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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa, Jean Monnet . . . . . . 6331 C Erweiterung der Tagesordnung 6331 A Amtliche Mitteilungen 6331 B Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Antrag betr. Entschließungen des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/2157) und mit Antrag betr. Griechenland (SPD) (Drucksache V/1989) Brandt, Bundesminister . 6331 D, 6387 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6337 A Scheel (FDP) 6343 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 6350 B Blachstein (SPD) 6355 B Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler 6357 B Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . 6362 C Dr. Eppler (SPD) 6365 D Dr. Mende (FDP) 6369 C Dr. Kopf (CDU/CSU) O 6375 A Genscher (FDP) 6378 B Wehner, Bundesminister 6382 C Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik des Personals, der Dienstbezüge, Vergütungen und Löhne im öffentlichen Dienst (Abg. Dr. Even, Schmitt-Vockenhausen, Dorn u. Gen.) (Drucksache V/1721); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache V/2172), Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/2136) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 6390 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. November 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2005) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/2170) — Zweite und dritte Beratung — 6390 C Fragestunde (Drucksachen V/2155, zu V/2155) Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Deutsches Hilfsprojekt zum Aufbau der medizinischen Fakultät der Universität Hué Wischnewski, Bundesminister . . . 6390 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6391 C Fragen des Abg. Hübner: Ärztliche Behandlung von deutschen Versicherten in Österreich Kattenstroth, Staatssekretär . . 6391 D Hübner (SPD) 6392 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Frage des Abg. Dr. Hammans: Mittel aus der Erhöhung der Mineralölsteuer für die Landkreise Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6392 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 6392 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 6393 C Frage der Abg. Frau Freyh: Einsatz von Bundesmitteln für die V-Bahn in Frankfurt Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6393 D Frau Freyh (SPD) 6394 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . 6394 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6394 D Anlagen 6395 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6331 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Aigner * 14. 10. Frau Albertz 14. 10. Arendt (Wattenscheid) 13. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 20. 10. Dr. Artzinger 15. 10. ' Bauer (Wasserburg) 18. 10. Frau Berger-Heise 13. 10. Blumenfeld 13. 10. Dr. Burgbacher * 13. 10. Dr. Czaja 20. 10. Deringer 13. 10. Diekmann 13. 10. Dr. Dittrich* 13. 10. Frau Funcke 13. 10. Frau Geisendörfer 13. 10. Gibbert 27.10. Dr. Gleissner 20. 10. Graaff 13. 10. Haage (München) 13. 10. Dr. Haas 13. 10. Dr. Häfele 13. 10. Herold 13. 10. Höhne 31. 10. Hörmann (Freiburg) 13. 10. Hussong 13. 10. Dr. Ils 13. 10. Dr. Jaeger 13. 10. Jahn (Marburg) 13. 10. Dr. Jungmann 31. 10. Dr. Kempfler 13. 10. Könen (Düsseldorf) 13. 10. Kohlberger 13. 10. Krammig 13. 10. Kriedemann * 13. 10. Frau Dr. Krips 22. 10. Krug 13. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 13. 10. Kulawig * 13. 10. Kunze 31. 10. Langebeck 31. 10. Lemmer 13. 10. Lenz (Brühl) 31. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 12. 11. Memmel * 13. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 13. 10. Dr. von Merkatz 3. 11. Merten 31. 10. Metzger * 13. 10. Mick 13. 10. Mischnick 13. 10. Missbach 19. 10. Dr. Müller-Hermann 13. 10. Paul 13. 10. Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Renger 13. 10. Rösing 13. 10. Ruf 13. 10. Frau Schimschok 13. 10. Schulhoff 13. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 13. 10. Dr. Schulz (Berlin) 13. 10. Frau Dr. Schwarzhaupt 13. 10. Seuffert 13. 10. Spitzmüller 13. 10. Dr. Starke (Franken) 13. 10. Steinhoff 21. 10. Stooß 13. 10. Tönjes 13. 10. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 13. 10. Wendelborn 13. 10. Wiefel 13. 10. Wienand 20. 10. Wieninger 13. 10. Dr. Wilhelmi 13. 10. Baron von Wrangel 13. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatsekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 69) : In wieviel Fällen haben im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 Wehrdienstverweigerer bei der Zuweisung von Ersatzdienst Schwierigkeiten bereitet? In den 18 Monaten vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1967, auf die Sie, Herr Abgeordneter, in Ihrer Frage Bezug nehmen, sind insgesamt 3300 Anträge eingegangen, in denen sich Ersatzdienstpflichtige gegen eine Heranziehung zum Ersatzdienst wandten. Die Zahl der Antragsteller liegt niedriger, da diese nach der Erfahrung des Bundesverwaltungsamtes oft mehrere Anträge stellen. Unterlagen über die Anzahl von Ersatzdienstpflichtigen, die solche Anträge gestellt haben, liegen mir nicht vor, da leider nur die Zahl der eingehenden Anträge, nicht aber die der betroffenen Personen festgehalten wird. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Faller (Drucksache V/2155 Fragen 73, 74 und 75) : Ist .der Bundesregierung bekannt, daß die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Landkreis Lörrach für ihre Leistungsaushilfe für im französischen Grenzgebiet beschäftigte deutsche Grenzgänger noch immer keinen finanziellen Ersatz erhalten hat, obwohl die Bundesregierung in der Fragestunde vom 24. Juni 1966 (51. Sitzung) eine baldige Lösung der Probleme in Aussicht stellte? Hält es die Bundesregierung für zumutbar, daß die in Frage 73 erwähnte Allgemeine Ortskrankenkasse nunmehr einen Betrag von über 200 000 DM auch weiterhin zinslos stundet, obwohl die Leistungsaushilfe gar nicht zwingend ist, da die Kassenleistungen auch in Frankreich erbracht werden können? 6396 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Erstattungsverfahren oder die direkte Abrechnung mit den französischen Kassen im Elsaß für die in Frage 73 erwähnte Leistungsaushilfe endlich in Gang zu bringen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß für Sachleistungen, die aushilfsweise durch deutsche Träger der Krankenversicherung für Rechnung der französischen Krankenkassen gewährt worden sind, eine Kostenabrechnung seit dem 1. Februar 1964 nicht mehr vorgenommen worden ist. Nachdem der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung — wie in Beantwortung Ihrer Frage am 24. Juni vorigen Jahres zugesagt — wiederholt darauf gedrängt hatte, ist die zur Klärung diesbezüglicher Fragen eingesetzte deutsch-französische Technische Kommission zusammengetreten. Dabei konnte Einvernehmen über die Kostenabrechnung bis zum 30. Juni 1965 erzielt werden. Die Kostenrechnungen der deutschen Krankenkassen für diesen Zeitraum hat der Bundesverband der Ortskrankenkassen, der als deutsche Verbindungsstelle auf dem Gebiete der Krankenversicherung fungiert, der französischen Verbindungsstelle in Paris im November 1966 zugeleitet. Von seiten der französischen Krankenkassen sind jedoch weder Zahlungen erfolgt noch eigene Kostenrechnungen aus der Zeit bis zum 30. Juni 1965 eingegangen. Durch die bisherige Nichtabrechnung der französischen Forderungen kommt natürlich den deutschen Trägern der Krankenversicherung in ihrer Gesamtheit auch ein gewisser Vorteil, zumindest in Form von Zinsgewinnen, zugute. Bei der aushilfsweisen Gewährung von Sachleistungen handelt es sich um eine Gemeinschaftsregelung, die auf der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beruht. Sie kann deshalb den anspruchsberechtigten Versicherten nicht versagt werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat dem französischen Sozialministerium vorgeschlagen, über noch zu regelnde Probleme — zu diesen gehört auch die Kostenabrechnung — möglichst bald Verhandlungen aufzunehmen. Bezüglich der Kostenabrechnung strebt die Bundesregierung eine unmittelbare Zahlung von Träger zu Träger ohne Einschaltung der Verbindungsstelle an; sie steht damit in Einklang mit den Wünschen der Träger der Krankenversicherung. Das französische Sozialministerium hat inzwischen einen Verhandlungstermin für Anfang des nächsten Jahres in Aussicht gestellt. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 80) : Kann das Bundesverteidigungsministerium mitteilen, wie hoch die Zahl der anerkannten Wehrdienstverweigerer im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 gewesen ist? Im Jahre 1966 wurden 2750 und im ersten Halbjahr 1967 2608 Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Im Jahre 1966 haben 4431 Wehrpflichtige ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragt. Demgegenüber haben im 1. Halbjahr 1967 bereits 3473 Wehrpflichtige einen solchen Antrag gestellt. Die Zunahme der Anträge dürfte auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) Die Geburtsjahrgänge sind ab Jahrgang 1946 stärker geworden. Der Geburtsjahrgang 1948 ist z. B. gegenüber dem Geburtsjahrgang 1947 um rd. 25 000 Wehrpflichtige angestiegen; allein dadurch erhöht sich schon zwangsläufig die Zahl der Anträge. b) Die Anträge sind nicht fristgebunden und werden deshalb auch noch nach der Musterung von älteren Wehrpflichtigen laufend gestellt. So beantragten im 1. Halbjahr 1967 noch rd. 1000 Wehrpflichtige der Jahrgänge 1946 und 1947 ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. c) Die durch die Schuljahrsumstellung bedingte Vorverlegung des Musterungsbeginns von Ende März auf Anfang Januar hat zu einer frühzeitigeren Antragstellung der Wehrpflichtigen des Geburtsjahrganges 1948 geführt. Eine abschließende Stellungnahme über die Gesamtentwicklung der Anträge kann erst Anfang 1968 abgegeben werden. Die Gesamtzahl der im 1. Halbjahr 1967 anerkannten Kriegsdienstverweigerer läßt keinen Schluß auf die weitere Entwicklung zu, weil diese sich auch dadurch erhöht hat, daß auf Grund von Verwaltungsanordnungen die Verfahren erheblich beschleunigt werden konnten. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Enders (Drucksache V/2155 Fragen 81 und 82) : Treffen Berichte zu, wonach beim Panzeraufklärungsbataillon 5 im osthessischen Sontra die Ausbildungskompanie 6/5 in Kürze aufgelöst werden soll? Kann die eventuelle Auflösung der in Frage 81 erwähnten Einheit wegen der vorhandenen Unterkünfte und Einrichtungen wirtschaftlich verantwortet und im Hinblick auf die damit verbundene Strukturverschlechterung im Zonenrandgebiet vertreten werden? Die Ausbildungskompanie 6/5 beim Panzeraufklärungs-Btl. 5 ist am 1. Oktober 1967 aufgelöst worden. Die Auflösung der Kompanie erfolgte aus. organisatorischen Gründen zur Anpassung an die derzeitige strukturelle Situation des Heeres. Die Unterkünfte und Einrichtungen in Sontra werden weiterhin wirtschaftlich genutzt werden. Es ist geplant, die frei gewordenen Unterkunftsplätze durch andere Verbände zu nutzen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6397 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2155, Frage 83) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß von, den Wehrersatzbehörden häufig bei der Ablehnung von Zurückstellungsgesuchen nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes erklärt wird, in dringenden Fällen werde unbezahlter Arbeitsurlaub gewehrt, die Truppe aber später nicht bereit ist, solche Zusagen einzuhalten? Ein Wehrpflichtiger soll nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes auf seinen Antrag vom Wehrdienst zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Liegt ein solcher Härtefall nicht vor, wird sein Zurückstellungsantrag vom Kreiswehrersatzamt abgelehnt. In dem ablehnenden Bescheid kann darauf hingewiesen werden, daß dem Wehrpflichtigen später während des Wehrdienstes nach § 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung Urlaub gewährt werden kann, wenn die Nichtgewährung des Urlaubs für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Die Entscheidung, ob ein solcher Urlaub einem Wehrpflichtigen gewährt oder nicht gewährt wird, trifft bei einer Urlaubsdauer bis zu 14 Tagen der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte — im Regelfall also der Bataillonskommandeur. Soweit längerer Urlaub beantragt wird, trifft die Entscheidung die personalbearbeitende Stelle. Ein solcher Hinweis auf die Soldatenurlaubsverordnunng von Seiten des Kreiswehrersatzamtes beinhaltet keine Zusage auf Urlaubsgewährung. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/2155, Fragen 86- und 87) : Wie hoch waren die Unfallzahlen in den Jahren 1966 und 1967, die durch eine Mißachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links entstanden sind? Läge es nicht im Interesse eines reibungslosen Ablaufs auf unseren Straßen und der einfachen Rechtsprechung, bei Unfällen zur Regelung des Verkehrs durch Vorfahrtstraßen einerseits und den vorfahrtnehmenden Schildern andererseits überzugehen? Nach der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik ist im Jahre 1966 bei 13 477 Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden „Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links" als Unfallursache von der Polizei festgestellt worden. Für das Jahr 1967 ist diese Unfallursache bisher nur für die Monate Januar bis April veröffentlicht. In dieser Zeit hat die Polizei diese Ursache in 3564 Fällen angegeben. Der Grundsatz, daß die Vorfahrt hat, wer von rechts kommt, ist (in den Ländern mit Rechtsverkehr) international vereinbart. Davon allgemein durch entsprechende Beschilderung abzugehen, ist möglich, würde aber zu einem solchen Aufwand an Schildern führen, daß davon abzuraten ist. Es ist auch zweifelhaft, ob dadurch ein reibungsloserer Verkehrsablauf und eine einfachere Rechtsprechung erreicht werden könnten. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf ,die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Picard (Drucksache V/2155 Fragen 88 und 89) : Wie ist der Stand der Planung für den Ausbau der Bundesstraße 448 zwischen Offenbach und Seligenstadt? Wird die Bundesregierung nun beschleunigt die Rechtsverordnung über die zulässigen Grenzwerte für die Autoabgasgifte erlassen, da deutsche Autohersteller durch verbesserte Motorkonstruktionen in der Lage sind, ohne besondere Entgiftungsgeräte z. B. die in Kalifornien geforderten Höchstwerte an Kohlenmonoxyd und Kohlenwasserstoffen weit zu unterschreiten? Der Entwurf für den Ausbau der B 448 zwischen Offenbach und dem Anschluß an die B 45 bei Tannenmühle ist fertiggestellt. Zwischen Tannenmühle und Seligenstadt verläuft die L 2310 in der Baulast des Landes Hessen. Durch einen Einspruch gegen die geplante Verlegung der Landesstraße 3117 und deren Anschluß an die B 448, wird auch der Bau der B 448 verzögert. Die Bundesregierung wird umfassende Abgasverordnungen für Kraftfahrzeuge sobald wie möglich erlassen. Die erste Rechtsverordnung auf diesem Gebiet wird voraussichtlich noch im Oktober dieses Jahres dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt. Es handelt sich um eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung. Der Termin für die Einführung wird so bemessen sein, ,daß die Automobilindustrie sich ohne Störungen darauf einstellen kann. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Collet (Drucksache V/2155 Fragen 94, 95 und 96) : Wie beurteilt die Bundesregierung die neuen Vorschläge zum Ausbau der B 10, wie sie von der regionalen Planungsgemeinschaft unter Leitung von Herrn d'Alleux ausgearbeitet wurden? Will die Bundesregierung diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne übernehmen oder hält sie an der Durchführung der seitherigen zu einem Teil bereits in der Verwirklichung befindlichen und zum anderen Teil vergabereifen Pläne fest, wie sie der Bundesverkehrsminister bei seinem Besuch im April d. J. erläutert hatte? Um welche Zeitspanne würde sich der Ausbau der B 10 nach Meinung der Regierung verzögern, wenn man diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne ausarbeiten, die notwendigen Grundstücke erwerben und die Arbeiten erneut ausschreiben und vergeben würde? Die neuen Vorschläge der regionalen Planungsgemeinschaft zum Ausbau der B 10 liegen dem Bundesverkehrsministerium bisher nicht vor. Wie ich von der Auftragsverwaltung, dem Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz er- 6398 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 fahren habe, erstrecken sich die neuen Vorschläge hauptsächlich auf den Raum Zweibrücken–Pirmasens. Einzelheiten sind mir jedoch nicht bekanntgeworden. Im Einvernehmen mit der Auftragsverwaltung ist vorgesehen, zunächst die bestehende 2spurige B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens auszubauen. Die Ausbauprojekte sind entwurfsmäßig in überwiegendem Maße abgeschlossen und befinden sich z. T. schon in der Bauvorbereitung. Einige Maßnahmen sind bereits durchgeführt. Eine Änderung dieser Konzeption würde eine Verzögerung von mehreren Jahren mit sich bringen. Daneben ist geplant, die B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens in naher Zukunft auf einen zweibahnigen (4spurigen) Querschnitt zu bringen. Ob dies durch Erweiterung der bestehenden Straße oder durch den Neubau einer zweispurigen Straße geschehen wird, bedarf noch einer näheren Untersuchung. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (Drucksache V/2155 Fragen 97 und 98) : Welche Ergebnisse haben die seither durchgeführten Versuche mit der Verwendung von Kunststoffen im Bereich des Straßenbaus, insbesondere beim Straßenunterbau, gebracht? Erscheint es wahrscheinlich oder sicher, daß die Verwendung von Kunststoffen im Straßenunterbau zu einer Senkung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Haltbarkeit der Straßen führt? Die Verwendung von Kunststoffen im Straßenbau befindet sich noch weitgehend im Versuchsstadium, da es sich um langjährige Erprobungen zur Sammlung ausreichender Erfahrungen handelt. Endgültige Feststellungen über die Bewährung dieser Bauweisen können daher noch nicht getroffen werden. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Anwendung von Dämmschichten auf Kunststoffbasis im Straßenunterbau. Im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten von Kunststoffen zur Beschichtung von Fahrbahnoberflächen sind die Erfahrungen ebenfalls noch nicht so weit gediehen, daß die Verfahren als ausreichend erprobt und technisch einwandfrei bezeichnet werden können. Abgesehen von der technischen Eignung sind die Kunststoffbeschichtungen sehr aufwendig, so daß derartige Ausführungen vorerst nicht für größere Flächen in Betracht kommen. Dagegen hat die Verwendung von Folien und Entwässerungsrohren aus Kunststoff aufgrund ihrer technischen Eignung und Wirtschaftlichkeit bereits in größerem Umfang Eingang in die Praxis genommen. Bei den derzeitigen Versuchsausführungen stehen zunächst die technischen Fragen im Vordergrund. Die Bemühungen gehen dahin, eine der bisherigen Bauweise mindestens gleichwertige Lösung zu finden. Vorhersagen über die wirtschaftlichen Vorteile dieser Bauweise sind daher noch nicht möglich. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Cramer (Drucksache V/2155, Frage 100) : Wann ist mit dem Beginn der Bauarbeiten für die neue B 69 Oldenburg/Wilhelmshaven zu rechnen? Mit Bauarbeiten für die neue autobahnähnliche B 69 kann begonnen werden, sobald das nach ,dem Bundesfernstraßengesetz erforderliche Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein wird. Dementsprechend sollen 1968 die Bauarbeiten auf der 1. Teilstrecke westlich Varel anlaufen. Haushaltsmittel hierfür sind im Entwurf zum Straßenbauplan 1968 (6 Mio DM) vorgesehen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Rinderspacher (Drucksache V/2155, Fragen 101 und 102) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des baden-württembergischen Innenministers, daß auch innerhalb geschlossener Ortschaften Geschwindigkeiten über 50 km/h zugelassen werden können, wenn die Strecken — z. B. Ortsausfahrten — entsprechend gut ausgebaut sind? Ist der Bundesverkehrsminister bereit, bei allen Bundesländern darauf hinzuwirken, daß von Geschwindigkeitsbeschränkungen ein verkehrsgerechter Gebrauch gemacht wird, höhere Geschwindigkeiten also zugelassen werden, wenn die örtlichen Gegebenheiten es zulassen? Seit dem 1. September 1967 beträgt die höchstzulässige Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h für Kraftfahrzeuge aller Art. Die Geschwindigkeitsbegrenzung in dieser Höhe wurde gewählt, weil nach den in den USA gewonnenen verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 48 km/h die größte Leistungsfähigkeit überfüllter Stadtstraßen vorhanden ist. Diese Maßnahme hat sich bewährt und zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr erheblich beigetragen. Insbesondere sind die schweren Unfälle innerorts stark zurückgegangen. Die Straßenverkehrsbehörden können höhere Geschwindigkeitsgrenzen festsetzen. Diese Maßnahme kommt in Betracht bei Straßen mit größerer Verkehrsbedeutung, z. B. Ausfallstraßen, die keinen nennenswerten Fußgängerquerverkehr haben. Der Fußgängerquerverkehr muß dann durch Lichtzeichen, Geländer und dergleichen geschützt werden. Geschwindigkeiten über 70 km/h sollten nur in Ausnahmefällen erlaubt werden. Der Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung enthält auch eine entsprechende Empfehlung an die Straßenverkehrsbehörden der Länder. Der Bundesminister für Verkehr hat keine weitergehende Einwirkungsmöglichkeit. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6399 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die_ Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lemmrich (Drucksache V/2155, Fragen 107 und 108) : Seit wann wird im Bundesverkehrsministerium an einer neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Änderungsverordnung zur StVZO) gearbeitet? Welche wesentlichen Änderungen sind in der in Frage 107 erwähnten neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgesehen? Die Arbeiten an der z. Z. in Vorbereitung befindlichen Änderungsverordnung zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wurden im Juni 1967 mit der Aufstellung eines Verordnungs-Entwurfs begonnen. Mit der Verordnung wird im wesentlichen die Änderung bzw. Ergänzung der Vorschriften auf folgenden Gebieten angestrebt: 1. Neufestsetzung des Mindestalters für die Fahrer von Fahrrädern mit Hilfsmotor, 2. Neuregelung zur Abgasreduzierung, 3. Kenntlichmachung von Arztfahrzeugen im Notfalleinsatz, 4. generelle Einführung von Warndreiecken, Warnleuchten und Warnblinkanlagen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage ides Abgeordneten Ramms (Drucksache zu V/2155, Frage 109) : Welche europäischen Länder sind nicht an der Vorbereitung einer gemeinsamen europäischen Straßenverkehrs-Ordnung beteiligt? Nicht beteiligt sind die Staaten des Ostblocks sowie Finnland, Island, Liechtenstein, Andorra, Monaco, San Marino und ,der Vatikan-Staat.
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    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte, Herr Kollege Ertl!


Rede von Josef Ertl
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Mommer, würden Sie bitte auch noch die Zahlen des Außenhandels zwischen der Bundesrepublik und Österreich nennen, und würden Sie nicht vielleicht daraus eine besondere Verpflichtung ableiten, daß wir uns für die Assoziierung Österreichs .einsetzen müßten, was die Bundesregierung bisher offensichtlich nicht sehr aktiv betrieben hat?

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    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Ertl, der Außenhandel mit Österreich ist ja mit in den Zahlen enthalten, die ich für den Außenhandel mit der EFTA genannt habe. Im übrigen ist ja bekannt — und ich danke Ihnen, daß Sie mich dazu zwingen, das hier zu sagen —: es geht nicht nur um die Aufnahme der vier Länder, die Vollmitglieder werden wollen, sondern es geht um reine Erweiterung des wirtschaftlichen gemeinsamen Marktes, der noch viel größer



    Dr. Mommer
    werden soll, als er es durch die Aufnahme der vier Länder würde, die Mitglied werden wollen. Wir wissen, daß wir auch für die Länder, die wie Österreich aus politischen Gründen nicht Vollmitglied werden können, in unserem Interesse, im Interesse Gesamteuropas und auch im Interesse jener Länder angemessene Lösungen finden müssen.

    (diesen Ländern zurückgehen wird. Ich komme damit zu der wirklich kapitalen Schlußfolgerung: Die Spaltung Europas in EWG und EFTA trifft die handelspolitischen Interessen der Bundesrepublik mit besonderer Härte, ganz anders als Frankreich. Ich meine, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister, auch diese Zahlen rechtfertigen eine sehr ernste Sprache, wenn es darum geht, die französische Regierung hinsichtlich ihrer Absicht umzustimmen, die Erweiterung nicht zustande kommen zu lassen. Es sind da noch andere Gründe, die das intérêt vital mit zu unterstreichen vermögen. Die Bundesrepublik Deutschland trägt den Löwenanteil an der Finanzierung der Agrarpolitik der EWG. Wenn Großbritannien beitritt, führt das für uns zu einer fühlbaren Entlastung. Ein weiterer Punkt, der schon von Dr. Barzel und anderen, natürlich auch von der Bundesregierung selber unterstrichen worden ist: Unsere Wachstumsindustrie, unser Anschluß an die moderne Zeit, unser Streben, hier — wie der Herr Bundesaußenminister sagte — gerüstet zu sein für das 21. Jahrhundert, erfordern es, daß wir die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft zustande bringen. Aus dem, was ich gesagt habe, ergibt sich also wohl, daß es kein overstatement ist, wenn die Bundesregierung der französischen Regierung sagt, daß ein „Non" vitale Interessen der Bundesrepublik träfe. Wenn mandas so sagt und nicht sagt, Herr Bundeskanzler, daß man den Beitritt Großbritanniens begrüßen würde, dann sieht das ganz anders aus. Ich 'ßeine, die Bundesregierung kann noch mehr tun. Sie kann engste Tuchfühlung mit den Regierungen der vier übrigen EWG-Mitglieder halten, die den Beitritt als Notwendigkeit und das Scheitern als eine Katastrophe ansehen. Sie kann Tuchfühlung auch mit den antragstellenden Regierungen halten, für die ein Lebensinteresse auf dem Spiele steht. Hier muß doch mit Nachdruck die Frage gestellt werden, ob es in diesem Europa möglich sein soll, daß eine europäische Regierung neun anderen europäischen Ländern den Weg in eine gemeinsame Zukunft versperrt. Das muß mit allem Ernst gefragt wenden. Wenn dieses Unglück doch geschehen sollte — ich glaube nicht, daß es igeschehen wird, wenn wir unsere Rolle richtig spielen —, dann wird es nicht ohne negative Konsequenzen auch für die bestehende kleine Gemeinschaft sein. Das hat auch der französische Sozialund Finanzminister, M. Debré, in den letzten Tagen selber zum Ausdruck gebracht. Diese Gemeinschaft ist nach dem zweiten „Non" nicht mehr das, was sie jetzt ist. Konsequenzen ergeben sich aus der Verletzung eines wesentlichen Interesses unserer Völker, der Neun, natürlich auch für die Beziehungen, die diese neun Staaten mit der französischen Regierung haben. Auch das muß man in Paris überlegen. Meine Damen und Herren, ich meine, die deutschfranzösischen Beziehungen sind Gott sei Dank sehr gefestigt. Sie sind — ich habe das noch vorige Woche in meinem Wahlkreis, als die fünfte Partnerschaft geschlossen wurde, wieder mit Freude erlebt — schon in die Herzen eingedrungen. Es gibt kein Heraus mehr aus dieser deutsch-französischen Verständigung und Freundschaft. Aber gerade in der Freundschaft muß es ja möglich sein, daß man sagt, was man denkt und was man für sein Interesse hält. Das kann nicht nur gelten, wenn der französische Staatschef, gar nicht pingelig, sagt und tut, was uns hier keine Freude macht. Das muß auch umgekehrt gelten, wenn wir, die Feigheit vor dem Freunde verschmähend, nachdrücklich unsere Meinung sagen und unsere Interessen vertreten. Soeben ist das Ergebnis einer EMNID-Umfrage bekanntgeworden, die im Juli 1967 veranlaßt wurde. 59 % der Befragten waren für den Beitritt Großbritanniens, 56 % für den Beitritt auch der übrigen Bewerber. Nur 3 % der Befragten waren der Meinung: Der Klub ist geschlossen, da kommt keiner mehr herein. Der Herr Bundesaußenminister hat schon im Sommer in Brüssel mutig darauf hingewiesen, daß es die öffentliche Meinung in diesem Land nicht verstehen würde, wenn man die Erweiterung der Gemeinschaft verhinderte. Wenn z. B. 1969 die jetzige Regelung über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik ausläuft, entsteht die Frage, ob diese Finanzierung verlängert werden soll, eine Finanzierung, Idle für uns in den kommenden Jahren bedeutet, daß wir jährlich 900 Millionen DM mehr hineinzahlen, als wir herausbekommen, Frankreich dagegen jährlich 1,7 Milliarden DM mehr herausbekommt, als es hineingibt. Ich fasse das zusammen. Die Bundesregierung hat keinen Hebel, mit dem sie diesen Satz ides Art. 237 aus den Angeln heben kann. Aber sie hat gewichtige Argumente, und sie hat gute Karten in ihrem Spiel. Es ist ein Spiel unter zehn, von denen neun das größere Europa wollen und es einer vorläufig noch Dr. Mommer nicht will. Mir scheint das keine schlechte Verhandlungsposition zu sein, wenn man so um den Tisch sitzt. In Verhandlungen mit den Antragstellern, die baldigst beginnen sollten, müssen die Sachund Interessenfragen nüchtern und fair diskutiert werden. Niemand verlangt, daß wir Großbritannien und den anderen Geschenke machen. Nein, hier geht es weitgehend auch um materielle Interessenfragen. Da ist es richtig, nüchtern und hart, aber auch fair zu verhandeln und von den neuen Mitgliedern nichts zu verlangen, was man sich selber nicht auferlegt hat — vor allem damals, als es um die Gründung der Gemeinschaften ging und nicht auferlegt. In Frankreich sagt man: England ist noch nicht reif für den Beitritt. Ich meine: England ist reif. Es hat eine gewaltige Entwicklung auf Europa hin gemacht. Ich habe im übrigen die Logik des Arguments „Unreife" nie begreifen können. Mir scheint sie gerade zum umgekehrten Schluß zu führen. Denn wenn die Briten noch nicht ganz so reif sein sollten, dann müßte die politische Taktik die sein, daß wir sie in unseren Klub hineinnehmen und sie da in der täglichen Arbeit an Europa nachreifen lassen. Das wäre das beste Klima für die Nachreifung. Macht man es umgekehrt, schließt man sie aus, stößt man sie doch auf den Weg dahin, wo schon soviel Macht ist, die uns alle gelegentlich beunruhigt, aber insbesondere den französischen Staatspräsidenten beunruhigt. Dann treibt man doch die Briten -und die anderen den Vereinigten Staaten in die Arme, schwächt Europa, stärkt die Vereinigten Staaten. Die Logik der Unreife scheint mir also -eine unreife Logik zu sein. Meine Damen und Herren, ich muß mich hier auf die wenigen politischen Kernfragen dieses Problems konzentrieren. Wir überweisen die Anträge an die Ausschüsse, und da müssen wir viele wichtige Fragen weiter diskutieren. Ich meine überhaupt, meine Damen und Herren, weil es hier möglicherweise zwischen diesem gesamten Hause und der Bundesregierung einige Meinungsverschiedenheiten gibt, die im übrigen auch daher kommen — Herr Scheel, das wissen Sie doch als ehemaliger Minister —, daß der, der in der Verhandlungssituation steht, es schwerer hat als der, der hier frei von der Leber weg reden kann, wir sollten die Dinge in den Ausschüssen weiter verfolgen und uns sehr lebhaft für diese Weichenstellung, auf die wir zugehen, interessieren und uns dauernd mit ihr beschäftigen. Wenn dann die Verhandlungen kommen, Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenminister und Herr Bundeswirtschaftsminister, dann wünsche ich Ihnen. viel Glück bei dem großen und manchmal etwas schwierigen Freunde. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Blachstein. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, den Antrag Drucksache V/1989 der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion in dieser Debatte, die einen durch die Regierungserklärung weit gespannten Bogen hat — von der Europapolitik bis zur Deutschlandpolitik —, vor dem Hause zu vertreten. Ich glaube, daß die spezielle Frage Griechenlands in das europäische Konzept hineingehört. Denn wenn in einem europäischen Land durch einen Staats-streich die demokratische Grundlage beseitigt wird, sind alle anderen davon mit betroffen. Zunächst zu den Verhältnissen, die in Griechenland durch die Ereignisse des 21. April dieses Jahres entstanden sind. Es gibt Zehntausende politisch Verhaftete. Es gab Tote. Die Zahl der heute noch Verhafteten beträgt nach offiziellen Angaben einige tausend. Die Pressefreiheit ist aufgehoben. Die Versammlungsfreiheit ist beseitigt. Die Verfassung ist außer Kraft gesetzt. Der Ausnahmezustand besteht weiter. Das Parlament ist aufgelöst, ebenso die Parteien, die Gewerkschaften zum größten Teil. Durch das Land ziehen Terror, Schrecken; in den Gefängnissen herrscht zum Teil Tortur. Die Begründung für all das — die offizielle Begründung — ist die Notwendigkeit der Abwendung einer kommunistischen Gefahr. Bis heute, knapp ein halbes Jahr nach dem Staatsstreich, liegen weder Dokumente vor, noch sind Prozesse durchgeführt worden, die die angebliche Gefahr und den angeblichen Staatsstreich einigermaßen glaubhaft machen würden. Immerhin haben wir eines: wir haben erpreßte Zeugen für Prozesse, die vorbereitet wurden, Zeugen, denen die Flucht ins Ausland gelungen ist. Im Lande, in Griechenland, sind Recht und Gesetz weitgehend außer Kraft gesetzt worden. Es gibt ein Wort eines schwedischen Kanzlers — keine Sorge, ich zitiere keinen Sozialdemokraten, sondern Axel Oxenstjerna, Kanzler aus der Zeit, da Schweden eine europäische Großmacht war; das liegt ein paar Jahrhunderte zurück —, der damals gesagt hat: „Eine Regierung ohne Recht und Gesetz unterscheidet sich nicht von einer Räuberbande." Man hat mir in einer anderen Debatte vorgeworfen, daß man an solche Fragen frei von Emotionen, frei von Gefühlen herangehen solle. Ich frage Sie: sind Sie frei von Emotionen, frei von Gefühlen gegenüber den Dingen, die in Leipzig oder in Rostock vorgehen? Ich glaube, niemand von uns ist es. Ich möchte hinzufügen: ich glaube, niemand schämt sich der Emotionen für das Schicksal der Menschen im anderen Teil Deutschlands. Aber ich schäme mich auch nicht der Emotionen, der Gefühle. für die Menschen in Prag oder in Athen, denen die Menschenrechte vorenthalten, die gequält und unterdrückt werden. Mancher sagt: Was geht uns das an, haben wir nicht genug Sorgen, müssen wir uns um solche Dinge kümmern, die uns zu einem befreundeten Land und Volk in Schwierigkeiten bringen? Ich glaube, es geht uns eine Menge an, schon darum, weil wir mit Griechenland im Europarat verbunden sind, weil wir mit Griechenland, das der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziiert ist, verbunBlachstein den sind und weil wir mit Griechenland gemeinsam der NATO angehören. Gerade ein Land wie unseres, das unter der Verletzung der Menschenrechte im anderen Teil Deutschlands so lange und so schwer leidet, muß die Verletzung der Menschenrechte in anderen Teilen der Welt sehr ernst nehmen und als seine Sache ansehen. Aus diesem Grunde, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister, bedauere ich es, daß Sie sich nicht dazu entschließen konnten, sich der Klage der Sechs oder derer, die sich der Klage der Vier angeschlossen haben, mindestens unterstützend zuzugesellen. Ich hätte gemeint, Sie wären in guter Gesellschaft gewesen: fünf dieser Länder gehören mit uns der NATO an, das sechste ist ein neutraler Staat. Der Herr Bundesaußenminister hat in der Regierungserklärung einiges zu Griechenland und diesem Antrag gesagt. Ich sage offen, ich hätte gewünscht, die Regierung hätte noch etwas mehr dazu heute dem Hause sagen können, weil mir scheint, daß die Wünsche und Hoffnungen, die zu diesem Punkt in der Regierungserklärung ausgesprochen worden sind, nicht ausreichen werden und daß die Glaubwürdigkeit, von der dort die Rede ist, gerade für uns besondere Bedeutung hat. Für uns, die wir permanent die anderen auf die deutschen Nöte hinweisen und ihre Unterstützung brauchen, um die deutschen Nöte zu überwinden, wäre in dieser Sache zum jetzigen Zeitpunkt die Solidarität auch durch die Regierung nützlich gewesen. Wenn die Regierung erklärt, daß sie im Januar vor die Ergebnisse der Untersuchungen gestellt werden wird, die von der Menschenrechtskommission auf Antrag zu behandeln sein werden, so gehe ich davon aus, daß die Regierung strikt an den Menschenrechtsvereinbarungen und den Grundlagen des Europarates festhalten wird, die die Mitgliedschaft eines Staates, der die Menschenrechte bricht, ausschließen. Die Beratende Versammlung des Europarates hat die Ereignisse in Griechenland verurteilt. Sie hat die Klage der europäischen Staaten bei der Menschenrechtskommission unterstützt, sie hat einen Berichterstatter ernannt, der im Januar der Versammlung berichten soll, und sie hat in Aussicht gestellt, zu gegebener Zeit über die Mitgliedschaft Griechenlands im Europarat zu beraten und zu entscheiden. Die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß laufende Verträge zu erfüllen sind, aber keine neuen Maßnahmen eingeleitet werden. Die Assoziierung sei als suspendiert anzusehen, solange die jetzigen Verhältnisse in Griechenland andauerten. Sie hat neue Kredite verweigert und die Aufnahme von Finanzverhandlungen über ein neues Finanzprotokoll — das alte läuft Ende dieses Monats ab — bis zur Wiederherstellung konstitutioneller Verhältnisse in Griechenland abgelehnt. Der Vertreter der Kommission hat in der Europäischen Investitionsbank eine neue Tranche von 10 Millionen im Rahmen eines Gesamtbetrages von 120 Millionen auf Grund der bestehenden Verhältnisse abgelehnt. Wenn wir uns daran halten, daß bestehende Verträge erfüllt werden müssen, so glaube ich, daß das Vorgehen der Europäischen Kommission, keine neuen Verpflichtungen einzugehen und die alten restriktiv auszulegen, auch eine Richtschnur für unser eigenes Verhalten auf wirtschaftlichem und anderem Gebiet sein sollte. Schließlich fordern wir in unserem Antrag, die Militärhilfe an Griechenland einzustellen. An diesem Punkt gibt es manche Überlegungen, manche Bedenken. Ich will auf den militärischen Aspekt der Bedeutung Griechenlands im NATO-Bündnis bei der Begründung dieses Antrags nicht eingehen. Ich glaube, es würde über das, was heute dazu zu sagen ist, hinausgehen. Ich möchte aber doch zitieren, was der Präsident der Vereinigten Staaten bei einer Gelegenheit dem griechischen Botschafter in Washington über die Militärhilfe gesagt hat: Unsere Militärhilfe — sagte Präsident Johnson — wird erst dann wieder das volle Ausmaß wie vor dem 21. April erhalten, wenn Ihre Regierung die demokratische Rechtsordnung respektiert. Sie werden von uns, Herr Botschafter, von der amerikanischen Öffentlichkeit und dem Kongreß immer wieder den Wunsch zu hören bekommen, daß Griechenland endlich wieder ein parlamentarischer Rechtsstaat wird. Wir sind der Meinung, daß wir unsererseits die militärische Hilfe bis zur Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse in Griechenland einstellen sollten. Die Verteidigung der Freiheit kann doch nicht so aussehen, daß sie zur Verteidigung der griechischen KZ's wird. Meine Damen und Herren, der griechische Widerstand hat in den letzten Wochen und Monaten — wie ich glaube, nicht zuletzt durch die Reaktion der demokratischen Öffentlichkeit in der Welt — zugenommen. Hochachtung für eine Frau wie die Verlegerin Frau Vlachou, die mit der Waffe der Verachtung und des Spotts gegenüber denen, die ihr mit dem Militärgericht drohen, immer wieder ihre warnende Stimme erhebt und an uns appelliert, dem freien Griechenland zu Hilfe zu kommen! Ein konservativer, in Deutschland gut bekannter griechischer Politiker wie Kanellopoulos hat trotz Redeverbot und Maulkorb seine Stimme erhoben. Er hat diese Regierung charakterisiert und an den Westen appelliert, dem freien Griechenland den Weg zurück in die europäische Völkergemeinschaft zu erleichtern. Ich denke an Andrei Papandreou, auch an den Vater, den man freigelassen hat — eines der Manöver, um die Weltöffentlichkeit zu beruhigen. Aber so erfreulich die Freilassung des alten Papandreou ist, es sitzen weiter Tausende in den Lagern und auf den Inseln. Wir denken an Andrei Papandreou, und wir erwarten, daß, wenn es einen Prozeß gibt, dieser Prozeß rechtsstaatlich ist Blachstein und diesem Manne die Möglichkeiten der Verteidigung im öffentlichen Verfahren gegeben werden. Künstler, Professoren, Studenten, Arbeiter, Bauern und zahlreiche Offiziere, die nicht zur Clique der jetzigen Machthaber gehören, stehen auf der Seite des wahren Griechenlands, des demokratischen Griechenlands, des Griechenlands, mit dem wir befreundet und verbündet waren. Manche sind schnell zur Hand mit sehr einfachen Urteilen, z. B. mit ihrem Mißtrauen in die Möglichkeiten einer griechischen Demokratie. Ich möchte sie daran erinnern, wie viele Leute es in Europa und in der Welt gegeben hat mit einem sehr tiefen Mißtrauen gegenüber den Möglichkeiten einer deutschen Demokratie im Jahre 1945. Wollen wir uns gegenüber dem griechischen Volk in der gleichen Weise verhalten wie diese Leute damals, 1945? Ich glaube, es haben die im Lager unserer Gegner von vor 1945 recht behalten, die Deutschland eine demokratische Chance gegeben haben, und ich meine, wir sollten, soweit das in unseren sehr bescheidenen Möglichkeiten liegt, dem demokratischen Griechenland die gleiche Chance geben, wie wir sie einmal erhalten haben. Zum Schluß! Man spricht von einer neuen Verfassung. Ich teile die Hoffnungen, daß es zu einer solchen Verfassung kommt. Aber ich möchte hinzufügen, daß gegenüber einem Regime, das Tausende in Haft hält, unter dem es keine freie Presse gibt, unter dem sich nicht mehr als fünf Menschen versammeln dürfen, unter dem Urteile gesprochen werden, die Angeklagte wegen Beleidigung der Regierung mit zwei bis drei Jahren Gefängnis belegen, mein Glaube an die Möglichkeiten einer demokratischen Verfassung, die von denen vorgelegt werden soll, die heute das Regime des Terrors aufrechterhalten, äußerst gering ist Lassen Sie mich zusammenfassen: Suspendierung der Mitgliedschaft im Europarat, Aussetzung der Assoziierung an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, keine weitere Wirtschaftshilfe, keine weitere Militärhilfe, Asylrecht für die griechischen Gastarbeiter in der Bundesrepublik, um, soweit möglich, ihr Leben zu sichern und sie vor der Furcht vor ihren Verfolgern in unserem Land zu bewahren, Solidarität mit den griechischen Demokraten in ihrem schweren Kampf um die Rückkehr ihres Landes in demokratische, konstitutionelle, rechtliche Verhältnisse, das scheint mir das zu sein, was notwendig ist. Das scheint mir das zu sein, was wir mit unseren Freunden in den anderen europäischen Ländern, in der Beratenden Versammlung des Europarates und im Europäischen Parlament unterstützen sollten: mehr als Wünsche und Hoffnungen, wirksame Maßnahmen auch deutscherseits zur Sicherung Europas und zur Wiederherstellung der Freiheit, Gesetzmäßigkeit und Verfassung in Griechenland. Das Wort hat der Herr Bundeskanzler. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesaußenminister hat vor diesem Hause in einer sorgfältig abgewogenen Erklärung die Grundlinien der Außenpolitik der Regierung der Großen Koalition dargelegt. Seine Ausführungen haben in den bisherigen Diskussionsbeiträgen trotz einiger polemischer Beimischungen Zustimmung gefunden. Ich ergreife das Wort, weil ich durch einige Redner unmittelbar angesprochen worden bin und weil es sich dabei um Probleme handelt, von denen ich nicht wünsche, daß sie im Trüben bleiben. Herr Kollege Scheel meinte, daß die Gesamtpolitik der Regierung nicht genügend koordiniert sei. Es handle sich bei dieser Politik um ein unkoordiniertes Nebeneinander. Leider hat er dabei das Pech gehabt, des öfteren nicht nur die Meinung der Regierung, sondern auch das, was ihre Vertreter, insbesondere der Bundeskanzler zu verschiedenen Malen geäußert haben, falsch zu zitieren, und gerade das zwingt mich, ihm unmittelbar zu antworten. Aber auch die Ausführungen des Herrn Kollegen Mommer, mit dem ich seit vielen Jahren in dieser großen Bemühung um ein vereinigtes Europa zusammengestanden habe, veranlassen mich zu einigen Erwiderungen. Zunächst einmal zu dem „unkoordinierten Nebeneinander" in dieser Politik. Ich hätte gewünscht, Herr Kollege Scheel, daß Sie die von Herrn Kollegen Barzel dankenswerterweise erwähnte Rede zum 17. Juni sorgfältig gelesen hätten. In dieser Rede habe ich in der Tat den Versuch gemacht, zu zeigen, daß unsere gesamte Außenpolitik gen Westen wie gen Osten koordiniert ist und wo die Schwierigkeiten einer solchen Koordinierung liegen. Ich habe direkt die Frage gestellt, ob denn etwa unsere Europapolitik nicht im Widerspruch zu dieser unserer Ostpolitik stehe; ein Einwand, den man gelegentlich lesen und hören kann. Ich habe darzustellen versucht, daß diese Europapolitik nur dann nicht im Widerspruch zu unserer Ostpolitik steht, wenn es uns gelingt, im Laufe der Jahre im Zuge einer europäischen Entspannungspolitik mit dem Ziel der Heraufführung einer europäischen Friedensordnung eine Brücke zwischen Osten und Westen zu schlagen und auf diese Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß auch eine gerechte Lösung der deutschen Frage gefunden wird. Wir wollen uns mit unserer Europapolitik — das war vielleicht einmal auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges anders —, mit unserer Politik der Einigung Westeuropas, um es genau zu sagen, nicht abschließen und abschirmen, sondern wir fassen diese Europapolitik heute, nachdem auch nach meiner Meinung, das, was wir als die Epoche des Kalten Krieges bezeichnet haben, vorüber ist, im Rahmen dieser Konzeption der Anbahnung einer großen europäischen Friedensordnung auf. Da sind gerade im Zusammenhang mit dem deutschen Problem, wie wir wissen, sehr schwierige Fragen eingeflochten. Wenn wir uns redlich und mit ernstem Willen dieser Frage annehmen, müssen wir auch diese Schwierigkeiten zeigen. Ich nehme also eine Kritik, die nach dieser Koordinierung unserer Politik fragt, durchaus ernst, weil mich das ständig beschäftigt. Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger Sie haben gemeint, es sei uns nicht gelungen, die Ostund Entspannungspolitik, die wir begonnen hätten und der auch Sie Ihre Zustimmung gegeben hätten, durchzuhalten. Ich glaube, wenn Sie die Geschichte der vergangenen 10 Monate unbefangen überblicken, werden Sie nicht feststellen können, daß wir im geringsten in unseren Bemühungen um diese Entspannungspolitik, um diese Politik, bessere und vertrauensvollere Verhältnisse mit unseren östlichen Nachbarn zu schaffen, nachgelassen haben. Daß wir nicht sofort mit großen Erfolgen aufwarten konnten, liegt wahrhaftig nicht an uns. Aber ich möchte auch gar keine Zweifel bestehen lassen: wir haben solche kurzfristigen großen Erfolge auch gar nicht erwartet. Wenn wir das getan hätten im Blick auf die zwei Jahrzehnte, die hinter uns liegen, wären wir wahrhaftig leichtfertige Illusionisten gewesen. Mir liegt sehr daran, gerade das zu betonen. Mir liegt sehr daran, immer wieder darauf hinzuweisen, daß wir, als wir diese Politik begannen, wußten: sie wird deswegen so schwer sein, weil sie lang und mühevoll sein wird, weil sie nicht jeden Tag oder jede Woche eine neue politische Schlagzeile zu liefern vermag. Das gefällt natürlich nicht allen Leuten, und weil das nicht allen Leuten gefällt, erfinden sie eben vielfach Schlagzeilen. Das muß man mit Humor nehmen, so lange mit Humor nehmen, als es nicht der Sache unseres Volkes, als es nicht vor allem auch — da spreche ich im Namen dieser Koalition — der Sache dieser Koalition und der Zielsetzung dieser Koalition gefährlich wird. Sie haben, Herr Kollege Scheel, auf eine fatale Rede angespielt, die ich in Berlin gehalten haben soll. Ich erinnere mich an eine Rede, die ich in Berlin gehalten habe und die den Anwesenden dort und anderen recht gut gefallen hat. Aber inwiefern diese Rede fatal gewesen sein soll, weiß ich nicht. Ich nehme an, daß Sie auf eine Äußerung im Zusammenhang mit der „Anerkennungspartei" anspielen wollten. Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Bundeskanzler? Bitte! Herr Abgeordneter Scheel zu einer Zwischenfrage. Die Frage hat sich erübrigt, weil der Herr Bundeskanzler schon darauf kommt. Ich darf nur erwähnen, daß ich eine „fatale Bemerkung" in seiner Rede meinte. Gut, wir sind uns also darüber einig, was Sie gemeint haben. Ich will darauf sofort Antwort geben. Ich habe eben gesagt: die Gefahr der Erfindungskraft mancher liege darin, daß sie eine schwierige und mühevolle Politik, die sich oft auf einem sehr schmalen Grat bewegen muß, gefährden könnte, zerreden könnte. Ich will Ihnen offen sagen: in den letzten Monaten hat mich nichts so sehr beschäftigt und manchmal auch gequält wie der Versuch einer großen Reihe von Publizisten, die Politik, die Außenpolitik, die Ostpolitik, die Deutschlandpolitik dieser Regierung der Großen Koalition, dieser Großen Koalition naiv oder bewußt auseinanderzureden. Ich will gleich von vornherein sagen, daß ich niemanden verunglimpfen wollte, als ich davon sprach, hier in diesem Hause seien sich die Parteien — und, Herr Kollege Scheel, ich schloß die FDP in diese Feststellung ausdrücklich ein — im wesentlichen über die Grundzüge dieser unserer Außenpolitik, dieser unserer Ostpolitik und Deutschlandpolitik einig. Aber damit jede weitere Spekuliererei über das, was ich ausgesagt habe und wie ich es ausgesagt habe, aufhört, darf ich Ihnen — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten — die Stelle, die sich damit befaßt, aus einem Interview vorlesen, das ich einer süddeutschen Zeitung zu diesem Punkt gegeben habe. Der Journalist fragte mich: In der Deutschlandpolitik seien sich ja alle Fraktionen des Bundestages ziemlich einig, aber es scheine ihm, daß es eine Art außerparlamentarische Opposition gegen diese Politik der Nichtanerkennung Pankows gebe. Darauf erwiderte ich ihm — und ich bitte, nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf den Ton zu achten —: Sie haben recht, es ist sogar eine sehr einflußreiche Opposition. Bei einer Diskussion im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages hatte ich den Eindruck, daß nicht nur die beiden Regierungsparteien, sondern auch die Opposition, die FDP, hinter unserer Politik stehen, obwohl immer wieder Äußerungen aus dem Lager der FDP darauf hindeuten, daß die FDP sehr viel weiter — und gefährlich weiter — als wir zu gehen bereit wäre. Aber ganz eindeutig wird der Gedanke der Anerkennung von einer im Bundestag kaum repräsentierten Gruppe von Publizisten in Zeitungen, Zeitschriften, im Rundfunk und im Fernsehen vorgetragen. Das ist eine Tatsache, die unserer Bevölkerung noch gar nicht recht zum Bewußtsein gekommen ist, weil sie keinen vollständigen Überblick über die deutsche Publizistik hat. Ich stelle das nur fest. Wir leben in einer Demokratie, in der jeder das Recht auf seine Meinung hat. Aber man muß darauf hinweisen, daß es diese — in Anführungsstrichen; so heißt es — „vierte Partei" — oder diese außerparlamentarische breite publizistische Opposition gibt, obwohl sie in dem von unserem Volk gewählten Parlament nicht vertreten ist und obwohl unser Volk, wie jede demoskopische Umfrage zeigt, die Anerkennung entschieden ablehnt. Nun, meine Damen und Herren, wer gegen eine solche Feststellung etwas einzuwenden hat, der kann doch nur ein Interesse daran haben, daß diese seine Meinung, die er sonst munter verbreitet, nicht einBundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger mal vom Kanzler in aller Öffentlichkeit vor dem deutschen Volke festgestellt wird. Wenn ich nicht in den letzten Monaten erlebt hätte, daß immer neue Schwierigkeiten dadurch geschaffen worden waren — auch innerhalb der Koalition —, daß die gemeinsame Politik durch solche Publizisten zerredet wurde, hätte ich mich darum gar nicht gekümmert. Als ich in Kreßbronn die Vertreter der Koalition eingeladen hatte, um diese Fragen zu besprechen und ganz eindeutig klarzustellen, und als dies gelungen war und ich dies öffentlich sagte, mußte ich in den Zeitungen lesen: „Der Kanzler soll uns doch nicht für dümmer halten, als wir ohnehin schon sind. Die sind sich nicht einig, der Kanzler kann sagen, was er will, die sind sich einfach nicht einig". Nun, meine Damen und Herren, ich hoffe, daß die heutige Aussprache in diesem Hause ein für allemal bewiesen hat, daß wir uns einig sind. Nun zu einigen sachlichen Problemen: zur Frage der Koordinierung der Verteidigungspolitik mit der Ostpolitik. Sicher, wir werden in Kürze über diese Frage hier im Hause diskutieren müssen. Es ist eine schwierige Frage. Aber eines ist sicher: solange der Osten über diese gewaltige militärische Macht verfügt, die er in den vergangenen Jahren nicht im geringsten vermindert hat, muß der Westen eine dementsprechende Verteidigungsmacht aufbieten. — Das ist unbestritten. Wir haben, im Gegensatz etwa zu unseren französischen Freunden, darauf bestanden, daß gerade deswegen das atlantische Bündnis, und zwar das integrierte atlantische Bündnis, für uns wichtig sei. Ich habe auch Präsident de Gaulle gesagt, daß wir darum die Anwesenheit verbündeter, insbesondere amerikanischer, Truppen auf deutschem Boden für eine wichtige Sicherheitsgarantie halten. -Die Frage, wie man eine solche Verteidigungspolitik mit einer Entspannungspolitik koordinert, wird häufig falsch bedacht und falsch beantwortet. Wir können eine Entspannungspolitik nicht dadurch beginnen, daß wir einseitig abrüsten. Wir können eine Entspannungspolitik nur so führen, daß wir zwar bei der leidig-notwendigen Rüstungsanstrengung des Westens verhindern — so drückte ich es vor kurzem einmal aus —, daß sich die beiden Rüstungsapparate im Westen oder Osten mit zunehmender politischer Spannung füllen, bis eines Tages die Entladung dieser akkumulierten Spannung von selbst erfolgt, daß wir aber innerhalb dieser hochgerüsteten, gegeneinanderstehenden Mächte die politische Spannung so niedrig wie möglich halten. Das ist, glaube ich, das richtige Rezept für eine solche Entspannungspolitik. Ob es nun wirklich so ist, daß unsere Haltung zu den Trägerwaffen, daß eine geänderte Haltung ihnen gegenüber dazu dienen könnte, die Spannung zu vermindern, Herr Kollege Scheel, das glaube ich nicht. Sie haben sich in Ihren Ausführungen eigentlich auch widersprochen. Sie haben einerseits gesagt, eine Änderung dieser unserer verteidigungspolitischen Konzeption müsse für die Entspannung eingesetzt werden. Zugleich aber haben Sie gesagt, sie müsse für unsere Sicherheit und für unsere Verteidigung eingesetzt werden, und Sie meinten, es handle sich hier um eine Drohung mit einer nicht geladenen Pistole. Nun, mit einer nicht geladenen Pistole kann man ganz bestimmt keine Politik der Verstärkung der Spannungen unter den Völkern machen. Zwischenfrage! Herr Bundeskanzler, haben Sie nicht bemerkt, daß ich in meiner Rede nicht von einer Verminderung unserer Verteidigungsbereitschaft gesprochen habe, sondern nur von einer Verlagerung der Aufgaben innerhalb des Bündnisses, daß ich vor allem davon gesprochen habe, daß in einem funktionierenden Bündnis, in der NATO, der über Atomwaffen verfügende Partner, die Vereinigten Staaten, auch den atomaren Part für uns spielen kann? Natürlich habe ich das verstanden, Herr Kollege Scheel. Aber Sie haben sich selbst in Ihren Ausführungen widersprochen. Ich finde, die Frage ist zu wichtig und zu ernst, als daß man sie so leichthin behandeln kann. Was für unsere Sicherheit notwendig ist, ob es genügt, daß wir eine derartige strikte Arbeitsteilung durchführen, wie Sie sie im Kopf haben — wir beschränkt auf den rein konventionellen Part, unsere Verbündeten, die Vereinigten Staaten, mit dem vollen Monopol der nuklearen Macht —, das ist eben die große Frage und eine sehr schwere und schwierige Frage, von der aber eines Tages einmal Wohl und Wehe unseres Volkes abhängen kann. Aber ich kann Ihnen im Ziel zustimmen, nämlich, daß wir unsere Verteidigungspolitik nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der von uns gewollten Anbahnung einer europäischen Friedensordnung sehen sollten. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt? Herr Bundeskanzler, könnte es vielleicht sein, daß der Kollege Scheel bei seinen Ausführungen übersehen hat, daß die Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage in derselben Lage ist wie die Volksrepublik Polen oder wie Holland oder wie die DDR? Viele Länder Mitteleuropas verfügen nämlich — ich nehme an, daß das dem Kollegen Scheel entgangen ist — in derselben Weise — das Wort „verfügen" kann man hier nur in Gänsefüßchen setzen — über Trägerwaffen, nicht aber über Sprengköpfe. Ist es nicht vielleicht so, Herr Bundeskanzler, daß man erklären muß, daß nichts davon zu gewinnen wäre, wenn die Bundesrepublik Deutschland allein und isoliert aus einem für fast alle mitteleuropäischen Staaten geltenden Schmidt Status herausspränge, ohne daß jemand anders etwas Gleichwertiges gleichzeitig dafür täte? Herr Kollege Schmidt, auf diese Ihre Frage kann ich nur so antworten, daß ich sage: es kann sehr wohl so sein. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Scheel? Herr Bundeskanzler, haben Sie nicht den Eindruck, daß es dem Kollegen Schmidt entgangen ist, daß sich die Bundesrepublik in einer anderen politischen Lage befindet als z. B. Holland oder Polen? Ich habe nicht den Eindruck, daß dem Kollegen Schmidt das entgangen ist. Nun eine andere Sache, die ich nicht im Zwielicht stehenlassen will, weil sie darauf hindeuten könnte, daß innerhalb der Großen Koalition, etwa zwischen dem Außenminister und mir, in dieser Frage Meinungsunterschiede bestünden. Sie haben gesagt, Herr Kollege Scheel, wenn ich Sie recht verstanden habe, ich hätte bei jeder Gelegenheit das Wort vom Alleinvertretungsrecht in den Mund genommen. Ich habe ein einziges Mal von unserem Rechtsstandpunkt gesprochen. Das war, glaube ich, in der Erklärung im Bundestag bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien. Im übrigen habe ich bei jeder Gelegenheit eine Ausdrucksweise gewählt, die diesen Rechtsstandpunkt nicht mißverstehen läßt, ihn vor allen Dingen nicht als anmaßend und arrogant gegenüber unseren Landsleuten im anderen Teil Deutschlands erscheinen lassen konnte. Ich habe bei vielen Gelegenheiten gesagt, daß im Grunde genommen unser ganzes Wiedervereinigungsbemühen sich darauf konzentriert, daß wir, solange unsere Landsleute im anderen Teil Deutschlands nicht das Recht haben, über ihr Schicksal selber zu bestimmen, selber zu sagen, was sie wollen und wohin sie wollen, für sie sprechen, und zwar in dem Sinne für sie sprechen, daß wir ihnen einen Weg bahnen wollen bis zu dem Tag und der Stunde, wo ihnen dieses Recht, das in der ganzen Welt nicht bestritten wird, endlich gegeben wird. Der Herr Außenminister hat zu dieser Frage in sehr wahlbedachten Formulierungen, die wir miteinander besprochen hatten, Stellung genommen, und wir sind uns darin vollkommen einig. Ich habe mich in meiner Stellungnahme gegen einen großen Teil einer hier im Hause kaum vertretenen politischen Tendenz, gegen das Reden von der Anerkennung gewandt. Meine Damen und Herren, natürlich kann man mit Worten immer streiten. Man kann auch immer darüber streiten, was der eine oder der andere unter „Anerkennung" versteht. Hier ist vom Herrn Bundesaußenminister heute früh ganz klar gesagt worden: „Die völkerrechtliche Anerkennung des Regimes drüben werden wir nicht hinnehmen, werden wir nicht mitmachen, und darüber werden wir auch nicht reden." Das ist klar. Man sollte also, wenn man die völkerrechtliche Anerkennung nicht meint, lieber einen anderen Ausdruck wählen. Gut, wir erkennen natürlich, daß sich da drüben etwas gebildet hat, ein Phänomen, mit dem wir es zu tun haben, ein Phänomen, mit dessen Vertretern ich in einen Briefwechsel eingetreten bin, ein Phänomen, mit dem wir bereit sind — so wie es in der Regierungserklärung angekündigt worden ist — um der Erleichterung des Lebens unseres Volkes, durch die Not der Spaltung hervorgerufen, willen Kontakte aufzunehmen, Vereinbarungen zu treffen. Das ist selbstverständlich. Es wäre eine Torheit, das zu leugnen. Das Entscheidende ist nur — und das ist auch in der Regierungserklärung gesagt worden; ich denke, wir sollten an diesem Tage noch einmal klar sagen, daß wir dabei bleiben —, daß wir bei aller Bereitschaft zu diesen Kontakten an dem Satz festhalten, der in der Regierungserklärung steht, daß wir diese Kontakte von Fall zu Fall so handhaben werden, daß niemand in der Welt sie dahin mißverstehen kann, als ob wir die völkerrechtliche Anerkennung oder auch nur die De-facto-Anerkennung des anderen Regimes wollten. (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)


    (Beifall bei den Regierungsparteien.)


    (Sehr richtig! bei der SPD.)


    (Beifall auf allen Seiten dies Hauses)





    (Heiterkeit und Beifall.)


    (Heiterkeit.)


    (Beifall.)