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ID0512600200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa, Jean Monnet . . . . . . 6331 C Erweiterung der Tagesordnung 6331 A Amtliche Mitteilungen 6331 B Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Antrag betr. Entschließungen des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/2157) und mit Antrag betr. Griechenland (SPD) (Drucksache V/1989) Brandt, Bundesminister . 6331 D, 6387 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6337 A Scheel (FDP) 6343 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 6350 B Blachstein (SPD) 6355 B Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler 6357 B Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . 6362 C Dr. Eppler (SPD) 6365 D Dr. Mende (FDP) 6369 C Dr. Kopf (CDU/CSU) O 6375 A Genscher (FDP) 6378 B Wehner, Bundesminister 6382 C Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik des Personals, der Dienstbezüge, Vergütungen und Löhne im öffentlichen Dienst (Abg. Dr. Even, Schmitt-Vockenhausen, Dorn u. Gen.) (Drucksache V/1721); Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache V/2172), Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/2136) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 6390 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. November 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/2005) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/2170) — Zweite und dritte Beratung — 6390 C Fragestunde (Drucksachen V/2155, zu V/2155) Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Deutsches Hilfsprojekt zum Aufbau der medizinischen Fakultät der Universität Hué Wischnewski, Bundesminister . . . 6390 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6391 C Fragen des Abg. Hübner: Ärztliche Behandlung von deutschen Versicherten in Österreich Kattenstroth, Staatssekretär . . 6391 D Hübner (SPD) 6392 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Frage des Abg. Dr. Hammans: Mittel aus der Erhöhung der Mineralölsteuer für die Landkreise Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6392 D Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 6392 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 6393 C Frage der Abg. Frau Freyh: Einsatz von Bundesmitteln für die V-Bahn in Frankfurt Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 6393 D Frau Freyh (SPD) 6394 A Josten (CDU/CSU) . . . . . . 6394 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6394 D Anlagen 6395 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6331 126. Sitzung Bonn, den 13. Oktober 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Aigner * 14. 10. Frau Albertz 14. 10. Arendt (Wattenscheid) 13. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 20. 10. Dr. Artzinger 15. 10. ' Bauer (Wasserburg) 18. 10. Frau Berger-Heise 13. 10. Blumenfeld 13. 10. Dr. Burgbacher * 13. 10. Dr. Czaja 20. 10. Deringer 13. 10. Diekmann 13. 10. Dr. Dittrich* 13. 10. Frau Funcke 13. 10. Frau Geisendörfer 13. 10. Gibbert 27.10. Dr. Gleissner 20. 10. Graaff 13. 10. Haage (München) 13. 10. Dr. Haas 13. 10. Dr. Häfele 13. 10. Herold 13. 10. Höhne 31. 10. Hörmann (Freiburg) 13. 10. Hussong 13. 10. Dr. Ils 13. 10. Dr. Jaeger 13. 10. Jahn (Marburg) 13. 10. Dr. Jungmann 31. 10. Dr. Kempfler 13. 10. Könen (Düsseldorf) 13. 10. Kohlberger 13. 10. Krammig 13. 10. Kriedemann * 13. 10. Frau Dr. Krips 22. 10. Krug 13. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 13. 10. Kulawig * 13. 10. Kunze 31. 10. Langebeck 31. 10. Lemmer 13. 10. Lenz (Brühl) 31. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 12. 11. Memmel * 13. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 13. 10. Dr. von Merkatz 3. 11. Merten 31. 10. Metzger * 13. 10. Mick 13. 10. Mischnick 13. 10. Missbach 19. 10. Dr. Müller-Hermann 13. 10. Paul 13. 10. Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Renger 13. 10. Rösing 13. 10. Ruf 13. 10. Frau Schimschok 13. 10. Schulhoff 13. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 13. 10. Dr. Schulz (Berlin) 13. 10. Frau Dr. Schwarzhaupt 13. 10. Seuffert 13. 10. Spitzmüller 13. 10. Dr. Starke (Franken) 13. 10. Steinhoff 21. 10. Stooß 13. 10. Tönjes 13. 10. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 13. 10. Wendelborn 13. 10. Wiefel 13. 10. Wienand 20. 10. Wieninger 13. 10. Dr. Wilhelmi 13. 10. Baron von Wrangel 13. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatsekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 69) : In wieviel Fällen haben im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 Wehrdienstverweigerer bei der Zuweisung von Ersatzdienst Schwierigkeiten bereitet? In den 18 Monaten vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1967, auf die Sie, Herr Abgeordneter, in Ihrer Frage Bezug nehmen, sind insgesamt 3300 Anträge eingegangen, in denen sich Ersatzdienstpflichtige gegen eine Heranziehung zum Ersatzdienst wandten. Die Zahl der Antragsteller liegt niedriger, da diese nach der Erfahrung des Bundesverwaltungsamtes oft mehrere Anträge stellen. Unterlagen über die Anzahl von Ersatzdienstpflichtigen, die solche Anträge gestellt haben, liegen mir nicht vor, da leider nur die Zahl der eingehenden Anträge, nicht aber die der betroffenen Personen festgehalten wird. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Faller (Drucksache V/2155 Fragen 73, 74 und 75) : Ist .der Bundesregierung bekannt, daß die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Landkreis Lörrach für ihre Leistungsaushilfe für im französischen Grenzgebiet beschäftigte deutsche Grenzgänger noch immer keinen finanziellen Ersatz erhalten hat, obwohl die Bundesregierung in der Fragestunde vom 24. Juni 1966 (51. Sitzung) eine baldige Lösung der Probleme in Aussicht stellte? Hält es die Bundesregierung für zumutbar, daß die in Frage 73 erwähnte Allgemeine Ortskrankenkasse nunmehr einen Betrag von über 200 000 DM auch weiterhin zinslos stundet, obwohl die Leistungsaushilfe gar nicht zwingend ist, da die Kassenleistungen auch in Frankreich erbracht werden können? 6396 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das Erstattungsverfahren oder die direkte Abrechnung mit den französischen Kassen im Elsaß für die in Frage 73 erwähnte Leistungsaushilfe endlich in Gang zu bringen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß für Sachleistungen, die aushilfsweise durch deutsche Träger der Krankenversicherung für Rechnung der französischen Krankenkassen gewährt worden sind, eine Kostenabrechnung seit dem 1. Februar 1964 nicht mehr vorgenommen worden ist. Nachdem der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung — wie in Beantwortung Ihrer Frage am 24. Juni vorigen Jahres zugesagt — wiederholt darauf gedrängt hatte, ist die zur Klärung diesbezüglicher Fragen eingesetzte deutsch-französische Technische Kommission zusammengetreten. Dabei konnte Einvernehmen über die Kostenabrechnung bis zum 30. Juni 1965 erzielt werden. Die Kostenrechnungen der deutschen Krankenkassen für diesen Zeitraum hat der Bundesverband der Ortskrankenkassen, der als deutsche Verbindungsstelle auf dem Gebiete der Krankenversicherung fungiert, der französischen Verbindungsstelle in Paris im November 1966 zugeleitet. Von seiten der französischen Krankenkassen sind jedoch weder Zahlungen erfolgt noch eigene Kostenrechnungen aus der Zeit bis zum 30. Juni 1965 eingegangen. Durch die bisherige Nichtabrechnung der französischen Forderungen kommt natürlich den deutschen Trägern der Krankenversicherung in ihrer Gesamtheit auch ein gewisser Vorteil, zumindest in Form von Zinsgewinnen, zugute. Bei der aushilfsweisen Gewährung von Sachleistungen handelt es sich um eine Gemeinschaftsregelung, die auf der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beruht. Sie kann deshalb den anspruchsberechtigten Versicherten nicht versagt werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat dem französischen Sozialministerium vorgeschlagen, über noch zu regelnde Probleme — zu diesen gehört auch die Kostenabrechnung — möglichst bald Verhandlungen aufzunehmen. Bezüglich der Kostenabrechnung strebt die Bundesregierung eine unmittelbare Zahlung von Träger zu Träger ohne Einschaltung der Verbindungsstelle an; sie steht damit in Einklang mit den Wünschen der Träger der Krankenversicherung. Das französische Sozialministerium hat inzwischen einen Verhandlungstermin für Anfang des nächsten Jahres in Aussicht gestellt. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2155 Frage 80) : Kann das Bundesverteidigungsministerium mitteilen, wie hoch die Zahl der anerkannten Wehrdienstverweigerer im Jahre 1966 und im ersten Halbjahr 1967 gewesen ist? Im Jahre 1966 wurden 2750 und im ersten Halbjahr 1967 2608 Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Im Jahre 1966 haben 4431 Wehrpflichtige ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragt. Demgegenüber haben im 1. Halbjahr 1967 bereits 3473 Wehrpflichtige einen solchen Antrag gestellt. Die Zunahme der Anträge dürfte auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) Die Geburtsjahrgänge sind ab Jahrgang 1946 stärker geworden. Der Geburtsjahrgang 1948 ist z. B. gegenüber dem Geburtsjahrgang 1947 um rd. 25 000 Wehrpflichtige angestiegen; allein dadurch erhöht sich schon zwangsläufig die Zahl der Anträge. b) Die Anträge sind nicht fristgebunden und werden deshalb auch noch nach der Musterung von älteren Wehrpflichtigen laufend gestellt. So beantragten im 1. Halbjahr 1967 noch rd. 1000 Wehrpflichtige der Jahrgänge 1946 und 1947 ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. c) Die durch die Schuljahrsumstellung bedingte Vorverlegung des Musterungsbeginns von Ende März auf Anfang Januar hat zu einer frühzeitigeren Antragstellung der Wehrpflichtigen des Geburtsjahrganges 1948 geführt. Eine abschließende Stellungnahme über die Gesamtentwicklung der Anträge kann erst Anfang 1968 abgegeben werden. Die Gesamtzahl der im 1. Halbjahr 1967 anerkannten Kriegsdienstverweigerer läßt keinen Schluß auf die weitere Entwicklung zu, weil diese sich auch dadurch erhöht hat, daß auf Grund von Verwaltungsanordnungen die Verfahren erheblich beschleunigt werden konnten. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Enders (Drucksache V/2155 Fragen 81 und 82) : Treffen Berichte zu, wonach beim Panzeraufklärungsbataillon 5 im osthessischen Sontra die Ausbildungskompanie 6/5 in Kürze aufgelöst werden soll? Kann die eventuelle Auflösung der in Frage 81 erwähnten Einheit wegen der vorhandenen Unterkünfte und Einrichtungen wirtschaftlich verantwortet und im Hinblick auf die damit verbundene Strukturverschlechterung im Zonenrandgebiet vertreten werden? Die Ausbildungskompanie 6/5 beim Panzeraufklärungs-Btl. 5 ist am 1. Oktober 1967 aufgelöst worden. Die Auflösung der Kompanie erfolgte aus. organisatorischen Gründen zur Anpassung an die derzeitige strukturelle Situation des Heeres. Die Unterkünfte und Einrichtungen in Sontra werden weiterhin wirtschaftlich genutzt werden. Es ist geplant, die frei gewordenen Unterkunftsplätze durch andere Verbände zu nutzen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6397 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2155, Frage 83) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß von, den Wehrersatzbehörden häufig bei der Ablehnung von Zurückstellungsgesuchen nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes erklärt wird, in dringenden Fällen werde unbezahlter Arbeitsurlaub gewehrt, die Truppe aber später nicht bereit ist, solche Zusagen einzuhalten? Ein Wehrpflichtiger soll nach § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes auf seinen Antrag vom Wehrdienst zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Liegt ein solcher Härtefall nicht vor, wird sein Zurückstellungsantrag vom Kreiswehrersatzamt abgelehnt. In dem ablehnenden Bescheid kann darauf hingewiesen werden, daß dem Wehrpflichtigen später während des Wehrdienstes nach § 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung Urlaub gewährt werden kann, wenn die Nichtgewährung des Urlaubs für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Die Entscheidung, ob ein solcher Urlaub einem Wehrpflichtigen gewährt oder nicht gewährt wird, trifft bei einer Urlaubsdauer bis zu 14 Tagen der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte — im Regelfall also der Bataillonskommandeur. Soweit längerer Urlaub beantragt wird, trifft die Entscheidung die personalbearbeitende Stelle. Ein solcher Hinweis auf die Soldatenurlaubsverordnunng von Seiten des Kreiswehrersatzamtes beinhaltet keine Zusage auf Urlaubsgewährung. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/2155, Fragen 86- und 87) : Wie hoch waren die Unfallzahlen in den Jahren 1966 und 1967, die durch eine Mißachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links entstanden sind? Läge es nicht im Interesse eines reibungslosen Ablaufs auf unseren Straßen und der einfachen Rechtsprechung, bei Unfällen zur Regelung des Verkehrs durch Vorfahrtstraßen einerseits und den vorfahrtnehmenden Schildern andererseits überzugehen? Nach der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik ist im Jahre 1966 bei 13 477 Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden „Nichtbeachtung der Vorfahrtsregelung rechts vor links" als Unfallursache von der Polizei festgestellt worden. Für das Jahr 1967 ist diese Unfallursache bisher nur für die Monate Januar bis April veröffentlicht. In dieser Zeit hat die Polizei diese Ursache in 3564 Fällen angegeben. Der Grundsatz, daß die Vorfahrt hat, wer von rechts kommt, ist (in den Ländern mit Rechtsverkehr) international vereinbart. Davon allgemein durch entsprechende Beschilderung abzugehen, ist möglich, würde aber zu einem solchen Aufwand an Schildern führen, daß davon abzuraten ist. Es ist auch zweifelhaft, ob dadurch ein reibungsloserer Verkehrsablauf und eine einfachere Rechtsprechung erreicht werden könnten. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf ,die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Picard (Drucksache V/2155 Fragen 88 und 89) : Wie ist der Stand der Planung für den Ausbau der Bundesstraße 448 zwischen Offenbach und Seligenstadt? Wird die Bundesregierung nun beschleunigt die Rechtsverordnung über die zulässigen Grenzwerte für die Autoabgasgifte erlassen, da deutsche Autohersteller durch verbesserte Motorkonstruktionen in der Lage sind, ohne besondere Entgiftungsgeräte z. B. die in Kalifornien geforderten Höchstwerte an Kohlenmonoxyd und Kohlenwasserstoffen weit zu unterschreiten? Der Entwurf für den Ausbau der B 448 zwischen Offenbach und dem Anschluß an die B 45 bei Tannenmühle ist fertiggestellt. Zwischen Tannenmühle und Seligenstadt verläuft die L 2310 in der Baulast des Landes Hessen. Durch einen Einspruch gegen die geplante Verlegung der Landesstraße 3117 und deren Anschluß an die B 448, wird auch der Bau der B 448 verzögert. Die Bundesregierung wird umfassende Abgasverordnungen für Kraftfahrzeuge sobald wie möglich erlassen. Die erste Rechtsverordnung auf diesem Gebiet wird voraussichtlich noch im Oktober dieses Jahres dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt. Es handelt sich um eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung. Der Termin für die Einführung wird so bemessen sein, ,daß die Automobilindustrie sich ohne Störungen darauf einstellen kann. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Collet (Drucksache V/2155 Fragen 94, 95 und 96) : Wie beurteilt die Bundesregierung die neuen Vorschläge zum Ausbau der B 10, wie sie von der regionalen Planungsgemeinschaft unter Leitung von Herrn d'Alleux ausgearbeitet wurden? Will die Bundesregierung diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne übernehmen oder hält sie an der Durchführung der seitherigen zu einem Teil bereits in der Verwirklichung befindlichen und zum anderen Teil vergabereifen Pläne fest, wie sie der Bundesverkehrsminister bei seinem Besuch im April d. J. erläutert hatte? Um welche Zeitspanne würde sich der Ausbau der B 10 nach Meinung der Regierung verzögern, wenn man diese in Frage 94 erwähnten neuen Pläne ausarbeiten, die notwendigen Grundstücke erwerben und die Arbeiten erneut ausschreiben und vergeben würde? Die neuen Vorschläge der regionalen Planungsgemeinschaft zum Ausbau der B 10 liegen dem Bundesverkehrsministerium bisher nicht vor. Wie ich von der Auftragsverwaltung, dem Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz er- 6398 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 fahren habe, erstrecken sich die neuen Vorschläge hauptsächlich auf den Raum Zweibrücken–Pirmasens. Einzelheiten sind mir jedoch nicht bekanntgeworden. Im Einvernehmen mit der Auftragsverwaltung ist vorgesehen, zunächst die bestehende 2spurige B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens auszubauen. Die Ausbauprojekte sind entwurfsmäßig in überwiegendem Maße abgeschlossen und befinden sich z. T. schon in der Bauvorbereitung. Einige Maßnahmen sind bereits durchgeführt. Eine Änderung dieser Konzeption würde eine Verzögerung von mehreren Jahren mit sich bringen. Daneben ist geplant, die B 10 zwischen Zweibrücken und Pirmasens in naher Zukunft auf einen zweibahnigen (4spurigen) Querschnitt zu bringen. Ob dies durch Erweiterung der bestehenden Straße oder durch den Neubau einer zweispurigen Straße geschehen wird, bedarf noch einer näheren Untersuchung. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (Drucksache V/2155 Fragen 97 und 98) : Welche Ergebnisse haben die seither durchgeführten Versuche mit der Verwendung von Kunststoffen im Bereich des Straßenbaus, insbesondere beim Straßenunterbau, gebracht? Erscheint es wahrscheinlich oder sicher, daß die Verwendung von Kunststoffen im Straßenunterbau zu einer Senkung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Haltbarkeit der Straßen führt? Die Verwendung von Kunststoffen im Straßenbau befindet sich noch weitgehend im Versuchsstadium, da es sich um langjährige Erprobungen zur Sammlung ausreichender Erfahrungen handelt. Endgültige Feststellungen über die Bewährung dieser Bauweisen können daher noch nicht getroffen werden. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Anwendung von Dämmschichten auf Kunststoffbasis im Straßenunterbau. Im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten von Kunststoffen zur Beschichtung von Fahrbahnoberflächen sind die Erfahrungen ebenfalls noch nicht so weit gediehen, daß die Verfahren als ausreichend erprobt und technisch einwandfrei bezeichnet werden können. Abgesehen von der technischen Eignung sind die Kunststoffbeschichtungen sehr aufwendig, so daß derartige Ausführungen vorerst nicht für größere Flächen in Betracht kommen. Dagegen hat die Verwendung von Folien und Entwässerungsrohren aus Kunststoff aufgrund ihrer technischen Eignung und Wirtschaftlichkeit bereits in größerem Umfang Eingang in die Praxis genommen. Bei den derzeitigen Versuchsausführungen stehen zunächst die technischen Fragen im Vordergrund. Die Bemühungen gehen dahin, eine der bisherigen Bauweise mindestens gleichwertige Lösung zu finden. Vorhersagen über die wirtschaftlichen Vorteile dieser Bauweise sind daher noch nicht möglich. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Cramer (Drucksache V/2155, Frage 100) : Wann ist mit dem Beginn der Bauarbeiten für die neue B 69 Oldenburg/Wilhelmshaven zu rechnen? Mit Bauarbeiten für die neue autobahnähnliche B 69 kann begonnen werden, sobald das nach ,dem Bundesfernstraßengesetz erforderliche Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein wird. Dementsprechend sollen 1968 die Bauarbeiten auf der 1. Teilstrecke westlich Varel anlaufen. Haushaltsmittel hierfür sind im Entwurf zum Straßenbauplan 1968 (6 Mio DM) vorgesehen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Rinderspacher (Drucksache V/2155, Fragen 101 und 102) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des baden-württembergischen Innenministers, daß auch innerhalb geschlossener Ortschaften Geschwindigkeiten über 50 km/h zugelassen werden können, wenn die Strecken — z. B. Ortsausfahrten — entsprechend gut ausgebaut sind? Ist der Bundesverkehrsminister bereit, bei allen Bundesländern darauf hinzuwirken, daß von Geschwindigkeitsbeschränkungen ein verkehrsgerechter Gebrauch gemacht wird, höhere Geschwindigkeiten also zugelassen werden, wenn die örtlichen Gegebenheiten es zulassen? Seit dem 1. September 1967 beträgt die höchstzulässige Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h für Kraftfahrzeuge aller Art. Die Geschwindigkeitsbegrenzung in dieser Höhe wurde gewählt, weil nach den in den USA gewonnenen verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 48 km/h die größte Leistungsfähigkeit überfüllter Stadtstraßen vorhanden ist. Diese Maßnahme hat sich bewährt und zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr erheblich beigetragen. Insbesondere sind die schweren Unfälle innerorts stark zurückgegangen. Die Straßenverkehrsbehörden können höhere Geschwindigkeitsgrenzen festsetzen. Diese Maßnahme kommt in Betracht bei Straßen mit größerer Verkehrsbedeutung, z. B. Ausfallstraßen, die keinen nennenswerten Fußgängerquerverkehr haben. Der Fußgängerquerverkehr muß dann durch Lichtzeichen, Geländer und dergleichen geschützt werden. Geschwindigkeiten über 70 km/h sollten nur in Ausnahmefällen erlaubt werden. Der Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung enthält auch eine entsprechende Empfehlung an die Straßenverkehrsbehörden der Länder. Der Bundesminister für Verkehr hat keine weitergehende Einwirkungsmöglichkeit. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. Oktober 1967 6399 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die_ Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lemmrich (Drucksache V/2155, Fragen 107 und 108) : Seit wann wird im Bundesverkehrsministerium an einer neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Änderungsverordnung zur StVZO) gearbeitet? Welche wesentlichen Änderungen sind in der in Frage 107 erwähnten neuen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgesehen? Die Arbeiten an der z. Z. in Vorbereitung befindlichen Änderungsverordnung zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wurden im Juni 1967 mit der Aufstellung eines Verordnungs-Entwurfs begonnen. Mit der Verordnung wird im wesentlichen die Änderung bzw. Ergänzung der Vorschriften auf folgenden Gebieten angestrebt: 1. Neufestsetzung des Mindestalters für die Fahrer von Fahrrädern mit Hilfsmotor, 2. Neuregelung zur Abgasreduzierung, 3. Kenntlichmachung von Arztfahrzeugen im Notfalleinsatz, 4. generelle Einführung von Warndreiecken, Warnleuchten und Warnblinkanlagen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 13. Oktober 1967 auf die Mündliche Anfrage ides Abgeordneten Ramms (Drucksache zu V/2155, Frage 109) : Welche europäischen Länder sind nicht an der Vorbereitung einer gemeinsamen europäischen Straßenverkehrs-Ordnung beteiligt? Nicht beteiligt sind die Staaten des Ostblocks sowie Finnland, Island, Liechtenstein, Andorra, Monaco, San Marino und ,der Vatikan-Staat.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute sind es auf den Tag zehn Monate, seit die Regierung der Großen Koalition vor dem Deutschen Bundestag jene Regierungserklärung abgegeben hat, die ihre Richtschnur ist und bleibt. Es gibt keinen Grund, die Politik des Friedens, der Entspannung und der Kooperationsbereitschaft zu ändern, die im vergangenen Dezember festgelegt worden ist. Es ist eine Politik, die die Regierung geschlossen vertritt.
    Meine heutige Erklärung wird sich auf die Europapolitik konzentrieren. Vorweg möchte ich jedoch einige Bemerkungen zum Thema der Nichtverbreitung von Atomwaffen machen.
    Hier im Bundestag ist im Frühjahr eine Grundsatzdebatte über den sogenannten Atomwaffen-



    Bundesminister Brandt
    Sperrvertrag geführt worden. Seither ist der Genfer Abrüstungskonferenz bekanntlich der Bleichlautende Entwurf eines solchen Vertrages durch die beiden Kopräsidenten, also die Vertreter der USA und der UdSSR, vorgelegt worden. Ausgespart wurde dabei jener Artikel, der sich mit den Kontrollen befaßt. Darüber sind Verhandlungen und Konsultationen im Gange.
    Was die besonderen europäischen Aspekte angeht, stehen noch in diesem Monat wichtige Erörterungen bevor. Im übrigen hat der Gang der Genfer Konferenz nichts ergeben, was die Bundesregierung veranlassen könnte, ihre Haltung zu revidieren. Das heißt, die Bundesrepublik Deutschland nimmt zur Nichtverbreitung von Atomwaffen weiterhin eine konstruktive Haltung ein. Sie ist für einen Vertrag, der weltweit annehmbar ist. Dabei darf die zivile Nutzung der Kernenergie nicht behindert, sondern sie sollte gefördert werden. Es muß zu möglichst ausgewogenen Vertragsverpflichtungen kommen. Der Zusammenhang mit weiterreichenden Maßnahmen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle und Rüstungsbegrenzung muß deutlich werden. Die Anpassung an die wissenschaftlich-technische Entwicklung darf nicht erschwert werden. Schließlich darf ein solcher Vertrag die Sicherheit nicht beeinträchtigen. Es hat sich gezeigt, daß wir es im Grunde nicht mit spezifisch deutschen Gesichtspunkten zu tun haben.
    Der Vertrag ist, wie man weiß, auch jetzt noch nicht unterschriftsreif. Er kann deshalb auch noch nicht abschließend beurteilt werden. Man kann davon ausgehen, daß die Diskussion sich im Laufe der nächsten Wochen zu den Vereinten Nationen — zur Generalversammlung — nach New York hin verlagern wird. Eine zusätzliche Problematik hat sich aus der Entwicklung von — wenn auch begrenzten — nuklearen Raketenabwehrsystemen ergeben.
    Nun komme ich zu unserer Europapolitik. Ich wende mich zunächst dem Teilgebiet zu, das in diesen Monaten besondere Aufmerksamkeit auf sich lenkte, also unsere Ostpolitik. Sie hat im Westen und in der neutralen Welt viel Beachtung gefunden. Der Bundesregierung liegt daran, von dieser Stelle aus all den Repräsentanten befreundeter Staaten zu danken, die unsere Politik der Friedenssicherung, der Aussöhnung und der sachlichen Zusammenarbeit geduldig erklärt und verständnisvoll gefördert haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)

    Es ist das Ergebnis unserer Bemühungen und der Unterstützung unserer Freunde, daß niemand mehr glaubwürdig ist, der behauptet, die Bundesrepublik Deutschland sei ein Störenfried oder ein Hindernis der Entspannung. Hier haben wir es mit einer echten Klimaveränderung zu tun. Die Vorwürfe, die Bundesregierung bereite eine Aggression vor, sie sei imperialistisch, sie gefährde den Frieden — und was es dergleichen noch gibt —, diese Vorwürfe gehen ins Leere. Wer sich steigert, wird dadurch nur noch unglaubwürdiger. Keine Propaganda kann die Tatsache aus der Welt schaffen, daß die Bundesrepublik Deutschland bereit ist, mit allen Staaten Ost- und Südosteuropas ihre Beziehungen zu normalisieren, die Beziehungen zur Sowjetunion auszubauen und zu verbessern und die Problematik des geteilten Deutschlands dabei keineswegs auszuklammern.
    Wir werden ein Stadium erreichen, in dem es noch offensichtlicher sein wird, als es heute schon ist, daß es allein vom guten Willen der Führungen in den östlichen Machtzentren abhängt — und nicht von der Haltung der Bundesregierung —, ob durch praktische Fortschritte, durch Verträge, Abkommen oder Übereinkünfte die Entspannung in Europa vorangebracht werden kann. Daß die Bundesregierung dazu bereit ist, daß sie bereit ist, sich beim Wort nehmen zu lassen, ist eine Realität, an der man auf die Dauer auch in Ostberlin nicht wird vorbeigehen können.
    Die Bundesregierung hat allen Grund, an ihrer Politik der konstruktiven Bereitschaft mit Geduld festzuhalten, keinen Illusionen nachzujagen, sich aber auch durch keinerlei Störmanöver von dieser Politik abbringen zu lassen. Es wird wichtig sein, wenn der Deutsche Bundestag, so wie dies durch die Zustimmung zur Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 geschah, diese Politik weiterhin in großer Einmütigkeit unterstützt.
    Meine Damen und Herren, über die Interdependenz zwischen der Ostpolitik und den innerdeutschen Fragen sind wir uns sicherlich im klaren. Die Bundesregierung bleibt bemüht, das Verhältnis der beiden Teile Deutschlands zueinander und zur Außenwelt mit der allgemeinen, wenn auch schwierigen Entwicklung zur Entspannung in Einklang zu bringen. Die beiden Briefe von Bundeskanzler Kiesinger an Herrn Stoph beweisen das; sie stellen keine Vorbedingung. Auch zwischen den beiden Teilen Deutschlands können, wie das im größeren Zusammenhang zwischen Ost und West gilt, nur dann Fortschritte erzielt werden, wenn mögliche Übereinkünfte auf Gebieten gemeinsamer Interessen nicht durch unerfüllbare Vorbedingungen verhindert werden. Die völkerrechtliche Anerkennung der DDR kommt für uns nicht in Frage; sie ist kein Verhandlungs- und Gesprächsgegenstand.

    (Beifall.)

    Die Bundesregierung ist aber bereit, mit den nun einmal zuständigen Stellen die innerdeutschen Beziehungen zu verbessern und jene Hindernisse abzubauen, die sich dem menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch generell heute entgegenstellen. Die Bundesregierung wünscht gewiß nicht, daß die Menschen im anderen Teil Deutschlands isoliert werden, sondern sie erstrebt, daß alle Deutschen am Austausch und am Fortschritt teilhaben können. Solange wir die einzige Regierung auf deutschem Boden sind, die vom Volk in freien Wahlen gewählt worden ist, ergeben sich für uns besondere Pflichten. Soweit wir dazu in der Lage sind, haben wir uns um die Einheit der Nation zu kümmern und für das Selbstbestimmungsrecht unseres Volkes einzutreten. Wir haben keinen Anspruch darauf erhoben, gegenüber dem anderen Teil



    Bundesminister Brandt
    Deutschlands behördliche Macht auszuüben; von uns wird aber auch niemandes Leben bedroht, der von Deutschland nach Deutschland will.

    (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)

    Wir fühlen uns verpflichtet, unseren Landsleuten
    Hilfe und Beistand zu gewähren, wo sie ihrer bedürfen und wo wir in der Lage sind, sie zu leisten.
    Meine Damen und Herren, die Beziehungen zur Sowjetunion haben in unseren Überlegungen selbstverständlich einen besonderen Rang. Dies zu betonen, entspricht den Realitäten und der Geschichte. Wir haben der Sowjetunion gesagt, daß wir jederzeit bereit sind, in eine Erörterung aller wesentlichen Fragen unserer Beziehungen einzutreten. Wir sind uns bewußt, daß eine derartige Phase ernsthafter Gespräche Zeit braucht. Wir haben uns auch bereit erklärt, die schneller lösbaren Fragen zunächst zu behandeln. Ich nenne als Beispiele: Wiederaufnahme von Verhandlungen zum Abschluß eines Handelsabkommens, Förderung der deutschsowjetischen Kulturbeziehungen, Abmachungen über technisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit — auch auf dem Gebiet der Verwendung von Kernenergie für friedliche Zwecke —, Einrichtung einer direkten Luftverbindung Frankfurt—Moskau. Die Regierung der Sowjetunion weiß, daß wir zum Austausch von Gewaltverzichtserklärungen bereit sind. Selbstverständlich haben wir uns bereit erklärt, auch über Fragen zu sprechen, an deren Erörterung der Sowjetunion liegen sollte. Ich kann dem Hohen Hause mitteilen, daß das Gespräch nicht erst zu beginnen braucht, sondern zu verschiedenen Fragen von gemeinsamem Interesse im Gange ist. Allerdings deutet zunächst leider noch nichts darauf hin, daß eine grundlegende Verbesserung ,der Beziehungen bevorstünde.
    Die Bereitschaft der Bundesregierung, die Beziehungen zu den Staaten und den Völkern Ost- und Südosteuropas zu verbessern, ist weithin registriert worden und gilt unvermindert. Ich bekräftige: Wir wünschen aufrichtig Aussöhnung und Entspannung mit jedem dieser Völker und Staaten. Diese Politik entspricht unseren Bemühungen um die Sicherung des Friedens in Europa und soll dazu beitragen, die Voraussetzungen für eine europäische Friedensordnung zu schaffen. Die Bundesregierung ist bereit, zu jedem dieser Staaten ihre Beziehungen in dem Maße zu entwickeln, in dem die Regierung dieses Staates ihrerseits dazu bereit und in der Lage ist.
    Uns geht es nicht nur um formale, sondern vor allem um praktische Fortschritte.
    Sie wissen, meine Damen und Herren, daß wir im Sommer dieses Jahres mit der Sozialistischen Volksrepublik Rumänien Botschafter ausgetauscht haben. Anfang August ist ein Abkommen über die Zusammenarbeit im technisch-wissenschaftlichen Bereich unterzeichnet worden. Verhandlungen für die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen stehen unmittelbar bevor. Die Gespräche, die ich im August in Bukarest und am Schwarzen Meer führen konnte, haben einen freimütigen politischen Dialog eingeleitet, den wir fortsetzen möchten und der der Entspannung zwischen Ost und West und damit auch anderen. Völkern zugute kommen kann. Unsere Beziehungen zu Rumänien bieten ein Beispiel für wirklichkeitsnahe Zusammenarbeit, die eine tragfähige Brücke schlägt über unterschiedliche politische Auffassungen hinweg.
    Mit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik ist Anfang August ,ein Abkommen über den Austausch von Handelsvertretungen und ein Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr unterzeichnet worden. Damit haben die beiden Länder zum erstenmal amtliche Beziehungen aufgenommen, die die Bundesregierung als einen Übergang zur Normalisierung der Beziehungen betrachtet. Wir messen dem Verhältnis zu dem einzigen unmittelbaren kommunistischen Nachbarstaat der Bundesrepublik Deutschland besonderes Gewicht bei und hoffen, daß ,die beiden Handelsvertretungen noch in diesem Jahre, und zwar möglichst wenig restriktiv, mit ihrer praktischen Arbeit beginnen können.
    Die Bundesregierung bedauert, daß die deutschpolnischen Beziehungen noch nicht verbessert werden konnten. Unser erklärtes Verständnis für den Wunsch des polnischen Volkes, in gesicherten Grenzen zu leben, ist vom Aussöhnungswillen diktiert. Wir haben ebenso offen gesagt, daß nur in einem Friedensvertrag über die Grenzfrage entschieden werden kann. Aber es gibt keinen vernünftigen Grund, der einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen und einem ernsthaften deutsch-polnischen Gespräch im Wege stehen könnte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben den Eindruck, daß die Regierungen Ungarns und Bulgariens unseren Wunsch nach verbesserten Beziehungen teilen, daß sie jedoch aus Gründen, über die ich nicht Spekulationen anstellen will, die Zeit für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen noch nicht für gekommen halten. Wir respektieren diese abwartende Haltung, wir drängen niemanden und hoffen, daß die wechselseitigen Interessen unserer Staaten zu einer fortschreitenden Annäherung führen werden.
    Das blockfreie Jugoslawien ist ein in Ost und West geachtetes Mitglied der europäischen Staatengemeinschaft. Es ist der Wunsch der Bundesregierung, gerade mit diesem Land Beziehungen wieder völlig zu normalisieren, und wir hoffen, daß die damit verbundenen rechtlichen bzw. politischen Schwierigkeiten überwunden werden können. Inzwischen üben die deutschen und jugoslawischen Stäbe bei ,den Schutzmachtvertretungen ohne formelle Änderung ihres Status praktisch die Aufgaben selbständiger Missionen aus. Die faktischen Beziehungen haben sich zufriedenstellend entwickelt. Verhandlungen über den Abschluß eines langfristigen Warenabkommens, über Gastarbeiter und über kulturelle Fragen sind vorgesehen.
    Dies ist eine Zwischenbilanz, die ich nicht negativ nennen würde. Dabei ist es wichtig zu wissen, daß unsere eigenen Bemühungen eingebettet sind in Überlegungen der westlichen Gemeinschaften, zu denen wir gehören. Ich denke hier vor allem auch an die Vorarbeiten zu Elementen einer europäischen Friedensordnung, an denen wir mitwirken, und an



    Bundesminister Brandt
    Vorschläge für bessere Konsultationen und Koordinierung in Ost-West-Fragen, die wir angeregt haben und begrüßen.
    Meine Damen und Herren, Aussöhnung und Zusammenarbeit, wie wir sie mit den osteuropäischen Völkern anstreben, sind in Westeuropa bereits eine Tatsache geworden. Die Politik der wirtschaftlichen und politischen Einigung Europas ist ein wesentliches Element für die Organisierung des Friedens in unserer Welt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Zusammenarbeit und Einigung Europas ist gegen niemanden gerichtet. In einer gefährlichen Zeit und einer zerstrittenen Welt sollte sie vielmehr ein Beispiel dafür sein, wie die Völker durch friedliches Zusammenwirken zu Wohlstand und Sicherheit gelangen können.
    Wir können mit Genugtuung fesstellen, daß ,die europäischen Gemeinschaften seit der Bundestagsdebatte vom 22. Februar dieses Jahres Fortschritte gemacht haben. Die Verschmelzung der drei Organe der europäischen Gemeinschaften ist ein erster Schritt zur Vereinfachung und Rationalisierung der Arbeit. Die Gemeinsame Kommission unter der Leitung des Präsidenten Jean Rey findet das volle Vertrauen und die Unterstützung der Bundesregierung. Bei idieser Gelegenheit liegt mir daran, als Bundesminister des Auswärtigen und zugleich für die Bundesregierung zu sagen, mit welcher Wertschätzung wir uns der bahnbrechenden Aktivität Professor Hallsteins erinnern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir freuen uns mit ihm, wenn ihm morgen in Metz die Robert-Schumann-Medaille verliehen werden wird.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, auch der erfolgreiche Abschluß der Kennedy-Runde ist ein Erfolg für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ist dabei als Gemeinschaft aufgetreten und hat wesentlich zum Gelingen dieser überaus wichtigen Verhandlungen beigetragen.
    Die Beitrittsanträge Großbritanniens, Irlands, Dänemarks und Norwegens sowie der Antrag Schwedens bestätigen die bisherige erfolgreiche Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Sie stellen uns und andere aber auch vor eine der großen Optionen der europäischen Politik: Soll und darf der Graben, der westeuropäische Länder voneinander trennt, erhalten bleiben? Sollen und dürfen europäische Staaten mit demokratischer Tradition und wirtschaftlicher Maturität vom europäischen Einigungswerk ausgeschlossen bleiben? Wir haben in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 gesagt — ich darf zitieren —:
    Die Gemeinschaft der Sechs soll allen europäischen Staaten offenstehen, die sich zu ihren Zielen bekennen. Besonders würden wir eine Teilnahme Großbritanniens und anderer EFTA- Länder begrüßen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Diese grundsätzliche Orientierung ist für uns maßgebend gewesen. Deshalb stimmt die Regierung auch dem zu, was die drei Fraktionen dieses Hohen Hauses durch ihre Entschließung anstreben. Wir haben gegenüber niemandem ein Hehl daraus gemacht, daß der Beitritt Großbritanniens und anderer EFTA-Länder im deutschen Interesse liegt, wirtschaftlich und politisch, aber wir haben nicht versäumt, alle sich im Zusammenhang mit dem Beitritt dieser Länder zu den europäischen Gemeinschaften stellenden Probleme sorgfältig zu prüfen. Wir kamen zu dem Ergebnis — und alle interessierten Ressorts waren an dieser Prüfung beteiligt —, daß diese Probleme sich mit jenem Maß guten Willens lösen lassen, mit dem wir uns bereits an den Verhandlungen beteiligt haben, die seinerzeit zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft führten.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Inzwischen liegt auch die Stellungnahme der Kommission der europäischen Gemeinschaften zu diesen Anträgen vor. Das Hohe Haus wird hoffentlich verstehen, daß ich kurz vor der Debatte im Ministerat über dieses Dokument mir eine gewisse Zurückhaltung auferlegen muß. Soviel kann jedoch gesagt werden: Die Stellungnahme der Kommission gibt ein umfassendes Bild der Probleme, die sich im Laufe der Beitrittsverhandlungen stellen werden. Die Bundesregierung kann sich dem Grundsatz der Kommission anschließen, daß neu beitretende Staaten den Vertrag in seiner heutigen Form und die bisher ergangenen Entscheidungen annehmen müssen. Sie müssen auch bereit sein, sich die allgemeinen Zielsetzungen der europäischen Gemeinschaften für die Zukunft zu eigen zu machen. Mit der Kommission sind wir der Meinung, daß die mit einem Beitritt verbundenen wirtschaftlichen Probleme lösbar sind, wenn ein positiver politischer Entschluß der Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaften erst einmal zu Verhandlungen geführt haben wird. Die in dem Dokument der Kommission analysierten Probleme, darunter so schwierige Probleme wie die Agrarfrage und die Währungsfrage, sollten unserer Meinung nach im Gespräch mit Großbritannien und den übrigen beitrittswilligen Ländern geklärt werden, und die Bundesregierung wünscht, daß es bald zu solchen Gesprächen kommt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)

    Manchmal ist in der hinter uns liegenden Zeit gefragt worden, was denn die Bundesregierung tue, um die Erweiterung der europäischen Gemeinschaften aktiv zu fördern. Hierzu ist zu sagen, daß der EWG-Vertrag für die Aufnahme neuer Mitglieder Einstimmigkeit vorschreibt. Wir respektieren diese Vorschrift. Wir haben unsere Haltung in den Organen der Gemeinschaft und in bilateralen Konsultationen und Besprechungen klargemacht. Wir meinen, daß die historische Gelegenheit, auf dem Wege nach Europa voranzukommen, nicht versäumt werden darf.

    (Beifall.)




    Bundesminister Brandt
    Wir gehen dabei — ich sage es mit anderen Worten noch einmal — von der Erwartung aus, daß die Antragsteller bereit sind, an einem einigen, an einem zunächst sich einigenden Europa ohne Vorbehalte mitzuwirken. Die Antragsteller werden verstehen, daß die Sorge um die Erhaltung des Geschaffenen legitim ist und eine ernsthafte Prüfung verdient. Wir haben die Argumente der französischen Regierung nicht auf die leichte Schulter genommen, sondern halten unsere guten Dienste bereit, um zu einem Ausgleich der noch stark divergierenden Auffassungen beizutragen.
    Es muß allerdings auch die Frage gestellt werden, welche Lage in Europa eintreten würde, wenn die Erweiterung der europäischen Gemeinschaften nicht gelänge.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Es wäre bestimmt keine einfache Lage. Es ist auch nicht zu verkennen, daß die wirtschaftliche Auseinanderentwicklung im westlichen Europa für verschiedene Länder schon jetzt ernste Probleme geschaffen hat. Das uns befreundete Dänemark wird hierdurch beispielsweise besonders betroffen, und der Bundeskanzler und der Bundesminister des Auswärtigen gleichermaßen möchten, daß unsere dänischen Nachbarn und andere wissen, daß wir es wissen.

    (Beifall.)

    Neben dem inneren Ausbau der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Wirtschaftsunion und der soeben erörterten Erweiterung der Gemeinschaften wird auch die Verschmelzung der drei europäischen Gemeinschaften auf die Tagesordnung kommen. Ich meine, wenn unsere Partner den Vorschlägen des deutschen Ratspräsidenten folgen, wird der Beitritt Großbritanniens und der übrigen EFTA- Länder dadurch nicht erschwert, sondern erleichtert werden.
    Meine Damen und Herren, bevor ich mich zu den übrigen Punkten im Antrag der drei Fraktionen äußere, möchte ich einige Bemerkungen machen dürfen zu jenem Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, der sich mit Griechenland befaßt. Die Bundesregierung würde es begrüßen wenn sie sich dazu im einzelnen vor dem Ausschuß äußern könnte.
    Es ist im übrigen nicht pharisäerhaft und es entspringt auch keiner Neigung zur Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen, ja befreundeten Landes, wenn wir sagen: die Entwicklung in Griechenland hat uns mit großer Sorge erfüllt. Mit dieser Entwicklung meine ich die Aufhebung von Grundrechten und die Abkehr von der Demokratie. Im Ministerkomitee des Europarates wird die Bundesregierung über das Ergebnis der Ermittlungen und das Votum der Kommission für die Menschenrechte mit zu entscheiden haben, die dem Ministerkomitee als Ergebnis der von Schweden, Norwegen, Dänemark und Holland eingeleiteten Beschwerde gemäß Artikel 24 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte Anfang 1968 vorliegen werden. Uns geht es dabei um nichts anderes als Menschlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, damit aber auch um die damit verbundene Glaubwürdigkeit von Organisationen, an denen wir beteiligt sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung kennt die Erklärungen, die der König von Griechenland über die Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verhältnissen abgegeben hat. Gerade die traditionelle Freundschaft zum griechischen Volk läßt uns wünschen, daß dieser Prozeß nicht lange auf sich warten lassen und gut verlaufen möge.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, ich darf zu den europäischen Gemeinschaften zurückkehren. Sie haben, wie wir wissen, beachtliche Erfolge aufzuweisen. Wenn aber Europa seine wirtschaftliche Wachstumsrate und Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt aufrechterhalten will, so müssen auf einigen technologischen Gebieten, die für die Entwicklung moderner Industriezweige von entscheidender Bedeutung sind, größere Fortschritte gemacht werden. Noch Ende dieses Monats wird der Ministerrat der Gemeinschaften die Probleme der technologischen Zusammenarbeit in Europa eingehend erörtern. Die Bundesregierung wird dabei initiativ werden und geeignete Vorschläge unterbreiten.
    Wir begrüßen es, daß der Antrag der drei Fraktionen auch eine Entschließung des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa über die Gestaltung der technologischen Entwicklung der europäischen Gemeinschaften enthält. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß der Ministerrat beschließen sollte, die bereits begonnenen Arbeiten zur Schaffung der für Forschung und Entwicklung notwendigen Rahmenbedingungen beschleunigt fortzusetzen. Insbesondere sollten gefördert werden die Steuerharmonisierung, das europäische Patent- und Gesellschaftsrecht und die Liberalisierung des Kapitalverkehrs als notwendige Rahmenbedingungen. Außerdem sollte geprüft werden, ob vorrangig auf folgenden Gebieten Möglichkeiten der Zusammenarbeit bestehen: Informationsverarbeitung und -verbreitung, Umweltbelästigung, Ozeanographie, Entwicklung neuer Werkstoffe und Verkehrsmittel und Meteorologie.
    Im engen Zusammenhang damit stehen unsere Bemühungen, zu einem realistischen dritten Forschungsprogramm von Euratom zu kommen. Daß der Beitritt Großbritanniens mit seinem beachtlichen Potential bei den Bemühungen, den technologischen Rückstand Europas zu vermindern, eine wesentliche Bedeutung haben würde, liegt auf der Hand. Der Sinn der europäischen Einigung liegt, so meine ich, auch darin, daß unser Kontinent rasch und zielstrebig Anschluß gewinnt an die Dimensionen des 21. Jahrhunderts.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn die europäischen Gemeinschaften sich weiterhin so ausweiten und entwickeln, wie die Bundesregierung es wünscht, so wird ihre, der Gemeinschaften, Rolle in der Welt, so wird Europas Rolle in der Welt wirtschaftlich und politisch gestärkt werden. Die engen Beziehungen zu den Vereinigten



    Bundesminister Brandt
    Staaten, die auf dem Gebiet der Handelspolitik schon in der Kennedy-Runde hergestellt wurden, werden auf andere Gebiete ausgedehnt werden können. Die Vision eines selbständigen Europa, das mit einer Stimme spricht und ebenbürtig neben die Vereinigten Staaten tritt, kann dann Wirklichkeit werden.
    Im übrigen sind die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und den europäischen Gemeinschaften heute schon recht eng. Ein amerikanischer Botschafter ist bei den Gemeinschaften akkreditiert. In der OECD, im GATT und im Internationalen Währungsfonds geht eine wenig spektakuläre, aber wirkungsvolle Zusammenarbeit vor sich. Die Bundesregierung ist dafür, diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Dabei wird auch der Gedanke eines Verbindungsausschusses von Nutzen sein können.
    Schließlich — das ist das vierte Element jenes Antrages. der das Hohe Haus heute befaßt — soll die europäische Einigung jener konsequenten und wirksamen Friedenspolitik dienen, durch die die politischen Spannungen zwischen Ost und West beseitigt werden sollen. Alle Bestrebungen, die Gemeinschaften für dieses Ziel nutzbar zu machen, finden die Unterstützung der Bundesregierung. Sie ist überzeugt, daß die Zusammenarbeit, zu der sich die westeuropäischen Völker bereit gefunden haben, auch für die Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa von Bedeutung sein wird. Die europäische Einigung ist nicht nur kein Hindernis für den Ausgleich der Interessen, sondern sie wird sich als ein fördernder und als ein stabilisierender Faktor erweisen.
    Auch die Sowjetunion und die anderen osteuropäischen Länder sind gut beraten, wenn sie die Europäischen Gemeinschaften realistisch einschätzen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer, zumal sich erweiternden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit einer optimalen Koordinierung der Osthandelspolitik wird den osteuropäischen Ländern ihr wohlverstandenes Interesse an einem sich ausdehnenden Ost-West-Handel noch klarer vor Augen führen. Wir denken dabei auch — wie in dem vorliegenden Antrag ausgeführt ist — an einen verstärkten Austausch technologischer Kenntnisse. Gerade hier bietet sich für die Ost-West-Zusammenarbeit ein Feld an, das für den Frieden und die Wohlfahrt der europäischen Völker von entscheidender Bedeutung ist.
    Für die Bundesregierung besteht kein Gegensatz zwischen ihren Bemühungen um die Einigung der westeuropäischen Länder und den Bemühungen um Zusammenarbeit mit Osteuropa. Nach wie vor handelt es sich darum, daß die Europäischen Gemeinschaften wirtschaftlich und politisch gestärkt werden. Aber die durch die Einigung vergrößerte Potenz soll dem Dialog zwischen West- und Osteuropa dienen mit dem Ziel, über die unterschiedlichen Systeme hinweg eine auf gesunden Interessen beruhende Zusammenarbeit einzuleiten.
    Was die politische Zusammenarbeit und Einigung in unserem Europa angeht, so sind unsere Erwartungen im Vergleich zu den unmittelbaren Nachkriegsjahren gedämpft worden. Wir werden für eine solche Entwicklung zur politischen Einheit größere Zeiträume zugrunde legen müssen. Gleichwohl ist die Bundesregierung der Überzeugung, daß die mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unwiderruflich gewordene Entwicklung eines Tages in eine vertragliche Form der politischen Zusammenarbeit Europas münden wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieser Prozeß wird nicht so perfektionistisch verlaufen, wie es von manchen erhofft worden ist; aber er wird auch nicht die Eigenart der europäischen Völker auslöschen, wie es von anderen befürchtet wird.
    Die Zusammenarbeit und Einigung Europas entspricht der Logik unserer Zeit, der sich auf die Dauer keiner entziehen kann. Nur durch die Zusammenfassung der begrenzten Kräfte der einzelnen Völker können wir Europa einen guten Platz in der Welt von morgen sichern. Nur auf diese Weise können wir seiner, Europas Stimme gebührend Gewicht verschaffen. Nur auf diesem Wege werden wir Europäer imstande sein, für die Bewahrung des Weltfriedens und die Wohlfahrt der Völker volle Mitverantwortung zu übernehmen.
    Meine Damen und Herren! Nach Jahren der Stagnation hat die Gipfelkonferenz in Rom vom vergangenen Mai den Gedanken der europäischen politischen Zusammenarbeit wiederbelebt. Die Bundesregierung hofft, daß es bald zu einer weiteren Konrenz dieser Art kommen wird. Im übrigen nehmen wir jede Gelegenheit wahr — sei es 'im Rahmen des Europarats, der Westeuropäischen Union oder der Europäischen Gemeinschaften —, um mit unseren Kollegen aus den anderen Ländern einen laufenden Gedankenaustausch zu pflegen.
    Zum Schluß, meine Damen und Herren, möchte ich nicht versäumen, hier einmal die Arbeiten der verschiedenen europäischen parlamentarischen Gremien zu würdigen und ihren besonderen Wert für die europäische Politik herauszustellen. Ich weiß, daß diese Arbeiten für zahlreiche Mitglieder dieses Hohen Hauses mit Mühen und zusätzlichen Belastungen verbunden sind. Aber die europäische Politik der Regierungen muß Stückwerk bleiben, wenn sie nicht von den Völkern getragen wird, die in den europäischen Parlamenten vertreten sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)

    Die Bundesregierung ihrerseits ist jedenfalls entschlossen, auf dem hier dargelegten Weg weiterzugehen. Im übrigen stehen wir gern für weitere Beratungen in den Ausschüssen zur Verfügung, wenn das Hohe Haus dies wünschen sollte.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Daß das Haus in eine Beratung dieser Erklärung der Bundesregierung einzutreten wünscht, ist wohl selbstverständlich.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Barzel.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU begrüßt die Gelegenheit zu dieser Aussprache über die auswärtige Politik. Wir sehen in der Erklärung des Herrn Bundesministers des Auswärtigen einen guten Überblick über die Lage, die Fortschritte und die Absichten der Politik der Bundesregierung. Wir werden uns auch unsererseits möglichst auf die Punkte beschränken, die der Herr Bundesaußenminister in seiner Regierungserklärung angesprochen hat.
    Ich möchte .deshalb erstens auch ein paar Worte zu den europäischen Dingen sagen, dabei allerdings im Westen beginnen.
    Durch ,die Politik der europäischen Vereinigung gelang — und dies bleibt festzuhalten — die Aussöhnung mit unseren Nachbarn im Westen, Süden und Norden. Wir sind nun gleichberechtigt. Die Menschen in ganz Europa spüren, daß dies ein lohnender und guter Weg war. Der Lebensstandard im freien Teil Europas ist gestiegen; die Arbeitnehmer wie ,die Unternehmer und die Unternehmen genießen Freizügigkeit. Der größere Gemeinsame Markt macht die Höhen und Tiefen der Konjunkturverläufe weniger dramatisch. Er fördert die wirtschaftliche, die soziale und ,die politische Verflechtung. Eine Jugend wächst heran, die im Bewußtsein europäisch ist, deren Probleme ähnlich sind wie ihr Geschmack und die miteinander Grenzen für altmodische Zöpfe hält.
    Wir dürfen also sagen, daß sich die EWG bewährt hat und daß sie deshalb in der Art wie in der Methode der Motor bleiben muß. Die sechs Volkswirtschaften der Länder der Gemeinschaft sind nun — wenn auch nach Branchen natürlich sehr unterschiedlich — so verzahnt, daß keiner mehr — ohne den größeren Schaden für sich selbst — alles wieder rückgängig machen könnte.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wenn ich ein Bild gebrauchen darf: aus sechs Eiern
    ist ein Omelett geworden, und daraus macht niemand mehr sechs Eier, meine Damen und Herren.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn dies so ist und weil dies so ist, sind wir veranlaßt, auch politisch Rücksicht aufeinander zu nehmen. Und so erinnern wir daran, daß wir früher in diesen Einigungsprozeß manche Vorleistung bewußt eingebracht haben. Wir haben uns nie versagt, wenn einer einen Wunsch hatte oder ein Gespräch erbat. Nun wünschen wir etwas. Wir haben den Wunsch und die Bitte, daß — und zwar bald — solide Sachgespräche der Gemeinschaft mit den beitrittswilligen Ländern Europas aufgenommen werden..

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, hier ist durch den Herrn Bundesminister des Auswärtigen auf die Regierungserklärung hingewiesen worden; sie ist zitiert worden. Wir stimmen dem unverändert zu. Auch wir wissen, daß die durch diese Beitrittsgesuche aufgeworfenen Probleme schwierig sind. Deshalb muß man darüber sprechen, und wir erwarten, daß niemand vor der Tür oder vor dem Runden Tisch solcher Sachgespräche ein Nein sagt.
    Wir hatten aus anderem Anlaß im vergangenen Jahr Gelegenheit genommen, in unserer Fraktion einen Beschluß zur europäischen Politik zu fassen, um unsere Position zu verdeutlichen. Ich möchte das hier noch einmal in Erinnerung bringen. Wir haben am 8. September 1966 folgendes beschlossen, was für uns' fortgilt; aber ich hätte es gern auch im Protokoll dieser Debatte:
    Die politische Einigung der Staaten des Gemeinsamen Marktes mit offener Tür für den Beitritt anderer Staaten zu gleichen Bedingungen ist die Voraussetzung für die Lösung der großen Lebensfragen des europäischen Kontinents und eine Vorbedingung für seine politische, wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Stellung in der Welt der Zukunft. Es gibt auch keine bessere europäische Sicherheitspolitik als die konsequente Arbeit für die Einheit Europas.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)

    Dies wollten wir heute noch einmal dartun, meine Damen und Herren.
    Nun liegt uns — und es ist veröffentlicht worden — das Papier der Europäischen Kommission zu diesen Fragen vor. Diesem Papier kann jeder unschwer entnehmen, daß kein leichter Weg vor uns liegt. Die Fragen der verschiedenen Beitritte und der nuancierten Gesuche etwa auch anderer sind sachlich schwierig und nicht allein durch die rechte Einstellung zu Beginn zu lösen. Aber es muß darüber gesprochen werden, und zwar muß so offen, so klar und so ohne Schönfärberei darüber gesprochen werden, wie die Kommission selbst diese Probleme herausgearbeitet hat.
    Die Eröffnung solcher Sachgespräche nimmt niemandem etwas von seiner Möglichkeit, abschließend auch politisch zu votieren. Diese Freiheit bleibt. Solche Sachgespräche sind aus einem weiteren Grunde nötig: Die Kommission hat ihrem Bericht keinen endgültigen Charakter geben können, weil auch für sie erst durch Gespräche — auch mit den Beitrittsgesuchstellern — alle Sachverhalte so weit aufgeklärt werden können, daß ein Gesamtbild entsteht, auf Grund dessen ein Gesamturteil möglich wird. Sachliches Urteil erfordert also die Aufnahme der Verhandlungen. Wenn sich daraus am Schluß ein positives Urteil für die einzelnen Bereiche ergeben sollte, bleibt immer noch das Ganze zusammen zu sehen und auch die politische Frage zu stellen.
    Hier stimme ich einer Überlegung des Herrn Bundesaußenministers zu. Ich will sie hier nur noch etwas pronocierter darstellen, wie es, glaube ich, Recht und Möglichkeit des Parlaments ist. Gewiß, die Beitritte würden die Qualität der bisherigen Gemeinschaft verändern. Aber es ist doch auch zu fragen: Würde es nicht die Qualität Europas, also nicht nur die Qualität unserer so erfolgreichen Gemeinschaft, die doch nur Teil Europas ist, auch ver-



    Dr. Barzel
    ändern, wenn etwa die Beitrittsgesuche zurückgewiesen würden?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, eben dies würde — und das sollte niemand übersehen — die Sturktur Europas nicht nur berühren, sondern beeinträchtigen. Dies würde auch nicht ohne langfristige Wirkung auf zahlreiche außenpolitische Fragen sein, die zum vitalen Kreis unserer Probleme gehören.
    So stimmen wir erneut zu, wenn die Bundesregierung hier — auch öffentlich — dargetan hat, daß die deutsche Position in diesen Fragen - nicht etwa, weil wir es so wünschen, sondern weil es so ist — ein Stück Mitverantwortung auch für andere Europäer trägt. Der Herr Bundesaußenminister hat — wir begrüßen das — Dänemark ausdrücklich genannt. Er hätte anderes hinzufügen können.
    Meine Damen und Herren, ich möchte in dieser europäischen Debatte anmerken — und damit folge ich einer guten Tradition des verehrten Heinrich von Brentano —, daß wir bei all diesen europäischen Entwicklungen gut daran tun, auch den Rang und die Rolle der Neutralen für ganz Europa — für uns und für eine künftige Friedensordnung — im Auge. zu behalten und offen zu sein für das, was die Neutralen zu diesem Thema für sich vorschlagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, heute wird man weniger Widerspruch ernten, wenn man feststellt: Wir Europäer haben in den 40er und in den 50er Jahren viel Kraft im Methodenstreit verbraucht. Heute wissen wir alle, daß das natürlich wichtig ist. Wichtiger aber ist, daß es weiter vorangeht. Auch pragmatische Entscheidungen und Kompromisse, die durch Fakten das Gemeinsame stärken, helfen weiter.
    So frage ich mich: Was soll alles Gerede vom ganzen, vom größeren Europa? Was sollen alle großen Perspektiven einer europäischen Friedensordnung, wenn wir über diesen großen Gedanken vergessen, was wir heute für diese Ziele praktisch tun können?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, wir können etwas praktisch tun. Zum Greifen nahe liegt die Chance, einen größeren Markt der Europäer zu organisieren und damit einen weiteren Schritt für das vereinte Europa zu tun und hierbei — ich wiederhole es — auch den Neutralen Verständnis zu erweisen.
    Wenn wir ein modernes Land bleiben wollen, müssen wir Europa wollen. Auch wir hoffen und unterstützen das, was in der Regierungserklärung zum Ausdruck gekommen ist, daß eine weitere Konferenz der Regierungschefs — so wie sie von Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger in Rom angeregt und durch seinen Einfluß verabredet worden ist — bald zustande kommt.
    Meine Damen und Herren, wir haben Walter Hallsteins mit Recht durch Applaus gedacht. Ich hoffe, wir alle in diesem Hause und draußen in der Öffentlichkeit stimmen ihm zu in den Worten, die er hierzu sagt und die ich nun zitiere:
    Als ohnmächtige Zuschauer verfolgen die Europäer, wie gewaltige Mächte kontinentalen Umfangs der Versuchung ausgesetzt sind, Himmel und Erde untereinander aufzuteilen. Vom Mittelpunkt der Weltpolitik ist Europa an ihre Peripherie gerückt. Sein früheres geistiges Übergewicht wird zum wissenschaftlich-technologischen Untergewicht. Provinzialismus und die Mattigkeit der Sättigung dominieren.
    Meine Damen und Herren, das ist ein Ausspruch eines Mannes, der die Verhältnisse kennt.
    So meine ich noch einmal, daß nicht nur die Überschrift gilt: Wenn wir ein modernes Land bleiben wollen, müssen wir Europa wollen. Vielmehr brauchen wir auch, wenn all das, was uns in diesem Hause seit über einem Jahr besonders beschäftigt, nämlich die Stärkung der deutschen Wirtschaftskraft, erfolgreich sein soll, den europäischen Impuls und, wenn es gewünscht wird, auch den der altlantischen Zusammenarbeit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir meinen also — und ich kann mich hierzu kürzer fassen, als ich dachte, weil die Erklärung des Herrn Außenministers zu dem gemeinsamen Antrag bereits sehr präzis war —, daß es an der Zeit ist,
    1. die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zügig und kraftvoll durch volles Ausschöpfen der Möglichkeiten des Vertrages fortzuentwickeln und der technologischen Kooperation Wege zu eröffnen — wir begrüßen insbesondere, was der Herr Bundesaußenminister hierzu gesagt hat —;
    2. über die Beitrittsgesuche Großbritanniens, Irlands, Norwegens und Dänemarks bald in solide Sachverhandlungen einzutreten;
    3. deutlich zu machen, daß dieses sich vereinigende Europa die Partnerschaft zu den USA sucht — der Bundesaußenminister hat eben ein gutes Wort gefunden; wenn ich es vorher geahnt hätte, hätte ich versucht, es nachzuformulieren, um die Gemeinsamkeit zu unterstreichen, als er von „ebenbürtig" sprach —;
    4. scheint es uns an der Zeit zu sein, ebenso deutlich zu machen, daß dieses sich vereinigende Europa offen nach Osten und bereit zur Zusammenarbeit ist.
    Wir freuen uns — wie Sie aus dem Antrag ersehen können —, in diesen vier Zielrichtungen völlig einig zu sein mit den Parteien und Gewerkschaften aus den sechs Ländern der Gemeinschaft, die dem Europäischen Aktionskomitee unter dem Vorsitz des hochverdienten Jean Monnet angehören und dort zusammenwirken.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)

    Meine Damen und Herren, der uns vorliegende Antrag beruht auf einer Absprache in diesem Komitee. Er sollte, wie das die Übung des Hauses ist, im Auswärtigen Ausschuß im einzelnen weiter beraten werden. Lassen Sie mich nur noch eines oder, besser, zweierlei dazu sagen.



    Dr. Barzel
    Es gibt gelegentlich in Diskussionen mit dem Blick auf den Nahen Osten und auf andere Bereiche der Welt die Frage: Wo bleiben wir, die Europäer? Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich: Allein wir selbst enthalten uns Rang und Einfluß in der Welt vor, indem wir uns nicht vereinigen. Kein anderer tut das, nur wir selber.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben in der Kennedy-Runde erfolgreich mit einer Stimme gesprochen. Es war ein Erfolg für jeden und für das Ganze zugleich. Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unterlassen, auch +dem Herrn Bundeswirtschaftsminister und dem Herrn Bundesbankpräsidenten ein Kompliment zu sagen für den Erfolg, den sie für die Gemeinschaft durch eine an dem Gemeinschaftsgeist orientierte Haltung bei der Lösung der schwierigen internationalen Währungsprobleme zuletzt in Rio erreicht haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Haben wir nicht- so frage ich zum Schluß dieses
    ersten Kapitels —, auch schon in der Zeit unserer Zusammenarbeit, hat nicht auch Frankreich, hat nicht Italien, hat nicht auch Großbritannien in den letzten Jahren zu spüren bekommen, wie eng die Grenzen der Realität für das gesonderte Wirken jedes einzelnen europäischen Landes in dieser Welt heute sind? Nur miteinander haben wir Erfolgschancen in der Welt der Zukunft.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundesaußenminister hat den Blick gleich zu Anfang auf das östliche und mittlere Europa geworfen. Auch wir meinen das ganze, wenn wir von Europa sprechen, so wie wir 'das ganze Deutschland meinen. Es sollte die Übung aufhören, daß man glaubt, deutsche Außenpolitik in eine Abteilung West und eine Abteilung Ost trennen zu können. Man muß das zusammen sehen.
    Meine Damen und Herren, es ist bekannt, daß wir es — wir haben es zur Einleitung dieses Bundestages für unsere Fraktion im Jahre 1965 gesagt — als die Aufgabe unserer Generation begreifen, die Aussöhnung auch nach Osten zu erreichen. Wir möchten heute, aus einem guten Grunde, wie ich glaube, einen Faden wieder aufnehmen, den Konrad Adenauer am 1. September 1959 zu weben begonnen hat. Er erklärte zu diesem 20. Jahrestag des Ausbruchs ides zweiten Weltkriegs — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich dieses Zitat hier verlesen, das nicht in die Vergessenheit geraten sollte, weder in der Aussage noch im Datum —:

    (der Friedlosigkeit und der bewaffneten Angst zu beenden, den gesichterten Frieden in die von Angst erfüllte Welt zurückzuführen, damit sich alle Völker dem wahren inneren und äußeren Fortschritt widmen können. Ein besonderes Wort aber muß heute dem Volke gelten, das durch den Einfall der Truppen Hitlerdeutschlands und der Sowjetunion das erste Opfer des Krieges geworden ist; ich meine das polnische Volk. Weit länger als ein Jahrhundert hat dieses sympathische Volk, ohne daß es irgendeine Schuld traf, unter den politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa gelitten; dreimal wurde es zerrissen und geteilt, und vor zwanzig Jahren wurde es das erste Opfer dieses letzten Krieges, als Hitlerdeutschland und die Sowjetunion in das Land einfielen und es grausam zerstörten. Das heutige Deutschland ist ein anderes Deutschland als jenes unter Hitler. ... Darum sage ich aus innerer Überzeugung, daß dieses Deutschland, das neue Deutschland, einmal ein guter Nachbar Polens werden wird. ... Unser Bestreben wird es sein, Verständnis, Achtung und Sympathie zwischen dem heutigen Deutschland und dem polnischen Volk zu begründen, damit auf diesem Boden dereinst eine wahre Freundschaft erwachse. Soweit Konrad Adenauer vor vielen Jahren. So lange ist unsere Hand ausgestreckt. Es gibt aktive Ostpolitik eben schon eine ganze Weile. Ich komme zu dem zweiten Punkt, den auch der Herr Bundesaußenminister berührt hat, zur Frage der Nonproliferation. Unsere Politik bleibt es, das Ziel der Nichtverbreitung nuklearer Waffen in unserer an Spannungsfeldern so reichen Welt anzustreben. Denn wir selbst haben — wie später auch Osterreich — auf die Herstellung von Kernwaffen schon verzichtet und unseren Verzicht auf den Erwerb solcher Waffen mehrfach betont. Wenn es zu einer weltweiten vertraglichen Nichtverbreitungsregelung kommen soll, so ist es natürlich, daß wir uns wie andere Staaten mit vergleichbarer Interessenlage — ich stimme dem zu, Herr Außenminister — bemühen, den Vertrag so zu gestalten, daß seine weltweite Annahme möglich ist, und ihn auch so zu gestalten, daß seine Annahme u n s möglich wird. Ich habe mit Interesse in der Erklärung der Bundesregierung gehört, daß dieser Vertrag noch nicht unterschriftsreif sei. Für uns ist hierbei das Prinzip der Nichtdiskriminierung von großer Bedeutung. Wir wünschen, daß ein solcher Vertrag, falls er zustande kommt, eine wirkliche Entspannung bewirkt oder mindestens einleitet und nicht zum Ausgangspunkt weiterer Pressionen und Drohungen wird. Die Denkschrift der Bundesregierung vom 7. April 1967 hat zu Recht gerade darauf hingewiesen. Wir wünschen, daß ein solcher Vertrag unsere Entwicklung als Industrienation, welche das Atom ausschließlich friedlich nützt, in keiner Weise behindert; daß er weder die Ansätze eines vereinigten Europas beeinträchtigt noch künftige Stufen weiterer europäischer Zusammenarbeit und Vereinigung ausschließt. In diesen Fragen benötigen wir unzweideutige Gewißheit. Die Vereinigten Staaten haben sich entschlossen, zu ihrem eigenen Schutz ein Antiraketensystem aufzubauen. Damit ist eine technologische und verteidigungspolitische Entwicklung in Gang gesetzt, deren Konsequenz heute noch nicht zu übersehen Dr. Barzel ist. Daß aber das in der Einigung begriffene Europa als selbständiger Faktor von dieser Entwicklung für alle Zeiten ausgeschlossen sein sollte, das ist ein für uns schwer erträglicher Gedanke. Diese Frage wird noch eingehend zu prüfen sein. Was den zivilen Anwendungsbereich des Vertrages anlangt, so begrüßen wir es ausdrücklich, daß die Präambel des Vertragsentwurfs die Kontrolle der friedlichen Nutzung der Kernenergie auf die Wahrung der Vertragszwecke beschränkt, d. h. die Verhinderung der Verwendung spaltbaren Materials für militärische Zwecke. Im übrigen beobachten wir nicht ohne Sorgen die Verhandlungen über die Schaffung eines gemeinsamen Textes für den künftigen Art. 3. Wir sind an der Erhaltung des Kontrollystems der EURATOM aus verständlichen Gründen interessiert, da eine Spaltung des Gemeinsamen EURATOMMarktes das Ende der europäischen Atomgemeinschaft bedeuten würde. Was die Verfahrensbestimmungen anlangt, so erscheinen uns die Vorschriften über die künftige Änderung des Vertrages, über die Gestaltung des Rücktrittsrechts und über die Beibehaltung der unbeschränkten Geltungsdauer doch sehr fraglich zu sein. Ein Vertrag von so weitgehender Konsequenz auf technischem und militärischem Gebiet angesichts einer Entwicklung, die so unübersehbar ist, sollte, so meinen wir, in irgendeiner Form eine zeitliche Begrenzung vorsehen. Ich komme dann zu dem dritten Punkt, zur Ostpolitik. Hier möchte ich aus der Sicht meiner Fraktion einige Klarstellungen geben und einiges sagen, was nicht nur mit der Erklärung der Bundesregierung zu tun hat — damit wir uns gleich recht verstehen —; aber es gibt ja auch eine Debatte draußen, auf die dieses Haus Einfluß zu nehmen hat, wenn es seinem Rang und seiner Verpflichtung entsprechen will. Es gab während der Sommerpause nicht nur einige falsche und mehrere bedenkliche Zungenschläge zu ostpolitischen Fragen von mehreren Seiten, sondern auch Spekulationen über die Haltung der CDU/CSU. Es gibt Leute, die nicht müde werden, uns alles mögliche anzudichten. Meine Damen und Herren, wir sitzen nicht im Bremserhäuschen der gesamtdeutschen Politik. Wir sind natürlich behutsam, aber Behutsamkeit ist nicht Angst, wie manche zu verwechseln scheinen, so wie Draufgängertum und Abenteuerlust kein Zeichen für Tapferkeit sind. Wir sagen ja auch zum kalkulierten Risiko, wir sagen nein zu Abenteuern, die uns auf die abschüssige Bahn bringen würden. Wir haben nichts gegen Gespräche auch mit den Verantwortlichen in Pankow, wenn das für ,alle Deutschen hilfreich ist. Die Regierungserklärung hat das eindeutig festgelegt. Die Bundesfraktion der CDU/CSU unterstützt die Gesamtpolitik der vom Parteivorsitzenden der CDU, dem Bundeskanzler Kiesinger, geführten Bundesregierung. Sie ist bereit, die für die Koalition in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 verbindlich definierte Politik mitzutragen und mitzugestalten. Wir werden jeden Versuch abwehren, diese Politik zu verwässern oder vom Verabredeten abzuweichen. Wenn eine neue Lage neue Antworten erfordern sollte, so muß man darüber sprechen und gemeinsame Meinungen herbeiführen. Man kommt nicht umhin, ebenso sachlich wie würdig klarzustellen, was unsere Regierung nicht bereit ist, zu akzeptieren, was keine Aussicht hätte, Verhandlungsgegenstand für unseren Beauftragten zu sein. Solche Punkte sind: a)


    (Beifall.)





    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)