Rede von
Dr.
Walter
Becher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie viele Kollegen dieses Hauses bin auch ich den Kollegen von der FDP dankbar dafür, daß sie die Frage der Wahrung unserer Souveränitätsrechte im Zusammenhang mit dem hochaktuellen Fall ,der Koreaner aufwerfen. Auch ich bin der Überzeugung, die der Herr Kollege Müller vertreten hat, daß das Recht, das wir hier zu wahren hätten, unteilbar sei und daß man hier keine Kompromisse schließen könne. Das gilt, wie ich glaube, für den Fall Argoud genauso wie für den Fall dieser Koreaner. Ich persönlich würde jede Form des Protestes unterstützen, die hier angemessen ist, und würde auch dem Kollegen Hirsch recht geben, der sagt, daß man die Sache von seiten der Regierung natürlich so behandeln muß, daß den Menschen auch geholfen wird.
Aber nun möchte ich mich an Sie, Herr Kollege Ollesch, wegen Ihres Hinweises auf einen Kollegen meiner Fraktion, Herrn Klepsch, wenden. Ich bin nicht der Meinung, daß es hier um das Problem der gegenseitigen Aufrechnung geht, wenn wir sagen: Dieses Redit muß nach allen Seiten gewahrt werden. Es geht um das Problem der Glaubhaftigkeit und darum, daß wir unglaubhaft werden, wenn wir dieses Recht nur nach der einen Seite wahren und womöglich dort nicht wahren, wo es gefährlich werden könnte.
Ich erlaube mir, darauf zu verweisen — vielleicht ist das ein wenig eine peinliche Angelegenheit —, daß hier heute eine andere Aktualität angesprochen werden müßte. Sie, Herr Kollege Ollesch, haben vom Abbruch diplomatischer Beziehungen gesprochen. Anderswo sprechen wir heute von der Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
Ich habe mir vor einigen Monaten erlaubt, von hier aus den Herrn Justizminister zu fragen, wie es denn mit der Wahrung der Souveränitätsrechte im Falle des jugoslawischen Konsuls Milanovitsch steht, der im Falle Gereta Mordaufträge gegeben hat. Mir wurde damals gesagt, man müsse erst das Urteil abwarten. Ich erlaube mir, zu fragen, wie es im Falle des Jugoslawen Simundcicz steht, der vor einigen Wochen auf dem Boden der Bundesrepublik erschossen wurde. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß aus der Gerichtsverhandlung im Fall Goreta hervorgegangen ist, daß der jugoslawische Geheimdienst hier nicht nur als Spionagedienst, sondern sozusagen auch als Mordexekutive im Zusammenhang mit den auch für die andere Seite bedauerlichen Auseinandersetzungen vielleicht mit den Kroaten, funktioniert.
Ich erlaube mir, noch an einen der erschütterndsten Fälle zu erinnern, der auf dem Boden der Bundesrepublik stattgefunden hat,
wo ein russischer Agent, der übergelaufen ist und uns davon Mitteilung machte, im Auftrage der sowjetischen Regierung zwei Jahre lang eingeschult wurde, um mit einer Giftpistole in München den Führer der Ukrainer, Bandera, nachdem er ihn monatelang beobachtet hatte, meuchlerisch zu ermorden.
Ich erlaube mir von hier aus die Frage: Was hat die Bundesregierung im Fall Argoud, was hat die Bundesregierung im Fall Goreta, was die Bundesregierung im Fall Bandera getan, wo feststeht, daß der gleiche Stachinsky von einem Mitglied der sowjetischen Führungsequipe, von Herrn Scheljepin, noch einen Orden für seine Mordtat bekam?
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute dieses Thema aufgreifen, sollten wir aus allen Fraktionen unterstreichen, was vielfach gemacht wurde: Wir sind aufgerufen, das Recht auf Souveränität und die Menschenrechte gegenüber jeder Seite zu wahren. Ganz gleich, von welcher Seite aus das Recht verletzt wird, haben wir ein klares und eindeutiges Wort ohne Rücksicht auf tagespolitische Gegebenheiten und ohne Rücksicht auf Opportunitäten des Alltags zu sagen.