Ja, Herr Kollege Czaja. Ich kann nur unterstreichen, was Sie sagen. Ich kann sogar hervorheben, daß auch deshalb entscheidend von der Regierungsvorlage, die ja eine ganz andere Abwägung vorsah, als es jetzt der Fall ist, abgewichen worden ist und daß in die Interessen — es ist der Plural gebraucht worden — des Vermieters auch seine Rechtsstellung als Eigentümer mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen einzubeziehen ist.
Ich wollte noch einen anderen Gedanken anführen, der es uns einfach unmöglich macht, einem solchen Gesetz zuzustimmen. Hier ist zum erstenmal in unserem gesamten bürgerlichen Recht eine Vorschrift aufgenommen worden, die besagt, daß der kündigende Vermieter seinen Mieter sogleich darauf hinweisen soll, was er gegen diese Kündigung unternehmen kann. Ein solches Institut haben wir bei gänzlich anders gearteten Verhältnissen, nämlich dort, wo der Staat, die Obrigkeit, dem Bürger gegenübertritt; daß aber im Rahmen des Zivilrechts einer der Vertragspartner dem anderen sagen soll, was er gegen die rechtlich zulässige Maßnahme seines Kontrahenten unternehmen kann, ich glaube, das ist einmalig und sollte hier gebührend als einmalig hervorgehoben werden. Selbst im Arbeitsrecht, meine Damen und Herren, wo die beiderseitigen Verpflichtungen der Fürsorge entscheidend anders gestaltet und durch die Rechtsprechung immer weiter entwickelt worden sind, kennt man ein solches Rechtsinstitut bisher nicht. Dort kann der Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde, zum Gericht hingehen und dagegen angehen. Aber niemand hat je daran gedacht, für den Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer gegenüber bestimmte soziale Verpflichtungen hat, eine solche Verpflichtung zu stipulieren, daß er nämlich dem Arbeitnehmer auch noch sagen muß: Gegen diese Kündigung kannst du angehen. Das haben wir hier zum erstenmal. Ich glaube, man sollte hier bereits den Anfängen wehren, denn irgendein vernünftiger Grund für eine solche Regelung ist nicht einzusehen. Ob man theoretisch davon ausgeht, ein Hauswirt sei immer der Klügere, oder von welchen Vorstellungen auch immer: Mir ist es nicht recht begreiflich.
Ich meine jedenfalls — und das ist wiederum ein Grundsatz, der sich allgemein weit durch unsere Rechtsordnung hindurchzieht —, daß der Mieter, der glaubt, Gründe dafür zu haben, daß er nicht ausziehen müsse, Stellen genug in der Bundesrepublik findet, zu denen er gehen kann und bei denen er sich Rat darüber holen kann, wie er seine Rechte und seine Rechtsposition wahrnehmen und durchsetzen kann. Warum also diese völlig anomale Bestimmung?
In der Beratung des Rechtsausschusses fiel das Wort — das ich mir in diesem Sinne nicht zu eigen mache, das man aber doch einmal sehr ruhig überlegen sollte —, daß das Verlangen, derart gegen seine eigenen Interessen im Privatrecht zu handeln, mindestens an die Grenze der Menschenwürde heranreiche. Ich glaube, die Frage sollte man in aller Ruhe überlegen.
7110 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1967
Busse
Wie gesagt, ich könnte noch eine Reihe von weiteren Punkten anführen, bei denen erhebliche Bedenken gegen das Gesetz geltend zu machen sind. Eines zeigt sich mit aller Deutlichkeit: Auch die Änderungen, die das jetzt vorliegende Gesetz am bestehenden Recht vornimmt, sind nicht so, daß sich aus ihnen selbst heraus die Notwendigkeit der Rechtsänderung ergäbe. Im Gegenteil, die Änderungen, die vorgenommen werden, zeigen, daß eine vernünftige Rechtsprechung, eine vernünftige Handhabung der bestehenden Rechte und Gesetze durch die Richter alle die Erfolge herbeiführen kann und bereits herbeigeführt hat, die jetzt angestrebt werden.
Darum — ich sagte es am Anfang — warne ich, mit dem BGB zu experimentieren. Lassen Sie die Rechtsprechung sich weiterentwickeln. Sie wird vernünftig sein. Darüber hinaus aber werden die soeben von mir erwähnten allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts in so entscheidender Weise angetastet, daß wir uns veranlaßt sehen, dieses Gesetz abzulehnen.