Rede von
Herbert
Wehner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Menschen in der DDR haben, wie der Volksentscheid am 6. April zeigte, auch heute noch keine wirkungsvolle Möglichkeit, ihren eigenen Willen geltend zu machen. Deshalb müssen wir unser Verständnis für ihre Lage deutlich und erkennbar bekunden. Aber wir werden sie auch wissen lassen oder wissen lassen müssen, daß wir uns durch diesen Akt nicht daran hindern lassen, das in unseren Kräften Stehende zu tun, um daß Maß von innerdeutschen Beziehungen im gespaltenen Deutschland zustande bringen zu helfen, durch das das Verhältnis der Menschen im geteilten Deutschland normaler und die Bürde der Spaltung wenigstens teilweise von den Menschen im geteilten Deutschland genommen wird oder ihnen erleichtert wird. Der Ausgangspunkt des politischen Willens der Bundesregierung, wie er in der Regierungserklärung vom Dezember 1966, in den Schreiben des Bundeskanzlers an den Vorsitzenden des Ministerrats in Ostberlin und dann auch im Bericht zur Lage der Nation zum Ausdruck gebracht worden ist, wird von dieser neuen Verfassung nicht berührt. Unsere politische Situation verlangt, daß — solange es keine friedensvertragliche Regelung für Deutschland gibt, die auf deutscher Seite geschlossen werden muß von einer vom ganzen deutschen Volk legitimierten Vertretung — jenes Maß an innerdeutschen Regelungen angestrebt und verwirklicht wird, das für unser Volk im gespaltenen Deutschland das Leben erträglicher macht. Es sollte niemandem erlaubt sein, sich dieser Pflicht zu entziehen. Das ist jedenfalls unsere Auffassung und insofern auch eine Auffassung, der andere folgen könnten, wenn sie wollten.