Preisvorschläge der EWG- 11472 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 Kommission im Ministerrat noch keine Entscheidung gefallen ist. Die Bundesregierung wird aber selbstverständlich auch insoweit die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Fellermaier (Drucksache V/3730 Fragen 62, 63 und 64) : Hat die vom Gesetzgeber mit der Novelle zum Gesetz über das Branntweinmonopol aus 1965 beschlossene Förderung von Obstgemeinschaftsbrennereien nach den Erfahrungen der Bundesregierung zu einem Abbau der jährlichen Obstschwemme geführt? Wieviel Obstgemeinschaftsbrennereien machen von den Vergünstigungen der Novelle zum Gesetz über das Branntweinmonopol bisher Gebrauch? Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit und Möglichkeit, zusätzliche Anreize zur Bildung von Obstgemeinschaftsbrennereien zur Verwertung überschüssiger Obsterträge zu geben? Seit 1965 werden in acht bis zehn Obstgemeinschaftsbrennereien jährlich zwischen 31 und 91 hl Weingeist hergestellt. Es handelt sich dabei um Brennereien, die 1965 bereits vorhanden waren. Ihr Beitrag zur Verwertung von Obstüberschüssen ist nicht nennenswert. Die Bundesregierung hält zusätzliche Anreize zur Errichtung von Obstgemeinschaftsbrennereien nicht für erforderlich. Sie sieht sich in dieser Auffassung bestätigt durch den vor der Verwirklichung stehenden Plan einer Genossenschaft, eine sehr große Obstgemeinschaftsbrennerei zu errichten. Im übrigen erscheint eine Ausweitung der bestehenden Vergünstigungen wegen der damit verbundenen zusätzlichen finanziellen Belastung der Bundesmonopolverwaltung und wegen des möglichen späteren Wettbewerbs mit anderen Verschlußbrennereien nicht angezeigt. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Orgaß (Drucksache V/3730 Fragen 65, 66 und 67): Warum hat die Bundesregierung im Herbst vergangenen Jahres in der internationalen Zahlungsbilanzkrise nicht vor der Konferenz der Zehn in Bonn eine Koordination im Rahmen der EWG gesucht? Wann hat der Bundeswirtschaftsminister die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Zehnerkonferenz nach Bonn eingeladen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung maßgeblicher Wirtschaftskreise und der Europaunion, daß die Zeit für erste Schritte zu einer Währungsunion der Europäischen Gemeinschaften gekommen ist? Eine Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten der EG hat sowohl vor als auch während der Konferenz stattgefunden. Schon auf dem Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister der EG in Rotterdam am 9./10. September 1968 ist über die Währungsprobleme der Gemeinschaft gesprochen worden. Unmittelbar vor der Konferenz haben zahlreiche telefonische und persönliche Kontakte bestanden. Vor jeder entscheidenden Phase der Konferenz haben Zwischenberatungen der Mitgliedstaaten der EG, auch mit Beteiligung der Kommission, stattgefunden. Die Koordinierung der EG-Staaten war also sehr intensiv, und zwar gerade auf der politischen, der Ministerebene. Eine Tagung des Währungsausschusses der EWG ist deshalb von keinem Mitgliedstaat beantragt worden. Vor der Konferenz der Zehnergruppe haben Kontakte zwischen der Kommission der EG und der Bundesregierung stattgefunden. Da die Kommission nicht Mitglied der Zehnergruppe ist, konnte der Vorsitzende eine Einladung an die Kommission erst aussprechen, als das Einverständnis aller Mitglieder der Zehnergruppe vorlag. Zu Beginn der Konferenz hat sich der Vorsitzende der Zehnergruppe für eine Einladung der Kommission eingesetzt. Da alle Mitglieder einverstanden waren, konnten der Vizepräsident der Kommission, Herr Barre, und das Mitglied der Kommission, Herr von der Groeben, an der Konferenz teilnehmen. Die fortschreitende währungs- und wirtschaftspolitische Integration in Richtung auf die Währungsunion ist seit Jahren Gegenstand ständiger Bemühungen sowohl der Bundesrepublik als auch ihrer europäischen Partnerländer. Um diese Entwicklung weiter zu fördern, hat die Bundesregierung in ihrer Europa-Initiative vom 27. 9. 1968 deutlich gemacht, daß sie es für erforderlich hält, weitere Fortschritte auf dem Gebiet einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungspolitik zu erzielen. Sie ist der Auffassung, daß die Entwicklung zur Währungsunion Hand in Hand gehen muß mit Fortschritten auf dem Gebiet der wirtschaftspolitischen Integration. Diesen Gedankengängen folgend hat der Währungsausschuß der EG in den letzten Monaten die Möglichkeiten einer verbesserten währungspolitischen Zusammenarbeit untersucht. Er hat den Wirtschafts- und Finanzministern der EG auf ihrem Garmischer Treffen am 13./14. 1. 1969 einen Zwischenbericht vorgelegt. In dem Bericht hat er Vorschläge für eine Verstärkung der Informationen und eine Intensivierung der ständigen Konsultationen mit dem Ziel, die Wirtschafts- und Währungspolitik besser aufeinander abzustimmen, gemacht. Die Wirtschafts- und Finanzminister haben den Zwischenbericht des Währungsausschusses zustimmend zur Kenntnis genommen; sie haben den Währungsausschuß beauftragt, seine Untersuchungen fortzusetzen. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/3730 Fragen 68, 69 und 70): Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11473 Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch Phasenverschiebung von Musterprüfungen in der Unterabteilung Sicherheitstechnik der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig eine Wettbewerbsgefährdung für deutsche Firmen auf dem Weltmarkt befürchtet wird? Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei einem Arbeitsanstieg von rund 300 Prozent in den letzten drei Jahren in der Unterabteilung Sicherheitstechnik von 45 angeforderten Mitarbeitern nur drei bewilligt wurden und dadurch Gefahr besteht, daß der Arbeitsanfall — im letzten Jahr 4000 Musterprüfungen — nicht mehr bewältigt werden und schließlich die Sorgfältigkeit der Prüfungen nachlassen kann? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die völlig ungenügende personelle und räumliche Ausstattung der Unterabteilung Sicherheitstechnik der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig zu beseitigen? Die Bundesregierung ist seitens der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt Braunschweig im Herbst 1967 darauf hingewiesen worden, daß die Physikalisch-Technische Bundesanstalt auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik die ihr gegebenen Möglichkeiten (Personal, Geräte, Bauten) nicht für ausreichend hält, um den wachsenden Ansprüchen der Industrie in Zukunft zu genügen. In diesem Zusammenhang hat die Bundesanstalt auf die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Industrie auf dem Weltmarkt hingewiesen, die durch Verzögerungen von Musterzulassungen entstehen könnten. Entsprechende Hinweise unmittelbar aus der Industrie hat die Bundesregierung nicht erhalten. Die Bundesregierung hat aber entsprechende personelle Erweiterungen in der Haushaltsplanung vorgesehen. In den Jahren 1966 bis 1968 wurden der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt 137 neue Planstellen bewilligt. Für den Bereich Sicherheitstechnik waren von der Anstalt im gleichen Zeitraum in den Anforderungen zum Haushalt 9 (nicht 45) Stellen beantragt worden. Davon sind 7 Stellen bewilligt worden. Wenn von diesen Stellen nur 3 dem Arbeitsbereich Sicherheitstechnik zugute kamen, so lag dies an der Disposition der Anstalt. Bei einem Personalbestand von über 1200 Mitarbeitern besitzt die Anstalt genügend Elastizität, um in dringenden Fällen durch vorübergehende Umsetzungen innerhalb der Anstalt kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Für den Haushalt 1969 hatte die Bundesanstalt für den Bereich Sicherheitstechnik 6 neue Stellen beantragt. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung sind für die Physikalisch-Technische Bundesanstalt 55 neue Stellen in den Regierungsentwurf aufgenommen worden. Der Bereich Sicherheitstechnik soll davon 5 Stellen erhalten. Die Arbeitsräume der Fachgruppe Sicherheitstechnik werden in den kommenden Jahren beachtlich vergrößert werden. Schon in diesem Jahr wird neben der Gemischhalle des Bunsenbaues ein Anbau mit rd. 300 m2 erstellt, der überwiegend der Fachgruppe Sicherheitstechnik dienen wird. Danach werden im Rahmen des IV. Bauprogramms, das rd. 100 Mio DM Baukosten umfaßt, Räume anderer, in Neubauten unterzubringender Abteilungen frei und für Zwecke der Sicherheitstechnik hergerichtet. In einem Anschlußprogramm sollen auch für die Sicherheitstechnik Neubauten errichtet werden; die Verhandlungen über den für die Erweiterungen erforderlichen Geländeankauf stehen unmittelbar vor dem Abschluß. Dankenswerterweise sind die erforderlichen Mittel hierfür vom Haushaltsausschuß bereits bewilligt worden. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bühler (Drucksache V/3730 Frage 71): Ich frage die Bundesregierung, ob nach ihrer Meinung das Verfahren der Zulassung von Privatdetektiven durch die Länder befriedigend geordnet ist. Für die Ausübung der Tätigkeit eines Detektivs (Detekteigewerbe) bedarf es weder nach Bundes- noch nach Landesrecht einer Zulassung oder Erlaubnis. Die Bundesregierung hält eine Zulassungsregelung nicht fürerforderlich. Soweit Mißstände auftreten, kann ihnen weitgehend mit Hilfe der gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten begegnet werden. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 23. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/3730 Frage 73): Sind die in den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministeriums zur Intensivierung und Koordinierung der regionalen Strukturpolitik vom 26. September 1968 genannten Informationsstellen als bundeseigene Mittel- oder Unterbehörden gedacht? Die Vorschläge des Bundesministeriums für Wirtschaft zur Schaffung von Informationsstellen sind lediglich ein Diskussionsbeitrag zu dem Problem, wie man eine allseitige Unterrichtung über die Standortvoraussetzung der einzelnen Regionen und die Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung weiter verbessern könnte. Erst wenn dieses Thema ausreichend mit allen in Betracht kommenden Stellen beraten ist, wird sich zeigen, ob und in welcher Form dieser Vorschlag realisiert werden kann. Jedenfalls sollte man, ehe neue Behörden geschaffen werden zunächst prüfen, ob bereits bewährte Institutionen in den einzelnen Regionen vorhanden sind, die eine solche Aufgabe federführend für den Gesamtraum übernehmen können. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/3730 Frage 74): Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, zusätzliche Maßnahmen der regionalen und sektoralen Wirtschaftsförderung für die niederbayerisch-oberpfälzischen Grenzgebiete angesichts folgender Arbeitslosenzahlen zum 31. Dezember 1968 im Landkreis Wolfstein 26,9 % Landkreis Kötzting 24,1 % Landkreis Viechtach 23,0 % Landkreis Waldmünchen 18,1 % Landkreis Cham 14,4 % Landkreis Grafenau 13,2 % Landkreis Wegscheid 13,2 % Landkreis Regen 12,2 % Stadt- und Landkreis Deggendorf 7,9 % zu ergreifen? 11474 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Strukturverbesserung des ostbayerischen Raumes einen besonders hohen Dringlichkeitsgrad besitzt. Mit der von ihr vorgesehenen neuen steuerfreien Investitionszulage in Höhe von 10 % wird ein noch wirksameres Instrument geschaffen, um gewerbliche Investitionsvorhaben in die Bundesfördergebiete, zu denen auch die von Ihnen genannten Stadt- und Landkreise gehören, zu ziehen. Außerdem werden als neues Planungsinstrument zur Zeit regionale Aktionsprogramme, davon eines für Ostbayern, vorbereitet, um die verfügbaren Bundes- und Landesmittel auf Entwicklungsschwerpunkte zu konzentrieren und die Effizienz der regionalen Wirtschaftsförderung weiter zu steigern. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Bayerische Staatsregierung in ihrem Entwurf eines regionalen Aktionsprogrammes für Ostbayern Hilfen in einem Ausmaß einplant, das der besonderen Problematik dieses Raumes entspricht. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/3730 Frage 75) : Wann ist im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung mit der Verabschiedung eines Aktionsprogrammes „Ostbayern" zu rechnen? Es ist damit zu rechnen, daß die Arbeiten des Bayerischen •Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr für das regionale Aktionsprogramm Ostbayern im April 1969 abgeschlossen werden können. Der Interministerielle Ausschuß für regionale Wirtschaftspolitik wird anschließend unverzüglich über .die 'darin verplanten Bundesmittel beschließen. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Zebisch (Drucksache V/3730 Fragen 76, 77 und 78) : Inwieweit sind die angekündigten regionalen Aktionsprogramme für Nord- und Ostbayern bereits fertiggestellt? Stimmen Meldungen, daß die bayerische Staatsregierung mit ihren Vorschlägen zu den einzelnen Aktionsprogrammen noch in Verzug ist, weil ihr der mit den Aktionsprogrammen verbundene Einfluß des Bundes auf die Regionalpolitik nicht gerechtfertigt erscheint? Hat das vor Weihnachten angekündigte Strukturgutachten für den nordostbayerischen Raum bereits dazu geführt, Schwerpunkte für die Förderung des Fremdenverkehrs festzulegen? Das für Nord-Ost-Bayern angekündigte regionale Aktionsprogramm ist noch nicht fertiggestellt. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr arbeitet an der Aufstellung dieses Programms. Diese Meldungen sind uns nicht bekannt; ich könnte solche Meldungen auch nicht bestätigen. Die regionalen Aktionsprogramme für Bayern werden, wie bereits zur ersten Frage ausgeführt, durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr noch erarbeitet. Einzelheiten der Programme sind uns derzeit nicht bekannt. Daher kann auch nicht gesagt werden, ob für das regionale Aktionsprogramm Nord-Ost-Bayern schon Schwerpunkte für die Entwicklung des Fremdenverkehrs festgelegt worden sind. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Blohm (Drucksache V/3730 Frage 79) : Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß für Steuerzahler und Verbraucher die steigenden Kosten für die EWG-Landwirtschaftspolitik nur dann erträglich sind, wenn — wie dieses offenbar dem Wunsch der Kommission entspricht — diese Mittel verstärkt für eine überstaatliche Agrarstrukturpolitik statt für die Subventionierung einer wachsenden landwirtschaftlichen Überproduktion eingesetzt werden? Der Bundesregierung ist diese Problematik bekannt. Sie hat deshalb in ihrem Arbeitsprogramm für die Agrarpolitik sowohl preis- als auch strukturpolitische Maßnahmen vorgesehen, die darauf ausgerichtet sind, die bestehenden Anpassungsprobleme der Landwirtschaft zu lösen. Auch für das vielschichtige und schwerwiegende Problem der landwirtschaftlichen Überschüsse hat sie versucht, Lösungen aufzuzeigen. Das jüngste Memorandum der Kommission zielt in die gleiche Richtung. Es wird nun Sache der kommenden Prüfungs- und Verhandlungsphase im Ministerrat in Brüssel sein, aus dieser gemeinsamen Sorge heraus für alle Partner — Verbraucher und Landwirte — gangbare gemeinschaftliche Wege zu finden. In diesem Zusammenhang möchte ich aber mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, daß in Übereinstimmung mit der Kommission und allen Mitgliedstaaten die Agrarstrukturpolitik innerhalb der EWG lediglich koordiniert wird, d. h. daß die Durchführung und Finanzierung weitgehend in nationaler Verantwortung bleibt. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 24. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ertl (Drucksache V/3730 Fragen 80 und 81) : Muß aus dem Rat des Bundesernährungsministers, jeder junge Bauer solle vor Aufnahme seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit zunächst einen anderen Beruf erlernen, geschlossen werden, daß in absehbarer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt keine bäuerliche Landwirtschaft mehr betrieben werden soll? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11475 In welchem Alter könnten diese jungen Bauern nach landwirtschaftlicher Ausbildung, Lehrzeit in einem weiteren Beruf und Ableistung des Wehrdienstes am Erwerbsleben teilnehmen? Die Meldung hat meine Rede in Hilpoltstein, auf die diese Frage zielt, nicht korrekt wiedergegeben. Der Sinn meiner Darlegungen besagt eindeutig, daß die bereits vorhandene, sehr vernünftige Tendenz, wonach kleine Landwirte ihren Kindern — auch denen, die für die Übernahme des Betriebes vorgesehen sind —, zur späteren Existenzsicherung eine außerlandwirtschaftliche Berufsausbildung zuteil werden lassen, gefördert werden sollte. Damit soll in dieser Zeit der rapiden Entwicklung in allen Berufsbereichen sichergestellt werden, daß die Kinder bei Berufsreife eine durch ausreichende Vorbildung abgestützte Alternative haben. Niemand hat behauptet, daß in naher Zukunft überhaupt keine bäuerliche Landwirtschaft mehr betrieben werden soll. Eine nennenswerte Ausdehnung der Ausbildungszeit kann m. E. nicht eintreten, wenn der landwirtschaftliche Betrieb im Nebenberuf bewirtschaftet wird und wenn man sich dort in diesem Bereich später aller Möglichkeiten einer modernen Kooperation bedient. In diesem Zusammenhang eine genaue Altersgrenze anzugeben, ist nicht möglich, da sich die notwendige Ausbildungsdauer nur im Einzelfall ermitteln läßt. Durch eine zusätzliche Ausbildung erhöht sich bei jungen Bauern, bis sie am Erwerbsleben teilnehmen, zwar das Alter etwas, dafür erhalten sie aber bessere Berufsaussichten und gewinnen für das spätere Berufsleben im allgemeinen eine größere Mobilität. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/3730 Frage 82) : Auf welche Weise beabsichtigt die Bundesregierung, die in dem Artikel der FAZ vom 20. Dezember 1968 unter der Überschrift „Noch ist Fusionsbereiten der Weg versperrt" geschilderte Tatsache, daß für solche landwirtschaftlichen Betriebe ein Ausschluß von jeglicher Förderung aus dem Grünen Plan gegeben ist und damit eine echte wirtschaftliche Benachteiligung erfolgt, im Sinne einer Gleichbehandlung auszugleichen? Die Feststellung, daß Betriebe, die kooperieren, von jeglicher Förderung ausgeschlossen werden, trifft in dieser allgemeinen Form nicht zu. Sie gilt nur für bestimmte Rechtsformen der Zusammenschlüsse, wie z. B. in dem in der FAZ beschriebenen Fall einer GmbH und Co. KG. In Erkenntnis der Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit in der Landwirtschaft sieht das Arbeitsprogramm für die Agrarpolitik der Bundesregierung (Agrarprogramm) vor, im Rahmen der Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Betriebsstruktur moderne kooperative Unternehmensformen steuerlich nicht mehr zu benachteiligen. Der Bundesfinanzminister ist demgemäß vom Kabinettsausschuß für das Agrarprogramm beauftragt worden, die hierfür notwendigen steuerlichen Voraussetzungen zu schaffen. Dadurch würde eine steuerliche Gleichbehandlung von Einzelbetrieben und von Betriebszusammenschlüssen erreicht werden. Bei den Förderungsmaßnahmen werde ich gleichartige Regelungen anstreben. Dies gilt insbesondere für die Investitionsbeihilfen, die nach dem Auslaufen des EWG-Anpassungsgesetzes Ende 1969 ab 1970 auf eine neue Grundlage gestellt wird. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/3730 Frage 83) : Kann die Bundesregierung Auskunft geben über die Zahl der in den letzten Jahren von den landwirtschaftlichen Alterskassen abgelehnten Anträge auf Gewährung von Altersgeld, vor allem über die Zahl der abgelehnten Anträge von Kleinlandwirten, die teilweise ein Leben lang ihren Lebensunterhalt überwiegend aus der Landwirtschaft bestritten haben, und die heute kein Altersgeld erhalten können? In den letzten drei Jahren sind 13 084 Anträge auf Gewährung von Altersgeld an landwirtschaftliche Unternehmer oder deren Witwen und Witwer abgelehnt, 161 537 Anträge bewilligt worden. Es ist nicht bekannt, in wieviel Fällen die Gewährung des Altersgeldes versagt wurde, weil der landwirtschaftliche Betrieb keine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 GAL darstellte und aus diesem Grunde auch keine Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt worden sind. Diese Zahl könnte von den landwirtschaftlichen Alterskassen nur durch eine zeitraubende Auswertung einzelner Akten ermittelt werden. Die Mindesthöhen einer Existenzgrundlage im Sinne des GAL sind von den zuständigen landwirtschaftlichen Alterskassen, deren Organe sich aus Vertretern des Berufsstandes zusammensetzen, im Einvernehmen mit dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen nach billigem Ermessen aufgrund der örtlichen und bezirklichen Gegebenheiten festgesetzt worden. Das schließt nicht aus, daß auch ein landwirtschaftliches Unternehmen, das die festgesetzte Mindesthöhe nicht erreicht, als Existenzgrundlage gilt, wenn diese Tatsache objektiv nachweisbar ist. Die Alterskassen sind verpflichtet, in diesen Fällen die näheren Verhältnisse zu prüfen und praxisnahe zu entscheiden. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Bundesministers Katzer vom 22. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Geisenhofer (Drucksache V/3730 Fragen 84, 85 und 86) : Wie beurteilt die Bundesregierung die jetzige gesetzliche Regelung, die bei Kurzarbeit eines Arbeiters und der dadurch verursachten Lohnminderung auch noch dessen Rente schmälert, während derjenige Arbeiter, der völlig arbeitslos ist, diese Zeit voll als Ausfallzeit in der Sozialversicherung honoriert erhält? 11476 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um diesen Zustand zu beseitigen? Wird die Bundesregierung Maßnahmen zur Beseitigung der Härten ergreifen, die darin bestehen, daß Rentenantragsteller während der Zeit des Rentenverfahrens ca. 40 DM Rentenkrankenkassenbeitrag voraus entrichten müssen (monatlich) und diesen oft mehrere Monate lang entrichteten Beitrag nicht mehr zurückerhalten, wenn die Berufsunfähigkeitsrente abgelehnt wird oder wenn der Versicherungsfall erst einige Monate nach der Antragstellung eintritt? Es trifft zu, daß nach geltendem Recht die Kurzarbeiter in der gesetzlichen Rentenversicherung ungünstiger gestellt sind als diejenigen Arbeitslosen, deren Arbeitslosigkeit länger als einen Kalendermonat andauert. Die sich aus der Kurzarbeit ergebenden Nachteile entstehen dadurch, daß der versicherte Lohn für die Höhe der Rente maßgebend ist. Da Kurzarbeiter nur zum Teil beschäftigt sind und daher nur einen niedrigeren Lohn beziehen, wirkt sich das auf die spätere Rente aus. Bei Arbeitslosen dagegen wird der volle Kalendermonat der Arbeitslosigkeit mit dem Durchschnitt des Lohnes bewertet, den der Versicherte bis zum Beginn der Arbeitslosigkeit bezogen hat. Zwar hat sich inzwischen die Kurzarbeiterfrage insofern entschärft, als die Zahl der Kurzarbeiter im Laufe des Jahres 1968 ganz erheblich zurückgegangen ist (Rückgang im Sommer 1968 bis auf 430, saisonbedingter Anstieg im Dezember 1968 auf 1300). Gleichwohl bin ich der Auffassung, daß dadurch die von Ihnen aufgeworfenen rechtlichen und sozialen Aspekte des Problems nicht bedeutungslos geworden sind. Die Frage, ob und wie die Nachteile, welche die Kurzarbeiter in der gesetzlichen Rentenversicherung erleiden, beseitigt werden sollten, wird bereits seit längerer Zeit in meinem Hause geprüft. Dabei hat sich gezeigt, daß eine solche Benachteiligung auch in anderen ähnlich gelagerten Fällen auftritt, z. B. bei Arbeitslosigkeit, wenn diese nur einen Teilmonat erfaßt. Bei der bisherigen Prüfung dieser Probleme haben sich erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Abgesehen von der recht komplizierten technischen Bewältigung des Problems ist auch die grundsätzliche Frage aufgetaucht, wer die Kosten einer Regelung zu tragen hat. Ich bin bemüht, die Untersuchungen möglichst bald zum Abschluß zu bringen, und hoffe, daß sodann den gesetzgebenden Körperschaften ein befriedigender und praktikabler Lösungsvorschlag vorgelegt werden kann. Ich beabsichtige, eine gesetzliche Regelung vorzuschlagen, nach der Rentenantragsteller, für die ein Anspruch auf Familienkrankenpflege besteht, die von der Antragstellung bis zum Beginn der Rente grundsätzlich zu entrichtenden Beiträge nicht zu zahlen brauchen. Vor allem von Ehefrauen wird es als Härte empfunden, wenn sie im Falle der Ablehnung ihres Rentenantrags oder während der Laufzeit des Rennantrags Beiträge zur Rentnerkrankenversicherung entrichten müssen, obwohl sie auf Grund der Versicherung des Ehemannes Krankenversicherungsschutz genießen. Diesem Personenkreis soll geholfen werden. Dagegen können Rentenantragsteller, die als Arbeitnehmer früher beschäftigt waren, nicht in diese Ausnahmeregelung einbezogen werden. Wird ihnen kein Rentenanspruch zugebilligt, so sind sie nicht anders zu behandeln als andere Versicherte, die ebenfalls Beiträge für die Dauer der Mitgliedschaft grundsätzlich zu entrichten haben. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Bundesministers Katzer vom 23. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache V/3730 Fragen 87 und 88) : Wieviel Anträge auf Kapitalisierung der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz sind bis zum jetzt überschaubaren Termin 1968 gestellt? Wieviel Anträge sind abgelehnt worden? Am 1. Januar 1968 waren unerledigte Anträge vorhanden. 14 075 In der Zeit vom 1. Januar bis 9 897 30. Juni 1968 wurden weitere Anträge eingereicht. Das ergibt 23 972 Anträge zusammen Hiervon wurden in der gleichen 9 059 Zeit erledigt durch Bewilligung durch Ablehnung 4 045 und aus sonstigen Gründen Am 30. Juni 1968 waren noch unerledigte Anträge vorhanden, 10 868 darunter 3 824 Anträge auf Nachkapitalisierung. Die Zahlenangaben für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1968 werden mir in Kürze von den Ländern mitgeteilt werden. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich Sie davon in Kenntnis setzen. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Bundesministers Katzer vom 23. Januar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Mick (Drucksache V/3730 Fragen 89, 90 und 91): Trifft es zu, daß von Bindungsermächtigungen bei Kap. 11 10 Titel 300 im Rechnungsjahr 1967 zu Lasten des Rechnungsjahres 1968 in Höhe von 20 Millionen DM nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wurde? Liegt das bejahendenfalls etwa daran, daß die Versorgungsbehörden mit den Bindungsermächtigungen nichts Rechtes anzufangen wissen? Hält es die Bundesregierung für notwendig, nachdem für das Jahr 1969 30 Millionen DM Bindungsermächtigungen in den Haushalt aufgenommen wurden, die Versorgungsämter auf diese Möglichkeiten ganz besonders hinzuweisen? Im Rechnungsjahr 1967 waren folgende Bindungsermächtigungen erteilt: — im ordentlichen Haushalt (Kap. 1110 Titel 300) : 10 Mio DM — im Zweiten Programm der Bundesregierung für besondere konjunktur- und strukturpolitische Maßnahmen 1967/1968 (Kap. A 1110 Titel 300): 30 Mio DM. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 211. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1969 11477 Diese Bindungsermächtigungen wurden in Höhe von 13 078 Mio DM ausgeschöpft. Das entspricht einem vom-Hundert-Satz von 32,7. Diese relativ geringe Inanspruchnahme von Bindungsermächtigungen dürfte meines Erachtens in erster Linie darauf zurückzuführen sein, daß durch das Zweite Programm der Bundesregierung für besondere konjunktur- und strukturpolitische Maßnahmen 1967/ 1968 neben der vorerwähnten Bindungsermächtigung Geldmittel in Höhe von 45 Mio DM zur Verfügung gestellt worden sind. Es ist auch nicht auszuschließen, daß in einzelnen Ländern die Bedeutung von Bindungsermächtigungen nicht richtig eingeschätzt worden ist. Auch im Rechnungsjahr 1968 schien es zunächst, als setze sich diese Zurückhaltung gegenüber einer Inanspruchnahme von Bindungsermächtigungen fort. Dies ist jedoch nicht eingetreten. Aus den inzwischen vorliegenden Jahresabschlüssen ist vielmehr zu ersehen, daß die erteilten Bindungsermächtigungen zu Lasten der Mittel für das Haushaltsjahr 1969 in Höhe von 20 Mio DM mit 18,2 Mio DM (= 91 %) in Anspruch genommen wurden. Im Hinblick auf diese Entwicklung erscheint mir eine besondere Unterrichtung der Versorgungsbehörden nicht erforderlich. Ich werde jedoch dafür Sorge tragen, daß für das Rechnungsjahr 1969 den Ländern die Bindungsermächtigungen über insgesamt 30 Mio DM frühzeitig erteilt werden, damit die Versorgungsbehörden in die Lage versetzt werden, die durch diese Maßnahme getroffenen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 24. Januar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hudak (Drucksache Nachtrag zu V/3730 Frage 1) : Gibt es Möglichkeiten für die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß der Schriftsteller Günter Graß künftig nicht mehr die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied des Kunstausschusses des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 1972 vertritt, nachdem das Oberlandesgericht in München in einem Prozeß den gegen ihn in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf bestätigt hat, „Verfasser übelster pornographischer Darstellungen und Verunglimpfungen der katholischen Kirche" zu sein? Der Vorstand des „Organisationskomitees für die Spiele der XX. Olympiade München 1972 e. V." hat zu seiner Beratung und Unterstützung unter anderem einen Kunstausschuß gebildet. In diesen Ausschuß hat er — neben 25 weiteren Mitgliedern den Schriftsteller Günter Graß berufen. Entgegen Ihrer Annahme vertritt Herr Graß nicht die Bundesrepublik Deutschland. Schon aus diesem Grunde sind keine Möglichkeiten der von Ihnen genannten Art gegeben.
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    Rede von Martin Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der beiden Koalitionsparteien, den ich zu begründen habe, ist in der Zeit, seit er in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist, einer harten Kritik unterworfen worden, einer Kritik und einem Engagement wie eigentlich wohl kaum je ein Gesetzentwurf, glaube ich, vor seiner ersten Lesung. Obgleich diese Kritik sich weitgehend auch auf meine Person bezogen hat, weil ich mit meinem breiten Buckel auch den insofern 'in unserem Windschatten laufenden Antrag der CSU mit aufzufangen hatte, muß ich Ihnen ehrlich sagen: diese Kritik ist im Kern hocherfreulich. Sie ist erfreulich, denn sie zeigt, daß in unserer Bevölkerung, insbesondere bei unseren jungen Menschen, das Gefühl für die Freiheit offensichtlich endlich so bedeutsam geworden ist, wie das eigentlich schon lange hätte sein sollen. Wenn dieses Gefühl für die Freiheit schon vor Jahrzehnten so vorhanden gewesen wäre, hätte uns das vielleicht manches erspart.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sollten also diese Kritik, auch wenn sie manchmal sehr emotionell ist, auch wenn sie manchmal von Voraussetzungen ausgeht, die nichts mit dem hier in Rede stehenden Problem unid dem Gesetzentwurf zu tun hat, begrüßen unid uns nicht über sie ärgern. Wir sollten sie auch deswegen begrüßen, weil zweifellos im Rahmen der Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit, an der sich ja auch sehr maßgebende Leuchten der Anwaltschaft, der Wissenschaft und andere Fachleute beteiligt haben, auch Gedanken zur Debatte gestellt worden sind, mit denen man sich ernsthaft auseinandersetzen muß.
    Meine Damen und Herren, über eines sollten wir uns einig sein: Wenn es darum geht, die 'Freiheit eines Menschen einzuschränken, müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein. Wir dürfen das nur tun, wenn es keinen ,anderen Weg gibt. Nur wenn es gar keinen anderen Weg gibt, darf man das tun. Wenn es andere Wege gibt, muß man unter Umständen andere Übel in Kauf nehmen. Die Freiheit gehört zu 'den größten Gütern des Menschen, und man muß manches in Kauf nehmen, ehe man einen Menschen, auch einen, der gesündigt hat, zu schnell seiner Freiheit beraubt.
    So erfreulich die Kritik ist, so ist es, glaube ich, dennoch sehr nötig, sie jetzt von der Emotion zur Sachdiskussion zu überführen. Eine Sachdiskussion aber ist überhaupt nur möglich, wenn man die richtigen Voraussetzungen auf den Tisch legt, wenn man weiß, worum es eigentlich geht.
    Es geht fürwahr nicht darum, die „Schutzhaft' unseligen Gedenkens wieder einzuführen. Man muß sich manchmal wundern, was — auch von Professoren der Jurisprudenz — in diesem Lande darüber gesagt wird. Was sie sagen, zeigt, daß sie die deutsche Geschichte eigentlich nicht richtig kennen. Schutzhaft im schaurigen Sinne war nämlich weiß Gott keine gerichtliche Haft; Schutzhaft in diesem Sinne wurde von der Polizei ohne Begründung, ohne Rechtsmittel und ohne jeden Rechtsschutz verhängt. Das war Schutzhaft.

    (Abg. Dr. h. c. Güde: Und zwar von der Gestapo!)

    — Ob nun Gestapo oder Polizei, das war in jener Zeit kein so sehr großer Unterschied, Herr Kollege; jedenfalls war es Polizeihaft. Was aber hier in den beiden Gesetzentwürfen zur Diskussion steht, ist weiß Gott keine Polizeihaft; es ist ein gerichtliches Mittel zur Bekämpfung von Kriminellen.

    (Abg. Genscher: Und das Gesetz von 1935?)

    — Das Gesetz von 1935, Herr Kollege, sah den Haftgrund der Wiederholungsgefahr und den der Erregung des öffentlichen Ängernisses vor. Ich werde darauf nachher noch zu sprechen kommen. Diese Konzeption, Herr Kollege Genscher, gibt es in vielen, vielen untadeligen Rechtsstaaten in Europa und außerhalb Europas auch. Wenn man nur des-



    Hirsch
    wegen, weil sie im Dritten Reich im Gesetz stand, sagt, sie sei schlecht, dann überlegen Sie sich bitte einmal, was dann von unseren Gesetzen noch übrigbleibt! Und mit diesem Paragraphen, der übrigens, wenn ich mich nicht irre, praktisch so ungefähr bis 1954 gegolten hat,

    (Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: 1956!)

    in der ersten Zeit nach dem Kriege — die Alliierten hatten ihn in dem ersten Strafgesetzbuch in den Ländern jedenfalls nicht abgeschafft —, mag damals auch Mißbrauch getrieben worden sein. — Aber er war weiß Gott nicht die Grundlage der Schutzhaft.
    Ich möchte also noch einmal sagen, mit Schutzhaft hat das nichts zu tun, und selbstverständlich, Herr Kollege Schlager, habe ich niemals behauptet, Ihr Gesetzentwurf bedeute Schutzhaft; das wäre Unsinn gewesen. Sie dürfen auch nicht immer alles glauben, was in gewissen Zeitungen und Magazinen gedruckt ist.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Worum geht es wirklich? Herr Schlager hat einiges davon gesagt. Wir stehen vor der traurigen Tatsache, daß unsere Kriminalstatistik eine sehr unerfreuliche Entwicklung hat, insbesondere auf dem Gebiet der Einbrüche, wo in den letzten vier Jahren eine Steigerung um 50 % erfolgt ist, und zwar bei jährlich 440 000 Einbruchsdiebstählen. Bei den einfachen Diebstählen hat es eine Erhöhung um 26,7 % gegeben. Bei Betrug ist die Erhöhung auf den ersten Blick nicht so groß, nämlich nur rund 3 %. Aber bei Betrug ist es so, daß sich der Schaden dadurch, daß die Betrüger viel gerissener geworden sind, in den betreffenden Fällen gegenüber dem früheren Zustand erheblich erhöht hat. Bei Körperverletzung ist eine Erhöhung von 8 % festzustellen.
    Erfreulicherweise haben die Bemühungen des Innenausschusses, dessen Hearings und andere Dinge, die sich inzwischen herumgesprochen haben, dazu geführt, daß diese Entwicklung im vergangenen Jahr, 1968, insbesondere in einigen Ländern offensichtlich etwas besser gelaufen ist. Aber sie ist immer noch schlecht genug.

    (Abg. Dorn: Aber durch gewisse Maßnahmen und nicht durch Vorbeugehaft!)

    — Herr Dorn, wenn Sie mich gütigst aussprechen lassen würden, werden Sie vielleicht auch merken, worum es wirklich geht.

    (Abg. Dorn: Das haben wir schon gemerkt!)

    Die Statistik zeigt ferner, daß die Zahl der Täter nicht im gleichen Maße gestiegen ist wie die Zahl der Taten. Mit anderen Worten, heute begehen offensichtlich etliche Täter im Durchschnitt mehr Taten als früher. Außerdem zeigt die Statistik, daß die Aufklärungsquote für Verbrechen mit dem Inkrafttreten der neuen Strafprozeßordnung 1965 schlagartig und sehr auffälligerweise gleich im nächsten Vierteljahr von 56 auf 52 % gesunken ist. Mit anderen Worten, es sieht so aus, daß — ganz hundertprozentig beweisbar ist das nicht; und nun kommt das, Herr Dorn, worum es geht — die Änderung unseres Haftrechts offensichtlich eine Auswirkung auf die Aufklärungsquote gehabt hat.

    (Abg. Dorn: Offensichtlich?)

    Darüber hinaus — und insofern kann es, Herr Genscher, wir haben uns darüber ja schon einmal unterhalten, wahrscheinlich nie eine exakte Statistik geben — stellen alle Fachleute in allen Teilen dieses Landes fest, daß es eine Entwicklung gibt, die aber nun wirklich mit absoluter Sicherheit mit der Änderung unseres Haftrechts zusammenhängt, bedingt durch Täter, weitgehend Berufsverbrecher, die nach dem alten Haftrecht so gut wie sicher aus dem Gesichtspunkt der Fluchtgefahr hätten in Haft genommen werden können und auch in Haft genommen worden waren, die aber deswegen, weil heute das Verbrechen nicht mehr automatisch die Haft wegen Fluchtgefahr auslöst, nicht mehr in Haft genommen werden können, wenn die Gerichte korrekt handeln. Das sind die sogenannten Serientäter. Der Typ des Täters, um den es hier geht, kann auch nicht in Haft genommen werden aus dem Gesichtspunkt der Verdunkelungsgefahr — das bitte ich zu beachten —, weil sie normalerweise, wenn sie erwischt und überführt wurden, geständig sind; denn sie wissen, ein Geständnis ermäßigt in Deutschland die Strafe. Es sind also Leute, bei denen so gut wie sicher ist — es gibt natürlich auch falsche Geständnisse, aber normalerweise gibt es das bei diesen Leuten nicht —, daß sie soundsoviel Taten begangen haben, die geständig sind, die einen festen Wohnsitz haben, die nicht verdunkeln. Sie werden also entlassen und begehen in der Zeit zwischen dieser Entlassung und ihrer etwaigen Aburteilung eine große Reihe weiterer einschlägiger Taten.
    Herr Schlager hat ja schon einige Beispiele genannt. Ich will die Beispiele, die ich habe, hier nicht alle bringen, möchte Ihnen aber einen ganz typischen Fall nicht vorenthalten, der vielleicht doch sehr deutlich zeigt, um was für einen Typ von Täter es geht. Es handelt sich um einen Fall aus Norddeutschland. Der Mann hat am 14. Juni 1968 eine vorsätzliche Körperverletzung zum Nachteil einer Frau begangen, am 29. Juni 1968 einen Diebstahl und einen versuchten schweren Raub zum Nachteil eines Rentners, am 30. August 1968 einen schweren Raub zu Lasten eines 80jährigen Mannes und am 16. September 1968 eine gefährliche Körperverletzung, nachdem er vor der ersten Tat, die ich soeben erwähnte, bereits zehnmal einschlägig vorbestraft war.
    Der Mann wäre nach dem alten Haftrecht mit Sicherheit unter dem Gesichtspunkt der Fluchtgefahr wegen Begehung eines Verbrechens in Untersuchungshaft genommen worden. Heute ist er jeweils freigelassen und zum Teil von der Polizei gar nicht erst der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht vorgeführt worden, weil man wußte: das hat keinen Zweck; bei dieser Situation — geständig, nichts zu verdunkeln — kann er nicht in Untersuchungshaft genommen werden.
    Ich möchte nun wirklich einmal jeden, der hier so kritisch ist — auch Sie, Herr Dorn —, fragen: Halten Sie das für erträglich? Halten Sie !es für erträglich, das solche Leute durch die Maschen unseres Ge-



    Hirsch
    setzes schlüpfen können und in der Lage sind — aus welchen Gründen auch immer —, weiterhin solche Verbrechen zu begehen? Ich halte das wirklich für unerträglich.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich hatte mir an sich elf Fälle aufgezeichnet, die genauso instruktiv gewesen wären. Ich will sie Ihnen ersparen, aber ich habe einmal zusammengerechnet: dadurch, daß die Betreffenden allein in diesen elf Fällen nicht daran gehindert worden sind, w eitere Taten zu begehen, sind insgesamt — es geht immer um die Zeit von Ende 1967 bis Mitte 1968 — 333 Verbrechen und Vergehen begangen worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sie wären nicht begangen worden, wenn die Betreffenden in Haft gewesen wären; alle diese Täter wären — ich muß es noch einmal sagen — nach den alten Bestimmungen der Strafprozeßordnung bis 1965 so gut wie sicher in Haft genommen worden.
    Gegenüber diesen ganz eindeutigen Zahlen hat es gar keinen Zweck, mit Emotionen zu argumentieren, sondern es hat nur noch Zweck, sich sehr nüchtern zu überlegen: was kann man dagegen tun? Denn daß wir etwas dagegen tun müssen, Herr Genscher, darüber waren wir uns neulich jedenfalls einig und sind es sicher auch heute.
    Die Frage ist nun also: was ist zu tun? Wir haben uns das sehr sorgfältig überlegt. Ich gehöre als alter Strafverteidiger zu den Menschen, die noch nie jemanden in Haft gebracht haben, aber schon etliche heraus. Mir fällt es also wirklich sehr schwer, ein Gesetz zu begründen, nach der einige Leute um ihre Freiheit gebracht werden sollen. Es sollte uns allen schwerfallen, und wir sollten das nicht leichtnehmen. Denn man muß sich vorstellen, wie das ist. Aber ich habe mich nach langen, langen Überlegungen überzeugen lassen müssen, daß der Weg, den wir in unserem Gesetzentwurf gehen, wahrscheinlich der einzige wirksame Weg sein kann, obgleich selbstverständlich sehr sorgfältig überlegt werden muß, ob es nicht vielleicht doch andere wirksame Wege gibt. Es ist ja in der Diskussion erfreulicherweise einiges auf den Tisch gekommen — nachdem vorher niemand etwas gesagt hat —, was man sorgfältig überlegen sollte; und das werden wir sicherlich auch in den Ausschüssen tun, obgleich ich für meine Person sagen möchte, daß ich — insofern weicht meine Meinung etwas von der einiger Kollegen meiner Fraktion ab — bisher der Meinung bin, daß nach wie vor unsere Konzeption des Gesetzentwurfes das kleinste Übel gegenüber den Betroffenen ist. Aber darüber wird man sich unterhalten müssen.
    Wichtig bei dieser Konzeption war — und insofern unterscheiden wir uns jetzt von den Überlegungen des verehrten Kollegen Güde von 1964 und auch von dem Text der CSU heute —, auf jeden Fall keine Generalklausel zuzulassen. Denn eine solche Generalklausel ist — im Vergleich zu dem, was wir gemacht haben: genaue Festlegung bestimmter Delikte — gefährlich. Eine solche Generalklausel ist immer noch nicht „Schutzhaft". Aber eine solche Klausel führt dazu, daß diese Haftbestimmung unvermeidlicherweise unter Umständen auch bei Menschen angewandt werden würde, bei denen sie völlig sinnlos, bei denen die Anwendung vielleicht sogar schädlich sein würde. Dieses Tor darf man nicht aufmachen. Insofern darf man den Richtern nicht zu viele Möglichkeiten geben, und insofern muß man dem Richter genau sagen, welche kriminalpolitische Idee hinter dieser Konzeption steckt.
    Das war auch damals für uns der Grund — Herr Güde, Sie wissen es ja; wir haben damals im Ausschuß und auch im Plenum um dieses Problem hart gerungen —, diese Ihre Konzeption abzulehnen, weil ja auch damals keine genaue Festlegung der Delikte da war und weil eine Verständigung auf einen solchen Katalog, die ja erstrebt worden war, damals leider nicht zustande gekommen ist. Wäre sie zustande gekommen — von heute aus gesehen —, wäre es wahrscheinlich besser gewesen, und diese Debatte wäre uns erspart geblieben. Aber wie das manchmal so ist: Sie meinten Globalklausel, wir meinten Festlegung auf bestimmte Delikte, und der Graben war damals zu tief. Um so erfreulicher, daß Sie sich jetzt unserer Konzeption angeschlossen haben. Und — um auch das vom Tisch zu bringen, Herr Schlager — wir befanden uns seinerzeit in der sehr angenehmen und ehrenvollen Gesellschaft des heutigen Innenministers Benda, der damals mit uns der Meinung war, eine solche allgemeine Regelung sei schädlich. Er wird, wie ich ihn kenne, auch heute noch dieser Meinung sein.
    Es geht also, wenn überhaupt, nur mit einem ganz genauen Katalog, und es geht nur mit weiteren sehr eindeutigen Festlegungen. Es darf nicht genügen, Mehrfachtäter zu erfassen, sondern man muß versuchen, an den Serientäter im eigentlichen Sinne, an den Berufsverbrecher heranzukommen oder an denjenigen, der in Gefahr ist, ein Berufsverbrecher zu werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schon besser!) Man muß also weitere Sicherungen einbauen.

    Nun ist es merkwürdig — vielleicht für uns Juristen unverständlich —, daß wir in unserem Text zwar völlig eindeutig hingeschrieben haben: Nur die und die Delikte kommen in Betracht, und daß wir dazu einige Voraussetzungen verlangt haben, daß aber aus dem Satz, der in unserem Text steht, es müsse abgesehen davon, daß das Delikt mehrfach begangen ist, auch noch hinzukommen, daß die öffentliche Sicherheit und Ordnung ganz besonders gestört wird, in der Diskussion sogar zum Teil von Fachleuten geschlossen worden ist, das sei in Wirklichkeit so gemeint, eine allgemeine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genüge, um hier jemanden in Haft nehmen zu können. Das habe ich sogar von Juristen gehört, auch von solchen, die einen Namen haben.
    Es kann also sein, Idaß der Text mißverständlich formuliert ist. Wir müssen uns das also überlegen. Daß das nicht gemeint ist, ist für jeden Juristen wohl klar. Ich persönlich würde jetzt schon sagen, daß wahrscheinlich auch „Sicherheit und Ordnung" in diesem Zusammenhang nicht die richtige Ausdrucksweise ist. Das ist doch zu sehr Polizeirecht.



    Hirsch
    Ich würde heute anstelle von „Sicherheit und Ordnung" in diesem Zusammenhang vielleicht „Rechtsfriede" schreiben. Vielleicht ist das besser; „eine unerträgliche Verletzung ides Rechtsfriedens". Aber darüber werden wir uns im Ausschuß verständigen müssen.
    Man wird auch darüber streiten können, ob der Strafkatalog ganz richtig ist. Ich würde heute meinen, daß z. B. die Unterschlagung, die da drinsteht, herausgehört. Denn Unterschlagung kann man eigentlich nicht als Serientäter begehen. Ich würde es auch für bedenklich halten, daß der Raufhandel — bei der heutigen Fassung dieses Tatbestandes — drinsteht; denn da kann jemand leicht in diese Mühle kommen, nur weil er bei der Rauferei dabei war. Andererseits wird zu überlegen sein — das hat Herr Schlager schon gesagt —, ob nicht die gefährliche Brandstiftung und vielleicht auch die gefährlichen Sprengstoffdelikte hineingehören.
    Ich habe aber, nachdem Sie selbst, Herr Schlager, jetzt erfreulicherweise gemeint haben, es sei vielleicht doch richtiger, einen Strafenkatalog aufzunehmen, mit Staunen und, ich möchte fast sagen: Entsetzen gehört, daß Sie meinen, da sollten auch der Hausfriedensbruch und einige andere Delikte aus der Demonstrationspraxis hinein.

    (Abg. Schlager: Das habe ich nicht gesagt!) — Ich habe Sie so verstanden.


    (Abg. Schlager: Dann lesen Sie das Protokoll nach!)

    Wenn Sie Idas wirklich meinten, Herr Schlager, dann gingen Sie einen sehr gefährlichen Weg. Dann würden Sie damit nämlich genau das, was in der Kritik gesagt worden ist, rechtfertigen. Diese Leute, die auf diesem Gebiet alles mögliche tun, sind verdammt lästig, und man wird sich auch etwas einfallen lassen müssen, um die kriminellen Taten, die sie begehen, in den Griff zu bekommen. Aber sie sind doch keine Berufsverbrecher, sie sind doch keine Serientäter in diesem Sinne.

    (Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Sehr richtig!)

    Man wird, wenn sie strafbare Taten begehen, endlich anfangen müssen, sie genauso und möglichst schnell vor Gericht zu stellen wie andere Leute. Sie dürfen kein Vorrecht haben, und der Umstand, daß man demonstriert, befreit einen nicht von der Innehaltung des Strafrechts. Der Umstand, daß man demonstriert, erlaubt einem nicht, Steine zu werfen, Fensterscheiben einzuschlagen und Menschen zu verletzen. Darüber sind wir uns sicher einig.

    (Beifall bei der SPD und 'bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Aber das, was diese Leute tun, ist kriminologisch, unter allen Gesichtspunkten etwas ganz anderes als das, was mit diesem Gesetzentwurf gegen die Serientäter gemeint ist.
    Der Weg, alles mögliche noch einzubeziehen, was vielleicht jetzt lästig ist und unerfreulich ist und nicht ganz klappt, wäre ein Weg zur Bekämpfung politisch Mißliebiger, indem man sie einsperrt. Vor diesem Weg müssen wir uns hüten, und da müssen wir eine ganz harte Grenze ziehen. Ich glaube, Herr Schlager, bei sehr sorgfältiger Überlegung dieser Gesichtspunkte werden Sie mir recht geben. Wir werden wahrscheinlich auch da zusammenfinden.
    In dem Text dieser unserer Konzeption wird sicher einiges verbesserungsfähig und änderungsbedürftig sein. Bei dieser schwierigen Sache ist es unbedingt erforderlich — da sind wir sicher einig —, ein sehr sorgfältiges Hearing abzuhalten und allen Fachleuten Gelegenheit zu geben, ihre Meinung zu sagen. Auf diesem Gebiet sind nämlich nicht immer die lauten Stimmen die richtigen, sondern wie auch sonst manchmal so könnten auch hier die vielen Leisen im Lande, die uns auch schreiben, recht haben.
    Abgesehen von den Einzelheiten gibt es natürlich auch grundsätzliche Kritiken an dem Entwurf. Ein paar Worte dazu wollen Sie mir bitte erlauben. Da wird behauptet — jetzt gerade meldet dpa, daß das auch Herr Professor Klug von sich gegeben habe, von dem ich so etwas nicht erwartet hatte —, das, was wir wollten, sei schlechtweg verfassungswidrig. Dabei müßte Herr Klug wissen, daß es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt, das genau das Gegenteil sagt. Es wird behauptet, das, was wir wollten, sei völkerrechtswidrig, es verstoße gegen die Konvention der Menschenrechte. Darin steht aber genau das Gegenteil. Es steht ausdrücklich darin, daß außer den und den Gründen, deretwegen man einen Menschen seiner Freiheit berauben darf, auch der Grund zulässig ist, daß der Betreffende möglicherweise Verbrechen wiederholen wird.
    Außerdem wird noch gesagt — das wundert mich am meisten bei einem Bundesrichter, der das diese Woche im „Spiegel" von sich gegeben hat —, es gebe keinen Rechtsstaat in Europa, der eine solche Regelung kenne. Ich meine, ein Bundesrichter sollte sich, bevor er etwas Derartiges schreibt, wenigstens einmal zu einem internationalen Rechtsvergleich bequemen und sich die Gesetze anschauen, die es in Europa gibt. Hätte er das getan, dann hätte er nämlich festgestellt — —

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Wer hat den denn gewählt?)

    — Wir, auch ich. Er ist sonst ein ausgezeichneter Richter. Warum soll nicht auch er irren können, Herr Kollege Möller, wie auch wir manchmal. Wollen wir ihm doch das Recht auf Irrtum lassen.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das ist aber nicht ein Irrtum, sondern Nichtwissen!)

    — Sagen wir einmal, es ist mangelnde Sorgfalt.
    Um das fortzuführen: In Dänemark, in Schweden, in Norwegen, in Holland, in Osterreich und auch in Frankreich gibt es überall eine ganz kurz formulierte Generalklausel „Haftgrund der Wiederholungsgefahr", und diese Klausel geht viel weiter als die Ihre, Herr Schlager, ganz zu schweigen von der unseren. Da steht schlicht und einfach: Bei wem die Gefahr besteht, daß er ein Verbrechen wiederholt, der kann in Haft genommen werden.



    Hirsch
    Nun gibt es wieder Leute, die sagen: Das kann man in Dänemark, das kann man in Holland oder in Norwegen machen, aber nicht in Deutschland. Wenn mir das jemand aus dem Ausland sagt, dann habe ich angesichts der deutschen Vergangenheit dafür unter Umständen noch Verständnis. Wenn mir das aber junge Deutsche sagen, dann hört bei mir das Verständnis auf, meine Damen und Herren. Denn es kann doch nicht richtig sein, daß wir Deutschen nun, 25 Jahre nach den Verbrechen, nach einer 25jährigen Rechtsstaatlichkeit immer noch und weiter in dem Verdacht stehen sollten, rechtsstaatliche Gesetze unbedingt rechtsstaatswidrig anzuwenden. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Gerade weil angesichts der deutschen Rechtstradition, angesichts des Perfektionismus, an den deutsche Richter gewöhnt sind, und angesichts der Schwierigkeiten, die sie mit einem so allgemeinen Text haben, diese soeben erwähnten Bedenken vielleicht begründet sind, haben wir in unserem Text nicht eine Generalklausel, sondern einen relativ perfektionistischen Strafenkatalog und die anderen Sicherungen vorgesehen, um eben für alle Fälle und sozusagen narrensicher klarzustellen, daß mit diesem Text nicht das gemacht werden kann, was einige sich darunter vorstellen.
    Nun gibt es ein weiteres Argument, es läuft darauf hinaus: Die Gerichte brauchten nur schneller zu verhandeln, dann wäre das Problem gelöst. Ich möchte davor warnen. Der letzte Fall eines Schnellgerichtes war nicht gerade ein überzeugendes Beispiel dafür, daß es eine gute Sache sei, mit Schnellverfahren zu arbeiten.

    (Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : Aber besser als sechs Monate U-Haft!)

    — Darüber kann man sehr streiten, obgleich dieser Fall wirklich nicht ein Fall des Berufsverbrechertums war.

    (Zuruf von der Mitte: Aber Wiederholungsgefahr!)

    Schnellverfahren sind also bestimmt kein Weg. Schnellverfahren sind schon deswegen ausgeschlossen, weil gerade in den Fällen dieser Menschen, die wir hier meinen, sehr sorgfältige Ermittlungen über den background notwendig sind, die einmal für die Höhe der Strafe entscheidend sind, und vor allen Dingen deswegen, weil es bei diesen Menschen vielfach um das Problem geht, ob sie nicht in Sicherungsverwahrung kommen müssen. Da muß das Gericht vorher sorgfälig nachschauen, was die Gründe für ihre Verbrechen sind. Ein Schnellverfahren wäre da gar nicht zu verantworten. Dann haben wir jetzt das Schlußgehör bei der Staatsanwaltschaft eingeführt; die Rechtsanwälte müssen die Akten einsehen und sich vorbereiten.

    (Abg. Genscher: Im Haftverfahren geht das alles?!)

    — Das ist doch ganz was anderes. Hier geht es, Herr Genscher, im wesentlichen um geständige Täter, die sowieso eine Strafe bekommen.

    (Abg. Dorn: Eine seltsame rechtspolitische Auffassung!)

    — Wenn sie geständig sind, können Sie davon ausgehen, daß sie wegen Diebstahls eine Strafe bekommen. Das Entscheidende bei ihnen ist aber die Frage der Strafhöhe, Herr Genscher. Wegen der Strafhöhe muß man forgfältig nachdenken und nachforschen, nicht aber wegen der Straftat. Die Straftat steht bei den Leuten fest; würde sie nicht feststehen, Herr Genscher, kämen sie doch aus dem Gesichtspunkt der Verdunklungsgefahr ohnehin in Haft. Es bleiben doch nur die Geständigen übrig, — wenn Sie einmal nüchtern nachdenken.
    Also Schnelligkeit des Verfahrens ist sicherlich keine Lösung, insbesondere auch deswegen, weil es Rechtsmittel gibt. Selbst wenn ein Verfahren innerhalb weniger Wochen abgewickelt würde — was sicher wünschenswert ist —, dauert es eine Weile, bis das schriftliche Urteil abgesetzt ist, dauert es eine Weile, bis die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, dauert es eine Weile, bis eventuell eine Revisionsbegründungsfrist abgelaufen ist, und dauert es, wenn etwas bis zum Bundesgerichtshof geht, Monate, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Sie werden es also in Fällen, wie den hier gemeinten, normalerweise sicherlich nicht schaffen, ein rechtskräftiges Urteil günstigstenfalls vor sechs Monaten, vor acht Monaten, vor zehn Monaten zu bekommen. Auch wenn Sie die Justiz noch so sehr verstärken, auch wenn Sie noch soviel in dieser Richtung machen, werden Sie das nicht schaffen. Gerade um diese Zeit geht es, Herr Genscher. Es dauert also sechs, acht Monate. Erinnern Sie sich an den Fall, den ich vorhin hier vorgetragen habe; dort ist das alles sogar in weniger als sechs Monaten passiert, nämlich — wenn ich mich recht erinnere — in etwa drei, vier Monaten.
    Sie müssen dabei auch mal die Situation bedenken, vor der der Betreffende selber steht. — Auch Sie, Herr Schlager — das muß ich nebenbei sagen —, haben hier den üblichen lapsus linguae begangen, indem Sie von „Vorbeugehaft" gesprochen haben; es heißt „Vorbeugungshaft". Das ist ein kleiner, aber sehr feiner Unterschied.

    (Abg. Genscher: Die Sprache ist manchmal sehr aufschlußreich!)

    Es geht nämlich nicht darum, hier jemanden zu beugen, sondern es geht darum, Verbrechen vorzubeugen. Vorbeugende Verbrechensbekämpfung ist meines Erachtens die richtige Verbrechensbekämpfung; sie ist dazu da, möglichst Verbrechen zu verhindern. Wenn wir mehr Verbrechen verhindern, stehen wir nicht nachher vor der traurigen Tatsache, daß wir wegen Verbrechen bestrafen müssen. Es heißt also „Vorbeugungshaft".

    (Abg. Dorn: Jetzt wird es aber langsam makaber, kann man nur sagen!)

    — Herr Dorn, wenn Sie das sagen, ehrt mich das wirklich außerordentlich.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich versetze mich in die Situation des Betreffenden: Er ist für mich ein Mensch, er hat aus irgendeinem Grunde dieses Verbrechen oder Vergehen



    Hirsch
    begangen. Jetzt wird er erwischt, und er weiß genau: irgendwann kommt die Hauptverhandlung, irgendwann kommt eine hohe Strafe. Eine Arbeit anzunehmen, ein vernünftiges neues Leben zu beginnen, ist für ihn praktisch zwecklos; denn dieses normale Leben wird nach einiger Zeit gestoppt, weil er zur Strafverbüßung muß. Wenn er in Freiheit bleibt — wollen wir uns mal in seine Situation hineinversetzen —, ist es fast logisch, daß er weitere Verbrechen begeht,

    (Abg. Busse [Herford] : Wieso?)

    — fast logisch, weil er sich einmal sagt: Es hat ja doch keinen Zweck, und zum anderen natürlich weiß, daß das nicht sehr kostspielig ist, was er macht, weil es eine Gesamtstrafe gibt und damit den Strafrabatt.
    Man muß berücksichtigen — das wird Ihnen jeder Fachmann sagen, der mit diesen Menschen zu tun hat; und auch ich habe einige Zeit mit solchen Menschen zu tun gehabt —, daß es auch im Interesse der Täter liegt, daß sie in Haft kommen, weil sie unter Umständen nur auf diese Weise auch für die weitere Zukunft davor bewahrt werden, endgültig ein Verbrecher zu werden und in der Sicherungsverwahrung zu landen. Es geht also nicht einmal allein darum, die Bürger vor den Verbrechern zu schützen, sondern es geht auch darum, die Betreffenden davor zu schützen, daß sie aus einer Zwangslage heraus ohne großes Risiko weitere Verbrechen begehen. Beide Gesichtspunkte müssen wir sehen.

    (Abg. Dorn: Also doch Schutzhaft!)

    — Herr Dorn, daß Sie davon nichts verstehen, haben wir lange gemerkt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn das unter Einbau der Sicherungen geschieht, die ich vorhin erwähnt habe — und wir können vielleicht weitere finden —, dann könnte das vielleicht einer der Wege sein, wie wir das Problem in den Griff bekommen. Ich sage bewußt „könnte" ; denn ich habe ja vorhin schon gesagt: ich wäre froh, wenn jemand, der hier so kritisiert, käme und eine andere Lösungsmöglichkeit brachte.

    (Abg. Dorn: Dann hätten Sie im Dezember zuhören müssen!)

    — Von Ihnen, Herr Dorn, habe ich noch keine gehört, von anderen wohl.

    (Abg. Dorn: Im Dezember haben wir ganz konkrete Gegenvorschläge gemacht, wie man solche Probleme ohne Vorbeugehaft regeln könnte!)

    — Herr Dorn, leider haben Sie immer noch nicht begriffen, worum es geht. Hier geht es nämlich — darf ich es Ihnen ganz langsam und ganz deutlich noch einmal erklären, Herr Dorn — nicht um Leute, die die Kriminalpolizei nicht erwischt hat. Hier geht es nicht um das Problem der Verstärkung der Polizei, der Zusammenarbeit der Polizeidienststellen. Hier geht es ja um Leute, die entdeckt worden sind. Hier geht es um Leute, bei denen die Polizei das getan hat, was wir von ihr wollen. Das können Sie nicht durch Verstärkung irgendwelcher polizeilicher Mittel lösen, denn hiergibt es kein Polizeiproblem mehr.

    (Abg. Dorn: Dann haben Sie im Dezember nicht zugehört!)

    Die Taten sind erfreulicherweise aufgeklärt, Herr Dorn. All das, was wir da tun sollen, was wir da tun müssen — was auch angefangen ist durch Ihren Entwurf, durch den Entwurf der CDU, durch unseren Entwurf über die Bundeskriminalpolizei und was weiß ich —, hat mit diesem Problem nicht das geringste zu tun.

    (Abg. Dorn: Haben Sie schon einmal etwas van „Präventiveinsatz der Polizei" gehört?)

    — Ja, also, Herr Dorn, es hat offenbar keinen Zweck. Ich habe mir jetzt große Mühe gegeben, aber mancher begreift es halt nie.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Dorn. — Unruhe rechts und bei der SPD. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie um etwas Ruhe bitten und vorschlagen, daß die Meinungsverschiedenheiten anschließend in der Diskussion geklärt werden. Da ist ja noch reichlich Gelegenheit zu sprechen.

(Abg. Dorn: Aber Herr Hirsch kennt nur zwei Meinungen, seine und die falsche; das ist die Problematik, in der wir hier stehen!)

— Herr Abgeordneter Dorn, nichts steht dem im Wege, daß Sie von der Tribüne des Deutschen Bundestages eine dritte Meinung verkünden.
Aber jetzt möchte ich Sie um Ruhe bitten, damit wir in der Verhandlung fortfahren können.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Martin Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nun gibt es also diese schreckliche Bezeichnung „Vorbeugungshaft". Sie können sicher sein, daß wir uns auch die sehr sorgfältig überlegt haben. Es gab welche, die meinten: „Ach, das hängen wir wieder an die Untersuchungshaft an." Die ,anderen wollten von dem „Haftgrund der Wiederholungsgefahr" sprechen. Wir sind im Endergebnis ganz bewußt zu diesem Namen gekommen, weil er an sich — wenn man ihn richtig ausspricht: nicht Vorbeuge-, sondern Vorbeugungshaft — genau das bezeichnet, was gemeint ist: vorbeugende Verbrechensbekämpfung, vorzubeugen, daß der Betreffende .aus seiner Zwangssituation fast gar nicht anders kann, als weitere Verbrechen zu begehen.
    Ich habe nicht geahnt — das gebe ich offen zu —, ,daß die Bezeichnung einen solchen Arger geben würde. Denn diesen Namen gab es bezeichnenderweise gar nicht mal im Dritten Reich. Da gab es Schutzhaft, da gab es den Haftgrund der Wiederholungsgefahr; und wieso der Name „Vorbeugungshaft" in diese Verbindung gebracht wird, ist mir bis heute nicht ganz klargeworden. Aber eines, meine Damen und Herren, sollten wir bestimmt nicht tun: etwa meinen, wir könnten dieses wichtige Problem unter einem Etikettenschwindelnamen verbergen, etwa meinen, man könne hier schwerwiegende Dinge tun, indem man ein Schild daran hängt, das



    Hirsch
    ganz harmlos ist. Das würde ich für unkorrekt halten. Wer das diskutiert, wer sich hiermit befaßt, muß wissen, worum es geht.
    Das bedeutet keineswegs, daß es bei dem Namen bleiben muß. Ich hänge fürwahr nicht daran. Aber ich meine, es muß in der Sache dabei bleiben, daß man nicht unter dem Mäntelchen „Untersuchungshaft" etwas macht, was mit Untersuchung jedenfalls nichts zu tun hat. Denn die Untersuchung der bereits aufgeklärten Taten wird durch die Dinge, um die es hier geht, nicht gefährdet, ganz sicher nicht.

    (Abg. Dorn: In dem Punkt stimmen wir sogar überein!)

    — Fein, Herr Dorn! — Über den Namen wird man sich also unterhalten müssen.
    Man wird sich auch — ich habe es schon gesagt —, und zwar sehr sorgfältig, über andere Lösungsmöglichkeiten zu unterhalten haben. Davon gibt es inzwischen — und das ist erfreulich — ein großes Bündel. Da gibt es einmal die Idee, man sollte doch einfach die Rechtslage vor 1965 wiederherstellen, also — mit anderen Worten — bei Verbrechen automatisch wieder Fluchtgefahr vermuten. Dieser Weg wäre sehr einfach, und wenn wir ihn gegangen wären, hätte es wahrscheinlich in der Öffentlichkeit kaum eine Diskussion darüber gegeben.

    (Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Na, na!)

    Aber ich warne vor dem Weg; für mich ist er nicht gangbar. Der Grund der Änderung der Bestimmungen damals war, daß wir gesagt haben — und da waren wir uns einig —, es sei besser, daß 99 Schuldige davonkommen, ehe ein Unschuldiger in Haft ist. Sie, Herr Güde, haben damals — ich erinnere mich noch genau — einen italienischen Strafrechtler aus dem 17. Jahrhundert, glaube ich, zitiert,

    (Abg. Dr. h. c. Güde: 18. Jahrhundert!)

    der gesagt hat: „Das Strafrecht ist das Gesetzbuch des Verbrechers, aber die Strafprozeßordnung sollte das Gesetz für den Gentleman sein". Das war damals der Grundsatz. Nur kann man, meine Damen und Herren, diesen Grundsatz nicht gegenüber denjenigen anwenden, die eben keine Gentlemen sind, die es wirklich nicht sind, sondern die jede Lücke im Gesetz ausnutzen, um das zu treiben, was man Berufsverbrechertum nennt.
    Würde man nun die alte Rechtslage wiederherstellen, wäre sofort wieder die Gefahr gegeben, daß ein normaler Sterblicher in einen falschen Verdacht kommt, lange Zeit in Untersuchungshaft gesetzt wird, und sich nachher herausstellt, daß er unschuldig ist. Diese Gefahr dürfen wir nicht auf uns nehmen. Bei diesen Leuten ist es wirklich besser, daß mal vielleicht einer nicht in Haft ist, der im Endergebnis hätte in Haft sein sollen.
    Aber bei dem Menschentyp, um den es hier geht, ist das ganz anders. Die Wahrscheinlichkeit, daß dieser unschuldig ist, ist grenzenlos gering. Natürlich ist sie nicht auszuschließen. Da geht es einfach um eine Abwägung der Güter. Wenn die Wahrscheinlichkeit so gering wird, muß man entscheiden, welches der richtige Weg ist, ob man dann in Kauf nimmt, daß durch eine solche Lücke im Gesetz im Jahr Tausende von Verbrechen mehr begangen werden — wegen einer Ideologie in der Richtung von Professor Klug, der sagt, die Freiheit dürfe in einem Staat eigentlich überhaupt nicht eingeschränkt werden —, oder ob man die Sache nüchtern macht und sich überlegt, ob man dem Betreffenden wirklich ein Übel antut. Diesem Personenkreis — ich habe es vorhin schon erwähnt — fügt man kein Übel zu, sondern vielleicht sogar, auf lange Sicht gesehen, etwas Gutes, abgesehen davon, daß die Haft angerechnet wird und die Untersuchungshaft normalerweise etwas angenehmer zu sein pflegt als die Strafhaft.
    Nun kommt aber — das muß ich hier erwähnen — ein wichtiges Sonderproblem. Es ist gesagt worden: Durch eine solche Untersuchungshaft erreichen wir etwas, was man nicht erreichen sollte, nämlich daß junge Leute dann in einer normalen Haftanstalt sind und jeder Erziehungseffekt verlorengeht. Das ist ein sehr wichtiges Argument. Aber es beweist eigentlich, daß sich die Betreffenden unseren Gesetzentwurf auch nicht genau angeschaut haben; denn darin steht ausdrücklich, daß diese Vorbeugungshaft nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Heranwachsende, also für Leute bis zu 21 Jahren, in Erziehungsanstalten vollstreckt werden kann, so daß man auch diesem Gesichtspunkt auf diese Weise Rechnung getragen hat. Darüber hat bisher noch niemand gesprochen; aber wir sollten diesen Gesichtspunkt nicht vergessen. Wenn man die jungen Leute in einer Großstadt in ein Untersuchungsgefängnis zusammen mit Ganoven aller Art brächte, würde das vielfach dazu beitragen, daß sie endgültig Verbrecher werden. Natürlich müssen wir auch sonst bei dem Vollzug dieser Maßnahme, wie immer sie heißen möge, sehr aufpassen, daß sie ihre Wirkung erfüllt. Wir müssen versuchen — das ist aber ein weiter Weg und berührt mehr die Länder als den Bund —, durch besseren Vollzug auch der Untersuchungshaft oder der vorläufigen Haft dafür zu sorgen, daß diese Zeit für die Betreffenden nicht nutzlos oder gar schädlich ist.
    Außerdem werden wir im Zusammenhang mit diesem Gesetz — ich hoffe, daß der Bundesjustizminister die Entwürfe bald vorlegt — natürlich auch die völlig überalterten und unmöglichen Bestimmungen über Entschädigung für unschuldig erlittene Haft endlich reformieren müssen, so daß — ich weiß, mit Geld kann man Entziehung der Freiheit nicht aufwiegen — im allerschlimmsten, hier auf diesem Gebiet aber sehr unwahrscheinlichen Fall dann wenigstens eine angemessene Entschädigung für einen Fehler, der vorgekommen ist, gezahlt werden könnte.

    (Abg. Dorn: Ein wunderbares Trostpflaster!)

    Nun gibt es aber auch andere Vorschläge. Ich will sie einmal kurz aufzählen, damit sie hier auch allgemein bekannt sind. Es ist gesagt worden, man sollte das davon abhängig machen, ob der Betreffende wahrscheinlich in Sicherungsverwahrung kommt. Sicherungsverwahrung setzt eine große Zahl von Vorstrafen voraus.



    Hirsch
    Es ist gesagt worden, man sollte die Bestimmung über die Bildung der Gesamtstrafe ändern. Diese Bestimmung führt heute zu dem berühmten „Rabatt" für Serientäter.

    (Abg. Genscher: Sie muß es aber nicht!)

    Es ist von einem Mittelweg gesprochen worden. Man solle eine Sonderbestimmung für die Strafverschärfung einführen, und zwar für die Fälle, daß jemand Taten begeht, nachdem ihm bereits andere Taten nachgewiesen worden sind.
    Es gibt noch andere Vorschläge. Wir werden sie sorgfältig überdenken müssen. Wenn sie tatsächlich denselben Nutzeffekt haben, nämlich Verbrechen verhindern und den Betreffenden davor schützen, weiterhin Verbrecher zu sein — manchmal sein zu müssen —, soll mir das wirklich nur recht sein. Ich wäre froh, wenn es so wäre.
    Bisher bin ich allerdings der Meinung, daß alle diese gutgemeinten Vorschläge in Wirklichkeit viel schärfer und viel weniger liberal sind als das, was in unserem Gesetzentwurf steht. Würde man die Gesamtstrafenbildung ganz abschaffen, so würde das zu enorm hohen Strafen führen, die ganz unerträglich wären und mit den modernen Vorstellungen der Kriminologie und der Verbrechensbekämpfung in keiner Weise in Einklang zu bringen wären. Wenn überhaupt, dann kommt nur ein Mittelweg in Frage, daß man das eine tut und das andere nicht läßt, daß man vielleicht den Strafenkatalog sehr stark einschränkt und für den Rest dann derartige Maßnahmen vorsieht. Aber wie gesagt, daß sollte im Ausschuß und zusammen mit den Fachleuten im Hearing sorgfältig geklärt werden.
    Es gibt noch eine Menge anderer Texte. Bei dem sehr langen Schriftwechsel mit den einzelnen Justizverwaltungen, Innensenatoren und anderen Fachleuten in der Bundesrepublik ist eines sehr interessant gewesen: es sind unabhängig voneinander zwei Texte zu uns gekommen, die auf den ersten Blick sehr plausibel klingen und die sehr den Texten in den skandinavischen Staaten ähneln. Wenn man sich das genau anschaut, wird es noch interessanter: diese beiden völlig unabhängig voneinander zustande gekommenen Texte — das habe ich inzwischen festgestellt — sind bis auf ein Wort völlig identisch mit dem Text einer Vorschrift der DDR. Die DDR hat in der letzten Zeit ein verhältnismäßig gutes materielles Strafrecht gemacht, wenn man von den politischen Teilen absieht. Was aus der DDR kommt, muß nicht schlecht sein. Dieser Text geht aber weit über die Konzeption des CSU-Antrages hinaus. Er enthält eine Generalklausel, und da heißt es: Ein Haftgrund besteht auch dann, wenn das Verhalten des Beschuldigten eine wiederholte gleichartige und erhebliche Verletzung der Strafgesetze darstellt und dadurch Wiederholungsgefahr begründet wird. Das ist wie gesagt eine Regelung, die in Skandinavien selbstverständlich ist. Infam ist aber, was im „Neuen Deutschland" über unsere Überlegungen in bezug auf einen neuen Haftgrund steht. Denn der Text in der DDR und die Vorschläge, die parallel dazu auch auf uns zugekommen sind, gehen jedenfalls über das, was in dem Koalitionsentwurf steht, sehr weit hinaus. Von einem Land her, in dem man selbst eine so weitgehende Bestimmung hat, ein anderes Land, das um eine rechtsstaatliche Bestimmung ringt, so infam anzugreifen: die Wertung eines sòlchen Vorgehens überlasse ich denjenigen, die noch Lust haben, sich damit zu befassen.
    Ich habe versucht, im Anschluß an das, was Herr Schlager gesagt hat, hier einmal die wesentlichen Probleme aufzuzeigen. Wir glauben, es war richtig, daß wir diesen Entwurf zur Diskussion gestellt haben und daß er auch schon diskutiert worden ist. Wir sind jeder besseren Einsicht zugänglich. Wir lassen uns von jedem überzeugen, der meint, eine bessere Lösung zu haben. Ich möchte noch einmal sagen, ich persönlich wäre froh, wenn es eine andere Lösung gäbe. Denn, ich wiederhole, wenn auf der einen Seite die Ordnung und auf der anderen Seite die Freiheit steht, würde ich immer die Freiheit vorziehen. Das Problem ist nur, ein richtiges Verhältnis zwischen Freiheit und Ordnung zu finden. Es ist ein ganz schmaler Grat.
    Unter den vielen Briefen, die ich bekommen habe, ist immerhin einer eines sehr berühmten deutschen Gerichtsmediziners, der lange Jahre Leiter eines gerichtsmedizinischen Instituts war, also eines Menschen, der wirklich den Verbrecher kennt. Er schreibt mir u. a.:
    Seit 20 Jahren habe ich als Sachverständiger, davon 16 Jahre in einer Großstadt wie München und jetzt hier in Freiburg, unmittelbare Beziehungen zur Strafjustiz. Erlauben Sie mir aus dieser Sicht die Bitte an Sie, bei Ihrer sicher sehr schweren Entscheidung auch an die weit überwiegende Zahl unserer Mitbürger zu denken, die niemals in ihrem Leben mit dem Strafgesetz in Berührung kommen und die einen Anspruch auf Schutz haben. Ich darf Ihnen sagen, daß ich volles Verständnis für eine gewisse Liberalisierung des Strafgesetzes habe. Sie muß jedoch in einer vernünftigen Relation zur Bedrohung der Öffentlichkeit stehen.
    Ich glaube, dieser Mann hat recht.
    Ein letztes. Wenn der Staat der Meinung ist, daß unser Strafrecht, unser Strafprozeß, unser Strafvollstreckungssystem dringend reformbedürftig sind, und wer meint, daß wir insbesondere im Strafrecht völlig neue Wege gehen müssen, der muß gleichzeitig aufpassen, daß diese Reformbestrebungen nicht in den falschen Ruf kommen, damit würde das Verbrechen gefördert, und daß diese Reformbestrebungen nicht in den Ruf kommen, sie würden dazu beitragen, daß die Verbrecher bessere Möglichkeiten hätten, sich gegen den Bürger auszutoben. Wer diesen Reformbestrebungen nämlich diesen Ruf gibt, der wird dafür sorgen, daß sie totgemacht werden.
    Dieser Ruf ist falsch. Reform des Strafrechts bedeutet einmal damit aufzuhören, Dinge zu bestrafen, die die Öffentlichkeit nicht stören und die sich in der privaten Sphäre abspielen. Diese Reformbestrebung bedeutet gleichzeitig, das Verhältnis der einzelnen Straftaten zueinander besser in Ordnung zu



    Hirsch
    bringen. Diese Reformbestrebungen bedeuten noch viel, viel mehr. Aber sie dürfen nicht bedeuten, daß der wirkliche Verbrecher besser wegkommt. Wenn diese Reformbestrebungen in diese Richtung gingen, wären sie schlecht.
    Wir stehen heute bereits in der Gefahr, daß viele Menschen in diesem Lande meinen, modernes Strafrecht und moderner Strafvollzug bedeuteten, die Verbrecher könnten mehr als früher. Man hört dann solche Äußerungen von Berliner Taxichauffeuren: „Bei Adolf'n hätt's det nich jejeben." Das sollten wir sehr ernst nehmen! Ich glaube, wir müssen beweisen, daß auch die Demokratie in der Lage ist — und zwar natürlich unter Wahrung aller Rechte des Bürgers auf Freiheit —, das Verbrechen zu bekämpfen. Wir müßten eigentlich beweisen, daß die Demokratie in der Lage ist, Verbrechen nicht nur besser, sondern vor allen Dingen auch richtiger, wirksamer und nützlicher zu bekämpfen, insbesondere indem man Verbrechen verhindert, indem man vorbeugende Verbrechensbekämpfung betreibt.
    Dieser Gesetzentwurf ist ein Versuch in der Richtung, dafür zu sorgen, daß in diesem Lande ein paar tausend Verbrechen weniger im Jahr begangen werden. Wer diese Verbrechen hinnehmen will, kann sagen: Es kann bei der gegenwärtigen Rechtslage bleiben. Wer den heutigen Zustand ändern will, muß mindestens sagen, wie, wenn er mit unserem Vorschlag nicht einverstanden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD.)