Rede von
Hermann
Diebäcker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Mobilität, wie wir sie heute hier interpretiert haben, ist ja in erster Linie Mobilität der Arbeitskräfte. Im übrigen gebe ich
Ihnen recht, selbstverständlich. Der Unternehmer ist aber — und ich glaube, Herr Behrendt, das haben Sie nicht berücksichtigt — schon durch den Wettbewerb gezwungen, sich umzustellen. Wenn er das nicht tut, macht er schlicht und einfach Pleite. Das ist nämlich hier zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, diese Vorschriften, die uns hier im Entwurf vorgelegt werden, sind — ich glaube, die Pflicht zur Wahrheit gebietet, das hier einmal zu sagen — nun nicht völlig und von Grund auf neu. Ich meine, daß auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung ja auch schon bisher einiges geschehen ist. Ich darf auf den Ausbildungsförderungsbericht vom 20. März 1967 verweisen.
Neu ist aber der Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung. Niemand wird sich in Zukunft entschuldigen können, daß er eine geordnete Berufsausbildung nicht bekommen habe, weil es an dem notwendigen Geld gefehlt habe. Der Rechtsanspruch auf Förderung der Ausbildung, auf Fortbildung und Umschulung erfordert große Mittel, ganz sicher. Gerade deswegen ist es notwendig, die persönlichen Voraussetzungen des einzelnen sehr sorgfältig zu prüfen, die Eignung des einzelnen zu untersuchen, damit die Mittel nicht vertan werden. Ich glaube, wir müssen uns auch im Ausschuß über das, was hier an Vorschriften in dem Gesetzentwurf steht, hinaus noch einiges einfallen lassen, um dieses Ziel zu erreichen.
Gerade weil hier erhebliche Mittel eingesetzt werden, ist es auch notwendig, daß die Wünsche des einzelnen mit den Erfordernissen des Arbeitsmarktes im Einklang stehen. Auch das ist dringend notwendig. Niemand wird nur so nach seinem Gusto eine Ausbildung erfahren können. Es ist vielmehr notwendig, daß eine Übereinstimmung mit den Wünschen und Forderungen des Arbeitsmarktes besteht. Deswegen ist auch die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als besondere Aufgabe der Nürnberger Anstalt so wichtig. Die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist geradezu das Handwerkszeug für die Entscheidungen auf dem Gebiete der Ausbildungsförderung, der Fortbildung und der Umschulung.
Neben der Ausbildungsförderung soll Hilfe zur Fortbildung gegeben werden. Diese Fortbildung hat aus allerlei arbeitsmarktpolitischen Gründen ihre Bedeutung, aber auch gerade im Hinblick auf die Verkürzung der Arbeitszeit, die dem einzelnen neben der Möglichkeit der Erholung auch die Möglichkeit gibt, auf dem Gebiet der Fortbildung einiges zu tun. Fortbildung dient dem beruflichen und damit dem sozialen Aufstieg, und gerade im Hinblick hierauf, meine ich, können die Vorschriften dieses Gesetzes in ihrer Bedeutung nicht hoch genug veranschlagt werden. Sozialer Aufstieg über höhere Leistung im Beruf für jeden, der das Zeug in sich fühlt, wird erleichtert. Das, meine Damen und Herren, ist moderne Gesellschaftspolitik im Sinne des 20. Jahrhunderts.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7415
Diebäcker
Neben der Ausbildungsförderung und neben der Förderung der Fortbildung steht die Umschulung. Wir begrüßen es sehr, daß diese Umschulung nach den Bestimmungen des Entwurfs 'so früh wie nur irgend möglich einsetzen soll. Weiterhin begrüßen wir die Anlernzuschüsse an die Betriebe, weil auf diese Weise die Möglichkeit für eine betriebsnahe Ausbildung gegeben wird. Das scheint mir sehr wichtig zu sein.
Die Förderung, über die wir heute sprechen, kann — das wurde schon gesagt — individuell oder auch institutionell gewährt werden. Bei der institutionellen Förderung kann die Nürnberger Anstalt auf verschiedene Träger von Einrichtungen zur Förderung der Ausbildung zurückgreifen. Ich denke hier an die Handwerkskammern, Innungen, Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, wohlfahrtspflegerische Organisationen und auch an die Volkshochschulen. Ich weiß aus Besprechungen im Bundesarbeitsministerium, daß man gerade auch die Volkshochschulen einbezogen wissen möchte. Die Anstalt kann solche Einrichtungen allein errichten, wenn andere Träger nicht zur Verfügung stehen oder wenn solche Einrichtungen als Modelleinrichtungen gedacht sind. Ich glaube, daß muß sehr sorgfältig überlegt werden. Es sollte darauf gedrängt werden, so meine ich, daß hier in der Tat nach dem Prinzip der subsidiären Hilfe verfahren wird. Es sollten zunächst die vorhandenen Einrichtungen gefördert werden, und wenn keine vorhanden sind, sollten Träger animiert werden, solche Einrichtungen zu schaffen. Erst als letzte Möglichkeit sollte der Staat mit eigenen Einrichtungen kommen.
Berufliche Bildungsmaßnahmen müssen praxisnah durchgeführt werden. Eine völlig isolierte Trägerschaft des Staates scheint mir sehr bedenklich zu sein, auch bei Modelleinrichtungen. Es besteht die Gefahr der Praxisferne, die Gefahr, daß die Einrichtungen aus dem Augenblicksbedarf entstehen und sich später als Fehlinvestitionen entpuppen. Ich glaube, auch hierzu wird der Ausschuß noch einiges sagen müssen.
Die Maßnahmen des vorliegenden Gesetzes machen in der Tat — ich glaube, es klang vorhin schon einmal an — das Ausbildungsförderungsgesetz nicht überflüssig. Wir haben es ja beim vorliegenden Gesetz mit der Regelung des außerschulischen Bereichs zu tun. Wir müssen auch den schulischen Bereich in unsere Betrachtungen einbeziehen. Es sind da ja in der Tat enge Beziehungen vorhanden. Ich meine, aus diesen Gründen müßte man überlegen, den Entwurf auch dem Familien- und Jugendausschuß zur Mitberatung zu geben.
Die Maßnahmen machen vor allen Dingen ein Berufsausbildungsgesetz nicht überflüssig. Meine Damen und Herren, wie will man denn überhaupt Fortbildung betreiben, wenn man nicht vorher eine solide, auf breiter Basis sich aufbauende Berufsausbildung geschaffen hat? Wie will man denn umschulen, wenn nicht entsprechende Berufspraxis vorhanden ist? Beides also ist notwendig: Berufsausbildungsgesetz auf der einen Seite und Förderung der Ausbildung nach dem Arbeitsförderungsgesetz auf der anderen Seite. Erst dann kommen wir zu wirklich modernen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt, zu Verhältnissen, wie wir sie alle miteinander sehr dringend wünschen.