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    Deutscher Bundestag 160. Sitzung Bonn, den 14. März 1968 Inhalt: Fragestunde (Drucksache V/2636) Fragen des Abg. Dr. Martin: Stand des Deutschunterrichts in Finnland Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8281 B Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . 8281 C Frau Klee (CDU/CSU) 8282 A Strohmayr (SPD) 8282 B Büttner (SPD) 8282 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Gründe für die bevorzugte Berücksichtigung verheirateter Bewerber für Lektorenstellen in überseeischen Ländern 8283 A Frage des Abg. Ertl: „Freundschaftsdelegation" nach Ägypten? Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8283 A Ertl (FDP) 8283 B Fragen des Abg. Tallert: Weitergabe verschlüsselter Berichte eines Botschafters an die Presse . . . 8283 C Fragen des Abg. Dorn: Angeblich ungenügender Einsatz der Bundesregierung für die Rückkehr der verschleppten Koreaner und die Revidierung der Urteile Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8283 D Dorn (FDP) 8284 B Frage des •Abg. Fritz (Wiesbaden) : Nutzung der diplomatischen Beziehungen zu Südkorea zugunsten der aus Deutschland entführten Südkoreaner Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8284 D Matthöfer (SPD) 8285 A Dorn (FDP) 8285 B Fragen des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Bedingungen für die Aufnahme Großbritanniens und der übrigen beitrittswilligen Länder in die EWG Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8285 C Ertl (FDP) 8286 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Deutsch als gleichberechtigte Sprache im Europarat Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8286 B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 8286 D Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Intensivierung der Tätigkeit des Rats für kulturelle Zusammenarbeit Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 8287 B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 8287 C Fragen des Abg. Wagner: Frage einer Eignung von Professor Grünwald zur Beobachtung und Wertung von Staatsschutzprozessen in der Republik Korea Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 8287 D Wagner (CDU/CSU) . . . . . . 8288 B Fragen des Abg. Ollesch: Atomsperrvertrag Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 8288 D Ollesch (FDP) 8289 C Fragen des Abg. Saam: Beteiligung Großbritanniens an den von den Europäischen Gemeinschaften eingeleiteten Arbeiten auf technologischem Gebiet Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8289 D Saam (FDP) 8290 C Moersch (FDP) 8290 C Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Französischer Vorbehalt über das eigene Definitionsrecht eines Angriffs — Änderung der französischen Verteidigungskonzeption — Beeinträchtigung der automatischen Beistandsverpflichtungen Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8290 D Kahn-Ackermann (SPD) 8291 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 8291 A Frage des Abg. Strohmayr: Asienreise des bayerischen Ministerpräsidenten Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 8291 B Strohmayr (SPD) 8291 C Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 8291 D Frage des Abg. Gerlach: Brief des DGB-Vorsitzenden betreffend die Rechte des Personals der Europäischen Gemeinschaften . . . . . 8292 A Frage des Abg. Prinz von Bayern: Umwandlung des 17. Juni von einem Feiertag in einen jährlichen Wahlfeiertag 8292 B Frage des Abg. Dorn: Lohn- und Gehaltserhöhung um 4 bis 5% auch für den öffentlichen Dienst? Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 8292 B Dorn (FDP) 8292 D Frage des Abg. Freiherr von Gemmingen: Unbrauchbar gewordene Medikamente im Rahmen der humanitären Hilfe für Vietnam Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 8293 B Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland Dr. Barzel (CDU/CSU) . . 8293 D, 8372 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . . 8301 A Mischnick (FDP) 8311 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . 8321 A Dr. h. c. Kiesinger (Bundeskanzler) 8324 A, 8338 D Franke (Hannover) (SPD) . . . 8329 B Genscher (FDP) . . . . . . . , 8332 D Dr. Gradl (CDU/CSU) . . . . . . 8339 A Raffert (SPD) . . . . . . . . 8343 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . 8349 B Rehs (SPD) 8352 D Dr. Friderichs (FDP) . . . . . 8356 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 III Dr. Martin (CDU/CSU) 8358 C Gscheidle (SPD) 8361 D Moersch (FDP) 8363 B Dr. Mommer, Vizepräsident . . 8367 A Wehner, Bundesminister . . . . 8367 B Seidel (SPD) . . . . . . . . 8373 D Mertes (FDP) . . . . . . . . 8374 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 8378 C Ertl (FDP) 8379 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 8381 A Baron von Wrangel (CDU/CSU) . 8381 B Nächste Sitzung 8382 D Anlagen 8383 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8281 160. Sitzung Bonn, den 14. März 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 159. Sitzung, Seite 8190 C, zweite Zeile von unten statt Hochrheins: eventueller Kernkraftwerke am Hochrhein. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8383 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach * 15. 3. Dr. Aigner * 15. 3. Dr. Apel * 15. 3. Arendt (Wattenscheid) * 15. 3. Dr. Artzinger * 15. 3. Bading * 15. 3. Behrendt * 15. 3. Berendsen 16. 3. Bergmann * 15. 3. Dr. Birrenbach 15. 3. Böhm 15. 3. Dr. Brenck 15. 3. Buchstaller 15. 3. Dr. Burgbacher * 15. 3. Corterier * 15. 3. Deringer * 15. 3. Dichgans * 15. 3. Dr. Dittrich * 15. 3. Dröscher * 15. 3. Dr. Eckhardt 15. 3. Frau Dr. Elsner 6. 4. Frau Enseling 15. 3. Dr. Erhard 19. 3. Faller * 15. 3. Felder 15. 3. Fellermaier * 15. 3. Dr. Furler * 15. 3. Gerlach * 15. 3. Hahn (Bielefeld) ' 15. 3. Hamacher 6. 4. Frau Dr. Heuser 16. 3. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 14. 3. Illerhaus * 15.3. Dr. Imle 16. 3. Dr. Jungmann 20. 3. Klinker * 15. 3. Dr. Kopf 15. 3. Kriedemann * 15. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 31. 3. Kulawig * 15. 3. Kunze 1. 6. Kurlbaum 15. 3. Frau Kurlbaum-Beyer 24. 3. Lautenschlager * 15. 3. Lemmer 6. 4. Lenz (Brühl) * 15. 3. Dr. Lindenberg 15. 3. Dr. Löhr * 15. 3. Dr. Lohmar 15. 3. Lücker (München) * 15. 3. Mauk * 15. 3. Memmel * 15. 3. Metzger * 15. 3. Müller (Aachen-Land) * 15. 3. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Richarts * 15. 3. Riedel (Frankfurt) * 15. 3. Schulhoff 14. 3. Dr. Schulz (Berlin) 23. 3. Schwabe 14. 3. Frau Dr. Schwarzhaupt 15. 3. Springorum * 15. 3. Dr. Starke (Franken) * 15. 3. Stücklen 15. 3. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 6. 4. Weimer 16. 3. Wolf 15. 3. Wurbs 15. 3. Anlage 2 Umdruck 367 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland. Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag bedauert, daß die Bundesregierung in dem Bericht über die Lage der Nation 1. keine eigenen konkreten Vorschläge zur Schaffung eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems ankündigen konnte, 2. immer noch keinen eigenen Entwurf von auszutauschenden Gewaltverzichtserklärungen vorlegen kann, 3. klarzustellen vergessen hat, daß es nicht nur kein Staatsvolk der DDR, sondern auch kein Staatsvolk der Bundesrepublik gibt, wir vielmehr von der Unteilbarkeit der deutschen Nation ausgehen, 4. zu der Problematik der deutschen Verteidigungspolitik nicht Stellung nimmt, 5. offenbar immer noch nicht bereit ist, auf die militärisch sinnlose und politisch schädliche Ausstattung der Bundeswehr mit atomaren Trägerwaffen zu verzichten, 6. zu der Problematik einer Notstandsgesetzgebung nur inhaltlich nichtssagende Äußerungen abgibt, 7. auf die drängende Problematik einer längst fälligen Gebietsreform mit keinem Wort eingegangen ist, 8. die konjunkturhemmende Wirkung der im Laufe des letzten Jahres vorgenommenen Steuererhöhungen mit Stillschweigen übergangen hat, 9. die für die Zeit nach 1971 zu erwartende katastrophale Finanzlage infolge zu hoher Verschuldung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung nicht erwähnt hat, 10. die Gründe 'für die Schwierigkeiten in der deutschen Landwirtschaft weder dargelegt noch ein 8384 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Konzept zur Behebung dieser Schwierigkeiten aufgezeigt hat, 11. weder einen Versuch gemacht hat, die zu erwartenden gesellschaftspolitischen Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte abzuschätzen, noch die Ursachen der Unruhe in der deutschen Jugend zu erforschen, und 12. immer noch nicht aufgehört hat zu versuchen, die deutsche Wählerschaft mit der Ankündigung von Wahlrechtsänderungen zu verwirren. Bonn, den 14. März 1968 Mischnick und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Horten (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung Gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung zu einem Punkt, der bisher in der Debatte, abgesehen von einem Hinweis des Herrn Kollegen Raffert, noch nicht berührt worden ist. Wenn wir die Lage der Nation auch im geistigen und kulturellen Bereiche diskutieren und uns gemeinsam um eine umfassende und gründliche Diagnose bemühen, dann muß auch ein Wort gesagt werden über die Haltung der Intellektuellen und Akademiker zu unserem Staat. Wenn, wie Herr Helmut Schmidt heute morgen gefordert hat, unser Staat demokratisch fest gefügt sein soll, dann ist das nur möglich, wenn auch die geistig führenden Schichten dieses Staates das richtige Verhältnis zu seiner Ordnung haben und die ihnen zufallende große Verantwortung besonders ernst nehmen. Unsere wechselvolle Geschichte hat mit einigen Ausnahmen in den Hansestädten und in Teilen Württembergs keine feste, kontinuierliche demokratische Tradition begründet. Weimar mit seiner kürzeren Lebensdauer als die Regierungszeit Adenauers ist mit seinem unrühmlichen Ende und den vielen nicht ausgetragenen Spannungen mehr eine Belastung als ein Vorbild. Hinzu kommt unsere vom klassischen Idealismus getragene Bildungstradition, die nicht gerade geeignet ist, den Blick für die Realitäten des Lebens zu schärfen und das Verständnis dafür, daß — zumal in einer Demokratie, wo nicht befohlen wird, sondern überzeugt werden muß — das Regieren sehr schwierig, mühevoll, ernüchternd und keineswegs glänzend ist, besonders wenn die Regierungsarbeit so unter dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit steht wie heutzutage. Wie schon vor dem, ersten Weltkrieg und in der Weimarer Zeit sehen wir, daß auch heute große Teile der Intellektuellen und Akademiker ein kühles, distanziertes, innerlich unbeteiligten Verhältnis zur Politik haben, ohne das notwendige Engagement, ohne das Gefühl einer besonderen Verantwortung, ohne Verständnis dafür, daß die Entwicklung wesentlich auch gerade dadurch beeinflußt wird, ob und wie sie politisch mitwirken. Sehr bedenklich ist, wenn man weiter sieht, wie viele in der Öffentlichkeit tätige, an der Meinungsbildung in Presse, Rundfunk und Fernsehen beteiligte Intellektuelle diese ihre wahre Aufgabe verkennen. Statt daß man die vielen guten Ansätze zu einer richtigen und gesunden Entwicklung fördert und ermutigt, glaubt man, in vielfach sehr hochmütiger Pose gut daran zu tun, die sicherlich manchmal berechtigte Kritik maßlos zu übertreiben und die Dinge einseitig verzerrt darzustellen und damit Leser und Hörer zu verwirren und zu beunruhigen. Welcher Arzt würde am Bette eines Rekonvaleszenten nach schwerer Krankheit diesen ständig durch übertriebene Kritik der Therapie, der Medizin usw. beunruhigen? Dabei gleicht unser Volk in seiner Entwicklung zur echten Demokratie einem Rekonvaleszenten nach schwerer Krankheit. Andere Völker hatten das große Glück, sich ohne Störung von außen langsam und kontinuierlich zu einem demokratischen Staatswesen zu entwickeln. Unser Volk macht nunmehr zum dritten Mal den Versuch mit der Demokratie, und zwar unter Schwierigkeiten, wie sie bisher nirgendwo anders zu überwinden waren. Die verhängnisvolle Etappe des Dritten Reiches hat die Kontinuität unserer geschichtlichen Entwicklung gestört und erschwert damit das unbefangene Verhältnis zur eigenen Geschichte, das jedes Volk zu seiner Selbstachtung dringend nötig hat. Wir haben bisher noch keine der schweren Krisen erlebt, deren erfolgreiche Überwindung erst Wert und Gültigkeit demokratischer Institutionen dem Volke bewußt machen. Und all das ohne nationale Einheit mit der tiefen Wunde der Teilung seit nunmehr schon über zwei Jahrzehnten unter den kritischen Augen unserer Nachbarn, die trotz aller Freundschaft latent mißtrauisch sind und sich schon wieder lange Gedanken machen über die incertitudes allemandes. Was würden in einer solchen Situation die großen Lehrmeister unserer Nation, etwa der Freiherr vom Stein, von uns fordern, und wie würden sie gerade die führenden Schichten verpflichten, sich selbst bis zum äußersten zu engagieren! Hier liegt eine politische Aufgabe ersten Ranges für alle demokratischen Parteien dieses Hohen Hauses, nämlich in stärkerem Maße als bisher mit geeigneten Mitteln aufzuklären, die Regierungsarbeit verständlich zu machen und vor allem gerade die gebildeten und führenden Schichten unseres Volkes auf ihre besondere Verantwortung nachdrücklich hinzuweisen, aber sie auch durch unser eigenes Vorbild entsprechend anzuregen. Wir wollen alle hoffen, daß manche krisenhaften Erscheinungen der letzten Monate Symptome einer echten Gesundungskrise sind, indem sie all die positiven Kräfte politisch mobilisieren, die eine gesunde, zeitgemäße Demokratie wollen, aber auch bereit sind, sich dafür persönlich einzusetzen und verantwortlich politisch mitzuarbeiten, Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8385 Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Borm (FDP) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Herr Kollege Dr. Gradl machte einige Ausführungen zur Situation Berlins. Er wies darauf hin, daß bei evtl. Berlinkrisen, welche von der Sowjetunion herbeigeführt werden könnten, der Widerstand und die Abwehr der Berliner die gleiche Stärke haben würden wie eh und je. Er sprach von gewissen Demonstrationen, durch die man sich nicht verleiten lassen sollte, daran zu zweifeln. Ich erlaube mir den Hinweis, daß (in Berlin mehr und mehr die Erkenntnis wächst, daß innerlich die Demonstrationen von Studenten einen berechtigten Kern haben, mögen auch idle Formen, in denen die Proteste stattfinden, durchaus zu bemängeln sein. Sicherlich gibt es eine Handvoll Demonstranten, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung beiseitigen möchte. Mit denen ist fertig zu werden. Ich glaube, man sollte, wenn Studenten berechtigt demonstrieren, sich bemühen, 'den Gründen nachzuspüren, die zu den Demonstrationen geführt haben, anstatt sie im Deutschen Bundestag so hinzustellen, als ob durch sie der Widerstandswille der Berliner gefährdet werden könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Man soll über Dinge, welche geändert werden müßten, offen sprechen. Wenn man sich allerdings weigert das zu tun, darf man sich nicht wundern, wenn demonstriert wird. Der Widerstandswille gegen äußere Bedrohung wird um so stärker sein, je mehr die Obrigkeit das Vertrauen der Mitbürger genießt. Ein Weiteres: Zwei Kollegen beschwerten sich darüber, daß in den Sendern der Bundesrepublik und Berlins — kritisiert wurde in Besonderheit der Sender Freies Berlin — das Los der Vertriebenen, das wir alle zutiefst bedauern, nicht recht gewürdigt werde. Die Vertriebenen bekämen keine Möglichkeit, ihren Standpunkt vorzutragen, während andere, die wenig Verständnis hätten für das Los der Vertriebenen, breit zu Wort kämen. Gestatten Sie dazu eine Bemerkung: Soweit der Sender Freies Berlin in Frage kommt, sollten stich die Kritiker daran erinnern, daß 'im Rat dieses Senders nur zwei Parteien vertreten sind, die CDU und die SPD. Sie mögen sich also mit ihrer Kritik an diese Parteien wenden und zur Kenntnis nehmen, daß die FDP auf die Programmgestaltung keinerlei Einfluß hat. Ein Letztes: Kollege Gradl wies auf die wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung des Bundes für Berlin hin. Dem Dank, den er dafür sagte, schließen sich alle Berliner an. Allein aber mit wirtschaftlicher Hilfe ist es nicht getan. Berlin lebt als Insel und ist in seinen Verbindungswegen niemals völlig ungefährdet gewesen. Allein hieraus ergibt sich eine schwere Belastung für die Berliner. Die Berliner denken aber auch an ihre Zukunft und möchten nicht ständig auf Zuschüsse angewiesen sein. Sie wünschen eine Normalisierung der Lage. Diese kann nur eintreten, wenn die Stadt eine Aufgabe erhält, eine politische Aufgabe, die zukunftsträchtig ist. Eine Weltstadt kann ohne eine solche nicht leben. Ich gestatte mir, darauf hinzuweisen, daß im Sommer 1.964 von meiner Partei angeregt worden war, in West-Berlin unter der Leitung des Staatssekretärs im Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ein „Amt für innerdeutsche Angelegenheiten" zu errichten. Die Aufgabe dieses Amtes sollte die Koordinierung aller Kontakte zur DDR sein. Die ständige Fühlungnahme mit den Dienststellen im östlichen Teil der Stadt sollte naturgemäß zu den Obliegenheiten gehören. Es wäre ein bescheidener Anfang 'gewesen. Leider muß festgestellt werden, daß dieses Projekt am massiven Widerstand der CDU/CSU scheitert, auch die SPD zeigte sich auffallend zurückhaltend. Die Richtigkeit dieses Gedankens bleibt troztdem nach wir vor gegeben. Fangen wir doch einmal an, Berlin eine politische Aufgabe dadurch zu geben, daß in seinen Mauern (alles idas konzentriert wird, was sich irgendwie mit innerdeutschen Angelegenheiten zu befassen hat: Wirtschaft, Verkehr, Sport, kulturelle Beziehungen jeder Art, gegenseitige Besuche, Diese Dinge könnten in einem solchen Amt gefördert werden. Ich bezweifle nicht, daß bereits von einem bescheidenen Beginn starke Impulse in bezug auf gegenseitige Fühlungnahmen ausgehen würden. Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie ihre Fürsorge für Berlin auch darauf erstrecken würde, durch ihre Politik dieser Stadt eine in die Zukunft weisende echte politische Aufgabe zu geben. Der deutschen Nation wäre hiermit ein guter Dienst erwiesen. Anlage 5 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Pohle (CDU/CSU) zu Punkt 5 der Tagesordnung. Beileibe nicht der alleinige wohl aber ein wesentlicher Faktor für den Bestand unserer staatlichen Ordnung ist die wirtschaftliche Lage. Denn nur aus den Erträgen der Produktion kann unmittelbar oder mittelbar investiert, können Arbeitsplätze gesichert und geschaffen, Löhne, Sozialleistungen und Renten gezahlt, Umschichtungen vorgenommen, Mittel für Außenpolitik und Entwicklungshilfe, Sicherheit, Wissenschaft und Forschung erarbeitet werden. Das ist in allen Ländern so, die w i r als freiheitlich organisierte westliche Demokratien, die kommunistische Doktrinen als kapitalistisch bezeichnen. Das ist — man sollte es kaum glauben — selbst in den kommunistischen Staatsgebilden so, von denen sich bisher keiner dieser — manchmal recht späten —Erkenntnis hat entziehen können. Das sollten sich auch alle jene sagen, die heute mit Unbehagen gen das sogenannte Etablishment zu Felde ziehen. Natürlich hat auch unser System Mängel. Aber gäbe es eine studierende, eine vorwärtsdrängende, eine mit der angeblich müde gewordenen führenden geistigen Schicht rechtende Jugend, wenn wir alle im Elend einherlebten? Regierung und Parlament haben deshalb richtig gehandelt, als sie der Konjunktur erhöhte Aufmerksamkeit widmeten. 8386 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Auch im Osten revoltieren Teile der Studentenschaften. Dies ist ein bedeutsamer und hochinteressanter Vorgang. Die junge, geistige Elite, die in absehbarer Zeit die Geschicke ihrer Länder selbst in die Hand nehmen wird, wendet sich gegen die bestehenden so gegensätzlichen Ordnungssysteme. Diese Auseinandersetzungen werden bei den Beteiligten sicher tiefe Spuren hinterlassen und deren geistige Haltung prägen. Was wollen die Studenten? Die Studenten in Warschau und Prag wollen mehr Freiheit und Wahrheit. Sie revoltieren gegen die Diktatur. Das ist ein ermutigendes Zeichen für alle, die sich der Freiheit verschrieben haben. Ob ihr Protest gegen Diktatur und autoritäre Vergewaltigung Erfolg haben wird, wir wissen es nicht. Wir können ihnen nur Erfolg für ihre Bemühungen um etwas mehr Menschlichkeit wünschen. Was wollen unsere Studenten? Soweit sie für größere Freiheit und mehr Wahrhaftigkeit im Staat und in der Gesellschaft eintreten, sollte ihnen unsere volle Sympathie und Unterstützung gelten. Mit dieser Forderung haben sie sich für die Fortentwicklung unserer Demokratie ein entscheidendes Ziel gesetzt. Soweit sie jedoch die in zwanzig Jahren mühsam errungenen Freiheiten der Revolution und der anschließenden Diktatur im Interesse eines utopischen Zukunftsphantoms aufopfern wollen, sei ihnen eine entschiedene Absage erteilt. Hier trennen sich Welten. Freiheit und Wohlstand waren noch nie so groß in Deutschland wie gegenwärtig in der Bundesrepublik. Das gilt es zu verteidigen. Am Beispiel des Kommunismus haben wir erlebt, wohin es führt, wenn im Namen eines falsch verstandenen Freiheitsbegriffs Zwang und Unterdrükkung gebraucht werden. Unsere Landsleute im Osten müssen dies am eigenen Leibe erleiden. Darum wenden wir uns gegen alle neo- und pseudomarxistischen Bestrebungen linksradikaler Studentengruppen ebenso wie gegen neonazistische Strömungen auf der anderen Seite. Kämen diese Utopisten zum Erfolg, so wäre es mit der Freiheit zu Ende. Kämen die Demostranten von Warschau zum Ziel, so begänne die Freiheit. Die Vorgänge im Osten zeigen den unauflöslichen Widerspruch, in dem sich die studentischen linksradikalen Utopisten befinden. Sie befinden sich in einem weiteren Widerspruch mit ihrer Behauptung, die Demokratie sei zu evolutionären Veränderungen nicht fähig. Die ständige Änderung bestehender Verhältnisse ist geradezu das Wesenselement demokratischer Ordnung. Wer dies verleugnet, kann nur die Gewalt anbeten. Aber nicht nur die Extremisten von links und rechts, die ausgesprochenen Gegner unseres staatlichen Systems, von denen der VDS soeben wieder ein Bekenntnis zur glatten Negation des Staates abgegeben hat, gefährden den zügigen Ablauf des wirtschaftlichen Geschehens und unseres internationalen Kredits. So eine sorgsame Pflanze wie die Konjunktur muß gehegt und gepflegt werden, wenn sie gedeihen soll. Wenn die erfolgversprechenden Bemühungen des Bundeskabinetts, insbesondere auch des Bundeswirtschafts- und des Bundesfinanzministers, um diese Pflanze weiterhin Erfolg haben sollen, müssen wir alles vermeiden, wais das Vertrauen der Wirtschaft in die Dauer der jetzigen Regierungskoalition erschüttern oder auch nur in Zweifel ziehen könnte. Dies ist an dieser Stelle und heute noch nicht mit genügender Schärfe gesagt worden. Hand in Hand mit der Konjunkturpolitik geht die vom Bundeskanzler angesprochene Frage der Bereinigung der strukturellen Krisenherde. Zwar hat die Situation im Steinkohlenbergbau beträchtliche Fortschritte gemacht. Hieran sind im wesentlichen zwei Faktoren beteiligt: 1. Die günstigere Absatzlage, die durch die umfassenden Maßnahmen dos Bundes eingetreten ist. 2. Die Anpassung des Angebots an die Nachfrage durch beträchtliche Kapazitätseinschränkungen. Dennoch erfordert die Lage die zügige Verabschiedung ,des Kohleanpassungsgesetzes und die weitere eingehende Überprüfung alle Pläne über die sogenannte Einheits- oder Gesamtgesellschaft. Hier bleibt nach wie vor die Frage offen und bedarf noch der Erörterung, wie die bestehenden Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden können und ob es systemgerechtere, billigere und bessere Lösungen gibt als jene, die zur Zeit in der Hauptsache diskutiert werden. Dasselbe gilt für die Lage der Landwirtschaft. Der Fraktionsvorsitzende der SPD ist gestern aus begreiflichen Gründen in die Debatte um die deutsche Landwirtschaft eingestiegen. Mit Recht hat er darauf hingewiesen, daß es nicht genügt, wenn in diesem Hohen Hause der Wert ,des deutschen Bauern und der deutschen Bäuerin herausgehoben wird. Das hat indes der Bundeskanzler in seiner Erklärung auch nicht gesagt. Aber er hat anerkannt, daß die Bauern berechtigten Grund zur Sorge haben. Bei ihnen herrscht vielfach .die Meinung vor, daß die landwirtschaftlichen Probleme bagatellisiert werden — im Gegensatz zu Krisenerscheinungen in anderen Wirtschaftszweigen. Die besonderen Preis- und Marktverhältnisse in der Landwirtschaft bedürfen der Lösung, und es wäre nicht zu verantworten, auf dem Rücken der Landwirtschaft bei dieser Situation in Brüssel die weiche Welle einzuschlagen. Nicht nur die deutsche Landwirtschaft, sondern auch meine Gesamtfraktion fordert deshalb die Bundesregierung auf, all" Möglichkeiten einer aktiven Markt-, Preis- und Handelspolitik voll auszuschöpfen, die in den EWG-Marktordnungen liegen. Das wichtigste ist, dabei zu erkennen .daß unsere Landwirtschaft in einem schwierigen Anpassungsprozeß steht. Er wird durch die ständige Weiterentwicklung von Technik und Industrie in Gang gehalten. Die Landwirtschaft ist mit diesem Prozeß auch als Investor industrieller Produkte auf ,das engste verwoben. Es ist recht und billig, daß ,die Gesamtheit unseres Staates der Landwirtschaft dort Hilfe leistet, wo sie den Anpassungsprozeß aus eigener Kraft Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8387 nicht oder nur unter großen persönlichen Verlusten meistern kann. Schon seit Jahren hat sich die CDU/CSU mit umfassenden Hilfsmaßnahmen diesen Forderungen verschrieben. Auch 1968 wird ,der Bund für die Aufgaben ,der Agrarwirtschaft im Rahmen des Bundes und der EWG 5,4 Mrd. DM aufwenden. Die Gesamtausgaben für die Agrarwirtschaft sind angesichts einer Wertschöpfung der Landwirtschaft in Höhe von 25 Mrd. DM eine beachtliche Leistung. Dabei bin ich mir der Tatsache bewußt, daß im Agrarhaushalt nennenswerte Titel mit nicht unmittelbarer agrarischer Zielsetzung enthalten sind. Die Bundesregierung und meine Fraktion sind sich darin einig, daß ,die Vollerwerbsbetriebe zu leistungsstarken Einheiten ausgestaltet und im Bereich der Nebenerwerbsbetriebe ausreichende Nebenerwerbsquellen erschlossen werden müssen. In Gebieten mit überdurchschnittlich hoher saisonaler und struktureller Arbeitslosigkeit — hierbei denke ich besonders an den Bayerischen Wald und Ostemsland — müssen ebenfalls vordringlich ausreichende Arbeitsplätze geschaffen werden. Für diejenigen, die durch den Strukturwandel ganz aus der Landwirtschaft ausscheiden müssen, werden durch Um- und Fortbildung die Voraussetzungen dafür zu schaffen sein, daß diese Menschen einen neuen Beruf vollwertig ausfüllen können. Es handelt sich also um ein Gemeinschaftswerk im echten Sinn des Wortes. Durch Zusammenwirken von Landwirtschaft, Wirtschaft und Staat wollen wir den geschichtlichen Anpassungsprozeß kontrollieren und steuern, damit die Menschen im agrarischen Bereich nicht das Gefühl bekommen, sie stünden allein. Die von ihnen zu bewältigenden Aufgaben bringen nicht nur große materielle, sondern auch seelische Belastungen mit sich. Es ist keine einfache Sache, u. U. einen Beruf aufgeben zu müssen, der schon seit Generationen ausgeübt wird. Wir werden dafür sorgen, daß die deutsche Industrie im Zusammenwirken mit der Landwirtschaft sich der Umstrukturierungsaufgaben besonders nachhaltig annimmt. Auch hier öffnet sich ein weites Feld fruchtbarer Kooperation. Herr Kollege Schmidt hat heute morgen instruktive Zahlenbeispiele aus der Zone genannt. Er hat dabei mit Recht ein gewisses Bild zurechtzurücken versucht, das wir uns von der Entwicklung der Zone bisweilen machen. Tatsächlich handelt es sich ebenfalls um ein hochindustrialisiertes Land. Namens meiner Parteifreunde möchte ich in diesem Zusammenhang jedoch keinen Zweifel darüber lassen, daß wir eine staats- und völkerrechtliche Anerkennung dieses mit dem Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung im Widerspruch stehenden Gebildes nicht aussprechen können. Ob die etwaigen Verhandlungen von Generalbevollmächtigten uns weiterführen könnten, will ich nicht untersuchen. Was aber sicherlich ohne Aufgabe unseres von der Mehrheit der Welt gebilligten Rechtsstandpunktes geschehen kann, hat die Bundesregierung aufgezeigt. Mit Befriedigung nehmen wir zur Kenntnis, daß die Bundesregierung hofft, die seit September vorigen Jahres andauernden Verhandlungen über eine Ausweitung des innerdeutschen Handels erfolgreich beenden zu können. Wir sind an diesem Handel aus den verschiedensten Gründen interessiert; stellt er doch eines der wichtigsten Bindemittel zwischen den beiden Teilen Deutschlands dar. Wollen wir zu unserem Teil dazu beitragen, den wirtschaftlichen Fortschritt im anderen Teil Deutschlands zu fördern, müssen wir Verständnis dafür aufbringen, hochwertige Produkte unserer Landsleute von drüben abzunehmen, um dafür andere hochwertige Produkte, insbesondere auf dem Gebiet des Anlagengeschäfts, zu liefern. Es ist eine Binsenweisheit, daß der Austausch zwischen hochindustrialisierten Gebieten stets ein größeres Volumen aufweist und aufweisen kann als zwischen Gebieten, von denen eines nur einen monoökonomischen Charakter trägt. Wollen wir das Gebiet jenseits der Werra und der Elbe allein den äußerst tüchtigen Geschäftsleuten unserer EWG-Partner, den Japanern und den Ostblockstaaten überlassen? Hier öffnet sich ein weites Feld, nicht nur für die Erhöhung der wechselseitigen Bezüge, sondern auch für jede Art der Kooperation. Das Zusammenwirken der Ingenieure und Kaufleute hat in aller Welt stets nicht nur zu geschäftlichen Erfolgen, sondern auch zur Entspannung und Weiterentwicklung beigetragen. Warum sollte gerade dies nicht auch im Verhältnis beider Teile Deutschland möglich sein? Zu der wirtschaftlichen Hilfe für Berlin will ich mich auf einige Bemerkungen beschränken. Berlin kann seine Aufgabe allein nicht lösen. Meine Fraktion hat beschlossen, die Berlinhilfe so lange fortzusetzen, solange die Bedrohung Berlins auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet anhält und solange Berlin auf die wirtschaftliche Hilfe aus dem übrigen Bundesgebiet angewiesen ist. Aber, meine Damen und Herren, die Grundlage der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit Berlins ist die enge wirtschaftliche, rechtliche und finanzielle Verbindung der Stadt mit dem übrigen Bundesgebiet und die wirtschaftliche Verflechtung mit der westlichen Welt. In dieser Stadt muß ein im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet größeres wirtschaftliches Wachstum bestehen, wenn die politische und ökonomische Sicherheit bestehen soll und die Zuwendungen des Bundes für die Zukunft nicht in untragbare Höhe gesteigert werden sollen. Die Sicherung des benötigten Wachstums in Berlin liegt in der Ausweitung bestehender Produktionsanlagen sowie der Neuansiedlung industriellen Potentials in Berlin. Hier liegt eine langfristige, aber auch zukunftweisende Aufgabe der deutschen Wirtschaft. Wir freuen uns, daß die Spitzenverbände der Wirtschaft ihre Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt haben, und sind unsererseits entschlossen, auch die steuerlichen Vergünstigungen für Berlin nach Ablauf der geltenden Gesetze fortzuführen. Wir werden lediglich die jetzigen Systeme überprüfen, um Mißbrauchstatbestände auszuschließen. Der Finanz- und der Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages haben ja auch bei der Verabschiedung des umsatzsteuerlichen Berlinhilfegesetzes die Bundesregierung um eine entsprechende Überprüfung gebeten. 8388 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag; den 14. März 1968 Lassen Sie mich ein letztes Wort zu unserem staatlichen Aufbau und zum Föderalismus sagen. Dieser Fragenkomplex ist heute morgen insbesondere im Zusammenhang mit der Hochschulreform und dem Hochschulbildungsplan von dem Fraktionsvorsitzenden angesprochen worden. Es ist unser besonderes Anliegen, das System des sogenannten kooperativen Föderalismus fortzuentwickeln. Wenn wir in anderem Zusammenhang gesagt haben: So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich, so gilt hier das Wort: So viel Föderalismus wie möglich, so viel Zentralismus wie nötig. Beide Gesichtspunkte lassen sich durchaus miteinander vereinen. Das deutsche Reich Bismarckscher Prägung erlebte einen ungeahnten politischen und wirtschaftlichen Aufschwung unter völliger Wahrung der Eigenständigkeit der Bundesstaaten. Ein starker Zentralismus hat den Niedergang der Weimarer Republik nicht aufhalten können. Der übertriebene Zentralismus des 3. Reiches rettete es nicht vor dem Untergang. Natürlich haben sich die Zeiten und wirtschaftlichen Bedingungen geändert. Es gibt keines unserer Bundesländer, die dies nicht begreifen. Dafür stehen die Grundgesetzänderungen, die in der letzten Zeit vorgenommen wurden und noch bevorstehen. Niemand denkt andererseits daran, die Kompetenzen der Länder zu beseitigen; denn auf ihnen beruht ein großer Teil unserer politischen Vitalität. Andererseits muß sich die bestehende Ordnung eine ständige Überprüfung darauf hin gefallen lassen, ob sie den Anforderungen eines modernen Industriestaats mit umfassender gesellschaftspolitischer Zielsetzung gerecht wird. Ergeben sich nennenswerte Leistungsverluste, die auf eine unzweckmäßige Organisation im Bund-Länder-Verhältnis zurückzuführen sind, so muß im Interesse der Leistungsfähigkeit eines kooperativen Föderalismus nach neuen Lösungen gesucht werden. Ich denke, daß die jetzt aktuellen Probleme im Bereich des Bildungswesens und der Hochschulen hierzu bereits Ansatzpunkte geben. Es darf nicht dazu kommen, daß drängende Aufgaben, von denen die Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die internationale Bedeutung unseres Landes abhängen, wegen Kompetenzschwierigkeiten zwischen Bund und Ländern schlecht oder gar nicht gelöst werden. Das wäre der Tod des Föderalismus und würde die demokratische Staatsordnung in ihren Grundlagen bedrohen. Das Ziel muß sein eine föderale Staatsordnung, die der Vielfalt und der Leistungsfähigkeit der Menschen unseres Vaterlandes zu höchstmöglicher Entfaltung verhilft. Im engen Zusammenhang mit der Frage nach dem Bestand des Föderalismus steht die Frage der Finanzverfassungsreform. Hier darf und kann es sich nicht um einen Angriff auf die Eigenstaatlichkeit der Länder handeln, sondern das entscheidende Ziel ist, den Föderalismus den Bedürfnissen eines modernen Industrie- und Sozialstaates anzupassen. Nur so kann die uns gestellte Aufgabe der Finanzverfassungsreform verstanden und in diesem Sinne muß sie gelöst werden. Deshalb muß ein ausgewogenes und bewegliches System der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erreicht werden. Ich begrüße es sehr, daß über die Frage der .Gemeinschaftsaufgaben, eines Kernstücks der Finanzverfassungsreform, Einigkeit erzielt wurde, und ich glaube, daß der jetzt gefundene Katalog — Ausbau und Neubau von wissenschaftlichen Hochschulen, Maßnahmen zur regionalen Wirtschaftsförderung, Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes sowie die konkurrierende Gesetzgebung auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung — dem von mir dargestellten Ziel entspricht. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen (Drucksache V/2636 Frage 36) : Aus welchen Gründen werden vom DAAD bei der Bewerbung für Lektoienstellen in überseeische, Länder in erster Linie verheiratete männliche Bewerber berücksichtigt? Seit über 15 Jahren vermittelt der DAAD auf Anforderung ausländischer Hochschulen Lektoren der deutschen Sprache. Die ausländischen Universitäten suchen sich auf Grund eines Vorschlags des DAAD den ihnen geeignet erscheinenden Kandidaten selbst aus. Die Lektoren treten mit ihrer Vermittlung in ein unmittelbares Beschäftigungsverhältnis zur ausländischen Universität. Es ist selbstverständlich, daß der DAAD bei seinem Vorschlag die Wünsche und Voraussetzungen der ausländischen Hochschule berücksichtigen muß. Meistens erklärt die ausländische Universität, welchen Studienabschluß der Bewerber haben muß, was sein Haupt- und Nebenfach sein soll und welche Sprachkenntnisse gefordert werden. In bestimmten Fällen wird aber auch verlangt, daß der Bewerber ein verheirateter Lektor (also keine verheiratete Lektorin) sein soll. Dieser Wunsch wird vornehmlich an den DAAD aus Ländern herangetragen, in denen die Rolle der berufstätigen Frau noch nicht voll anerkannt ist. Deshalb entsendet der DAAD in Länder, in denen man der Tätigkeit der Frau noch mit Vorurteilen begegnet, verheiratete männliche Bewerber. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Tallert (Drucksache V/2636 Fragen 38, 39 und 40) : Hat die Bundesregierung untersucht, wer die Redaktion der Zeitschrift „Echo der Zeit" über einen Bericht des deutschen Botschafters in den USA, Knappstein, an das Auswartige Amt informiert hat? Ist die Weitergabe von verschlüsselten Berichten eines Botschafters an die Presse eine strafbare Handlung? Ist die Staatsanwaltschaft wegen der in Frage 38 erwähnten Information in eine Untersuchung eingeschaltet worden? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8389 Zu 1: Ja. Zu 2: Die Weitergabe von verschlüsselten Berichten eines Botschafters an die Presse ist eine strafbare Handlung, wenn der Bericht ein Staatsgeheimnis im Sinne von § 99 StGB enthält. Die Strafbarkeit ergibt sich dann aus § 100, Abs. I des StGB. Falls durch die Weitergabe wichtige öffentliche Interessen im Sinne von § 353 b StGB gefährdet werden, erfüllt die Weitergabe eines verschlüsselten Berichts diese Strafbestimmung. Dies aber nur soweit, als der Bericht Geheimnisse enthält, die dem Botschafter bei der Ausübung seines Amts anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind. Zu 3: Nein. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerlach (Drucksache V/2636 Frage 57) : Welche Entscheidung hat die Bundesregierung auf den Brief des DGB-Vorsitzenden Ludwig Rosenberg betr. die Rechte des Personals der Europäischen Gemeinschaften getroffen? Der Herr Bundeskanzler hat das Schreiben des Vorsitzenden des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Herrn Ludwig Rosenberg, beantwortet. Sein Schreiben hat nachstehenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Rosenberg, mit Ihrem Brief vom 11. November 1967 legen Sie mir Ihre Besorgnis über die künftige Lage der Beamten der Europäischen Gemeinschaften dar. Ich begrüße es, daß durch das Inkrafttreten des Vertrages zur Einsetzung eines Gemeinsamen Rats und einer Gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften nunmehr die Möglichkeit besteht, die dringend notwendige Rationalisierung des Verwaltungsapparats dier Europäischen Gemeinschaften einzuleiten. Die Kommission befaßt sich daher bereits mit dem in Anhang I zu dem genannten Vertrag enthaltenen Auftrag, eine Rationalisierung ihrer Dienststellen durchzuführen. Es ist bedauerlich, daß Pressemeldungen über die angeblichen Absichten der Regierungen einzelner Mitgliedstaaten Unruhe unter das Personal der Europäischen Gemeinschaften gebracht haben. Die Bundesregierung hat sich Vorstellungen der in Ihrem Brief geschilderten Art über eine schematische Reduzierung des Personals nicht zu eigen gemacht. Die Bundesregierung ist weiterhin der Auffassung, daß bei den notwendigen . Personalveränderungen die allgemeinen Grundsätze des Personalrechts nicht verletzt werden sollten. Ich bin überzeugt, daß alle, denen an einer Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaften liegt, die Verbesserung würdigen werden, die eine zweckmäßige Einrichtung und ein straffer Aufbau der Verwaltung für alle Beteiligten mit sich bringen." Inzwischen hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften am 29. Februar 1968 das Beamtenstatut in neuer Fassung verabschiedet. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Prinz von Bayern (Drucksache V/2636 Frage 58) : Ich frage die Bundesregierung, ob sie bereit ist, statt der in Aussicht gestellten Umwandlung des 17. Juni von einem Feiertag in einen nationalen Gedenktag den 17. Juni als einen jährlichen Wahlfeiertag festzulegen, an dem sämtliche in Bund, Land und Kommunen fälligen Wahlen einheitlich abzuhalten wären? Nach der gegenwärtigen Rechtslage kommt eine einheitliche Abhaltung der in Bund, Ländern und Kommunen fälligen Wahlen jeweils am 17. Juni nicht in Betracht. Bei den Bundestagswahlen ist eine derartige Regelung nicht möglich, da .nach Art. 39 Abs. 1 GG die Neuwahl im letzten Vierteljahr der Wahlperiode stattzufinden hat, die Wahlperiode aber erst im Oktober endet. Mehrere Landesverfassungen enthalten ähnliche Bestimmungen über den Wahltermin für die Landtagswahlen, so daß sich dieser stets nach dem Ablauf der Wahlperiode zu richten hat. Hinzu kommt, daß nach den Bestimmungen einiger Landesverfassungen der Wahltag nur ein Sonntag sein darf. Die Wahltermine für Kommunalwahlen sind in einer Reihe von Ländern gesetzlich festgelegt. Ein einheitlicher jährlicher Wahltermin könnte somit nur durch Änderung des Grundgesetzes sowie der Landesverfassungen und Kommunalwahlgesetze der Länder herbeigeführt werden. In den Ländern würden derartige Verfassungsänderungen die Erreichung von Zweidrittelmehrheiten, in Bayern außerdem den Volksentscheid, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wahlweise das Plebiszit fordern. Selbst wenn diese Schwierigkeiten in den einzelnen Ländern überwunden würden, könnten die Legislaturperioden der Landtage und damit die Wahltermine jederzeit wieder auseinanderfallen, weil in allen Ländern außer Bremen eine vorzeitige Parlamentsauflösung verfassungsrechtlich möglich ist. Es dürfte nicht zu erwarten sein, daß die Länder zu so einschneidenden Verfassungsänderungen, wie sie die Abschaffung der Parlamentsauflösung bedeuten würde, bereit sein werden. Gegen eine Vereinheitlichung der Wahltermine in Bund, Ländern und Kommunen bestehen darüber hinaus auch politische Bedenken, auf die bereits die Wahlrechtskommission 1955 hingewiesen hat. Eine Synchronisierung der Wahltermine hätte insbesondere zur Folge, daß bei Zusammenfallen von Wahlen in Bund und Ländern die Bundespolitik noch stär- 8390 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 ker den Landtagswahlkampf beherrschen würde. Auch der Beirat für Fragen der Wahlrechtsreform hat erneut von einer Abstimmung der Wahltermine zwischen Bund und Ländern oder nur unter den Ländern abgeraten. Die einheitliche Abhaltung von Wahlen am 17. Juni empfiehlt sich schließlich auch deshalb nicht, weil im Monat Juni bereits die Urlaubs- und Reisezeit beginnt. Trotz dieser rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten wird sich die Bundesregierung darum bemühen, eine Zusammenlegung der Wahltermine für die Bundestags- und Landtagswahlen herbeizuführen, sofern die Wahlen an verschiedenen Terminen in einem Wahljahr stattfinden sollen und die bestehenden Rechtsvorschriften eine Zusammenlegung der Wahltermine erlauben. Dieses Ziel läßt sich indessen leichter im Wege der Vereinbarung unter den Beteiligten als durch Verfassungs- und Gesetzesänderungen erreichen. Einige Länder haben bereits in der Vergangenheit ihre Landtags- oder Kommunalwahltermine abgestimmt (Landtagswahltermin 23. 4. 1967 in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein; Kommunalwahltermin 27. 9. 1964 in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen; 25. 10. 1964 in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland). Aus den dargelegten Gründen kann ich Ihre Frage nicht positiv beantworten. Im übrigen ist die Frage der künftigen Gestaltung des 17. Juni zur Zeit noch Gegenstand eingehender Überlegungen des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen sowie der Bundesregierung. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten *Busse (Herford) (Drucksache V/2636 Fragen 61, 62 und 63): Ist es richtig, daß das Bundesinnenministerium das Verhalten des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, Weyer, die Pressekonferenz des Initiativausschusses für die Wiederzulassung der KPD in Bonn nicht zu verbieten, mißbilligt und zum Anlaß für eine fernschriftliche Aufforderung an alle Landesinnenminister zu verschärftem und energischem einheitlichen Vorgehen gegen derartige Veranstaltungen genommen hat? Trifft es zu, daß der Bundesjustizminister im Gegensatz zum Bundesinnenministerium die rechtlichen Bedenken des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, Weyer, gegen ein Verbot derartiger Veranstaltungen teilt? Auf welche Rechtsgrundlagen stützt der Bundesinnenminister seine Maßnahmen, mit denen er eine Einflußnahme auf die Landesinnenminister beabsichtigt? Ihre Annahme, das Bundesministerium des Innern mißbillige das Verhalten des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, trifft nicht zu. Zwischen den Innenministern des Bundes und der Länder besteht in der rechtlichen Beurteilung des Auftretens von KPD-Funktionären im Bundesgebiet weitgehend Einvernehmen. Es handelt sich um folgende Sach- und Rechtslage: Seit dem 8. Februar 1968 erscheinen drei vom Zentralkomitee der illegalen KPD in Ost-Berlin entsandte Funktionäre auf verschiedenen Veranstaltungen im Bundesgebiet und versuchen, für das neue Programm und die Wiederzulassung der KPD zu werben. Das Auftreten dieser Funktionäre ist nach § 90 a StGB strafbar, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Vertreter der illegalen KP tätig werden und damit die verbotene Partei fortsetzen. Der Herr Bundesminister der Justiz ist ebenso wie ich der Auffassung, daß Veranstaltungen, auf denen nur mit der Möglichkeit einer Aufhebung des KPD-Verbots zusammenhängende Fragen oder die Neugründung einer KPD mit einem verfassungskonformen Programm sachlich erörtert werden, zulässig sind. Der Herr Bundesminister der Justiz teilt aber auch meine Meinung, daß Veranstaltungen von Gruppen, die — gegebenenfalls unter dem Namen „Initiativausschuß" — lediglich vorgeben, sich mit diesen Fragen zu befassen, in Wahrheit aber die verbotene KPD fortsetzen oder unterstützen oder für sie werben oder für sie eine Ersatzorganisation bilden; verhindert werden müssen. Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hielt es nach meinen Informationen aus polizeitaktischen Gründen für besser, die Pressekonferenz des Initiativausschusses für die Wiederzulassung der KPD am 14. Februar 1968 nicht von vornherein zu verbieten. Statt dessen wurden von Veranstaltern Auflagen erteilt, mit deren Hilfe eine Fortsetzung oder Förderung der Ziele der verbotenen KPD ausgeschlossen werden sollten. Inzwischen haben jedoch weitere Veranstaltungen von Einzelpersonen und der Initiativausschüsse zum Thema der Wiederzulassung der KPD gezeigt, daß bewußt und erklärtermaßen das KPD-Verbot mißachtet wird. Deshalb halte ich es für richtig, derartige Veranstaltungen gemäß § 5 Nr. 1, 4 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Versammlungsgesetzes präventiv zu verbieten. Mein Fernschreiben vom 14. Februar 1968 an die Innenminister der Länder diente unabhängig vom Ausgang der Pressekonferenz des Initiativausschusses von demselben Tage in Bonn dazu, die gemeinsame rechtliche Beurteilung derartiger Vorfälle noch einmal festzuhalten. Es war schon am Tage zuvor im Wortlaut entworfen und enthält keine Kritik am Vorgehen des Landes Nordrhein-Westfalen. Nach § 32 Abs. 2 des Parteiengesetzes kann der Bundesminister des Innern die für eine einheitliche Vollstreckung eines Parteiverbotes erforderlichen Anordnungen treffen, wenn sich die Organisation und die Tätigkeit der Partei über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Dieses Anordnungsrecht schließt alle vorangehenden anderweitigen Koordinierungsbemühungen ein. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Funcke (Drucksache V/2636 Frage 64) : Ist die Bundesregierung bereit, Kindergärten für die Kinder der Bediensteten in den Bundesministerien, in den Bundesbehörden und im Bundestag einzurichten? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8391 Die Bundesregierung beabsichtigt zur Zeit nicht, Kindergärten für die Kinder der Bediensteten in den Bundesministerien, den übrigen Bundesbehörden und im Bundestag einzurichten. Es mag zutreffen, daß für die weiblichen Bediensteten, deren Kinder während der Dienstzeit betreut werden müssen, Kindergärten in der Nähe der Dienststellen eine Entlastung bedeuten würden und daß dadurch Frauen mit Kleinkindern ein Anreiz zum Eintritt in den Dienst des Bundes geboten werden könnte. Ich halte es jedoch nicht für wahrscheinlich, daß zur Zeit auf diese Weise ein dem hohen Aufwand angemessener Erfolg erzielt werden könnte. Außerdem würde es augenblicklich sicherlich sehr schwierig sein, die finanziellen Voraussetzungen für die Einrichtung von Kindergärten zu schaffen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Josten (Drucksache V/2636 Frage 65 und 66) : Hält die Bundesregierung angesichts der starken Besucherzahl aus dem Ausland und insbesondere auch aus finanziellen Gründen es für zweckmäßig, daß in der Bundesrepublik Deutschland in allen Ländern einheitliche Polizeiuniformen eingeführt werden? Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit von seiten der Innenminister der Länder eine Vereinheitlichung der Uniformen der Polizei angestrebt wird? Eine einheitliche Polizeiuniform hätte unter anderem den Vorteil, daß Ausländer die Beamten im gesamten Bundesgebiet ohne Schwierigkeiten als Polizeibeamte erkennen könnten und daß sich Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit beim Einschreiten in angrenzenden Gebieten benachbarter Bundesländer verringern würden. Ich würde daher die Einführung einer einheitlichen Dienstkleidung für die Polizei begrüßen. Die insoweit allein zuständigen Innenminister der Länder haben sich bereits im Jahre 1964 mit der Angelegenheit befaßt. Sie waren übereinstimmend der Ansicht, daß die Einführung einer einheitlichen Polizeiuniform anzustreben sei. Nachdem jedoch bereits die Vereinheitlichung der Dienstgradabzeichen aus politischen und finanziellen Gründen scheiterte, konnten die weitergehenden Bestrebungen, die Uniform zu vereinheitlichen, schon wegen des damit verbundenen finanziellen Aufwands keinen Erfolg haben. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (Drucksache V/2636 Fragen 67 und 68) : Wird die Bundesregierung — ideell und materiell — das Projekt unterstützen, in München ein Museum für moderne Kunst zu schaffen, das von einer zunächst privaten Stiftung getragen werden soll und für das bereits Beratungen mit Staat und Stadt gepflogen wurden, zumal dadurch Anregungen verwirklicht würden, wie sie Bundesminister Strauß im Plenum des Bundestages vorgetragen hat, die Olympischen Spiele durch die Darbietung zeitgenössischer Kunst zu bereichern? Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, am Sitz der Bundesorgane in Bonn ein Haus far die Kunst unserer Zeit zu errichten, das bei einem minimalen Einsatz öffentlicher Mittel — ebenfalls von einer Stiftung getragen — unserem Volk und allen Gästen auch die völkerverbindende Kraft der Kunst beweisen kann? Über das Projekt, in München ein neues Museum für moderne Kunst zu schaffen, wurde die Bundesregierung bisher nicht unterrichtet. Es wurden deshalb bei dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus Erkundigungen eingezogen. Danach bemüht sich ein privater Verein, die ehemalige Stuck-Villa zu einem Museum auszugestalten. Das Staatsministerium ist mit dem Projekt amtlich noch nicht befaßt und empfiehlt, daß sich die privaten Initiatoren mit Staat und Stadt in Verbindung setzen sollen. Im übrigen wird seitens des Staatsministeriums darauf hingewiesen, daß es in München bereits die Neue Staatsgalerie, die einen sehr regen Fördererverein hat, und die von der Stadt München getragene Lenbach-Galerie gibt; zur Aufgabe beider Institutionen gehört die Sammlung moderner Kunst. Im Rahmen des kulturellen Programms für die XX. Olympiade in München plant der Kunstausschuß des Organisationskomitees Ausstellungen, die gerade auch die zeitgenössische Kunst darbieten sollen. Nach alledem stellt sich bei dem neuen Projekt die Frage, ob ein echtes Bedürfnis vorliegt. Die Bundesregierung kann verständlicherweise nur Stellung nehmen, wenn sie genauer unterrichtet ist. Dies ist — wie gesagt — bisher nicht geschehen. Von sich aus bei dieser Sachlage etwas zu unternehmen, besteht für die Bundesregierung kein Anlaß, vor allem auch angesichts der Grenzen der kulturellen Bundeskompetenzen. Ähnliches gilt für die zweite Frage. Auch hier ist die Bundesregierung bisher mit einem Vorschlag, in Bonn ein Haus für die Kunst unserer Zeit zu errichten, nicht befaßt und kann infolgedessen kein Urteil abgeben. Es ist nicht erkennbar, ob an einer Kunstsammlung oder an ein Haus der Begegnung gedacht ist. Für ein neues Museum würde kein Bedarf bestehen, weil sowohl in der Städtischen Kunstsammlung der Stadt Bonn wie auch im Rheinischen Lan-museum mit seinen gerade fertiggestellten neuen Räumen die moderne Kunst berücksichtigt wird. Wenn der Bundesregierung Näheres über den Bonner Vorschlag mitgeteilt wird, ist sie gern bereit, sich damit im Rahmen ihres Aufgabenbereiches zu beschäftigen und dann Stellung zu nehmen. Es wäre dankenswert, wenn der Bundestag der Bundesregierung die Möglichkeit gäbe, die schon bestehenden kulturellen Einrichtungen im Raume Bonn noch wirkungsvoller zu unterstützen, als dies bisher bereits geschieht. 8392 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Opitz (Drucksache V/2636 Frage 69) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß angesichts der zum Teil auch durch steuerliche Veränderungen bewirkten Preiserhöhungen eine Erhöhung der zuletzt 1965 erhöhten Reisekostenpauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen notwendig ist? Ihre Frage betrifft zwar nur „Verpflegungsmehraufwendungen", die durch das Tagegeld abgegolten werden; ich gehe jedoch davon aus, daß Sie — in gleicher Weise wie die in dieser Sache bereits vorstellig gewordenen Berufsorganisationen — mit Ihrer Frage die gesamten im öffentlichen Dienst zu zahlenden Entschädigungen erfassen wollten (Tagegeld, Übernachtungsgeld, Trennungsreisegeld und Trennungstagegeld, das vom 15. Tage des Aufenthaltes an demselben auswärtigen Geschäftsort gezahlt wird). Die Bundesregierung hält den gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Entscheidung noch verfrüht und möchte abwarten, ob die im Hotel- und Gaststättengewerbe — besonders seit der Einführung der Mehrwertsteuer — vorgenommenen Preiserhöhungen sich nicht zumindest zu einem Teil als Übergangserscheinungen erweisen werden, die von den zur Zeit gültigen Reisekostenpauschbeträgen noch aufgefangen werden können. Diese Auffassung habe ich auch gegenüber den Berufsorganisationen vertreten. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Reisekostensätze für den öffentlichen Dienst wird die Bundesregierung — hier ist der Herr Bundesminister der Finanzen zuständig — zu gegebener Zeit auch die Frage prüfen, ob die steuerlichen Reisekostenpauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten angepaßt werden müssen. Der weiteren Entwicklung der Preise im Hotel-und Gaststättengewerbe werde ich in den nächsten Monaten meine besondere Aufmerksamkeit widmen. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2636 Frage 70) : Wird die Bundesregierung jetzt, nachdem diplomatische Beziehungen mit Jugoslawien wieder aufgenommen sind, bereit sein, Angehörigen des öffentlichen Dienstes einschließlich der Bundeswehr Urlaubsreisen in dieses Land grundsätzlich zu genehmigen? Private Reisen von öffentlichen Bediensteten nach Jugoslawien unterliegen schon jetzt grundsätzlich keinen Einschränkungen. Beschränkungen bestehen nur für Bedienstete, die zum Zugang zu Verschlußsachen ermächtigt sind, und für bestimmte Sonderbereiche, insbesondere die Bundeswehr. Diese Beschränkungen haben ihre Ursache in Gründen der Sicherheit und stehen grundsätzlich nicht im Zusammenhang mit dem Abbruch oder der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lemmrich (Drucksache V/2636 Frage 74) : Wie viele Studenten der Medizin aus Entwicklungsländern studieren an den Universitäten der Bundesrepublik Deutschland? Nach den neuesten Unterlagen des Statistischen Bundesamtes betrug die Zahl der Medizinstudenten aus Entwicklungsländern im Wintersemester 1965/66 insgesamt 3436. Das entspricht einem Anteil von 7,8 % aller in der Bundesrepublik studierenden Mediziner, bzw. von 64 0/o aller Ausländer dieser Studienrichtung. In diesen Zahlen sind alle Studierenden der allgemeinen Medizin, der Zahnmedizin und der Pharmazie erfaßt. Eine Aufgliederung in die einzelnen. Teilbereiche ist nicht möglich. Daneben waren zur gleichen Zeit an wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik 103 Studenten der Tiermedizin immatrikuliert. Das sind 5,9 % aller studierender Tiermediziner, bzw. 65% aller Ausländer dieser Studienrichtung. Neuere Angaben liegen leider nicht vor Anfang 1969 vor. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Diebäcker (Drucksache V/2636 Fragen 75, 76 und 77) : Wird die durch den Bundesfinanzminister beabsichtigte ministerielle Ausnahmeregelung gem. § 100 des Branntweinmonopolgesetzes (Zulassung von niedriggrädigen Alkoholika) nicht zu ungleichen Wettbewerbsvoraussetzungen dadurch führen, weil Betriebe, deren Produkte sich nicht zu Mischungen mit Tafelwasser sondern mit anderen Stoffen eignen, bis zur gesetzlichen Regelung vom Markt ausgeschlossen sind? Ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß die beabsichtigte — in Frage 75 erwähnte — Vorabregelung eines Teilgebietes durch eine Verordnung eine spätere umfassende gesetzliche Regelung präjudiziert und damit dem Gesetzgeber vorgreift? Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedenken, die von anderen Bundesministerien außerhalb des Bundesfinanzministeriums gegen die in Frage 75 erwähnte Verordnung vorgebracht werden? Mit der Verordnung würde keine neue Getränkegruppe geschaffen, die in Konkurrenz zu den bisher auf dem Markt befindlichen Spirituosen treten könnte. Mit ihr würde nur erreicht, daß der bisher von den Verbrauchern vorgenommene Mischungsvorgang in die industrielle Fertigung vorverlegt Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8393 wird. Die Zulassung anderer alkoholischer Mischgetränke als Branntwein mit Mineralwasser wäre keine Ausnahmegenehmigung mehr und nicht durch die Ermächtigung des § 100 Abs. 3 BranntwMonG gedeckt. Mit dem Erlaß einer Verordnung über die Zulassung alkoholischer Mischgetränke würde der Bundesminister der Finanzen nur von einer ihm zustehenden Gesetzesermächtigung Gebrauch machen. Darin könnte keine Präjudizierung künftiger gesetzlicher Regelungen für andere alkoholische Mischgetränke gesehen werden. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß die Erfahrungen, die bei der Herstellung und dem Absatz der neuen Mischgetränke gesammelt werden, den Gesetzgeber beeinflussen, wenn über die Zulassung auch anderer Mischungen als Branntwein mit Mineralwasser beraten wird. Diese Erfahrungen dürften aber für den Gesetzgeber nur von Nutzen sein. Die Bedenken derjenigen Ministerien, die zu der Verordnung gehört worden sind, werden sorgfältig geprüft. Die Verordnung wird nicht veröffentlicht werden, bevor nicht Einvernehmen über Inhalt und Zweck der Verordnung mit allen Bundesressorts hergestellt ist. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 6. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Gerlach (Drucksache V/2636 Fragen 78 und 79) : Haben die Vertreter des Bundesfinanzministeriums bei den Beratungen über die Reduzierung des Personalbestandes der vereinigten Exekutiven der Europäischen Gemeinschaften, im Auftrag des Bundesfinanzministers oder im eigenen Ermessen gehandelt? Welche Weisungen hat die Bundesregierung dem deutschen ständigen Vertreter im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften für die Beschlußfassung über die Personaleinsparungen bei den fusionierten Europaexekutiven erteilt? Zu 1. Die Vertreter des Bundesfinanzministeriums haben in dem Ausschuß der Haushaltsexperten, der die Arbeiten des Ausschusses der Ständigen Vertreter in sachlicher und haushaltstechnischer Hinsicht vorzubereiten hat, im Auftrag der Bundesregierung eine zwischen den beteiligten Ressorts abgestimmte Auffassung vertreten. Sie haben übrigens — entgegen einer anderslautenden Pressenotiz — keineswegs eine restriktive Haltung eingenommen, etwa wie die französischen Delegierten; ihre Vorschläge stimmten mit den in Haushaltsfragen als gemeinschaftsfreundlich bekannten Benelux-Staaten überein. In der gestrigen EWG-Ministerratssitzung hat sich bei der Verabschiedung des Haushalts sogar ergeben, daß der deutsche Standpunkt sogar am weitesten ging. Frankreich und Luxemburg haben sich der Stimme enthalten. Zu 2. In der Weisung an den deutschen Ständigen Vertreter vom 13. Februar 1968 ist der von den Benelux-Staaten und Deutschland im Haushaltsausschuß erarbeitete Vorschlag zunächst im wesentlichen bestätigt worden. In einer Weisung vom 20. Februar 1968 ist dem deutschen Ständigen Vertreter weiterer Verhandlungsspielraum eingeräumt worden, um eine Einigung auch mit der Kommission zu ermöglichen. Die Kommission hat inzwischen einen neuen Vorschlag unterbreitet, dem alle Delegationen — mit Ausnahme Frankreichs und Luxemburgs — zugestimmt haben. Die Frage zu 3. wird der für die Angelegenheiten des Personalstatuts der Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften federführende Bundesminister des Innern beantworten. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Mertes (Drucksache V/2636 Fragen 80, 81 und 82) : Wann gedenkt die Bundesregierung den in § 12 Abs. 4 des Stabilitätsgesetzes geforderten Zeitplan für eine frühere Beendigung oder einen stufenweisen Abbau der Subventionen des Bundes vorzulegen? Glaubt die Bundesregierung, daß sie mit der Vorlage des Berichts über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuerbegünstigungen (Drucksache V/2423) überhaupt den Erfordernissen des § 12 des Stabilitätsgesetzes gerecht geworden ist? Was hat die Bundesregierung bewogen, entgegen den Empfehlungen im Schriftlichen Bericht (zu Drucksache V/1678, S. 7) den sozialen Bereich im Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuerbegünstigungen nicht zu behandeln? Die Bundesregierung hat bereits in dem von ihr vorgelegten Bericht darauf hingewiesen, daß bei der in diesem Frühjahr vorzunehmenden Fortschreibung der mehrjährigen Finanzplanung zu entscheiden sein wird, inwieweit schon in naher Zukunft ein Abbau von finanziellen Hilfen vorzunehmen ist. Sie hofft überdies, daß die parlamentarischen Beratungen über den von ihr vorgelegten Bericht darüber Aufschluß geben werden, welche konkreten Möglichkeiten für einen Abbau von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen gesehen werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird die Bundesregierung bemüht sein, in ihrem zweiten Bericht, der nach den Bestimmungen des Stabilitätsgesetzes im Jahre 1969 zu erstatten ist, detailliertere Abbauvorschläge zu entwickeln, als es im ersten Bericht aus Zeitgründen möglich war. Die Bundesregierung glaubt, daß sie mit dem Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen den Erfordernissen des § 12 des Stabilitätsgesetzes gerecht geworden ist, soweit das in der kurzen Zeit seit Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes im Juni vergangenen Jahres und angesichts der mit dieser Vorschrift verknüpften Problematik möglich war. Sie hat es im Interesse einer unverzüglichen Unterrichtung des Parlaments und der Öffentlichkeit für richtig gehalten, die Berichterstattung über die. finanziellen Hilfen schon im Jahre 1967 aufzunehmen, obwohl es nach dem Stabilitätsgesetz zulässig gewesen wäre, auch diesen Teil des Berichts erst 8394 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 im Jahre 1969 vorzulegen. Dabei war es natürlich nicht möglich, in dieser kurzen Zeitspanne schon einen zeitlich und zahlenmäßig fixierten Abbauplan für einzelne Begünstigungen auszuarbeiten. Die Bundesregierung hat bei der Abfassung ihres Berichts den sozialen Bereich keineswegs übersehen und auch den Hinweis in. dem von Ihnen genannten Schriftlichen Bericht beachtet. Sie ist aber der Auffassung, daß allgemeine Sozialausgaben nicht mit Finanzhilfen und Steuervergünstigungen gleichgesetzt werden können, die vorwiegend unter dem Aspekt der Gewährung von Subventionen gesehen werden. Um aber dennoch aufzuzeigen, in welchem Maße der Bund finanzielle Leistungen für die soziale Sicherheit breiter Bevölkerungskreise aufbringt, sind die Zuschüsse zur Rentenversicherung einschließlich der Zuschüsse zur Knappschaft, die Zuschüsse zur Altershilfe für Landwirte sowie die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz in dem vorliegenden Bericht nachrichtlich dargestellt worden. Spezielle Leistungen des Bundes, die eine wirtschaftspolitische Zielsetzung verfolgen und gleichzeitig einen sozialen Charakter aufweisen, sind hingegen — wie etwa das Abfindungsgeld für ausscheidende Bergleute — der Anregung des Schriftlichen Berichts folgend, in den Bericht aufgenommen worden. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Koch (Drucksache V/2636 Frage 83) : Was gedenkt die Bundesregierung — angesichts des Tätigkeitsberichts des Bundesfinanzhofs, daß im Jahre 1967 die Ruckstände des Bundesfinanzhofs 4000 anhängige Fälle betragen, was einem Arbeitsvolumen von zwei Jahren entspricht — zu tun, um diese übermäßig langsame Abwicklung der anhängigen Rechtsbehelfe zu beschleunigen? Die Überlastung des Bundesfinanzhofs und die daraus sich ergebende große Anzahl der bei ihm anhängigen unerledigten Fälle beruht im wesentlichen darauf, daß die Revision an den Bundesfinanzhof schon bei der verhältnismäßig niedrigen Revisionssumme von 1000 DM ohne das Filter einer entsprechend den anderen Gerichtszweigen vorgeschalteten Berufungsinstanz zulässig ist. Seit dem Inkrafttreten der Finanzgerichtsordnung (1. 1. 1966) ist eine Entlastung des Bundesfinanzhofs insofern eingetreten, als die Anzahl der eingegangenen Revisionen gegenüber 1965 im Jahre 1966 um 429 und im Jahre 1967 um 546 zurückgegangen ist. Rein zahlenmäßig ist der Rückgang der Anzahl der Revisionen zwar durch eine etwas höhere Anzahl von Verfahrensbeschwerden ausgeglichen worden. Die Bearbeitung der Verfahrensbeschwerden nimmt aber in der Regel eine weitaus geringere Zeit in Anspruch als die Bearbeitung von Revisionen. Die dadurch eintretende „Umschichtung" des Arbeitsanfalls trägt mithin bereits zu einer gewissen Entlastung des Bundesfinanzhofs bei. Die Bundesregierung erwartet eine fühlbare Entlastung des Bundesfinanzhofs durch eine Novelle zur Finanzgerichtsordnung, deren Entwurf demnächst dem Bundeskabinett vorgelegt wird. Der Entwurf sieht eine Erhöhung der Revisionssumme auf 6000 DM und eine Beschränkung der Verfahrensbeschwerden an den Bundesfinanzhof vor. Diese Maßnahmen werden eine erhebliche Verminderung der Rechtsmittel an den Bundesfinanzhof zur Folge haben und damit eine beschleunigte Abwicklung der Rückstände ermöglichen. Ergänzend zu diesen in der Novelle zur Finanzgerichtsordnung vorgesehenen Maßnahmen wird geprüft, ob eine schnellere Erledigung der Steuerprozesse durch eine Vermehrung der Richterstellen beim Bundesfinanzhof erreicht werden kann. Die Errichtung eines weiteren — VIII. — Senats ist schon im Haushaltsvoranschlag 1968 beantragt worden. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat die Bewilligung der erforderlichen Stellen zunächst zurückgestellt und einen Bericht über die weitere Entwicklung des Arbeitsanfalls beim Bundesfinanzhof angefordert. Dieser Bericht wird z. Z. vorbereitet und demnächst dem Haushaltsausschuß vorgelegt werden. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Moersch (Drucksache V/2636 Fragen 84, 85 und 86) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Umstellungszeit von der Verabschiedung des Mehrwertsteuergesetzes bis zu seinem Inkrafttreten ausreichte? Glaubt die Bundesregierung, daß der Wirtschaft alle notwendigen Unterlagen für die Umstellung auf das Mehrwertsteuersystem so rechtzeitig vorgelegt wurden, daß die Betroffenen genügend Zeit hatten, sich darauf einzustellen? Hält es die Bundesregierung für angemessen, daß den Betroffenen die — bisher unbekannten — Formulare und Erläuterungen zur Umsatzsteuervoranmeldung teilweise erst wenige Tage vor Anmeldefrist zugehen? Das neue Umsatzsteuergesetz ist am 26. April 1967 von diesem Hohen Hause verabschiedet worden. In den Beratungen der zuständigen. Ausschüsse ist auch die Frage des Inkrafttretens zum 1. Januar 1968 mehrfach zur Sprache gekommen. Das Hohe Haus und die Bundesregierung waren sich dabei darüber einig, daß vor allem aus preispolitischen Gründen für den Übergang zum neuen Recht nur der 1. Januar 1968 in Betracht kommen konnte, auch wenn sich hierdurch eine nur knapp bemessene Umstellungszeit für die Wirtschaft und die Verwaltung ergab. Die Bestimmung des konjunkturell günstigsten Übergangszeitpunktes war wegen des preispolitischen Risikos eine der bedeutsamsten Entscheidungen, die das Hohe Haus und die Bundesregierung bei den Beratungen über das neue Umsatzsteuergesetz im Frühjahr 1967 zu treffen hatten. Wie jetzt feststeht, ist diese Entscheidung richtig gewesen. Zwangsläufig ließen sich bei der aus übergeordneten politischen Gründen relativ kurzen Übergangs- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8395 zeit gewisse Umstellungsschwierigkeiten nicht vermeiden. Gleichwohl sind der Wirtschaft, wie ich glaube, die notwendigen Unterlagen für die Umstellung auf das neue Recht rechtzeitig vorgelegt worden. Ich erinnere hierbei insbesondere an die 1. Durchführungsverordnung, die bereits im Juli 1967 ergangen ist und in der die für die Praxis besonders wichtigen Fragen hinsichtlich der Rechnungsausstellung, des Vorsteuerabzugs und der Erleichterungen bei den Aufzeichnungen geregelt sind. Das gilt auch für die Mehrwertsteuerfibel, die der Öffentlichkeit im Oktober 1967 zur Verfügung gestellt wurde. Sie enthielt bereits das Änderungsgesetz, das eine Erhöhung der Entlastung der Altvorräte und der Steuersätze brachte. Das Muster der neuen Umsatzsteuer-Voranmeldung nach den allgemeinen Vorschriften ist am 18. 12. 1967 im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden. Die im Interesse der Wirtschaft sehr eingehend gehaltenen Hinweise und Erläuterungen zu dem Vordruck konnten im Januar 1968 vorgelegt werden. Teilweise sind die Vordrucke und Erläuterungen den Steuerpflichtigen daher erst Anfang Februar 1968 zugegangen. Die Frist für die Abgabe der ersten Voranmeldung lief aber auch erst am 19. Februar 1968 ab. Außerdem ist jedem Steuerpflichtigen für die Monate Januar bis Juni 1968 gestattet worden, die Mehrwertsteuer-Vorauszahlung jeweils zunächst nur schätzungsweise oder nach den Verhältnissen des Vorjahres zu berechnen und die korrekte Berechnung nach dem neuen Gesetz erst in der nächsten Voranmeldung vorzunehmen. Darüber hinaus haben die Oberfinanzdirektionen die Finanzämter ausdrücklich angewiesen, bei Verspätungen in der Abgabe der ersten Voranmeldung großzügig zu sein. Ich glaube, daß die Verwaltung wirklich sehr viel getan hat, um den Steuerpflichtigen den Übergang zu erleichtern. Schwierigkeiten des Übergangs wären auch bei einer längeren Umstellungszeit nicht zu vermeiden gewesen. Man sollte sie daher nicht überbewerten. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ertl (Drucksache V/2536 Fragen 87 und 88) : Was versteht der Bundesfinanzminister unter „maßvoller Erhohung der Grundsteuer im Zuge der Finanzreform", wie sie von ihm in einem Fernsehinterview angekündigt wurde? Glaubt die Bundesregierung, über die aus der Neufestsetzung der Einheitswerte zu erwartende Erhöhung der Grundsteuer um 20 % hinaus auch noch eine weitere Anhebung derselben verantworten zu können? Die Bundesnegierung hat in ihrem Gemeindefinanzreformprogramm vom 31. Januar 1968 zur notwendigen Stärkung der Investitionskraft dier Gemeinden u. a. eine begrenzte Erhöhung der Grundsteuer in Betracht gezogen. Bei der Neufestsetzung der Einheitswerte ist eine Erhöhung der Gesamtsumme der Einheitswerte zu erwarten. Im Interesse dier Verstärkung der Gemeindefinanzmasse erscheint es nicht möglich, bei der Einführung der zeitgemäßen Einheitswerte als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer auf eine maßvolle Erhöhung des Gesamtvolumens dieser Steuer zu verzichten, die das is. Z. in Art. 3 Abs. 2 des Bewertungsänderungsgesetzes im Jahre 1965 im Sinne einer sog. Steuerneutralität vorgesehen worden ist. Über das Ausmaß und die Abgrenzung einer Erhöhung des Grundsteuervolumens kann jedoch erst nach sorgfältiger Auswertung der Untersuchungen über die Bewertungsergebnisse entschieden werden. Das wird bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes zu geschehen haben, das aus Anlaß der Einführung der neuen Einheitswerte ohnehin erlassen werden muß. Die neuen Einheitswerte können wahrscheinlich nicht vor dem 1. Januar 1971 der Grundsteuer zugrunde gelegt werden. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vorn 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Opitz (Drucksache V/2636 Frage 89) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Amnestie für Steuersünder in der Weise, daß anstehende Nachzahlungen auf 50 °í° vermindert werden, positive Auswirkungen auf die Steuereinnahmen hat? Es ist kaum möglich, die gestellte Frage mit einiger Sicherheit zu beantworten, da die Höhe der noch nicht aufgedeckten Steuerverkürzungen unbekannt ist und sich auch kaum voraussagen läßt, wie viele Steuerpflichtige bisher nicht angegebene Vermögenswerte und Erträge zur künftigen Besteuerung anmelden würden. Die Bundesregierung wird aber trotz der erheblichen grundsätzlichen Bedenken das Für und Wider einer Steueramnestie prüfen und dabei auch den Gesichtspunkt eventuell zu erzielender Steuermehreinnahmen einbeziehen. Hierbei wird sie auch die Erfahrungen berücksichtigen, die in der Schweiz mit einer allgemeinen Steueramnestie gewonnen werden, der die Bevölkerung der Schweiz am 18. Februar 1968 durch Volksabstimmung zugestimmt hat; wobei auch allerdings die unterschiedliche Gestaltung des Besteuerungsverfahrens in beiden Ländern nicht wird außer Betracht bleiben können. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schultz (Gau-Bischofsheim) (Drucksache. V/2636 Frage 90) : Warum verlangt die Bundesregierung vom steuerpflichtigen Winzer in der für einen längeren Zeitraum gültigen „Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes zum 1. Januar 1964" eine Auskunft über die Verwertung der erzeugten Trauben nach Trauben- und Maischeverkauf oder Faßwein- oder Flaschenweinverkauf, wo sich doch die Art der Verwertung je nach Marktchance kurzfristig ändern kann? 8396 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Nach dem Bewertungsgesetz 1965 ist der Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens als Ertragswert aus dem nachhaltig erzielbaren Reinertrag zu ermitteln. Die Art der Traubenverwertung ist von ganz erheblichem Einfluß auf den Reinertrag der Weinbaubetriebe; diese Ertragsbedingung darf daher nicht unberücksichtigt bleiben. Es gibt drei Hauptverwertungsformen der Trauben — a) Trauben- oder Maischeverkauf mit gemeinschaftlicher Verarbeitung, b) Verarbeitung der Trauben im eigenen Betrieb mit Faßweinerzeugung, c) Verarbeitung der Trauben im eigenen Betrieb mit Erzeugung und Vertrieb von Flaschenwein — die Reinerträge daraus verhalten sich etwa wie 85 bis 90 : 100 : 120. • Es trifft nicht zu, daß ein Weinbaubetrieb die Art der Traubenverwertung je nach Marktchancen kurzfristig ändern kann. Ein Betrieb, der auf Traubenablieferung eingestellt ist, kann nicht kurzfristig zur Eigenverarbeitung seiner Trauben übergehen, da ihm hierfür die erforderlichen Gebäude und Betriebsmittel (Keller, Kelterraum, Keltereinrichtung, Fässer usw.) nicht zur Verfügung stehen. Ebensowenig kann sich ein ausbauender Betrieb mit Faßweinerzeugung beliebig auf die Erzeugung und den Verkauf von Flaschenwein umstellen, da ihm hierfür Betriebsmittel und Einrichtungen (Abfüllanlage, Flaschenlager) sowie der erforderliche Kreis von Abnehmern fehlen. In der Erklärung zur Hauptfeststellung der Einheitswerte werden nur Angaben darüber verlangt, wie die Trauben überwiegend verwertet werden. Damit werden an den Erklärungspflichtigen keine unangemessenen Anforderungen gestellt. Die Gestaltung der Erklärungsvordrucke ist mit den maßgeblichen Berufsverbänden gründlich besprochen worden. Sie hat deren Billigung ohne jede Einschränkung erfahren, da eine gerechte Bewertung des Weinbaues ohne Berücksichtigung der Art der Traubenverwertung nicht möglich erscheint. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Logemann (Drucksache V/2636 Fragen 91, 92 und 93) : Hält die Bundesregierung die Neuerrichtung und Förderung von landwirtschaftlichen Kartoffelgemeinschaftsbrennereien langfristig für ratsam? Gestattet die Bestands- und Absatzlage der Bundesmonopolverwaltung, besonders im Hinblick auf die EWG, für einen längeren Zeitraum die Abnahme einer erhöhten Erzeugung von Weingeist aus Kartoffeln? Können Kartoffelanbauer, die bereit sind, für Kartoffelgemeinschaftsbrennereien finanzielle Verpflichtungen zu übernehmen und langjährige Anbauverträge abzuschließen, mit einem Abnahmepreis für Weingeist rechnen, der für die Rentabilität des Anbaues von Stärkekartoffeln Voraussetzung ist? Die Antwort auf Ihre Fragen hängt im wesentlichen davon ab, wie künftig die Erzeugung und Vermarktung von Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs in der EWG geregelt wird. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften befaßt sich z. Z. mit dem Entwurf einer Alkoholmarktordnung. Der Entwurf ist bisher noch nicht veröffentlicht worden; es kann daher auch noch nicht gesagt werden, welche Ziele die Kommission im einzelnen verfolgt. Noch viel weniger kann darüber gesagt werden, wie die Alkoholmarktordnung in ihrer endgültigen Fassung aussehen wird. Immerhin kann nach dem Stand der vorbereitenden Beratungen davon ausgegangen werden, daß auch nach der geplanten Marktordnung Branntwein zu Trinkzwecken aus agrarischen und nicht aus technischen Rohstoffen hergestellt sein muß. Da in Deutschland schon heute eine geregelte Marktaufteilung zwischen agrarischem und technischem Alkohol besteht, kann wohl angenommen werden, daß die Herstellung von Branntwein aus Kartoffeln auch in Zukunft zu nutzbringenden Preisen gesichert sein wird. Durch die Verordnung zur Durchführung außerordentlicher Veranlagungen von Kartoffelgemeinschaftsbrennereien vom 7. Juni 1967 ist festgelegt worden, daß Neuveranlagungen von Kartoffelgemeinschaftsbrennereien bis zu 100 000 hl W vorgenommen werden können. Diese Menge ist etwa bis zur Hälfte ausgenutzt worden und es besteht kein Zweifel, daß die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und Alkohol auch übernehmen und absetzen kann. Anders dürfte es sich mit den Übernahmepreisen verhalten. Nach geltendem Recht erhält der landwirtschaftliche Brenner für seinen Branntwein einen kostendeckenden Preis, wobei die Schlempe dem Brenner kostenfrei zur Verfügung bleibt. Die Preisberechnung hat zur Folge, daß die deutschen Alkoholpreise in der Gemeinschaft an der Spitze liegen. Ob sich diese Preise in der Gemeinschaft halten lassen, ist fraglich. Die Bundesregierung wird jedenfalls dafür eintreten, daß die Brenner auch in Zukunft mit Preisen rechnen können, die ihnen einen angemessenen Nutzen lassen werden. Bevor die Agraralkoholmarktordnung nicht ausgehandelt ist, wird jedoch niemand mit Sicherheit sagen können, wie hoch das Risiko für diejenigen Brenner sein wird, die heute eine neue Kartoffelgemeinschaftsbrennerei errichten. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Funcke (Drucksache V/2636, Fragen 94 und 95): Ist die Bundesregierung bereit, eine Änderung des Mehrwertsteuergesetzes vorzuschlagen, nach der das Flaschenpfand nicht der Mehrwertsteuer unterliegt? Ist die Bundesregierung bereit, bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auf die Erhebung von Mehrwertsteuer auf Flaschenpfand im Billigkeitsweg zu verzichten? Die umsatzsteuerliche Behandlung des Flaschenpfandes war als Problem der Entgeltsminderung Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 397 auch schon bei dier bisherigen Bruttoumsatzsteuer mit gewissen Schwierigkeiten und Mehrarbeiten verbunden. Es war damit zu rechnen, daß die Einführung der Mehrwertsteuer insoweit keine Vereinfachung mit sich bringen würde, weil sich in diesem Zusammenhang das umsatzsteuerliche Entgelt nichtgeändert hat. Die inzwischen vom Bundesfinanzministerium angestellten Ermittlungen haben ergeben, daß bei der tatsächlichen Abwicklung der Pfandberechnung weder innerhalb der einzelnen Handelsstufen noch innerhalb der einzelnen Branchen und teilweise nicht einmal innerhalb der einzelnen Unternehmen ein einheitliches Verfahren praktiziert wird. Wegen dieser tatsächlichen Vielgestaltigkeit bot sich bisher keine umatzsteuerrechtlche Lösung an, die unter Beachtung der Praktikabilität allen Sachverhaltsmodalitäten gerecht werden könnte. Zudem ist ,die Anhörung der Verbände noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der vorliegenden Informationen rechnet das Bundesfnanzministerium mit der Unterbreitung gegensätzlicher Lösungsvorschläge. Vorbehaltlich ides Ergebnisses einer Besprechung mit den Verbänden erscheint eine praktische und annehmbare Lösung für das Flaschenpfandproblem durchaus möglich, etwa der, daß — unter Beibehaltung der bisherigen rechtlichen Beurteilung — im Unternehmensbereich weitgehend von der Methode der statistischen Leergutanschreibung Gebrauch gemacht wird. Eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes und eine damit verbundene Übergangsregelung würden sich hierdurch erübrigen. Ein einstweiliger Verzicht auf die Besteuerung des Flaschenpfandes würde auch angesichts der z. Z. offenbar unterschiedlichen Interessenlage auch zu keiner allseits zufriedenstellenden Handhabung führen. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Ab- geordneten Dröscher (Drucksache V/2636 Frage 96) : Ist die Bundesregierung bereit, die Frage der Mehrwertsteuer. für gebrauchte Kraftfahrzeuge erneut zu überprüen, nachdem sich herausgestellt hat, daß die Einführung dieser Steuer den Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen in einem besonderen Maße behindert? Der Bundesregierung liegt zur Zeit noch kein ausreichendes Zahlenmaterial vor, aus dem sich ergibt, daß der Inlandsabsatz von Kraftfahrzeugen in schwerwiegender Weise durch die Mehrwertsteuer auf gebrauchte Kraftfahrzeuge behindert worden ist. Soweit hier ein Rückgang eingetreten ist, könnte er auch durchaus auf anderen Marktfaktoren beruhen. Die Bundesregierung wird die Entwicklung auf diesem Gebiet jedoch sorgfältig beobachten. Sie ist auch bereit, die Höhe der umsatzsteuerlichen Belastung von gebrauchten Kraftfahrzeugen erneut zu überprüfen, wenn sich das auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung in der Automobilindustrie und im Kraftfahrzeughandel als notwendig herausstellt. Eine Sonderregelung für den Gebrauchtwagenhandel würde wohl zwangsläufig auch eine gleichartige Sonderregelung für andere Gebrauchtwaren nach sich ziehen, was erhebliche Steuermindereinnahmen zur Folge hätte. Eine solch schwerwiegende Änderung könnte nur im Rahmen einer größeren Novellierung des Gesetzes erfolgen, bei der auch ein Ausgleich hierfür zu schaffen wäre. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Kubitza (Drucksache V/2636 Fragen 97 und 98) : Worin besteht nach Ansicht der Bundesregierung beim Verkauf eines Gebrauchtwagens der Mehrwert? Gedenkt die Bundesregierung eine Regelung zu treffen, wonach nur der Mehrerlös beim Verkauf eines Gebrauchtwagens besteuert wird? Die Bezeichnung „Mehrwertsteuer" könnte in der Tat zu der Auffassung führen, daß die Berechnung der Umsatzsteuer vom vollen Entgelt für einen Gebrauchtwagen nicht systemgerecht ist. Die neue Umsatzsteuer besteuert jedoch — entgegen der für sie üblichen Bezeichnung — nicht den Mehrwert. Es handelt sich vielmehr um eine Steuer auf den privaten und öffentlichen Verbrauch. Man kann sie auch als „Aufwandsteuer" bezeichnen. Der private Verbraucher muß danach grundsätzlich von allem, was er zur Befriedigung seiner Bedürfnisse aufwendet, eine Umsatzsteuer von 10 oder 5 v. H. zahlen, die über den Unternehmer an den Fiskus abgeführt wird. Kauft jemand einen Wagen für private Zwecke, so ist mit der Bezahlung des Kaufpreises einschließlich Umsatzsteuer der Aufwand getätigt worden, und der Verbraucher hat die Steuer auch getragen. Wird der Wagen nach einiger Zeit wieder in den Wirtschaftsverkehr gebracht und über einen Händler an einen anderen Letztverbraucher geliefert, so findet ein neuer Verbrauchstatbestand im steuerlichen Sinne statt, der wiederum die Steuer in Höhe von 10 v. H. des vom neuen Verbraucher getätigten Aufwandes auslöst. Dieses Ergebnis entspricht dem Grundsatz, daß jeder private Aufwand der Besteuerung zu unterwerfen ist. Die Bundesregierung ist unter bestimmten Voraussetzungen bereit, die Frage einer Sonderregelung für gebrauchte Kraftfahrzeuge zu prüfen. Im Rahmen dieser Prüfung wird ggf. auch der Vorschlag erörtert werden, bei der Lieferung von Gebrauchtwagen nur den Unterschiedsbetrag zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis zur Steuer heranzuziehen. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen (Drucksache V/2636 Fragen 99 und 100) : 8398 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Welche Auswirkungen ergeben sich aus der Belastung des Gebrauchtwagenhandels mit der Mehrwertsteuer in Hohe von 10 v. H.? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, den Gebrauchtwagenhandel von der Mehrwertsteuer zu befreien bzw. einen ermäßigten Satz einzuräumen? Soweit Gebrauchtwagenhändler gebrauchte Kraftfahrzeuge von Unternehmern mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs erwerben, entstehen keine Probleme. In diesen Fällen sind die Händler heute besser gestellt als bei der alten Umsatzsteuer. In den Fällen, in denen der Unternehmer das gebrauchte Kraftfahrzeug von einem Privatmann erwirbt, tritt infolge des Systemwechsels eine um etwa 5 v. H. höhere Umsatzsteuerbelastung als bisher ein. Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Mehrbelastung auf die Automobilindustrie und den Kraftfahrzeughandel werden von der Bundesregierung sorgfältig beobachtet werden. Die Bundesregierung wird die Frage einer Sonderregelung für Gebrauchtwagen prüfen, wenn sich das aus wirtschaftlichen Gründen als notwendig erweist. Dabei wird neben der Möglichkeit der Besteuerung des Unterschiedsbetraes zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis auch die Frage eines ermäßigten Steuersatzes für Gebrauchtwagen zu erörtern sein. Eine Steuerbefreiung dürfte allerdings aus verschiedenen Gründen kaum in Betracht kommen. Ich möchte auch nicht verschweigen, daß jede mögliche Ausnahmeregelung für gebrauchte Kraftfahrzeuge technische Schwierigkeiten für das neue Umsatzsteuersystem mit sich bringen wird. Auch besteht die Gefahr, daß eine solche Regelung auf andere Gebrauchtgegenstände ausgedehnt werden muß. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Josten (Drucksache V/2636 Frage 101) : Wie war es möglich, daß von seiten der Finanzbehörde in Düsseldorf Millionenbeträge an eine Scheinfirma zur Auszahlung kamen, während sonst bei sogar kleinen Rückerstattungsbeträgen lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen? In dem Düsseldorfer Fall handelt es sich um 5 verschiedene Firmen, die — mit verhältnismäßig kleinen Beträgen beginnend — Umsatzsteuervergütungen in Höhe von insgesamt 11,2 Mio DM vom Finanzamt erhalten hatten. Die Auszahlungen erfolgten nach Antrag. Bei 4 dieser Firmen haben entsprechend den bestehenden Anordnungen örtliche Prüfungen durch verschiedene Prüfer stattgefunden. Bei einer Firma wurde weder geprüft noch ausgezahlt. Von den Vergütungsprüfern ist eine Steueroberinspektorin im Mai 1966 ausgeschieden, um sich als Steuerbevollmächtigte in Düsseldorf niederzulassen. Gegen sie richtet sich der Verdacht der Mittäterschaft oder zumindest des Mitwissens. Den Prüfern sind nach ihren Angaben die folgenden Unterlagen vorgelegt worden: 1. Kaufvertrag, Bestellung, Auftragsbestätigung 2. Ausgangsrechnung 3. Tarifierungsbescheinigung (Ausfuhrerklärung) 4. Ausfuhrnachweis 5. Zahlungsbelege 6. bei Ausfuhrhändlervergütung auch die Eingangsrechnung 7. die Aufzeichnungen in der Buchführung über die 8. Exportgeschäfte. Beanstandungen haben sich zunächst nicht ergeben. Diese Angaben der Prüfer konnten bisher durch die Staatsanwaltschaft nicht widerlegt werden. Zur Tarnung ihrer Scheingeschäfte haben die Firmen bzw. ihre Inhaber Einkommensteuer- und Gewerbesteuervorauszahlungen in Höhe von insgesamt 826 000 DM geleistet. Erst spätere Prüfungen haben Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen ergeben. Die weiteren Feststellungen führten zu der Erkenntnis, daß die oben bezeichneten Belege Fälschungen waren. Sie sind als solche erkannt worden, als die Verbindung der 5 Firmen untereinander und der Umfang der fingierten Exporte offenbar wurde. Die weiteren Ermittlungen sind wegen der inzwischen verschwundenen Firmenunterlagen sehr zeitraubend und schwierig. Trotzdem ist es gelungen, einen Teil der erschlichenen Geldbeträge sicherzustellen. Bei der Gewährung von Umsatzsteuervergütungen, die insgesamt jährlich 3 Milliarden DM betragen, trifft der Wunsch der Exportwirtschaft, die deutschen Waren durch rasche Vergütungszahlungen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu halten, mit dem Sicherheitsbedrüfnis der Verwaltung ten, mit dem Sicherheitsbedürfnis der Verwaltung zahlungen zu leisten. Die Finanzämter als Auszahlungsstellen haben die eingereichten Umsatzsteuervergütungsanträge zügig bearbeitet. Es ist nicht bekannt, daß insbesondere bei kleineren Vergütungsbeträgen lange Wartezeiten ohne sachliche Gründe entstanden sind. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatsekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Gottesleben (Drucksache V/2636 Fragen 102 und 103 ) Weiß die Bundesregierung, daß unsere karitativen Einrichtungen — hier als Beispiel die Schwestern vom hl_ Carl Borromäus in Trier und St. Wendel — als Endverbraucher durch die Einführung der Mehrwertsteuer eine Mehrbelastung von rund 6 Prozent erfahren? Wie gedenkt die Bundesregierung solche in Frage 102 erwähnten Belastungen bei den gemeinnützigen Anstalten zu beheben? Karitative Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Altersheime oder Waisenhäuser) sind mit ihren Umsätzen von der Mehrwertsteuer im Regelfall ebenso befreit wie nach bisherigem Recht. Wie alle übrigen steuerbefreiten Unternehmer haben sie allerdings deswegen auch nicht das Recht des Vorsteuerabzugs. Diese Regelung entspricht ,der 2. EWG-Richtlinie. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 399 Eine Mehrbelastung der karitativen Einrichtungen durch die Einführung ,der Mehrwertsteuer kann sich nur ergeben, soweit die nicht ,abzugsfähige Vorsteuer, die von .den Einrichtungen getragen werden muß, höher ist als die bisher in ihren Einkaufspreisen versteckt enthaltene kumulative Umsatzsteuer. Bei diesem Vergleich ist zu berücksichtigen, daß die bisherige Umsatzsteuerbelastung auch die auf den Vorstufen gezahlte Umsatzsteuer umfaßt, die in den Preis eingegangen ist. Adererseits beträgt die heutige Vorsteuerbelastung mit Sicherheit erheblich weniger als 10 v. H., denn ein nicht unbedeutender Teil der Einkäufe — z. B. Lebensmittel — unterliegt nur dem halben Steuersatz. Die Mehrbelastung durch die Mehrwertsteuer kann deshalb nur unerheblich sein; sie dürfte in keinem Fall 6 v. H. betragen. Aus diesem Grunde erscheinen weitere umsatzsteuerliche Entlastungsmaßnahmen zugunsten der karitativen Einrichtungen, die über die bereits bestehende Steuerbefreiung ihrer .eigenen Umsätze hinausgehen, nicht geboten. Gegen solche Maßnahmen bestünden überdies erhebliche Bedenken wegen der zu erwartenden Berufungen anderer s teuer-befreiter Einrichtungen. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 14. März 1968 auf ,die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Freiherr von Gemmingen (Drucksache V/2636 Frage 104) : Auf welche Grundlagen stützen sich die Erklärungen des Bundeswirtschaftsministers bei der Welthandelskonferenz in Neu-Delhi, daß die Bundesrepublik Deutschland in den nächsten vier Jahren die Entwicklungshilfe um durchschnittlich elf Prozent steigern wird? Die Äußerung das Herrn Bundesministers für Wirtschaft auf der Welthandelskonferenz, wonach die Bundesregierung beabsichtigt, die Haushaltsmittel für die nächsten 4 Jahre um 11%jährlich zu steigern, beruht auf der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung. Diese Planung sieht im Einzelplan 23 (Entwicklungshilfe) für die Jahre 1968-1971 ein Ansteigen der öffentlichen Mittel um durchschnittlich 11 %vor; hierbei dient das Jahr 1967 als Basisjahr. In absoluten Zahlen bedeutet dies ein Ansteigen der vorgesehenen. Mittel von DM 1 656,7 Mio in 1967 auf DM 2 554,8 Mio in 1971. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wagner (Drucksache V/2636 Frage 105) : Hat die Bundesregierung sichergestellt, daß die von ihr finanziell geförderten Träger der Betriebsberatung im Rahmen dieser Tätigkeit in geeigneter Weise auch über das öffentliche Auftragswesen und über Funktion, Zweck und Tätigkeit der Landesauftragsstellen die beratenen mittelständischen K reise unterrichten? Aufgabe der von der Bundesregierung geförderten Betriebsberatung ist, die mittleren und klein en Betriebe über alle wesentlichen Probleme zu unterrichten, insbesondere über Absatzförderung und damit auch über die Beteiligung an öffentlichen Aufträgen. Außerdem haben die Landesauftragsstellen selbst satzungsgemäß die an der Auftragsberatung interessierten Unternehmen über das öffentliche Auftragswesen zu beraten. Den Landesauftragsstellen gehören u. a. auch die Landesorganisationen der gewerblichen Wirtschaft an, die ihre an öffentlichen Aufträgen interessierten Mitgliedsbetriebe laufend informieren. Da diese verschiedentlich zugleich die Betriebsberatung durchführen, ist insoweit eine gegenseitige Unterrichtung gewährleistet. Ferner hat auch der Zentralverband des deutschen Handwerks auf Anregung der Bundesregierung im Jahre 1967 die Handwerkskammern, die angeschlossenen Fachverbände und deren Betriebsberatungsstellen ausdrücklich auf die Tätigkeit der Landesauftragsstellen hingewiesen. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Schmitt (Lockweiler) (Drucksache V/2636 Fragen 106, 107 und 108) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Saarland und in Lothringen immer nachdrücklicher ein gemeinsames deutschfranzösisches Vorgehen zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in diesem Raum gefordert wird, weil beide Reviere nicht in der Lage sind, ihre Struktur- und Integragrationsprobleme aus eigener Kraft zu lösen? Ist die Bundesregierung bereit, in der Erwägung, daß die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der französischen Republik wiederholt ihren Willen zur engeren Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und industriellen Bereich bekundet haben, in dem neugebildeten deutsch-französischen Ausschuß für wirtschaftliche und industrielle Zusammenarbeit die Durchführung von Gemeinschaftsprojekten anzuregen? Wäre die Bundesregierung in diesem Falle bereit, den saarländisch-lothringischen Raum als Standort für solche Gemeinschaftsprojekte vorzuschlagen? - Die Bundesregierung ist ebenfalls davon überzeugt, daß Strukturprobleme an den Binnengrenzen der EWG nur gemeinsam von den angrenzenden Staaten gelöst werden können. Der „deutsch-französische Ausschuß für wirtschaftliche und industrielle Zusammenarbeit" wird am 26. März 1968 seine erste Sitzung abhalten. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn über diesen Ausschuß die Durchführung von Gemeinschaftsprojekten gefördert würde. Dem Ausschuß, der von den Ministern Debré und Professor Dr. Schiller gemeinsam geleitet wird, gehören führende Persönlichkeiten aus Industrie, Handel und dem Bankwesen "an. Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Einwirkungsmöglichkeiten gerne bereit, die Durchführung von deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten anzuregen. - 8400 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Der saarländisch-lothringische Raum ist bereits seit Jahren Standort deutsch-französischer Gemeinschaftsprojekte. Die Bundesregierung ist gerne bereit, sich für jedes sinnvolle Gemeinschaftsprojekt in diesem Raum einzusetzen. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Ritz (Drucksache V/2636 Fragen 109 und 110): Treffen Informationen zu, nach denen die nordrhein-westfälische Landesregierung für die Errichtung von gewerblichen Veredlungsbetrieben (Geflügelintensivhaltung) Landesbürgschaften gewährt? Entspricht — bei Bejahung der Frage 109 — eine Förderung gewerblicher tierischer Veredlungsbetriebe den agrarpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung? Nach den Richtlinien des. Landes Nordrhein-Westfalen für die Übernahme von Landesbürgschaften für Kredite an Wirtschaftsbetriebe und an freie Berufe vom 7. Oktober 1950 i. d. F. vom 1. Januar 1960 können auch gewerbliche Veredelungsbetriebe Bürgschaften des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten. Nach Auskunft des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen sind jedoch bisher nur drei Geflügelwirtschaften, die als sogenannte Ein-MannBetriebe geführt werden, gefördert worden. Die Anträge dieser Unternehmer sind durch die landwirtschaftliche Berufsorganisation befürwortet worden. Sogenannte Mammutbetriebe in der tierischen Veredelungsproduktion sind bisher nicht gefördert worden. Das Land Nordrhein-Westfalen ist in der Gestaltung seiner eigenen Förderungsmaßnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet frei. Die in Nordrhein-Westfalen mögliche Förderung großer gewerblicher Veredelungsbetriebe entspricht nicht der agrarpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung. Ich werde mich mit den Bundesländern ins Benehmen setzen, um ein einheitliches Vorgehen in dieser Frage zu erzielen. Über das Ergebnis werde ich Sie unterrichten. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Czaja (Drucksache V/2636 Fragen 111 und 112) : Ist die Bundesregierung bereit, durch ihre' eigene Initiative oder Unterstützung anderer Initiativen an der Ausarbeitung von Plänen mitzuwirken, die in verstärktem aber sinnvollem Maß den Einsatz von Überschüssen an Lebensmitteln und an Ernteerträgen zum Kampf gegen den Hunger in der Welt ermöglichen und zur Überwindung der Schwierigkeiten beitragen, die dieser Absicht wegen der Aufkauf- und Transportkosten sowie der Aufbereitung solcher Überschüsse zur sinnvollen Verwendung in Hungergebieten derzeit noch gegenüberstehen? Ist die Bundesregierung bereit, Überschüsse an Lebensmitteln und an Ernteerträgen, deren Vernichtung, Denaturierung oder Veräußerung mit erheblichen Verlusten droht, in Gebiete mit Hungersnot nach zweckmäßiger Aufbereitung in Form unmittelbarer deutscher Hilfen für die Bekämpfung des Hungers in der Welt oder im Rahmen einer internationalen Nahrungshilfe zu leiten? Ihre Fragen wurden von mir bereits am 12. Februar 1968 wie folgt schriftlich beantwortet: „Die Bundesregierung ist nicht nur bereit, eigene Initiativen im Sinne Ihrer Fragestellung zu entwikkeln, im Gegenteil, sie wirkt bereits mit bei der Durchführung von Maßnahmen a) auf bilateraler Ebene (z. B. Katastrophenfällen) b) auf der EWG-Ebene (z. B. Nahrungsmittel-Hilfsprogramm im Rahmen des Internationalen Getreideabkommens) c) auf multilateraler Ebene (z. B. Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen) . Alle diese Maßnahmen dienen dazu, landwirtschaftliche Überschüsse optimal zur Bekämpfung des Hungers in der Welt einzusetzen. Die Bundesregierung ist an Maßnahmen zur Vernichtung von Überschüssen an Lebensmitteln bzw. Ernteerträgen nicht beteiligt. Ich habe dies wiederholt in der Öffentlichkeit, auch vor dem Deutschen Bundestag, zum Ausdruck gebracht. Daß die Bundesregierung so handelt, liegt zweifellos auch in Ihrem Sinne. Der Begriff „Denaturierung" bedeutet keine Vernichtung von Nahrungs- und Lebensmitteln, sondern er stellt im Gegenteil ein steuerliches Schutzverfahren bei der Umformung von Nahrungsmitteln in höhere Veredelungsstoffe (z. B. tierisches Eiweiß) dar. Die Weitergabe von Nahrungs- und Lebensmitteln zur Bekämpfung des Hungers in der Welt ist natürlich nicht billiger als das eben genannte Verfahren. Im übrigen werden diese Nahrungs- und Lebensmittel den Entwicklungsländern kostenlos zur Verfügung gestellt." Ich habe dieser Antwort nichts mehr hinzuzufügen. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Budde (Drucksache V/2636 Fragen 113 und 114) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das aus dem Jahre 1933 stammende Gesetz über die Gebühren der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte (Fleischmarkthallen) den Handel mit Frischfleisch behindert und zu einer Verteuerung der Fleischpreise beiträgt? Beabsichtigt die Bundesregierung eine neue gesetzliche Regelung, die eine Subventionierung des weniger rationellen Absatzes über die Lebendviehmärkte auf Kosten der rationelleren Fleischvermarktung ausschließt, vorzubereiten? Das Gesetz über die Gebühren der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8401 (Fleischmarkthallen) von 1933 bzw. die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen über die Erhebung eines Ausgleichszuschlags bei Lebendvieh und einer Ausgleichsabgabe auf frisches Fleisch stellen eine besondere Förderung kommunaler Schlacht-und Vermarktungseinrichtungen und damit der Lebendviehvermarktung dar. Durch die Erhebung der Ausgleichsabgabe auf frisches Fleisch, das einer Gemeinde aus einer Schlachtung außerhalb des Gemeindebezirks zugeführt wird, werden die Fleischpreise in einem gewissen Umfang belastet. Die Ausgleichsabgabe wird in den weitaus meisten Fällen seit 1938/39 unverändert in der Höhe von 0,08 DM/kg erhoben. Die Bundesregierung steht einer Änderung der ,derzeitigen Regelung grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Die Ausgleichsabgabe erfüllt aber auch heute noch ,eine wirtschaftslenkende Funktion, da sie zu einer Konzentration dies Schlachtviehangebots auf dien Lebendviehmärkten beiträgt. In den letzten Jahren hat allerdings die Fleischvermarktung erheblich an Bedeutung gewonnen. Dennoch kann auf die Lebendviehvermarktung noch nicht verzichtet werden. Einmal ist sie für den Absatz von Vieh noch von großer Bedeutung. Zum anderen bieten die Notierungen auf den Lebendviehmärkten zur Zeit die einzige Grundlage für eine Markt- und Preistransparenz. Die Bundesregierung ist bemüht, durch eine Novelle zum Vieh- und Fleischgesetz, an der mit Vorrang gearbeitet wird, die Lebendnotierung durch eine Fleischnotierung zu ergänzen. Darüber hinaus dürfen die finanziellen Auswirkungen einer Abschaffung der Ausgleichsabgabe nicht außer acht gelassen werden. Ein Abbau der Ausgleichsabgabe würde den Kommunen beträchtliche Einnahmen entziehen, die sie heute zur Unterhaltung von Schlacht- und Viehmarktanlagen sowie solcher Anlagen, die aus Gründen der Hygiene und der Seuchengefahr erforderlich sind, verwenden. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Blohm (Drucksache V/2636 Fragen 115, 116 und 117) : Ist die Bundesregierung ebenfalls der Auffassung, daß der derzeitige günstige Maul- und Klauenseuchenstand nur gehalten werden kann, wenn die jährliche Schutzimpfung des gesamten Rinderbestandes im Bundesgebiet planmäßig fortgesetzt wird? Ist die Bundesregierung bereit, dem dringenden Ersuchen des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes stattzugeben und beginnend vom Haushaltsjahr 1968 im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung pro Jahr 14 Millionen DM für die jährlichen Maul- und Klauenseuchevakzinationen einzuplanen? Ist die Bundesregierung bereit, wegen der überregionalen Verantwortung für eine erfolgreiche Seuchenbekämpfung mit dem in Frage 116 genannten Betrag, der einem Drittel des für die jährlichen Schutzimpfungen aufzubringenden Finanzbedarfs entspricht, sich an der Finanzierung der Kosten der jährlichen Maul- und Klauenseucheschutzimpfungen zu beteiligen? Die Bundesrepublik ist seit Anfang Januar 1968 frei von Maul- und Klauenseuche, eine Seuchensituation, wie sie gleichermaßen günstig seit Ende 1959 nicht zu verzeichnen war. An dieser günstigen Situation hat die mit Verordnung vom 12. Dezember 1966 angeordnete jährliche Schutzimpfung des gesamten Rinderstapels entscheidenden Anteil. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die jährliche Schutzimpfung aller Rinderbestände im Bundesgebiet konsequent durchgeführt werden muß; ich habe in einem Brief vom 24. Januar 1968 die zuständigen Landesminister gebeten, diese jährliche Impfung sicherzustellen. In der gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Situation ist es Aufgabe der Länder, für den Vollzug der tierseuchenrechtlichen Vorschriften zu sorgen. Dazu gehört auch die Finanzierung der staatlich angeordneten Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen. Demzufolge ist die Finanzierung der angeordneten jährlichen Maul- und Klauenseuche-Vakzination nicht als Bundesaufgabe anzusehen. Auch in dem Katalog der im Rahmen der Finanzreform zur Diskussion gestellten Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ist die Tierseuchenbekämpfung nicht enthalten. Die Bundesregierung sieht deshalb keine Möglichkeit, Finanzmittel für die Durchführung der jährlichen Maul- und Klauenseuche-Schutzimpfung in den Bundeshaushaltsplan einzustellen. Ich darf jedoch darauf hinweisen, daß es durch eine Umstellung der Impfstoffproduktion gelungen ist, die Gesamtkosten für die jährliche Maul- und Klauenseuche-Schutzimpfung des gesamten Rinderstapels von über 70 Mio DM auf rund 40 Mio DM zu senken. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Kempfler (Drucksache V/2636 Frage 118) : Wird die Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende tun, um die Auszahlung der Entschädigungssummen für die Getreidepreissenkung möglichst bald an die Empfangsberechtigten zu bewirken? Die Zuwendungsbescheide und die Richtlinien für die Gewährung von Ausgleichszahlungen im Rahmen der Getreidepreisharmonisierung nach der Getreideanbaufläche und für vermarktete Braugerste sind am 1. März 1968 an die Minister und Senatoren für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der Bundesländer herausgegeben worden. Die Auszahlung der Ausgleichsmittel wird von den Bundesländern durchgeführt und in Kürze beginnen. Über die Verwendung eines Teilbetrages der zur Verfügung stehenden Ausgleichsbeträge hat der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages entschieden. Die Beträge gehen unverzüglich an die Länder, sobald sie haushaltsrechtlich frei sind. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache V/2636 Fragen 119 und 120) : 8402 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Ist der Bundesregierung bekannt, daß wiederholt bei Untersuchungen durch den Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes festgestellt wird: „Der Betreffende steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung." Wenn aber dann der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt wird, erklären die zuständigen Stellen: „Berufsunfähigkeit liegt nach dem Arbeiterrentenversicherungsgesetz usw. nicht vor."? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesen in Frage 119 aufgezeigten, immer wiederkehrenden Widerspruch zu beseitigen? Auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD hat das Hohe Haus mit Artikel 5 Nr. 1 des Finanzänderungsgesetzes 1967 in den § 76 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung einen neuen Absatz 1 a eingefügt. Nach dieser Vorschrift steht die Leistungsminderung eines Arbeitslosen seiner Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht entgegen, es sei denn, er wäre berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherungen. Damit hat das Hohe Haus im Vorgriff auf den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Arbeitsförderungsgesetzes die sogenannte Nahtlosigkeit zwischen der Verfügbarkeit und der Berufsunfähigkeit hergestellt: Die Regelung ist am 1. Januar 1968 in Kraft getreten. Von diesem Tage an werden Fälle der von Ihnen geschilderten Art praktisch nicht mehr vorkommen, weil durch eine Vereinbarung zwischen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und den Trägern der Rentenversicherungen sichergestellt ist, daß die Ärzte der Arbeitsverwaltung die für beide Versicherungszweige entscheidende Frage der Berufsunfähigkeit nicht anders beurteilen als die Ärzte der gesetzlichen Rentenversicherungen. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Bundesministers Katzer vom 4. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Jungmann (Drucksache V/2636 Fragen 121 und 122) : Hält die Bundesregierung die Besorgnis insbesondere der Ärzte und Zahnärzte, die aus der Antwort des Bundesarbeitsministers in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 6. Oktober 1967 einen Grund dafür herausgelesen haben, für berechtigt, daß die landesgesetzlichen berufständischen Versorgungswerke aufgelöst und in die soziale Rentenversicherung übergeleitet werden sollten? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es für den weiteren Bestand der Versorgungswerke auch erforderlich ist, diesen den beruflichen Nachwuchs zu erhalten? Zu 1. In der Fragestunde vom 6. Oktober 1967 habe ich von einer Überleitung nur solcher Versorgungswerke in die Rentenversicherung gesprochen, deren Angehörige dies wünschen. Aus meiner Antwort ergeben sich somit keine Gründe für eine Besorgnis, daß aus Anlaß der Öffnung der Rentenversicherung für Selbständige die öffentlich-rechtlichen Versorgungswerke der freien Berufe aufgelöst oder gegen den Willen der Beteiligten in die Rentenversicherung übergeleitet werden sollen. Mir ist der Wille der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker bekannt. Ich beabsichtige also nicht, die Angehörigen der genannten Heil- berufe sowie andere, die ebenfalls umfassende öffentlich-rechtliche Einrichtungen der Altersvorsorge besitzen, gegen deren Willen in die soziale Rentenversicherung einzubeziehen, und hoffe, daß sich die Bundesregierung meinem Vorschlag anschließen wird. Zu 2. Die Antwort ist bereits mit den Ausführungen zu Ihrer vorhergehenden Frage vorgegeben. Die hin und wieder geäußerte Auffassung, daß bei der Öffnung der Rentenversicherung zwar die Versorgungswerke bestehenblieben, aber der Nachwuchs in die soziale Rentenversicherung einbezogen würde, liegt mir fern. Es ist offensichtlich, daß die heutigen Versorgungswerke in den meisten Fällen ohne Nachwuchs nicht weiter existieren könnten. Ich beabsichtige daher nicht, die Befreiungsmöglichkeit des § 7 Abs. 2 AVG zu ändern oder gar zu streichen." Anlage 42 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 14. März 1968 auf die Mündliche. Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2636 Frage 124) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß — nach den derzeit geltenden Bestimmungen der Sozialversicherungsträger und der Krankenkassen — aus dem Arbeitsprozeß ausgeschiedene ältere Menschen nicht mehr in den Genuß von Badekuren kommen können, auch dann, wenn der an sich zugängliche Aufenthalt in Ferienheimen wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten und der fehlenden ärztlichen Aufsicht nicht zugemutet werden kann? Die Selbstverwaltungsorgane der Krankenkassen können die Gewährung von Zuschüssen oder die Übernahme der Gesamtkosten für Badekuren beschließen. Die Leistungen können gewährt werden für Versicherte und für Familienangehörige. Sie können auch von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Die Gewährung ist in das Ermessen der Krankenkassen gestellt; ein gesetzlicher Anspruch besteht nicht. Die Einzelheiten werden in der Kassensatzung oder in Richtlinien festgelegt. Die Krankenkassen können derartige Leistungen nur im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten vorsehen. Dabei berücksichtigen sie in erster Linie die erwerbstätigen Versicherten. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung können nach den gesetzlichen Bestimmungen Heilbehandlungsmaßnahmen durchführen, wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Dieser Zielsetzung entsprechend können die Maßnahmen Versicherten, Empfängern von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsfähigkeit und Empfängern von Hinterbliebenenrente, die berufsunfähig sind, gewährt werden. Die Durchführung von Heilbehandlungsmaßnahmen auch für Empfänger von Altersruhegeld würde ihre Begründung dagegen nicht in der Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit haben. Die Bundesregierung hält Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8403 eine solche Erweiterung der Zielsetzung zwar grundsätzlich für erwünscht, sieht sich aber zur Zeit nicht in der Lage, vorzuschlagen, daß der gesetzliche Auftrag der Rentenversicherungsträger in diesem Sinne erweitert wird. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Klee (Drucksache V/2636 Frage 125) : Wird die Bundesregierung im Ministerkomitee des Europarates dafür eintreten, daß entsprechend der Empfehlung 504 der Beratenden Versammlung die Frage der Stellung der Frau in der modernen europäischen Gesellschaft im Rahmen des zwischenstaatlichen Arbeitsprogramms des Europarates einer systematischen Untersuchung unterzogen und die Öffentlichkeit von deren Ergebnissen laufend unterrichtet wird? Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß die Stellung der Frau in der modernen europäischen Gesellschaft im Rahmen des zwischenstaatlichen Arbeitsprogramms des Europarates systematisch untersucht wird und daß die Ergebnisse solcher Untersuchungen laufend veröffentlicht werden. Schon in ihrem Bericht über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft hat die Bundesregierung festgestellt, daß die veränderte und sich immer noch ändernde Situation der Frau von erheblicher Bedeutung für die moderne Gesellschaft ist und deshalb sorgfältiger Beobachtung bedarf. Da internationale Vergleichmöglichkeiten bisher nur in Teilbereichen vorliegen, würde es die Bundesregierung sehr begrüßen, wenn dieser Fragenbereich in das Arbeitprogramm des Europarates aufgenommen werden würde. Anlage 44 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Klee (Drucksache V/2636, Frage 126) : Bis wann kann mit der Vorlage des Entwurfs bines Ratifizierungsgesetzes für den Europäischen Kodex für soziale Sicherheit und das Zusatzprotokoll gerechnet werden, die nach einer Auskunft des Bundesarbeitsministeriums vom 15. Dezember 1966 für die nächsten Monate vorgesehen war? Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ist bei seiner Antwort vom 15. Dezember 1966 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hubert, Frau Klee, Dr. Hellige und Genossen davon ausgegangen, daß eine amtliche Fassung des Vertragswerkes innerhalb kurzer Zeit vorliegen werde. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Es war erst Ende Januar dieses Jahres möglich, sich mit den zuständigen Stellen in Osterreich und in ,der Schweiz auf reine einheitliche deutsche Übersetzung des in Englisch und Französisch .als Amtssprachen des Europarates abgefaßten Vertragswerkes zu einigen. Nachdem dies in langwierigen Erörterungen nunmehr erfreulicherweise gelungen und auch ,die sachliche Prüfung schon weit fortgeschritten ist, glaube 'ich, daß es möglich sein wird, spätestens bis Ende dieses Jahres einen Vertragsgesetzentwurf vorzulegen. Einen früheren Termin vermag ich leider nicht in Aussticht zu stellen, weil die Prüfung des sowohl dem Inhalt als auch dem Umfang nach bedeutenden Vertragswerkes mit aller Gründlichkeit vorgenommen werden. muß. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Klee (Drucksache V/2636, Frage 127) : Bis wann kann mit der Ratifiziernug der Konventionen der Vereinten Nationen von 1953 über die politischen Rechte der Frau und von 1957 über die Nationalität der verheirateten Frau gerechnet werden? 1. Für die Einbringung des Zustimmungsgesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Konvention der Vereinten Nationen über die politischen Rechte der Frau ist das Auswärtige Amt zuständig. Es hat mir hierzu mitgeteilt, daß die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften in aller Kürze den Entwurf des Zustimmungsgesetzes vorlegen wird. Nach seiner Verabschiedung kann. ,die Konvention ratifiziert werden. 2. Den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Staatsangehörigkeit der verheirateten Frauen wird die Bundesregierung bis etwa Jahresmitte :den :gesetzgebenden Körperschaften vorlegen. Anlage 46 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wendt (Drucksache V/2636 Frage 128) : Haben sich die Autorennstrecken Nürburgring und Hockenheimring strukturfördernd ausgewirkt? Der Bau von Rennstrecken für den Motorsport wirkt in der Regel strukturverbessernd auf das gesamte Landschaftsgebiet, in dem die Rennstrecken liegen. Der Nürburgring wurde in den Jahren 1925 bis 1927 mit Hilfe des Notstandsprogramms der damaligen Reichsregierung im seinerzeitigen Eifelkreis Adenau, dem wirtschaftlich ärmsten Kreis Preußens, errichtet, um den wirtschaftlichen Notstand in der Eifel überwinden zu helfen. Kraftfahrtourismus und Rennveranstaltungen geben dem Eifel-Gebiet rund um den Nürburgring auch heute noch einen wesentlichen wirtschaftlichen Impuls. Von nicht weniger Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung ist der Besucherverkehr, der über den Nürburgring in die Eifel läuft. 8404 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Auch beim Bau des Hockenheim-Ringes in den Jahren 1931 und 1932 standen strukturfördernde Überlegungen mit im Vordergrund. Für die Stadt Hockenheim und für die angrenzenden Ortschaften, deren wirtschaftliche Kraft in der Regel von Tabak-und Spargelanbau sowie von der Forstwirtschaft stark beeinflußt wird, ist der Hockenheim-Ring — das seit 1966 umgebaute „Motodrom Hockenheim" — ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Anlage 47 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wendt (Drucksache V/2636 Frage 129) : Hält die Bundesregierung den Bau der Autorennstrecke Sauerlandring in Gevelinghausen bei Meschede für strukturverbessernd und förderungswürdig? Der Bau der Autorennstrecke „Sauerlandring" in Gevelinghausen bei Meschede wird für förderungswürdig gehalten, weil dadurch motorsportliche Veranstaltungen von den öffentlichen Straßen auf eine private Rennstrecke verlagert werden können und die öffentlichen Straßen von solchen Veranstaltungen entlastet werden. Beim geplanten „Sauerlandring" ist eine Strukturverbesserung im Augenblick noch nicht erkennbar, da die Untersuchungen im Land Nordrhein-Westfalen noch nicht abgeschlossen sind. Anlage 48 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Althammer (Drucksache V/2636 Fragen 130, 131 und 132) : Wann kann mit einem Ausbau der neuen B 17 (a) von Augsburg bis einschließlich Königsbrunn gerechnet werden? Welcher Zeitplan ist für den Ausbau der B 17 (a) von Königsbrunn nach Landsberg vorgesehen? Sind die Vorbereitungen des Planfeststellungsverfahrens so weit fortgeschritten, daß hier Schwierigkeiten nicht bestehen? Als 1. Bauabschnitt für den Neubau der Bundesstraße 17 südlich von Augsburg ist die Teilstrecke zwischen der Anschlußstelle Augsburg/Süd bei Gögingen und Oberottmarshausen südlich Königsbrunn, wo die Verbindung zur bestehenden Bundesstraße 17 wieder hergestellt wird, vorgesehen. Sofern sich bei der Durchführung des Planfeststellungsverfahrens und des Grunderwerbs keine Schwierigkeiten ergeben, kann noch im Herbst dieses Jahres mit den Bauwerken begonnen werden. Die erforderlichen Mittel stehen zur Verfügung. Ein Neubau der Bundesstraße 17 zwischen Oberottmarshausen südlich Königsbrunn und Landsberg ist im Rahmen des 3. Vierjahresplanes für den Ausbau der Bundesfernstraße noch nicht vorgesehen. Es muß dem 1971 anlaufenden 2. Ausbauplan vorbehalten bleiben, die Dringlichkeit für diesen Bereich festzusetzen. Das Planfeststellungsverfahren für den i. Bauabschnitt wird in Kürze eingeleitet werden. Ob Schwierigkeiten mit den Beteiligten bestehen, wird sich erst bei der Durchführung dieses Verfahrens im einzelnen zeigen. Anlage 49 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann (Drucksache V/2636 Fragen 133 und 134) : Kann die Bundesregierung schon etwas über die Erfahrungen berichten, die die Deutsche Bundesbahn mit der Fahrpreisermäßigung für alte Menschen gemacht hat? Ist die Bundesregierung bereit, der Deutschen Bundesbahn zu empfehlen, diese in Frage 133 erwähnte Aktion mit Ausnahme bestimmter Feiertagszeiten auf das ganze Jahr auszudehnen? Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn wurde von der Fahrpreisermäßigung für ältere Reisende bislang reger Gebrauch gemacht. Eine Zählung der ausgegebenen Karten hat die Deutsche Bundesbahn aus technischen Gründen noch nicht durchgeführt, dies soll erst zum Schluß der Aktion erfolgen. Der Zweck der Aktion besteht darin, in der verkehrsschwachen Zeit ein zusätzliches Verkehrsaufkommen zu gewinnen. Bei dieser Sachlage kann Ihre Frage nicht generell positiv beantwortet werden. Im übrigen ist es primär Sache der Deutschen Bundesbahn, Möglichkeiten zur Verbesserung des Verkehrsaufkommens zu entwickeln. Anlage 50 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Richter (Drucksache V/2636 Fragen 135 und 136) : Treffen Meldungen zu, daß nach Abschluß des Raumordnungsverfahrens für die Einmündung der Autobahnstrecke Heilbronn- Würzburg in die Autobahn Frankfurt—Nürnberg im Irtenberger Forst bei Kist, das bei der Regierung in Unterfranken durchgeführt wurde, noch einmal Beratungen aufgenommen werden sollen, die die Einmündung weiter westlich bei der jetzigen Autobahnanschlußstelle Würzburg-West in Erwägung ziehen? Ist die Bundesregierung bereit, an der bisherigen Planung festzuhalten, da neue Überlegungen einen Zeitverlust von vielen Jahren bedeuten würden, die Planungen der Autobahnämter Stuttgart und Nürnberg auf die Trassenführung mit Einmündung durch das sogenannte Malteserkreuz bei Kist festgelegt sind und eine Verzögerung des Ausbaues dieser wichtigen NordSüd-Verbindung im Bundesgebiet nicht zu verantworten ist? Soweit mir bekannt ist, wurde das in Bayern auf Landesebene gesetzlich vorgeschriebene Raumordnungsverfahren, das von der Regierung in Unterfranken durchgeführt wird, von der Landesplanungsstelle im Bayer. Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr noch nicht abschließend behandelt. Diesem Raumordnungsverfahren liegt eine Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8405 Anbindung der Bundesautobahn Heilbronn—Würzburg an die Autobahn Frankfurt—Nürnberg im Irtenberger Forst westlich Kist zugrunde. Es ist mir bekannt, daß gegen diese Linie Einwände erhoben wurden. Ob diese Einwände noch zu Beratungen auf Landesebene führen, liegt im Ermessen des für die Landesplanung zuständigen bayer. Staatsministers. Es bleibt abzuwarten, welchen Vorschlag die bayer. Auftragsverwaltung dem Bundesverkehrsministerium unterbreiten wird. Erst danach wird der Bundesminister für Verkehr nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes im Einvernehmen mit den an der Raumordnung beteiligten Bundesministern die Linienführung der Bundesautobahn Heilbronn—Würzburg bestimmen. Mir ist bekannt, daß die bayer. Straßenbauverwaltung in Zusammenarbeit mit der baden-württembergischen Straßenbauverwaltung eingehende Untersuchungen für die zweckmäßigste Linienführung der Westumgehung Würzburg angestellt hat und viele Gründe für die in das Raumordnungsverfahren eingebrachte Linie sprechen. Wenn von dieser Linie abgewichen werden müßte, wird nicht zu vermeiden sein, daß die Teilstrecke von Würzburg nach Tauberbischofsheim wesentlich später fertiggestellt wird, zumal jede Änderung auf bayerischem Gebiet zu umfangreichen Umplanungen auch auf baden-württembergischem Gebiet führt. Im Hinblick auf die Dringlichkeit einer leistungsfähigen Nord-SüdVerbindung von Würzburg nach Heilbronn würde ich es begrüßen, wenn Verzögerungen vermieden werden könnten, es sei denn, daß dem triftige Gründe entgegenstehen. Hierüber wird im Raumordnungsverfahren zu befinden sein. Anlage 51 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/2636 Fragen 137 und 138) : Hält es die Bundesregierung für richtig, bei der augenblicklichen schwierigen Tariflage der Binnenschiffahrt die Kanalabgaben auf Main, Neckar und Lahn zu erhöhen? Hat die Bundesregierung vor, vor Inkraftreten der geplanten neuen Bestimmungen für die Binnenschiffahrt die Kanalbenutzungsgebühren auf anderen westdeutschen Binnenwasserstraßen in gleichem Umfang zu erhöhen? Schiffahrtsabgaben sind der Gegenwert für die Benutzung der Wasserstraßen und insoweit auch Bestandteil des gesamten Entgelts für die Binnenschifffahrtsleistungen. Als Eigentümer und Unterhaltspflichtiger der Wasserstraßen ist der Bund für deren Wirtschaftlichkeit verantwortlich. Bei dem Bemühen, wenigstens die für Betrieb, Verwaltung und Unterhaltung der abgabepflichtigen Wasserstraßen entstehenden Ausgaben zu decken, wird gleichwohl die Wettbewerbslage der Binnenschiffahrtsunternehmen berücksichtigt. Mit dieser Maßgabe wurde auch die jetzt vorgenommene Erhöhung der Abgaben auf Main, Neckar und Lahn für notwendig und vertretbar gehalten. . Die Bundesregierung hat im Verkehrspolitischen Programm ihre Absicht klargestellt, das Abgabenaufkommen der abgabepflichtigen Bundeswasserstraßen um rd. 15 % zu verbessern. Innerhalb dieser Grenzen wird auch für die nordwestdeutschen Wasserstraßen eine Anpassung der Einnahmen an die gestiegenen Ausgaben wahrscheinlich unerläßlich sein. Ich bin aber bemüht, die erforderliche Anhebung der Schiffahrtsabgaben in Einklang mit den Maßnahmen des Verkehrspolitischen Programms für die Binnenschiffahrt zu bringen. Vor Änderung des Tarifs für die nordwestdeutschen Wasserstraßen wird den betroffenen Kreisen der Schiffahrt, vor allem der verladenden Wirtschaft Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Anlage 52 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/2636 Frage 139) : Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob die vom 7. bis 9. April gelösten Fahrkarten für verbilligte Reisen für die Rentner Tiber 65 Jahre auch in der ab 10. April angesetzten Sperrfrist Gültigkeit für die Benutzung der Deutschen Bundesbahn haben? Die Deutsche Bundesbahn wird, wie sie mir mitgeteilt hat, innerhalb der sog. Sperrfrist an die Reisenden über 65 Jahre keine ermäßigten Fahrausweise ausgeben, aber vorher gelöste Ausweise in den Grenzen der normalen Geltungsdauer auch während der Zeit vom 10.-17. April 1968 anerkennen. Ich möchte aber hinzufügen, daß den Bemühungen um eine glatte Abwicklung des Osterverkehrs nicht gedient ist, wenn die älteren Mitbürger, die ja im allgemeinen nicht an bestimmte Reisetage gebunden sind, für ihre Fahrten ausgerechnet die Zeit des stärksten Festtagsverkehrs wählen. Anlage 53 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Frerichs (Drucksache V/2636 Fragen 140, 141 und 142) : Welche organisatorischen und technischen Möglichkeiten sieht der Bundesverkehrsminister, um das immer wiederkehrende menschliche Versagen bei der Schließung von Bahnschranken auszuschließen und damit endlich die notwendige Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer beim Befahren höhengleicher Bahnübergänge zu gewährleisten? Welche finanziellen Aufwendungen sind erforderlich, um notwendige technische Investitionen durchzuführen, damit ein selbsttätiges Schließen von Bahnschranken bei Annäherung von Zügen sichergestellt wird? Welche Sicherheitsmaßnahmen können in einem kurzbefristeten Zeitraum getroffen werden, um in den Städten Bonn und Bad Godesberg eine absolute Sicherheit an den vielen Bahnübergängen herzustellen? 8406 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Die völlige Sicherheit kann nur durch die Beseitigung von schienengleichen Bahnübergängen erreicht werden. In den Jahren 1965 bis 1967 hat die Deutsche Bundesbahn insgesamt 76 Mio DM aufgewandt, um 209 höhengleiche Bahnübergänge durch Bauwerke zu beseitigen. Durch sonstige Maßnahmen wurden im gleichen Zeitraum 861 schienengleiche Bahnübergänge beseitigt, die Kasten beliefen sich in diesem Zusammenhang auf insgesamt 9,8 Mio DM. Das weitere Bauprogramm zur Beseitigung schienengleicher Bahnübergänge hat etwa den gleichen Umfang wie in den vergangenen Jahren. Im übrigen ist die. völlige Ausschaltung des menschlichen Versagens bei der Schrankenbedienung — abgesehen von der gänzlichen Beseitigung der Bahnübergänge — nur durch den Einbau zugbedienter Sicherungseinrichtungen in Form von Blinklichtanlagen mit oder ohne Halbschranken sowie durch Herstellen von Abhängigkeiten zwischen Schranke und Signal möglich. Da kurzfristig die beschrankten Bahnübergänge nicht beseitigt oder durch Blinklichtanlagen ersetzt werden können, hat die Deutsche Bundesbahn schon bisher durch betriebsdienstliche und technische Verbesserungen die Sicherheit an den beschrankten Bahnübergängen laufend erhöht. Besonders wurden und werden technische Hilfsmittel für die Ankündigung der Züge an die Schrankenwärter zunehmend eingebaut. Wo es die örtlichen Gegebenheiten zulassen, sind die in letzter Zeiet entwickelten Abhängigkeiten zwischen Schranken und Signalen sehr wirksam. Die Handhabung des Schrankenwärterdienstes wurde durch die Einführung eines besonderen Fahrplans für Schrankenposten und durch das sogenannte Mithören der Zugmeldungen am Fernsprecher, womit gleichzeitig die Dienstbereitschaft jedes Wärters vor jeder Zugfahrt festgestellt wird, wesentlich verbessert. Im übrigen versucht die Bundesbahn durch einen besonderen Eignungstest eine bestmögliche Aus- lese in personeller Hinsicht zu treffen. Alle diese und sonstige überwachende Maßnahmen werden mit Nachdruck von der Deutschen Bundesbahn auch weiterhin betrieben. Diese Bemühungen der Deutschen Bundesbahn schlagen sich nieder in dem Rückgang der Unfallhäufigkeit an beschrankten Bahnübergängen. So ereigneten sich im Jahr 1967 bei über 200 Mio Schrankenbedienungen an den etwa 11 100 beschrankten Bahnübergängen der Deutschen Bundesbahn 79 Unfälle, von denen 40 Unfälle auf das Verschulden von Schrankenwärtern zurückzuführen sind. Diese Zahlen geben einen Überblick über die Größenordnung solcher Vorkommnisse, die in der Öffentlichkeit immer wieder besonderes Aufsehen erregen. Das selbsttätige Schließen der Schranken läßt sich nur durch den Einbau von Blinklichtanlagen mit zugbedienten Halbschranken erreichen. Die Deutsche Bundesbahn schätzt, daß etwa 3500 von den z. Z. mit Schranken gesicherten Bahnübergängen für eine solche Umstellung in Frage kommen könnten. Hier- für wären Investitionsmittel in Höhe von etwa 500-550 Mio DM erforderlich. Eine absolute Sicherheit an den Bahnübergängen in Bonn und Bad Godesberg kann nur durch deren Beseitigung erreicht werden. Solche Maßnahmen lassen sich jedoch nicht kurzfristig verwirklichen. Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt deshalb, an diesen Bahnübergängen durch den Einbau technischer Hilfsmittel für die Schrankenwärter die Sicherheit weiter zu erhöhen. So werden die 3 Schrankenposten in Bonn z. Z. bereits mit Anrückmeldern ausgerüstet, die dem Schrankenwärter den sich nähernden Zug ankünden. Für die Schrankenposten in Bad Godesberg ist ebenfalls der Einbau von Anrückmeldern vorgesehen. Anlage 54 Schriftliche Antwort des Bundesminister Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Bauer (Würzburg) (Drucksache V/2636 Fragen 143 und 144) : Aus welchen Gründen hat die Autobahnplanung „West-Umgehung Würzburg" dem Großbauvorhaben „Malteserkreuz" den Vorzug gegeben vor der bisher üblichen „Kleeblattanlage"? Welches ist die nach detaillierter Berechnung exakt auszuweisende Kostendifferenz zwischen den hei den in Frage 143 genannten Ausführungen? Bei der von der bayer. Straßenbauverwaltung angestrebten Planung der Bundesautobahn-Neubaustrecke Heilbronn-Bad Hersfeld wurde im Raume Würzburg der Linie Großrinderfeld-Kist-Thüngersheim-Gramschatz aus wirtschaftlichen und verkehrlichen Überlegungen gegenüber der Variante Großrinderfeld-Helmstadt-Retzbach-Greßthal der Vorzug gegeben. Bei der Wahl war u. a. zu- berücksichtigen, daß noch nicht abzusehen ist, wann der Streckenteil Westumgehung Würzburg verwirklicht wird. Der bereits auf badenwürttembergischen Gebiet in Bau befindliche Streckenteil Heilbronn-Würzburg soll westlich Kist daher zunächst in der üblichen Form eines Autobahndreiecks an die Bundesautobahn Frankfurt-Nürnberg angeschlossen werden. Erst später, beim Bau der Westumgehung Würzburg, wäre die Ergänzung des. Autobahndreiecks zu einem Knoten in Form eines sog. Sternes erforderlich. Dies ist unter den gegebenen topographischen und verkehrlichen Verhältnissen die zweckmäßigste Lösung. Ein Kleeblatt wäre an dieser Stelle unzweckmäßig. Bei der Linie Großrinderfeld-Helmstadt-RetzbachGreßthal wäre eine weniger kostspielige Ausbildung des Autobahnkreuzes bautechnisch zweifellos möglich. Diese Trasse hätte jedoch gegenüber der Linie Großrinderfeld-Kist-Thüngersheim-Gramschatz einschließlich der Kreuzungsanlagen mit der Bundesautobahn Frankfurt-Nürnberg nach Berechnungen der bayer. Straßenbauverwaltung, wegen ihrer Mehrlänge von 22 km, Mehrkosten von rd. 115 Mio DM und einen Mehrbedarf an Grund und Boden von ca. 120 ha zur Folge. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8407 Anlage 55 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schwabe (Drucksache V/2636 Frage 145) : Sieht sich die Deutsche Bundesbahn in der Lage, dem Ansuchen von 37 Gemeinden aus drei Landkreisen wegen der Erhaltung bzw. der Ausgestaltung des Bahnhofs Mücke (Hessen) an der Strecke 193 Gießen—Fulda zu entsprechen? Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, beabsichtigt sie nicht, die betrieblichen oder die verkehrlichen Aufgaben des Bahnhofs Mücke einzuschränken. Nachdem das Empfangsgebäude in Mücke erst vor einigen Jahren instandgesetzt worden ist, sind auch für die nächste Zeit keinerlei bauliche Maßnahmen für dieses Gebäude vorgesehen. Im Zuge der Rationalisierung der Sicherungsanlagen sollen die drei Stellwerke des Bahnhofs zu einem Stellwerk vereinigt werden. Bei dieser Sachlage dürfte die Sorge der Gemeinden wegen der Erhaltung des Bahnhofs Mücke unbegründet sein. Anlage 56 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Flämig (Drucksache V/ 2636 Fragen 146 und 147) : Ist in absehbarer Zeit damit zu rechnen, daß die Gleiskörper der Bundesbahnhauptstrecke Frankfurt—Würzburg unmittelbar nach der Ausfahrt aus dem Hauptbahnhof Hanau in der Gemarkung der Stadt Großauheim so verlegt werden, daß die Zerschneidung der Stadt durch die Bahnstrecke beendet wird? Besteht technisch die Möglichkeit, die Bundesbahnhauptstrecke zwischen Hanau und Aschaffenburg in der Gemarkung Großauheim auf den Gleiskörper der Bundesbahnumgehungsstrecke Aschaffenburg—Friedberg zu verlegen, die über den Exerzierplatz Großauheim führt? Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn ist in absehbarer Zeit nicht mit einer Verlegung der Bundesbahnstrecke Frankfurt/Main — Würzburg im Bereich der Stadt Großauheim zu rechnen. Wenn auch rein technisch die Möglichkeit für eine solche Verlegung besteht, so sprechen doch beachtliche eisenbahnverkehrliche Gründe gegen eine solche Lösung. Hierzu gehört vor allem die Verlängerung der Anmarschwege für die Reisenden. Anlage 57 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Haehser (Drucksache V/2636 Fragen 148 und 149) : Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß für Triebfahrzeuge im Schienenverkehr Kennzeichnungsleuchten genügen? Kann die Bundesregierung sich der Auffassung anschließen, daß beim Befahren von Waldstrecken und sonstigen einsamen Strecken und auch bei schlechter Sicht Suchscheinwerfer an Triebfahrzeugen die Sicherheit des Schienenverkehrs weiter erhöhen könnten? Es ist bereits wiederholt eingehend geprüft worden, ob Triebfahrzeuge der Eisenbahn neben dem Dreilichtspitzensignal, das auf weite Strecken einen Zug als solchen erkennbar macht, noch zusätzlich einen Suchscheinwerfer erhalten sollen. Dabei hat sich herausgestellt, daß die Nachteile größer sind als die möglichen Vorteile. Insbesondere würden Suchscheinwerfer das Erkennen der Lichtsignale an der Strecke erschweren und damit die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes beeinträchtigen. Gerade bei unsichtigem Wetter ist das der Fall. Auf ihre Einführung mußte daher verzichtet werden. Anlage 58 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Dittrich (Drucksache V/2636 Fragen 150, 151 und 152) : Wird die im Zuge des Ausbaus der B 16 in Regensburg vorgesehene Westumgehung unmittelbar am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder vorbeigeführt? Welche Maßnahmen werden im bejahenden Falle getroffen, um das Krankenhaus vor unzumutbarer Lärm- und Abgaseinwirkung zu schützen? Muß mit Schadensausgleichsansprüchen des Krankenhauses gerechnet werden? Die Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder in Regensburg liegen westlich der geplanten bzw. im Bau befindlichen Westumgehung von Regensburg im Zuge der Bundesstraße 16. Der minimale Abstand der Krankenhausgebäude von der Straßenachse der neuen Bundesstraße 16 beträgt für die südöstliche Ecke des Frauenkrankenhauses ca. 75 m, für die südöstliche Ecke des Männerkrankenhauses ca. 85 m. Die ursprünglich in Hochlage geplante Westumgehung von Regensburg wird nach der jetzigen Planung im Bereich der Krankenhäuser in einem durchschnittlich 4,5 m tiefen Einschnitt verlaufen. Für den Straßenbau nicht benötigtes Aushubmaterial soll dazu verwendet werden, zusätzlich einen ca. 4 m hohen Damm längs der Bundesstraße 16 am westlichen Hang der Einschnittsböschung, also zwischen der Bundesstraße ,16 und den Krankenhäusern, zu schütten. Die Höhendifferenz zwischen der Dammkrone und der Fahrbahn der Bundesstraße 16 wird somit 8-9 .m betragen. Die Böschungen werden bepflanzt. Außerdem wurden die in der ursprünglichen Planung nördlich der Prüfeninger Straße vorgesehenen Anschlußrampen nach Süden, also vom Krankenhausbereich weg, verlegt, um die Beeinträchtigung zu verringern. Mit diesen Maßnahmen ist eine Abschirmung der Krankenhäuser vor unzumutbaren Lärm- und Abgaseinwirkung voraussichtlich erreicht. Ob weitere Maßnahmen notwendig sind, ist ggf. nach Inbetriebnahme der neuen Bundesstraße 16 zu prüfen. Da für den Neubau der Bundesstraße 16 das Grundstück der Krankenhäuser voraussichtlich nicht berührt wird, ist ein Entschädigungsanspruch infolge Landverlust nicht gegeben. 8408 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Die Frage, ob Entschädigungsansprüche wegen der Lärmbelästigung in Betracht kommen, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Rechtsprechung stellt an solche Ansprüche sehr strenge Anforderungen. Im übrigen wird sich die Frage, ob Entschädigungsansprüche entstehen, nach der Ausführung der in meiner Antwort zu Frage 151 dargestellten Maßnahmen voraussichtlich nicht stellen. Anlage 59 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) (Drucksache V/2636 Fragen 153, 154 und 155) : Sind der Bundesregierung die Überlegungen bekannt, wonach einer der ältesten und repräsentativsten Bahnhöfe der Bundesrepublik Deutschland, der Bahnhof Rolandseck, der ein eisenbahngeschichtliches und kunstgeschichtliches Bauwerk von Rang ist, abgerissen werden soll, um modernen Wohnhochhäusern Platz zu machen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den letzten Jahren sich der Bahnhof Rolandseck zu einem Zentrum kultureller und künstlerischer Bemühungen entwickelt hat? Hat die Bundesregierung geprüft, ob das in Frage 153 erwähnte Bauwerk nicht sinnvollerweise u. a. vom Bund für repräsentative Veranstaltungen genutzt werden könnte? Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, wird das Empfangsgebäude Rolandseck nicht mehr für Bundesbahnzwecke benutzt. Es ist z. Z. an die Galerie Pro in Bad Godesberg vermietet. Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, das im Bereich des Empfangsgebäudes liegende Gelände zu veräußern. Dabei wurde vorgeschlagen, nach Möglichkeit das Empfangsgebäude in die zukünftige Bebauung einzubeziehen. Ein Kaufinteressent steht wegen der beabsichtigten Bebauung dieses Geländes z. Z. mit der Gemeinde Oberwinter in Verhandlung. Neuerdings zeichnet sich die konkrete Möglichkeit ab, eine Lösung zu finden, bei der das Empfangsgebäude erhalten bleibt. Überlegungen von seiten des Bundes, dieses Bauwerk für repräsentative Veranstaltungen zu nutzen, sind nicht angestellt worden, weil dieses Gebiet wegen seiner größeren Entfernung vom Parlaments-und Regierungsviertel außerhalb des Bundesinteresses liegt. Anlage 60 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fellermaier (Drucksache V/2636 Frage 156) : Wird das Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes 313/VIII/66, in dem die Verwendung typengeprüfter gelber Scheinwerferbirnen für zulässig erklärt worden ist, zu einer Änderung der entsprechenden Bestimmungen im Straßenverkehrsrecht durch die Bundesregierung führen? In einem in Vorbereitung befindlichen Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist — unabhängig von dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs — bereits vorgesehen, daß künftig nur noch weißes Scheinwerferlicht abgestrahlt werden darf. Anlage 61 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Richter (Drucksache V/2636 Frage 157) : Wie sieht die Planung der Zubringer bei Bad Rappenau zur Autobahn Weinsberg—Walldorf aus? Zur Herstellung eines leistungsfähigen Anschlusses des Kurortes Bad Rappenau an die neue Bundesautobahn Walldorf—Heilbronn beabsichtigt das Land Baden-Württemberg eine Verlegung der Landesstraßen 528 und 549 durchzuführen. Der neue Straßenzug zweigt nördlich von Babstadt von der bestehenden Landesstraße 549 ab, kreuzt westlich von Bad Rappenau die Landesstraße 528 und schließt zwischen Bonfeld und Fürfeld an die neue Bundesautobahn an. Entwurfsunterlagen, aus denen nähere Einzelheiten des geplanten Zubringers zu ersehen wären, liegen mir gegenwärtig noch nicht vor. Allerdings bin ich darüber unterrichtet, daß das Land Baden-Württemberg als Baulastträger der neuen Straße die Gewährung eines Bundeszuschusses beantragen und in kürze die hierzu erforderlichen Pläne übersenden wird. Sofern Sie über die von mir gemachten Angaben hinaus noch nähere Einzelheiten über die Linienführung des Zubringers benötigen sollten, darf ich Ihnen anheimstellen, sich in dieser Angelegenheit unmittelbar mit dem Innenministerium Baden-Württemberg in Stuttgart in Verbindung zu setzen, da in diesem Falle das Land Baulastträger ist. Anlage 62 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Gscheidle (Drucksache V/2636 Fragen 158 und 159) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch den Neubau der Limesspange im Zuge der Bundesstraße 8 an den neu entstandenen Kreuzungen mit der Landstraße 3015 in Bad Schwalbach (Taunus) und der Kreisstraße 802 in Sulzbach (Taunus) seit ihrer Fertigstellung eine erhebliche Zahl von zum Teil schweren Verkehrsunfällen registriert wurde? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Verkehrsgefährdung an den in Frage 158 bezeichneten Kreuzungen zu mindern? Die Limesspange liegt nicht im Zuge der Bundesstraße 8, sondern ist eine Landesstraße, die vom Land Hessen gebaut und finanziert worden ist. Die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr ist daher hier nicht gegeben. Ich werde jedoch dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr von Ihrer Anfrage Kenntnis geben und die Landesregierung darauf hinweisen, daß ich den kreuzungsfreien Ausbau angesichts der sich laufend ereignenden Unfälle für dringlich halte. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8409 Anlage 63 Schriftliche Antwort deis Bundesministers Dr. Dollinger vom 1. März 1968 auf die Mündliche Anfrage de's Abgeordneten Meister (Drucksache V/2636, Fragen 160, 161 und 162) : Welche positiv oder negativ zu bewertenden Erfahrungen liegen bei der Deutschen Bundespost über die seit einigen Jahren in Betrieb befindlichen automatischen Briefverteilungsanlagen vor? Wie wirkt sich die Personalersparnis bei den in Frage 160 erwähnten Anlagen aus? Werden Möglichkeiten für eine sinnvolle Weiterentwicklung gesehen? Zu 1.: Die Deutsche Bundespost verfügt z. Z. über folgende 4 automatische Versuchs-Briefverteilanlagen: 1. Postamt Pforzheim, Inbetriebnahme 1965 2. Postamt Bochum, Inbetriebnahme 1966 3. Postamt Wiesbaden, Inbetriebnahme 1967 4. Postamt Braunschweig, Inbetriebnahme 1968 In Wiesbaden ist im Gegensatz zu den 3 anderen Ämtern nur eine automatische Verteilmaschine erstellt worden, über die nur ein Teil .der anfallenden maschinenfähigen Briefpost geleitet werden kann. Die Erprobung der 4 Versuchsanlagen ist noch nicht abgeschlossen. Die Entwicklung, Erprobung und betriebssichere Herrichtung der benötigten technischen Einrichtungen ist in technischer, zeitlicher, personeller und finanzieller Hinsicht aufwendiger, als ursprünglich angenommen werden konnte. Die entwickelte Codiermaschine bedarf noch weiterer Verbesserung. Auch idas maschinelle Lesen der Postleitzahl bereitet Schwierigkeiten. Auf einschlägige Entwicklungen ausländischer Postverwaltungen muß zudem Rücksicht genommen werden, um Unterschiedlichkeiten im grenzüberschreitenden Verkehr zu vermeiden. Die Anpassung des heutigen manuellen Betriebes an die Technik unter der notwendigen Aufrechterhaltung des vollen Betriebs und 'des gewohnten Service ist schwierig. Sie muß daher behutsam vorgenommen werden und erfordert längere Zeit. Es ist von allgemeinem Nachteil, daß die benötigten Einrichtungen nicht marktgängig sind und iauch von anderen Postverwaltungen keine ausgereiften Konstruktionen übernommen werden können. Da nur jeweils geringe Stückzahlen benötigt werden, sind die Maschinen mit einem hohen Anteil an Entwicklungskosten belastet. Es ist technisch gelungen, den Brief und die Postkarte, soweit sie das Format der Standardsendung aufweisen und darüber hinaus maschinenfähig sind, maschinell für die einzelnen Bearbeitungsgänge zu beherrschen. Zu 2.: Dem Minderbedarf an nichttechnischem Personal steht vorerst noch ein Mehrbedarf an qualifiziertem technischem Fachpersonal gegenüber, der erst mit zunehmender Entwicklungsreife und Betriebssicherheit .der technischen Einrichtungen abgebaut werden kann. Bisher ist an keiner Stelle eine nennenswerte Personalersparnis erzielt worden. Der Personalbedarf wird sich aller Voraussicht nach bei Verwendung von Verteilmaschinen mit 400 Verteilfächern verringern. In welchem Umfang eine Verringerung möglich sein wird, muß der Versuchsbetrieb zeigen. Zu 3.: Für eine sinnvolle Weiterentwicklung wird der bereits veranlaßte Bau einer Verteilmaschine mit 400 Verteilfächern gehalten, die wesentlich günstigere Ergebnisse gegenüber den heute im Versuchsbetrieb befindlichen Verteilmaschinen mit nur 100 Fächern erwarten läßt. Diese Maschine wird in etwa 3 Jahren erprobt werden können. Weiter ist es erforderlich, die Entwicklung eines Lesegerätes zum maschinellen Lesen von Postleitzahlen mit Nachdruck zu betreiben. Dies könnte — unter Wegfall der manuellen Kodierung — zu einer automatisch arbeitenden Codiermaschine führen, was von Anbeginn der Automatisierung angestrebt wurde. Anlage 64 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bauer (Würzburg) (Drucksache V/2636 Frage 163) : Trifft die am 2. Februar 1968 in der Presse unter der Überschrift Bundespost als Patronatsherr" erschienene Meldung zu, es „gebe in Oberfranken ferner Fälle, in denen . das Bundespostministerium Patronatsrechte über evangelische Kirchen ausübe, da diese Institutionen Besitzungen erwarben, auf denen das Patronatsrecht verbrieft ist"? Die Pressemeldung, nach der das Bundespostministerium angeblich Patronatsrechte über evangelische Kirchen in Oberfranken ausübe, trifft nicht zu. Richtig ist vielmehr, daß die Deutsche Bundespost in Waltershausen/Unterfranken ein bereits 1942 erworbenes und nun als Posterholungsheim dienendes Grundstück besitzt, mit dem ein 'dingliches Patronatsrecht und eine Kirchenbaulast verbunden sind. Die Post hat aber niemals dieses Präsentationsrecht bei der Besetzung der Pfarrstelle zu Waltershausen ausgeübt. Dagegen ist sie ihrer Verpflichtung zur Beteiligung an den Baulasten für die Pfarrgebäude in einer bisherigen Ausgabenhöhe von rd. 10 000,—DM nachgekommen. Die Deutsche Bundespost 'erstrebt seit längerem in Verhandlungen mit dem Evang.-Luth. Landeskirchenrat in München die Ablösung von Patronatsrecht und Kirchenbaulast. Eine Ablösung des Patronatsrechts setzt allerdings eine Änderung der Verfassung der Evang.-Luth. Kirche in Bayern voraus. Hierüber hat u. a. die Landessynode in der Zeit vom 4. bis 8. März 1968 in Ansbach beraten. 8410 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Anlage 65 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Geldner (Drucksache V/2636 Frage 164) : Wie erklärt es sich, daß trotz ständiger Rationalisierung und Mechanisierung bei der Deutschen Bundespost im Jahresdurchschnitt 1967 rund 0,7 Prozent mehr Arbeitskräfte als 1966 eingesetzt wurden, obwohl speziell im personalintensiven Postdienst in allen Punkten ein Rückgang der Inanspruchnahme der Leistungen zu verzeichnen war? Prozentzahlen können täuschen, wenn sie nur absolut und nicht differenziert betrachtet werden. So gibt schon der herausgegriffene Ausgangswert einer Vermehrung des Personals um 0,7 v. H. kein richtiges Bild über den Einsatz von Arbeitskräften. Tatsächlich betrug die Erhöhung der Arbeitskräfte nur 0,5 v. H. Da aber die Zahl der Nachwuchskräfte um 2,5 v. H. vermehrt wurde (im Jahresdurchschnitt 1967 haben allein rd. 10 000 Arbeitskräfte im fernmeldetechnischen Dienst gefehlt), stieg damit naturgemäß auch der Gesamtpersonalbestand höher, nämlich auf 0,7 v. H. Trotz eines geringen Verkehrsrückganges im Postwesen, der jedoch durch einen Verkehrsanstieg im Fernmeldewesen überkompensiert wurde, sieht die Arbeitskräfteentwicklung infolge weiterer Rationalisierungsmaßnahmen wie folgt aus: 1. Die Zahl der Abeitskräfte im Postwesen hat um 2 990 oder 1,1 v. H. bei einem Verkehrsrückgang von 1,2 v. H. abgenommen. 2. Im Fernmeldewesen hat sich bei einem Verkehrszuwachs von 8,8 v. H. die Zahl der Arbeitskräfte um 4 921 oder 4,5 v. H. vermehrt. So ergeben odie Verminderung der Arbeitskräfte im Postwesen um 1,1 v. H. und deren Vermehrung im Fernmeldewesen um 4,5 v. H. zusammen den bereits genannten Arbeitskräftezuwachs von 0,5 v. H., in dem bereits eine geringfügige Abdeckung des im Fernmeldedienst seit Jahren vorhandenen Personalfehlbestandes eingeschlossen ist. Anlage 66 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gottesleben (Drucksache V/2636 Frage 165) : Trifft es zu, daß die Postboten auf der Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz und zurück bei Benutzung von posteigenen Bussen selbst zahlen müssen? Die Deutsche Bundespost gewährt ihren Bediensteten bei Fahrten auf Postomnibuslinien Gebührenfreiheit, wenn es sich umdienstlich veranlaßte Fahrten handelt. In anderen Fällen müssen die Bediensteten für Fahrten auf Postomnibuslinien zwischen Wohn-und Dienstort die um 50 v. H. ermäßigten Fahrgebühren selbst zahlen. Jedoch werden den einkommensschwächeren Bediensteten bei regelmäßigen Fahrten zwischen Wohnung und Dienststätte Fahrkostenzuschüsse gewährt. Grundlage hierfür ist die vom Herrn Bundesminister des Innern für alle Bun- desbehörden verbindliche, mit Rundschreiben vom 13. 5. 1965 bekanntgegebene Zuschußregelung. Anlage 67 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Freiherr von und zu Guttenberg vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jung (Drucksache zu V/2636 Frage 166) : Wie viele Sitzungen des Bundesverteidigungsrates haben in den vergangenen zwei Jahren stattgefunden? Der Bundesverteidigungsrat ist im Jahre 1966 insgesamt 16 Mal zusammengetreten. 1967 haben 11 Sitzungen des Bundesverteidigungsrates stattgefunden. In der Regel ist jeden Monat eine Sitzung des Bundesverteidigungsrates vorgesehen. Es gibt eine sogenannte langfristige Terminplanung, in der die Sitzungstermine jeweils für ein Jahr festgelegt werden. Anlage 68 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Mommer (Drucksache zu V/2636 Frage 167) : Stimmte die Haltung des französischen Außenministers in der Frage eines Arrangements mit Großbritannien und anderen EFTA-Staaten bei der Ministerratskonferenz vom 29. Februar 1968 in Brüssel überein mit den Absprachen bei den Konsultationen mit der französischen Regierung am 15. und 16. Februar? Die beiden Regierungen haben sich in ihrer Gemeinsamen Erklärung vom 16. 2. 1968 bereiterklärt, in der Erwartung der Erweiterung der Gemeinschaften Vereinbarungen zur Entwicklung des Austausches industrieller und landwirtschaftlicher Erzeugnisse zwischen der EWG und den Staaten, die Beitrittsanträge gestellt haben, ins Auge zu fassen. Die Ministerräte vom 29. Februar und vom 9. März 1968 haben ergeben, daß hinsichtlich der Auslegung dieser Erklärung weitere deutschfranzösische Kontakte nützlich sein werden. Anlage 69 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidhuber (Drucksache zu V/2636 Frage 168) : Kann mit wesentlichen Einsparungen beim Zollgrenzdienst gerechnet werden, wenn am 1. Juli 1968 die Binnenzölle innerhalb der EWG wegfallen? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8411 Der Zollgrenzdienst überwacht die sogenannte grüne Grenze, d. h. die Zollgrenze außerhalb der Grenzzollämter. Sie muß auch nach der Verwirklichung der Zollunion am 1. Juli 1968 in gleichem Maße wie bisher bewacht werden. Als Grenzausgleich zwischen den EWG-Ländern sind nämlich weiterhin die Einfuhrumsatzsteuer und die Verbrauchsteuern zu erheben. Auch zahlreiche Verbote und Beschränkungen im Warenverkehr, wie etwa die gesundheitspolizeilichen, pflanzensanitären und veterinärpolizeilichen Einfuhrbeschränkungen bleiben ebenso wie die grenzpolizeilichen Bestimmungen — vor allem die Paßnachschau — in vollem Umfang bestehen. Für den Zollgrenzdienst bedeutet dies, daß er unverändert die Umgehung aller dieser Vorschriften durch unerlaubte Grenzübertritte außerhalb der zugelassenen Grenzübergangsstellen verhindern muß. Eine nennswerte Personaleinsparung im Zollgrenzdienst an den ohnehin nur sehr dünn besetzten EWG-Grenzen — auf rd. 1700 km etwa 1600 Beamte — ist deshalb nicht zu erwarten. Erst nach Herstellung der völligen Wirtschaftsgemeinschaft werden die EWG-Binnengrenzen ihre Bedeutung verlieren. Anders liegt es beim Zollabfertigungsdienst. Anlage 70 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Reinhard (Drucksache zu V/2636 Fragen 169, 170 und 171) : Hat die Bundesregierung nach eingehender Prüfung des EWG-Dokuments IV/C/4 — Niederlande (Juli 67) — 10.563/IV/67 — D festgestellt, daß die bei den einzelnen Produktionsmitteln von der Regierung der Niederlande angegebenen Umsatzsteuervorbelastungen den tatsächlichen Umsatzsteuersätzen entsprechen, daß bei den weiterhin vorgenommenen Berechnungen richtige Einzelfaktoren unterstellt wurden und daß damit diese Umsatzsteuerrückvergiitung keine versteckte Subvention darstellt? Ist die Bundesregierung bei der Prüfung der seitens der Regierung der Niederlande ab 1. Januar 1968 eingeführten weiteren Erhöhung der Umsatzsteuerrückvergütung für Exporte um ein Prozent, die ihr seit über drei Monaten bekannt ist, zu dem Ergebnis gekommen, daß auch diese Umsatzsteuerrückvergütung der tatsächlichen Umsatzsteuervorbelastung in den Niederlanden entspricht und damit keine versteckte Subvention darstellt, obwohl die EWG-Kommission in ihrem Schreiben vom 20. Dezember 1967 an die Regierung der Niederlande nachdrücklich Bedenken gegen diese Erhöhung der Umsatzsteuerrückvergutung geäußert und um eingehende Stellungnahme gebeten hat? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, solange nicht klar erwiesen ist, daß die Regierung der Niederlande keine höhere Umsatzsteuerrückvergütung bei Exporten gewährt, als sie der tatsächlichen Umsatzsteuer in den Niederlanden entspricht, und solange also der begründete Verdacht besteht, daß die Regierung der Niederlande eine versteckte Exportsubvention gewährt, die die im harten Konkurrenzkampf stehende deutsche Schlachtgeflügelwirtschaft einer zusätzlichen neuen Wettbewerbsverzerrung aussetzt, und die einen Verstoß gegen den EWG-Vertrag darstellt? Die zuständigen Ressorts der Bundesregierung haben die niederländischen Berechnungen über die seit dem 1. September 1967 geltenden Ausfuhrvergütungssätze. eingehend geprüft. Es haben sich hierbei keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die neuen Sätze mit den Artikeln 96 und 97 des EWG-Vertrages nicht zu vereinbaren sind. Zu diesem Ergebnis sind auch die Untersuchungen der Kommission und der übrigen Mitgliedstaaten gekommen. Gegen den ab 1. Januar 1968 geltenden zusätzlichen pauschalen Vergütungssatz von 1 vH zur Abgeltung der Umsatzsteuervorbelastung der Investitionen und Dienstleistungen hat die Bundesregierung dagegen ebenso wie die Regierungen der übrigen Mitgliedstaaten ernste Bedenken. Die Kommission, die diese Bedenken teilt, hat daher am 20. Dezember 1967 an die niederländische Regierung die von Ihnen erwähnte Empfehlung gerichtet. Das Bundesministerium der Finanzen hat Sie hierüber bereits am 24. Januar 1968 schriftlich unterrichtet. Die Antwort der niederländischen Regierung ist am 10. März 1968 bei der Kommission eingegangen. Ihr Inhalt ist der Bundesregierung noch nicht bekannt. Die Bundesregierung wird die niederländische Stellungnahme, um deren Zusendung sie bemüht ist, beschleunigt prüfen und sodann mit der Kommission und den Regierungen der übrigen Mitgliedstaaten die weiteren Schritte beraten, die in dieser Sache in Betracht kommen. Anlage 71 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Wienand (Drucksache zu V/2636 Fragen 172, 173 und 174) : Ist damit zu rechnen, daß der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften noch vor dem 1. April 1968 die Erhebung einer sog. Margarinesteuer beschließen wird? Besteht die Gefahr, daß die Bundesregierung in der Frage der Margarinesteuer von den anderen EWG-Regierungen im Rat überstimmt werden könnte? Sieht die Bundesregierung in der Erhebung einer Margarineumlage, die die Verbraucher des gemeinsamen Marktes in unsozialer Weise belasten würde, ein geeignetes Mittel, um die Butterberge in der EWG zu beseitigen und die verfehlte Milchmarktpolitik zu korrigieren? Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften hat bereits am 23. Dezember 1963 eine Entschließung über die Erhebung einer Umlage auf Fettstoffe getroffen. Die Umlage sollte nicht nur die Margarine belasten, sondern alle eingeführten oder in der Gemeinschaft erzeugten pflanzlichen oder Seetierfette für Nahrungszwecke. Die Einnahmen aus der Fettsteuer sollten einen Teil der Kosten decken, die dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft bei der Finanzierung der gemeinsamen Fettmarktordnung und bestimmter Beihilfen an die assoziierten Staaten für Ölsaaten und Saatenöle entstehen. In der Entschließung wurde weiter vereinbart, daß die Einnahmen aus der Umlage der Gemeinschaft zufließen sollten. Die Steuer sollte einen Gesamtbetrag von 350 Mio DM erbringen. Demgemäß hat die Kommission dem Rat im Dezember 1964 einen auf Art. 201 des EWG-Vertrages gestützten Verordnungsvorschlag über die Einführung einer Abgabe auf Fette vorgelegt (abgedruckt in der Drucksache IV/2858 des Deutschen Bundestages). Der Rat hat jedoch eine entsprechende Verordnung bisher nicht verabschiedet. Die Finanzierung der Fettmarkt- 8412 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 ordnung und der Beihilfen für die assoziierten Staaten auf dem Fettsektor ist inzwischen durch Beiträge der Mitgliedstaaten geregelt worden. Neuerdings fordern verschiedene Mitgliedstaaten in Abweichung von der Ratsentschließung des Jahres 1963, mit der Steuer nur die Margarine zu belasten und durch deren Verteuerung den Butterverbrauch zu erhöhen. Außerdem sprechen diese Mitgliedstaaten sich gegen die Gestaltung der Steuer als eigene Einnahme der Gemeinschaft auf der Grundlage des Art. 201 EWG-Vertrag aus. Die Bundesregierung hält die Durchführung der Entschließung von 1963 nicht mehr für erforderlich, da die Finanzierung der Fettmarktordnung inzwischen auf andere Weise sichergestellt ist. — Darüber hinaus lehnt die Bundesregierung jegliche Änderung der Ratsentschließung von 1963 ab. Man würde durch eine solche Änderung die künftige Finanzierungsregelung präjudizieren, über die erst im Jahre 1969 entschieden werden soll. Wegen dieser Meinungsverschiedenheiten ist nicht damit zu rechnen, daß der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften noch vor dem 1. April 1968 Beschlüsse zur Frage der Fettsteuer fassen wird. Nein. Mit der Entschließung über die Einführung einer Fettsteuer ist die Absicht verbunden worden, die Einnahmen hieraus der Gemeinschaft zuzuweisen. Einen entsprechenden Beschluß kann der Rat nur einstimmig fassen. Eine Gestaltung der Steuer als eigene Einnahme der Gemeinschaft bedürfte außerdem gemäß Art. 201 des EWG-Vertrages der Ratifikation durch die Parlamente der Mitgliedstaaten. Nein. Nach der Ratsentschließung von 1963 soll die Fettsteuer der Gemeinschaft lediglich neue Finanzmittel verschaffen ,nicht jedoch marktordnende Funktionen auf dem Milchsektor übernehmen. — Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine Margarinesteuer auch dann nicht geeignet wäre, den Fettverbrauch zugunsten der Butter zu beeinflussen, wenn man den Änderungswünschen anderer Mitgliedstaaten Rechnung tragen würde. Die Fettsteuer würde wahrscheinlich sogar zu einem Rückgang des Butterverbrauchs führen, weil die Verbraucherhaushalte, um ihre Ausgaben für Fette insgesamt nicht zu erhöhen und um andererseits auch ihren Verbrauch nicht einschränken zu müssen, möglicherweise einen Teil ihrer Nachfrage auf die immer noch bei weitem preiswerteren pflanzlichen Fette verlagern würden. Anlage 72 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prochazka (Drucksache zu V/2636 Fragen 176, 177 und 178) : Auf welche Einfuhrartikel sind die positiven Handelsbilanzen der Sowjetunion und der Volksrepublik Polen im Warenverkehr mit der Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen? Aus der Sowjetunion werden vor allem Rohstoffe und Halbwaren eingeführt; an einzelnen Produkten sind Erdöl- und Mineralölerzeugnisse, Holz und Baumwolle von besonderer Bedeutung. Bei der Einfuhr aus Polen haben Güter der Ernährungswirtschaft und Halbwaren ein sehr starkes Gewicht. Die aktiven Handelsbilanzen der UdSSR und der polnischen Republik resultieren jedoch nicht aus einer verhältnismäßig hohen Einfuhr, sondern aus einer relativ niedrigen deutschen Ausfuhr. Je Einwohner erreichte die deutsche Ausfuhr nach Polen nicht einmal die Hälfte der deutschen Ausfuhren nach der Tschechoslowakei, nach Ungarn, nach Rumänien, nach Bulgarien. Die deutsche Ausfuhr nach der UdSSR erreichte nicht einmal ein Zehntel der auf die Einwohnerzahl bezogenen Ausfuhr in die erwähnte osteuropäische Ländergruppe. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß im Jahre 1967 — wie von der Bundesregierung gewünscht — die polnischen Einfuhren aus der Bundesrepublik Deutschland sich kräftig erhöht haben, so daß sich ein deutscher Ausfuhrüberschuß ergab. Die effektive Verschuldung ist nicht bekannt. Sie läßt sich auf Grund der Salden des Warenverkehrs nicht feststellen, da diese vielfach durch Einnahmen aus dem Reiseverkehr oder durch multilateral erworbene Devisen abgedeckt werden. Der Bundesregierung stehen lediglich Verschuldungsdaten auf Grund von Hermes-Garantien zur Verfügung. Es gibt nur bilaterale Beziehungen. Im COMECON gibt es keine interne Verrechnung zum Ausgleich der Salden gegenüber Drittländern. Anlage 73 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache zu V/2636 Frage 181): Trifft es zu, daß zu Unrecht gewährte Waisenrente nach BVG auch dann von Waisen zurückgezahlt werden muß, wenn sie auf Beantragung und Gewährung dieser Leistung infolge Minderjährigkeit keinen Einfluß hatten? Zu Unrecht gewährte Leistungen der Kriegsopferversorgung sind grundsätzlich vom Empfänger zurückzuerstatten. Das gilt auch für Waisen, die Renten auf Grund eines zu Unrecht gestellten Antrages ihres gesetzlichen Vertreters erlangt haben, gleichgültig, ob sie auf die Handlungsweise ihres gesetzlichen Vertreters Einfluß nehmen konnten oder nicht. Auf die Rückforderung kann jedoch verzichtet werden, wenn sie für die Waise eine besondere Härte bedeuten würde. Bei der Feststellung, ob im Einzelfall eine besondere Härte vorliegt, können Umstände, die nicht in der Person des Erstattungspflichtigen liegen — etwa das Handeln eines gesetzlichen Vertreters — mitberücksichtigt werden. Hierauf ist in einer Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung ausdrücklich hingewiesen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8413 Anlage 74 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Müller (München) (Drucksache zu V/2636 Fragen 184 und 185) : Liegen der Bundesregierung Anzeichen dafür vor, daß die Entfernung von Bundeswehrsoldaten von der Truppe durch eine illegale Organisation gefördert wird? In welchem Umfang und seit wann haben die Fälle der Desertation aus der Bundeswehr zugenommen? Die Antwort lautet: Nein! Die Zahl der Fälle von Fahnenflucht hat nicht von einem bestimmten Zeitpunkt an zugenommen. Die Anzahl dieser Vorfälle hat sich vielmehr mit dem wachsenden Aufbau der Bundeswehr — mit der zunehmenden Personalstärke — erhöht. Anlage 75 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jung (Drucksache zu V/2636 Frage 186) : Ist die Bundesregierung bereit, Gespräche mit den Industrie-und Handelskammern, bzw. Handwerkskammern mit dem Ziel zu führen, eine Anerkennung in der Bundeswehr abgelegter Prüfungen und erworbener Lizenzen durch diese Organisationen zu erreichen? Die in der Bundeswehr abgelegten Prüfungen bzw. erworbenen Lizenzen werden weder von den Industrie- und Handelskammern noch von den Handwerkskammern anerkannt. Es ist auch nicht erfolgversprechend, zu versuchen, in Gesprächen eine solche Anerkennung zu erreichen, denn die truppenfachliche Ausbildung ist vorwiegend auf die militärischen Forderungen bzw. auf die bundeswehreigentümlichen Geräte abgestellt und entspricht daher. nicht im vollen Umfange den zivilen Prüfungsanforderungen. Soldaten, die ihre bei der Bundeswehr erworbenen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten für den späteren Zivilberuf verwerten wollen, müssen daher — nach entsprechender Ergänzung — eine zivile Fachprüfung ablegen. Hierauf können sie sich aber schon in ihrer Freizeit durch die Arbeitsgemeinschaften des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr vorbereiten. Bereits 1958 hat das BMVtdg mit dem Deutschen Industrie- und Handelstag und dem Deutschen Handwerkskammertag Grundsatzvereinbarungen über die Zulassung von ehemaligen Soldaten der Bundeswehr sowie Unteroffizieren und Mannschaften auf Zeit zu Facharbeiter- bzw. Gesellenprüfungen getroffen. Darüber hinaus sind weitere acht Vereinbarungen mit diesen Spitzenorganisationen abgeschlossen worden. Durch jede dieser Vereinbarungen wird die fachliche Ausbildung und Verwendung im Truppendienst ausdrücklich anerkannt. Außerdem wurden mit anderen Ministerien, Technischen Hochschulen und Spitzenorganisationen der gewerblichen Wirtschaft dreizehn weitere Vereinbarungen über die Anerkennung bestimmter fachlicher Ausbildungen und Verwendungen in der Bundeswehr getroffen. Weitere Vereinbarungen werden vorbereitet. Auf Grund der getroffenen Vereinbarungen konnten in der Zeit von 1960 bis 1967 5511 Facharbeiter-, Gesellen- und Gehilfenbriefe, davon 1967 allein 1396 und 874 Meisterbriefe, davon 1967 allein 240 an Soldaten auf Zeit während der Wehrdienstzeit ausgehändigt werden. Anlage 76 Schriftliche Antwort . des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Cramer (Drucksache zu V/2636 Frage 187) : Wie hoch würde der finanzielle Aufwand für die Deutsche Bundesbahn sein, wenn auf den Bahnbusstrecken die auf der Schiene bereits gewährten Ermäßigungen für Familienfahrten von Kinderreichen gewährt werden? Wenn die im Schienenverkehr geltende Ermäßigung für Jugendliche aus kinderreichen Familien auf den Bahnbusverkehr erstreckt würde, so beliefen sich nach Schätzung der Deutschen Bundesbahn die Fahrgeldausfälle aus 5 bis 6 Mio DM im Jahr. Weitere Ausfälle entstünden bei der Bundespost, deren Tarife im Postreisedienst seit Jahren dem Bahnbustarif angeglichen sind. Anlage 77 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Riegel (Göppingen) (Drucksache zu V/2636 Fragen 188, 189 und 190) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesbahnverwaltung die Errichtung eines Dieselkraftstofftanklagers inmitten eines Wohngebietes der Gemeinde Süßen (Württemberg) plant? Ist die Bundesregierung bereit, die Bedenken, die von der Gemeindeverwaltung, dem Gemeinderat und der Bevölkerung gegen den in Frage 188 erwähnten Plan erhoben werden, zu prüfen? Billigt die Bundesregierung die Errichtung von Kraftstofftanklagern in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten? Wie mir die Deutsche Bundesbahn auf Anfrage mitteilt, beabsichtigt sie in der Gemeinde Süßen in Württemberg auf eigenem Gelände ein Tanklager für 1000 cbm Dieselkraftstoff zu errichten. Für die Auswahl des Standortes dieser verhältnismäßig kleinen Anlage war neben betrieblichen Gesichtspunkten vor allen Dingen der Schutz des Grundwassers entscheidend. Die übrigen Bahnhöfe der Strecke Stuttgart—Ulm, die für die Errichtung eines Tanklagers in Frage gekommen wären, liegen in Wassereinzugsgebieten, die wegen des Jurauntergrundes besonders gefährdet sind. Das Tanklager wird vollständig unterirdisch angelegt werden. In gerin- 8414 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, deli 14. März 1968 ger Entfernung befindet sich eine Wohnsiedlung aus 16 Häusern. Der Errichtung des Tanklagers geht nach § 36 Bundesbahngesetz ein Planfeststellungsverfahren bei der höheren Verwaltungsbehörde des Landes voraus, in dem allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Das Verfahren ist z. Z. beim Regierungspräsidenten von Nord-Württemberg eingeleitet. Wenn sich aus der Stellungnahme dieser Behörde ergibt, daß die bestehenden Meinungsverschiedenheiten nicht ausgeräumt werden können, werden die Pläne nach dem Bundesbahngesetz dem Bundesminister für Verkehr zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei dieser Gelegenheit werden dann die noch bestehenden Einwände geprüft und es wird eine abschließende Entscheidung herbeigeführt werden. Ich bitte um Verständnis, daß der Bundesminister für Verkehr der Entscheidung in dem gesetzlich geregelten Verfahren nicht vorgreifen kann. Anlage 78 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Seibert (Drucksache zu V/2636 Fragen 191, 192 und 193): Wieviel Arbeitstage sind in den letzten Jahren annäherungsweise ausgefallen durch Verletzungen und Todesfälle im Verkehr? Wieviel Arbeitstage sind in den letzten Jahren vergleichsweise auf Grund von Arbeitsniederlegungen, Betriebsunfällen, Arbeitslosigkeit und Krankheit der Erwerbstätigen ausgefallen? Um welche finanzielle Größenordnung wurde dadurch das mögliche Volkseinkommen etwa vermindert? Wieviel Arbeitstage durch Verletzungen und Todesfälle im Verkehr ausgefallen sind, ist nicht bekannt, da es keine spezielle Statistik hierfür gibt. Aufgrund von Arbeitsniederlegungen, Betriebsunfällen, Arbeitslosigkeit und Krankheit der Erwerbstätigen fielen im Jahre 1965 rund 465 Millionen Arbeitstage aus. Es wurden etwa 2 Millionen Menschen davon betroffen. Neueres Zahlenmaterial darüber, um welche finanzielle Größenordnung das mögliche Volkseinkommen durch diese Ausfälle etwa vermindert wurde, liegt nicht vor. In dem Hygienischen Institut der Freien und Hansestadt Hamburg wurden für das Jahr 1964 die Unfallfolgekosten im Straßenverkehr unter Berücksichtigung von stationärer und ambulanter Behandlung in Krankenhäusern sowie völliger oder beschränkter Erwerbsfähigkeit auf 16,25 Milliarden DM errechnet. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung schätzt diese Verminderung des Volksaufkommens durch Ausfälle im Arbeits- und Betriebsleben für das Jahr 1965 nach unvollständigen Unterlagen auf rd. 25-27 Milliarden DM. Anlage 79 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache zu V/2636 Frage 194) : Beabsichtigt die Bundesregierung zum Welttag der Invaliden eine entsprechend gestaltete Sonderbriefmarke herauszugeben? Ein Antrag, zum Welttag der Invaliden eine Sonderbriefmarke auszugeben, ist mir bisher nicht zugegangen. Daher konnte eine solche Marke auch nicht in die Planungen für die Herausgabe von Sonderpostwertzeichen einbezogen werden, die ich ohnehin aus betrieblichen Gründen au f ein Mindestmaß beschränken muß. Anlage 80 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Heck vom 14. März 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Bäuerle (Drucksache zu V/2636 Fragen 195 und 196) : Treffen Pressemeldungen zu, nach denen auf Antrag des Familienministeriums das Heft Nr. 7 der Hamburger Illustrierten „stern" durch eine vorläufige Anordnung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt wurde? Steht die in Frage 195 erwähnte Maßnahme im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen des „stern" über die Tätigkeit von Bundespräsident Lübke während der NS-Zeit? Es ist richtig, daß mein Ministerium bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften beantragt hat, die Ausgabe Nr. 7 des „stern" vom 18. 2. 1968 in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufzunehmen. Diesem Antrag hat die Bundesprüfstelle durch eine vorläufige Entscheidung vom 21. 2. 1968 entsprochen. Der Antrag des Verlages, die Vollziehung der vorläufigen Anordnung auszusetzen, wurde vom Verwaltungsgericht Köln durch Beschluß vom 29. 2. 1968 abgelehnt, wobei das Gericht den jugendgefährdenden Charakter eines Teils der beanstandeten Ausgabe des „stern" ausdrücklich bestätigte. Die Vollbesetzung der Bundesprüfstelle hat am 8. 3. 1968 entschieden, daß wegen geringer Bedeutung des Falles von einer Aufnahme des „stern" in die Liste abzusehen sei. Diese Maßnahme steht nicht im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen des „stern" über den Herrn Bundespräsidenten. Ich weise eine etwaige Unterstellung eines solchen Zusammenhangs strikt zurück. Dem für die Stellung des Antrags zuständigen Beamten meines Hauses waren die Veröffentlichungen des „stern" über den Herrn Bundespräsidenten zur Zeit der Antragstellung nicht bekannt. Ich habe auf die Stellung des Antrags keinen Einfluß genommen, zumal mir der Vorgang erst nach Antragstellung zur Kenntnis kam. Wie sich aus den Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des Verwaltungsgerichts Köln ergibt, ist die Antragstellung durch mein Haus nicht zu beanstanden. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 8415 Anlage 81 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Stoltenberg vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Flämig (Drucksache zu V/2636 Frage 197) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, damit die mit erheblichen Bundesmitteln geförderte Entwicklung der Gasturbinen Berücksichtigung findet bei den gegenwärtigen Bemühungen um eine eigene Versorgung Europas mit angereichertem Uran? Im Rahmen von Euratom wird eine besondere Arbeitsgruppe in den nächsten Wochen damit beginnen, Überlegungen zur langfristigen Versorgung Westeuropas mit angereichertem Uran anzustellen. Dabei kann man davon ausgehen, daß die Entscheidung über den Bau einer größeren europäischen Anreicherungsanlage oder zusätzliche Lieferverträge bis etwa 1972 getroffen werden muß, weil die in der westlichen Welt vorhandenen Anreicherungsanlagen zwischen 1976 und 1980 voll ausgelastet sein werden. Zusätzliche Kapazitäten müssen rechtzeitig geschaffen werden. Es sollen keine Entscheidungen über den eventuellen Bau einer größeren Anlage in Europa getroffen werden, bevor Klarheit über die wirtschaftlich-technischen Möglichkeiten des Gaszentrifugenverfahrens besteht, an dem außer in der Bundesrepublik mit Nachdruck auch in den Niederlanden gearbeitet wird. Es wird angestrebt, unter Einschaltung der Industrie die Arbeiten so voranzutreiben, daß etwa in den Jahren 1970/71 ein endgültiges Urteil über die Zuverlässigkeit des Verfahrens und seine wirtschaftlichen Aussichten abgegeben werden kann. Anlage 82 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidhuber (Drucksache zu V/2636 Frage 198) : Ist die Zentralstelle für Abfallbeseitigung beim Bundesgesundheitsamt (ZfA), die im Oktober 1965 ihre Tätigkeit aufgenommen hat, schon zu konkreten Arbeitsergebnissen gekommen? Ja. Die Zentralstelle für Abfallbeseitigung des Bundesgesundheitsamtes hat seit Aufnahme ihrer Tätigkeit bisher wertvolle Arbeit geleistet. Sie hat unter anderem 3 umfangreiche Merkblätter fertiggestellt, eine umfassende Dokumentation zu Fragen der Abfallbeseitigung eingerichtet und wichtige Vorschläge zu schwierigen Fachfragen ausgearbeitet. Die Arbeiten an einer Reihe weiterer Merkblätter stehen vor dem Abschluß. Anlage 83 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidhuber (Drucksache zu V/2636 Frage 199) : In welcher Form werden die in Frage 198 erwähnten Arbeitsergebnisse veröffentlicht? Mit den Ländern ist abgesprochen worden, daß ihnen die Veröffentlichung der Merkblätter überlassen bleibt, um ihnen damit Gelegenheit zu geben, entsprechend den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Länder notwendige Ergänzungen oder Änderungen vorzunehmen. Hinsichtlich der sonstigen Arbeitsergebnisse der Zentralstelle wird von Fall zu Fall entschieden, ob und in welcher Form sie veröffentlicht werden. Mir ist bekannt, daß von verschiedenen Seiten, insbesondere von den Mitgliedern der „Arbeitsgemeinschaft für Abfallbeseitigung" eine schnellere und eingehendere Information der Öffentlichkeit über die Arbeitsergebnisse der Zentralstelle für Abfallbeseitigung des Bundesgesundheitsamtes gewünscht wird. Ich beabsichtige deshalb diese Frage in einer Arbeitstagung am 23. und 24. April 1968 mit den Ländern zu erörtern. Anlage 84 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Röhner (Drucksache zu V/2636 Frage 200) : Ist von der Bundesregierung sichergestellt, daß die unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums vorbereitete neue Milch-Hygiene-Verordnung bei der begrüßenswerten Bestrebung zur weiteren Verbesserung der Milchqualität keine Wettbewerbsnachteile in der EWG zu Ungunsten der deutschen Milcherzeuger führt? Die Arbeiten der Kommission der EWG an einer Richtlinie zur Regelung tiergesundheitlicher und hygienischer Anforderungen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Milch als Rohstoff für Milchsorten und Milcherzeugnisse sind seit kurzem aufgenommen worden. Die Bundesregierung ist bemüht, im Rahmen dieser Verhandlungen zu erreichen, daß die Vorstellungen, die der in Vorbereitung befindlichen deutschen Milchhygiene-Verordnung zugrunde liegen, auch in der EWG-Richtlinie Berücksichtigung finden. Hierin 'sieht die Bundesregierung die bestmögliche Sicherung gegenüber Wettbewerbsnachteilen für die deutschen Milcherzeuger. Anlage 85 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 14. März 1968 auf die ,Mündliche Anfrage des Abgeordneten Röhner (Drucksache zu V/2636 Frage 201): Wird ausreichende Sicherheit dafür geschaffen, daß die mit der in Frage 200 erwähnten Verordnung geplanten Anforderungen an die Milchqualität im Interesse der einheimischen Bevölkerung auch für die von den EWG-Partnern eingeführten Milchprodukte gelten? Milchprodukte, die eingeführt werden sollen, müssen nach § 21 des Lebensmittelgesetzes ohne Einschränkung den deutschen lebensmittelrechtlichen 8416 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 160. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1968 Vorschriften genügen. Damit ist grundsätzlich sichergestellt, daß die geplanten Anforderungen der in Vorbereitung befindlichen Milchhygiene-Verordnung auch für die zur Einfuhr gelangenden Milchprodukte gelten werden. Anlage 86 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 14. März 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Röhner (Drucksache zu V/ 2636) Frage 202) : Ist beabsichtigt sicherzustellen, daß durch die zusätzlichen Kosten für die geplanten Qualitätsuntersuchungen keine Erlöseinbußen für die Milcherzeuger eintreten? Im Rahmen der in Vorbereitung befindlichen Milchhygiene-Verordnung ist daran gedacht, die hygienische Beschaffenheit und damit auch die Qualität der Anlieferungsmilch anzuheben sowie regelmäßig zu kontrollieren. Die bisherigen Untersuchungsverfahren im Rahmen der Qualitäts- und Gütebezahlung sind verbesserungsbedürftig. Es wird noch geprüft, welche Untersuchungsverfahren zur Anwendung gelangen sollen und in welchen Abständen diese Untersuchungen durchzuführen sein werden. Daher lassen sich Angaben über die Kosten heute noch nicht machen. Es wird zu gegebener Zeit mit den zuständigen obersten Landesbehörden, in deren Zuständigkeit die Erhebung und Verwendung der Umlagen nach den Vorschriften des Milch- und Fettgesetzes fällt, zu prüfen sein, ob und in welchem Umfang die Kosten für die Untersuchungen aus dem Umlagenaufkommen bestritten werden können.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle in die Debatte des Hohen Hauses eingreifen, nicht um mich zu wiederholen, sondern um zu einigen Bemerkungen Stellung zu nehmen, die sich im Laufe dieser Debatte hier im Hohen Hause ergeben haben, aber auch zu einigen Äußerungen von jenseits unserer Grenzen.
    Darf ich zunächst einmal etwas Grundsätzliches zu der Frage sagen: Wie soll eigentlich so ein Bericht über die Lage der Nation in Zukunft weiter ausgestaltet werden, was soll er enthalten? Es war der erste Bericht dieser Art, und ich habe es mir dabei sauer werden lassen. Ein Gedanke, den Herr Kollege Mischnick heute früh geäußert hat, ist auch von mir überlegt worden: ob man nicht angesichts der außerordentlichen Fülle des Stoffes, der bei einer solchen Gelegenheit eigentlich vorgetragen werden müßte, einen schriftlichen Bericht und dazu eine mündliche Stellungnahme oder Einleitung des Bundeskanzlers geben soll. Ich habe dann doch diesen Gedanken wieder verworfen, weil es mir schien, als ob wir dadurch eine Art von Statistischem Jahrbuch zur Deutschlandfrage, zur Lage der Nation, anfertigen würden und dann der eigentliche Bericht, den man von der Bundesregierung erwartet, dabei zu kurz kommen könnte.
    Aber ich schlage vor, daß wir es anders machen, daß wir einer Anregung folgen, die auch in einem Beitrag von Herrn Kollegen Mischnick enthalten war. Man könnte die Arbeit, die von zahlreichen Instituten zu dieser Frage jahraus, jahrein geleistet wird — Herr Kollege Mischnick hat gesagt, da gebe es nichts; er hätte sich vorher bei seinem Kollegen Mende erkundigen sollen, der ja als früherer Minister für gesamtdeutsche Fragen darüber sehr gut Bescheid weiß; es gibt weit über ein halbes Dutzend von Institutionen und Organisationen in der Bundesrepublik, die sich mit der Wirklichkeit im anderen Teil Deutschlands sehr intensiv beschäftigen —, Jahr für Jahr zu einem Gesamtbericht über die Lage im anderen Teil Deutschlands zusammenfassen. Das würde uns, glaube ich, weiterhelfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Im- übrigen bin ich für jede Anregung, diesen Bericht zur Lage der Nation noch umfassender, noch eindringlicher, noch zutreffender zu gestalten, natürlich dankbar.
    Ich sprach von einigen Äußerungen von jenseits unserer Grenzen und muß da natürlich zunächst Herrn Ulbricht erwähnen, der sehr prompt reagiert hat. Ich fasse diese prompte Reaktion von Herrn Ulbricht als ein Kompliment für diesen Bericht zur Lage der Nation auf; denn er hat sich offenbar genötigt gesehen, sofort zu reagieren. Ich nehme an, daß ein großer Teil der Bevölkerung drüben im anderen Teil Deutschlands im Fernsehen und im Rundfunk Gelegenheit hatte und hat, das, was hier vorgetragen wurde und wird, zu hören. Ich will auf seine Äußerungen nicht ausführlich eingehen. Aber ich kann es mir nicht versagen, doch noch einmal darzutun, wie er mit der Wahrheit umgeht, wie er verschweigt, verfälscht, verwehrt, verschließt.
    Er hat verschwiegen, daß nach einem halben Jahr immer noch keine Antwort auf meine Vorschläge vorliegt, auf jene Vorschläge, die der Bevölkerung im anderen Teil Deutschlands vorenthalten worden sind. Er wirft uns vor, daß wir atomwaffenlüstern seien, und verschweigt, daß wir ja längst auf den Besitz von Atomwaffen und nicht nur auf diese, sondern auch auf die anderen, vielleicht in einigen Jahren ebenso schrecklichen Vernichtungsmittel, nämlich die biologischen und chemischen Kampfstoffe, verzichtet haben. Er erweckt also den Anschein, als ob wir unseren Beitrag zu dieser großen Sache nicht leisten wollten. Er verfälscht. Und auf welch skurrile Weise tut er das! Er sagt, ich hätte den neonazistischen Kräften versichert, sie brauchten keine staatliche Maßnahme zu befürchten. Dieses Haus und alle Welt, die zuhörte, konnte hören, daß ich sagte:
    Die Bundesregierung wird gegenüber solchen Parteien, die die freiheitliche Ordnung in der Bundesrepublik bedrohen, alle verfassungsrechtlichen Maßnahmen ergreifen.
    Also glatte. Unwahrheit!
    Er behauptet, wir wollten die Finanzkraft und das Selbstverwaltungsrecht unserer Gemeinden bei der von uns betriebenen Neuordnung der Gemeindefinanzen beschneiden. Genau das Umgekehrte ist wahr. Die Frage der Notwendigkeit der Modernisierung unserer Verwaltung: Er behauptet, ich hätte gesagt, unsere Verwaltung und unsere Regierung müssen nach den Prinzipien der Bundeswehrführung umgestaltet werden!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Er verfälscht auf ganz bösartige Weise das, wais ich zu Vietnam gesagt habe. Er sagt den Menschen drüben im anderen Teil Deutschlands, ich hätte das Verständnis unserer Bevölkerung für die unvermeidliche Härte des Krieges in Vietnam gefordert. Ich habe im Gegenteil gesagt: Für unsere Bevölkerung ist der Gedanke an den Krieg überhaupt, aber vor allem- an ein Blutvergießen, das unvermeidlich auch



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    die Zivilbevölkerung, Frauen und Kinder, mit einbeziehe, ein unerträglicher Gedanke.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)

    Lassen wir es damit genug sein. Er verwehrt den Menschen drüben nach wie vor die Freiheit, zu sagen, was sie wollen und wohin sie wollen, und er verschließt sie gegenüber allen von uns angebotenen Kontakten.
    Ich habe mich nebenbei gewundert, daß in der Diskussion nur der Gewaltverzicht als eine Ergänzung unserer Themenliste verstanden worden ist. Ich habe deutlich gesagt, es gebe noch weitere Möglichkeiten, z. B. die Abstimmung von Maßnahmen auf gesetzgeberischem und administrativem Gebiet, bei denen kein Gegensatz der gesellschaftlichen und politischen Systeme eine solche Abstimmung verhindern würde. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Sache. Aber, meine Damen und Herren, Herr Ulbricht verschließt nicht nur die Türen dieses anderen Teiles Deutschlands gegenüber der freien Welt, er verschließt auch sich und sein System gegenüber der Bevölkerung drüben, und das wird eines Tages sein Schicksal sein: daß er sich völlig getrennt haben wird von der Bevölkerung. In einem Augenblick, in dem die Entwicklung auch im Osten schon andere Wege geht, pfropft er seinem System drüben eine sogenannte Verfassung auf, die ältestes Kaliber marxistisch-leninistischer Gesellschafts- und Staatsauffassung ist. Wir werden nicht aufhören, uns auf diesem Weg zu bewegen, den wir betreten haben, und ich bin sicher, daß die Zeit nicht für Herrn Ulbricht, sondern für uns und das heißt für die ganze deutsche Nation arbeiten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und .Abgeordneten der SPD.)

    Lassen Sie mich auch ein paar Gedanken zu dem sagen, was Herr Kollege Schmidt heute ausführte. Herr Kollege Schmidt hat vor allem sehr ernst gemahnt, wir sollten unserer Bevölkerung die Dinge darstellen, wie sie sind. Ich stimme ihm da durchaus zu. Aber vielleicht haben einige seiner Äußerungen Anlaß geben können, falsch interpretiert zu werden oder Unruhe hervorzurufen. Deswegen erlauben Sie mir, ein paar der Gedanken noch einmal aufzugreifen.
    Ja, es ist wahr: hinsichtlich der Gebiete jenseits der Oder und Neiße denken die Völker der Welt recht einhellig. Wir müssen das immer wieder erfahren. Es gibt natürlich auch viele Auffassungen in der Welt zur Frage der Anerkennung des Regimes im anderen Teil Deutschlands. Ich bin für Wahrhaftigkeit. Ich denke z. B. durchaus daran, daß in den Gebieten jenseits der Oder und Neiße, den alten deutschen Gebieten, heute etwa 8 Millionen Menschen leben, von denen rund 900 000 noch Deutsche sind. Ich weiß aber auch, daß heute schon 40 % der dort Lebenden dort geboren sind. Das sind Tatsachen, denen sich auch unsere Heimatvertriebenen nie verschlossen haben. Ich habe noch nie aus dem Munde eines Heimatvertriebenen die Äußerung gehört, es müsse eine Lösung gefunden werden, bei der noch einmal, wie es geschehen ist, die Men-
    schen wie das liebe Vieh aus ihrer Heimat in Massen verjagt werden würden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Alles das müssen wir so sehen, wie es ist. Bloß, meine ich, sollten wir uns doch auf die Formel einigen können, die ich im Bericht zur Lage der Nation gebraucht habe. Es ist und bleibt meine feste Überzeugung, daß die Streitfragen zwischen uns und unseren östlichen Nachbarn — also vor allem mit der Sowjetunion, mit Polen, mit der Tschechoslowakei — nicht isoliert gelöst werden können, sondern daß sie alle nur im Rahmen eines Entwurfs einer europäischen Friedensordnung gelöst werden können. Das heißt nicht, daß wir die Entscheidung ad calendas graecas vertagen wollen.
    Was Polen anlangt, so erinnern Sie sich, habe ich in meiner Regierungserklärung — in der Regierungserklärung, die ja für alle stand — gesagt, daß wir eine Lösung anstreben wollen, die von beiden Völkern akzeptiert werden könne. Das ist nicht nur eine schöne Redensart gewesen — ich wiederhole es —, sondern das war ein politisches Angebot von ganz erheblichem Gewicht. Aber ich habe, obwohl ich darauf hinwies, daß Rechtens diese Frage erst in einem Friedensvertrag entschieden werden kann, später hinzugefügt, wenn dies auch so sei, so brauche uns doch nichts zu hindern, schon vorher miteinander über mögliche Lösungen zu sprechen. Dieses Angebot steht heute noch und — ich wiederhole es — in aller Form. Dasselbe gilt anderen östlichen Nachbarn gegenüber.
    Mir geht es um eine wirklich dauerhafte Friedensordnung. Deswegen habe ich gesagt, wir müßten eine Lösung finden, die nicht nur von der gegenwärtigen Generation unter dem Zwang der Situation zugestanden würde, sondern wir müßten eine Lösung finden, die auch von kommenden Generationen als richtig und recht angenommen werden würde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich glaube, daß wir uns in dieser Frage einig sind.
    Zur Frage Frankreich möchte ich einiges im Zusammenhang mit einigen Pressestimmen des Auslands sagen, die ich inzwischen gelesen habe. Es ist natürlich für uns nicht ganz einfach in dieser außerordentlich schwierigen Situation, unsere Politik völlig klarzumachen. Aber wenn da und dort in der ausländischen Presse schon wieder zu lesen war — nicht allzu viel, aber es klang gelegentlich auf —, meine Erklärungen trügen gaullistische Züge, dann frage ich: Wann wird man denn endlich damit aufhören, Politik so einfach — also gaullistisch-antigaullistisch, amerikanisch-antiamerikanisch — abstempeln zu wollen? Ich erkläre hiermit: Diese Regierung macht, wie jede andere Regierung auf der Welt, eine eigene Politik, die Politik ihres Landes. Allerdings in der Hoffnung und mit dem Ziel, daß ihre nationalstaatliche Politik eines Tages durch die Politik eines vereinigten Europa abgelöst werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)




    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Man hat vielleicht meine Erklärung, daß wir die Zukunft Europas nicht im festen Gefüge eines atlantischen Imperiums suchen dürften, „gaullistisch" empfunden. Meine Damen und Herren, ich habe diese Formulierung sehr bewußt gewählt. Ich habe nicht von einer atlantischen Gemeinschaft, die sein dürfe oder nicht sein dürfe, gesprochen, sondern ich habe diesen Ausdruck gewählt, um klarzumachen, daß nach unserer Meinung dieses' Europa, so befreundet es mit den Vereinigten Staaten nach meiner Meinung sein wird und bleiben muß, so viel eigenständige Kraft haben muß, daß es wirklich einen großen Teil der Last von den amerikanischen Schultern nehmen kann, daß es dazu beitragen kann, das große europäische Haus in Ordnung zu bringen, und daß es sich als eine friedensstiftende Kraft in unserer Welt für die Bewahrung des Weltfriedens einsetzen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Daß das ein weiter Weg sein wird, wissen wir sehr wohl. Aber ich glaube, es ist der richtige Weg, und ich bin nur glücklich, wenn ich mich in dieser Frage in Übereinstimmung mit der französischen Politik befinde.
    Eine kleine Korrektur erlauben Sie mir, Herr Kollege Schmidt, in der Frage der Haltung, die Frankreich uns gegenüber zum nordatlantischen Bündnis einnimmt. Ich habe natürlich in meinen Gesprächen mit Präsident de Gaulle diese Frage immer wieder berührt. Sie wissen, daß der Präsident bei unseren jüngsten Gesprächen in Paris hier sehr klar gesprochen hat. Was er dort bei der Schlußkonferenz ausdrücklich formuliert hat, war etwa dies: Frankreich ist hier seinen eigenen Weg gegangen. Euer Verhalten zum nordatlantischen Bündnis hat unser volles Verständnis; das heißt, daß ihr am integrierten System dieses Bündnisses festhalten wollt und daß ihr die Anwesenheit verbündeter, insbesondere amerikanischer Truppen in euerem Lande wünscht. — Das waren sehr klare Äußerungen. Er hat dann zum ersten Male, wie Sie wissen, ebenso klar hinzugefügt, im übrigen werde auch Frankreich, wenn nicht ganz unvorhergesehene Dinge passierten, nicht aus dem Bündnis, so wie es sich jetzt für Frankreich darstelle, ausscheiden. — Es ist also ein wenig differenzierter.
    Frankreichs Auffassungen zur Oder-Neiße-Grenze und zu den Atomwaffen sind bekannt. Frankreich hat dies auch nie verheimlicht. Aber auch da muß ich hinzufügen: Frankreich hat in all diesen Gesprächen Verständnis dafür gezeigt, daß wir sagten: Diese Fragen, die du da ansprichst, können wir — ich wiederhole es — nicht isoliert betrachten und nicht isoliert lösen, sondern nur einbezogen in das, war wir ja gemeinsam wollen: Frankreich und Deutschland — einbezogen in die europäische Friedensordnung. Ich denke, das ist eine gute Formel, auf die man sich sehr wohl würde einigen können.
    Nun darf ich auch ein wenig die dänische Regierung — ich darf nicht sagen: in Schutz nehmen, aber ich möchte hier eine kleine Richtigstellung anbringen. Herr Haekkerup hat ja in der Debatte — nachdem erst ein wenig Hin und Her in den Äußerungen der neuen dänischen Regierung zu erkennen war, sie aber dann sich wieder auf einen recht klaren Standpunkt zurückgezogen hat — gesagt, er freue sich, feststellen zu können, daß die neue dänische Regierung in diesen Fragen mit der Auffassung seiner Regierung übereinstimme.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das ist immerhin für unser Verhältnis zu Dänemark
    — und wir wünschen ja eine gute und freundschaftliche Beziehung mit diesem Lande — recht wichtig.
    Meine Damen und Herren, es war von den Illusionen der 50er Jahre die Rede. Ich würde so sagen: Keiner von uns, ,der sich in den 50er Jahren leidenschaftlich — ich gebe das auch meinen damaligen Opponenten gerne zu — um ,die Frage der deutschen Einigung bemüht hat, wird sagen können, wer Illusionen hatte: diejenigen, die meinten, man müsse den Weg mit ,dem Westen gehen, um zu einer Wiedervereinigung zu kommen, oder diejenigen, die glaubten, eine Politik der Bündnislosigkeit führe dazu.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Zugeben will :ich allerdings, daß sich 'die Zeiten ändern und geändert haben und vieles, was damals eine realistische politische Schau gewesen war, Illusion sein könnte, wenn man sie unverändert in die 60er und 70er Jahre mit hinübertragen würde, eben weil .sich die Welt gewandelt hat. Darum würde ich meinen, wir sollten auch heute keinen Anlaß zu neuen Illusionen geben, und diese Illusionen sind ja leider in unserem Lande weit verbreitet. Es gibt viele Gruppen und Grüppchen, die uns beinahe jede Woche einmal mit einem Patentrezept für die deutsche Wiedervereinigung 'beglücken. Sie haben fast alle gemeinsam, daß sie von der Illusion ,ausgehen, als gebe ,es drüben jetzt ,die Bereitschaft, sich zu einer Wiedervereinigung in Frieden und in Freiheit bereit zu finden, und das ist 'doch wohl immer noch unser gemeinsamer Wille hier in diesem Lande.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte auch noch einmal ein Wort zu Großbritannien sagen, weil ich auch die englische Presse gelesen habe. Ich kann nur noch einmal sagen: Mein Außenminister und ich haben uns in dieser Frage im vergangenen Jahre das Leben wirklich sauer gemacht. Wir waren uns auf dieser Wegstrecke keinen Augenblick uneinig darüber, daß die Methode, die wir anwandten, die einzig erfolgversprechende sein könnte. Wir machten uns nicht viel Illusionen darüber, daß wir den Gegensatz der politischen Konzeptionen beseitigen könnten, der nun einmal in der Auffassung Frankreichs und der der übrigen Partnerländer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Aber wir hofften doch, daß es durch unsere Methode gelingen könnte, die große Krise in .der EWG zu vermeiden und vielleicht mühsam, aber Schritt für Schritt vorwärts zu kommen. Ich frage unsere anderen Partner in der EWG, wer denn bisher einen Schritt weiter gekommen ist. Ich glaube, sogar sagen zu können: wenn die Vereinbarungen, die wir in Paris getroffen haben, nun in die Wirklichkeit



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    umgesetzt werden, ist das der bisher einzige Schritt nach vorn.

    (Beifall bei ,der CDU/CSU.)

    Zu einigen innenpolitischen Bemerkungen, meine Damen und Herren. Sicher hätte man in einem Bericht zur Lage der Nation noch sehr viel mehr sagen können. Der Bericht mußte sich auf das Wesentliche beschränken. Er läßt für ,die Diskussion in diesem Hohen Hause natürlich vieles offen; und so soll es ja wohl auch sein. Der Bericht wird ja nicht nur erstattet, damit das Hohe Haus dazu ja oder nein sagt, sondern er soll in den Diskussionen angereichert werden durch Zustimmung, durch Kritik, durch Ergänzung usw.
    Herr Mischnick hat als Vertreter der Opposition Kritik geübt und gemeint, ,es sei vor allen Dingen nicht genügend über die gesellschaftliche Entwicklung gesagt worden. Ich kann Idas nicht finden, Herr Kollege Mischnick. Natürlich könnte man, wenn man viele Stunden reden wollte, auch ,dazu vieles sagen. Ich habe dargestellt, daß wir uns in einer sich rasch entwickelnden industriellen Gesellschaft befinden, hier wie drüben, und daß hinter dieser Entwicklung die eigentlich treibende Kraft der wissenschaftlichen Entwicklung steht, und habe daraus die notwendigen Folgerungen für die Reform unseres Bildungswesens und für ,die Weiterentwicklung des föderativen Systems in der Bundesrepublik gezogen.
    Wenn Sie mich aber fragen — wie Sie es getan haben —: wie hältst du es mit den Selbständigen?, dann kann ich Ihnen klipp und klar eine Antwort geben. Leider ist es der Trend unserer Zeit, daß er immer mehr Selbständige abhängig macht, daß er auch Menschen in leitender Position zu Angestellten macht, bisher selbständige Unternehmer, einfach deshalb, weil der Zwang zur Vergrößerung besteht, daß er bisher selbständige Unternehmer zu — ich will das Wort nicht abschätzig brauchen — Funktionären umwandelt. Das erkennen wir. Wir haben aber ebenso, wie Sie es offenbar wollen, den Wunsch und den Willen, so viele selbständige Existenzen wie möglich in dieser industriellen Gesellschaft zu erhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    So habe ich z. B. den Bauern gesagt, wie sie es beanspruchen dürfen, daß die Entwicklung, die in den letzten hundert Jahren die bäuerliche Bevölkerung von 50% auf etwa 10% in unserem Lande gesenkt hat, weitergehen wird, so wie es auch in den vergangenen Jahren gewesen ist. Ich habe aber auch klipp und klar gesagt, daß wir in diesem Prozeß versuchen wollen, zu halten, was irgend gehalten werden kann, und es zu stärken. Das heißt, wir wollen die bäuerlichen Vollerwerbsbetriebe in die Lage versetzen, wirklich angemessen zu wirtschaften und zu leben. Das heißt, wir wollen die anderen Betriebe durch Zu- und Nebenerwerbsmöglichkeiten, die wir ihnen durch eine angemessene Strukturpolitik verschaffen müssen, in die Lage versetzen, so wie sie es wünschen und wollen, weiter zu wirtschaften, und die anderen, bei denen dies nicht möglich ist, in andere Lebensverhältnisse überführen und ihnen
    diesen Übergang so erträglich wie möglich und für uns alle so produktiv wie möglich gestalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren! Das sind vielleicht nüchtern klingende Sätze. Man hat mir ja vorgeworfen, ich hätte etwas sentimental den Dank an die Bäuerin ausgesprochen. Ich wiederhole diesen Dank an die Bäuerin ausdrücklich;

    (erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    denn ich weiß nur zu gut, wie hart sie arbeiten muß. Aber daß dieser Dank kein Ersatz für Agrarpolitik ist, darüber sind wir uns ja wohl alle einig.

    (Beifall bei der FDP.)

    — Warum haben Sie nicht geklatscht bei meinem Dank an die Bäuerin? Ich wäre froh gewesen, wenn Sie mitgedankt hätten.
    Ich sagte, diese Sätze klingen vielleicht ein wenig nüchtern, und ich weiß, daß damit auch nicht alles gesagt ist, was zur Agrarpolitik gesagt werden muß, insbesondere nicht alles über die Schwierigkeiten, die sich aus der Entwicklung des europäischen Agrarmarktes ergeben. Das gehört eben mit dazu. Ich habe aber deutlich genug gesagt, daß unsere Bauern die Unterstützung des Staates weiterhin brauchen werden, um sich sowohl in unserem nationalen Wirtschaftsgefüge als auch im Gemeinsamen Markt behaupten zu können. Ich sage das nicht diesem Hohen Hause allein, sondern ich sage es weiten Schichten unserer Bevölkerung, die immer noch nicht begriffen haben, daß das keine Geschenke an die Bauern sind, sondern daß wir einfach ein Gebot der Gerechtigkeit in unserer Politik gegenüber allen Ständen erfüllen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich will eine andere Frage aufgreifen. Herr Kollege Mischnick, Sie haben gesagt, daß unser sozialpolitisches Kleid wohl etwas zu weit zugeschnitten worden sei. Ich gebe Ihnen offen zu, diese Frage —sie ist ja in der Regierungserklärung klar angesprochen worden — bleibt weiter auf der Tagesordnung. Niemand von uns kann wünschen, daß wir ein soziales System hätten, das wirtschaftlich nicht stimmt. Aber ich weigere mich einfach, jetzt eine These gegen die andere zu stellen, ich sage vielmehr, das ist eine Frage, um die wir gemeinsam zu ringen haben, und es ist eine Frage, für die wir eine gemeinsame Lösung zu finden haben werden.
    Nun noch zur Frage des Wahlrechts im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung. Herr Kollege Mischnick, das ist eine interessante These. Aber Sie sind für diese These durchaus den Beweis schuldig geblieben.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Ich habe in meinem Bericht zur Lage der Nation gesagt: Solange wir die Wiedervereinigung nicht haben, werden wir hier unser Haus bestellen und dabei keinen Augenblick lang den Blick auf die Zukunft, die gemeinsame Zukunft unserer Nation verlieren. Dazu gehört — das gebe ich Ihnen zu — auch dieses Problem. Aber ich warte mit Spannung darauf, wie Sie den Beweis für Ihre These, daß nur



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    das Proporzsystem der Sache der Wiedervereinigung entspreche, führen werden.
    Der Bericht zur Lage der Nation hatte nicht den Zweck, einen Rechenschaftsbericht über das zu geben, was die Große Koalition im vergangenen Jahr, in den 15 Monaten, die sie besteht, erbracht hat. Aber er kann nicht daran vorbeigehen; denn auch das gehört ja zur Lage der Nation. Da kann ich nur sagen, verehrter Herr Kollege Mischnick, es wird immer wieder von der FDP behauptet, wir schöben auf, wir sagten, das müsse geschehen, statt, das ist geschehen, und, das wird geschehen, wir klammerten aus. Ich frage Sie ernsthaft: wieviel Jahre hat es seit 1949 in der Bundesrepublik Deutschland gegeben, in denen auf außenpolitischem und innenpolitischem Gebiet so viele Entscheidungen getroffen worden sind wie gerade im vergangenen Jahr?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Opposition kann das natürlich nie als wahr gelten lassen, sonst könnte sie ja nicht mehr politisch leben.

    (Abg. Moersch: Sie sind ein neuer Einstein, das ist eine neue Relativitätstheorie!)

    — Ist es nichts, daß wir, sofort nachdem diese Regierung gegründet worden ist, die Beziehungen mit Frankreich wieder intensiviert und ausgeweitet haben? Ist es nichts, daß wir diplomatische Beziehungen zu Rumänien aufgenommen haben? Ist es nichts, daß wir diplomatische Beziehungen zu Jugoslawien aufgenommen haben? Ist es nichts, daß wir unsere Beziehungen zur Tschechoslowakei verbessert haben? Ist es nichts, daß wir dem Osten in all diesen Monaten ein konstruktives Angebot nach dem anderen gemacht haben? Ist es nichts, daß wir uns für die Stärkung und Festigung des nordatlantischen Bündnisses eingesetzt haben? Ist es nichts, daß wir mit aller Kraft verhindert haben, daß angesichts der Beitrittsgesuche Englands und anderer eine europäische Krise entstand? Ist es nichts, daß wir in aller Welt unsere Politik überzeugend dargestellt und damit das Vertrauen dieser Welt vermehrt haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ist es nichts, daß wir dem Regime im anderen Teil Deutschlands gegenüber Angebote von einer fast revolutionären Kühnheit gemacht haben, daß wir Angebote gemacht haben, auf die dieses Regime bis zu dieser Stunde nicht wagte einzugehen, weil es Offenbar nicht darauf eingehen kann, ohne selbst — —

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ist es nichts, daß wir in diesem Jahre sofort den Haushalt in Ordnung gebracht haben, so gut er eben unter diesen Umständen in Ordnung zu bringen war? Ist es nichts, daß wir wirklich getan haben, was ich im Bericht über die Lage der Nation gesagt habe, daß wir eine neue moderne Wirtschafts- und Haushaltspolitik entwickelt haben, wobei zum erstenmal diese Politik mit dem Wirtschaftsprozeß in Wechselwirkung gebracht worden ist?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Ist es nichts, daß wir in diesem Jahr an die großen Reformwerke herangegangen sind? Ist es etwa so, daß die Finanzverfassungsreform noch im Embryonalstadium steckt?

    Wir haben uns mit den Ländern über ganz wichtige Dinge geeinigt, und ich darf hinzufügen, Herr Kollege Schmidt, jetzt auch so, daß der Bund in Zukunft berechtigt ist, im Hochschulwesen mitzuwirken. Der Ausbau und Neubau der Hochschulen soll ja in Zukunft eine Gemeinschaftsaufgabe sein. Die Gemeindefinanzreform ist in dieser Woche vom Kabinett verabschiedet worden. Dabei sind eine große Anzahl von Änderungen des Grundgesetzes notwendig gewesen. Sie wissen, wie schwer das in der Vergangenheit immer gewesen ist. Wir haben .uns auf diese Grundgesetzänderungen geeinigt oder haben sie im Zusammenhang mit dein Stabilitätsgesetz schon vollzogen.
    Ist es nichts, daß wir das große Problem an der Ruhr und an der Saar angepackt haben? Das Kohleanpassungsgesetz liegt doch diesem Hause vor.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unsere Bemühungen um die Einheitsgesellschaft gehen weiter. Ist es nichts, daß wir die gesellschaftlichen Kräfte in diesem Jahre zusammengefaßt haben zu einer Kooperation, wie es sie bisher in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gab?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das sind doch alles wahrhaftig Entscheidungen, die sich sehen lassen können. Wir haben keineswegs Entscheidungen hinausgeschoben.

    (Zurufe von der FDP.)

    Noch eine kleine philologische Bemerkung! Es ist gesagt worden, ich hätte in meinem Bericht über den anderen Teil Deutschlands eine sehr differenzierte Nomenklatur verwendet. Bald hätte ich „Ostberlin" gesagt, bald „die Machthaber drüben", bald „der andere Teil Deutschlands", und — man höre und staune — ich hätte sogar „DDR" gesagt.

    (Zuruf von der FDP: Ohne Anführungszeichen!)

    Nun, meine Damen und Herren, ich zitiere die beiden Stellen, damit ja nichts ungeklärt bleibt. Ich bin auch für Ordnung in der Nomenklatur, denn wir sollten da keinen Schlendrian einreißen lassen. Die eine Stelle heißt: Es gibt kein „Staatsvolk der DDR". Ich glaube, es war ganz klar — ich kann ja nicht gut „Anführungsstriche" sagen —, daß hier der drüben verwendete Begriff „Staatsvolk der DDR" polemisch apostrophiert worden ist.
    Die zweite Bemerkung war die: „Die Sowjetunion bemüht sich, die Wirtschaft der DDR möglichst fest in das östliche Wirtschaftssystem einzugliedern. Wir aber" — so fuhr ich fort — „müssen versuchen, die wirtschaftlichen Verbindungen zum anderen Teil Deutschlands zu erweitern." — Das war kein Zufall und kein Ressortbeitrag. Damit auch da Ihre Neugierde, Herr Kollege Mischnick, befriedigt wird: dieser Bericht ist natürlich so zustande gekommen, daß ich die Ressorts zunächst um ihren Rat gefragt habe, daß 'ich dann .den Bericht verfaßte und ihn den



    Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
    Ressorts übersandte, mit der Bitte, wenn sie etwas zu beanstanden oder vorzuschlagen hätten, dies zu tun. Es ist also, wenn er auch meine Handschrift trägt, dennoch, ein Bericht der Bundesregierung.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Das wollte ich zu den hier gefallenen Bemerkungen und auch zu einigen, Presseäußerungen von draußen sagen. Es gab da und dort Stimmen, .die meinten, ein solcher Bericht zur Lage dier Nation müsse mit einem großen Aufschwung unserer Jugend Zukunftsziele zeigen. Jawohl, das soll er. Und hat er das denn nicht getan? Habe ich nicht die europäische Einigung als die große Aufgabe unseres Jahrhunderts bezeichnet?

    (Beifall bei .der CDU/CSU.)

    Sie ist und bleibt es auch nach unserer festen Überzeugung. Natürlich ist es schwer, der Jugend eine Entwicklung, die mit so schrecklich vielen Fach- und Sachfragen belastet ist — 'denken wir bloß an den Agrarsektor, der uns oft genug in diesem Hause beschäftigt hat —, darzustellen. Sie hat einmal —ich habe es miterlebt — vor den Toren Straßburgs die Grenzbäume verbrannt. Das war eine 'großartige, hochgemute Geiste.

    (Zuruf von der FDP: Und was kam danach?)

    Aber leider baut man Europa damit nicht, sondern nur durch eine schwere und mühselige Arbeit.
    Habe ich nicht auch für unsere Jugend gezeichnet, was diese Regierung und diese Koalition — ich hoffe, ida ist auch die Opposition mit mir einig —
    I will, um die Grundlagen für 'die Zukunft dieses Volkes, also für die Zukunft dieser Jugend zu legen, indem wir einer berechtigten Forderung dieser jungen Generation Rechnung tragen, unseren Staat und unsere Gesellschaft unter das Gesetz der Modernität stellen, d. h. unter das Gesetz .der Zukunft?
    Ich habe gern gehört, was Sie sagten, man habe vielleicht die Entwicklung dier Bundesrepublik zu viel unter materiellen Gesichtspunkten gesehen. Wenn wir uns alle +in diesem Hause — alle! — darüber einig sind und wenn wir uns alle — alle!—
    an die Brust schlagen und sagen „Pater peccavi", dann wäre das eine großartige Sache. Ich habe in meinem Bericht gesagt, es mehren sich die Zeichen und die Stimmen, daß dier Mensch nicht vom 'Brot allein liebt. Lassen wir es uns alle gesagt sein! Ich habe gesagt, unser ganzes Bemühen gilt der Freiheit und der Fülle der Existenz der ganzen Nation, und das heißt jenem Stand der Entwicklung, den ein Volk erreichen muß, damit .es in der Rangwertung der Geschichte einen guten ehrenvollen Platz bekommt. Das ist die gemeinsame Aufgabe, der wir alle dienen sollen.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Walter Scheel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordneter Franke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Egon Franke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Be-
    richt über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland sehen wir uns mit der Aufgabe konfrontiert, ungeschminkt für die ganz Öffentlichkeit festzustellen, was und wie es ist. Herr Bundeskanzler, warum sollte dabei nicht ein schriftlicher Bericht sehr hilfreich sein können, zumal es dabei darum gehen könnte und gehen sollte, in Fortschreibung die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland auch dokumentarisch festzuhalten. Es bedürfte dabei gar keiner großen Anstrengung, etwas Neues zu entwickeln. Seit Jahren gibt es wirtschaftswissenschaftliche Institutionen, Osteuropainstitute an den Hochschulen, gibt es den Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands, die mit sehr sachkundigem und exaktem Material dienen können, um daraus das zu machen, was letztlich ja doch dem Begehren des Bundestages entspricht, jährlich zu Beginn eines Jahres einen Bericht zur Lage der Nation im gespaltenen Deutschland zu geben. Das klang seinerzeit aus den Ausführungen meines Freundes Franz Seume durch, als er im Auftrage aller Fraktionen den Antrag zu begründen hatte, der dazu führte, daß wir in diesen Tagen erstmals über diesen Bericht hier sprechen können.
    Ich meine, in einem Bericht zur Lage der Nation im gespaltenen Deutschland kann gar nicht deutlich genug hervorgehoben werden, daß die Demarkationslinie zwischen Ost und West unser Land teilt. Dennoch bestehen zahlreiche Bindungen und Kontakte zwischen beiden Teilen 'Deutschlands, die nicht nur erhalten und gepflegt werden sollten, sondern die ausgebaut werden müssen. Der Bundeskanzler hat in seiner Erklärung über solche Kontakte gesprochen und dabei sehr beachtenswerte Zahlen genannt, Zahlen, welche die Beteiligung der Bevölkerung am Reiseverkehr von hüben nach drüben und umgekehrt widerspiegeln. Der Herr Bundeskanzler sagte, daß im Jahre 1967 1,3 Millionen Frauen und Männer ihre Familienangehörigen im anderen Teil Deutschlands besucht haben. In die Bundesrepublik kamen in der gleichen Zeit 1 Million Mitbürger. In diesen nüchternen Zahlen, die ich eben nannte, drückt sich aber mehr aus als nur diese abstrakte Feststellung. Denn sowohl drüben wie hier waren diese Begegnungen Anlaß zu intensiven Gesprächen. Die Begegnungen ergaben ein Vielfaches dieser nüchternen Zahlen. •
    Nun sei aber ausdrücklich vermerkt, daß diese Besucher aus der DDR fast nur Mitbürger im rentenfähigen Alter waren. Von einer Freizügigkeit im Reiseverkehr, wie wir sie kennen, kann keine Rede sein.
    Das konnte ruhig noch einmal unterstrichen werden, um darzutun, daß Kontakte und Verbindungen bestehen, aber nicht nur dieser Art, sondern neben den Verwandtenbesuchen sprechen auch viele Begegnungen von Jugendgruppen für sich. Es bestehen zahlreiche Kontakte über kirchliche Einrichtungen, aber auch in Kultur, Wissenschaft und Sport. Ich möchte an die Vielzahl von Gastspielen im Bühnen-und Konzertwesen in beiden Richtungen erinnern.
    Im Sport waren 1967 insgesamt 47 Begegnungen im anderen Teil und 35 in unserem Teil Deutsch-



    Franke (Hannover)

    lands. Das sind keine großen Zahlen. Aber sie stehen als Hinweis darauf, daß der gegenseitige Kontakt in starkem Maße gewollt und durchgeführt wird. Allerdings bedarf es noch einer Intensivierung dieser Möglichkeiten, und auch diese Debatte ist wohl eine Gelegenheit, dazu aufzurufen, das Mögliche zu tun.
    Die Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland ist Zeichen und Beweis dafür, daß von Mitbürgern aus beiden Teilen Deutschlands das Zusammenleben gewollt ist. Diese Studie wurde von Leuten gemacht, die sich als loyale Bürger der Bundesrepublik Deutschland und jene anderen als loyale Bürger der DDR fühlen. Das wurde an dieser Stelle heute schon einmal zum Ausdruck gebracht. Die Studie ist kennzeichnend für den Geist, aus dem heraus die Beteiligten handelten. Da heißt es:
    Gerade in ihren Gegensätzen kommen die beiden Teile nicht voneinander los. Das Bewußtsein von der Ferne des anderen Teils ist Ausdruck einer inneren Nähe, die es den Menschen in beiden Teilen unerträglich macht, den anderen irgendeinem Nachbarn oder einem beliebigen Ausland gleichzusetzen.
    Was hieraus spricht, ist das, was unser Volk in beiden Teilen Deutschlands bewegt, und das ist es, was lebt. Das steht gegen das Bemühen, Deutschland endgültig zu zerreißen, wie es in dein Entwurf einer neuen Verfassung der DDR zum Ausdruck kommt.
    Zu den Kontakten und den Verbindungen, die es in vielschichtiger und vielfältiger Art gibt, gehören auch Hinweise auf jene Begegnungen, die nicht so sehr offiziellen Charakter tragen, aber dennoch bemerkenswert sind. Ich glaube sagen zu sollen, daß es nicht verkehrt ist, daran zu 'erinnern, daß z. B. der stellvertretende Außenhandelsminister der Regierung der DDR der Deutschen Industriemesse in Hannover einen Besuch abstattete und daß umgekehrt nicht nur Repräsentanten der Wirtschaft, sondern auch der Politik der Leipziger Messe einen Besuch abstatteten. Bei dieser Gelegenheit darf ich wohl auch darauf hinweisen, daß unser Bundeswirtschaftsminister, mein Freund Karl Schiller, bei der Eröffnung der Frankfurter Messe aus gesamtdeutscher Sicht ausrief: Leipzig ist eine Messe wert. Damit wollte er zeigen, daß uns das Ganze bewegt, und darum sollte das hier nicht vergessen sein.
    Unbestritten ist doch wohl, daß der innerdeutsche Handel eine starke Klammer ist, unbestritten ist, daß er das Versorgungsgefälle weiter verringern soll. Unbestritten ist ebenso, daß der innerdeutsche Handel nach Qualität und Quantität für die DDR eine größere Bedeutung hat als für die Bundesrepublik. Um so höher ist zu bewerten, was die heutige Bundesregierung getan hat, um diesen Handel zu erleichtern und zu 'erweitern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Um nur einige wichtige Positionen zu nennen, weise ich darauf hin, daß dazu gehörte: die Liberalisierung zahlreicher Ausschreibungen, die Vereinfachung des Verfahrens, die Zusammenlegung von Verrechnungskonten und Swings, die Streichung der Widerrufsklausel, die erneute Verschiebung des Saldierungstermins, die Bundesgarantie, die Kreditfinanzierung zur Förderung langfristiger Geschäfte und schließlich erhebliche Begünstigungen des innerdeutschen Handels durch Ausnahmeregelungen bei der Mehrwertsteuer, die für die Bundesrepublik immerhin einen Steuerausfall von über 120 Millionen DM bedeuten. Das verdient, wenn wir konkret sprechen wollen, Erwähnung. Ich meine, daß durch solche Darstellungen in einem Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland nicht nur nüchterne Zahlen dargeboten würden, sondern daß sie substantiiert die Unterschiedlichkeit der Verhältnisse in beiden Teilen Deutschlands zum Ausdruck bringen könnten. Von daher würde sich die Aufgabenstellung für das 'eigene Wirken ergeben.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    In Verbindung damit möchte ich an die Bundesregierung appellieren, bemüht' zu bleiben, die Mineralölfrage zu bereinigen, um die Lieferungsmöglichkeiten aus der DDR wieder zu erhöhen und die hohe Verschuldung der anderen Seite abzubauen. Auch das sind Probleme, die wir in Verbindung mit diesem Thema hier behandeln sollten. Die andere Seite sollte sich wirklich ernsthaft bemühen, nicht nur diese Möglichkeiten zu nutzen, sondern auch den hohen Schuldsaldo durch marktgerechte Lieferungen zu begleichen.
    Hier wurde von dem Herrn Bundeskanzler darauf hingewiesen, daß an der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Teilen Deutschlands gearbeitet wird. Dazu müssen wir — ohne Kenntnis der beabsichtigten Einzelheiten — allerdings zurückhaltend darauf hinweisen, daß die Erfahrungen mit der anderen Seite, wenn über Verhandlungspakete geredet wurde, nicht nur immer günstig waren. Vielfach ist nicht nur das Gesamtpaket, sondern sind auch die Einzelteile, die in diesem Paket enthalten waren, völlig untergegangen.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Die DDR könnte zum Abbau ihrer Schulden durch eine vernünftige Regelung des Reiseverkehrs, wie sie gegenüber anderen Ländern üblich ist, sehr beitragen. In Ostberlin ein Büro für den innerdeutschen Handel errichten zu wollen, ist in diesem Zusammenhang zur Förderung des Absatzes mitteldeuscher Waren in der Bundesrepublik besonders zu begrüßen, um so mehr, als das Ost-Berliner Ministerium für Außenwirtschaft bereits in Düsseldorf und auch in Frankfurt am Main Büros unterhält, so daß wir gar nichts Neues — wohl für uns Neues, aber in den Möglichkeiten nichts Neues — entwickeln würden. Es wäre nur zu begrüßen, wenn ein solches Büro recht bald eingerichtet würde, um den guten Willen zu zeigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die wirtschaftliche Entwicklung Mitteldeutschlands ist auch im Jahre 1967 recht günstig gewesen. Unter Berücksichtigung des vergleichsweise hohen Nachholbedarfs der mitteldeutschen Wirtschaft an Technik und Automation ist auch dies ein erneuter



    Franke (Hannover)

    Beweis für die außergewöhnlich hohe Arbeitsleistung, die die Bevölkerung der DDR unter so erschwerten Bedingungen erbringt.
    Aber neben dem, was ist, sollten wir bei einem Bericht über die Lage der Nation auch über das reden, was uns plagt und bedrückt. Dabei verdient wohl an erster Stelle erwähnt zu werden, daß es seit nunmehr über zwei Jahren den Bewohnern der Stadt Berlin versagt ist, sich gegenseitig zu besuchen, und daß es ebenfalls seit über zwei Jahren keine allgemeine Passierscheinregelung mehr gibt. Wir fragen: Warum ist das so? Kann man nicht versuchen, muß man nicht versuchen, diese Probleme immer wieder ins Vordertreffen zu führen? Denn es geht um die Menschen in beiden Teilen Deutschlands, denen wir uns verbunden fühlen. Es sollte alles getan werden, um zu Ergebnissen zu kommen. Bürgern aus der Bundesrepublik werden keine größeren Schwierigkeiten bereitet, wenn sie nach Ost-Berlin reisen wollen; aber den Berlinern ist es überhaupt versagt, sich frei in Berlin zu bewegen.
    An dieser Stelle müssen wir gegen eine der neuesten Maßnahmen der Machthaber im anderen Teil Deutschlands sehr entschieden protestieren, geigen jene Verordnung, die die Einschränkung der freien Zufahrtsmöglichkeiten nach Berlin vollzogen hat. Diese Beschränkung läuft darauf hinaus, daß jeder, der nach Berlin reisen möchte, nachweisen muß. oder eine Bescheinigung beibringen muß, aus der erkennbar ist, daß er nicht zu jener politischen Gruppierung gehört, ,die angeblich mit dieser Maßnahme getroffen werden soll. Man kann es auch anders sagen: das, was da jetzt geschehen ist, versetzt kurioserweise plötzlich Herrn von Thadden, den Führer ohne Führerschein,

    (Beifall bei der SPD)

    in die Position, daß er bestimmt, wer in Zukunft noch nach Berlin reisen darf; denn nur er kennt seine registrierten Spießgesellen, nur er wäre tatsächlich in der Lage, solche Bescheinigungen auszustellen.
    Aber man kann bei dieser Maßnahme noch eine andere Frage aufwerfen. Handelt es sich dabei wieder um das Zusammenspiel links- und rechtsextremer Faktoren, wie wir .es aus der Zeit der Weimarer Republik kennen?

    (Beifall bei der SPD.)

    Das erfüllt uns allerdings dann mit großer Sorge, wenn mit einem solchen Vorwand etwas versucht werden soll, das der Ordnung, wie wir sie wollen, widerspricht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Bundeskanzler hat in seinem Bericht über die Lage der Nation nichts über jenes Gebiet in der Bundesrepublik gesagt, das durch die Spaltung in besonderer Weise getroffen ist, über das Zonenrandgebiet. Die Menschen, die entlang dier Demarkationslinie leben, können nur in ganz seltenen Fällen ihre nächsten Verwandten jenseits des Stacheldrahts besuchen, soweit sie innerhalb ides 5-km-Sperrgürtels wohnen. Es gibt keine Nachbarschaftshilfe mehr bei Notfällen, Bränden, Hochwasser hüben und drüben. Während wir bei Naturkatastrophen in Jugoslawien, Oberitalien, Sizilien, in der Türkei oder wo immer in der Welt es sein mag, Hilfe anbieten und Hilfe leisten können, werden hier bei uns inmitten Deutschlands die primitivsten Formen menschlichen Zusammenlebens unterbunden durch die Maßnahmen, die von der anderen Seite getroffen wurden.
    Aber auch von unserer Seite wird den Bewohnern im Zonenrandgebiet einiges zugemutet, und das müssen wir, wenn wir über den Bericht über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland sprechen, so offen darlegen, wie es dieses Problem erfordert. Mit nur wenigen Ausnahmen haben die Menschen, .die dort leben, als letzte am wirtschaftlichen Aufschwung teilgenommen. Sie hatten auch in den Zeiten dier Hochkonjunktur niemals den Lebensstandard der Ballungsgebiete aufzuweisen. Die bereitgestellten Mitttel und die Art .des Einsatzes dieser Mittel haben für die Behebung der strukturellen Schwächen nicht ausgereicht. Die Rezessionserscheinungen der zurückliegenden Zeit führten das Zonenrandgebiet als erstes zu erhöhter Arbeitslosigkeit, zu Betriebsstillegungen, zur Unsicherheit drohender Abwanderung. Wer die Wiedervereinigung will, darf die Mitte Deutschlands nicht veröden lassen. Deshalb müssen wir mehr als bisher für die Zonenrandgebiete tun. Ich glaube, auch das muß hier gesagt werden.
    Noch etwas gehört in diese Betrachtungen. Millionen deutscher Mitbürger reisen Jahr für Jahr zu Urlaubszielen in Ost und West, ans Schwarze und ans Mittelmeer. Urlaubsziele in aller Welt werden angereist. Sie reisen in Länder, zu denen wir diploma- tische Beziehungen haben und pflegen, und sie reisen in Länder, zu denen noch keine diplomatischen Beziehungen bestehen. Nur die Deutschen können nicht von Deutschland nach Deutschland reisen. Das verdient immer wieder hervorgehoben zu werden, um darzutun, wie die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland sich darstellt, um auch von daher Folgerungen ziehen zu können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Eintritt der Sozialdemokraten in die Bundesregierung im Dezember 1966 hat in diesem Lande den Willen zur Veränderung der deutschen Lage wesentlich verstärkt. Damit das deutsche Volk seinen Frieden finden und am Frieden in der Welt mitwirken kann, muß das Verhältnis der beiden Teile Deutschlands zueinander entkrampft werden. Das ist nicht nur eine Propagandaphrase und -floskel, sondern das ist eine ernsthafte Aufgabe, die jeden Tag neue Entscheidungen von uns fordert.
    In der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 wurde der Austausch von Gewaltverzichtserklärungen allen Völkern angeboten. Die Bundesregierung hat das ungelöste Problem der deutschen Teilung in dieses Angebot mit einbezogen und dabei darauf hingewiesen: Die Bundesrepublik ist der Teil Deutschlands, der als demokratischer und sozialer Rechtsstaat allen Deutschen die Möglichkeit schaffen will, die gemeinsame deutsche Zukunft in Freiheit zu gestalten. Die DDR wird von ihren Machthabern ein sozialistischer Staat deutscher



    Franke (Hannover)

    Nation genannt. Niemand zweifelt daran, daß die Menschen in der DDR genauso zur deutschen Nation gehören wie wir hier in der Bundesrepublik. Niemand kann auch die SED-Führung daran hindern, ihren Staat sozialistisch zu nennen. Für uns Sozialdemokraten ist Sozialismus allerdings untrennbar mit der Freiheit des einzelnen Bürgers und der Respektierung seiner Rechte und Würde verbunden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der andere Teil Deutschlands ist für uns kein Ausland und wird es niemals werden. Was in Deutschland geschieht, ist Sache aller Deutschen. Wir wissen uns daher verpflichtet, für die Selbstbestimmung aller Deutschen einzutreten. Wir wissen, keine Seite kann der anderen ihre Vorstellungen aufzwingen. Verständigung muß auch im geteilten und gespaltenen Deutschland erreicht werden. Die Bundesregierung der Großen Koalition bemüht sich seit der Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten um ein geregeltes Miteinander der beiden Teile Deutschlands. Wo dazu die Aufnahme von Kontakten zwischen Behörden der Bundesrepublik und solchen in dem anderen Teil Deutschlands notwendig ist, sollte das geschehen. Damit wollen wir zur Entspannung und zur Sicherung des Friedens beitragen.
    Wir dürfen uns auch nicht dadurch beirren lassen, daß die SED eine neue Verfassung verabschieden will, die die Spaltung Deutschlands vertieft. Darin dürfen wir uns auch nicht dadurch beirren lassen, daß in der DDR immer noch die Führungskräfte glauben, die in der Welt vor sich gehenden Veränderungen aufhalten und die Politik des Kalten Krieges fortsetzen zu können.
    Es ist immerhin beachtlich, wie der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht die in diesem Hohen Hause geführte Aussprache und die vom Herrn Bundeskanzler abgegebene Erklärung zur Lage der Nation im gespaltenen Deutschland zum Anlaß nahm, sich in diese politische Diskussion einzuschalten. Ich möchte auch meinen — wie das hier schon anklang —, daraus ist zu entnehmen, daß die hier abgegebene Erklärung auch der Bevölkerung im anderen Teil Deutschlands in vollem Umfang bekanntgeworden ist und die Mitbürger dort beschäftigt. Wie immer man die Ausführungen im einzelnen beurteilen mag, es sollte nichts geschehen, was Ansätze zu möglichen Begegnungen und Gesprächen verschütten könnte.
    Ich meine, man kann feststellen, daß beide Seiten davon ausgehen, daß die deutsche Nation weiterbesteht. Beide Seiten sind der Auffassung — und haben das gebührend zum Ausdruck gebracht —, daß sie die andere nicht als Ausland anerkennen. Beide Seiten haben erklärt, das Ziel ihrer Politik sei die Wiedervereinigung, wenn auch mit unterschiedlichen Bedingungen. Beide Seiten sind der Auffassung, daß es vertraglicher Regelungen bedarf.
    Der Bundeskanzler hat sich bereit erklärt, über Fragen des Gewaltverzichts mit der Regierung in Ostberlin zu reden und sogar den Vorsitzenden des Ministerrats selbst zu treffen. Der Bundespostminister hat angeboten, über die strittige Frage der Postgebühren zu reden. Der Parlamentarische
    Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums hat angeboten, Gespräche über Verkehrsfragen zu führen.
    Aber all das, was an Angeboten bisher von uns offeriert wurde, fand in Ostberlin zu unserem großen Bedauern fast immer nur ein negatives Echo. Auch auf den letzten Brief des Bundeskanzlers an den Vorsitzenden des Ministerrats der DDR ist eine Antwort bisher ausgeblieben. Wir hoffen, daß nun nach dieser Rede, die gestern abend gehalten wurde, konkrete Antworten zu den einzelnen Sachbereichen folgen werden. Sie könnten z. B. in dem noch ausstehenden Antwortbrief des Ministerratsvorsitzenden Stoph an den Bundeskanzler enthalten sein.
    Wir warten darauf, denn die Bundesregierung hat eine Vielzahl praktischer Möglichkeiten zur Erleichterung des täglichen Lebens, Maßnahmen zur verstärkten wirtschaftlichen, kulturellen und verkehrspolitischen Zusammenarbeit angeboten.
    Ein weiteres Zeichen dafür, alles zu tun, unserem Volk die Möglichkeit der Information über die Lage der Nation zu geben, geht letztlich auch noch daraus hervor, daß gesetzliche Bestimmungen aufgehoben werden, die z. B. dem Zeitungsbezug aus dem anderen Teil Deutschlands entgegenstehen. Das sind Beispiele für unsere Bereitschaft, um eine Atmosphäre schaffen zu helfen, die es ermöglicht, Rechtsformen für die inneren Beziehungen unseres Volkes zu finden. Ich meine, wenn wir in diesem Sinne weiter wirken, dann können wir mit gutem Recht sagen, daß nach den zahlreichen und großzügigen Angeboten und Bemühungen unsererseits nunmehr die andere Seite in vielfacher Weise am Zuge ist. Wir sollten von uns aus das Bemühen nicht einstellen.

    (Beifall bei der SPD.)