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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 131. Sitzung Bonn, den 8. November 1967 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Conring 6615 A Abg. Dr. Bayerl tritt in den Bundestag ein Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung an Ausschüsse 6615 A Wahl des Abg. Dr. Bucher als ordentliches Mitglied des Vermittlungsausschusses . . 6615 B Absetzung des Punktes 3 von der Tagesordnung 6615 B Amtliche Mitteilungen 6615 C Fragestunde (Drucksache V/2236) Frage des Abg. Burger: Besetzung der Strafvollzugskommission Dr. Ehmke, Staatssekretär . . . 6617 A Burger (CDU/CSU) 6617 B Frage des Abg. Strohmayr: Ermittlungen über das Abhandenkommen eines Flugkörpers vom Typ Sidewinder auf dem Flugplatz Neuburg (Donau) 6617 B Fragen des Abg. Borm: Ermittlungen gegen Bundesbürger wegen Beleidigung des Schahs Dr. Ehmke, Staatssekretär . . . 6617 C Borm (FDP) 6617 D Frage des Abg. Rollmann: Öffnungseiten des Benutzersaals des Bundesarchivs in Koblenz Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 6618 B Frage des Abg. Rollmann: Änderung der Bundeslaufbahnordnung Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 6618 C Rollmann (CDU/CSU) 6618 D Frage des Abg. Dorn: Offizielle Polizeikonzeption Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 6619 A Dorn (FDP) 6619 A Frage des Abg. Dorn: Frage einer Herauslösung des Bundesgrenzschutzes aus der Polizei Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 6619 C Dorn (FDP) 6619 D Hübner (SPD) 6620 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 Frage der Abg. Frau Funcke: Frage einer evtl. Verfassungswidrigkeit einer Teilzeitbeschäftigung für Beamte mit besonderen Familienpflichten Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 6620 C Frau Funcke (FDP) . . . . . . 6620 D Moersch (FDP) 6621 A Frau Freyh (SPD) . . . . . . 6621 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . 6621 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 6622 A Fragen des Abg. Raffert: Erlaß des Bundesinnenministers vom 1. 9. 1967 betr. Förderung künstlerischer Nachwuchskräfte für den deutschen Film Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 6622 B Raffert (SPD) 6622 C Dr. Meinecke (SPD) 6623 A Dr. Huys (CDU/CSU) 6623 C Moersch (FDP) . . . . . . . 6624 A Dr. Lohmar (SPD) 6624 B Frage des Abg. Moersch: Unterschrift in der Bundestagsdrucksache V/2166 „Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder" Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 6625 C Moersch (FDP) 6625 C Fragen der Abg. Frau Kurlbaum-Beyer: Spendenaktion Vietnam des Gründers der SOS-Kinderdörfer 6626 A Fragen des Abg. Dr. Müller-Emmert: Öffentliche Münzfernsprecher in den Landgemeinden 6626 B Fragen des Abg. Baron von Wrangel: Anschluß im Zonengrenzgebiet liegender Städte und Gemeinden an das Hamburger bzw. Lübecker Fernsprechnetz — Gebührenstaffelung . . . . . . 6626 C Frage des Abg. Dichgans: Entschädigung der Deutschen Lufthansa durch die Bundespost bei mit höheren Kosten verbundenem Einsatz lärmschwacher Flugzeuge . . . . . . . 6626 C Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Postreisedienst Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 6626 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 6627 A Josten (CDU/CSU) 6627 B Frage des Abg. Jung: Zahlen über die qualitative Struktur des Althausbesitzes Dr. Schornstein, Staatssekretär . 6627 D Jung (FDP) 6628 B Frage des Abg. Dr. Hudak: Schnellere Eingliederung von Spätaussiedlern von Hassel, Bundesminister . . . . 6628 D Dr. Hudak (CDU/CSU) 6629 B Frage des Abg. Richter: Ratifizierung des Protokolls zur Rechtsstellung von 1951 über den Status der Flüchtlinge 6629 C Fragen des Abg. Dr. Mühlhan: Beteiligung des Bundes an deutschen Wochenschauen Schmücker, Bundesminister . . . . 6629 C Dr. Mühlhan (FDP) 6629 D Frage des Abg. Dr. Serres: Empfehlung des Europarates betr. Gewährleistung einer wirksameren Entwicklungshilfe Wischnewski, Bundesminister . . . 6630 B Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete (Drucksache V/2078) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Bergmannsprämien (Drucksache V/2014) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau (Drucksache V/2232) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1968, Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 III 1969 und 1970 (Drucksache V/2233) — Erste Beratung — Dr. Schiller, Bundesminister . . . 6631 A Brand (CDU/CSU) 6637 C Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 6640 B Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 6646 D Kühn, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen 6650 C Dr. Röder, Ministerpräsident des Saarlandes 6655 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 6658 C Sackmann, Staatssekretär, Vertreter des Landes Bayern 6665 B Arendt (Wattenscheid) (SPD) . . 6668 A Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 6673 A Zoglmann (FDP) . . . . . . . 6675 A Dr. Friderichs (FDP) 6680 B Ollesch (FDP) 6694 D Schmidhuber (CDU/CSU) 6700 C Entwurf eines Bundeswasserstraßengesetzes (Drucksache V/352) ; Schriftliche Berichte des Rechtsausschusses und des Verkehrsausschusses (Drucksachen V/1469, V/2215) — Zweite und dritte Beratung — Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 7601 A Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 6701 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 10. Dezember 1966 mit der Republik Sambia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2006) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/2204, zu V/2204) — Zweite und dritte Beratung — 6701 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Oktober 1966 mit der Republik Elfenbeinküste über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2028) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/2205, zu V/2205) — Zweite und dritte Beratung — 6702 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Dezember 1966 mit dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen (Drucksache V/ 1782); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache V/2213) — Zweite und dritte Beratung — 6702 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksache V/2076); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen (Drucksache V/2216) — Zurückverweisung an den Ausschuß — . 6702 C Entwurf eines Gesetzes über die ertragsteuerlichen und vermögensteuerlichen Auswirkungen des Umsatzsteuergesetzes vom 29. Mai 1967 und zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Drittes Steueränderungsgesetz 1967) (Drucksache V/2185) — Erste Beratung — 6702 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Berlinhilfegesetzes (Drucksache V/2237) — Erste Beratung — 6703 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften (Drucksache V/2221) — Erste Beratung - 6703 A Antrag der Fraktion der SPD betr. Einsetzung einer Eherechtskommission (Drucksache V/2162) Hirsch (SPD) . . . . . . . . 6703 B Busse (Herford) (FDP) 6703 D Nächste Sitzung 6704 C Anlagen 6705 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 6615 131. Sitzung Bonn, den 8. November 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 9. 11. Deringer 8. 11. Dr. Dittrich* 8. 11. Dr. Effertz 10.11. Dr. Erhard 10. 11. Frieler 11. 11. Gerlach * 8. 11. Graaff 9. 11. Hörmann (Freiburg) 10. 11. Kohlberger 10. 11. Dr. Kübler 17. 11. Kunze 30. 11. Lenz (Brühl) 31. 12. Lücker (München) * 8. 11. Dr. Mende 9. 11. Merten 30. 11. Müller (Aachen-Land) * 10. 11. Paul 31. 12. Petersen 10. 11. Scheel 10. 11. Dr. Schulz (Berlin) 30. 11. b) Urlaubsanträge Frau Dr. Elsner 18. 11. Gibbert 16. 12. Hanz (Dahlen) 18. 11. Hösl 28. 11. Hussong 17. 11. Steinhoff 31. 12. Stücklen 18. 11. Anlage 2 Der Bundesminister für Wirtschaft Bonn, den 8. November 1967 Energiepolitische Daten des Jahres 1967 1. 23./24. Januar 1967 Erste Kohlegespräche mit IG Bergbau und Energie und Unternehmensverbänden 2. 27. Januar 1967 Nach Klärung der .gemeinsamen Finanzierung zwischen dem Bund unid den Bergbauländern (2/3 ,1/3% : Inkraftsetzung des 2. Kohleverstromungsgesetzes durch Erlaß der Ausführungsbestimmungen * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht 3. 15. Februar 1967 Bundestag verabschiedet das Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei der Stillegung von Bergwerken (unter anderem Steuerbefreiungsvorschriften für ,die Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlenreviere GmbH und Regelung der Lastenausgleichsverpflichtungen der Bergwerke bei Stillegungen) 3. März 1967 Bundesrat stimmt dem Gesetz zu 11. April 1967 Verkündung des Gesetzes 4. 16. Februar 1967 Kokskohlesubvention vom Ministerrat der Montanunion beschlossen (6,80 DM Beihilfe je Tonne Kokskohle) Bundeshaushalt 1967: 140 Mio DM, Länderhaushalte Nordrhein-Westfalen und Saarland 70 Mio DM 2. Juni 1967 Vorläufige Richtlinien für die Kokskohlenbeihilfe nach Entscheidung der Hohen Behörde 5. 7. März 1967 Exportfinanzierungshilfe Krupp (300 Mio DM Bundesbürgschaft) 3. August 1967 (150 Mio DM Landesbürgschaft Nordrhein-Westfalen) 6. 13. März 1967 21. März 1967 3. Mai 1967 Gemeinsame Kohlegespräche mit Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Saarland, IG Bergbau 'und Energie, Unternehmensverbände Ruhr und Saar 7. 20. März 1967 Dreiphasenplan des Bundesministers für Wirtschaft zur Anpassung und Gesundung des Steinkohlenbergbaus und der Steinkohlenbergbaugebiete 8. 26. April 1967 Übereinkunft mit Elektrizitätswirtschaft über Kohlemehreinsatz und Heizölmindereinsatz in Kraftwerken (kurzfristiger Mehrverbrauch bis zu 2,5 Mio t Kohle jährlich) 9. 2. Mai 1967 Verschärfung der Heizölselbstbeschränkung (1967 Zuwachs bei schwerem Heizöl und Mitteldestillaten auf 3 und 4 % vereinbart; bis 30. 9. 1967 effektiv 0,2 und 3,0 %). 7. Juni 1967 Verschärfte Überprüfung .der Mineralöleinfuhr gemäß § 10 Außenwirtschaftsgesetz durch Anordnung vom 7. Juni 1967 10. 17. Mai 1967 Zusätzliche soziale Sicherungen für Bergarbeiter von Bundesregierung beschlossen: Gleichstellung der Bergmannsprämie, Abfindungsgeld (Vorwegnahme des Kohlegesundungsgesetzes, s. u. Punkt 11), Nachholschichtenregelung, Feierschichtenregelung 14. Juli 1967 Durchführungsbestimmungen für Feierschichten-. und Nachholschichtenregelung und Abfindungsgeld vom Bundesminister für Wirtschaft unterzeichnet 11. 24. Mai 1967 Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete (Kohlegesundungsgesetz) von Bundesregierung verabschiedet: a) geordnete Anpassung der Förderkapazität b) Rationalisierungseffekt durch optimale Unternehmensform, c) Abfindungsgeld für Bergarbeiter, d) 10 % Investitionsprämie für Industrieinvestitionen, e) Enteignungsmöglichkeiten für Industrielandbeschaffung 30. Juni 1967 Positive Stellungnahme des Bundesrates zum Kohlegesundungsgesetz 12. 5. Juni 1967 Antrag des Bundesministers für Wirtschaft an Hohe Behörde der Montanunion, die manifeste Krise dm Steinkohlenbergbau zu erklären 13. 15. Juli 1967 Positive Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Wirtschaft zum Kohlegesundungsgesetz 14. 19. Juli 1967 'Erste Besprechung des Bundesministers für Wirtschaft mit Fünfer-Gruppe „Rheinstahlplan". Beauftragung von Experten 'zur Prüfung von Einzelfragen 15. 10. August 1967 2. Konjunktur- und Strukturprogramm von Bundesregierung beschlossen (doppelter Bevölkerungsschlüssel für Steinkohlenreviere) 1. September 1967 Zustimmung des Bundesrates 8. September 1967 Zustimmung des Bundestages 16. 13. September 1967 Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1968 vom Kabinett verabschiedet mit 1051 Mio DM für den Steinkohlenbergbau (gegenüber 916 Mio DM Haushaltssoll 1967 und 460 Mio DM Ist 1966) (außer dem Zuschuß des Bundes zur Knappschaftlichen 'Rentenversicherung: Haushaltsansatz 1967: 2,750 Mrd. DM; 1971 gemäß mittelfristiger Finanzplanung: 3,194 Mrd. DM) 17. 27. September 1967 Kohlezollgesetz 1968, 1969 und 1970 vom Kabinett verabschiedet (Kontingent 6 Mio t jährlich, Kürzungsmöglichkeit um 20 %) 27. Oktober 1967 Stellungnahme des 'Bundesrates zum Kohlezollgesetz (fordert Streichung der Kürzungsmöglichkeit durch Bundesregierung) 2. November 1967 Bundesregierung plädiert in Gegenäußerung zur Stellungnahme des 'Bundesrates für Wiederherstellung der Regierungsvorlage 18. 29. September 1967 Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur Verlängerung der Abwicklungszeit für das Darlehens- und Bürgschaftsprogramm des Rationalisierungsverbandes des Steinkohlenbergbaus 27. Oktober 1967 Positive Stellungnahme des Bundesrates 19. seit September 1967 Bemühungen um verstärkte Lieferungen deis Steinkohlenbergbaus im innerdeutschen Handel 20. 2. Oktober 1967 Positive Stellungnahme ,des Ministerrates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Kohlegesundungsgesetz 21. 20. Oktober 1967 Der Bundesminister für Wirtschaft erklärt den Betriebsräten der Zechen Hansa und Pluto, daß keine Stillegungsprämie .an die Zecheneigentümer gezahlt werden würde 23. Oktober 1967 Unter Vorsitz 'des Bundeskanzlers 'wird in Ministergespräch beschlossen, Hansa und Pluto keine Stillegungsprämie zu gewähren 24. Oktober 1967 Stillegungsaufschub bei den Zechen Hansa und Pluto vom Vorstand ,der GBAB und Verwaltungsrat der Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlenreviere GmbH beschlossen 22. 31.Oktober 1967 Besprechungen über Neuordnung des Steinkohlenbergbaus mit IG Bergbau und Energie: „Einheitsgesellschaft" und Fünfer-Gruppe der Eigentümer: „Rheinstahlplan" Daran anschließend Erarbeitung einer Synthese der wesentlichen Neuordnungspläne Ziel: Neuordnung der Unternehmensform des Steinkohlenbergbaus möglichst schon ab 1. Januar 1968 Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordung. In dieser Debatte geht ,es um eine dauerhafte Lösung der Probleme der deutschen Steinkohle. Dieses Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 6707 Ziel hat die Bundesregierung durch Erklärung des Bun'desk'anzlers und es Bundeswirtschaftsministers proklamiert. Es ist in (dieser Debatte von den Sprechern aller Fraktionen bestätigt worden. Eine solche definitive Lösung ist weder gegen die Kräfte des Marktes noch gegen die technologische Entwicklung möglich, will man nicht unabsehbare Wachstumsverluste hinnehmen. Die Sanierung des deutschen Steinkohlenbergbaus ist nur (ein — wenn auch sehr wichtiger — Teil der uns gestellten energiepolitischen Aufgabe. Dies könnte man beinahe vergessen, wenn man die Begleitmusik hört, die vor 'Energiedebatten von Seiten der Betroffenen regelmäßig intoniert wird. Energiepolitik darf sich eben nicht in einer Kette von Hilfsaktionen für den Steinkohlenbergbau erschöpfen. Sie darf nicht zurückschauen auf das, was war — auf die großen industriellen Leistungen, die in diesem Wirtschaftszweig vollbracht worden ,sind , sondern sie muß auf (das gerichtet werden, was vor uns liegt — auf eine im Wandel begriffene Wirtschaft. Es hat wenig Sinn, in der Wissenschaftsdebatte 'die großen technologischen Perspektiven aufzuzeigen, wenn man (sie dann in der Energiedebatte ignoriert.. Diese Bundesregierung der Großen Koalition hat sich in der Regierungserklärung einer" Wirtschaftspolitik der Stabilität und des Wachstums verpflichtet. Diese Zielsetzung muß auch für die Energiepolitik gelten. Wirtschaftspolitische Eingriffe in bestimmte Teilbereiche der Wirtschaft müssen so erfolgen, daß sie auf lange Sicht gesehen wachstumsfördernd wirken. Die Erhaltung überholter Strukturen ist nur für eine kurze Übergangsfrist möglich. Die Umschichtungen bei der Energieverwendung sind nicht die Folge einer verfehlten Wirtschaftspolitik — wie es heute wieder behauptet wurde —, sondern nur ein Ausdruck der modernen technisch-wirtschaftlichen Entwicklung. Diesen Wandel können wir auch in anderen Industrieländern beobachten. Dieser Prozeß ist heute noch keineswegs abgeschlossen. Es kann durchaus sein, daß das Mineralöl in absehbarer Zeit von der Atomenergie in seiner Stellung als dominierender Wachstumsfaktor auf dem Gebiet der Energiedarbietung abgelöst wird. Diese strukturellen Veränderungen auf dem ,Energiemarkt haben nicht nur Schwierigkeiten mit sich gebracht, sondern sie sind gleichzeitig mit einem allgemeinen Aufschwung der Wirtschaft einhergegangen. Sie haben zu einer Veränderung der Standortbedingungen geführt, was sich positiv für die revierfernen Gebiete ausgewirkt hat. Man muß daher die Kohlekrise .als das sehen, was sie ist, nämlich als ein Umschichtungsvorgang in einer expansiven Wirtschaft. Wenn man aber eine expansive Wirtschaft will, dann darf man 'derartige Umschichtungsvorgänge nicht aufzuhalten versuchen und überholte Strukturen konservieren wollen. Aufgabe der Wirtschaftspolitik kann es nursein, für einen möglichst reibungslosen Verlauf dieses Umschichtungsprozesses zu sorgen. In der Debatte um den möglichen Umfang einer künftigen Kohleförderung spielt der Begriff der Versorgungssicherheit, d. h. der Eigenversorgung aus heimischen Energiequellen, eine große Rolle. Man sollte dieses Argument auf seinen rationalen Kern zurückführen. Hier ist zunächst einmal festzustellen, daß die 'deutsche Volkswirtschaft nun einmal in den Gemeinsamen Markt integriert und die Weltwirtschaft verflochten ist und daß jede Störung der internationalen Wirtschaftbeziehungen zu erheblichen Rückwirkungen auf unser Wirtschaftsleben führen würde. Es ist außerdem unbestritten, daß die Kohle den Energieverbrauch der deutschen Volkswirtschaft nicht mehr annähernd decken kann, so daß die Einfuhrabhängigkeit nicht mehr beseitigt werden kann. Ich möchte damit nicht sagen, daß man das Problem der Versorgungssicherheit völlig außer acht lassen soll. Im Gegenteil! Diese ist nur durch eine Fülle von Maßnahmen sicherzustellen. Sie liegt mindestens ebenso stark in (einer Diversifikation der Öleinfuhren und in einem gesteigerten Tempo des Ausbaus der Kernenergieerzeugung wie in der Erhaltung .einer bestimmten Kapazität des deutschen Steinkohlenbergbaus. Das Ziel der Hilfsmaßnahmen für die Kohle — oft versprochen, aber bisher noch nicht verwirklicht — muß daher sein die Anpassung des Steinkohlenbergbaus an die veränderten und sich verändernden Verhältnisse. Dies kann nicht geschehen durch die Garantie einer Quote am Gesamtenergieverbrauch oder die Setzung neuer Orientierungdaten, die nur allzu rasch durch die wirtschaftliche Entwicklung üiberhol.t werden können und dann weniger zur Orientierung der unternehmerischen Entscheidungen als zur Deroutierung des Marktes beitragen. Es darf daher keine starre Förderungsgrenze gesetzt werden, sondern es muß ein flexibles Anpassungsmodell gewählt werden, in dem die Veränderung der Nachfrage, die Kostensituation der Zechen, die für die Stützung des Kohleabsatzes verfügbaren Finanzmittel der öffentlichen Hand und die Möglichkeit der Beschaffung von Ersatzarbeitsplätzen entsprechend berücksichtigt werden. In der letzten Zeit ist hin und wieder die Behauptung aufgestellt worden — so u. a. vom früheren Vorsitzenden des Unternehmensverbands Ruhrbergbau Dr. Burckhardt —, es sei eine Illusion, an eine Wettbewerbsfähigkeit der Kohle gegenüber den anderen Energieträgern zu glauben. Ob diese Behauptung zutrifft, kann heute nicht gesagt werden. Es wird eine der ersten Aufgaben des Kohlebeauftragten oder einer Kohlebehörde sein, Klarheit in die Kostenverhältnisse des Bergbaus zu bringen und die daraus erforderlichen Schlüsse zu ziehen. Wenn es sich (aber herausstellen sollte, daß kein wettbewerbsfähiger Kern vorhanden ist — woran ich nicht glauben kann —, dann würde dies wohl bedeuten, daß ein Ende der Zechenstillegungen nicht absehbar wäre, denn keine Volkswirtschaft kann es sich leisten, für einen ganzen Wirtschaftszweig auf unbegrenzte Zeit Erhaltungssubventionen zu zahlen. Lassen Sie mich — nach diesen Vorbemerkungen einiges zu den Vorlagen sagen, die wir heute in erster Lesung beraten. Das Kernstück der von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfe ist das Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete. De. Entwurf zielt konsequent auf die Beseitigung der Ursachen der Kohle- 6708 Deutscher Bundestau — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 krise ab, .einerseits durch Anpassungshilfen für den Kohlenbergbau, andereseits durch Schaffung der Instrumente für eine aktive Umstellungspolitik in den Steinkohlenbergbaugebieten. Es ist ein Gesetz für die Kohle, aber auch unter voller Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Aspekte der Energie- und Strukturpolitik. Es hält sich bewußt im ordnungspolitischen Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Es zielt auf die Sache ab, nämlich auf eine rasche und erfolgreiche Umstrukturierung an Ruhr und Saar. Es verspricht eine wirksame, aber für die Betroffenen möglicherweise bittere Medizin. Das mag für diejenigen enttäuschend sein, die ein Trostpflaster in Gestalt eines warmen Regens neuer Subventionen erwartet haben, ohne die Verpflichtung, im eigenen Haus Ordnung zu machen. Wir bejahen die fortschrittliche Konzeption dieses Gesetzes. Wir verfolgen daher auch mit Sorge die Absichten derjenigen, die den Entwurf des Kohleanpassungsgesetzes auf den Status einer Diskussionsgrundlage hinunterspielen wollen. Sicher wird in der Ausschußberatung einiges geändert werden 'können oder müssen. Wir werden aber darauf achten, daß der Entwurf nur verbessert und nicht verwässert wird. In der vorparlamentarischen Diskussion wurde 'die Forderung erhoben, daß der Entwurf durch eine unternehmenspolitische Lösung, d. h. durch eine Neuordnung der Unternehmensstruktur an der Ruhr ergänzt werden müsse. Dazu ist zunächst festzustellen, daß eine Neuordnung der Unternehmensstruktur durchaus mit dem Kohleanpassungsgesetz vereinbar ist. Es dürfte auch unbestreitbar sein, daß eine Zusammenfassung .der etwa 30 im Steinkohlenberbau tätigen Gesellschaften in leistungsfähigeren Unternehmenseinheiten oder in einer Einheitsgesellschaft nützlich ist. Man sollte die Formel von 'der Ergänzungsbedürftigkeit des Gesetzes in Klartext übersetzen. Es werden nämlich von seiten der Zecheneigentümer Fordederungen an die öffentliche Hand herangetragen, den an sich wünschenswerten Zusammenschluß durch öffentliche Garantien und steuerliche Maßnahmen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Ob eine derartige Hilfestellung vertretbar und geboten ist, kann erst entschieden werden, wenn alle Einzelheiten und Modalitäten kritisch geprüft sind. Bei der Prüfung dieser Frage ist folgendes zu berücksichtigen: 1. Das Ziel muß die Schaffung einer leistungsfähigen Gesellschaft sein, die auf erwerbswirtschaftlicher Grundlage arbeiten, d. h. längerfristig eine Rendite abwerfen kann. Die Wirtschaftlichkeit der Einheitsgesellschaft wind davon abhängen, wie die eingebrachten Vermögensteile bewertet und in welcher Weise die Liefervorrechte der Altgesellschaften übernommen werden. 2. Nicht nur 'bei der Produktion, sondern auch beim Absatz muß der höchstmögliche Rationalisierungseffekt erzielt werden; d. h. die Absatzorganisation muß gestrafft und die Verkaufspolitik beweglicher gestaltet werden. 3. Es müssen institutionelle Sicherungen eingebaut werden, daß die Geschäftspolitik der Einheitsgesellschaft auch zu einer raschen Sanierung des Kohlenbergbaus führt. Die Einheitsgesellschaft darf kein Massengrab für vom Staat getragene Riesenverluste werden. 4. Die dem Bund aus den Hilfsmaßnahmen für die Kohle entstehende finanzielle Gesamtbelastung muß in irgendeiner Form begrenzt werden. Die Übernahme von Verpflichtungen auf einen Zeitraum von 20 Jahren erscheint in diesem Zusammenhang äußerst bedenklich. 5. Die öffentliche Hand kann nur die Kompensation von Nachteilen übernehmen, die durch politische Entscheidungen, etwa durch eine Verzögerung von Stillegungen aus strukturpolitischen Gründen, entstehen. Eine Garantie gegen die Entwertung von Realkapital durch die wirtschaftliche Entwicklung kann die öffentliche Hand auf keinen Fall übernehmen. Die Hinnahme einer Entwertung von Produktionsanlagen ist ein wesentlicher Bestandteil des unternehmerischen Risikos. Würde die öffentliche Hand den Unternehmern dieses Risiko abnehmen, so würde das Schlagwort von der Sozialisierung der Verluste eine fatale Bestätigung finden. Wenn man die Marktwirtschaft bejaht, dann muß man auch die Risiken des Marktes auf sich nehmen und tragen. Der Zusammenschluß der Bergwerksgesellschaften des Ruhrgebiets zu größeren Einheiten oder zu einer einzigen Betriebsführungsgesellschaft allein kann die Ertragslage des Bergbaus noch nicht bessern. Er kann aber den Rahmen für eine Rationalisierung der Förderung und damit für ein e entscheidende Kostensenkung bieten. Es sollte noch geprüft werden, ob nicht der Grundgedanke des Walsum-Planes in diese Überlegungen mit eingebaut werden könnte, nämlich daß ein interner Wettbewerb um die Einlieferungsmengen für den gemeinsamen Verkaufsapparat entsteht. Das zentrale politische und wirtschaftliche Problem ist die Verzahnung der geplanten Stillegungsmaßnahmen mit der Beschaffung neuer Arbeitsplätze. Die schlagartige Freisetzung einer großen Zahl von Arbeitskräften dürfte weder sozial zu vertreten noch regionalwirtschaftlich zu verkraften sein. Dies darf aber nicht dazu führen, daß der Plan, in den nächsten drei Jahren eine technische. Kapazität von mindestens 30 Millionen Jahrestonnen stillzulegen, fallengelassen oder in die Länge gezogen wird. Wenn es nicht gelingt, durch eine schnelle Stillegung der überschüssigen Kapazität die absinkende Nachfrage einzuholen, dann ist die Sanierung des Steinkohlenbergbaus gescheitert, dann sind die Milliarden an Steuermitteln vergeudet, und die Enttäuschung der Menschen an der Ruhr wird gefährliche Ausmaße annehmen. Die Verlangsamung des Stillegungsprozesses wäre daher eine ökonomische und politische Torheit. Aus dieser Situation gibt es nur einen Ausweg, nämlich die Beschleunigung der Anstrengungen zur Schaffung neuer Arbeitskräfte durch Erweiterung bestehender oder durch Errichtung neuer Anlagen in einer gemeinsamen Anstrengung von Wirtschaft, Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 6709 Bund und Land. Wir hoffen, daß der für das nächste Jahr erwartete Konjunkturaufschwung diese Aufgabe erleichtern wird. Ich kann mir allerdings in diesem Zusammenhang den Hinweis nicht versagen, daß sich heute rächt, daß man man in der Vergangenheit einige Großprojekte der Industrieansiedlung an Grundstücksschwierigkeiten scheitern ließ. Die Umstellung des Ruhr- und Saargebietes von einer Monostruktur zu einer ausgewogenen Industrielandschaft mit einem angemessenen Anteil an Wachstumsindustrien rechtfertigt ein großzügiges Engagement der öffentlichen Hand in Form von speziellen Investitionsanreizen. Angesichts des steigenden Kapitalbedarfs pro Arbeitsplatz handelt es sich um die Umschichtung bzw. den Neueinsatz großer Kapitalien. Man sollte aber das Ausmaß der Freisetzungen nicht dramatisieren. Nach 1945 sind schon Umschichtungsprozesse weit größeren Umfangs unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen gemeistert worden. Bei dieser Umstrukturierungsaktion kann allerdings nicht völlig außer acht gelassen werden, daß. es auch in anderen Teilen der Bundesrepublik regionale und sektorale Strukturprobleme gibt, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Ich darf daran erinnern, daß die höchsten relativen Arbeitslosenzahlen nicht im Ruhrgebiet, sondern in den strukturschwachen Gebieten des Bayerischen Waldes und der Oberpfalz zu verzeichnen sind. Unser Ziel ist eine ausgewogene und flexible Industriestruktur in allen Teilen der Bundesrepublik. Neben positiven Maßnahmen der Strukturpolitik hat sich die Abwanderung immer wieder als ein gewisses Regulativ erwiesen. Wenn die Bevölkerungszahl des Ruhrgebiets in der letzten Zeit leicht zurückgegangen ist, so kann ich darin noch kein nationales Unglück oder ein Alarmzeichen sehen, sondern dies ist eine Erscheinung, die in gewissen Grenzen durchaus geeignet ist, zur Lösung der Strukturprobleme beizutragen. Die Fragen der Strukturpolitik können nicht losgelöst von sozialpolitischen Fragen behandelt werden. Ich möchte hierzu nur noch wenige Bemerkungen machen. Der Beruf des Bergarbeiters ist hoch spezialisiert. Der Übergang in einen anderen Beruf begegnet einer Reihe von psychologischen und technischen Hindernissen. Er ist oft mit Einkommensminderung verbunden. Die Hilfe der Gemeinschaft sollte in erster Linie darauf ausgerichtet werden, die Eingliederung des freigesetzten Bergarbeiters in einen neuen Industriezweig derart zu fördern, daß mit dem Berufswechsel kein sozialer Abstieg verbunden ist. Deshalb sollten die Hilfen für die Umschulung vermehrt und verbessert werden. Die Verwendung öffentlicher Mittel für eine situationsgerechte Umschulungshilfe hat m. E. Vorrang vor der Zahlung eines Abfindungsgeldes. In der jetzt vorgesehenen Konstruktion stellt das Abfindungsgeld eine Kompensation für den verlorenen Arbeitsplatz dar. Dem Arbeiter wäre wohl besser gedient, wenn diese öffentlichen Mittel dazu verwandt werden würden, seine beruflichen Chancen in der Zukunft zu verbessern. Die Freisetzung von Arbeitskräften ist übrigens kein spezielles Problem des Bergbaus. Die vielen 100 000 Landarbeiter und Kleinbauern, die ihre Heimat wegen Mangels an auskömmlichen Arbeitsgelegenheiten verlassen mußten, werden sich fragen, warum sie keine Abfindung bekommen haben. Dieselben Fragen werden z. B. die Arbeiter stellen, die durch die Strukturwandlungen der Textilindustrie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Im Zuge der technologischen Entwicklung der nächsten Jahrzehnte müssen wir mit einer Kette solcher Freisetzungen rechnen. Damit gewinnt aber dieses Problem eine unübersehbare finanzielle und gesellschaftspolitische Dimension. Beim Abfindungsgeld wie bei einer eventuellen Pachtgarantie für die Zecheneigentümer müssen wir an die möglichen Konsequenzen und Berufungsfälle denken. Der Bundeswirtschaftsminister hat angekündigt, daß der Rückzug der Kohle durch zeitlich begrenzte flankierende Maßnahmen abgesichert werden soll. Bis jetzt sind wir noch nicht davon überzeugt, daß eine Absicherung durch zusätzliche restriktive Maßnahmen auf dem Mineralölsektor notwendig ist. U. E. könnte höchstenfalls für eine eng begrenzte Übergangszeit eine Verschärfung der Selbstbeschränkung der Mineralölgesellschaften ins Auge gefaßt werden. Eine Erhöhung der Heizölsteuer — wie sie die SPD gestern gefordert hat — wird von uns unter keinen Umständen hingenommen werden. Sie würde nur dem Verbraucher neue Belastungen aufbürden, ohne die Absatzmöglichkeiten des Bergbaus zu verbessern. Trotz aller Unkenrufe von seiten des Bergbaus können wir mit Befriedigung feststellen, daß die Selbstbeschränkung in den letzten Jahren sich als ein funktionsfähiges Instrument erwiesen hat. Wie das Beispiel der Heizölsteuer zeigt, haben derartige Übergangsregelungen ein zähes Leben. Den Versicherungen, daß es sich um befristete Maßnahmen handelt, muß man mit einer gewissen Skepsis begegnen. Schließlich sollte man nicht übersehen, daß in den letzten Jahren eine breite Palette von Schutzmaßnahmen für die Kohle geschaffen worden ist, von der Einführung des Kohlezolls angefangen bis zur Lizenzierung der Ölimporte. Einschließlich der Zuwendungen an die Knappschaftsversicherung und des Gegenwerts der Steuervergünstigungen machen sie im Jahre 1967 eine Hauhaltsbelastung von ca. 4 Milliarden DM aus. Die Ausgaben haben steigende Tendenz. Die Energiepolitik des Bundes wird somit zu einer schwerwiegenden finanziellen Dauerbelastung. Wir begrüßen es, daß in der Zwischenzeit die Bedeutung der Energiekosten für die Wirtschaft, insbesondere für die internationale Wettbewerbsfähigkeit, besser anerkannt worden ist. Zur Verbreitung dieser Erkenntnisse dürfte wohl auch die Abwanderung großer Betriebe der Grundstoffchemie und der Stahlindustrie nach Belgien und Holland beigetragen haben. Die Bedeutung der Energiekosten kann man allerdings nicht an der Durchschnittszahl von 4,2 % der Energiekosten am gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktionswert ermessen. Der Anteil in den einzelnen Industrie- 6710 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1967 zweigen ist nämlich sehr unterschiedlich. So beträgt er nach den Unterlagen der EWG-Statistik in der Petrochemie 17,0 %, in der Industrie der Steine und Erden 14,4 %; in der Stahlindustrie ist der Anteil der Energiekosten mit 20,9 % höher als der der Personalkosten mit 16,9 %. Im Hinblick auf die Automation kommt den Energiekosten in allen Industriezweigen steigende Bedeutung zu. Das Beispiel Bayern zeigt, wie durch die Heranführung neuer Primärenergien, durch den Aufbau des Ölzentrums Ingolstadt die wirtschaftliche Entwicklung günstig beeinflußt werden konnte. Dies war allerdings nicht ein Ergebnis der Wirtschaftspolitik auf Bundesebene, sondern im wesentlichen das Verdienst des bayerischen Wirtschaftsministers Dr. Otto Schedl, der heute wegen einer Erkrankung nicht von der Bundesratsbank aus diese Debatte verfolgen kann. Allein dieses Beispiel zeigt, wie fruchtbar die Betätigung der Länder auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik sein kann. Diese positiven Auswirkungen der Bereitstellung neuer Primärenergiequellen für die revierfernen Gebiete dürfen durch die Hilfsmaßnahmen für die Kohle nicht aufs Spiel gesetzt werden. Am 4. November 1959 — vor genau 8 Jahren — hat der damalige Bundeswirtschaftsminister Prof. Dr. Ludwig Erhard von dieser Stelle aus erklärt: „Die Heizölsteuer und der Kohlezoll haben nur dann einen Sinn und können wirtschaftspolitisch verantwortet werden, wenn der Bergbau die ihm zugestandene Anpassungsfrist voll nutzt." Heute müssen wir uns im wesentlichen mit den gleichen Problemen auseinandersetzen wie damals; mit einem Unterschied: sie sind noch wesentlich schwieriger, und ihre definitive Lösung ist noch teurer geworden. Weil man an der Ruhr auf die jahrzehntelange Routine im Umgang mit der politischen Macht, die Wirkung der Pression auf Parlament und Regierung vertraute, unterließ man die rechtzeitige Anpassung an die veränderten Marktverhältnisse. Im Interesse einer weiteren gesunden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft wird dem Steinkohlenbergbau heute noch einmal eine Chance geboten. Wir hoffen, daß sie dieses Mal wahrgenommen wird. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 26. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/2188 Frage 15) : Welches ist der gegenwärtige Stand in der Frage der Grenzöffnungen zur CSSR bei Bayerisch Eisenstein und an anderen Stellen der bayerisch-tschechoslowakischen Grenze? Wie sich bei den zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Außenhandelsministerium der CSSR geführten Zollgesprächen ergeben hat, beabsichtigt die tschechoslowakische Seite, den Straßenübergang Bayerisch-Eisenstein im Sommer 1969 wieder zu öffnen. Bei weiterem Ansteigen des grenzüberschreitenden Verkehrs kann zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch frühestens im Jahre 1970 auch mit der Öffnung der Straßenübergänge bei Mähring und Philippsreuth gerechnet werden. Darüber hinaus hat die tschechoslowakische Seite ihr grundsätzliches Einverständnis für die Wiederaufnahme des Reisezugverkehrs über Bayerisch-Eisenstein oder Furth i. W. zu erkennen gegeben, sofern die beiderseitigen Eisenbahnverwaltungen die Rentabilität der Bahnlinien bejahen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 31. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/2188 Frage 19) : Ist die Bundesregierung bereit, den Erlaß des Bundesinnenministeriums vom 31. Juli 1967 betreffend die Auslagenerstattung für den Erwerb von Führerscheinen durch Beamte, die an ausländischen Dienstorten tätig sind, so zu ändern, daß diesbezügliche Ausgaben, die in der Zeit vom 3. Juli 1964 bis 31. Juli 1966 entstanden sind, erstattet werden können? Nach der Verordnung über die Umzugskostenvergütung bei Auslandsumzügen vom 20. Juli 1966 können die Auslagen für den Erwerb eines am ausländischen Dienstort vorgeschriebenen ausländischen Führerscheines unter bestimmten Voraussetzungen erstattet werden. Mit dem Rundschreiben vom 31. Juli 1967 habe ich zugelassen, daß diese Regelung auch bei Umzügen nach grenznahen Auslandsdienstorten angewandt wird, obwohl die Verordnung für sie nicht gilt. Da die genannte Verordnung am .1. August 1966 in Kraft getreten ist, habe ich im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung bestimmt, daß das Rundschreiben von demselben Zeitpunkt an gilt. Für eine weiter rückwirkende Anwendung der Regelung sehe ich keine Möglichkeit. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers von Hassel vom 8. November 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Richter (Drucksache V/2236 Frage 12) : Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend der Empfehlung 505 (1967) der Beratenden Versammlung des Europarates das Protokoll zur Rechtsstellung von 1951 über den Status der Flüchtlinge zu ratifizieren? Der Entwurf eines Vertragsgesetzes hat bereits dem Auswärtigen Amt zur Stellungnahme vorgelegen und wird demnächst dem Bundeskabinett zugeleitet werden. Zur materiellen Seite darf ich bemerken, daß die durch das Protokoll neu erfaßten Personen in der Bundesrepublik Deutschland bereits auf Grund des § 28 des Ausländergesetzes vom 28. 4. 1965 (BGBl. I S. 353) asylberechtigt sind. Da es aber erwünscht ist, daß das Protokoll von möglichst vielen Staaten in der Welt angenommen wird, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß ihm auch die Bundesrepublik Deutschland beitritt.
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Dr. Rainer Barzel


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

      Herr Kollege Schmidt, ich werde nachher auf das französische Problem im Zusammenhang eingehen. Ich hoffe, daß ich Ihrer Frage nicht etwa einen weiteren Vorwurf entnehmen muß, daß hier die nationalen Dinge der Vorsorge nicht genügend berücksichtigt worden seien.

      (Zurufe von der SPD.)

      Immerhin ist es durch die vielen Maßnahmen, über die wir hier gleich sprechen werden, doch im Laufe der letzten Jahre gelungen, eine von vielen über lange Zeit als imaginär bezeichnete Fördermenge von 140 Millionen t zu erreichen, während in anderen Ländern der Rückgang schon sehr viel früher einsetzte. Ich werde aber nachher noch auf diese Frage zurückkommen, weil ich einige Dinge aus anderen Ländern eben wegen dieses Diskussionsbeitrages in unsere Antwort einbeziehen möchte.
      Zunächst noch ein Drittes zu dieser Diskussion. Ich habe bisher — ich sage: zu meiner Freude — von niemandem gehört, daß er einen Antrag stellen wolle, die flankierenden Maßnahmen — wie der Herr Bundeswirtschaftsminister das nennt etwa durch eine Erhöhung der Heizölsteuer zu perfektionieren. Das ist bisher nicht beantragt worden. Vorher gab es Andeutungen in der Presse. Man muß das festhalten, was hier gesagt worden ist.
      Nun muß ich aber doch noch ein Wort an den Herrn Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen sagen, leider auch ein kritisches Wort. Aber wir kennen ihn von früher als einen streitbaren Kollegen und wir haben gerade festgestellt, daß er -was sein gutes Recht ist — das in Düsseldorf natürlich nicht verlernt hat. Da ist gesagt worden: „Alles Versäumnisse"! Da ist gesagt worden — dies ist dann Herr Schmidt —: „In den letzten zehn Jahren falsche Energiepolitik"! Oder gar: „In den letzten sieben Jahren dumme Politik" !, usw. usw. Meine Damen und Herren, machen wir das ganz sachlich. Ich habe vorher von einem Irrtum gesprochen, den das ganze Haus eingesehen hat. Heute sind wir alle klüger. Ich frage deshalb ganz konkret: Was an den gegenwärtigen Maßnahmen, die doch die Folge dieser langen Politik sind, ist so falsch, daß wir es ändern wollen? Welche Position des Haushalts bietet sich dann z. B. zum Streichen an, oder zu welchen Gesetzen will man heute die Zustimmung, die in den letzten Jahren erteilt worden ist, zurückziehen? Das muß man doch fragen. Sicher kann man manches anmerken, auch Kritisches. Wie sollte es anders sein, wenn Menschen zehn Jahre in einer so schwierigen Frage arbeiten, sich mit einem Problem beschäftigen, das in der ganzen Welt eine Rolle spielt. Aber ich meine, eins sollte niemand, weder direkt noch indirekt noch im Zwischenton, hier kritisch anmerken: keiner sollte den Mehrheiten, die bis zum vergangenen Oktober die
      Energiepolitik vorwiegend verantwortet haben, den guten Willen und ihr Engagement zugunsten des Kumpels absprechen oder abzusprechen suchen. Das sollte niemand versuchen.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Wie sind denn die Realitäten? Ich will hier nicht die einzelnen Positionen durchgehen. Lassen Sie mich nur die Endsummen nennen. Im Jahre 1966 haben wir aus Bundeshaushaltsmitteln 2,787 Milliarden DM für den Bergbau beigetragen. Hinzuzuzählen sind Steuerbegünstigungen von 562 Millionen DM. Im Jahre 1967 tragen wir aus Bundeshaushaltsmitteln für Bergbaufragen 3,659 Milliarden DM bei. Im nächsten Jahr werden es 3,819 Milliarden DM sein, eine gewaltige Solidarleistung des gesamten Volkes für einen von uns allen als wichtig angesehenen Teil unserer Volkswirtschaft.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Meine Damen und Herren, wir haben uns in den letzten Jahren bemüht, ein gutes Stück Absatz in Deutschland zu sichern und zu garantieren. War das falsch?
      War es etwa falsch, daß wir uns hier vorgenommen und zum Teil mit gesetzlichem Zwang erreicht haben: die Förderung der Verwendung von Kohle in Kraftwerken, die Stabilisierung des Absatzes von Kokskohle und Hochofenkoks in den Eisen- und Stahlwerken, die Förderung des Baus von Heizwerken, die Frachthilfe für Kohlentransporte, die mengenmäßige Beschränkung der Kohleneinfuhr und den Kohlenzoll, die Hilfen für die Rationalisierung und Stillegung von Zechen, die Heizölsteuer, die Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft beim Heizölabsatz und umfangreiche soziale Maßnahmen für die von Stillegungen und Feierschichten betroffenen Bergleute? Ich nehme nicht an, daß einer das ändern möchte. So frage ich, was hier falsch war und so schrecklich „dumm" in den letzten zehn Jahren, meine Damen und meine Herren.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Nun möchte ich ein Wort an Sie, Herr Ministerpräsident Kühn, sagen. Zunächst auch hier das nette: Ich bedanke mich natürlich, daß Sie zweimal so freundlich waren, mich zu zitieren. Das kann aber nicht vergessen machen, daß es aus unserer Sicht weniger gut war, hier von „zehnjährigen Versäumnissen" — so Ihre Formulierung — zu sprechen. Herr Kollege Kühn, ich habe Ihnen sorgsam zugehört und manchen konstruktiven Gedanken bei Ihnen gefunden, aber auch manchen Vorschlag, der weit über alles hinausgeht, was hier im Hause erwogen wird. Dazu wird der Herr Bundeswirtschaftsminister sicher sprechen.
      Aber ich habe Ihnen nicht nur heute genau zugehört, sondern auch im vergangenen Jahr. Im Sommer vergangenen Jahres, Herr Kollege Kühn, war doch viel die Rede von Kohle und von Ruhr, und später habe ich dann etwas mehr von Schule und von Gebietsreform von Ihnen aus Düsseldorf gehört, meine Damen und Herren.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)




      Dr. Barzel
      Das wird man doch in aller Höflichkeit hier noch festhalten dürfen. Ich möchte ganz allgemein sagen: manch einer, der jetzt bedauert, wegen der Gefahr von Radikalisierung eine Suppe mit auslöffeln zu müssen, wird bei diesem Auslöffeln manches Salz auf der Zunge spüren, das er vielleicht früher selbst in diese Suppe getan hat.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Ich muß auch noch ein Wort — wie könnte es anders sein — an die Opposition sagen. Es wäre ja schrecklich, Herr Zoglmann, wenn ich das nicht täte; es ist ja in Ihrem Interesse, daß ich Sie erwähne. Nun, ich finde es pikant, daß ausgerechnet ein Kollege der Freien Demokratischen Partei bis zu dieser Stunde der Debatte der einzige war, der ein Förderziel, also eine quantitativ-planerische Aussage für die Ruhrkohle, gefordert hat. Das, meine Damen und Heren, wollte ich nur festhalten. Ich glaube, wir haben uns alle verstanden.
      Meine Damen und Herren, ich möchte dann zu einer zweiten Abteilung kommen, zu den Ergänzungen und zu ein paar Zusammenhängen, die aus unserer Sicht in dieser ersten Lesung anzusprechen notwendig erscheint.
      Es ist viel über die Gründe für den Absatzrückgang gesprochen worden, auch von Herrn Ministerpräsident Kühn. Aber es ist nur die Hälfte der ganzen Erkenntnis, wenn man nur vom Zuwachsen von 01 und von Importen spricht, wenn man nicht etwa auch die technische Entwicklung als eine Mitursache der Kohleprobleme überall in der Welt betrachtet.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Meine Damen und Herren, es gibt eine Tendenz — wenn wir schon den Blick in die Zukunft wenden; und ich glaube, Herr Kühn hat das an manchen Punkten sehr gut getan —, die man so formulieren kann: Immer weniger Bergleute werden auch bei uns immer mehr Kohle fördern.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Das ist eine Tendenz. Die muß man sehen. Man muß außerdem sehen, daß auch der Ausnutzungsgrad je Wärmeeinheit, der Grad der Ausnutzung der Kohle beim Abnehmer, ansteigt. Wir haben es also auch mit ein paar technischen Entwicklungen zu tun.
      Meine Damen und Herren, die Zahlen über den Bergbau sind genannt. Ich will das hier nicht wiederholen. Aber ich meine, man sollte im Ausschuß viele Anregungen aufnehmen, die hier geäußert worden sind, etwa die — es ist noch eine Anregung, die uns Herr Kollege Otto Schmidt intern gegeben hat, die ich gern aufgreife —, daß man einmal versuchen sollte, das Problem nicht nur aus der Isolation auf das Kohleproblem zu lösen, sondern die Energiepolitik insgesamt zu sehen, aber auch die Strukturpolitik insgesamt und die Konjunkturpolitik insgesamt. Denn alles das darf man nicht in Scheibchen zerschneiden; sonst kommt, glaube ich, nichts Gutes dabei heraus.

      (Zuruf von der SPD: Späte Erkenntnis!)

      Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir noch eine Zahl — ich habe auf die anderen verzichtet —, und diese Zahl ist für unser Haus wichtig, wenn wir hier entscheiden werden. Wir haben von verschiedenen Sprechern gehört, daß wir über 270 000 Bergarbeiter weniger haben — „Beschäftigte im Bergbau" muß man sagen, nicht nur Untertagearbeiter — und daß wir über 80 Zechen schon geschlossen haben. Das wirkt sich für uns als die Verantwortlichen für die Bundesfinanzen natürlich aus. Ich möchte deshalb aus dem letzten Sozialbericht der Bundesregierung zwei Zahlen nur sagen, weil sie in die Debatte gehören: über das Verhältnis der Beiträge zu den Zuschüssen in der knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Jahre 1957 betrugen die Beitragseinnahmen 960 Millionen, die Zuschüsse 679 Millionen. Im Jahre 1967 betrugen die Beitragseinnahmen 1 Milliarde, die Zuschüsse 2,781 Milliarden.

      (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

      Das sind Zahlen, die muß man würdigen und anerkennen. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sollten eigentlich alle Steuerzahler empfinden wie wir, daß man hier nicht von „Versäumnissen" im Sinne von „zu wenig getan" sprechen sollte.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Die Realität gebietet uns, hier niemandem etwas vorzumachen. Kurzfristig ist auch durch das, was wir jetzt tun müssen, für den Bundeshaushalt eine Entlastung wohl kaum zu erwarten. Oder irre ich in dieser Frage? Herr Leicht und Herr Schiller sollten uns darauf auch eine ganz klare Antwort geben.
      Nun möchte ich ein paar Daten nur über andere Länder sagen, weil das heute eine Rolle gespielt hat. Wir wissen sicherlich alle, daß jeder Vergleich schwierig ist, einmal, weil nicht Kohle gleich Kohle ist — nach der Art, dem Umfang und der Qualität —, zum andern, da ,die geologischen Bedingungen überall unterschiedlich sind — wir gehen 1000 Meter unter die Erde, die Amerikaner 50 und 100 Meter —, und daß natürlich auch ,die Verwendung und die Verkehrswege hierfür eine Rolle spielen.
      Ich möchte aber noch ein Wort sagen, weil das draußen im Land eine Rolle spielt, aber auch hier. In unserem Nachbarland Belgien ist dieselbe Entwicklung wie bei uns festzustellen. Es gibt einen Absatzrückgang, bewirkt durch andere Energieträger, durch preiswertere US-Kohle. Die Förderung betrug 1957 29 Millionen t. Sie ist zurückgegangen auf 17,5 Millionen t im Jahre 1966 und soll bis 1970 auf 12 Millionen t zurückgenommen werden. Die Zahl ,der Schachtanlagen dort betrug 1957 120 und 1966 45. Ich meine, das muß man wissen, wenn man in Deutschland diese Dinge diskutiert.
      In Frankreich — verstaatlichter Bergbau — haben wir ähnliche Erscheinungen: seit 1960 eine Förderungsrücknahme um 1 Million t je Jahr; Schachtanlagen 1957 108 an der Zahl, 1966 64 an der Zahl.
      In Großbritannien ist die Lage ebenfalls gekennzeichnet durch einen Absatzrückgang: Förderung 1966 177 Millionen t, Förderziel für 1970 155 Millionen t.
      Der Kohlenabsatz in den Niederlanden ist rückläufig: die Förderung 1966 betrug 10 Millionen t, das Förderziel 1970 5,4 Millionen t.



      Dr. Barzel
      Ausweitung der Kapazität dagegen gibt es in den USA und in Teilen Kanadas,

      (Zuruf)

      wo wegen des Tagebaus — ich danke für Ihren Zuruf — .die Kohle nicht nur als wettbewerbsfähig gilt, sondern es tatsächlich ist — auch gegenüber dem Öl, auch gegenüber .der Kernenergie —, und dies ohne staatliche Hilfe.
      Es schien uns wichtig zu sein, ein paar dieser Gründe für den Absatzrückgang darzutun und das auch aus unserer Sicht noch einmal zu sagen.
      Wir stimmen Ihnen gern zu, wenn Sie den Dank an ,die Bergarbeiter aussprechen, Herr Kollege Kühn. Ich glaube, daß kein Grund für den Absatzrückgang etwa zu finden ist im Mangel an Fleiß oder in fehlender Qualität der Arbeit unserer Bergleute; im Gegenteil ist da der Anstieg .der Förderziffer je Mann und je Schicht.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Meine Damen und Herren, hier ist viel von Ruhr und Saar und Emscher gesprochen worden. Ich bin eigentlich glücklich darüber, daß das hier geschehen ist; denn in der Vordebatte draußen konnte manchmal der Eindruck entstehen, als würde man vor lauter Plänen den Kumpel nicht mehr sehen und vor lauter wirtschaftlichen Überlegungen und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen und vor Zahlen und strukturellen Dingen und Statistiken sowie finanziellen Rücksichten übersehen, daß es um den Menschen geht, um Menschen — ich möchte das hier für die Saar wie für die Ruhr und für die Emscher sagen —, denen wir etwas schuldig sind.
      Für die Saar haben Sie, Herr Röder, etwas Politisches angedeutet, was wir nie vergessen wollen und nie vergessen werden. Meine Damen und Herren, Sie müssen es einem Mann erlauben, der seine ersten politischen Schritte mit Karl Arnold machen durfte, daran zu erinnern, wie uns damals aus allen deutschen Ländern die Bitten erreichten: Liebe Kumpels an der Ruhr, krempelt eure Ärmel auf und geht noch eine Stunde und auch mal zum Wochenende in den Pütt, sonst kriegen wir keinen Wiederaufbau! Und, meine Damen und Herren, sie haben es getan.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Heute, nachdem nun der Wiederaufbau zu Ende ist und dort eine Schwierigkeit entstanden ist, haben diese Menschen eine einzige Bitte an uns, nämlich: Denkt bei allen Notwendigkeiten, denen wir uns nicht verschließen und denen wir uns auch nicht verschließen wollen, daran, daß wir nicht gesund bleiben können, wenn wir eine zu große Zahl potentiell Kranker haben, daß durch Ansteckung alle krank werden können. Sie wissen, was notwendig ist, aber sie bitten eben: Tut das Notwendige so, daß wir sehen, wohin die Reise morgen geht, eröffnet uns eine Perspektive und erleichtert uns das, was heute und morgen notwendig ist, durch klare soziale Absicherung. Ich glaube, diesem Wunsch sollte man entsprechen; ich sehe das in dem Programm der Bundesregierung bestätigt.
      Ich will aber einen Schritt weitergehen. Wenn wir über Kohle sprechen, merken wir nicht nur aus den Zahlen und aus anderen Bereichen, daß wir hier nicht nur in der Solidarität der Steuerzahler als Nation angesprochen sind. Ich möchte deshalb diese Debatte dazu benutzen, den Teil der deutschen Industrie, der durch das Oel als Rohstoff und als Energiequelle besondere Vorteile gezogen hat, zu ermuntern, seine Solidarität zu beweisen, indem gerade er nun an der Ruhr investiert.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Ich glaube, das wäre ein Solidaritätsakt; diese Industrie sollte sich verpflichtet fühlen, durch eine solche Handlung das Investitionsklima an der Ruhr zu verbessern und Voraussetzungen zu schaffen.
      Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schiller, Herr Schmidt und andere haben viel von Infrastruktur gesprochen, von einer neuen Situation für Ruhr, Emscher und Saar; dem kann man nur zustimmen. Ich möchte neben den Verpflichtungen des Bundes und der Länder noch einen Akzent hinzusetzen: ich glaube, daß sich auch die Nürnberger Anstalt diesem Gemeinsamen nicht verschließen sollte und hier, meine Freunde, eine Aufgabe sehen sollte, durch konstruktive Vorsorge vielleicht das spätere Auszahlen zu vermeiden.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Wir sind noch den vielen Mitbürgern in Deutschland ein Wort schuldig, die auch Strukturprobleme haben und nun sagen: Was geschieht dort alles an der Ruhr? Wir können es uns nicht so einfach machen, daß wir sagen, das Problem an Ruhr und Saar sei eben gekennzeichnet, was richtig ist, durch die räumliche Konzentration und Bevölkerungsdichte. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hat dazu bedeutsame Zahlen vorgelegt, ebenso wie sein Kollege Röder von der Saar. Betroffen sind hier nicht nur die Bergarbeiter. Wenn wir versuchen, das den anderen Menschen klarzumachen, dann müssen wir auch denen an der Ruhr klarmachen, was andere schon hinter sich haben oder worin sie gerade noch begriffen sind.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Dazu gehört eben, wie ich meine, daß in einer modernen Industriegesellschaft nichts so zum Dauerzustand gehört wie strukturelle Veränderungen. Das gehört dazu, es ist ein Preis für ökonomischen Fortschritt und für Wachstum. Das muß man einfach sehen. Deshalb möchte ich doch wenigstens mit ein paar Strichen darauf hinweisen, daß wir auch anderen Bürgern unseres Landes bei diesem Prozeß, ein modernes Land zu bleiben, einiges zumuten mußten.

      (Zuruf von der CDU/CSU: Und noch schuldig sind!)

      - Und noch schuldig sind, natürlich!
      Ich nenne zunächst ein paar Zahlen aus dem Bereich der Landwirtschaft. Die ist die andere heimische Produktion, mit der wir pfleglich umzugehen haben, wo im Prinzip — z. B. hinsichtlich der Billig-



      Dr. Barzel
      keit — dasselbe gilt, was ich vorhin bei der Kohle sagte.

      (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

      Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland betrug 1949 1 939 000. 1966 sind es noch 1 423 000 Betriebe. Das sind 26 % weniger. Eine Zahl! Was verbirgt sich hinter ihr für ein menschliches Schicksal und auch was für eine Umschichtung?! Nehmen Sie eine andere Zahl hinzu: die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Familienarbeitskräfte betrug 1950/51 5 560 000, 1965/66 3 280 000, und die Zahl der Lohnarbeitskräfte in der Landwirtschaft betrug 1950/51 1,2 Millionen, 1965/66 noch 378 000. Meine Damen und Herren, dies ist eine Evolution, die auch ihren Rang hat und die ebenfalls in diese Gesamtbilanz in einer ersten Lesung gehört, wenn wir ein Strukturproblem aus einer anderen Ecke besprechen.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Ich nenne etwas anderes, das Handwerk. Von 1956 auf 1963 hat sich die Zahl der Betriebe um 13 % vermindert. Jedes Jahr waren es rund 10 000 Betriebe weniger. Es gäbe viele andere Probleme. Ich wollte nur dartun, daß man hier den Blick ausweiten und das Ganze sehen muß. Ich nenne nur drei der anderen Probleme und auch diese nur in Schlagworten, die Lage der Textilindustrie, ich nenne die Lage des Zonenrandgebiets, und ich nenne Probleme des flachen Landes, wo Arbeitskräfte pendeln,

      (Beifall bei der CDU/CSU)

      auch ein Strukturproblem, dem wir unser Augenmerk widmen müssen.
      Nun zurück zur Kohle! Wir möchten noch einmal sagen, für uns ist der Regierungsentwurf einschließlich dessen, was durch die Regierungserklärung dazugekommen ist, die Basis der Erörterung. Wir halten das für eine brauchbare Diskussionsgrundlage und ein zweckmäßiges Konzept. Die vielen anderen Vorschläge, die gemacht worden sind, sollte man im Ausschuß in die Diskussion einbeziehen, und zwar einschließlich des Vorschlages, den heute unser Freund Brand hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Steinkohleverbunds als eines Anpassungsinstrumentes gemacht hat.
      Ich möchte aber im Hinblick auf manche Pressestimme in der Vordebatte hier noch etwas dazu sagen. Der Herr Bundeskanzler hat uns in dieser Debatte als Prinzip erklärt — und wir haben dem zugestimmt —, daß in dieser Frage das, was ökonomisch falsch sei, auf keinen Fall politisch richtig sein könne. Meine Damen und Herren, dem haben wir zugestimmt. Einige haben dann versucht, von draußen so einen Keil zwischen den Kanzler und den Bundeswirtschaftsminister zu treiben. Auch das ist nicht gelungen. Ich darf hier wohl, glaube ich, einmal sagen, daß das, was der Herr Bundeswirtschaftsminister hier heute vorgetragen hat, vom ganzen Kabinett getragen wird. Und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß der Mann, der diesem Kabinett vorsitzt, unser Freund Kiesinger ist. Das sollte nun auch in der Presse deutlich genug werden. Hier sollte nicht versucht werden, noch alles Mögliche „auseinanderzupulen".
      Erlauben Sie mir noch ein Wort zu dem, was in der Debatte hinsichtlich der „flankierenden Maßnahmen" gesagt worden ist. Herr Kollege Schiller, ich weiß nicht, ob Sie immer glücklich sind, wenn Sie feststellen, daß wohl nicht alle die gleiche Begabung, die Sie beim Wortschöpfen haben, hinsichtlich der richtigen Interpretierung dieser Worte haben. Wir interpretieren „flankierende Maßnahmen" als solche Maßnahmen, die die Seiten absichern, die nicht hemmen, sondern in derselben Richtung fördern. Das ist richtig verstanden? Ja. Wir verstehen diesen Begriff als nicht só, wie man es vor allen Dingen in der Vordebatte manchmal gehört hat, wo der Vergleich mit den zwei Leuten gezogen wurde, die an einem Seil ziehen, nur in verschiedenen Richtungen.

      (Heiterkeit.)

      Das ist nicht gemeint. Deshalb ist das Ziel des Gesetzes das Entscheidende, und flankierende Maßnahmen sind vernünftig, soweit sie zur Erreichung dieses Zieles helfen und nicht von dem Ziel wegführen, und sei es auch nur im zeitlichen Vollzug. Ich glaube, das sollte man hier sagen. Wahrscheinlich wird sich niemand diesen Schuh anziehen wollen.
      Da der Herr Bundeswirtschaftsminister mit Recht mit einem Bekenntnis dazu begonnen hat, daß wir auch morgen Kohle aus deutschen Zechen brauchen, möchte ich dies für uns noch einmal unterstreichen. Wir haben es sooft getan, daß ich das nicht im einzelnen hier darzutun brauche.
      Erlauben Sie mir aber, noch einen anderen Gesichtspunkt in diese Debatte einzuführen. Mit dem, was wir hier nun die „geordnete Rückführung" des Kohleabsatzes, der Kohleförderung zu nennen uns angewöhnt haben, passiert ein schwerwiegender Eingriff, es wird eine entscheidende Weichenstellung vorgenommen, und wir treffen eine weitgehend nicht reparable Entscheidung.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Das muß man festhalten, und deshalb muß hier noch manches sorgsam erwogen werden. Ich freue mich, daß heute, von ein paar Sachen, die Leben in den Saal gebracht haben, abgesehen, doch eine sehr einmütige Auffassung entstanden ist. Dies, meine Damen und Herren, ist zu ernst, als daß es ein Feld für Prestige- oder Parteipolitik sein sollte. Dies ist aber auch zu ernst, als daß es nur aus einer aktuellen betriebswirtschaftlichen oder haushaltspolitischen Situation beantwortet werden könnte.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Denn hier werden Weichen für die Zukunft gestellt.
      Auf der anderen Seite gehört dazu, daß wir auf die Energieverbraucher Rücksicht nehmen. Wir brauchen für unser Land Export, wie ein Fisch das Wasser braucht. Wir müssen feststellen, daß in dem, was wir an Konjunktur in den letzten zwei Jahren hatten, natürlich diejenigen ganz vorn marschierten, die hier in unserem Lande ihre industrielle Tätigkeit auf der Basis von Öl aufgebaut haben. Das muß man gegen-



      Dr. Barzel
      einander abwägen. Und wenn, wie aus einer Eingabe, die uns alle erreicht hat, hervorgeht — ich kann es nicht kontrollieren —, daß im Durchschnitt in der chemischen Industrie — um die es doch hier im wesentlichen geht — der Anteil der Energiekosten an den Gestehungskosten der Schlüsselprodukte 50 % beträgt, dann ist dies ein schwerwiegendes Problem für unsere Volkswirtschaft.

      (Zuruf.)

      — 50 %, ja!
      Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten in diesem Hause noch ein anderes sehen. Wir haben hier nicht nur ein Problem, sondern auch eine große Chance. Wir haben die Chance, in einer Zeit, in der eine Diskussion von den Flügeln her durch unser Land geht, zu zeigen, wie eine freie Gesellschaft durch Diskussion und Entscheidung schwierige Fragen sozial gerecht zu lösen vermag. Wir haben die Chance, zu beweisen, daß die beiden großen Parteien gewillt und imstande sind, nicht nur eine Große Koalition zu bilden und zu erhalten, sondern auch große Fragen zügig und sachgerecht anzupacken und zu entscheiden, und wir haben die Chance — und das beinhaltet immer auch die Pflicht —, jedermann deutlich zu machen, daß Demokratie entschlossenes Handeln nach Diskussion ist. Das, meine Damen und Herren, muß man dem einen oder anderen draußen wohl sagen.
      Die Opposition hat uns in der Vordebatte gemahnt, hier nichts zu dramatisieren. Ich glaube nicht, daß das durch die Regierung oder durch uns geschehen ist. Aber es gilt, glaube ich, noch an ein anderes zu denken. Ich habe immer zu denen gehört, die der Meinung waren, daß wir die Fragen, die draußen an uns gestellt werden, auch hier im Hause ansprechen müssen, um unserem Rang als das erste Gesprächsgremium der Nation zu entsprechen. Es wird draußen auch manches Böswillige behauptet. Das muß durch diese Debatte oder durch den Ausschußbericht völlig aus der Welt. Da wird behauptet, wir seien dabei, unsere Kohle an das Ausland zu verkaufen; oder es wird behauptet, wir seien, anders als im Zeichen der Diktatur, nicht mehr imstande, aus Kohle Benzin oder Butter oder ähnliches zu machen. Alle diese Argumente, auch wenn sie dumm sind, auch wenn sie böswillig sind, müssen beantwortet werden.
      Es muß manches beantwortet werden. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hat ein paar Fragen nach der künftigen Energiebilanz gestellt; die Fragen müssen beantwortet werden. Es ist uns eine Information zugegangen, nach der im Jahre 2000 fünf Sechstel der Erdölproduktion der Welt allein für Rohstoffe gebraucht würden und deshalb kein Platz mehr sei für Mineralöl als Benzin z. B. in Automotoren. Auch das ist eine Frage, auf die wir eine Antwort geben müssen. Wenn wir das nämlich nicht tun, dann wird man das Gefühl haben, wir redeten über die Köpfe der Menschen hinweg.
      Dabei stellt sich auch eine Frage, auf die wir, glaube ich, im. Ausschuß oder heute eine Antwort geben müßten, eine Frage, die die Regierung beantworten kann: Die Bürger draußen, vor allem die Betroffenen an der Ruhr, fragen uns, ob etwa die
      Solidarität der europäischen Gemeinschaft anders sei, wenn es sich um Weizen aus Frankreich, und anders, wenn es sich um Kohle aus Deutschland handle.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Diese Frage müssen wir beantworten, diese Frage müssen wir hier aufgreifen, damit jeder spürt, wir fällen hier nicht eine parteipolitische, koalitionspolitische Tagesentscheidung, sondern wir haben eine solide Grundlage für den Entwurf und haben eine Perspektive, die völlig klar verantwortet ist vor dem, was man heute voraussehen kann. Und ich meine, -dazu gehört auch die Frage, die unser Freund Burgbacher immer wieder aufwirft, ob es denn vernünftig sei, in den Energieimporten über die 50 %-Marke in der Gesamtbilanz hinauszukommen.
      Für uns als Bundestag aber bleibt eine Frage, die wir selbst beantworten müssen und die wir uns in den Ausschüssen redlich beantworten sollten, bevor wir in die zweite und dritte Lesung gehen, nämlich die Frage: Was kostet dies alles? Was kostet dies die Volkswirtschaft? Was kostet die Stillegung von Förderkapazität den Bundeshaushalt, und was kosten die neuen Arbeitsplätze, von denen der Ministerpräsident Kühn gesprochen hat? Das sind, glaube ich, wichtige Fragen.
      Ich möchte nur noch zu einem Punkt etwas sagen und dann zum Schluß kommen, nämlich zu der Frage der „Einheitsgesellschaft". Es mag sein, daß sich so etwas in dieser oder jener Form am Schluß der Debatte im Ausschuß als unausweichlich nötig dartut. In welcher Form, das weiß heute eigentlich noch keiner. Ich möchte aber dreierlei dazu sagen.
      Erstens: Manche nennen dieses Wort „Einheitsgesellschaft" gläubigen Auges, und manche hören dieses Wort und erwarten Wunder. Ich meine, wir sollten gleich nüchtern sagen, daß für Wunderdoktoren hier kein Platz ist; denn es geht um schmerzhafte Eingriffe, es geht um Operationen. Deshalb wäre es vielleicht gut, ein ideologisch weniger anspruchsvolles Wort zu finden als dieses, das Hoffnungen erweckt, die hier nicht begründet sind.

      (Sehr gut! bei der CDU/CSU.• Zweitens: Wir wollen uns nichts vormachen. In dem, was hier geschieht, wie immer die Gesellschaft heißen wird und wie immer die Form der Organisation sein wird, entsteht ein Präjudiz. Wir treffen eine Entscheidung von einer weittragenden Konsequenz, eine Entscheidung, auf die sich andere Bereiche und andere Regionen auch dann berufen werden, wenn die Tatbestände nicht vergleichbar sind. Deshalb ist hier sorgsam alles abzuwägen. Und das Dritte, über das wir uns auch Rechenschaft geben sollten: Wie immer am Schluß die Form aussehen wird, ordnungspolitisch entsteht ein größeres Engagement des Staates und eine unmittelbarere Verantwortung des Staates für einen Wirtschaftsbereich. Das sollte uns veranlassen, Dr. Barzel höchst konkret im Ausschuß darüber nachzudenken und möglichst die Grenzen für Engagement und Verpflichtung nicht nur zu sehen, sondern auch in den Entscheidungen direkt zu ziehen. Hier sollte man, meine ich, daran denken, daß ein Grad, so oder so der Kurs gelegt, hier unmittelbar vor unseren Augen ein Millimeter ist, aber im Hinblick auf die Präjudizien und alles andere schon tausend Meter später ein großer Brocken ist, und das heißt hier: eine große Menge Steuergeld bedeutet. Wir müssen ganz genau abmessen, wieweit wir mit diesem Engagement und mit dieser Mitverantwortung gehen wollen. Wir möchten gern alles das, was hier unausweichlich notwendig wird — wir begrüßen natürlich auch die konstruktive Haltung der Beteiligten auf allen Seiten, die hierzu in der letzten Zeit zu spüren ist —, soweit wie irgend möglich privatwirtschaftlich betreiben. Meine Damen und Herren, Engagement und Verantwortung des Staates für den Bereich der Kohle sind ohnehin schon sehr, sehr weitgehend. Wir wissen, daß das nicht nach normalen marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben ist. Aber wir sollten uns bei jeder zusätzlichen staatlichen Intervention, bei jeder zusätzlichen staatlichen Verantwortung, bei jedem zusätzlichen staatlichen Engagement überlegen, daß jedes zusätzliche Engagement am Schluß nicht nur heißt zusätzliches Steuergeld, sondern auch zusätzliches Hineinziehen der staatlichen Autorität — und damit potentielles Abnutzen der staatlichen Autorität — in wirtschaftliche Bereiche. Dies sollten wir bei all dem nicht außer acht lassen, so meinen wir. Ich komme zum Schluß dieser Debatterede. Es ist eine erste Lesung. Wir legten Wert darauf, einige Zusammenhänge hier noch darzutun und einige Antworten zu geben. Ich hoffe, sie waren nirgendwo verletzend — wenigstens war das meine Absicht —, aber doch deutlich genug für das, was hier zurückzuweisen war. Wir sollten bei den Beratungen im Ausschuß, wo noch viel zu tun ist, nicht nur die Fragen beantworten, die die Bürger draußen uns stellen — einige habe ich übernommen —, sondern auch bereit sein, die Vorschläge, die andere Sachkundige oder Besorgte an uns herantragen, zu erörtern. Wir stehen vor einem Problem, das wir lösen müssen, wenn wir ein modernes Land bleiben wollen. Das Problem ist lösbar, und ich glaube, es wird um so leichter lösbar sein, je mehr wir unsere Leidenschaft allein dem zuwenden, was hier allein helfen kann, nämlich Nüchternheit und Sachgerechtigkeit der Antworten. Als Beauftragtem des Bundesrates gebe ich das Wort dem Herrn Staatssekretär Sackmann. Herr Bundestagspräsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn in einer Debatte dieses Hohen Hauses, in der Sie um den richtigen Weg in der Energieund Kohlepolitik ringen, der Vertreter des Landes Bayern das Wort ergreift, dann werden Sie verstehen, daß gerade dieses Land mit seiner Revierferne, mit seiner Energiearmut ein besonderes Interesse an der Lösung der anstehenden Fragen hat, ein Land, dessen blühende Wirtschaftsräume entlang einer Grenze von rund 800 km durch den Eisernen Vorhang zerschnitten worden sind, der Absatzund Rohstoffmärkte getrennt hat, ein Land, wie es heute auch Herr Bundestagsabgeordneter Barzel bereits dargelegt hat, mit einem Zonenrandgebiet, das Strukturprobleme aufzuweisen hat, die nicht leicht zu lösen sind, mit einem Zonenrandgebiet, das noch in diesem März in weiten Bereichen 30 und 40 % Arbeitslose aufzuweisen hatte, Menschen, die erst vor wenigen Jahren aus einer hohen Arbeitslosenziffer durch die Maßnahmen, die die Bundesregierung dankenswerterweise mit dem regionalen Förderungsprogramm eingeleitet hat, aus einer Lethargie und aus einer Hoffnungslosigkeit herausgelöst worden sind und die nun, nachdem sie gerade den Saum des Wirtschaftswunderkleides ein bißchen erfaßt hatten, als erste wiederum von der Rezession betroffen werden. Dann werden Sie vielleicht verstehen, daß wir auch die Töne, die draußen in der öffentlichen Diskussion und auch in diesem Hohen Hause am heutigen Tage angeklungen sind, als etwas gefährlich betrachten; denn wenn Probleme, die nüchtern gesehen werden sollten, allzusehr von Gefühlsmomenten durchdrungen sind, wie es manchmal der Fall ist, entsteht vielleicht ein verzerrtes Bild in der Offentlichkeit. Mit dieser Feststellung soll keine negative Wertung getroffen werden. Es ist verständlich, wenn durch die Strukturveränderungen auf dem Energiemarkt vornehmlich die betroffenen Wirtschaftszweige und natürlich erst recht die Kumpels an der Saar und an der Ruhr mit ihren Familien in banger Sorge um ihre Zukunft, um ihren Arbeitsplatz, mit uns um die Lösung dieser Probleme ringen. Heute morgen hat ein Kommentator in der „Süddeutschen Zeitung" geschrieben, daß es den Kumpels darum gehe, die Wahrheit zu erfahren, daß es ihnen darum gehe, Hilfe zu finden und kein Almosen zu erhalten, daß es ihnen darum gehe, nicht Trost zu bekommen oder vertröstet zu werden. Dem brauche ich nichts hinzuzufügen. Gerade die revierfernen Länder haben in den vergangenen Jahren wohl den Beweis dafür geliefert, daß sie die schwierige Situation des Steinkohlebergbaus, eines auch sicherlich noch für alle Zukunft lebenswichtigen Wirtschaftszweiges, niemals unterbewertet haben. Wir haben die Bereitschaft, dafür Opfer zu bringen, auch stets im Bundesrat bekundet. Es ist unbestritten, daß die Lösung des Steinkohleproblems — mag sich dieses auch in einem regional begrenzten Wirtschaftszweig darstellen — letztlich eine die gesamte Bundesrepublik angehende Frage ist. Ich möchte noch weitergehen und sagen, daß sie endgültig nur im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft gelöst werden kann; sie muß sogar in dieser Gemeinschaft gelöst werden. Staatssekretär Sackmann Da das Fehlen einer gemeinsamen energiepolitischen Konzeption in der Gemeinschaft gemeinschaftliche Maßnahmen umfassender Art derzeit nicht zuläßt, sind wir allerdings im Augenblick wohl noch darauf angewiesen, die Frage von uns aus zu ordnen. Lassen Sie mich die positive Haltung der revierfernen Länder an einigen Beispielen demonstrieren. Der bayerische Verbraucher brachte für die zweckgebundene Heizölsteuer immerhin im Jahre 1966 100 Millionen DM auf, bei einem Gesamtaufkommen von ca. 800 Millionen DM, ein Betrag, der nur noch geringfügig in Form eines Darlehens für die „Ferngas Nordbayern" oder für die Frachthilfe im Rahmen der Verstromungsgesetze wieder zurückgeflossen ist. Wenn wir berücksichtigen, daß die Kohleverstromung besonders im reviernahen Bereich mit Hilfe von Heizölsteuermitteln gefördert werden sollte, so ergeben sich für die ersten neun Monate des Jahres 1967 folgende Zahlen, die wir hier vielleicht darlegen können. Mit Hilfe dieser Verstromungsgesetze ist ein Heizölminderverbrauch der Kraftwerke von 320 000 t Steinkohleeinheiten und ein Mehrverbrauch an Steinkohle von 342 000 t Steinkohleeinheiten erreicht worden. Dies ist nicht zuletzt auf die Haltung der stromerzeugenden Unternehmen in den süddeutschen Ländern zurückzuführen. Nach den mir vorliegenden Zahlen nahm allerdings überraschenderweise in den ersten neun Monaten des Jahres 1967 der Kohleverbrauch bei der Stromerzeugung in den Ländern Nordrhein-Westfalen und dem Saarland ab. Hessen, Bayern und Baden-Württemberg haben hier ihre Umsätze wesentlich gesteigert. Lassen Sie mich ein klein wenig von den Sorgen sprechen, die wir eventuell von weiteren restringierenden Maßnahmen erwarten müssen. Wenn die Probleme in der Form, wie das da und dort vorgetragen worden ist, eine Lösung finden würden, müßten gerade die revierfernen Bereiche in besonders harter Weise getroffen werden. In den letzten Jahren ist ohnehin von Ost nach West ein sehr starkes Energiepreisgefälle entstanden. Wir in unseren von der Natur aus benachteiligten und mit wirtschaftlichen Strukturschwierigkeiten belasteten Gebieten haben ohnehin in bezug auf den Wettbewerb große Sorgen. Eine Durchsetzung der oben genannten Tendenzen würde letztlich bedeuten, daß die in unseren Zonenrandgebieten erzielten Erfolge eingefroren oder sogar abgebaut werden. Ich würde eine solche Politik für verfehlt halten. Ich befinde mich dabei in guter Gesellschaft. Diese Meinung entspricht nicht nur der erkennbaren Auffassung der Bundesregierung, sondern auch den Erwägungen, die bei den bisherigen energiepolitischen Überlegungen in der Gemeinschaft angestellt worden sind. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat heute in seiner Rede deutlich und klar eine Auffassung zum Ausdruck gebracht, von der wir nur hoffen können, sie möge sich weitgehend durchsetzen. Es liegt mir fern, heute vor dem Hohen Hause in die sachlich sehr schwierige Diskussion der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Energiekosten einzutreten. Ich möchte mich vielmehr mit der Feststellung begnügen, daß die Energiekosten für die Gesamtwirtschaft schlechthin, speziell aber für einige besonders energieintenvise Wirtschaftszweige von einer für die Wettbewerbsfähigkeit nicht unerheblichen Bedeutung sind, daß der Energiekostenanteil in der Zukunft kaum absinken wird und daß daher die Höhe der Energiepreise für die zukünftige gesamtwirtschaftliche Entwicklung von nicht zu vernachlässigender Bedeutung sein wird. Über diese Feststellungen sollten wohl keine Meinungsverschiedenheiten bestehen. Das Gewicht dieser Feststellungen zeigt sich in besonders starkem Maße in den revierfernen Ländern, deren Wirtschaft aus den Gegebenheiten der Standortungunst heraus Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit stärker zu spüren bekommt als die Wirtschaft im Revier. Es wäre dieser Wirtschaft nicht nur die im Interesse der kontinuierlichen Wirtschaftsentwicklung erforderliche Gewinnung neuer Märkte erschwert; sie müßte auch befürchten, erworbene Positionen zu verlieren. Die Wahrung des in hartem Wettbewerb errungenen Besitzstandes dieser Wirtschaftsräume auf dem Markte scheint mir daher ein Anliegen zu sein, das nicht vernachlässigt werden darf. Die Strukturveränderungen auf dem Energiemarkt haben sich aus ökonomischen Gründen im energiearmen Bereich zwangsläufig rascher zugunsten des Mineralöls vollzogen als im Revier. Unter diesem Aspekt war bereits die Einführung und die Verlängerung der Heizölsteuer für den revierfernen Bereich von schwerwiegender Bedeutung. Gleichwohl haben die Länder diesen Maßnahmen unter der Voraussetzung zugestimmt, daß es sich um Übergangsmaßnahmen, nicht aber um Dauerbelastungen eines bestimmten Energieträgers handelt. Mit der Zustimmung zu den Kohleverstromungsgesetzen haben diese Länder eine weitere Hypothek auf sich genommen. Die Aufbringung der notwendigen Mittel wird es mit Sicherheit erfordern, daß die für das Auslaufen der Heizölsteuer derzeit gesetzten Daten wohl nicht in vollem Umfang eingehalten werden können. Um so nachdrücklicher müssen alle etwaigen Erhöhungswünsche angesichts der zu erwartenden Folgen im revierfernen Bereich mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Die Folgen der auf Initiative der Bundesregierung zustande gekommenen Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft sollten uns davon abhalten, diesen Weg der restringierenden Maßnahmen gegenüber dem Heizöl weiter zu beschreiten. Sicherlich hat die Mineralölwirtschaft auf Grund der freiwilligen Beschränkung von ihrem zulässigen Soll von 3 % Zuwachs in diesem Jahr erst 1 °/o im Jahresschnitt erreicht und im Oktober statt der zugelassenen 5 % bisher nur 4 % in Anspruch genommen. Ob aber diese Selbstbeschränkung der Kohle die Hilfe gebracht hat, die man erwartet hat, möchte ich doch ein klein wenig bezweifeln. Auf jeden Fall muß aber künftig die Anwendung dieser Maßnahme hinfällig werden. Die Entwicklung Staatssekretär Sackmann der letzten Jahre hat gezeigt, daß die restringierenden Maßnahmen gegenüber dem Mineralöl nicht ausgereicht haben, den Absatz der Steinkohleförderung in der von der Steinkohle gewünschten Größenordnungzu sichern. Es wird gewiß notwendig sein, in zeitlichen Anpassungsplänen und -maßnahmen, die aufeinander abgestimmt sind, das Einpendeln der Produktion auf ein bestimmtes stabiles Absatzvolumen herbeizuführen. Ich darf an den steigenden Absatz der Steinkohle bei der Verstromung erinnern. Ich darf aber auch darauf hinweisen, daß die Kokskohleregelung auf Grund der Entscheidung der Hohen Behörde zu einer beachtlichen Stabilisierung der Liefermöglichkeiten von Kokskohle im Jahre 1967 geführt hat. So betrug der Koksverbrauch in Hochöfen in der Zeit von Januar bis September 1967 insgesamt 12,4 Millionen t gegenüber 12,2 Millionen t im Vorjahr. Diese Zahlen scheinen mir ein Indiz dafür zu sein, daß es um die Zukunft der deutschen Steinkohle heute weit besser bestellt wäre, wenn man das Hauptgewicht der Maßnahmen in früherer Zeit weniger auf die Zurückdrängung des konkurrierenden Mineralöls gelegt hätte als auf die Sicherung und Erweiterung der Absatzmöglichkeiten der Steinkohle, zum einen durch die Subvention beim Verbraucher, wie es beim Verstromungsgesetz geschieht, und zum anderen vor allem durch die Rationalisierung und die Produktivitätssteigerung, die manchmal noch etwas zu wünschen übrig läßt und wo die Verantwortlichen im Kohlebereich vielleicht zehn Jahre zu spät geschaltet haben. Ich kann mir die Feststellung nicht ersparen, daß die Kohle im letzten Jahrzehnt manches versäumt hat. Eine flexible Preispolitik der Kohle gerade in den revierfernen Bereichen hätte mit Sicherheit zugunsten der Kohle Marktanteile erhalten und gehalten, die heute anderen Energieträgern zugefallen sind, da die preisliche Überlegenheit augenfällig war. Wir müssen uns vor Augen führen, daß da, wo die preisliche Gleichstellung der Kohle durch öffentliche Subvention heute sichergestellt ist, nämlich bei der Verstromung, der Kohleabsatz im revierfernen Bereich gestiegen ist, während er im reviernahen Bereich gefallen ist. Das zeigt doch deutlich, daß die Bereitschaft zum Kohleverbrauch im revierfernen Bereich in starkem Maße vorhanden ist, wenn die Kohleversorgung zu auskömmlichen Preisen gewährleistet ist. Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel bringen. Die Praktizierung des zweiten Kohleverstromungsgesetzes hat gezeigt, daß etwa bayerische Stromerzeuger selbst dann bei der Kohleverstromung bleiben, wenn ihnen wegen nicht 'ausreichender Mittel im Bundeshaushalt keine volle Abdeckung des Wärmepreisunterschiedes .gegenüber dem Heizöl zugesichert werden kann. Diese Fakten sollten uns ermutigen, der deutschen Steinkohle alle Möglichkeiten zu eröffnen, im Wettbewerb mit den anderen Energieträgern zu bestehen, indem man den Weg ,der gezielten Subvention des Kohleverbrauchs beim Verbraucher und die Rationalisierung und Produktivitätssteigerung weiter fortsetzt. Das Idealergebnis derartiger Bemühungen wäre es, wenn die Kohle allen Verbrauchern in der Bundesrepublik zu gleichen Preisen angeboten werden könnte, wenn also die unterschiedliche Frachtbelastung der Steinkohle etwa durch entsprechende Frachtausgleichsmaßnahmen aufgefangen werden könnte. Der Gesichtspunkt, daß derartige Regelungen mit den Wettbewerbsbestimmungen 'der Montanverträge nicht in Einklang gebracht werden können, dürfte angesichts der Haltung der europäischen Organe bei der Erörterung der Subventionsentscheidung und der Kokskohleentscheidung, aber auch bei der Konsultation hinsichtlich der Kohleverstromungsgesetze an Wert verlieren. Es zeigt sich doch deutlich, daß hier manche, früher für unumstößlich gehaltene Prinzipien aufgegeben oder zumindest doch durchbrochen worden sind. Ich hielte 'diesen Weg für erfolgversprechender als den Weg der weiteren Perfektionierung der restringierenden Maßnahmen gegenüber ,dem derzeitigen Hauptkonkurrenten ,der Steinkohle, dem Mineralöl. Wir sollten uns auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die in Deutschland zutage getretene Strukturentwicklung in der Energiewirtschaft nicht auf 'den europäischen Bereich beschränkt ist, sondern daß sie Ausdruck einer weltweiten Bewegung ist. Die Zahlen ides Weltenergieverbrauchs, aber auch das Material, das die Europäische Gemeinschaft und auch ,die OECD zur Verfügung gestellt haben, lassen dies allzu deutlich erkennen. Wir sollten auch nicht übersehen, daß neue Energieträger in den Markt einzudringen beginnen, die die Position der bisher auf dem Markt befindlichen Energieträger nicht unangetastet lassen werden. Ist es in den nächsten Jahren das Erdgas, das neue Märkte sucht, so steht im Hintergrund die Kernenergie, deren Wirtschaftlichkeit schon heute unbestritten ist und die dann ebenfalls auf den Markt zukommen wird. Wenn wir heute den Weg des Protektionismus zugunsten der deutschen Steinkohle gegenüber dem Mineralöl gehen sollten, so wären wir in wenigen Jahren gezwungen, das Bündel der restringierenden Maßnahmen auch gegen das Erdgas und die Kernenergie zu richten. Dies würde aber bedeuten, daß die deutsche Energiewirtschaft von den Möglichkeiten ,des Fortschritts der energiewirtschaftlichen Entwicklung wenigstens zum Teil ausgeschlossen bliebe. Der exportorientierten deutschen Wirtschaft wäre damit kein guter Dienst erwiesen. Daß in einer solchen Entwicklung der revierferne Bereich in besonderem Maße betroffen würde, bedarf keiner näheren Erläuterung. Es war mein Anliegen, Ihnen nüchtern und sachlich die Erwartungen Bayerns, eines revierfernen und energiearmen Landes, hinsichtlich der künftigen deutschen Energiepolitik darzulegen. Lassen Sie mich noch einmal sagen und klar ausdrücken: Die Bereitschaft, der deutschen Steinkohle in ihrer bedrängten Situation zu helfen und dafür ein Opfer der Gesamtheit zu 'bringen und ihr eine angemessene Marktbeteiligung zu sichern, hat sich in den Staatssekretär Sackmann letzten Jahren bereits erwiesen. Diese Bereitschaft wird auch jetzt und in Zukunft bestehen. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arendt. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Herrn Bundeswirtschaftsminister sind von verschiedenen Seiten Dankesworte für die Vorlage dieses Gesetzentwurfes ausgesprochen worden. Ich möchte von dieser Stelle ausdrücklich den Bergarbeitern und den Bergbauangestellten in den Steinkohlenrevieren der Bundesrepublik den Dank dafür sagen, daß sie trotz der materiellen und sozialen Belastungen in diesen zehn Jahren der Krise auf der demokratischen Grundlage dieses Staates ihre Pflicht tagein, tagaus erfüllt haben. Bevor ich mich mit dem Gesetzentwurf im einzelnen auseinandersetze, möchte ich gern Gelegenheit nehmen, Herr Kollege Dr. Barzel, zu Ihrer Bemerkung eine Bemerkung meinerseits zu machen. Wenn Sie davon sprachen, daß die Bundeszuschüsse zur knappschaftlichen Sozialversicherung im Jahre 1967 gegenüber 1957 so stark angestiegen sind, dann könnte der Nichteingeweihte den Eindruck gewinnen, daß hier das Parlament durch seine Entscheidung einen Großteil der sozialen Sicherung der Bergleute erfolgreich abgeschlossen hat. Ich darf Ihnen sagen, erstens muß es heißen: Bundeserstattung. Denn die knappschaftlichen Versicherungen haben eine ganze Reihe von wesensfremden Leistungen, beispielsweise Kriegsfolgeleistungen, übernommen. Es wäre nicht gut, sie in diesem Zusammenhang zu nennen. Zweitens muß man sagen, daß durch die Entwicklung in der Energiepolitik und insbesondere im Steinkohlenbergbau und in den Steinkohlenrevieren die Zahl der Versicherten im Verhältnis zu den Rentenempfängern gewaltig zurückgeht. Das Verhältnis ist heute so, daß 100 Versicherten 165 Rentenempfänger gegenüberstehen. Und nicht zuletzt ist die Zahl der Rentenempfänger — wie Sie ganz richtig gesehen haben — deshalb gestiegen, weil in der Zeit nach 1945 die Bergleute auch in Überund Sonntagsschichten einen Tribut in Form ihrer Gesundheit gebracht haben, so daß heute Tausende und aber Tausende von Bergleuten frühzeitig ausscheiden müssen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Arendt: Bitte sehr! Erlauben Sie mir statt einer Rede eine Frage an Sie zu stellen, die, wie ich glaube, von Ihnen zu beantworten im Interesse unserer Zusammenarbeit und für die Menschen draußen wichtig wäre. Ist Ihnen bekannt, daß ich den Sozialplan der Bundesregierung, also die zusätzlichen Leistungen, ausdrücklich als erforderlich und begrüßenswert bezeichnet habe und daß ich mit keinem Wort den Eindruck erweckt habe, als seien die Probleme der sozialen Sicherheit der Bergarbeiter erledigt? Nein, das habe ich schon vernommen, Herr Kollege. Es sollte auch gar nicht als Kritik gelten; ich wollte nur an die Adresse der Nichteingeweihten sagen, daß es sich hier nicht um zusätzliche soziale Leistungen handelt, sondern einfach um eine Folge der Entwicklung, die eingetreten ist. Nun zu diesem Gesetz. Sie haben gefragt, was in der Vergangenheit falsch war. Ich will nicht über diese 10 Jahre Krise reden. Aber wenn gefragt wird, was falsch war, würde ich — ich persönlich — meinen, daß z. B. sowohl der Rationalisierungsverband — Sie erinnern sich, daß wir ihn zum Teil als Beerdigungsinstitut erster Klasse bezeichnet haben — als auch die Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohle falsch waren. Ich möchte hinzufügen: wenn das vorliegende Gesetz, das als Kernstück der kommenden energiepolitischen Debatten in den Ausschüssen anzusehen ist, nicht in ganz entscheidenden Punkten geändert wird, dann wird das ein Stillegungsverband III. Das ist die Lage. Denn in der Begründung des Gesetzes heißt es — das ist die Zielsetzung und eine Zentralaufgabe dieses Gesetzes —, es kommt darauf an, recht schnell eine Anpassung der Förderung an die Absatzbedingungen vorzunehmen. Herr Kollege Arendt, wenn Sie schon von Versäumnissen und Fehlern der Vergangenheit sprechen, würden Sie dann nicht auch meinen, daß das Festhalten an einem Ziel von 140 Millionen t in den vergangenen 10 Jahren seitens Ihrer Gewerkschaft und ihrer Führung ebenfalls zu diesen Fehlern gehört? Herr Blumenfeld, da will ich Ihnen gleich ganz offen etwas sagen: aus meinem Munde haben Sie noch nie gehört, daß wir die 140-Millionen-t-Förderung als das erstrebenswerte Ziel ansehen. Lassen Sie mich noch ein Wort als Vorsitzender der IG Bergbau und Energie hinzufügen. Wir haben uns zu keiner Zeit als Maschinenstürmer bewegt oder entwickelt. Wir haben uns zu keiner Zeit dafür eingesetzt, daß auch die letzte Schachtanlage erhalten bleibt. Aber wofür wir uns eingesetzt haben und wofür wir uns auch einsetzen, ist, daß sich der Strukturwandel nicht auf dem Rücken der sozial Schwächsten vollzieht. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU. — Abg. Dr. Müller-Hermann: Das hätte sich aber leichter vor fünf Jahren durchziehen lassen!)


      (Zustimmung bei der CDU/CSU.)





      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Prinz Konstantin von Bayern


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)





      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)





      (Beifall in der Mitte.)





      (Beifall bei den Regierungsparteien.)