Rede von
Hermann
Höcherl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Logemann, ich muß mit Bedauern feststellen, daß Ihre Frage den Rahmen einer Fragestunde nach § 111 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages möglicherweise übersteigt. Mitte des Monats wird außerdem in Beantwortung einer Großen Anfrage der SPD eingehend zur EWG-Marktordnung für Milch und Milcherzeugnisse Stellung genommen werden.
Angesichts der guten Beziehungen, die wir haben, möchte ich jedoch einige Fragen jetzt schon vorweg beantworten. Ich darf zu dem Aufsatz im „Stern" in der Reihenfolge der Punkte, die Sie in Ihre Frage aufgenommen haben, folgendes bemerken:
1. Die Probleme der Milch lassen sich nach Meinung des Bundesernährungsministeriums in einem Kurzinterview auf einer Seite kaum erschöpfend behandeln.
6714 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode. — 132. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. November 1967
Bundesminister Höcherl
2. Die Preise für lose Trinkmilch sind von 1959 bis 1967 von 44 nicht auf 54 Pf je Liter, sondern auf 52 Pf für den Liter angehoben worden und sind damit die niedrigsten innerhalb der EWG und die niedrigsten im Vergleich zu denen der meisten europäischen Länder. Die Erzeugerpreise aber, auf die es hier ja ankommt, sind in der gleichen Zeit von 34 auf 37,7 Pf je Kilogramm, also sehr, sehr bescheiden angehoben worden.
3. Der Butterüberhang ist nicht 80 000 t, wie es dort heißt, sondern der augenblickliche Butterbestand der Bundesrepublik beträgt 68 000 t, von dem 12 000 t für den Saisonausgleich und 4000 t für Verbilligungsmaßnahmen sowie 9000 t für die Berlin-Reserve abzuziehen sind, so daß nur von einem Butterüberhang von 43 000 t gesprochen werden kann. Ursache für den wachsenden Butterüberhang ist u. a. und ganz besonders die im Jahre 1953 beschlossene Liberalisierung der deutschen Käseeinfuhr, mit der die deutsche Milchwirtschaft auf die Verwendung der Milch zu Butter abgedrängt wurde.
4. Seitens der EWG bestehen keine Beschränkungen hinsichtlich des Exports von Butter. Die Beschränkung auf zunächst 4000 t mußte von der Bundesregierung aus Haushaltsgründen vorgenommen werden, weil der Export von je 1000 t rund 5 Millionen DM an Erstattung beansprucht.
5. Die Bundesregierung stimmt der Auffassung vom Professor Priebe zu, daß der freie Preis für die Bauern ruinöse Folgen hätte. Das gilt nicht nur für die Bundesrepublik, sondern auch für andere Länder wie z. B. Schweden und die Schweiz und erklärt sich aus dem hohen Lebensstandard, hohen Löhnen und Sozialkosten.
6. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß die Molkereien ohne Wettbewerb arbeiten, weil ihnen mit der Gebietsregelung nach dem Milch- und Fettgesetz die Milchanlieferung und ein Teil des Absatzes gesichert sind. Auf den Märkten für Milcherzeugnisse ist eine erhebliche Verstärkung des Wettbewerbs festzustellen, was starke Tendenzen zur Konzentration ausgelöst hat. Es ist keineswegs sicher, daß deshalb mehr Käse abgesetzt wird, wie behauptet wurde. Der Marktanteil des deutschen Käses am deutschen Markt ist wegen der Liberalisierung der Käseeinfuhren, von der ich schon gesprochen habe, stark zurückgegangen.