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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 180. Sitzung Bonn, den 20. Juni 1968 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Krammig und von Eckardt . . . . 9693 A Die Abg. Blachstein und Stingl legen ihr Mandat nieder , . 9693 A Abg. Dr. Arndt (Hamburg) tritt in den Bundestag ein 9693 A Überweisung des Jahresberichts 1967 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages an den Verteidigungsausschuß 9693 B Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung an die zuständigen Ausschüsse 9693 B Amtliche Mitteilungen 9693 C Fragestunde (Drucksache V/3012) Frage des Abg. Moersch: Sonderbriefmarke „Bauhaus" Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 9725 D Moersch (FDP) 9726 A Frage des Abg. Strohmayr: Architektenwettbewerb für den deutschen Ausstellungspavillon in Osaka 1970 Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 9726 B Strohmayr (SPD) . . . . . . . 9726 D Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9727 A Frage des Abg. Weigl: Schleuderpreisangebote von Betrieben der Bauwirtschaft Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 9727 B Frage des Abg. Borm: Rückgang des innerdeutschen Handels Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9727 C Dorn (FDP) 9727 D Fragen des Abg. Ziegler: Kartellrechtliche Untersuchung des Wirtschaftszweiges Margarine in der Europäischen Gemeinschaft — Verbraucherpreise — Preisbildung Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9728 A Ziegler (CDU/CSU) 9728 C Fragen des Abg. Junghans: Strukturprogramme für Ruhr, Saar und Zonenrandgebiete Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9728 D Junghans (SPD) 9728 D Porsch (FDP) 9728 D Weigl (CDU/CSU) . . . . . . 9729 A Strohmayr (SPD) 9730 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 Fragen des Abg. Strohmayr: Weltausstellungen als Forum zur Werbung für die Bundesrepublik Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9731 A Strohmayr (SPD) . . . . . . 9731 A Jung (FDP) 9731 B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 9731 C Dorn (FDP) 9731 D Frage des Abg. Ollesch: Bau von Steinkohlekraftwerken und Einsatz von Steinkohle zur Stromerzeugung Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9732 A Ramms (FDP) 9732 B Frage des Abg. Ollesch: Kohlestrom aus Großkraftwerken preiswerter als Atomstrom? Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9732 B Fragen des Abg. Weiland: Folgen der geplanten Änderung der Kundensatzverordnung für den Spediteursammelgutverkehr Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 9732 C Weiland (CDU/CSU) 9732 D Ramms (FDP) 9733 B Frage des Abg. Moersch: Meinung des stellv. Sprechers der Bundesregierung über die Zusammenarbeit Bund-Länder und den Bedeutungsverlust des Bundestages Diehl, Staatssekretär . . . . . . 9733 D Moersch (FDP) . . . . . . . . 9733 D Frage des Abg. Dorn: Aufenthalt "des französischen Staatspräsidenten de Gaulle in Baden-Baden Diehl, Staatssekretär 9734 B Dorn (FDP) 9734 B Moersch (FDP) 9734 C Frage des Abg. Jung: Situation der freischaffenden Architekten Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär . 9735 A Frage des Abg. Jung: Wunsch der Architekten und Ingenieure nach einem zentralen Gesprächspartner — Frage einer Umorganisation des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär 9735 B Dorn (FDP) 9735 C Fragen des Abg. Walter: Niederländische Ausfuhrerstattung für Schlachtgeflügel Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9736 A Wächter (FDP) . . . . . . . . 9736 B Dr. Ritz (CDU/CSU) 9736 D Reichmann (FDP) . . . . . . 9737 A Fragen des Abg. Dr. Stammberger: Erstattung einzeln nachgewiesener Kfz-Kosten des Arbeitnehmers . . . 9737 B Frage des Abg. Rollmann: Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission für eine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Freizonen . . . . . . . 9737 B Frage des Abg. Dröscher: Nachteilige Wirkung der Mehrwertsteuer für Gebrauchtwagen auch auf den Fiskus Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 9737 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 9737 D Ott (CDU/CSU) 9738 A Müller (Worms) (SPD) 9738 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinhilfegesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/3019) — Erste Beratung — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abg. Burgemeister, Gewandt, Illerhaus Lampersbach, Müller (Berlin) u. Gen. betr. Lage und Erwartungen der Berliner Wirtschaft (Drucksache V/2970) Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 9694 C Franke (Hannover) (SPD) . . . . 9696 A Borm (FDP) 9696 D Schütz, Regierender Bürgermeister von Berlin 9698 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 III Burgemeister (CDU/CSU) . . . . 9701 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 9701 D, 9702 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 9702 A Große Anfrage der Abg. Majonica, Dr. Marx (Kaiserslautern), Kiep, Baron von Wrangel und Fraktion der CDU/CSU betr. Außenpolitik (Drucksachen V/2978, V/3016) Brandt, Bundesminister . 9702 C, 9764 C Dr. Gradl (CDU/CSU) 9706 B Dr. Eppler (SPD) . . . . . . 9709 A Mischnick (FDP) . . . . 9713 B, 9749 C Baron von Wrangel (CDU/CSU) . 9718 D Genscher (FDP) 9720 C Wehner, Bundesminister 9738 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 9744 C Mattick (SPD) 9750 B Dr. Jaeger, Vizepräsident . 9753 D Petersen (CDU/CSU) 9753 D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) 9755 B, 9766 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 9757 C Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9758 D Freiherr von Gemmingen (FDP) . . 9761 A Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 9761 D Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . 9763 A Majonica (CDU/CSU) 9767 A Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Richterwahlausschusses (Drucksache V/884) ; Schriftlicher Bericht des Vorstandes des Deutschen Bundestages (Drucksache V/2926) — Zweite und dritte Beratung — . . . 9767 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifgesetzes (Drucksache V/2923) — Erste Beratung — 9767 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 19. Mai 1967 mit der Republik Ghana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2924) — Erste Beratung — 9767 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes — Landwirtschaft (FDP) (Drucksache V/2814) — Erste Beratung — 9767 D Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil — Finanzänderungsgesetz 1967 (Umdruck 330, Drucksache V/2903) . . 9767 D Nächste Sitzung 9768 Berichtigungen 9768 Anlagen 9769 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 9693 180. Sitzung Bonn, den 20. Juni 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 174. Sitzung, Seite 9367 C, Zeile 6 statt wollte: mußte 178. Sitzung, Seite 9603 D, Zeile 7 statt bedenklich: unbedenklich Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Abelein 21. 6. Dr. Achenbach * 20. 6. Adorno 20. 6. Dr. Aigner * 20. 6. Frau Albertz 21. 6. Dr. Apel * 21.6. Arendt (Wattenscheid) * 20.6. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 21. 6. Dr. Artzinger * 21. 6. Bading * 20. 6. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 20.6. Bauer (Würzburg) ** 20. 6. Behrendt * 20.6. Bergmann * 20. 6. Dr. Burgbacher * 20.6. Corterier * 21. 6. Deringer * 21. 6. Dichgans * 20. 6. Diekmann 21. 6. Dr. Dittrich * 21. 6. Dröscher * 20. 6. Frau Dr. Elsner * 21. 6. Faller * 20. 6. Fellermaier * 20. 6. Dr. Frey 30. 6. Frieler 21.6. Dr. Furler * 20. 6. Frau Geisendörfer 21.6. Geldner 20. 6. Gerlach * 20. 6. Gscheidle 21. 6. Haar (Stuttgart) 21. 6. Haase (Kellinghusen) 21. 6. Hahn (Bielefeld) * 20. 6. Hamacher 1. 7. Frau Dr. Hubert 1. 7. Illerhaus * 20. 6. Dr. Imle 20. 6. Kiep 22. 6. Klinker * 20. 6. Kriedemann * 21. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 20. 6. Kulawig * 21. 6. Kunze 1. 7. Kurlbaum 21. 6. Frau Kurlbaum-Beyer 22. 6. Lautenschlager * 21. 6. Lenz (Brühl) * 20. 6. Dr. Lindenberg 21. 6. Dr. Löhr * 20. 6. Lücker (München) * 20. 6. Mauk * 20. 6. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Westeuropäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Memmel * 20. 6. Metzger * 20. 6. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 20. 6. Dr. Müller-Hermann 21. 6. Riedel (Frankfurt) * 20. 6. Rösing 21.6. Dr. Rutschke ** 20. 6. Springorum* 20. 6. Dr. Starke (Franken) * 20. 6. Dr. Stecker 21.6. Steinhoff 1. 7. Stooß 21.6. Unertl 22. 6. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell** 21. 6. Dr. Wahl ** 20. 6. Welke 21.6. Wienand 20. 6. Dr. Zimmermann 22. 6. b) Urlaubsanträge Frau Kleinert 28. 6. Koenen (Lippstadt) 30. 6. Dr. Sinn 30. 6. Anlage 2 Umdruck 496 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur Großen Anfrage der Abgeordneten Majonica, Dr. Marx (Kaiserslautern), Kiep, Baron von Wrangel und der Fraktion der CDU/CSU betr. Außenpolitik - Drucksachen V/2978, V/3016 - Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Friedenspolitik der Bundesregierung ist undenkbar ohne die Unterstützung durch Freunde und Verbündete. Daher fordert der Bundestag die Bundesregierung auf, sich weiterhin um die Festigung der westlichen Zusammenschlüsse auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet zu bemühen. 2. Der Bundestag billigt die von der Bundesregierung auf der Grundlage ihrer Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 geführte Politik des Friedens und damit auch der Verständigung mit allen Mitgliedern des Warschauer Paktes. 3. Eine europäische Friedensordnung ist nur zu erreichen, wenn alle Beteiligten bereit sind, ihren Beitrag zu leisten. Der Bundestag bedauert daher, daß die Friedenspolitik der Bundesregierung in einigen Hauptstädten Mittel- und Osteuropas nach wie vor mißverstanden, verzerrt dargestellt oder durch provokatorische Gegenmaßnahmen gestört wird. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich dadurch nicht beirren zu lassen. Bonn, den 19. Juni 1968 Dr. Barzel und Fraktion Schmidt (Hamburg) und Fraktion 9770 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Dr. Wolf (CDU/CSU) zu Punkt 3 der Tagesordnung. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Frage, ob die Entwicklungshilfe fortgeführt oder sogar erweitert werden muß, erkennen lassen, daß sie der Entwicklungshilfe eine entscheidende Bedeutung für die Zukunft zuerkennt und ihr damit auch einen Vorrang in bezug auf finanzielle Fragen zuweist. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, daß die Entwicklungshilfe ein Beitrag zur Sicherung des Weltfriedens sein soll, ein Mittel, um den großen Unterschied zwischen Armen und Reichen zu verringern, und ein Zeichen der Zusammenarbeit zwischen den Geberländern. Gleichzeitig wird die Entwicklungshilfe verstanden als Grundlage einer Partnerschaft zwischen Industrieland und Entwicklungsland, einer Partnerschaft, bei der in den Entwicklungsländern das Verständnis auch für unsere nationalen Probleme und Ziele geweckt und eine Unterstützung bei ihrer Durchsetzung vorbereitet wird. Diese Erklärung ist zu begrüßen, wenn sie auch auf die Gegenüberstellung der Notwendigkeit, Hilfe für die armen Länder zu geben und den dringenden Aufgaben im eigenen Land zu entsprechen, nicht eingeht. Dieser Gegensatz, den die Fragestellung andeutet und der in unserer Gesellschaft bis vor kurzem eine so große Rolle gespielt hat, besteht in Wirklichkeit nicht. Gerade das letzte Jahr hat gezeigt, daß eigene wirtschaftliche Schwierigkeiten in unserem Lande durch die Unterstützung an die Entwicklungsländer überwunden werden konnten. Aus dem Bericht der Bundesregierung über die deutsche Entwicklungshilfe im Jahre 1967, der der OECD für die Jahresprüfung in der vorigen Woche vorgelegt wurde, ergab sich, daß sich die deutschen Leistungen im Jahre 1967 so vermehrt hatten, daß sie das von der Welthandelskonferenz 1964 empfohlene Ziel, 1 % des Volkseinkommens jährlich für die Entwicklungshilfe zu verwenden, erheblich überschritten haben. Die öffentlichen Leistungen in Kapitalhilfe und technischer Hilfe haben zugenommen, aber die außerordentliche Steigerung liegt im Bereich der Privatwirtschaft, deren Nettoleistungen um 1,3 Milliarden DM zugenommen haben. Auf diesem Hintergrund ist es verständlich, daß bei der Prüfung in Paris in Gesprächen zu hören war, die Zeiten seien vorüber, in denen Notstandsarbeiten im eigenen Land über wirtschaftliche Krisen hinweghülfen, weil es jetzt Möglichkeiten eines weltweiten Ausgleichs gebe. Eine solche Verbindung zwischen eigenen Problemen und Bedürfnissen der Entwicklungsländer läßt sich vielleicht auch bei einer anderen dringenden Aufgabe in unserem Land herstellen. Ich denke an die Lage der Landwirtschaft, mit der wir uns in der nächsten Woche beschäftigen werden. In den letzten Monaten hat sich mehr und mehr die Ansicht durchgesetzt, daß die Hilfe für die Landwirtschaft heute Priorität in der Entwicklungshilfe hat. Diese Feststellung wird verständlich, wenn man daran denkt, daß in fast allen Entwicklungsländern mehr als 70 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind und die Entwicklung sicher auch bei ihnen ansetzen muß. Es besteht auch Übereinstimmung, daß unsere Unterstützung Hilfe zur Selbsthilfe sein muß. Die Menschen müssen lernen, wie sie ihre Landwirtschaft entwickeln und wie Fehler, die vor allem in der falschen Ernährung liegen, vermieden werden. Bisher hat man gemeint, daß eine unmittelbare Nahrungsmittelhilfe sich auf Katastrophenfälle beschränken sollte. Nach Gesprächen mit dem neuen Generaldirektor der FAO ist auch hier ein Umdenken notwendig. Die Nahrungsmittelhilfe muß darüber hinaus eingesetzt werden, um eine große Anzahl von Entwicklungshilfeprojekten überhaupt erst zu ermöglichen und die Menschen in den Stand zu setzen, die Neuerungen durchzuführen. Die Ansicht, daß diese Hilfe die Untätigkeit vermehren könnte, die jetzt weitgehend auf dem schlechten Gesundheitszustand beruht, ist wohl überholt. Es wird deshalb richtig sein, auch diese Frage im Blick auf die Interessen der Entwicklungsländer und unserer eigenen zu prüfen. In der Antwort der Regierung wird festgestellt, daß „unsere Entwicklungshilfe über unsere wirtschaftlichen und politischen Entfaltungsmöglichkeiten entscheidet" . Mir scheint, daß auch hier wieder die gesellschaftspolitischen Entfaltungsmöglichkeiten gleichwertig neben diesen anderen stehen. Wenn gesagt wird, „Entwicklungshilfe hat in den vergangenen Jahren das Bild entscheidend mitgeprägt, nach dem wir in der Welt beurteilt werden", so bedeutet das doch wohl an erster Stelle, daß dieses Bild abhängt von dem Verhalten der Menschen, die sich in den Entwicklungsländern oder auch bei uns begegnen. Das Geld oder auch die Produktionsmittel, die wir liefern, können nicht entscheidender sein als die Menschen, die nicht als Touristen, sondern als Berater, Gutachter und Entwicklungshelfer hinausgehen. Die Aufnahme des Fremden in unsere Gesellschaft wird das Bild prägen, das er später in seine Heimat zurücknimmt. Dieser menschlichen Begegnung, die sonderbarerweise unter dem Stichwort „technische Hilfe" in der Entwicklungshilfe erscheint, sollte von der Regierung weiter besondere Sorgfalt zugewandt werden, sie sollte mehr Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft finden; denn im Rahmen der Außenpolitik liegt hier ein besonderes Gewicht zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern. Es genügt nicht, jungen deutschen Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, in einem Entwicklungsland zu arbeiten, wie es in dem Entwicklungshelfergesetz vorgesehen ist, das Entwicklungsdienst an die Stelle von Wehrdienst setzt. Es ist notwendig, daß die Phasen, Vorbereitung, Aufenthalt und Rückkehr, so sorgfältig beachtet werden, daß eine echte Partnerschaft entstehen kann. Ich möchte hier anmerken, daß heute unter den jungen Menschen, die sich für die Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen, besonders viele aus Vertriebenen- und Flüchtlingsfamilien sind. Während wir uns große Sorgen, um die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge gerade im gesellschaftspolitischen Bereich machen, haben Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 9771 diese jungen Menschen den Schritt in eine neue gemeinsame Zukunft gewagt. Entwicklungspolitik ist mehr als der Versuch eines Ausgleichs zwischen Reichen und Armen, auch wenn es manchmal bei uns so scheint, als ob sie auf diese wirtschaftlichen Fragen verengt werden sollte. Sie bedeutet auch sehr viel mehr, als Diskussionen unserer Studenten erscheinen lassen. Der Appell an die deutsche Jugend, von dem heute bereits gesprochen wurde, um ihr ein neues Ziel zu geben, ist in Wirklichkeit die Aufforderung zu einem Wettbewerb auf vielen Ebenen, einem Wettbewerb auch — im Sinne des Beginns dieser Diskussion — zwischen den Industrieländern mit unterschiedlichen Regierungs- und Wirtschaftsformen. Ich bin überzeugt, daß dieser Wettbewerb über unsere nationalen Aufgaben mitentscheiden wird. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Neef vom 31. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Budde (Drucksache V/2936, Fragen 48, 49 und 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen des von der EWG-Kommission ausgearbeiteten „Vorschlags einer Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse" auf die Verbraucherpreise, namentlich bei Produkten, deren Nachfrage die EWG-Länder nur zu einem kleinen Teil aus eigener Produktion decken konnen? Trifft die Befürchtung zu, daß bei solchen in Frage 48 erwähnten Konserven — etwa Champignons, US-Pfirsische und Ananas — mit einer Preissteigerung von 50 % bis 100 % gerechnet werden muß? Ist der extreme Außanschulz, den der in Frage 48 erwähnte Vorschlag der EWG-Kommission gegenüber Drittländern vorsieht, nach Auflassung der Bundesregierung mit den Bestimmungen des EWG-Vertrages vereinbar, der sowohl die preisgünstige Versorgung der Verbraucher mit Nahrungsmitteln als auch die Pflege der traditionellen Handelsbeziehungen zu den bisherigen Lieferländern verlangt? Die Bundesregierung, wie übrigens auch die Regierungen anderer Mitgliedsländer, haben ihre Delegationen beauftragt, bei der Beratung in Brüssel für jedes einzelne Erzeugnis die Eigenerzeugung, die jährlichen Einfuhren und die Preisentwicklung feststellen zu lassen, weil sonst eine zuverlässige Beurteilung der Auswirkungen des Kommissionsvorschlages nicht möglich ist. Die positiven Erfahrungen mit der bereits am 1. 7. 1967 in Kraft getretenen Teilregelung für zukkerhaltige Zubereitungen aus Obst und Gemüse berechtigten zu der Annahme, daß mit einer Steigerung der Verbraucherpreise bei den übrigen Verarbeitungserzeugnissen, als Folge etwa einer umfassenden Handelsregelung, überhaupt nicht gerechnet zu werden braucht. Die Bestimmungen des vorliegenden Verordnungsentwurfes enthalten keinerlei Anhaltspunkte für die oft zu hörende Befürchtung, daß Preissteigerungen von 50 % oder gar 100 % eintreten könnten oder gar beabsichtigt seien. Im übrigen ist die Bundesregierung angesichts der unablässig sich ausweitenden Produktion von Obst- und Gemüsekonserven innerhalb und außerhalb der EWG-Gemeinschaft der Auffassung, daß der seit über 10 Jahren festzustellende Preisdruck auf diese Waren auch in Zukunft anhalten wird und daß daran auch irgendwelche Gemeinschaftsregelungen nichts ändern dürften. Immer wird das Angebot die Nachfrage bei weitem übertreffen. Außerdem enthält der Verordnungsentwurf der Kommission auch wesentliche liberale Bestimmungen, z. B. die Liberalisierung der Einfuhren aus Drittländern und den Verzicht auf jegliche Kontingentierung, so daß eine preisgünstige Versorgung der Verbraucher sowie die Pflege der traditionellen Handelsbeziehungen durchaus gesichert blieben. Preise für einige wichtige Obst- und GemüseKonservenarten 1/1-Dosen Durchschnittliche Durchschnittliche Einstandspreise Einzelhandelsverkaufs-Preise für Importware Champignons 2,80 / 4,20 DM 3,50 / 6,50 DM Pfirsiche 0,84 / 1,05 DM 1,18 / 1,85 DM Ananas 0,92 / 1,08 DM 1,30 / 1,80 DM Erbsen 0,72 / 1,28 DM 0,85 / 1,60 DM Bohnen 0,78 / 0,92 DM 0,95 / 1,30 DM Spargel 2,20 / 4,40 DM 3,75 / 7,25 DM Die Preisschwankungen beruhen auf unterschiedlichen Qualitäten, Art der Zubereitung (z. B. bei Ananas, Pfirsichen, Pilzen und Spargel: Scheiben, ganze / halbe Frucht, Stücke) und bei Erbsen auf der „Siebung", die von „extra fein" bis „Gemüseerbsen" reicht. Außerdem werden die Preise in den Einzelhandelsgeschäften maßgeblich von der Art des Geschäftes und seiner Lage bestimmt. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 31. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache zu V/2936, Fragen 118 und 119) : Welche Auswirkungen für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein erwartet die Bundesregierung, wenn die dänische Regierung den Zollfreibetrag bei der Einfuhr von Waren aus der Bundesrepublik Deutschland kürzt? Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die von der dänischen Regierung angekündigte Kürzung des Zollfreibetrages zu verhindern? Eine Kürzung des dänischen Zollfreibetrages würde sicherlich ungünstige Auswirkungen für die Wirtschaft Schleswig-Holsteins haben. Die dänischen Einkäufe im deutschen Grenzgebiet haben einen nicht geringen Umfang. Sie würden bei einer Kürzung des dänischen Zollfreibetrages sicherlich 9772 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. Juni 1968 zurückgehen, was zu Umsatzeinbußen insbesondere des grenznahen Einzelhandels führen würde. Dänemark ist vertraglich nicht verpflichtet, an seinen gegenwärtigen nationalen Zollregelungen für Reisende festzuhalten. Im Jahre 1966 ist aber abgesprochen worden, daß sich die deutsche und die dänische Regierung vor etwaigen Einschränkungen der Zollvergünstigungen für den Reiseverkehr konsultieren. Solche Konsultationen sind für Juni in Aussicht genommen. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich mit Rücksicht auf diese Gespräche davon absehe, auf Einzelheiten einzugehen.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neun Fragen, die die Bundesregierung schriftlich beantwortet hat, berühren alle direkt oder indirekt das Verhältnis zwischen West und Ost. Die Entwicklung dieses Verhältnisses bleibt in der Tat für unsere Bundesrepublik und für unser deutsches Volk die Kernfrage der Existenz und einer guten Zukunft. Ich denke, das Haus wird nichts dagegen haben, wenn ich, vielleicht mit einer oder zwei Ausnahmen, nicht das wiederhole, was in der schriftlichen Beantwortung der neun Fragen steht, sondern wenn ich statt dessen den Versuch mache, zu dieser Debatte beizutragen mit einigen Bemerkungen zum — wenn man so will — historisch-langfristigen, zum mittelfristigen — und zu einem kurzfristigen Aspekt der auswärtigen Politik.
    Der historisch-langfristige Aspekt stellt die Aufgabe der Aussöhnung mit den Nachbarn im Osten, den unmittelbaren und den mittelbaren. Aussöhnung — darüber sind wir uns sicher einig — ist mehr als friedliches Nebeneinander, mehr auch als Austausch und Zusammenarbeit. Aussöhnung mit den Nachbarn im Osten erfordert unsere zähen Bemühungen. Aber es ist doch mehr als eine deutsche Aufgabe. Dies ist in Wahrheit die Arbeit an einer Friedensordnung für Europa, die Ost und West zusammenführt.
    Ich sage dies auch deshalb gleich zu Beginn, weil ich vor dem Hohen Haus noch einmal deutlich machen möchte, daß dies wirklich keine. Alternative ist und sein kann zu unserer westlichen Zusammenarbeit und zum Bemühen um den westeuropäischen Zusammenschluß. Zum soliden Ausgleich zwischen West und Ost wird es nur kommen, wenn die Freundschaft, wenn die Verbundenheit, wenn die zukunftweisende Kooperation mit den Völkern erhalten bleibt, die das Schicksal diesseits des Eisernen Vorhangs gestellt hat. Die Versöhnung mit dem Osten ist nur mit diesen Völkern zu erreichen, nicht als ein Alleingang der Bundesrepublik Deutschland. Jeder soll also wissen: die Versöhnung der europäischen Völker wollen wir, also auch den wahrhaftigen Frieden mit der Sowjetunion; den Zusammenschluß Europas wollen wir, also lassen wir uns durch zeitweilige Rückschläge nicht entmutigen; den europäischen und damit auch den deutschen Beitrag zum Frieden und Fortschritt in der Welt wollen wir, also müssen wir ihn möglich machen helfen. Dies gehört zum historisch-langfristigen Aspekt unserer Bemühungen, und dies ist gleichbedeutend mit unserem Ziel einer europäischen Friedensordnung.
    Der mittelfristige Aspekt umfaßt das Programm dieser Bundesregierung. Dabei tritt das scheinbare Paradox auf, daß ihr Programm weiterreicht als die durch eine Legislaturperiode gesetzte Frist. Aber von solchen Fristen abgesehen, diese Politik heißt



    Bundesminister Brandt
    Entspannung unter Wahrnehmung unserer eigenen deutschen Interessen. Sie ist konkretisiert in einer Reihe politischer Aktionen. Ich nenne den Gewaltverzicht. Ich nenne auch hier noch einmal die innerdeutschen Angebote, auf die sich der Herr Bundeskanzler heute früh erneut bezogen hat. Ich nenne auch die Abrüstung.
    Meine Damen und Herren, auf dem Gebiete der Rüstungskontrolle und Rüstungsbeschränkung, der Abrüstung, populär gesagt, auf dem Gebiet des Nachdenkens und vorausschauenden Planens mit Blick auf Abrüstungsmöglichkeiten hatte die Bundesregierung wie auf manchem anderen Gebiet wohl einen Nachholbedarf, und ich will nicht sagen, daß dieser bereits befriedigt sei. Immerhin wird es sich in der nächsten Woche in Reykjavik nicht um eine Routinesitzung der NATO handeln, sondern der NATO-Ministerrat wird in der nächsten Woche auf Island, zum Teil auf deutsche Anregung, jedenfalls unter aktiver deutscher Mitwirkung, konkrete Vorschläge zur Rüstungskontrolle und Rüstungsbegrenzung beraten. Ich bitte um Verständnis, daß ich heute diesen Beratungen nicht vorgreifen kann. Ich denke, das Hohe Haus wird die Bundesregierung im Herbst in der Lage sehen, in den Fragen der europäischen Sicherheit unter dem Gesichtspunkt einerseits der weiterbestehenden Notwendigkeiten, andererseits der Entspannung und des soeben historisch genannten Prozesses ihren Standpunkt zu präzisieren. und Vorschläge zu unterbreiten.
    Zweierlei läßt sich heute wohl doch, ohne dem NATO-Ministerrat vorzugreifen, hinzufügen: Die Minister im NATO-Rat werden — das zeichnet sich ab — voraussichtlich bekräftigen, daß es die gemeinsame Aufgabe der NATO-Regierungen sei, einmal die militärische Stärke der Allianz zu erhalten und die gemeinsame Sicherheit zu gewährleisten, gleichzeitig aber und zum anderen eine aktive Friedenspolitik zu führen, eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in Europa auf der Grundlage eines europäischen Sicherheitssystems zu schaffen und Einvernehmen über die Elemente einer deutschen Friedensordnung herbeizuführen.
    Die bisherigen Arbeiten des Ständigen NATO-Rats haben zu einem Zwischenergebnis geführt, von dem Kenntnis zu nehmen sein wird. Ich bin überzeugt, daß die Ständigen Vertreter beauftragt werden, ihre Untersuchungen beschleunigt zu Ende zu führen. Darüber hinaus würde es sicherlich nicht nur in Deutschland, sondern auch anderswo in der Allianz begrüßt werden, wenn die Alliierten die innere Geschlossenheit und Kraft spürten, sich an die Sowjetunion und deren Verbündete zu wenden, damit diese auf überzeugender Grundlage aufgefordert werden könnten, sich ihrerseits damit zu beschäftigen, wie die militärische Konfrontation durch eine ausgewogene Truppenverminderung diesseits und jenseits der Demarkationslinie in Europa abgebaut werden kann.
    Meine Damen und Herren, das Thema einer europäischen Sicherheitskonferenz ist in einer Reihe der Gespräche berührt worden, die ich in der letzten Zeit mit Kollegen in anderen Ländern oder aus anderen Ländern zu führen hatte. Dabei habe ich mich
    überwiegend, auch in Belgrad, in der Auffassung bestätigt gefühlt, daß die Zeit für eine solche Konferenz nicht reif sei, daß aber ganz gewiß größere Anstrengungen als bisher unternommen werden müssen, um über die sicherheitsmäßige Komponente einer europäischen Friedensordnung, auch über die Grenzen von Blöcken hinweg und auch mit bündnisfreien Staaten zusammen, nachzudenken und einer solchen Ordnung den Weg zu ebnen.
    Gerade heute früh auf dem Wege hierher in den Bundestag sah ich einen ausführlicheren Bericht über das, was der jugoslawische Außenminister Nikezić gestern nachmittag seinem Parlament zur gegenwärtigen Lage gesagt hat. Darin ist ein Gedanke enthalten, den ich gern in die außenpolitischen Erörterungen des heutigen Tages mit eingeführt sehen möchte. Der jugoslawische Außenminister sagt sinngemäß: Indem man sich vom Kalten Krieg, oder wenn man will: vom Kalten Krieg alter Prägung, entferne, zeichne sich ab, daß sich Beziehungen zwischen den Blöcken entwickelten oder andeuteten und daß eines Tages etwas im Verhältnis zwischen den militärischen Bündnissen reguliert werden würde. Aber — so sagt der Außenminister des bündnisfreien Jugoslawiens — dort, wo es in diese Richtung gehen werde, müsse man beachten oder bemerken, daß diese nur auf Beziehungen zwischen den Blöcken bezogenen Anstrengungen im wesentlichen auf eine Fixierung des gegenwärtigen Zustandes der Teilung in Europa hinauslaufen würden. Er sagt — ich darf jetzt ein paar Sätze wörtlich zitieren —:
    Wir sind überzeugt, daß kein einziges Sicherheitssystem von Dauer sein kann, das sich
    nur auf das Gleichgewicht der Macht gründet.
    Und er sagt weiter:
    Ein wirkungsvolles System muß bei gleichberechtigter Teilnahme aller Völker die Achtung ihrer legitimen Interessen — der Unabhängigkeit und der freien Entwicklung — zur Grundlage haben.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen ist bekanntlich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit großer Mehrheit zur Annahme empfohlen worden. Ich gehe davon aus, daß wir diesem Gegenstand nach den Sommerferien einige Aufmerksamkeit zuzuwenden haben werden, aus der Sicht des Hohen Hauses vielleicht schon davor; denn Ende August beginnt eine Konferenz der nicht- atomaren Staaten, und es liegt auf der Hand, daß die Bundesregierung, wenn auch nicht in erster Linie auf ,einen solchen Vertrag bezogen, aber zu der Gesamtproblematik der Stellung der Nichtnuklearen, ihrer Sicherheitsinteressen, ihrer anderen Interessen auch in einem solchen Zusammenhang wird Stellung nehmen wollen.
    Unsere konstruktive Mitarbeit auf dem Gebiet, von dem ich spreche, wird keinem objektiven Betrachter entgangen sein, und wir wissen es gewiß auch zu würdigen, daß sich manches im Sinne der



    Bundesminister Brandt
    Erfordernisse hat beeinflussen lassen, von denen hier für die Bundesregierung im April vorigen Jahres gesprochen wurde.
    Den Gewaltverzicht, meine Damen und Herren, sollte man auch nicht nur im jeweiligen bilateralen Verhältnis, sondern zugleich im Zusammenhang mit dem Streben nach Entspannung und Abrüstung und mehr Sicherheit in Europa sehen. Hier möchte ich nun doch ausdrücklich eine Feststellung unterstreichen, die in der schriftlichen Beantwortung der Großen Anfrage ich denke hier an die Beantwortung der Frage 3 — enthalten ist. Ich meine die Feststellung, daß die Bundesregierung der Überzeugung ist, daß Vereinbarungen über den Gewaltverzicht Schritte zur Abrüstung und Rüstungskontrolle fördern würden, und die im gleichen Zusamemnhang getroffene Feststellung, die praktisch inhaltlich mit dem übereinstimmt, was ich mit dem Blick auf die Erörterungen der NATO in der nächsten Woche gesagt habe: Wir sind uns mit den Verbündeten darin einig, daß eine ausreichende militärische Stärke und politische Solidarität innerhalb der NATO aufrechterhalten werden muß.
    Das steht nicht im Widerspruch zu unseren Bemühungen, die militärische Konfrontation in Mitteleuropa abzubauen. Ausreichende militärische Stärke ist vielmehr die Voraussetzung für sinnvolle Abrüstungsmaßnahmen, einschließlich beiderseitig ausgewogener Truppenverminderungen.
    Vor ein paar Tagen, meine Damen und Herren, hätte ich noch sagen können, daß die Sowjetunion die Tragweite unserer Vorschläge zum Thema Gewaltverzicht vielleicht nicht voll erkannt hat. Heute, nach einem etwas reichlich stark hochgespielten, aber offenen, freimütigen und über den Tag hinaus für mich aufschlußreichen Gespräch im anderen Teil unseres Landes, möchte ich hoffen, ich brauchte dies nicht mehr zu denken: daß nämlich die Sowjetunion die eigentliche Tragweite unserer Vorschläge nicht erkannt haben könnte. Allerdings kann wohl kein Zweifel daran sein, daß Moskau das Thema des Gewaltsverzichts nicht nur auf seine eigene Weise interpretiert, sondern es auch weiter faßt als den Austausch von Erklärungen, in denen das Selbstverständliche juristisch verbindlich niederzulegen sein würde.
    Der Herr Bundeskanzler hat heute früh in der Erklärung zu Berlin auch die Feststellung getroffen, daß die Politik der Entspannung und der Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten fortgesetzt werde und daß unser Verständigungsangebot nach wie vor den anderen Teil Deutschlands einschließe.
    Diese Politik dient den Interessen Deutschlands; sie ist angelegt auf eine längere Frist; sie hat konsequent zu Vorschlägen, Anregungen und Angeboten geführt, die von den Realitäten ausgehen. Sie hat zu einer politischen Zwischenbilanz ohne spektakuläre Erfolge geführt, auf die wir auch gar nicht aus sein konnten, aber mit guten Ansätzen für die Arbeit in den vor uns liegenden Jahren.
    Mein Besuch in Jugoslawien in der vergangenen Woche hat mir gezeigt, was aktive Koexistenz — um einen Begriff aus dem politischen Denken jenes Landes aufzugreifen — bedeuten kann. Es besteht gute Aussicht, daß wir in den zwischenstaatlichen Beziehungen wesentliche Fortschritte machen werden. Diese Hoffnung haben wir ja mit der Wiederaufnahme der Beziehungen verbunden, die als diplomatische Beziehungen zehn Jahre lang unterbrochen waren.- In der Aussprache über europäische Fragen waren — ich sage das in aller Nüchternheit — mehr Berührungspunkte zu verzeichnen, als man vielleicht vermuten durfte.
    Mir liegt daran, vor dem Hohen Hause Feststellungen zu zwei Gedanken zu treffen, die ich während dieses Aufenthalts in Jugoslawien und davor in Wien ausgesprochen hatte und die natürlich eine Rolle in den Unterhaltungen mit den führenden Persönlichkeiten jener beiden Länder gespielt haben. Es geht zunächst um folgende nüchterne Feststellung: So wie die Dinge in der Welt liegen, erklären wir denen gegenüber, die es hören wollen, in allem Freimut, daß wir beispielsweise für das Bedürfnis der CSSR, an ihren Bündnisbindungen festzuhalten, durchaus Verständnis haben. Über den Einzelfall hinausgedacht geht es darum, daß unsere Politik auch insoweit nicht darauf abzielt und abzielen kann, irgend jemanden zu isolieren. Unser grundsätzliches Interesse daran, die Konfrontation der Militärblöcke im Rahmen einer neuen Friedensordnung zu überwinden, bedeutet nicht, wie man zuweilen unterstellt, daß wir anstreben, solange die Blöcke bestehen, einzelne Staaten aus ihrem Sicherheitssystem herauszubrechen.
    Eine zweite Erwägung und Feststellung: Wir sind loyale Bündnispartner in der westlichen Zusammenarbeit, in der atlantischen Allianz. Aber das bedeutet, wie jedermann weiß, nicht, daß wir uns jede Auffassung einer jeden verbündeten Regierung zu jeder Frage zu eigen machen. Das heißt, es ist auch nicht einzusehen, warum die Mitglieder des Warschauer Paktes, warum alle Mitglieder des Warschauer Paktes eine spezifische Haltung gegenüber der Bundesrepublik, gegen die Bundesrepublik, von ein oder zwei noch so wichtigen Partnern jenes Paktes übernehmen und sich dadurch an der Verbesserung ihrer Beziehungen zu uns hindern lassen sollten, wenn sie dies im übrigen als mit ihrem Interesse übereinstimmend betrachten.
    Ich halte es in diesem Zusammenhang für nicht unerheblich; daß Herr Dubček am Freitag vergangener Woche bei seinem Besuch in Budapest wörtlich gesagt hat: „Wir sind interessiert an einer wirklichen Normalisierung unserer Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland." Das ist auch unser Interesse. Aber wir haben nicht gedrängt, wir werden auch weiter nicht drängen. Jeder muß sich die Zeit nehmen, die er braucht; und dort, wo es noch nicht abgerundet mit diplomatischen Beziehungen geht, da geht es auch anders, wie die Erfahrung zeigt. Mit „anders" meine ich: um den Interessen beider Seiten gerecht zu werden.
    Unsere Absichten sind ehrlich; sie sind keine Eintagsfliegen. Schon deshalb können sie durch bloß aktuelle Störversuche nicht verhindert werden. Die Fortsetzung unserer Entspannungspolitik entspricht nicht nur unserer Überzeugung, nicht nur unserem



    Bundesminister Brandt
    Interesse, sondern auch unserer Glaubwürdigkeit in Ost und West.
    Nun noch einige Bemerkungen zu aktuellen Aspekten. Einmal ist uns hier allen bewußt, schmerzlich bewußt, daß die Arbeit an den Europäischen Gemeinschaften, an ihrer inneren Festigung und ihrer Erweiterung, daß die Arbeit an Europa zusätzlich erschwert worden ist durch die innenpolitischen Entwicklungen einer Reihe unserer Partnerländer. Belgien hat wieder eine Regierung, Italien wird hoffentlich bald eine Regierung haben, Frankreich steht vor Neuwahlen. Aber, meine Damen und Herren, ich muß unabhängig davon, ob durch die inneren Entwicklungen in den einzelnen Ländern das eine und das andere etwas mehr Zeit braucht, als es einem lieb sein könnte, hier noch einmal eine Feststellung ganz stark unterstreichen dürfen, die in der schriftlichen Antwort schon enthalten ist, nämlich
    in der Antwort zur Frage 6. Dort wird nüchtern festgestellt:
    Sie
    — die Bundesregierung —
    wird nach Kräften bemüht sein, sowohl die Erweiterung der Gemeinschaften und ihre Außenbeziehungen zu fördern als auch ihren inneren Ausbau voranzutreiben.
    Meine Damen und Herren, man muß sich völlig darüber im klaren sein, daß als Folge der stagnierenden Außenbeziehungen, nein, noch deutlicher: als Folge der Uneinigkeit über Außenbeziehungen und Erweiterung auch die Entwicklung der Gemeinschaft zur vollen Wirtschaftsunion gehemmt worden ist und weiter gehemmt wird. Das ist die Wirklichkeit.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Nun sind wir nicht untätig geblieben und bleiben es nicht. Der britische Außenminister war vor einigen Wochen bei uns. Ich habe mit dem damaligen französischen Außenminister noch Mitte Mai gesprochen, bevor sich dann das Interesse in Frankreich zunächst anderen Fragen zuwandte. Wir haben in der vorletzten Woche mit den holländischen Partnern im Haag gesprochen, so, wie der Meinungsaustausch mit den beiden anderen Benelux-Partnern und vor allem natürlich auch mit Italien weitergegangen ist. Der dänische Ministerpräsident war als Gast des Bundeskanzlers hier, der schwedische Außenminister noch am Montag dieser Woche als mein Gast. Wir haben mit den Österreichern und mit den Jugoslawen über die mit der EWG zusammenhängende Problematik gesprochen.
    Meine Damen und Herren, es ist hier bekannt, daß wir in den vergangenen sechs Monaten unsere Bemühungen stark auf ein handelspolitisches Arrangement konzentriert haben, das aus unserer Sicht und in einer jedenfalls prinzipiellen Abstimmung mit dem französischen Partner dazu beitragen soll, wenigstens die Handelsschranken in Europa weiter abzubauen. Innerhalb der Gemeinschaft haben wir gewisse Fortschritte bei der Aussprache hierüber feststellen können. Wir waren und sind aber leider noch nicht in der Lage, den interessierten Staaten,
    also denen außerhalb der Gemeinschaft, ein gemeinschaftliches Angebot — und nur ein solches kann sie interessieren — für eine handelspolitische Zwischenlösung zu unterbreiten. Daran haben wir weiter zu arbeiten.
    Schließlich, meine Damen und Herren, ein an. derer aktueller Aspekt, von dem heute schon im ersten Teil dieser Bundestagssitzung die Rede war, weil er sich aus der Frage nach unserer Antwort auf die Anmaßung der DDR ergibt, die sich souverän genug fühlt, neue Formulare einzuführen und Gebühren zu erheben; die aber z. B. nicht souverän genug ist, den Drei Mächten streitig zu machen, daß sie unverändert für ihre Anwesenheit in Berlin, für den Zugang und die Lebensfähigkeit der Stadt einstehen. Moskau weiß das; Ostberlin muß sich damit abfinden. Außerhalb des harten Kerns der Garantien gefällt man sich in Ostberlin in einem Exzeß von Formalismus, Böswilligkeit und Schikanen. Es ist heute gesagt worden: Wir werden auf diesem Weg nicht folgen, weil es nicht im Interesse Deutschlands, nicht im Interesse der europäischen Völker, nicht im Interesse unserer längerfristigen und schon gar nicht im Interesse unserer historischen Aufgaben ist, nun auch kurzsichtig oder gar böswillig, schikanös und anachronistisch zu reagieren. Walter Ulbricht — dies gilt über die innerdeutschen Beziehungen hinaus, dies gilt für die deutsche Außenpolitik nach Ost und West — wird uns nicht das Gesetz des Handelns aufzwingen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dabei muß man wissen — und es soll auch hier gesagt werden —, auch in der sogenannten kommunistischen Welt, und zwar über Osteuropa hinaus, gibt es Kritik, Zweifel, um nicht zu sagen Verzweiflung wegen jener Ostberliner Maßnahmen, die die Zusammenarbeit in Europa schwer belasten. Die führende Gruppe in Ostberlin und diejenigen, die sie stützen, müssen sich, wenn ich es recht sehe, selbst aus dem kommunistischen Lager den Vorwurf machen lassen, daß sie die Lage in Deutschland und auch die Lage in der Bundesrepublik Deutschland falsch einschätzen. Walter Ulbricht und seine Gruppe können eine Politik der Entspannung, wenn sie nicht kurzatmig ist, in Wirklichkeit nicht stören. Sie können Spannungen schaffen; das ist wahr. Sie können die Bemühungen der Bundesregierung wie die Bemühungen anderer Regierungen hemmen. Sie können mit anderen Worten europäisch und international ein Störenfried sein. Wir können sie leider nicht davon abhalten, so wie die Dinge heute liegen. Aber sie werden nicht die Kraft haben, diese Position zu halten. Wir sind nicht in der Lage, Kurzsichtigkeit, Böswilligkeit und Schlimmeres aus dieser Welt zu verbannen, aber wir haben die Möglichkeit, sie in ihren Auswirkungen zu mildern. Und wir haben die Freiheit, den Standpunkt zu wählen, der diese Übel überwinden helfen kann. Das ist die Politik, historisch, längerfristig — auch kurzfristig —, der wir uns verschrieben haben: die Politik der Zusammenarbeit und Entspannung in Europa, des Ausgleichs zwischen Ost und West, einer Friedensordnung für diesen Kontinent, einer friedlichen Aufgabe für europäisches Wissen und Können und Schaffen in



    Bundesminister Brandt
    dieser noch immer und vermutlich noch lange von Krisen geschüttelten Welt.
    Dies handelt alles nicht von verstaubter Diplomatie, dies ist kein Denken in ausgetretenen Bahnen, dies ist unsere Existenzsicherung über den Tag hinaus; übrigens auch in dem ganz einfachen Sinn, Arbeitsplätze zu sichern und unserer Wirtschaft neue Felder zu erschließen, nicht nur der Wirtschaft und der Technik, auch der Wissenschaft und der Kultur. Ich wäre sehr froh, wenn viele der Jungen in unserem Lande und wenn viele der wegen der Zukunft Unruhigen in unserem Volk die schwierigen, aber großen und so lohnenden Aufgaben sähen, wenn sie sie erkennen möchten, diese Aufgaben, die auf uns alle, also auch auf sie, warten. Sie anzupacken, ihnen unverdrossen, auch gegen viel Widerstand, nachzugehen, heißt heute, Deutschlands Rolle in Europa und Europas Rolle in der Welt zu erkennen und den Versuch zu machen, ihr gerecht zu werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Erklärung des Herrn Bundesaußenministers zu der Großen Anfrage gehört.
Ich eröffne die Beratung; ich unterstelle, daß die Beratung gewünscht wird. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Gradl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johann Baptist Gradl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Berlin ist in der außenpolitischen Anfrage meiner Fraktion in Punkt 9 angesprochen. Als wir diese Anfrage formulierten, gingen in und um Berlin auch schon ernste Dinge vor sich. Inzwischen hat sich das ereignet, was man nicht anders als eine neue Aggression gegen Berlin nennen kann.
    So ist es dazu gekommen, daß man sich verständigt hat, diese Frage 9 und die Erörterung der Antwort der Bundesregierung an den Anfang dieser Aussprache zu setzen. Ich habe die Absicht, im Bereich dieser Frage ein Wort insbesondere zu den Vorgängen in und um Berlin zu sagen. Was weiterhin dazu zu bemerken ist, wird mein Freund Olaf von Wrangel nachher sagen.
    Zunächst darf ich feststellen: Der Antwort, die die Bundesregierung auf diese Frage 9 gegeben hat, ist, glaube ich, nichts kritisch hinzuzufügen, wenn ich einmal davon absehe, daß in dieser Antwort von einem Paß- und Visumzwang für Reisen von Deutschen nach Deutschland und nach Berlin die Rede ist. Ich nehme an, das ist ein Lapsus linguae. Wir sind uns einig: Deutschland schließt ja wohl Berlin ein.
    Aber ich glaube, man sollte in dieser Sache etwas anderes hinzufügen, wie ich hoffe, hilfreich hinzufügen, um zu erkennen, welche Bedeutung das Thema der Anerkennung auch in Verbindung mit der Wahrung der Position des freien Berlin hat. Wir sind uns darüber klar — und in der Antwort der Regierung ist das in anderen Worten, aber dem Sinn nach zum Ausdruck gebracht —: eine Anerkennung
    würde im Grunde darauf hinauslaufen, daß wir sel: ber die Teilung Deutschlands völkerrechtlich besiegeln. Wenn wir das täten, füge ich hinzu, würden wir in besonderer Weise auch die völkerrechtliche und politische Existenz des freien Berlin gefährden.
    Meine Damen und Herren, ich darf einen Hinweis auf Ausführungen, die Ulbricht vor gar nicht langer Zeit zu diesem Thema gemacht hat, geben. Man kann das im „Neuen Deutschland" vom 16. Februar dieses Jahres nachlesen. Dort sagt er:
    Der Westberliner Senat erklärte erst kürzlich, es bestehe ein Vier-Mächte-Status für ganz Berlin. Aber das stimmt nicht.
    So Ulbricht.
    Dann holt er — und dies ist ganz interessant für seine Denkweise und für die Einschätzung dessen, was in ihm in Wirklichkeit vorgeht — eine Note der Sowjetregierung hervor, die diese am 3. Oktober 1948 an die Vereinigten Staaten gerichtet hat. Aus dieser sowjetischen Note zitiert er folgenden Satz:
    Das Recht, Berlin, das sich im Zentrum der sowjetischen Zone befindet, durch die vier Regierungen zu verwalten, hat nur dann Sinn, wenn Deutschland als einheitlicher Staat und Berlin als seine Hauptstadt anerkannt wird.
    Dies war eine Äußerung der Sowjetregierung schon 1948, von Herrn Ulbricht im Februar 1968 zur Charakterisierung seines eigenen Standpunktes hervorgeholt. Ich finde, darin kommt sehr deutlich die östliche Position zum Ausdruck: wenn Deutschland nämlich geteilt ist, wenn dies völkerrechtlich von uns durch Anerkennung bestätigt wird, dann ist — so die Überlegung von Herrn Ulbricht und so offenbar auch Überlegungen im sowjetischen Bereich — die Basis für die Anwesenheit der westlichen Mächte in Berlin hinfällig geworden. Dies also steht auch auf dem Spiele, wenn man darüber nachdenkt, welche Verbindung zwischen der Frage der Anerkennung und der Existenz des freien Berlin besteht.
    Meine Damen und Herren, nun gibt es Leute, die sagen nicht einfach, man soll anerkennen, sondern sie umschreiben das. Ende der letzten Woche, also der Woche, in der sich diese besonderen Ereignisse um Berlin vollzogen haben, konnten Sie und konnten Millionen im Deutschen Fernsehen einen Fernsehkommentator hören, der sein Fazit aus den Berlin-Aktionen Ulbrichts am Schluß so zusammenfaßte: „Kein Weg geht an Pankow vorbei". Anders ausgedrückt besagt seine Meinung offenbar: Also nach Pankow gehen.
    Ich weiß nicht, ob er sich gründlich überlegt hat, was das heißt, was er da meinte feststellen zu sollen. Ich möchte es hier jedenfalls in Kürze deutlich machen, was das in Wirklichkeit heißt. Das ist gar nicht so schwer, weil die andere Seite ihre Erwartungen und Bedingungen, die sie mit einem solchen — von ihr aus gesehen — Nach-Pankow-Kommen verbinden würde oder verbindet, sehr deutlich ausgesprochen hat, gerade auch in den letzten Wochen der sich zuspitzenden Auseinandersetzung um Berlin.



    Dr. Gradl
    Was sind denn die Bedingungen, abgelesen an den eigenen Aussagen und Handlungen der Gegenseite? Die eine ist: West-Berlin, das freie Berlin, soll sich der Ostberliner Zensur unterwerfen. Oder was bedeutet es anderes, wenn sich Herr Ulbricht anmaßt, darüber zu befinden, welches Schrifttum z. B. zwischen Berlin und Westdeutschland über die Verbindungswege transportiert werden darf? Oder was bedeutet es eigentlich, wenn, wie wir gestern erfahren haben, Korrespondenten westdeutscher Zeitungen in Berlin und Korrespondenten Westberliner Zeitungen die Reise auf dem Verbindungsweg zwischen Berlin und Westdeutschland verboten wird? Was anderes kann das eigentlich bedeuten als einen Versuch der Einschüchterung und des Druckes auf Pressefreiheit und freie Presse?

    (Zustimmung in der Mitte.) Dies ist eine der Bedingungen.

    Die zweite — auch aus den eigenen Worten abzulesen — ist: Ostberlin verlangt, daß West-Berlin auf sich selbst gestellt wird, sich selber auf sich selbst stellt. Nichts anderes bedeutet die Formel von der selbständigen politischen Einheit Westberlin.
    Was würde dies heißen? Es würde bedeuten, daß die politische Verbundenheit zwischen der Bundesrepublik und Berlin aufgegeben wird. Und jedermann von uns weiß, daß, wenn die politische Verbundenheit aufgegeben würde, damit auf die Dauer auch die Basis für die rechtliche, die wirtschaftliche, die finanzielle, die währungsmäßige Verbundenheit zwischen Berlin, dem freien Berlin, und der Bundesrepublik unterhöhlt und untergraben wäre. Und ohne diese Verbundenheit läßt sich die Position Berlin natürlich nicht durchhalten. Aber dies ist eben eine Bedingung aus Ostberlin für den Fall, daß man nach Pankow gehen würde.
    Die dritte und letzte Bedingung, die mir dabei wesentlich erscheint, ist diese — man kann es in allen Reden nachlesen —: Der Senat, so heißt es aus Ostberlin, solle, statt sich als Lakai Bonns zu verhalten, um gute Beziehungen zu Ostberlin bemüht sein; der Senat solle seine Position des revanchistischen Vorpostens aufgeben. Was besagt das denn eigentlich genau? Es ist in Wirklichkeit das Verlangen, daß Berlin, das freie Berlin, seine Politik in die Politik Ostberlins einfügen solle.
    Dies sind die Bedingungen, dies sind die Erwartungen, mit denen der rechnen, die der wissen muß, der sagt, es führe kein Weg an Pankow vorbei, nach Pankow solle man also gehen.
    Ich fasse zusammen. Die Bedingungen bedeuten, daß die andere Seite in Wahrheit die Unterwerfung des freien Berlin fordert, hoffend, wünschend, wissend, daß der Weg, wenn er gegangen würde, eben zum Ende des freien Berlin führen würde. Anders ausgedrückt, Berlin soll sich dem freien Willen Ulbrichts ausliefern. Meine Damen und Herren, ohne jedes Pathos will ich dazu ganz schlicht feststellen und weiß mich mit meinen engeren Freunden — und sicher nicht nur mit ihnen — in Übereinstimmung: Dieser Weg nach Pankow kommt überhaupt nicht in Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist unser Standpunkt, das sollen die Berliner wissen. Wir sehen diese Situation und wissen, in dieser Situation gibt es nur eins: dieser aggressiven Aktivität Ostberlins widerstehen, genauso widerstehen, wir wir ihr in den vergangenen 20 Jahren widerstanden haben. Ich habe keinen Zweifel, daß wir mit den Berlinern auch diese Herausforderung bestehen werden.
    Die Aufgaben und auch Lasten, die uns damit aufgegeben sind, sind denn auch nicht das eigentliche Problem in dieser gegenwärtigen Auseinandersetzung um Berlin. Das eigentliche Problem ist, daß sich Ulbricht in seinem Machtbereich die Grundlage für weitere Verschärfungen der Situation geschaffen hat. Dies ist das eigentliche Problem: das, was sich da ankündigt, womit möglicherweise gerechnet werden muß.
    Dies ist das Problem: daß sich Ostberlin ein Instrumentarium für permanente Spannungspolitik geschaffen hat, daß es sich in seinem eigenen Rechtssystem die Grundlagen geschaffen hat, die Paragraphen und damit die Werkzeuge geschaffen hat, um mit den Verbindungswegen nach Berlin und allem anderem beliebig manipulieren zu können, im Reiseverkehr, im Warenverkehr usw., und daß es sich die Möglichkeit geschaffen hat, an einer Spirale zu drehen und also zu eskalieren. Das ist das Problem. Das müssen wir sehen, und das muß abgewehrt werden.
    Dabei ist es kein Trost, wenn uns gesagt wird, daß die Sowjets schon dafür sorgen werden — hoffentlich, kann ich nur sagen —, daß diese Spirale nicht überdreht wird. Ich muß sagen, daß ich mir in diesem Augenblick diese unbeschränkte Zuversicht, die ich lange geteilt habe — daß man sicher sein könne, die Sowjetunion werde eine Überdrehung nicht zulassen —, nicht zu eigen zu machen vermag. Ich bin nicht ganz sicher, ob eine Fehleinschätzung der westlichen Situation, der westlichen Abwehrbereitschaft, durch die östliche Seite so ganz und gar ausgeschlossen ist.
    Ich bedauere es außerordentlich, daß es auf unserer Seite, in unserem Teil Deutschlands Stimmen gibt — gar nicht so wenige —, die meinen, an der Garantie der westlichen Mächte für Berlin zweifeln zu sollen.

    (Zuruf rechts.)

    Wer das tut — Herr .Kollege, um den Zwischenruf aufzufangen: ganz egal, wo er politisch steht —, der soll wissen, daß er damit etwas Gefährliches tut, daß er nämlich damit einen Beitrag zu der Gefahr leistet, daß die östliche Seite die Situation Berlins und das damit verbundene Risiko fehleinschätzen könnte.
    Man darf sich auch nicht darüber täuschen, mit welchem Mann man es auf der anderen Seite zu tun hat. Ich bin weit davon entfernt, eine primitive Gleichstellung zwischen Hitler und Ulbricht vorzunehmen. Aber eines ist doch wohl richtig: totalitäre Machthaber sind immer in einer besonderen Gefahr,



    Dr. Gradl
    in der Gefahr, versucht zu sein durch die Schwäche ihrer Gegner, durch die wirkliche oder vermeintliche Schwäche ihrer Gegner. Das waren doch die Stationen des Unglücksganges von 1936 bis 1939. Man soll nicht zu gewiß sein, daß Herr Ulbricht und seine Hintermänner gegenüber solcher Versuchung gefeit seien. Er ist immerhin der Mann, der schon einmal offen ausgesprochen hat, daß er bereit ist, das Risiko eines Konflikts in Kauf zu nehmen. Auch das kann man nachlesen. Das war 1960 auf einem der Höhepunkte der damaligen Berlin-Krise im Zusammenhang mit dem Chruschtschow-Ultimatum. Als er sich für eine einseitige Lösung der Berlin-Frage einsetzte, sagte er wörtlich, eine Lösung der Berlin-Frage nach seinen Vorstellungen „kann die Entstehung eines Konflikts bedeuten. Aber dieser Konflikt bringt weniger Gefahren als das Weiterbestehen der Herde des Krieges".
    Meine Damen und Herren, dies muß man auch wissen, um die jetzige Situation richtig einzuschätzen. Wenn man dies alles weiß, dann wird man auch verstehen, warum meine Freunde sehr Wert darauf legen, daß unsere Verbündeten in sehr klarer und deutlicher Weise in Moskau auf die Risiken hinweisen, die da offenbar ausgelöst werden können.
    Wenn man die Vorgänge richtig beurteilen will, muß man doch wohl sehen, daß Ostberlin in seinen Gesetzen den alliierten Rechtsstatus behandelt, als ob es ihn gar nicht mehr gebe. Da ist keine Rede mehr von Viermächtestatus, von originären Rechten. Dies alles glaubt Ostberlin mit den Fünften Durchführungsbestimmungen zum Paßgesetz wegwischen zu können. Das soll man nicht verharmlosen dadurch, daß man meint, die alliierten Bewegungen seien ja nicht berührt durch das, was geschehen ist. Es ist wahr, real sind sie nicht berührt, aber politisch sind sie außerordentlich berührt. Dies, möchte ich hoffen, muß doch wohl seine Konsequenzen haben. Es kann uns nicht gleichgültig sein, was aus diesen Verabredungen, Vereinbarungen, Regelungen, von 1944, 1945, 1949 — um nur einige zu nennen — wird. Es kann uns nicht gleichgültig sein, denn einmal geht es um deutsche Dinge. Dann geht es auch um das Ansehen unserer Verbündeten, um das, was man ihnen zutraut — und ihr Ansehen ist auch unser Ansehen —. Und dann geht es natürlich auch um die Rechte und damit, meine ich, auch um die Pflichten, die sich die Alliierten, unsere Verbündeten, nicht gegenüber einem besetzten Land, sondern gegenüber dem Verbündeten Bundesrepublik 1954/ 55 z. B. in bezug auf den Schutz und die Sicherung der Verbindungslinien Berlins vorbehalten haben.
    Meine Damen und Herren, noch einen letzten Gedankengang zu diesem Thema, einen Gedankengang, der sich in der Hauptsache mit Moskau beschäftigt. Von Regierungsseite ist heute morgen hier gesagt worden, daß die aggressive Aktivität Ostberlins nicht ohne oder gegen Moskau hätte entwickelt werden können. Ich meine, diese Tatsache gibt dem Ganzen eine besonders ernste Perspektive. Da ist nichts zu beschönigen. Weil es so ist, haben wir, meine Freunde und ich, in diesen Tagen, als wir überlegten, wie dieses Geschehen um Berlin zu bewerten ist, auch dies gedacht und gesagt: daß man nicht umhin kann, aus diesen Vorgängen, insbesondere auch aus dem Verhalten der Sowjetunion Rückschlüsse auch in den größeren Zusammenhängen der Politik zu ziehen.
    Um falschen Deutungen vorzubeugen, spreche ich es hier offen aus: Wir haben bei dieser Gelegenheit auch auf das Thema „Atomsperrvertrag" hingewiesen. Ich möchte klarstellen: wenn jetzt jemand in Ostberlin oder in Moskau oder anderswo meint, daraus ablesen zu können, daß wir nichts anderes im Sinne haben, als einen billigen Vorwand zu suchen, um Abneigung und Widerwillen gegen den Atomsperrvertrag wirksam zu machen, so täuscht er sich sehr. Dies ist nicht unsere Überlegung. Wir sind heute wie gestern und wie morgen an diesen ernsten Bemühungen um die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen interessiert. Wir stehen heute wie gestern und morgen zu den Versicherungen, die wir unseren Alliierten in bezug auf die Nichtherstellung von Atomwaffen gegeben haben. Was uns bewegt, ist etwas ganz anderes: Ein solcher internationaler Vertrag hat außerordentliches Gewicht. In ihm muß den Großmächten ein besonderes Vertrauen durch die Nichtatommächte ausgesprochen werden, nämlich das Vertrauen, daß man davon ausgehen kann, daß die Atommächte die Macht, die ihnen bestätigt wird, nicht mißbrauchen. Diese grundlegende Voraussetzung ist eine wesentliche Bedingung für die endgültige Beurteilung eines solchen Vertragswerks. Da kann man nicht über die Tatsache hinwegsehen, daß allein die Sowjetunion mit ihrer vollen militärischen Präsenz es Herrn Ulbricht ermöglicht hat, seine aggressiven Aktionen gegen Deutsche jetzt durchzuführen. Dies ist die Situation, und über diese Situation werden wir nachzudenken haben. Wir werden sie. ernst in Rechnung zu stellen haben, und ich glaube, nicht nur wir werden das tun.
    Der Herr Bundesaußenminister hat soeben davon gesprochen, daß wir nach wie vor bereit sind, auch den anderen Teil Deutschlands in den Gewaltverzicht einzubeziehen. Ich habe hier von dieser Stelle aus bei der Diskussion über den Bericht zur Lage der Nation gesagt: jawohl, dazu sind wir bereit, und ich sage heute: jawohl, dazu sind wir auch heute und morgen bereit. Aber wenn man sich dazu entschließt, Gewalt auszuschließen in den Beziehungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands, im Umgang zwischen den beiden Teilen Deutschlands, dann muß man auch dafür sein, daß sich die andere Seite nun endlich dazu entschließt, von Gewalt abzulassen. Wenn Herr Ulbricht in der vergangenen Woche, zwei Tage nach seiner Aktion, auf einem Bauernkongreß — im Fernsehen übertragen — sagt, er sei dafür, daß ein Gewaltverzichtsvertrag zwischen den beiden deutschen Staaten, wie er sich ausdrückt, abgeschlossen werde, dann ist das Hohn, solange in bezug auf Berlin von ihm und unter seinem Antrieb Gewalt tatsächlich angewendet wird. Denn Gewalt ist nicht nur real praktizierte Gewalt, auch Drohung ist Gewalt. Gewalt ist eine Blockade nicht nur dann, wenn sie militärisch vollzogen wird, sondern auch dann, wenn sie administrativ vollzogen wird, und eine Blockade ist ein Gewaltakt nicht nur dann, wenn sie in einem Akt vollzogen



    Dr. Gradl
    wird, sondern auch dann, wenn diese Blockade in Raten versucht wird. Dies ist die Situation, und deshalb muß man diese Dinge so ernst sehen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen mit der Feststellung: zwischen Berlin und der Bundesrepublik ist in 20 Jahren eine feste, solide Verbundenheit gewachsen, politisch, rechtlich, wirtschaftlich, überhaupt. An dieser Verbundenheit halten wir fest, und ich sage ohne jede Lautstärke: an dieser Verbundenheit halten wir fest unter allen Umständen. Wir tun das aus vielen Gründen. Wir tun das insbesondere auch deshalb, weil wir wissen, daß mit Berlin die Hoffnung auf Überwindung der Spaltung Deutschlands lebt, steht und fällt — die Hoffnung aller Deutschen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)