Rede von
Dr.
Hermann
Kopf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Hohe Haus ist sich in gewissen Grundüberzeugungen einig: in der Überzeugung, daß Menschenraub eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, die überall, an jedem Ort und gegenüber jedem Täter der Mißbilligung und der Verurteilung bedarf. Unser Haus ist sich ferner in der Überzeugung einig, daß die Tätigkeit von Geheimdiensten in Deutschland unerwünscht ist; es bedarf einer sorgfältigen Prüfung, in welcher Weise die Tätigkeit von Geheimdiensten in unserem Land unterbunden werden kann. Unser Haus ist sich schließlich auch darin einig, daß die Bundesregierung alles tun soll, um die Freiheit und das Leben der verschleppten Südkoreaner zu retten. In allen diesen Punkten sind wir einig.
Eine andere Seite der Angelegenheit ist aber in der Frage zu erblicken, ob die Antragsteller mit Recht an der Haltung der Bundesregierung Kritik geübt haben. Da bin ich allerdings der Meinung, daß diese Kritik unberechtigt war.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 143. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1967 7387
Dr. Kopf
Diese Kritik hat sich gegen den Herrn Staatssekretär Jahn gerichtet, der nicht meiner Fraktion angehört. Ich muß hier erklären: Jedermann, der einigermaßen Einblick in die Arbeitslast des Auswärtigen Amtes hat und der weiß, daß in diesen Tagen nicht nur der Außenminister, sondern auch beide Staatssekretäre aus dienstlichen Gründen von Bonn abwesend sein müssen, muß erkennen, daß der Staatssekretär Jahn mit einer derartigen Arbeitslast zugedeckt ist, daß die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben worden sind, sachlich unbegründet sind.
Von Frau Kollegin Diemer-Nicolaus ist hier das Asylrecht erwähnt worden. Dieser Punkt ist bereits richtiggestellt worden. Die Südkoreaner, die sich bei uns betätigt haben — in welcher Weise sie sich betätigt haben, bedarf noch der Aufklärung —, haben kein Asylrecht besessen, weil sie kein Asylrecht in Anspruch genommen haben und weil uns gar nicht bekannt gewesen ist, daß sie aus irgendwelchen politischen oder Zwangsgründen ihr Heimatland verlassen haben.
Dann ist weiter die Frage aufgeworfen worden — nicht nur als eine Frage, sondern das. klang vielleicht mehr als ein Antrag —, die Bundesregierung solle in Erwägung ziehen, die diplomatischen Beziehungen mit Korea abzubrechen. Nun ist unser Gedächtnis vielleicht etwas kurzlebig. Dennoch möchte ich die Frage stellen, ob die Freie Demokratische Partei bei der Erörterung des Falles Argoud jemals die Meinung vertreten hat, die Bundesrepublik solle wegen des Falles Argoud die Beziehungen zu Frankreich abbrechen. Ich kann mich daran nicht erinnern.
Aber etwas anderes! Es ist vielleicht der Aufmerksamkeit der Kritiker entgangen, daß Entführungen von Südkoreanern nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in anderen europäischen Ländern, auch in Frankreich, stattgefunden haben. Ich habe der französischen Presse entnommen, daß auch sie mit wacher Aufmerksamkeit das Schicksal der aus Frankreich entführten Südkoreaner verfolgt, die bis zum heutigen Tage nicht zurückgestellt worden sind und, soweit mir bekannt ist, jetzt gleichfalls Gerichtsverfahren unterworfen werden. Ich habe aber in der ganzen französischen Presse aller Richtungen keine einzige Andeutung und keinen Hinweis darauf gefunden, daß Frankreich in Erwägung ziehen solle, wegen der Korea-Affäre die diplomatischen Beziehungen zu Südkorea abzubrechen. Ich bin überzeugt, daß Frankreich von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen wird.
Schließlich ist ein Punkt unerörtert geblieben, aber auch das sollte ausgesprochen werden. Wir sind ein liberales Land. Gerade die Freie Demokratische Partei legt ganz besonders Wert darauf, eine liberale Partei zu sein. Weil wir ein so liberales Land sind, verlangen wir bedingungslos die Rückstellung der unter Verletzung der Menschenrechte verschleppten Südkoreaner. Wir würden sie sogar dann verlangen, wenn eine nähere Aufklärung Anhaltspunkte dafür ergeben würde, daß diese Südkoreaner sich in Deutschland in einer nachteiligen Weise betätigt haben. Es ist bisher gar nicht erörtert worden, wie die wirkliche Tätigkeit dieser Leute gewesen ist. Natürlich sind sie ihrem bürgerlichen Beruf nachgegangen. Aber die südkoreanische Regierung, versicherte uns, daß sie Agenten gewesen seien für ein kommunistisches Land. Waren sie das, oder waren sie das nicht? Und für wen haben sie agiert, und gegen wen haben sie agiert? Das alles sind Fragen, die der Aufklärung bedürfen. Aber weil wir ein so liberales Land sind und in dieser Liberalität von keiner Fraktion dieses Hauses übertroffen werden können,
lassen wir den Gesichtspunkt vollkommen im Hintergrund, daß diese Fragen der Aufklärung bedürfen. Unbeschadet dieser Aufklärung verlangen wir die Rückstellung der zu Unrecht verbrachten Südkoreaner.
Wir werden die Bemühungen unserer Regierung,
diese Forderung durchzusetzen, auch von seiten
des Parlaments mit allem Nachdruck unterstützen.