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    Deutscher Bundestag 201. Sitzung Bonn, den 4. Dezember 1968 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Krone, Schulhoff, Dr. Schmid (Frankfurt) und Wullenhaupt . . . . . 10803 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 10803 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 10803 C Fragestunde (Drucksachen V/3578, V/3574) Fragen des Abg. Ertl: Entwicklung von Euratom Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 10803 D Ertl (FDP) 10804 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . 10804 C Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 10804 D Dorn (FDP) 10805 A Moersch (FDP) 10805 A Dichgans (CDU/CSU) 10806 A Frage des Abg. Rollmann: Herder-Institut für Ostmitteleuropa-Forschung Dr. Wetzel, Staatssekretär . . . 10807 A Rollmann (CDU/CSU) 10807 B Frage des Abg. Dichgans: Richternachwuchs für die obersten Bundesgerichte Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 10807 D Dichgans (CDU/CSU) 10808 A Frage des Abg. Strohmayr: § 29 des Wohngeldgesetzes . . . . 10808 A Fragen des Abg. Dr. Wuermeling: Reform des Familienlastenausgleichs . 10808 B Fragen des Abg. Biechele: Fahrten an die Zonengrenze . . . . 10808 B Frage des Abg. Moersch: Bundesamt für Internationalen Jugendaustausch Dr. Barth, Staatssekretär 10808 B Moersch (FDP) . . . . . . . 10808 C Frage des Abg. Dorn: Amtssitz des Bundespräsidenten Dr. Vogel, Staatssekretär . . . 10808 D Dorn (FDP) 10809 A II Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 Fragen der Abg. Frau Rudoll: Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz Katzer, Bundesminister . . . . 10809 B Frau Rudoll (SPD) 10809 C Frage des Abg. Sander: Vorschläge für Preissenkungen bei Zuckerrüben, Getreide und Raps Höcherl, Bundesminister . . . . . 10810 B Sander (FDP) . . . . . . . 10810 B Ertl (FDP) 10810 D Logemann (FDP) . . . . . . . 10811 A Dorn (FDP) 10811 A Frage des Abg. Sander: Eigenerzeugung landwirtschaftlicher Produkte in Deutschland, Frankreich und Italien Höcherl, Bundesminister 10811 B Schoettle, Vizepräsident 10811 D Sander (FDP) 10811 D Fellermaier (SPD) . . . . . . . 10811 D Frage des Abg. Sander: Auswirkungen von Einfuhrerleichterungen auf das Einkommen der deutschen Land- und Forstwirtschaft Höcherl, Bundesminister 10812 B Sander (FDP) 10812 B Ertl (FDP) 10812 D Fragen des Abg. Richarts: Berufsumschulungslehrgänge für Landwirte 10813 B Fragen des Abg. Dr. Rinderspacher: Verbilligte Butter für karitative Organisationen usw. Höcherl, Bundesminister 10813 C Dr. Rinderspacher (SPD) 10813 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 10814 B Fellermaier (SPD) 10814 C Frage des Abg. Dr. Enders: Wehrpflicht für Junglandwirte Höcherl, Bundesminister 10814 D Dr. Enders (SPD) 10815 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . 10815 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 10815 C Frage des Abg. Peiter: Bekämpfung von Tollwut Höcherl, Bundesminister . . . . . 10815 D Peiter (SPD) . . . . . . . . . 10816 A Fragen des Abg. Wagner: Vorsorgeuntersuchungen durch einen öffentlichen Gesundheitsdienst Frau Strobel, Bundesminister . . 10816 B Wagner (CDU/CSU) 10816 C Fragen des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Verbrennungsanlagen für Altöl Frau Strobel, Bundesminister . . . 10816 D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 10817 A Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (SPD, FDP) (Drucksache V/2677); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/3506 [neu]) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Wahl (CDU/CSU) 10817 C Dr. Reischl (SPD) . . . . . . . 10818 B Busse (FDP) 10819 A Dichgans (CDU/CSU) 10819 C Schoettle, Vizepräsident 10821 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes (Drucksache V/3495) — Erste Beratung — Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 10821 B Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 10822 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 10823 D Spitzmüller (FDP) . . . 10826 C. 10828 C Maucher (CDU/CSU) 10827 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 10828 A Frehsee (SPD) 10828 A Entwurf eines Städtebau- und Gemeindeentwicklungsgesetzes (Drucksache V/3505) — Erste Beratung — Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 10829 B Dr. Hesberg (CDU/CSU) . . . . . 10837 A Jacobi (Köln) (SPD) 10839 B Dr. Bucher (FDP) 10842 A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Spitzengliederung der Landesverteidigung (Abg. Schultz [Gau-Bischofsheim], Ollesch, Jung Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 III und Fraktion der FDP) (Drucksache V/2994) — Erste Beratung —, mit Antrag betr. Ausbau und Erweiterung der EWG (Abg. Dr. Mommer, Metzger, Dr. Schulz [Berlin], Dr. Rutschke, Borm, Dr. Achenbach u. Gen.) (Drucksache V/3084) mit Antrag betr. Stärkung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Abg. Dr. Mommer, Metzger, Bading u. Gen.) (Drucksache V/3211) Majonica (CDU/CSU (zur GO) . . . 10844 D Dorn (FDP) (zur GO) . . . . 10845 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident (zur GO) 10845 D Mertes (FDP) (zur GO) 10846 C Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 10847 B Berkhan (SPD) . . . . . . . 10851 C Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 10856 C Dr. Zimmermann (CDU/CSU) nach § 36 GO . . . . . . . . 10861 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 10861 C Herold (SPD) 10863 D Ollesch (FDP) 10865 D 10885 D Lenze (Attendorn) (CDU/CSU) . . . 10868 A Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 10871 A Jung (FDP) 10872 D Rommerskirchen (CDU/CSU) . . 10875 C Mattick (SPD) 10877 D Blumenfeld (CDU/CSU) 10879 C Dr. Mommer (SPD) 1Ó881 B Majonica (CDU/CSU) 10882 C Ertl (FDP) 10883 D Dr. Kopf (CDU/CSU) 10884 C Draeger (CDU/CSU) 10887 D van Delden (CDU/CSU) . . . . 10889 A Damm (CDU/CSU) . . . . . . 10890 B Richter (SPD) 10892 C Dr. Schröder, Bundesminister . . 10898 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes — Landwirtschaft (FDP) (Drucksache V/3375) — Erste Beratung - in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes — Landwirtschaft (Abg. Stooß, Dr. Schmidt [Wuppertal], Dr. Stecker, Struve, Bauknecht, Ehnes u. Gen.) (Drucksache V/3581) — Erste Beratung — 10902 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes (Abg Kühn [Hildesheim], Dr. Jungmann, Frau Blohm, Dr. Schmidt [Gellersen], Reichmann u. Gen.) (Drucksache V/3419) — Erste Beratung — 10902 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes (Abg. Dr. Schmid-Burgk, Dr. Müthling, Krammig, Dr. Stecker u. Gen.) (Drucksache V/3420) — Erste Beratung — . . . . . . . . 10902 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll über die Gründung Europäischer Schulen (Drucksache V/3516) — Erste Beratung — 10903 A Entwurf eines Gesetzes zu der Internationalen Getreide-Übereinkunft von 1967 (Drucksache V/3533) — Erste Beratung — 10903 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Oktober 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern über den planmäßigen gewerblichen Luftverkehr (Drucksache V/3534) — Erste Beratung — 10903 B Entwurf eines Gesetzes zu dem revidierten Abkommen vom 13. Februar 1961 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer sowie zu der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des am 13. Februar 1961 revidierten Abkommens vom 27. Juli 1950 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer (Drucksache V/3535) — Erste Beratung — 10903 B Entwurf eines Gesetzes zum Ratsbeschluß der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 19. Juli 1966 über die Annahme von Strahlschutznormen für Uhren mit radioaktiven Leuchtfarben (Drucksache V/3539) — Erste Beratung — 10903 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Beschluß der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. Juli 1967 über die Einführung von Sondervorschriften für Ölsaaten und Saatenöle mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder den überseeischen Ländern und Gebieten (Drucksache V/3537) — Erste Beratung — 10903 D Entwurf eines Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile, über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache V/3494) — Erste Beratung — 10903 C IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache V/3515) — Erste Beratung — Frau Strobel, Bundesminister . . . 10903 D Dr. Jungmann (CDU/CSU) . . . . 10905 A Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . , 10905 B Absetzung der Punkte 17 und 33 von der Tagesordnung 10906 C Nächste Sitzung 10906 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 10907 A Anlage 2 Mitteilung des Präsidenten des Bundesrates vom 29. November 1968 betr. das Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung 10907 B Anlage 3 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 29. November 1968 (Umdruck 545) . . . 10907 D Anlage 4 Schriftliche Erklärung der Abg. Frau Dr. Heuser (FDP) zu Punkt 10 der Tagesordnung 10908 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die, Mündlichen Anfragen des Abg. Logemann betr. Auswirkungen der von der Bundesregierung zur Verminderung der Zahlungsbilanzschwierigkeiten anderer Länder vorgesehenen Maßnahmen auf die deutsche Landwirtschaft 10908 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Zebisch betr. regionales Aktionsprogramm für den ostbayerischen Raum 10909 A Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Ahrens (Salzgitter) betr. Einbeziehung der Gemeinde Lopau (Kreis Ülzen )in den Truppenübungsplatz Munster 10909 B Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Burger betr. Stand der Planung für die Umgehungsstraße Köndringen—Teningen—Emmendingen . . . 10909 C Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Schmidt (Kempten) betr. Autobahnverbindung zwischen Nürnberg und Augsburg 10910 A Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Peiter betr. Pop-Bemalung von Kraftfahrzeugen . . . . 10910 A Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Bechert (GauAlgesheim) betr. Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz durch Tabakschwelprodukte 10910 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 10803 201. Sitzung Bonn, den 4. Dezember 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 6. 12. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 4. 12. Dr. Arndt (Hamburg) 7. 12. Bading * 5. 12. Dr. Birrenbach 6. 12. Brand 6. 12. Corterier 4. 12. Dr. Dahlgrün 4. 12. Deringer 4. 12. Fritz (Welzheim) 4. 12. Frau Funcke 4. 12. Graaff 6. 12. Hahn (Bielefeld) 21. 12. Hamacher 31. 12. Dr. Heck 9. 12. Illerhaus 4. 12. Dr. Ils 4. 12. Frau Dr. Kleinert 15. 1. 1969 Freiherr von Kühlmann-Stumm 6. 12. Kriedemann * 4. 12. Kunze 31. 12. Lücker (München) * 4. 12. Mauk * 4. 12. Frau Dr. Maxsein 15. 12. Frau Meermann ** 7. 12. Meister 4. 12. Michels 6. 12. Müller (Aachen-Land) * 6. 12. Dr. Pohle 6. 12. Raffert 4. 12. Rasner 4. 12. Schmidt (Hamburg) 4. 12. Dr. Schulz (Berlin) 14. 12. Steinhoff 31. 12. Storm 31. 12. Stücklen 4. 12. Frau Wessel 31. 12. Frau Dr. Wex 6. 12. Wienand 31. 12. Dr. Wilhelmi 7. 12. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Bonn, 29. November 1968 An den Herrn Bundeskanzler 53 Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 331. Sitzung am 29. November 1968 beschlosAnlagen zum Stenographischen Bericht sen hat, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestage am 28. November 1968 verabschiedeten Gesetzes über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (AbsichG) einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Außerdem hat der Bundesrat die aus der Anlage ersichtliche Entschließung angenommen. 1 Anlage Dr. Weichmann Bonn, den 29. November 1968 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages 53 Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 28. November 1968 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Weichmann Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (AbsichG) Der Bundesrat verzichtet wegen der Eilbedürftigkeit der Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung trotz verschiedener Bedenken auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Er geht dabei von der Überzeugung aus, daß Bundestag und Bundesregierung dazu bereit sind, besondere Härten des Gesetzes auszugleichen (die auch in ungleichmäßiger Behandlung gleicher Tatbestände bestehen können) und darüber hinaus Unzulänglichkeiten zu beseitigen, sobald solche sich bei der Durchführung des Gesetzes herausstellen sollten. Anlage 3 Umdruck 545 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vorn 29. November 1968. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert zu prüfen, inwieweit eine Erhöhung des Wehrsoldes für alle grundwehrdienstleistenden Wehrpflichtigen möglich ist. Dabei sollte berücksichtigt werden, daß 10908 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 die Lebenshaltungskosten seit der letzten Erhöhung des Wehrsoldes im Jahre 1965 auch für die Wehrpflichtigen inzwischen wesentlich gestiegen sind. Bonn, den 4. Dezember 1968 Rommerskirchen Dr. Barzel und Fraktion Berkhan Schmidt (Hamburg) und Fraktion Anlage 4 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Dr. Heuser (FDP) zu Punkt 10 der Tagesordnung. Ich möchte bei der Erörterung des Tagesordnungspunktes an die warnenden Worte des Herrn Kollegen Dichgans von heute morgen erinnern. Was ist hier vorgegangen? Der Rechtsausschuß berät die Finanzreform und in diesem Rahmen auch die von der Bundesregierung beantragte Grundgesetzänderung zu Art. 74 Nr. 19, d. h. die Ausweitung der gesundheitspolitischen Kompetenzen des Bundes. Zu seiner Unterrichtung bittet er den Gesundheitsausschuß um eine Stellungnahme, obwohl dieser zu diesem Fragenkomplex vom Parlament überhaupt noch keinen Auftrag hatte. Der Gesundheitsausschuß berät und beschließt, und heute sollen wir nun das nachholen, was korrekterweise vorher nötig gewesen wäre. Es hat mit Geschäftsordnungsreiterei nichts zu tun, wenn hier und heute schwere Bedenken gegen eine solche Verfahrensweise angemeldet werden. Wenn solche Dinge schon am grünen Holze — sprich: Rechtsausschuß — passieren, wer soll dann noch garantieren, daß die Gesetzgebung ihren korrekten Gang geht? Dabei handelt es sich hier außerdem noch um eine Grundgesetzänderung. Wenn der Gesundheitsausschuß nunmehr den Beratungsgegenstand in einem korrekten Verfahren in der gleichen Sache zur Beratung erhält, wird diese zur rein formalen Angelegenheit degradiert. Solche Dinge dürfen sich nicht wiederholen. Zur Sache selbst haben wir unsere Meinung in der gesundheitspolitischen Debatte dargelegt. Ich habe unsere Bedenken gegen eine Kompetenzausweitung angemeldet, insbesondere soweit es die „Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten" betrifft. Die Tatsache, daß man nun einen beschränkenden Katalog vorgeschlagen hat, ändert an der Tendenz nicht viel. Es erscheint uns auch nicht besonders sinnvoll, Kompetenzänderungen vorzunehmen, wo es 'in Wahrheit um klare finanzielle Abgrenzungen und Zuständigkeiten geht. In der Sache selbst wird dadurch kein Fortschritt erzielt, weil die Bundesregierung den eigentlichen Entscheidungen ausweicht. Über die 'Einzelheiten werden wir uns noch zu unterhalten haben, insbesondere erwarten wir einige überzeugendere Argumente zur Rechtfertigung dieses Regierungsentwurfs, ganz abgesehen davon, daß der Bundesrat seine abweichende Haltung und Auffassung in einer Reihe von Punkten deutlich genug dargelegt hat. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 2. Dezember 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Logemann (Drucksache V/3529 Fragen 88, 89 und 90) : In welchem Ausmaß wird die deutsche Landwirtschaft von den Maßnahmen betroffen, die von der Bundesregierung zur Verminderung der Zahlungsbilanzschwierigkeiten einiger anderer Länder vorgesehen sind? Wird die Begünstigung von Einfuhren zu einer weiteren Beeinträchtigung der Absatzchancen deutscher landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf dem Inlandsmarkt führen? Wodurch wird verhindert werden, daß die erheblichen und staatlich geförderten Bemühungen um eine Steigerung des deutschen Agrarexports durch die vorgesehenen Maßnahmen zunichte gemacht werden? Ungefähr 95 v. H. der Erzeugung der deutschen Landwirtschaft sind Produkte, die in der Ausnahmeliste des § 6 Absicherungsgesetz enthalten sind und deshalb nicht von den im Absicherungsgesetz enthaltenen Maßnahmen betroffen werden. Nur 5 % der deutschen landwirtschaftlichen Erzeugung sind demzufolge direkt betroffen. Aber auch bei diesen Erzeugnissen sind die Auswirkungen mit Ausnahmen von Getränken gering, weil sie als landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht dem vollen Satz von 4 v. H., sondern dem ermäßigten Satz von 2 v. H. unterworfen sind. Von der deutschen ernährungswirtschaftlichen Gesamteinfuhr entfallen rd. 60 % auf Marktordnungswaren der Ausnahmeliste zu § 6 des Absicherungsgesetzes. Bei den betroffenen übrigen 40% der ernährungswirtschaftlichen Einfuhr müssen folgende drei Gruppen von Waren unterschieden werden: a) Komplementärwaren, die in Deutschland nicht hergestellt werden und insoweit auch nicht die Absatzchancen der deutschen Landwirtschaft beeinträchtigen (z. B. Tee, Kaffee, Kakao). b) Substitutionsprodukte, die zwar nicht in Deutschland erzeugt werden, aber unter bestimmten Voraussetzungen deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Verbrauch verdrängen können (z. B. Reis). Diese Substitution zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen der einheimischen Produktion kann ihrem Umfang nach kaum zu einer ins Gewicht fallenden Schmälerung der Absatzchancen der deutschen Landwirtschaft führen. c) Waren, die auch in Deutschland erzeugt werden. Hierbei handelt es sich sowohl um Erzeugnisse der Landwirtschaft als auch um Ernährungsgüter, in denen deutsche landwirtschaftliche Rohstoffe enthalten sind (z. B. Bier). Von den im Wirtschaftsjahr 1967/68 aus der Bundesrepublik ausgeführten Agrarerzeugnissen im Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 10909 Werte von rd. 2,7 Milliarden DM wurden 57,8 % von EWG-Agrarmarktordnungen erfaßt. Damit gelangen mehr als die Hälfte der exportierten Nahrungsmittel in den Genuß der Ausnahmeregelung des Absicherungsgesetzes. Es ist zudem mit einer steigenden Tendenz der Exporte der Marktordnungserzeugnisse an landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Produkten zu rechnen. Die übrigen Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft sind überwiegend in der Liste der Gegenstände aufgeführt, die dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 2 v. H. der Exportsondersteuer unterliegen. Der Gesetzgeber hat damit auf die Erfordernisse des Agrarexports weitgehend Rücksicht genommen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 3. Dezember 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Zebisch (Drucksache zu V/3529 Frage 122) : Welche Vorschläge hat die bayerische Staatsregierung für das in den „Vorschlägen zur Intensivierung und Koordinierung der regionalen Strukturpolitik des BMWi am 26. September 1968" angekündigte regionale Aktionsprogramm für den ostbayerischen Raum bereits vorgelegt? Die bayerische Staatsregierung hat für den ostbayerischen Raum noch kein regionales Aktionsprogramm vorgelegt. Es haben jedoch bereits zwei vorbereitende Besprechungen über regionale Aktionsprogramme, zuletzt am 12. November 1968, stattgefunden, an der Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr teilgenommen und die baldige Übersendung der ersten Entwürfe in Aussicht gestellt haben. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs von Hase vom 28. November 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ahrens (Salzgitter) (Drucksache zu V/3529 Fragen 128 und 129) : Treffen die seit Jahren umlaufenden Gerüchte zu, daß die Gemeinde Lopau (Kreis Ülzen) in den Truppenübungsplatz Munster einbezogen werden soll? Sind für den Fall, daß die Einbeziehung geplant ist und die Räumung des Ortes notwendig wird, Vorstellungen über die Umsiedlung der Einwohner, bei denen es sich meist um Vertriebene handelt, entwickelt worden? Es trifft zu, daß der Ort Lopau aus Sicherheitsgründen in den Gefahrenbereich der Schießbahnen des Truppenübungsplatzes Munster-Nord einbezogen und deshalb von seinen Einwohnern geräumt werden muß. Im Anhörungsverfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz hat der Herr Niedersächsische Minister des Innern dieser Lösung zugestimmt. Es ist hier bekannt, daß es sich bei der Umsiedlung der Einwohner in der Mehrzahl um Vertriebene handelt. Die Umsiedlung geschieht nach den für die Freimachung von bundeseigenen Liegenschaften für Zwecke der Verteidigung geltenden Freimachungsrichtlinien des Herrn Bundesministers der Finanzen vom 25. Juni 1956, veröffentlicht im Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen 1956 Seite 496 ff. Aufgrund dieser Richtlinien konnten in zahlreichen Fällen bundeseigene. Liegenschaften — insbesondere auch Teile von Truppenübungsplätzen — für Zwecke der Verteidigung zur Zufriedenheit aller Betroffenen frei gemacht werden. Die für die Umsetzung der Betroffenen zuständigen Ministerien — Bundesschatzministerium und Bundesministerium für Wohnungswesen und Städtebau — habe ich inzwischen gebeten, die notwendigen Maßnahmen für die Räumung von Lopau nach den genannten Richtlinien einzuleiten. Anlage 8 Schriftliche Antwort .des Bundesministers Leber vom 29. November 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Burger (Drucksache zu V/3529 Fragen 130, 131 und 132) : Wie ist der Stand der Planung für die im Zuge der B 3 vorgesehene große Umgehungsstraße Köndringen—Teningen—Emmendingen? Kann in den nächsten Jahren mit dem Baubeginn gerechnet werden? Ist vorgesehen, die L 186 an diese neue Trasse anzuschließen, um damit eine wichtige Ost-West-Fernverbindung zu realisieren? Für die Verlegung der Bundesstraße 3 im Raume Emmendingen, durch welche die Ortsdurchfahrten von Köndringen, Emmendingen und Wasser ausgeschaltet werden sollen, besteht bisher lediglich ein genereller Vorentwurf. Mit einer Verwirklichung des genannten Vorhabens kann allerdings in den nächsten Jahren nicht gerechnet werden, nachdem gerade jetzt unter Aufwendung erheblicher Bundesmittel der Ausbau der Bundesstraße 3 in Emmendingen durchgeführt und dabei der sehr hinderliche schienengleiche Bahnübergang beseitigt worden ist. Außerdem kommt in Kürze der Bau einer innerstädtischen Entlastungsstraße zur Ausführung, wozu der Stadt Emmendingen Bundes- und Landeszuschüsse in Höhe von rd. 80 % der zuschußfähigen Baukosten zur Verfügung gestellt werden. Mit der Durchführung dieser Ausbaumaßnahmen kann die Leistungsfähigkeit der Bundesstraße 3 im Raume Emmendingen so weit gesteigert werden, daß für eine großräumige Verlegung noch auf absehbare Zeit keine Notwendigkeit besteht. Was die Anbindung der Landesstraße 186 an die künftige Bundesstraße 3 anbetrifft, so wurde auf die Schaffung der erforderlichen Anschlußstelle bereits bei der Ausarbeitung des generellen Vorentwurfs Rücksicht genommen. 10910 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 29. November 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache zu V/3529 Frage 133) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussichten für die von der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftsraum Augsburg berechtigterweise erhobene Forderung nach einer baldigen direkten Autobahnverbindung zwischen Nürnberg und Augsburg? Die Frage, ob eine Autobahnverbindung zwischen Nürnberg und Augsburg verkehrlich und wirtschaftlich erforderlich ist, wird im Rahmen der werkehrlichen und ökonomischen Untersuchungen für den 2. Ausbauplan für die Bundesfernstraßen (19711985) mit behandelt. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 29. November 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache zu V/3529 Frage 134) : Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, zur Sicherheit des Straßenverkehrs übertriebene Pop-Bemalung von Kraftfahrzeugen zu unterbinden? Es gibt keine Verkehrsvorschriften, die eine derartige Pop-Bemalung von Kraftfahrzeugen ausdrücklich verbieten. Die Polizei kann aber einschreiten, wenn im Einzelfall durch eine übertriebene Bemalung die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer so abgelenkt wird, daß dies zu einer Gefährdung, Behinderung oder Belästigung des Verkehrs führt. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 4. Dezember 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (Drucksache V/3574 Fragen 40, 41 und 42) : Hat der in der schriftlichen Antwort der Bundesregierung auf meine Frage Nr. 18 aus der Fragestunde vom 16. Oktober 1968 (Festsetzung einer maximal zulässigen Konzentration von Tabakschwelprodukten am Arbeitsplatz) genannte Arbeitsausschuß der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Aufgabe, Vorschläge auszuarbeiten auch für die Duschführung von Reihenuntersuchungen zur Frage der Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz durch Tabakschwelprodukte, die durch unmäßigen Tabaksqualm verursacht werden kann? Ist die Bundesregierung wirklich der Ansicht, wie sie in der Antwort auf meine Frage in der Fragestunde vom 16. Oktober 1968 schrieb, daß durch Aufklärung den Rauchern bewußt gemacht werden kann, daß sie durch ihr Rauchen die Mitmenschen gesundheitlich gefährden, nachdem die Bundesregierung in früheren Ausführungen zur gleichen Frage festgestellt hat, daß aufgedruckte Warnungen vor Lungenkrebs, wie in den Vereinigten Staaten, keine feststellbare abschreckende Wirkung gehabt haben? Ist es in der in Frage 41 geschilderten Lage nicht angebracht, Nichtraucher am Arbeitsplatz dadurch zu schützen, daß summarische Vorschriften über das Rauchen am Arbeitsplatz erlassen werden? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuß bislang nicht befaßt, der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der für Fragen des Arbeitsschutzes zuständig ist, wird aber Ihre Anregung an den Ausschuß übermitteln. Wir werden nicht darauf verzichten können, den Rauchern mehr als bisher ins Bewußtsein zu rufen, daß sie nicht allein ihre eigene Gesundheit gefährden, sondern durch die verqualmte Raumluft auch die ihrer Mitmenschen. Die Hoffnung, daß die Menschen von selbst gegenseitige Rücksicht nehmen, kann man erfahrungsgemäß nur begrenzt haben. Ob es möglich ist, summarische Vorschriften über das Rauchen am Arbeitsplatz zu erlassen, und ob das bei der Differenziertheit der Arbeitsplätze überhaupt erreichbar ist, muß geprüft werden. Dies geschieht zur Zeit durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der hierfür federführend ist.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat seine Bemerkungen mit der Erklärung eingeleitet, hier finde die erste große Städtebaudebatte statt. Das ist aber — ich möchte sagen: leider — heute nicht der Fall, weil uns die Zeitpeitsche drängt, hier möglichst knapp zu verfahren. Um 14.30 Uhr soll das Hohe Haus in die Aussprache über die Regierungserklärung der vergangenen Woche eintreten. Ich glaube, wir sollten dem Rechnung tragen, weil wir nichts davon haben, wenn wir jetzt die Aussprache auseinanderreißen und sie etwa am Abend wieder aufgreifen. Ich will mich deshalb bemühen, diesen Erfordernissen Rechnung zu tragen und darauf verzichten, zu wiederholen, was von meinen Vorrednern zur Sache bereits gesagt worden ist, obwohl es den Experten förmlich juckt, zu der einen oder anderen Frage doch noch etwas zu sagen; der Politiker aber muß die vordringlichen Bedürfnisse dieses Hauses respektieren. Ich will infolgedessen nicht von einem vorbereiteten Manuskript ausgehen, sondern lediglich ein paar Punkte aufgreifen, die mir der Erörterung zu bedürfen scheinen.
    Ich halte es für ein gutes Omen, daß zwei Minister vor dem jetzigen Minister bereits mit dieser Vorlage vom Grundsatz und von der Aufgabe her beschäftigt waren. Ich hoffe, daß sich daraus die Fähigkeit aller Fraktionen dieses Hauses ergibt, sachkundig und interessiert an dem wieder vorgelegten Entwurf mitzuwirken. Dieser Entwurf hat nicht nur bei den Fachleuten, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit ein lebhaftes Echo gefunden. Den Vorbemerkungen des Herrn Kollegen Dr. Hesberg entnehme ich, daß gewisse Bedenken, die auch in seinen Reihen eine Zeitlang geltend gemacht wurden, hier doch offenbar hinter der erkannten großen Aufgabe zurückgestellt werden. Von Herrn Dr. Bucher wissen wir bereits, daß er sich in letzter Zeit wiederholt positiv zu den Grundsätzen dieses Entwurfs erklärt hat. Das gibt uns die Hoffnung, daß wir weitgehend einvernehmlich verfahren, auch wenn noch Einzelfragen offen sind und der Klärung bedürfen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, gelegentlich ist allerdings kritisch bemerkt worden, daß es dieses Gesetzes gar nicht bedürfe, weil das Bundesbaugesetz ausreiche. Das ist ein Irrtum. Das Bundesbaugesetz kann den Notwendigkeiten, von denen hier ausgegangen wird, nicht Rechnung tragen. Herr Minister Dr. Lauritzen hat auf einige Punkte, aus denen sich das ergibt, bereits hingewiesen, z. B. auf den wesentlichen Unterschied zwischen der Bauleitplanung und den Sanierungs- und Entwicklungsplanungen. Aufgabe der Bauleitplanung ist es bekanntlich, einen planerischen Rahmen für die geordnete bauliche Entwicklung zu setzen. Der Vollzug der Planung aber bleibt grundsätzlich der Initiative der Grundeigentümer überlassen, und die reicht hier nicht aus, um städtebauliche Mißstände beseitigen zu lassen oder zu verhindern. Die Durchführung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Maßnahmen ist nun einmal nicht und kann nun einmal nicht sein eine Sache freier Initiativen. Vielmehr müssen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen von der öffentlichen Hand nicht nur veranlaßt, sondern oft von ihr durchgeführt und regelmäßig auch durch den Einsatz öffentlicher Mittel ermöglicht werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es bedarf in diesem Zusammenhang eines wenn auch kurzen Wortes zu einer der Hauptfragen, die hier berührt werden, nämlich zu dem leidigen Komplex der ungerechtfertigten Bodengewinne, die durch spekulative Maßnahmen erzielt werden. Jedermann weiß, daß in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten die Bodenpreise meist dann schon ins Uferlose steigen, wenn sich auch nur die Absicht städtebaulicher Planungen herumzusprechen beginnt. Dann hat nun einmal — so leid uns das tun mag: es ist die reine Wahrheit — die Stunde der Bodenpreistreiberei begonnen. Die Spekulanten schließen ihre Reihen, und sehr oft wird hierdurch nicht nur die Verwirklichung der im öffentlichen Interesse liegenden Planungen erschwert, sondern sogar verhindert. Diese spekulativen Bereicherungen einiger gehen aber immer zu Lasten der Allgemeinheit, einmal deshalb, weil die überhöhten Bodenpreise nicht von einer abstrakten öffentlichen Hand, sondern letztlich von den Steuerzahlern beglichen werden müssen, zum anderen, weil durch unangemessene Bodenpreise
    10840 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968
    Jacobi (Köln)

    die Verwirklichung der dem Allgemeinwohl dienenden Planungen immer zeitlich verzögert, mitunter sogar total verhindert wird.
    Über das Ausmaß dieser Bodenpreissteigerungen ist seit mehr als zehn Jahren in diesem Hause immer wieder lebhaft geklagt worden; abgeholfen worden ist dem Übel nicht. Wir alle wissen, daß sich Jahr für Jahr das Ergebnis unserer Prüfungen in Bildern niederschlägt, die uns nur traurig stimmen können. Nach einer Erhebung des Deutschen Städtetages sind die Grundstückspreise von 1936 bis 1964 im Durchschnitt um 800 Prozent gestiegen. Dabei muß berücksichtigt werden, daß von 1936 bis zur Aufhebung des Preisstopps im Jahre 1950 die Bodenpreise in Grenzen konstant geblieben sind. Der Preisanstieg um 800 Prozent fällt also überwiegend in die Zeit von 1950 bis 1964.
    Wir kennen Zahlen aus München, wo heute hier und da für den zur Durchführung öffentlicher Planungen benötigten Boden Preise verlangt werden, die um 1000 Prozent angestiegen sind. Ähnliche Beispiele uferloser Bodenpreissteigerungen werden aus zahlreichen anderen Städten berichtet. In einer niedersächsischen Stadt — das Beispiel liegt noch gar nicht lange zurück — bedurfte es nur der Ankündigung eines Kaufhausbaues — in einem Sanierungsgebiet —, um die Grundstückspreise über Nacht von 20 und 30 DM auf 300 DM pro qm ansteigen zu lassen. Aus dem benachbarten Bad Godesberg wird über einen ähnlichen Fall berichtet. Da schaffte es ein Grundeigentümer sogar, für den Quadratmeter 1100 DM einzuhandeln, weil sein Grundstück unbedingt erworben werden mußte und die, die daran interessiert waren, nicht jahrelang warten wollten. Mag das auch ein extremer Einzelfall sein, es bleiben in großer Zahl normale Fälle, die mit ihren spekulativen Erscheinungsformen empörend genug sind. Wir sollten die Problematik der spekulativen Bodengewinne im übrigen auch unter gesellschaftspolitischen Aspekten sehen.
    Heute ist die Forderung nach einer gerechten Einkommens- und Vermögensverteilung nahezu Allgemeingut geworden. Sie findet ihren Niederschlag in den Programmen der Parteien. Das ist vortrefflich! Aber gehört hierzu nicht logischerweise, den sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichernden Bodenspekulanten mit größerer Entschiedenheit und mit wirksamen Mitteln entgegenzuwirken? Es bedarf gesetzlicher Regelungen, die unvertretbaren Bodenpreissteigerungen einen Riegel vorschieben. Wir wissen, daß das im Bundesbaugesetz verankerte bodenrechtliche Instrumentarium dem nicht hat abhelfen können.
    Ich habe vor etwa sieben Jahren im Rahmen einer Großen Anfrage in diesem Zusammenhang eingehende Ausführungen gemacht. Ich bedauere sehr, feststellen zu müssen, daß diese Ausführungen bis zur Stunde leider nichts an Aktualität verloren haben.
    Inzwischen ist allerdings die Einsicht auch außerhalb der Reihen meiner Parteifreunde gewachsen. So können wir im Berliner Aktionsprogramm der CDU lesen, daß auch sie es für unerläßlich hält, ein neues Bodenrecht zu schaffen, welches berücksichtigt, daß das Eigentum an Boden besonderen Sozialbindungen unterliegt. Der Satz „Planungen und Neuordnungen in Stadt und Land müssen von Verzögerungen und ungerechtfertigten Verteuerungen befreit werden" läßt trotz seiner vagen Formulierung eine gewisse Hoffnung aufkommen. Auch Ihre Forderung, meine Herren von der CDU, daß Spekulationsgewinne aus Bodengeschäften steuerlich stärker zu erfassen sind, wollen wir gern und mit Hoffnung vermerken. Unsere Wertschätzung wäre aber noch größer gewesen, wenn in Ihrem Aktionsprogramm der im ursprünglichen Entwurf enthaltene Satz stehengeblieben wäre, der folgendermaßen lautet:
    Die CDU will, daß Wertsteigerungen an Grundstücken, die durch öffentliche Planungen verursacht sind, beim Enteignungsverfahren den Privateigentümern nicht zugute kommen.
    Sie haben diesen Satz gestrichen. Hoffentlich ist Ihre Grundhaltung, die Ihnen die „einkassierte" Formulierung eingab, unverändert geblieben.

    (Abg. Dr. Barzel: Reden Sie doch zur Sache, Herr Jacobi!)

    — Ich denke, das ist sehr zur Sache gesprochen, auch wenn es dem einen oder anderen in Ihren Reihen, wie lich nach diesem Zwischenruf befürchten muß, unangenehm sein sollte, daß wir auf diesen Punkt zu sprechen kommen.

    (Abg. Dr. Barzel: Machen Sie das Gesetz doch noch schwerer! Es ist doch schwer genug, Herr Jacobi!)

    — Verzeihen Sie, 'ich mache das Gesetz doch nicht schwerer. Ich wecke vielmehr. die Bereitschaft, gemeinsame Wege zu finden. Darauf hoffe ich!

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir haben im übrigen mit Interesse vermerkt, daß auch maßgebliche Kollegen aus der FDP-Fraktion, so Herr Dr. Bucher, zur Schaffung eines sozialen Bodenrechts eine erfreulich positive Haltung eingenommen haben. Herr Dr. Bucher hat das in Übereinstimmung mit dem von ihm als Minister vorgelegten Gesetzentwurf getan.
    Hoffen wir, daß den Worten Taten folgen. Das bedingt aber, daß § 15 der jetzigen Vorlage einer kritischen Prüfung unterzogen wird. In der jetzigen Form ist er weder praktikabel noch justitiabel. Er schiebt Sachbearbeitern und Richtern eine politische Entscheidung zu, die sie kaum treffen können, und es wird dabei übersehen, daß die Forderung des Grundgesetzes an den Gesetzgeber dahin geht, den Eigentumsinhalt gesetzlich klar zu begrenzen.
    Ich weise in diesem Zusammenhang und im Blick auf irrige Kommentare darauf hin, daß durch den Ausschluß von Werterhöhungen, die in Erwartung der Sanierung oder durch ihre Durchführung eintreten, keineswegs eine Werteinfrierung eintritt. Der Eigentümer nimmt vielmehr an der allgemeinen Werterhöhung teil. Auch kommt die weitere Entwicklung nach dem Abschluß der Ordnungsmaßnahmen dem Eigentümer zugute. Insofern stellt die von uns angestrebte Nichtberücksichtigung von Wert-
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 10841
    Jacobi (Köln)

    erhöhungen, die aus Anlaß von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen entstehen, zu dem der einzelne keinen Beitrag geleistet hat, lediglich eine zeitlich und örtlich begrenzte Maßnahme dar. Das will wohl beachtet werden.
    Auch sollte nicht übersehen werden, daß die bei der Wertermittlung nicht berücksichtigten Werterhöhungen zur Tragung der unrentierlichen Kosten der Sanierung einzusetzen und erforderlich sind. Wer behauptet, daß die Gemeinden diese nicht berücksichtigten Werterhöhungen in ihre eigene Tasche stecken könnten, sollte erst einmal einen Blick in das Gesetz werfen. Dies ist überhaupt allen Kritikern anzuraten, vor allem denjenigen, die zu eifervoller und hierdurch oft an der Sache vorbeigehender Kritik neigen. Sie sollten beispielsweise auch bedenken, daß die Sanierung nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Interesse des einzelnen Eigentümers selbst liegt. Wenn die öffentliche Hand nichts unternähme, würde möglicherweise eine derartige Verschlechterung des Eigentums eintreten, daß der Eigentümer noch weniger hätte, als ihm jetzt gegeben werden kann.
    Auf die zwar nur vereinzelt, aber lautstark ausgesprochene Verdächtigung, das Gesetz ziele auf eine Sozialisierung des Grund und Bodens auf kaltem Wege ab, lohnt sich ein Eingehen nicht. Auch hier läßt der vorliegende Gesetzentwurf mit seinen umfassenden Reprivatisierungsvorschriften, die weitergehen als die Vorlagen der Minister Lücke und Bucher, die Haltlosigkeit solcher Ausstreuungen erkennen.
    Dem vorgesehenen Institut des gemeindlichen Grunderwerbsrechts und einigen besonderen Vorschriften über die Enteignung stehen wir grundsätzlich positiv gegenüber. Hierzu noch offene Fragen werden in den Ausschußberatungen hoffentlich eine allgemein vertretbare Klärung finden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf zum Schluß auf die Bemerkungen Bezug nehmen, die Herr Minister Lauritzen zu der Finanzierungsproblematik gemacht hat. Wir sollten hier wirklich alles daransetzen, um bessere Voraussetzungen und größere Klarheit zu schaffen, als sie heute besteht. Im übrigen aber sollten wir eines nicht außer acht lassen. Wir dürfen bauliche Mißstände und städtebauliche Fehlentwicklungen sich nicht weiter fortentwickeln lassen und damit die Kosten der Sanierung und Entwicklung in gleichem Maße zu weiterem Steigen bringen. Denn wir werden damit zugleich die sozialen Folgekosten, d. h. die Kosten zur Beseitigung oder Milderung der Folgen der Mißstände, wachsen lassen, ohne daß die Wurzel des Übels beseitigt wird. Auch werden unserer Volkswirtschaft beträchtliche Verluste dadurch entstehen, daß auf Grund unzureichender Siedlungsstrukturen ein optimales Wirtschaftswachstum verhindert wird. Nicht zuletzt werden eine aktive regionale Strukturpolitik und eine koordinierte Raumordnungspolitik durch das Fehlen der städtebaulichen Grundlagen in beträchtlichem Umfang erschwert.
    Ich hoffe, daß sowohl bei der mittelfristigen Finanzplanung als auch bei der endgültigen Fassung des Art. 104 a Abs. 3 des Grundgesetzes den Erfordernissen, die hier angedeutet worden sind, Rechnung getragen wird.
    Ich darf zusammenfassen: Die seit Jahren hinausgeschobene Erneuerung und Entwicklung unserer Städte und Gemeinden liegt dm öffentlichen Interesse. Sie ist ein Gebot des Allgemeinwohls. Der uns vorliegende Gesetzentwurf bietet ein praktikables Instrumentarium zur Durchführung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen an. Er bietet es an, meine Damen und Herren! Seine bodenordnungspolitischen Bestimmungen können auf der Grundlage der verfassungsrechtlich postulierten Sozialpflichtigkeit des Eigentums einen bedeutsamen Schritt auf dem Wege zur Schaffung eines sozialen Bodenrechts darstellen.
    Bei gutem Willen aller Beteiligten muß es gelingen, den Gesetzentwurf bis zum Ende der Legislaturperiode zu verabschieden. An diesem guten Willen wird es seitens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion nicht fehlen. Die lange, leidvolle Vorgeschichte des Entwurfs, die umfangreichen Materialien, die in der Zwischenzeit entstanden sind — das ist die positive Seite dieser Vorgeschichte —, erleichtern die Beratungen. Wir bedauern, daß unser Vorschlag auf Einsetzung eines Sonderausschusses bei der Mehrheit dieses Hauses auf Widerspruch gestoßen ist. Um so mehr hoffen Wir, daß alles darangesetzt wird, die Ausschußberatungen sowohl mit Sorgfalt als auch zügig, in jedem Falle mit der festen Absicht durchzuführen, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
    Wir möchten allerdings im Gegensatz zu Herrn Kollegen Dr. Hesberg darum bitten, die beiden von ihm zur Mitberatung vorgeschlagenen Ausschüsse — Rechtsausschuß und Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — darauf zu beschränken, sich votierend zu äußern, da es sich hier zumeist um Einzelfragen handelt und weil wir die Sorge haben, daß die direkte Mitbeteiligung das Ziel, von dem wir sprechen, vereiteln könnte. Ich darf hier darauf Bezug nehmen, daß soeben bei der ersten Lesung der Novelle zum Bundessozialhilfegesetz so verfahren worden ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das war eine andere Materie! — Die war nicht so gravierend!)

    Ich bitte also, die beiden Ausschüsse nicht mitzubeteiligen.
    Im übrigen sollten wir alle daran denken, daß wir einer Aufgabe entsprechen müssen, die über die Gegenwart hinaus bedeutsam ist, bei der wir sogar von unserer „Verantwortungsbereitschaft für künftige Generationen" ausgehen müssen.
    Bemühen wir uns, mit diesem Gesetz ein brauchbares Werkzeug für die Anpassung unserer räumlichen Umwelt an die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse unserer heutigen Gesellschaft zu schaffen! Der Gesetzentwurf bietet uns hier eine Chance. Wir alle sollten sie nutzen.

    (Beifall bei der SPD.)

    10842 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Jacobi, habe ich Sie recht verstanden, daß Sie keinen Sonderausschuß beantragen?

(Abg. Jacobi [Köln] : Jawohl!) Das Wort hat der Abgeordnete Bucher.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun ist mir der Schwarze Peter zuteil geworden, daß ich Ihnen, die Sie hier so wacker aushalten, die Mittagspause verkürzen muß.

    (Zuruf von der Mitte: Kurz kürzen!)

    Ich möchte es deshalb möglichst human machen und darauf verzichten, noch Wesentliches zur Notwendigkeit des Gesetzes zu sagen. Das hat der Herr Minister bei der Einbringung getan. Wir sind uns alle dessen bewußt, daß es auf dem Wege vom Wohnungsbau zum Städtebau darauf ankommt, nicht nur daß gebaut wird, sondern wie gebaut wird. Wir alle wissen, welche Versäumnisse in der Vergangenheit begangen worden sind, obwohl keiner von uns bereit sein wird, hier mit Steinen zu werfen. Denn wir erinnern uns ja an die Zeit, wo es einfach eine Notwendigkeit war, zu bauen, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen, und wo es Luxus gewesen wäre, an städtebauliche Prinzipien zu denken. Das muß man in dieser Nüchternheit aussprechen.
    Aber wir sehen doch so manches, wo wir uns fragen: Mußte das so sein, konnte hier nicht mit demselben Geld etwas anderes gemacht werden? Oder wenn ich einen Satz aus der Begründung, aus der Einbringungsrede in Frageform wiedergeben darf: Welche Vorstellungen macht sich unsere Gesellschaft vom Wert des Menschen an Hand seiner Wohnungen? Wird der Wert des Menschen nur in PS ausgedrückt und in den Hubraummaßen seines Autos? Sollten wir nicht vielmehr zu der Anschauung kommen, daß eine Wohnung eben nicht nur aus vier Wänden und einem Dach darüber besteht und Städte nicht nur eine Ansammlung von solchen Wänden und Dächern sind? Vielmehr sollen sie einem Wert entsprechen, was ich als ein treffendes Motto für dieses Gesetz betrachten würde. Ich habe dieses Wort neulich bei der Einweihung eines Demonstrativbauvorhabens von einem Bischof gehört — es war ein kirchlicher Bauträger —, und der Bischof zitierte das Bibelwort vom „lebendigen Stein". Ich glaube, dieses Motto vom lebendigen Stein, über die Aufgabe des Städtebaus geschrieben, wäre ein sehr gutes.
    Aber abgesehen von diesen mehr transzendentalen Überlegungen gibt es ja auch sehr nüchterne Überlegungen. Es sind konjunkturpolitische Gründe angeführt worden. Allerdings bin ich etwas skeptisch, ob hier wirklich Konjunkturpolitik gemacht werden kann. Sicherlich ist Städtebau beweglicher als Wohnungsbau. Aber wenn wir hier auch keine Konjunkturreserve bilden können, so können wir zumindest eine Konjunkturgrundlage schaffen; denn wir haben ja bis jetzt nicht „zu befürchten", daß von seiten des Bundes allzuviel Geld hineingesteckt und die Konjunktur angeheizt wird. Es wird vielleicht zu einer bescheidenen Grundlage reichen.
    Damit bin ich nun schon beim ersten Problem, um das es uns von der FDP hier vor allem geht, der Finanzierung. Wir sehen in dem Gesetz zwei Hauptprobleme, deren Lösung für uns sehr wesentlich ist, erstens die Finanzierung und zweitens die Art und Weise, in der die Bodenordnung geregelt wird. An diesem Problem der Finanzierung sind ja die bisherigen Versuche gescheitert. Die beiden Herren Vorredner haben das bereits zum Ausdruck gebracht. Es war nicht etwa so — was ich bei dieser Gelegenheit doch noch betonen möchte —, wie es neulich Herr Kollege Wienand in einem Pamphlet der SPD dargestellt hat — Entschuldigung, „Pamphlet" ist ein Amerikanismus; ich meine, in einer Broschüre der SPD —, als er sagte, die früheren Regierungen aus CDU/CSU und FDP hätten es nicht geschafft, einen Gesetzentwurf zuwege zu bringen. Das haben wir schon geschafft, es ist aber an der Finanzierung gescheitert, d. h. praktisch am einhelligen Widerstand aller Finanzminister der Länder ohne Ansehen der Couleur parteipolitischer Art. Dieses Schicksal möchten wir diesem Entwurf nicht wünschen.
    Nun ist es bedauerlich, daß auch hier nur wieder der Bekenntnisparagraph 69 — bei mir war es auch nicht anders — dasteht, in dem der Bund sich zu seiner Finanzierungsverpflichtung bekennt; in der mittelfristigen Finanzplanung sehen wir bis jetzt nichts. Herr Minister Lauritzen hat uns einige Hoffnungen darauf gemacht. Es ist wirklich dringend notwendig, daß hier eine konkrete klare Finanzierungsgrundlage hineinkommt. Im früheren Entwurf war wenigstens noch die Bestimmung des § 7, daß die Rückflüsse aus dem sozialen Wohnungsbau hier eingesetzt werden könnten. Die ist jetzt leider auch nicht mehr drin. Nun, der Finanzminister hieß damals Dahlgrün, das soll bei der Gelegenheit auch bemerkt werden. Es wird wirklich die Aufgabe sein, diese Finanzierung eindeutig zu klären, sonst ist es eben kein Städtebauförderungsgesetz, sondern allenfalls eine Novelle zum Bundesbaugesetz.
    Damit zum zweiten Punkt: Bodenrecht. Dieses Problem muß wirklich sehr eingehend behandelt und sehr kritisch betrachtet werden, denn es ist nun einmal sehr viel Mißtrauen verbreitet. Ich meine nicht die populären Bedenken, die von manchen Kreisen geäußert worden sind, sondern ich meine Mißtrauen, daß hier das Eigentum mehr als notwendig eingeschränkt werden solle. Dabei ist es ganz klar — das gebe auch ich ohne weiteres zu —, es ist ein Instrumentarium notwendig, um den Städtebau zu ermöglichen, ein rechtliches Instrumentarium, das die Sozialbindung des Eigentums, wie sie im Grundgesetz postuliert ist, hier konkretisiert. Ohne das kommt man nicht aus.
    Es gibt zwar heute schon Einzelfälle erfolgreicher Stadtsanierungen, ich nenne Kempten und Bietigheim als Beispiele, die ohne ein solches Gesetz auskamen. Das sind aber glückliche Einzelfälle, das wird nicht immer so möglich sein. Wir brauchen also ein solches Instrumentarium, und dieses Instrumentarium ist unter zwei Voraussetzungen zu vertreten, nämlich, daß sich das Gesetz erstens auf wirklich notwendige Sanierungsfälle beschränkt und daß
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968 10843
    Dr. Bucher
    es zweitens eine ganz klare Haltung zum Eigentum einnimmt. Unter der ersteren Voraussetzung verstehe ich, daß es bedenklich ist, wenn neben die eigentlichen Sanierungsfälle, also wenn die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht gegeben sind, nun noch in § 3 Abs. 2 die sogenannte Funktionsuntüchtigkeit gestellt wird. Das ist ein Ersatz für die frühere Bestimmung „Sonstige Erneuerung". Ich finde aber auch diesen Ersatz nicht sehr glücklich, denn das kann nun eben Veranlassung geben zu einer — lassen Sie es mich einmal etwas pointiert ausdrükken — gewissen Hybris der Kommunen.
    Ich kenne einen Fall in einer Stadt, da wurden mir am Stadtplan vom Bürgermeister zwei Sanierungsgebiete gezeigt, das eine ganz klar ein Fall notwendiger Sanierung, bei dem anderen Fall war ich baß erstaunt, als ich dieses Gebiet ansah: es bestand aus Villen und drei- und vierstöckigen Häusern aus der Zeit um 1900 — sicher keine Meisterleistungen der Architektur, aber keine Rede von Sanierungsbedürftigkeit. Dieses Beispiel zeigt, daß man mit solchen etwas weitgehenden Formulierungen über das Ziel hinausschießen könnte. Angesichts des Mißtrauens, das hier herrscht, möchten wir darauf drängen, daß der Sanierungsbegriff wirklich ganz klar formuliert wird.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ebenso gilt es, bei den Entwicklungsmaßnahmen zunächst vorsichtig zu sein, bei denen man mehr oder weniger eine Terra incognita betritt.
    Die zweite Voraussetzung dafür, daß wir diesem Bodenrechtsinstrumentarium zustimmen können, ist, wie ich sagte, die Haltung zum Eigentum. Auch hier ist Mißtrauen angebracht. Ich erinnere mich, in den ersten Wochen meiner damaligen Amtstätigkeit als Wohnungsbauminister mit dem Stoßseufzer von Herrn Professor Mitscherlich konfrontiert worden zu sein: Wie schön wäre es doch, wenn die Gemeinden bei uns ein unumschränktes Enteignungsrecht hätten! Nun, ich fragte ihn, ob er schon einmal etwas von Art. 14 des Grundgesetzes gehört habe, und er sagte, ja; eben das sei es, was er beklage. Nun, Herr Mitscherlich ist nicht nur der Mann, der uns empfiehlt, in Zelten zu wohnen, solange nicht anständig gebaut wird, sondern ein mit Recht hochangesehener Wissenschaftler. Wenn solche Äußerungen verbreitet werden, ist das Mißtrauen verständlich. Deshalb müssen wir alles tun, um dieses Mißtrauen abzubauen.
    Ich anerkenne, daß im Entwurf, wie es auch in dem früheren Entwurf war, nach wie vor das Prinzip durchgehalten ist, daß keiner, der von einem Sanierungsvorhaben betroffen ist, Grundeigentum verlieren soll. Nur die Form, in der er wieder Grundeigentum bekommt, kann verschieden sein, Teileigentum, Immobilienanteilscheine usw. Das ist richtig. Dieses Prinzip ist gewahrt. Ich begrüße es auch, daß in § 1 Abs. 4 dieses Prinzip, wenn auch in deklamatorischer Form, wieder verankert ist. Man könnte allerdings wünschen, daß es statt in der SollForm in der Muß-Form hier zu lesen stünde. Ohne weiteres ist also einzuräumen, daß der einzelne, der
    von einer Sanierung betroffen wird, bezüglich der Form des Eigentums, das er wieder erhält, Konzessionen machen muß.
    Der neuralgische Punkt aber ist § 15, die Frage der Wertermittlungen für Ersatzleistungen. Einigkeit besteht darüber — und ich glaube, auch Einigkeit mit den Haus- und Grundbesitzer-Verbänden —, daß keine Spekulationsgewinne dadurch gemacht werden dürfen, daß etwa ein Dritter von außerhalb des Sanierungsgebietes dort Grund und Boden aufkauft und dabei ein Geschäft macht. Dieser Fall ist ganz klar auszuschließen. Einigkeit besteht wohl auch darin, daß die Kosten der Ordnungsmaßnahmen, die dem Grundstück direkt zugute kommen, bei der Wertfestsetzung für Ersatzleistungen nicht berücksichtigt werden sollen.
    Nun aber beginnt schon der Streit. Ich glaube, man muß dabei davon ausgehen, daß die Gründe für eine Sanierung sehr verschieden sein können. Sie können subjektiv sein, etwa eine Verwahrlosung des Hauses, die auf Schlamperei oder auf Untüchtigkeit des Hauseigentümers beruht. Aber das dürften eigentlich die seltensten Fälle sein, und auch diese Fälle können zum Teil wieder auf Vorgänge in der Vergangenheit — ich meine den langandauernden Mietenstopp — zurückzuführen sein.
    Meistens aber werden die Gründe objektiver Art sein. Wenn etwa ein ganzes Viertel nach Art des Berliner Wedding sanierungsbedürftig ist, wenn dort sechs, sieben Hinterhöfe sind, deren Größe nach der Abmessung des Sprungtuchs der Feuerwehr für .den Fall eines Brandes bemessen war, dann ist dafür der jetzige Eigentümer solcher Häuser und Grundstücke sicher nicht verantwortlich. Dieser Eigentümer hat schon bisher wenig Freude an seinem Haus gehabt, vielleicht mit Ausnahme derjenigen, die ein gutgehendes Geschäft unten drin hatten, und mit dieser Ausnahme wird er auch verhältnismäßig wenig Miete bezogen haben.
    Die Verhältnisse sind also sehr unterschiedlich, Es wird kaum möglich sein, hier in einer perfekt gerechten Weise zu differenzieren. Deshalb möchte ich eigentlich .als Motto vorschlagen: in dubio pro proprietario, wobei ich den Eigentümer nicht einem vor .dem Strafrichter stehenden Angeklagten gleichstellen möchte. Aber ich möchte zum Ausdruck bringen, daß .die Eigentumsgarantie in Art. 14 des Grundgesetzes sehr klar ausgedrückt ist. Demgegenüber steht die Sozialbindung, die ich durchaus bejahe, die sich aber praktisch von Fall zu Fall, d. h. nach Sachgegenstand und nach Zeit, ganz verschieden auswirken wird. Deswegen, meine ich, muß man sich etwas mehr an die feststehende Größe, die Eigentumsgarantie, anlehnen und sollte deshalb etwas großzügig verfahren. Ich habe das mit dem Stichwort ausgedrückt: dem Eigentümer einen gewissen Bonus, eine gewisse Prämie zubilligen. Dabei denke ich auch daran, daß damit für den Eigentümer ein Anreiz geschaffen wird, selbstverantwortlich zu sanieren.
    Der Entwurf trägt in § 15 .diesem Gedanken Rechnung, indem der § 15 zugegebenermaßen heute für den Eigentümer günstiger und beweglicher gefaßt
    10844 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1968
    Dr. Bucher
    ist, als er es im alten Entwurf war. Dafür hat § 15 aber nun den Nachteil — das hat Herr Jacobi hervorgehoben —, daß er schwer praktikabel ist und womöglich in starkem Umfang die Gerichte beschäftigt. Es wird unsere Aufgabe sein, hier vielleicht doch eine konkrete Lösung zu finden. Ich habe mir darüber einige Gedanken gemacht, die aber jetzt vorzutragen zu weit führen würde.
    Nur stichwortartig etwas zu dem übrigen Instrumentarium. Wir lehnen entschieden das neu eingeführte Ankaufsrecht ab. Man nennt es jetzt etwas verschämt „Grunderwerbsrecht". Eine solche verschämte Bezeichnung ist immer ein Hinweis darauf, daß etwas nicht klar bezeichnet werden soll. Es ist ein klares Ankaufsrecht. Ich halte es für wenig praktikabel; denn das Ankaufsrecht ist an die Versagung der Genehmigung geknüpft. Wer also mit der Ablehnung seines Verkaufsbegehrens rechnen muß, wird schon gar keinen Antrag auf Genehmigung eines solchen Kaufvertrags stellen, weil er ja dann automatisch das Ankaufsrecht provozieren würde. Dadurch werden vielleicht Verkäufe verhindert, die im Interesse der Sanierung nur wünschenswert wären. Rechtlich stellt das Ankaufsrecht oder Grunderwerbsrecht eine vereinfachte Enteignung dar. Deshalb halten wir es für keine gute Erfindung.
    Auch das Abbruchs- und Modernisierungsgebot halten wir nicht für unbedingt notwendig. Ich meine, hier herrscht ein gewisser Perfektionismus, und es besteht auch hier wieder die Befürchtung, daß manche Ideologen zu weit gehen könnten, wenn es heißt: Abgebrochen werden muß, was die Erneuerung des Sanierungsgebiets beeinträchtigt. Entweder ist der Bau polizeiwidrig, dann könnte man ihn heute schon abbrechen lassen. Oder es ist in Einzelfällen ein Sonderling da, der eine Bruchbude noch eine Zeitlang stehenlassen will. Ich meine, damit werden wir schließlich auch fertig.
    Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir begrüßen es, daß der Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes vorgelegt worden ist. Dafür, ob wir ihm in seiner endgültigen Fassung zustimmen, sind ,die beiden Punkte entscheidend: daß die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung geregelt ist und daß das bodenrechtliche Instrumentarium rechtlich einwandfrei ist, d. 1h. daß Einschränkungen des Eigentums nur in dem geringstnotwendigen Umfang vorgenommen werden.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten ,der CDU/CSU.)