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    Deutscher Bundestag 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa, Jean Monnet . . . . . . 6331 C Erweiterung der Tagesordnung 6331 A Amtliche Mitteilungen 6331 B Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Antrag betr. Entschließungen des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/2157) und mit Antrag betr. Griechenland (SPD) (Drucksache V/1989) Brandt, Bundesminister . 6331 D, 6387 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6337 A Scheel (FDP) 6343 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 6350 B Blachstein (SPD) 6355 B Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler 6357 B Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . 6362 C Dr. Eppler (SPD) 6365 D Dr. Mende (FDP) 6369 C Dr. Kopf (CDU/CSU) O 6375 A Genscher (FDP) 6378 B Wehner, Bundesminister 6382 C Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik des Personals, der Dienstbezüge, Vergütungen und Löhne im öffentlichen Dienst (Abg. Dr. Even, Schmitt-Vockenhausen, Dorn u. Gen.) (Drucksache V/1721); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache V/2172), Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/2136) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 6390 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. November 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2005) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/2170) — Zweite und dritte Beratung — 6390 C Fragestunde (Drucksachen V/2155, zu V/2155) Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Deutsches Hilfsprojekt zum Aufbau der medizinischen Fakultät der Universität Hué Wischnewski, Bundesminister . . . 6390 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6391 C Fragen des Abg. Hübner: Ärztliche Behandlung von deutschen Versicherten in Österreich Kattenstroth, Staatssekretär . . 6391 D Hübner (SPD) 6392 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Frage des Abg. Dr. Hammans: Mittel aus der Erhöhung der Mineralölsteuer für die Landkreise Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6392 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 6392 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 6393 C Frage der Abg. Frau Freyh: Einsatz von Bundesmitteln für die V-Bahn in Frankfurt Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6393 D Frau Freyh (SPD) 6394 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . 6394 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6394 D Anlagen 6395 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6331 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Aigner * 14. 10. Frau Albertz 14. 10. Arendt (Wattenscheid) 13. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 20. 10. Dr. Artzinger 15. 10. ' Bauer (Wasserburg) 18. 10. Frau Berger-Heise 13. 10. Blumenfeld 13. 10. Dr. Burgbacher * 13. 10. Dr. Czaja 20. 10. Deringer 13. 10. Diekmann 13. 10. Dr. Dittrich* 13. 10. Frau Funcke 13. 10. Frau Geisendörfer 13. 10. Gibbert 27.10. Dr. Gleissner 20. 10. Graaff 13. 10. Haage (München) 13. 10. Dr. Haas 13. 10. Dr. Häfele 13. 10. Herold 13. 10. Höhne 31. 10. Hörmann (Freiburg) 13. 10. Hussong 13. 10. Dr. Ils 13. 10. Dr. Jaeger 13. 10. Jahn (Marburg) 13. 10. Dr. Jungmann 31. 10. Dr. Kempfler 13. 10. Könen (Düsseldorf) 13. 10. Kohlberger 13. 10. Krammig 13. 10. Kriedemann * 13. 10. Frau Dr. Krips 22. 10. Krug 13. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 13. 10. Kulawig * 13. 10. Kunze 31. 10. Langebeck 31. 10. Lemmer 13. 10. Lenz (Brühl) 31. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 12. 11. Memmel * 13. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 13. 10. Dr. von Merkatz 3. 11. Merten 31. 10. Metzger * 13. 10. Mick 13. 10. Mischnick 13. 10. Missbach 19. 10. Dr. Müller-Hermann 13. 10. Paul 13. 10. Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Renger 13. 10. Rösing 13. 10. Ruf 13. 10. Frau Schimschok 13. 10. Schulhoff 13. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 13. 10. Dr. Schulz (Berlin) 13. 10. Frau Dr. Schwarzhaupt 13. 10. Seuffert 13. 10. Spitzmüller 13. 10. Dr. Starke (Franken) 13. 10. Steinhoff 21. 10. Stooß 13. 10. Tönjes 13. 10. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 13. 10. Wendelborn 13. 10. Wiefel 13. 10. Wienand 20. 10. Wieninger 13. 10. Dr. Wilhelmi 13. 10. Baron von Wrangel 13. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatsekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 69) : In wieviel Fällen haben im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 Wehrdienstverweigerer bei der Zuweisung von Ersatzdienst Schwierigkeiten bereitet? In den 18 Monaten vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1967, auf die Sie, Herr Abgeordneter, in Ihrer Frage Bezug nehmen, sind insgesamt 3300 Anträge eingegangen, in denen sich Ersatzdienstpflichtige gegen eine Heranziehung zum Ersatzdienst wandten. Die Zahl der Antragsteller liegt niedriger, da diese nach der Erfahrung des Bundesverwaltungsamtes oft mehrere Anträge stellen. Unterlagen über die Anzahl von Ersatzdienstpflichtigen, die solche Anträge gestellt haben, liegen mir nicht vor, da leider nur die Zahl der eingehenden Anträge, nicht aber die der betroffenen Personen festgehalten wird. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Faller (Drucksache V/2155 Fragen 73, 74 und 75) : Ist .der Bundesregierung bekannt, daß die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Landkreis Lörrach für ihre Leistungsaushilfe für im französischen Grenzgebiet beschäftigte deutsche Grenzgänger noch immer keinen finanziellen Ersatz erhalten hat, obwohl die Bundesregierung in der Fragestunde vom 24. Juni 1966 (51. Sitzung) eine baldige Lösung der Probleme in Aussicht stellte? Hält es die Bundesregierung für zumutbar, daß die in Frage 73 erwähnte Allgemeine Ortskrankenkasse nunmehr einen Betrag von über 200 000 DM auch weiterhin zinslos stundet, obwohl die Leistungsaushilfe gar nicht zwingend ist, da die Kassenleistungen auch in Frankreich erbracht werden können? 6396 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Erstattungsverfahren oder die direkte Abrechnung mit den französischen Kassen im Elsaß für die in Frage 73 erwähnte Leistungsaushilfe endlich in Gang zu bringen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß für Sachleistungen, die aushilfsweise durch deutsche Träger der Krankenversicherung für Rechnung der französischen Krankenkassen gewährt worden sind, eine Kostenabrechnung seit dem 1. Februar 1964 nicht mehr vorgenommen worden ist. Nachdem der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung — wie in Beantwortung Ihrer Frage am 24. Juni vorigen Jahres zugesagt — wiederholt darauf gedrängt hatte, ist die zur Klärung diesbezüglicher Fragen eingesetzte deutsch-französische Technische Kommission zusammengetreten. Dabei konnte Einvernehmen über die Kostenabrechnung bis zum 30. Juni 1965 erzielt werden. Die Kostenrechnungen der deutschen Krankenkassen für diesen Zeitraum hat der Bundesverband der Ortskrankenkassen, der als deutsche Verbindungsstelle auf dem Gebiete der Krankenversicherung fungiert, der französischen Verbindungsstelle in Paris im November 1966 zugeleitet. Von seiten der französischen Krankenkassen sind jedoch weder Zahlungen erfolgt noch eigene Kostenrechnungen aus der Zeit bis zum 30. Juni 1965 eingegangen. Durch die bisherige Nichtabrechnung der französischen Forderungen kommt natürlich den deutschen Trägern der Krankenversicherung in ihrer Gesamtheit auch ein gewisser Vorteil, zumindest in Form von Zinsgewinnen, zugute. Bei der aushilfsweisen Gewährung von Sachleistungen handelt es sich um eine Gemeinschaftsregelung, die auf der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beruht. Sie kann deshalb den anspruchsberechtigten Versicherten nicht versagt werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat dem französischen Sozialministerium vorgeschlagen, über noch zu regelnde Probleme — zu diesen gehört auch die Kostenabrechnung — möglichst bald Verhandlungen aufzunehmen. Bezüglich der Kostenabrechnung strebt die Bundesregierung eine unmittelbare Zahlung von Träger zu Träger ohne Einschaltung der Verbindungsstelle an; sie steht damit in Einklang mit den Wünschen der Träger der Krankenversicherung. Das französische Sozialministerium hat inzwischen einen Verhandlungstermin für Anfang des nächsten Jahres in Aussicht gestellt. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 80) : Kann das Bundesverteidigungsministerium mitteilen, wie hoch die Zahl der anerkannten Wehrdienstverweigerer im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 gewesen ist? Im Jahre 1966 wurden 2750 und im ersten Halbjahr 1967 2608 Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Im Jahre 1966 haben 4431 Wehrpflichtige ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragt. Demgegenüber haben im 1. Halbjahr 1967 bereits 3473 Wehrpflichtige einen solchen Antrag gestellt. Die Zunahme der Anträge dürfte auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) Die Geburtsjahrgänge sind ab Jahrgang 1946 stärker geworden. Der Geburtsjahrgang 1948 ist z. B. gegenüber dem Geburtsjahrgang 1947 um rd. 25 000 Wehrpflichtige angestiegen; allein dadurch erhöht sich schon zwangsläufig die Zahl der Anträge. b) Die Anträge sind nicht fristgebunden und werden deshalb auch noch nach der Musterung von älteren Wehrpflichtigen laufend gestellt. So beantragten im 1. Halbjahr 1967 noch rd. 1000 Wehrpflichtige der Jahrgänge 1946 und 1947 ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. c) Die durch die Schuljahrsumstellung bedingte Vorverlegung des Musterungsbeginns von Ende März auf Anfang Januar hat zu einer frühzeitigeren Antragstellung der Wehrpflichtigen des Geburtsjahrganges 1948 geführt. Eine abschließende Stellungnahme über die Gesamtentwicklung der Anträge kann erst Anfang 1968 abgegeben werden. Die Gesamtzahl der im 1. Halbjahr 1967 anerkannten Kriegsdienstverweigerer läßt keinen Schluß auf die weitere Entwicklung zu, weil diese sich auch dadurch erhöht hat, daß auf Grund von Verwaltungsanordnungen die Verfahren erheblich beschleunigt werden konnten. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Enders (Drucksache V/2155 Fragen 81 und 82) : Treffen Berichte zu, wonach beim Panzeraufklärungsbataillon 5 im osthessischen Sontra die Ausbildungskompanie 6/5 in Kürze aufgelöst werden soll? Kann die eventuelle Auflösung der in Frage 81 erwähnten Einheit wegen der vorhandenen Unterkünfte und Einrichtungen wirtschaftlich verantwortet und im Hinblick auf die damit verbundene Strukturverschlechterung im Zonenrandgebiet vertreten werden? Die Ausbildungskompanie 6/5 beim Panzeraufklärungs-Btl. 5 ist am 1. Oktober 1967 aufgelöst worden. Die Auflösung der Kompanie erfolgte aus. organisatorischen Gründen zur Anpassung an die derzeitige strukturelle Situation des Heeres. Die Unterkünfte und Einrichtungen in Sontra werden weiterhin wirtschaftlich genutzt werden. Es ist geplant, die frei gewordenen Unterkunftsplätze durch andere Verbände zu nutzen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6397 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2155, Frage 83) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß von, den Wehrersatzbehörden häufig bei der Ablehnung von Zurückstellungsgesuchen nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes erklärt wird, in dringenden Fällen werde unbezahlter Arbeitsurlaub gewehrt, die Truppe aber später nicht bereit ist, solche Zusagen einzuhalten? Ein Wehrpflichtiger soll nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes auf seinen Antrag vom Wehrdienst zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Liegt ein solcher Härtefall nicht vor, wird sein Zurückstellungsantrag vom Kreiswehrersatzamt abgelehnt. In dem ablehnenden Bescheid kann darauf hingewiesen werden, daß dem Wehrpflichtigen später während des Wehrdienstes nach § 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung Urlaub gewährt werden kann, wenn die Nichtgewährung des Urlaubs für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Die Entscheidung, ob ein solcher Urlaub einem Wehrpflichtigen gewährt oder nicht gewährt wird, trifft bei einer Urlaubsdauer bis zu 14 Tagen der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte — im Regelfall also der Bataillonskommandeur. Soweit längerer Urlaub beantragt wird, trifft die Entscheidung die personalbearbeitende Stelle. Ein solcher Hinweis auf die Soldatenurlaubsverordnunng von Seiten des Kreiswehrersatzamtes beinhaltet keine Zusage auf Urlaubsgewährung. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/2155, Fragen 86- und 87) : Wie hoch waren die Unfallzahlen in den Jahren 1966 und 1967, die durch eine Mißachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links entstanden sind? Läge es nicht im Interesse eines reibungslosen Ablaufs auf unseren Straßen und der einfachen Rechtsprechung, bei Unfällen zur Regelung des Verkehrs durch Vorfahrtstraßen einerseits und den vorfahrtnehmenden Schildern andererseits überzugehen? Nach der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik ist im Jahre 1966 bei 13 477 Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden „Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links" als Unfallursache von der Polizei festgestellt worden. Für das Jahr 1967 ist diese Unfallursache bisher nur für die Monate Januar bis April veröffentlicht. In dieser Zeit hat die Polizei diese Ursache in 3564 Fällen angegeben. Der Grundsatz, daß die Vorfahrt hat, wer von rechts kommt, ist (in den Ländern mit Rechtsverkehr) international vereinbart. Davon allgemein durch entsprechende Beschilderung abzugehen, ist möglich, würde aber zu einem solchen Aufwand an Schildern führen, daß davon abzuraten ist. Es ist auch zweifelhaft, ob dadurch ein reibungsloserer Verkehrsablauf und eine einfachere Rechtsprechung erreicht werden könnten. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf ,die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Picard (Drucksache V/2155 Fragen 88 und 89) : Wie ist der Stand der Planung für den Ausbau der Bundesstraße 448 zwischen Offenbach und Seligenstadt? Wird die Bundesregierung nun beschleunigt die Rechtsverordnung über die zulässigen Grenzwerte für die Autoabgasgifte erlassen, da deutsche Autohersteller durch verbesserte Motorkonstruktionen in der Lage sind, ohne besondere Entgiftungsgeräte z. B. die in Kalifornien geforderten Höchstwerte an Kohlenmonoxyd und Kohlenwasserstoffen weit zu unterschreiten? Der Entwurf für den Ausbau der B 448 zwischen Offenbach und dem Anschluß an die B 45 bei Tannenmühle ist fertiggestellt. Zwischen Tannenmühle und Seligenstadt verläuft die L 2310 in der Baulast des Landes Hessen. Durch einen Einspruch gegen die geplante Verlegung der Landesstraße 3117 und deren Anschluß an die B 448, wird auch der Bau der B 448 verzögert. Die Bundesregierung wird umfassende Abgasverordnungen für Kraftfahrzeuge sobald wie möglich erlassen. Die erste Rechtsverordnung auf diesem Gebiet wird voraussichtlich noch im Oktober dieses Jahres dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt. Es handelt sich um eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung. Der Termin für die Einführung wird so bemessen sein, ,daß die Automobilindustrie sich ohne Störungen darauf einstellen kann. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Collet (Drucksache V/2155 Fragen 94, 95 und 96) : Wie beurteilt die Bundesregierung die neuen Vorschläge zum Ausbau der B 10, wie sie von der regionalen Planungsgemeinschaft unter Leitung von Herrn d'Alleux ausgearbeitet wurden? Will die Bundesregierung diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne übernehmen oder hält sie an der Durchführung der seitherigen zu einem Teil bereits in der Verwirklichung befindlichen und zum anderen Teil vergabereifen Pläne fest, wie sie der Bundesverkehrsminister bei seinem Besuch im April d. J. erläutert hatte? Um welche Zeitspanne würde sich der Ausbau der B 10 nach Meinung der Regierung verzögern, wenn man diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne ausarbeiten, die notwendigen Grundstücke erwerben und die Arbeiten erneut ausschreiben und vergeben würde? Die neuen Vorschläge der regionalen Planungsgemeinschaft zum Ausbau der B 10 liegen dem Bundesverkehrsministerium bisher nicht vor. Wie ich von der Auftragsverwaltung, dem Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz er- 6398 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 fahren habe, erstrecken sich die neuen Vorschläge hauptsächlich auf den Raum Zweibrücken–Pirmasens. Einzelheiten sind mir jedoch nicht bekanntgeworden. Im Einvernehmen mit der Auftragsverwaltung ist vorgesehen, zunächst die bestehende 2spurige B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens auszubauen. Die Ausbauprojekte sind entwurfsmäßig in überwiegendem Maße abgeschlossen und befinden sich z. T. schon in der Bauvorbereitung. Einige Maßnahmen sind bereits durchgeführt. Eine Änderung dieser Konzeption würde eine Verzögerung von mehreren Jahren mit sich bringen. Daneben ist geplant, die B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens in naher Zukunft auf einen zweibahnigen (4spurigen) Querschnitt zu bringen. Ob dies durch Erweiterung der bestehenden Straße oder durch den Neubau einer zweispurigen Straße geschehen wird, bedarf noch einer näheren Untersuchung. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (Drucksache V/2155 Fragen 97 und 98) : Welche Ergebnisse haben die seither durchgeführten Versuche mit der Verwendung von Kunststoffen im Bereich des Straßenbaus, insbesondere beim Straßenunterbau, gebracht? Erscheint es wahrscheinlich oder sicher, daß die Verwendung von Kunststoffen im Straßenunterbau zu einer Senkung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Haltbarkeit der Straßen führt? Die Verwendung von Kunststoffen im Straßenbau befindet sich noch weitgehend im Versuchsstadium, da es sich um langjährige Erprobungen zur Sammlung ausreichender Erfahrungen handelt. Endgültige Feststellungen über die Bewährung dieser Bauweisen können daher noch nicht getroffen werden. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Anwendung von Dämmschichten auf Kunststoffbasis im Straßenunterbau. Im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten von Kunststoffen zur Beschichtung von Fahrbahnoberflächen sind die Erfahrungen ebenfalls noch nicht so weit gediehen, daß die Verfahren als ausreichend erprobt und technisch einwandfrei bezeichnet werden können. Abgesehen von der technischen Eignung sind die Kunststoffbeschichtungen sehr aufwendig, so daß derartige Ausführungen vorerst nicht für größere Flächen in Betracht kommen. Dagegen hat die Verwendung von Folien und Entwässerungsrohren aus Kunststoff aufgrund ihrer technischen Eignung und Wirtschaftlichkeit bereits in größerem Umfang Eingang in die Praxis genommen. Bei den derzeitigen Versuchsausführungen stehen zunächst die technischen Fragen im Vordergrund. Die Bemühungen gehen dahin, eine der bisherigen Bauweise mindestens gleichwertige Lösung zu finden. Vorhersagen über die wirtschaftlichen Vorteile dieser Bauweise sind daher noch nicht möglich. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Cramer (Drucksache V/2155, Frage 100) : Wann ist mit dem Beginn der Bauarbeiten für die neue B 69 Oldenburg/Wilhelmshaven zu rechnen? Mit Bauarbeiten für die neue autobahnähnliche B 69 kann begonnen werden, sobald das nach ,dem Bundesfernstraßengesetz erforderliche Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein wird. Dementsprechend sollen 1968 die Bauarbeiten auf der 1. Teilstrecke westlich Varel anlaufen. Haushaltsmittel hierfür sind im Entwurf zum Straßenbauplan 1968 (6 Mio DM) vorgesehen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Rinderspacher (Drucksache V/2155, Fragen 101 und 102) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des baden-württembergischen Innenministers, daß auch innerhalb geschlossener Ortschaften Geschwindigkeiten über 50 km/h zugelassen werden können, wenn die Strecken — z. B. Ortsausfahrten — entsprechend gut ausgebaut sind? Ist der Bundesverkehrsminister bereit, bei allen Bundesländern darauf hinzuwirken, daß von Geschwindigkeitsbeschränkungen ein verkehrsgerechter Gebrauch gemacht wird, höhere Geschwindigkeiten also zugelassen werden, wenn die örtlichen Gegebenheiten es zulassen? Seit dem 1. September 1967 beträgt die höchstzulässige Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h für Kraftfahrzeuge aller Art. Die Geschwindigkeitsbegrenzung in dieser Höhe wurde gewählt, weil nach den in den USA gewonnenen verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 48 km/h die größte Leistungsfähigkeit überfüllter Stadtstraßen vorhanden ist. Diese Maßnahme hat sich bewährt und zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr erheblich beigetragen. Insbesondere sind die schweren Unfälle innerorts stark zurückgegangen. Die Straßenverkehrsbehörden können höhere Geschwindigkeitsgrenzen festsetzen. Diese Maßnahme kommt in Betracht bei Straßen mit größerer Verkehrsbedeutung, z. B. Ausfallstraßen, die keinen nennenswerten Fußgängerquerverkehr haben. Der Fußgängerquerverkehr muß dann durch Lichtzeichen, Geländer und dergleichen geschützt werden. Geschwindigkeiten über 70 km/h sollten nur in Ausnahmefällen erlaubt werden. Der Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung enthält auch eine entsprechende Empfehlung an die Straßenverkehrsbehörden der Länder. Der Bundesminister für Verkehr hat keine weitergehende Einwirkungsmöglichkeit. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6399 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die_ Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lemmrich (Drucksache V/2155, Fragen 107 und 108) : Seit wann wird im Bundesverkehrsministerium an einer neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Änderungsverordnung zur StVZO) gearbeitet? Welche wesentlichen Änderungen sind in der in Frage 107 erwähnten neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgesehen? Die Arbeiten an der z. Z. in Vorbereitung befindlichen Änderungsverordnung zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wurden im Juni 1967 mit der Aufstellung eines Verordnungs-Entwurfs begonnen. Mit der Verordnung wird im wesentlichen die Änderung bzw. Ergänzung der Vorschriften auf folgenden Gebieten angestrebt: 1. Neufestsetzung des Mindestalters für die Fahrer von Fahrrädern mit Hilfsmotor, 2. Neuregelung zur Abgasreduzierung, 3. Kenntlichmachung von Arztfahrzeugen im Notfalleinsatz, 4. generelle Einführung von Warndreiecken, Warnleuchten und Warnblinkanlagen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage ides Abgeordneten Ramms (Drucksache zu V/2155, Frage 109) : Welche europäischen Länder sind nicht an der Vorbereitung einer gemeinsamen europäischen Straßenverkehrs-Ordnung beteiligt? Nicht beteiligt sind die Staaten des Ostblocks sowie Finnland, Island, Liechtenstein, Andorra, Monaco, San Marino und ,der Vatikan-Staat.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion in Arbeitsteilung mit meinen Kollegen Dr. Eppler und Blachstein, die später zu anderen Themen der heutigen Debatte sprechen werden. Ich kann mich auf das Thema Europa konzentrieren.
    Zunächst kann ich da erfreut feststellen, daß es in diesem Hause im -Positiven eine sehr große Übereinstimmung gibt. Diese Übereinstimmung kommt schon darin zum Ausdruck, daß wir gemeinsam die Entschließung des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa, des MonnetKomitees, haben einbringen können. Hier werden Bekenntnisse zu dem abgelegt, was jetzt in diesen Gemeinschaften ansteht. Es ist der große Schritt von dem kleinen Europa zu dem größeren Europa. Herr Dr. Barzel hat sehr eindrucksvolle Gedanken und Formulierungen gefunden, um uns klarzumachen, daß dieser Kontinent und dieses Volk diesen Schritt tun müssen, wenn sie nicht einen Tempoverlust haben wollen, wenn sie nicht hinter der Entwicklung in den großen Ländern, den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, hoffnungslos herhinken wollen.
    Aber es gibt wahrscheinlich in diesem Hause auch volle Übereinstimmung in bezug auf das Negative.
    Herr Scheel, jetzt spreche ich Sie an. Sie haben hier kritische Bemerkungen gegenüber der Bundesregierung gemacht. Es ist natürlich eine vornehmliche Pflicht der Opposition, kritische Bemerkungen zu machen, aber nicht nur die Opposition schaut mit kritischen Augen auf das, was die Regierung tut, sondern auch die Koalition tut das, und besonders zwei so große Fraktionen beobachten das genau, was da geschieht; übrigens nicht nur wieder in Arbeitsteilung etwa die CDU die SPD-Minister und die SPD die CDU-Minister — das geschieht natürlich auch —, sondern das tun im parallelen Verkehr auch die Fraktionen im Blick auf die aus ihnen hervorgegangenen Minister. Ich werde nachher im Namen meiner Fraktion und wahrscheinlich auch im Namen der Koalitionsfraktionen kritische Bemerkungen machen, die vielleicht, wenn selbstverständlich auch im Ausdruck ganz geschliffen und höflich und respektvoll vorgebracht, über das hinausgeht, was die Opposition hier gesagt hat. — Bitte, Herr Dr. Mende.


Rede von Dr. Erich Mende
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Mommer, können Sie aus der 18jährigen Praxis hier bestätigen, daß sich zum Unterschied von der Theorie des Parlamentsrechts in der Praxis doch die jeweiligen Regierungsfraktionen als Schutzgemeinschaft für die eigene Bundesregierung bewähren, daß also die Regierungsfraktionen die Blößen der Regierung nicht aufdecken, sondern im allgemeinen zuzudecken pflegen?

(Zurufe von der SPD.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Dr. Mende, die Sache ist komplizierter. Eine Mehrheit im Parlament hat erstens die Aufgabe, die Mehrheit dieser aus ihr hervorgegangenen Regierung zu sein, und das heißt: sie zu schützen. Zweitens hat aber diese Mehrheit auch die Aufgabe, dem Tun und Lassen der Regierung kritisch gegenüberzustehen. Diese Kritik wird natürlich in der Regel in camera caritatis vorgetragen. Aber es kann nichts schaden, wenn sie in der gebührenden Form auch einmal öffentlich vorgetragen wird.
    Doch nun zu meinem Thema. Ich brauche nicht mehr darzulegen, was da alles an Positivem über diese 10 Jahre EWG, die jetzt hinter uns liegen, zu sagen ist. Das waren große Erfolge, das waren auch Erfolge im Politischen. Sie sind hier schon hervorgehoben worden. Wir haben erstmalig in einer wichtigen Sache, bei dieser Kennedy-Runde, mit einer Stimme sprechen können. Auch bei den Verhandlungen über die Reservewährung hat es sich jetzt gezeigt, daß die Zusammenarbeit so weit gediehen ist, daß auch da wieder gemeinsame Haltungen in schwierigen Fragen möglich waren.
    Aber der größte politische Erfolg, den diese Gemeinschaften erzielt haben, liegt wohl in den Beitrittsgesuchen, mit denen wir es jetzt zu tun haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das ist ein historischer Augenblick, in dem wir den Geburtsfehler der Gemeinschaft loswerden können, der darin lag, daß wir damals gezwungen waren, klein, mit sechs Mitgliedern anzufangen. Durch



    Dr. Mommer
    diese Anträge besteht jetzt die Möglichkeit, den Graben zuzuschütten, der sich seit damals zwischen der EWG und der EFTA entwickelt hat. Das ist der Kernpunkt der Monnet-Entschließungen, die wir hier vorgelegt haben. Wir dürfen diese Chance nicht verspielen. Das ist mit Abstand die wichtigste Aufgabe, vor der die EWG steht, und damit auch eine höchstrangige Aufgabe unserer Bundesregierung, die ein so gewichtiges Mitglied in den Gemeinschaften ist.
    Trotz der Erfolge, die die Gemeinschaften zu verzeichnen haben, sind wir uns bewußt, wie klein dieses Europa noch ist, daß es mehrfach geteilt ist, daß die politischen Strukturen unterentwickelt sind und daß wir, weil es eben so ist, in der Weltpolitik nicht die Rolle spielen können, die Europa zukäme. Wir haben mit Bitterkeit feststellen müssen, wie es in der Zeit, als vor unserer Türe, unsere Interessen direkt berührend, der Nahostkonflikt ablief, vergeblich war, daß ein Mitgliedland versuchte, sich einzuschalten, und wie man überhaupt nicht daran denken konnte, die Gemeinschaften als solche zu einem Faktor zu machen.
    Lassen Sie mich zwei Zahlen nennen, die zeigen, wie es um die wirtschaftliche Basis bestellt ist, die gegeben sein muß, um — nicht gleichberechtigt; wie haben Sie gesagt? —

    (Abg. Dr. Barzel: „ebenbürtig"! Brandt hat es gesagt!)

    ebenbürtig mit den Vereinigten Staaten sprechen zu können. Nun, das Bruttosozialprodukt der Gemeinschaft der Sechs beträgt 43 % des Bruttosozialprodukts der Vereinigten Staaten von Amerika. Wenn wir die Gemeinschaften erweitern, wird das Bruttosozialprodukt der Zehn 60 % des Bruttosozialprodukts der Vereinigten Staaten betragen. Ebenbürtig werden wir also dann auch nur mit Rabatt sein, wenn wir uns nicht sehr anstrengen. Trotz der Anstrengungen, die wir in Europa in den letzten Jahren gemacht haben, sind wir in der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung hoffnungslos zurückgeblieben. Da ich auf dieses Thema im weiteren Verlauf nicht näher eingehen kann, darf ich hier einen Satz aus der Stellungnahme der Kommission zu den Beitrittsgesuchen kurz zitieren. Da heißt es:
    Es ist festzustellen, daß die Aussichten für die Gemeinschaft durch den Beitritt Großbritanniens verbessert würden, zwar nicht die Vereinigten Staaten auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung in der Technollgie einschließlich des Atombereichs einzuholen, wohl aber den Prozeß umzukehren, der den Rückstand Europas noch mehr vergrößert.
    Der Abstand wird größer, wenn wir die größere Gemeinschaft nicht zustande bringen; der Abstand wird kleiner werden — die Möglichkeit dazu ist gegeben —, wenn es uns gelingt, das Europa der Zehn zu schaffen. Darum geht es bei der heutigen Aufgabe, Europa aus dieser Schwäche und aus diesem Zurückbleiben in der Entwicklung herauszubringen.
    Wir Sozialdemokraten sind mit dem MonnetKomitee der Meinung, daß Europa eine angemessene
    Rolle in der Welt nur spielen kann, daß es besonders auch in der Gestaltung des Friedens zwischen Ost- und Westeuropa nur erfolgreich sein kann, daß es den Ehrgeiz, die Vereinigten Staaten im wissenschaftlichen und technischen Bereich einzuholen, nur haben kann, wenn es den Zusammenschluß nicht nur der Sechs, sondern der Zehn zustande bringt, wenn dieses Europa nicht großtut, sondern groß wird. Darauf kommt es an.
    Ich meine, bei dem, was jetzt kommt, bei den Gesprächen und Verhandlungen über den Beitritt Großbritanniens und der anderen Bewerber, wird es wichtig sein, diesen Leitgedanken, diese Zielsetzung immer vor Augen zu haben. Denn wir werden jetzt mit den Schwierigkeiten konfrontiert, die zwangsläufig mit der Erweiterung der Gemeinschaft verbunden sind. Die Stellungnahme der Kommission, die in der vorigen Woche veröffentlicht wurde, macht den Umfang und den Grad der Schwierigkeiten sehr deutlich. Ich würde sagen: das ist geradezu ein Berg von Hindernissen, der sich auf dem Weg zur Einverleibung neuer und so bedeutender Mitglieder in die schon zehn Jahre bestehende Gemeinschaft auftürmt. Aber nur die, die die Erweiterung nicht wollen, können diesen Berg von Hindernissen zum Anlaß nehmen, die Kapitulation zu empfehlen. Wir sollten, wenn wir mit den Schwierigkeiten in der Zukunft ringen, nicht vergessen, wie es mit diesen Schwierigkeiten aussah, als die Verträge für die Gemeinschaften vor mehr als zehn Jahren ausgehandelt wurden. Der Berg war damals noch größer. Und damals handelte es sich um eine Erstbesteigung. Inzwischen wissen wir, wie man mit solchen Schwierigkeiten, wie wir sie vor uns haben werden, fertig wird. Die Überwindung hängt vom politischen Willen ab.
    Ich habe hier keine Zeit, in die Diskussion der Einzelfragen, der Sach- und Fachfragen einzutreten. Es ist ja doch klar, daß die Kommission in Brüssel und alle beteiligten Regierungen bis auf die französische der Meinung sind, daß alle sachlichen Schwierigkeiten und Fragen lösbar sind. Auch der Herr Bundesaußenminister hat das in seinen Ausführungen betont. Die Untersuchungen, die wir hier über diese Probleme gemacht haben, zeigen, daß es nicht leicht ist, daß es aber geht. Die Kommission sagt in ihrer Stellungnahme wörtlich:
    Die Analyse der wichtigsten Probleme, die durch eine Erweiterung der Gemeinschaft aufgeworfen werden, zeigt deutlich, daß der Beitritt neuer Mitglieder, die in ihrer politischen und wirtschaftlichen Struktur wie in ihrem Entwicklungsstand den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sehr ähnlich sind, die Gemeinschaft zugleich stärken und ihr einen Anstoß für neue Fortschritte geben kann,
    — die Kommission ist hier sehr positiv in ihrer Stellungnahme zu den Gesuchen; weiter geht es im Zitat —:
    vorausgesetzt, daß die neuen Mitglieder die Bestimmungen der Verträge wie auch später ergangene Entscheidungen akzeptieren, wozu sie nach ihren Erklärungen auch bereit sind.



    Dr. Mommer
    Die Kommission schließt dann ihre Untersuchung mit der Feststellung — das ist auch für das Verfahren äußerst wichtig —, daß man eine Reihe von Sachproblemen nur wird klären können, wenn man in Verhandlungen mit den Bewerbern eintritt und dabei feststellt, ob etwa die Dynamik der Gemeinschaften, die nicht gefährdet werden darf, durch die Beitritte gefährdet würde..
    Wir von der sozialdemokratischen Fraktion empfehlen hier so wie die Kommission und wie die anderen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Frankreichs, daß wir in die Verhandlungen mit den Antragstellern und nicht in Verhandlungen unter ,den Sechs eintreten. Aus allem, was in Großbritannien in den letzten Jahren und besonders in diesem Jahr vor sich gegangen ist, muß doch klar sein, daß die britische Regierung, die Regierung Wilson, auf Gedeih und Verderb mit der Beitrittspolitik verbunden ist. Die britische Regierung hat ihren Willen erklärt, die Verträge und die entstandene Rechtsordnung zu übernehmen. Sie hat mehr getan: Die brititsche Regierung bejaht die Dynamik der Verträge und die künftigen Entwicklungen in den Gemeinschaften auch auf dem außen- und verteidigungspolitischen Gebiet. Wir haben es mit einem vollen Bekenntnis der britischen Regierung zu der europäischen Entwicklung zu tun. Ähnlich sind die Stellungnahmen der anderen drei Bewerber: Irlands, Dänemarks und Norwegens.
    Nun, das Aufnahmeverfahren kommt in Gang, es ist schon im Gange. Und schon gibt es dabei Verfahrensprobleme. In der Entschließung Nr. 1 des Monnet-Komitees, die vor uns liegt, heißt es, daß die Aufnahme und der rasche Abschluß der Verhandlungen über den Beitritt Großbritanniens erfolgen muß zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft „in ihrer derzeitigen Form". Das ist eine wichtige Formulierung: Beitritt zur Wirtschaftsgemeinschaft in ihrer derzeitigen Form.
    Auf der Tagung des Rates in Luxemburg am 2. Oktober hat Herr Bundeswirtschaftsminister Schiller drei Aufgaben für die nächsten Monate in der Gemeinschaft genannt, und zwar erstens den inneren Ausbau der EWG auf den Gebieten des Steuerrechts, der Energie- und der Konjunkturpolitik und anderen mehr, zweitens die Behandlung der Beitrittsanträge und drittens die Fusion der Verträge, die erfolgen muß, nachdem die Fusion der Kommissionen und der Räte schon Wirklichkeit geworden ist. Herr Bundeswirtschaftsminister Schiller hat dabei zum Ausdruck gebracht, daß es keine gegenseitigen Behinderungen und Verzögerungen unter den drei Aufgaben — der einen durch die andere Aufgabe — geben dürfe. Er geht jedoch davon aus, daß die Fusionsverhandlungen schnell vorangehen könnten, daß gleichzeitig Aufnahmeverhandlungen mit Großbritannien auf der Basis des bestehenden EWG-Vertrages geführt werden und daß dann im Abschluß ein um die Fusionsprobleme erweiterter EWG-Vertrag zur Unterschrift vorliegen kann. Da sind in Großbritannien und auch in den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Besorgnisse entstanden, von denen Herr Scheel hier gesprochen hat, ob nicht durch das Hereinbringen der Fusion der Verträge eine Behinderung und Verzögerung der Beitrittsverhandlungen eintreten müsse. Ich muß hier freimütig sagen, daß auch wir in meiner Fraktion diese Besorgnis haben. Ich sehe an dem Nicken auf den Bänken der CDU/CSU, daß es diese Besorgnis im ganzen Hause gibt.
    Man muß, wenn man über diese Fusionsverhandlungen spricht, erstens bedenken, daß dieselbe Kommission, die die Verhandlungen um den Beitritt führen muß, auch die Fusionsverhandlungen führen muß. Auch von seiten der sechs Regierungen werden es sehr oft dieselben Menschen sein, die diese Verhandlungen führen müssen. Da gibt es also rein wegen der Unteilbarkeit der Zeit und der Schwierigkeiten des Terminkalenders schon Behinderungen.
    Zweitens. Wenn jemand eine Verzögerungstaktik einschlagen will — es ist wohl nicht ein völlig ungerechtfertigter Verdacht, wenn man glaubt, daß es jemand geben könnte, der das wollte —, dann bieten sich hier natürlich mannigfache Gelegenheiten für eine solche Verzögerungstaktik.
    Schließlich ein dritter Grund, der mit den beiden anderen allerdings nichts zu tun hat. Wie sieht es denn am Verhandlungstisch aus, an dem es um die Fusion geht? Wir hier sind daran interessiert, daß die Substanz der europäischen Integration, wie wir sie bisher erfochten haben, bewahrt bleibt. Ist es vorstellbar, daß jetzt an diesem Verhandlungstisch diese Substanz unangetastet bleibt, oder besteht nicht die Gefahr, daß ein Status quo minus dabei herauskommt?
    Meine Herren von der Bundesregierung, darf ich hier, auch ein wenig mit dem Blick in die Zukunft, folgendes sagen: Das wird einmal von sechs europäischen Parlamenten ratifiziert werden müssen. Da ist schon ein dicker Brocken drin, daß wahrscheinlich und leider die schwache Position des Europäischen Parlaments so schwach sein wird, wie sie jetzt ist. Aber weitere Abstriche von dieser Substanz werden diese Parlamente — das möchte ich prophezeien — nicht hinnehmen. Da gibt es keine Ratifikation, und dann gibt es keine Fusion; wenn es keine Fusion gibt, dann gibt es die drei Verträge. Wir in den Parlamenten sind in der glücklichen Lage, daß ein Nein diesmal nicht bedeutet, daß alles in die Brüche geht; man wird dann eben mit den drei Verträgen weiterleben müssen.
    So komme ich zu der Bitte an die Bundesregierung — und das geht über das hinaus, was Herr Scheel für die Opposition hier gesagt hat —, doch noch einmal zu prüfen, ob es richtig ist, jetzt Fusionsverhandlungen von uns aus zu fordern, oder ob es nicht besser wäre, von uns aus den Versuch zu machen, mit den Schwierigkeiten der drei Verträge noch eine Weile 2u leben. Zweitens muß natürlich jeder Zweifel beseitigt werden, damit, wenn die Fusionsverhandlungen doch laufen sollten, nicht ein faktisches Junktim — kein gesetztes — zwischen Fusion und Beitritt herauskommt.
    Meine Fraktion ist nachdrücklich für die Ausweitung der EWG, um das Potential der anstehenden Bewerber hereinzuziehen. Dieses Potential, das im übrigen auch das älteste demokratische Potential auf diesem Kontinent Europa ist, sollte in der Waagschale auch etwas bedeuten. Die Hereinzie-



    Dr. Mommer
    hung dieses Potentials in die Gemeinschaften ist in der Rangordnung der Ziele und Aufgaben gegenwärtig bei weitem die wichtigste aller Aufgaben. Wir müssen deswegen alles vermeiden, was der Erreichung dieses Ziels nicht dienlich ist und was dieses Ziel gar gefährden könnte.
    Nun zu der Frage: Was kann denn die Bundesregierung tun, die ist doch guten Willens? Ja, die Bundesregierung ist guten Willens. Herr Bundeskanzler, ich habe damals nach Ihrer Regierungserklärung hier gesprochen und habe meine Zustimmung, meinen Respekt und meine Bewunderung für diese Regierungserklärung bekundet. Aber dieser Punkt war nicht der stärkste Punkt in der Regierungserklärung. Denn worauf kommt es an, Herr Scheel? Nicht darauf, daß man den Beitritt Großbritanniens „begrüßt", sondern es kommt, wenn das, was wir mit der Einbringung 'der Entschließung des Monnet-Komitees getan haben, ernst gemeint ist, darauf an, daß die Bundesregierung nicht nur den Beitritt „begrüßt", sondern ihn mit den Mitteln herbeiführt, die ihr zur Verfügung stehen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP.)

    Man schaut auf uns draußen in der Welt, und wir hören es auch, wenn wir 'draußen sind. Man ist geneigt, uns vorzuwerfen, daß hier in Bonn Lippenbekenntnisse zu diem Beitritt abgelegt würden, daß man aber nicht (das tue, was man tun könnte.
    Nun, was könnte man tun? Es ist richtig, daß die Bundesregierung über keinen Hebel verfügt, mit dem sie das Recht auf das Nein, das ich Vetorecht nenne, aus den Angeln heben könnte. Das ist so, und so steht es klipp und klar im Vertrag. Allerdings, Herr Bundesaußenminister, steht im Vertrag auch, und zwar in der Präambel und in eben diesem Art. 237, das Gebot der offenen Tür für alle, die die Bedingungen für den Eintritt in diesen Klub erfüllen. Das ist die andere Seite der rechtlichen Lage bei diesen Beitrittsanträgen.
    Was die Bundesregierung tun kann, ist, meine ich, folgendes. Sie kann der uns befreundeten französischen Regierung, die ja, wie wir wissen, auch keine Freude daran hat und haben kann, ein zweites Mal — wie im Januar 1963 — ein Veto auszusprechen, sagen, daß die Erweiterung der Gemeinschaften wirklich das ist, was hier eben schon in den Reden von Herrn Dr. Barzel und von Herrn Scheel zum Ausdruck gekommen ist und was unsere gemeinsame Überzeugung ist, die Überzeugung dieses Hauses, daß nämlich die Erweiterung dieser Gemeinschaften für uns ein Lebensinteresse — auf französisch sagt man: intérêt vital, und man weiß, was das bedeutet — ist, ein Ziel von allerhöchstem Rang, und dies aus folgenden Gründen. Erstens wegen der politischen Gesamtkonzeption von dem größeren Europa; dazu ist hier schon viel gesagt worden, und ich will es im einzelnen nicht ausführen. Das ist seit vielen, vielen Jahren, seit mehr als zehn Jahren, eine Grundlinie der Politik dieses Landes gewesen.
    Zweitens — und da möchte ich etwas ausführlicher sein — gebieten unsere wirtschaftlichen Interessen, daß die Tür für die Bewerber, die draußen stehen, nicht zugeschlagen wird. Ich will Ihnen dazu ein paar Zahlen nennen; ich weiß, Zahlen hört man nicht gerne, aber ich muß sie vortragen. Im Jahre 1965 führte die Bundesrepublik nach Großbritannien Güter im Werte von 2,8 Milliarden DM aus, Frankreich für 1,8 Milliarden DM. Nach Dänemark, Norwegen und Schweden führten wir für 7,4 Milliarden DM aus, Frankreich nur für 1,5 Milliarden DM. Auf 'der Einfuhrseite besteht die gleiche Diskrepanz zwischen unserer wirtschaftlichen Verbindung mit diesen Ländern und Frankreichs Verbindung mit 'den gleichen Ländern. Die Bundesrepublik führte aus Großbritannien ein für 3,1 Milliarden DM, Frankreich für 2,1 Milliarden DM. Die Bundesrepublik führte ein aus Dänemark, Norwegen und Schweden für 4,8 Milliarden DM, Frankreich für 1,2 Milliarden DM.
    Meine Damen und Herren, die handelspolitische Interessenlage Frankreichs und der Bundesrepublik gegenüber diesen um Beitritt oder Assoziierung nachsuchenden Staaten ist fundamental unterschiedlich. Dieses Urteil wird erhärtet, wenn man den Außenhandel mit allen Ländern 'der EFTA zum Vergleich heranzieht. Die Ausfuhr der Bundesrepublik in die EFTA-Länder betrug im Jahre 1965 19,3 Milliarden DM; das sind 50 % der Gesamtausfuhr aus der EWG in die EFTA. Die Ausfuhr Frankreichs in die EFTA-Länder betrug insgesamt 6,3 Milliarden DM; das sind 16 % der Gesamtausfuhr der EWG in die EFTA. Die Einfuhr der Bundesrepublik aus den EFTA-Ländern betrug 12,1 Milliarden DM, 43 % der Gesamteinfuhr der EWG-Länder aus den EFTA-Ländern, die Einfuhr Frankreichs aus den EFTA-Ländern. 4,6 Milliarden DM; das sind 16 % der Gesamteinfuhr der EWG aus den EFTA-Ländern. Die französische Ausfuhr in die EFTA-Länder macht also weniger als ein Drittel der Ausfuhr der Bundesrepublik in die EFTA-Länder aus und die Einfuhr Frankreichs aus diesen Ländern 'ein wenig mehr als ein Drittel der Einfuhr der Bundesrepublik aus jenen Ländern.