Rede von
Dr.
Gerhard
Reischl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem Herr Kollege Hauser, der ja im Ausschuß auch zugleich Mitberichterstatter war, hier dankenswerterweise alle Grundlagen des Gesetzentwurfs dargelegt hat, kann ich mich in meinen Darlegungen namens meiner Fraktion sehr kurz fassen.
An die Spitze darf ich stellen: die SPD-Fraktion wird diesem Gesetz gern zustimmen; denn dieser Gesetzentwurf erfüllt eine alte Forderung der SPD-Fraktion, die sie seit 1960, seit dem Inkrafttreten des sogenannten Lücke-Planes und der damaligen Sozialklausel erhoben hat.
Das Kernstück des neuen Entwurfs ist denn auch eine Neufassung der Sozialklausel des § 556 a BGB. Die Fassung, die jetzt in den Verhandlungen des Rechtsausschusses gefunden worden ist, macht wohl am besten den Interessenausgleich zwischen Vermieter und Mieter deutlich. Aus dieser Klausel, so wie sie jetzt gefaßt wird, geht ganz klar hervor, daß
7106 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1967
Dr. Reischl
die Interessen von Vermieter und Mieter bei der Abwägung, die die Gerichte im Falle eines Widerspruchs vornehmen müssen, gleichberechtigt berücksichtigt werden müssen. Das wird hier klar. Ich halte deshalb die Klausel für eine glückliche Lösung.
Auch ist jetzt endlich klargestellt, wie es mit Verlängerungen von Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit ist. Auch diese Frage war in der Rechtsprechung sehr umstritten. Es ist jetzt klar, daß die Verlängerung auf unbestimmte Zeit die Ausnahme bleiben muß, daß sie aber möglich ist.
Sehr wichtig wird sein, daß nun die Gerichte zu einer einheitlichen Rechtsprechung auf diesem Gebiet kommen. Denn ein Gefälle der Rechtsprechung zwischen den verschiedenen Teilen der Bundesrepublik wäre das Unglücklichste, was uns passieren könnte. Ein solches Gefälle hat ja letzten Endes auch dazu geführt, daß die Sozialklausel in dieser Weise geändert werden mußte. Ich hoffe, daß den Gerichten jetzt eine Handhabe gegeben ist, mit der sie zu einer einheitlichen Rechtsprechung kommen werden; vor allem auch dadurch, daß wir einen neuen Weg gewagt haben. Ich gebe zu — gerade als Richter, genau wie mein Kollege Hauser —, daß wir bei einer Neuerung im ersten Moment immer gewisse Bedenken haben. Aber ich glaube, es ist uns gelungen, auch beim Rechtszug einen Weg zu finden, der für die Parteien und für die Gerichte der einfachste ist und der auf der anderen Seite mit aller Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit zu einer einheitlichen Rechtsprechung führen wird. Ich halte diesen Versuch — der in der deutschen Zivilprozeßordnung völlig neu ist — deswegen für besonders glücklich, weil kein neuer Rechtszug angehängt wird, sondern das Landgericht gezwungen wird, die Sache einfach dem Oberlandesgericht vorzulegen, wenn es sich um eine grundsätzlich wichtige Frage handelt. Dadurch wird erstens Zeit gespart — wogegen durch ein Anfügen weiterer Rechtszüge logischerweise die Prozeßdauer verlängert würde —, und zweitens entstehen beiden Parteien durch dieses Hinaufgeben zum Oberlandesgericht keine Kosten. Auch das ist ein wichtiger Gesichtspunkt.