Rede von
Dr.
Manfred
Wörner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesem Antrag hätte wirklich nichts Besseres passieren können, als daß er ausgerechnet und ohne daß das beabsichtigt war, im Anschluß an eine Aktuelle Stunde dieses Parlaments zur Beratung kommt.
Denn wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte,
daß die Motive der Antragsteller zutreffen, dann
wäre dieser Beweis jetzt in der Aktuellen Stunde
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7391
Dr. Wörner
geliefert worden. Ich kann mir einen großen Teil meiner Begründung sparen, indem ich Ihnen sage: Mit diesem Antrag wollen wir genau das erreichen, was sich in der vergangenen Stunde hier abgespielt hat. Wir wollen, daß hier freier geredet wird, wir wollen, daß hier kürzer geredet wird, wir wollen, daß hier an die Stelle des Monologs der Dialog tritt, und wir wollen so, wie das geschehen ist, daß Rede und Gegenrede, Argumente und Gegenargumente im lebhaften Austausch und spontan vor sich gehen. Das ist der Sinn all dieses Drängens nach einer geschäftsordnungsmäßigen Reform in ,der Arbeit dieses Hauses. Wir wollen, daß es hier etwas lebendiger wird, genauso, wie wir es jetzt erlebt haben. Das kann man natürlich nicht nur mit diesen Maßnahmen erreichen, das wissen wir auch, aber — —
— Natürlich, Herr Moersch, dieser Antrag soll die
Köpfe der Abgeordneten nicht überflüssig machen,
wie Sie der Lektüre dieses Antrages sehr schnell entnehmen werden, wenn Sie sich darum bemühen. Das ist ganz klar; aber man sollte auch die Möglichkeiten der Geschäftsordnung nicht unterschätzen. Deswegen haben wir in unserem Antrag zwei Punkte herausgegriffen, und ich darf zur Begründung ganz kurz folgendes sagen.
Der Punkt 1, daß bei kurzen Reden vom Mikrofon aus gesprochen werden kann, scheint uns längst überfällig zu sein.
Als Beweis möchte ich Ihnen die Debatte über das Finanzänderungsgesetz am letzten Freitag in Erinnerung rufen, wo der Herr Kollege Spitzmüller von der FDP, der häufig zur Begründung das Wort nehmen mußte, sich im Dauerlauf fortwährend auf dem Wege zum und vom Mikrofon befand.
— Ja, Herr Spitzmüller hat zwar auf diesem Sektor leichtathletische Erfolge erzielt; aber dieses Haus ist nun einmal — das sage ich trotz meiner Vorliebe für den Sport — keine Sportstätte, sondern ein Platz für Auseinandersetzungen in Rede und Gegenrede.
Ich meine, wir sollten dazu übergehen, mehr vom Mikrofon aus zu sprechen, wobei ich Ihnen zugebe, daß die Anlage dieses Hauses dazu nicht gerade übermäßig geeignet ist. — Weiteres will ich mir dazu ersparen.
Punkt 2: der Vorrang der Kurzrede. Wir wollen, daß ein Vorrang der Kurzrede statuiert wird, um damit die Rednerzeit abzukürzen.
Ich will ganz kurz auf die Einwände eingehen. Es wird uns entgegengehalten, das sei nicht praktikabel, das führe zu einem Chaos oder führe dazu, daß man dann im Wege der Kurzrede alle vernünftigen Ausführungen blockieren könne. Meine Damen und Herren, wir nehmen diese Einwände ernst, und es mag sich herausstellen, daß dem so ist. Ich bin der
Meinung, wir werden das ganz von allein, nämlich durch das Spiel der Fraktionen untereinander, so regulieren können und regulieren, daß daraus keine Gefahr für den Geschäftsablauf entsteht. Ich meine also, es wird sich herausstellen, daß das praktikabel ist. Sollte es nicht praktikabel sein — wer hindert uns, es dann wieder herauszunehmen? Gerade in Fragen der Geschäftsordnung brauchen wir auch ein bißchen mehr Mut zum Versuch, ein bißchen mehr Mut zum Risiko. Ich bin der Meinung, es kann uns nicht schaden, wenn wir es damit versuchen.
Ich will aber ebenso klarmachen: Wir sitzen nicht auf diesem Vorschlag. Wenn andere praktikablere, bessere Vorschläge gebracht werden, die den Ablauf der Debatten etwas flüssiger und lebendiger gestalten, sind wir die Letzten, die einfach deswegen, weil wir hier ein Urheberrecht beanspruchen würden, auf dem Vorschlag bestehen. Sie sind aufgefordert, bessere Vorschläge zu bringen.
Noch ein Letztes. Ich verstehe, wenn die Opposition bei unserem Drängen auf die Kürze der Rede und auf die freie Rede gewisse Bedenken anmeldet, aber, meine Damen und Herren von der FDP, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, uns geht es ja wirklich als Letztes darum, die Rechte der Opposition zu beschneiden, sondern es geht uns ganz im Gegenteil darum, die Debatten lebendiger zu machen, den Austausch von Argumenten anzureizen und damit auch Ihr Recht zu respektieren. Ich will Ihnen ganz klar sagen: Wir sollten uns eben daran gewöhnen, meine Damen und Herren, daß nicht einer alles sagt, sondern daß eben mehrere etwas sagen und etwas zu sagen haben.
Ich meine — damit will ich schließen —, wir alle müssen besorgt sein und sind auch besorgt um das Ansehen dieses Hauses. Ich glaube, wir sind in einer Situation, wo wir einen gewissen Autoritätsschwund auch dieses Hauses erleben. Es könnte der Autorität und dem Ansehen dieses Hauses nur nützlich sein, wenn sich mehr solche Debatten abspielten, wie wir sie in der vergangenen Stunde gehabt haben.