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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 106. Sitzung Bonn, den 27. April 1967 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Paul 4917 A Fragestunde (Drucksachen V/1634, zu V/1634) Frage des Abg. Ertl: Grundgesetzänderungen zur Neugestaltung der Beziehungen zwischen Bund und Ländern Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4917 B Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 4917 B Frage des Abg. Sanger: Abgrenzung zwischen Anzeigeblättern und Zeitungen bzw. Zeitschriften Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4917 D Sänger (SPD) . . . . . . . . 4918 B Frage des Abg. Porten: Übergangszeit für einen gemeinsamen Mehlmarkt Höcherl, Bundesminister 4918 C Porten (CDU/CSU) 4918 DFragen des Abg. Ertl: Finanzierung kostenloser Getreidelieferungen an Entwicklungsländer Höcherl, Bundesminister . . . . 4919 B Ertl (FDP) 4919 C Fragen des Abg. Bading: Einbeziehung von Bananen und Ananas in die EWG-Marktordnung für Obst und Gemüse Höcherl, Bundesminister . . . . . 4919 D Urban (SPD) . . . . . . . . . 4920 A Fragen des Abg. Budde: Milchwirtschaft in der Bundesrepublik 4920 B Fragen des Abg. Jung: Ausrüstung der Seenotrettungsstaffel Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 4920 C Ollesch (FDP) 4920 D van Delden (CDU/CSU) 4921 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 Fragen des Abg. Burger: Sommeruniform für Heeresstreitkräfte der Bundeswehr . . . . . . . . 4921 B Fragen des Abg. Hübner: Einsatz- und Nutzungsmöglichkeiten von elektrischen Großrechenanlagen 4921 C Fragen des Abg. Lemper: Reduzierung der Wehrdienstzeit und der Gesamtzahl der Soldaten sowie dadurch mögliche Einsparungen Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . .. . 4921 D Mertes (FDP) 4922 A Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) 4922 B Frage des Abg. Ollesch: Notwendigkeit der Anwesenheit des Bundesarbeitsimnisters im Ausschuß für mittelfristige Finanzplanung Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 4922 D Frage des Abg. Geldner: Vergabe von Aufträgen für Investitionsmaßnahmen nach Bayern Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 4923 A Geldner (FDP) 4923 C Fritsch (Deggendorf) (FDP) . . . 4923 D Ertl (FDP) 4924 B Frage des Abg. Logemann: Änderung des Verkehrsfinanzgesetzes Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 4924 D Logemann (FDP) 4924 D Fragen des Abg. Logemann: Dieselölpreis für Landwirte Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4925 A Logemann (FDP) 4925 C Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 4926 B Wächter (FDP) . . . . . . . . 4926 D Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 4927 A Reichmann (FDP) . . . . . . . 4927 B Fragen des Abg. Hellenbrock: Militärisch genutztes Gelände der Gemeinde Bracht im Lkr. Kempen/Krefeld Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4927 C Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . . 4927 D Frage des Abg. Lemmrich: Einnahmen aus der Mineralölsteuer Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4928 A Fragen des Abg. Flämig: Exerzierplatz Großauheim am Main 4928 B Fragen des Abg. Baier: Baustopp für alle staatlich geförderten Hochbauten in Baden-Württemberg Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 4928 C Baier (CDU/CSU) 4928 D Fragen des Abg. Wächter: Bewerber um Aufträge des Bundes Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 4929 C Wächter (FDP) . . . . . . . 4929 C Fragen des Abg. Porten: Praktiken des Quotenhandels in der Mühlenwirtschaft Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär 4930 A Porten (CDU/CSU) 4930 A Große Anfrage der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD betr. Atomwaffensperrvertrag (Drucksache V/1650) in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. atomare Rüstung und friedliche Nutzung von Kernenergie (Drucksache V/ 1494) Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 4930 D Dr. Eppler (SPD) . . . . . . . . 4935 B Brandt, Bundesminister . 4939 D, 4972 D Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 4946 D Schoettle, Vizepräsident . . . . . 4952 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 4952 C Borm (FDP) . . . . . . . : . 4955 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 4959 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 4961 B Berkhan (SPD) . . . . . . . . 4965 A Flämig (SPD) . . . . . . . . . 4966 A Genscher (FDP) 4967 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 4969 D Ollesch (FDP) 4972 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 4975 C Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 4976 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 III Beratung des Dritten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1966 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie des Sondergutachtens über die Wirtschaftslage im Frühjahr 1967 (Drucksachen V/1160, V/1313, V/1588) Dr. Schiller, Bundesminister . . . 4976 C Dr. Haas (FDP) . . . . . . . . 4985 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 4992 C Porzner (SPD) . . . . . . . 4997 A Nächste Sitzung 5000 B Anlagen 5001 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 4917 106. Sitzung Bonn, den 27. April 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Beurlaubungen Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner ** 27. 4. Arendt (Wattenscheid) 27. 4. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 28. 4. Bading** 27. 4. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 28. 4. Bauer (Würzburg) * 28. 4. Prinz von Bayern 1. 6. Berkhan * 28. 4. Berlin 28. 4. Blumenfeld * 28. 4. Frau Brauksiepe 28. 4. Buchstaller 27. 4. Corterier * 28. 4. Dr. Dittrich** 28. 4. Draeger * 28. 4. Dröscher ** 27. 4. von Eckardt 27. 4. Eisenmann 28. 4. Flämig* 28. 4. Frau Freyh 12. 5. Frau Geisendörfer 28. 4. Gerlach ** 28. 4. Gewandt 28. 4. Graaff 28. 4. Dr. Gradl 28. 4. Hahn (Bielefeld) ** 28. 4. Dr. Hellige * 28. 4. Frau Herklotz * 28. 4. Herold* 28.. 4. Hilbert * 28. 4. Höhne 15. 6. Hösl * 28. 4. Jacobi (Köln) 15. 5. Kahn-Ackermann * 28. 4. Dr. Kempfler * 28. 4. Kiep 12. 5. Frau Klee * 28. 4. Dr. Kliesing (Honnef) * 28. 4. Klinker * 28. 4. Dr. Kopf * 28. 4. Kunze 6. 5. Lemmer 28. 4. Lemmrich * 28. 4. Lenz (Brühl) 30. 4. Lenz (Trossingen) 23. 5. Lenze (Attendorn) * 28. 4. Lücker (München) ** 28. 4. Matthes 28. 4. Mauk ** 28. 4. Frau Dr. Maxsein " 28. 4. Mengelkamp 15. 5. Merten** 28. 4. Metzger ** 28. 4. Michels 28. 4. Müller (Aachen-Land) ** 28. 4. Paul 28. 4. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Peters (Norden) 30. 6. Frau Pitz-Savelsberg 2. 6. Pöhler * 28. 4. Frau Dr. Probst 12. 5. Raffert 28. 4. Richarts ** 28. 4. Richter * 28. 4. Dr. Rinderspacher * 28. 4. Rösing 28. 4. Ross 28. 4. Dr. Rutschke * 28. 4. Scheel 28. 4. Schmidt (Würgendorf) * 28. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 28. 4. Dr. Serres * 28. 4. Dr. Starke (Franken) ** 27. 4. Struve 31. 5. Dr. Süsterhenn 27. 4. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell* 28. 4. Dr. Wahl * 28. 4. Wellmann 30. 4. Wienand * 28. 4. Dr. Wuermeling 27. 4. Zerbe 28. 4. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Der Sachverständigenrat verfährt nach der Methode von Professor Heller, USA, des früheren Vorsitzenden des Konjunkturrates: er versucht, den Umfang der Unterauslastung der Wirtschaft zu ermitteln, um dann vorzuschlagen, wie die fehlende Nachfrage zu erzeugen ist. Das ist eine rein liquiditätsorientierte Betrachtungsweise. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, bedarf es zunächst einer Ermittlung der Ursachen der Konjunkturabflachung. Abgesehen von der politischen Krise des vorigen Jahres liegt diese Ursache in den öffentlichen Defiziten, in der Kostenentwicklung und, inzwischen weitgehend überwunden, in der Preisauftriebstendenz. Also müssen zuerst die öffentlichen Finanzen saniert werden, die Haushalte müssen umstrukturiert werden. Darüber sagt das Gutachten leider nichts. Der Etat ist nicht zuerst ein Instrument der Konjunkturpolitik, sondern in erster Linie Prüfstein für die Ordnung im Staat, also politische Vertrauensgrundlage. Bedenklich ist es meines Erachtens auch, daß das Gutachten sich ausschließlich an Globalzahlen orien- 5002 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 tiert. An Stelle einer Ahalyse der derzeitigen relativen Arbeitslosigkeit wird lediglich von „allenthalben brachliegenden Kapazitäten" gesprochen. Das gibt ein falsches Bild. So liegt die Arbeitslosigkeit im Raum Rhein-Neckar und Rhein-Main unter 1 %, dagegen im Ruhrgebiet, an der Saar, in Teilgebieten von Niedersachsen und im Bayerischen Wald weit über dem Durchschnitt. Die heutige Konjunkturpolitik kann nicht isoliert von den Strukturproblemen betrachtet werden. Sie beziehen sich nicht nur auf die Eisen schaffende Industrie und den Bergbau, sondern auch auf Teile der Eisen und Metall verarbeitenden Industrie, der Holz- und der Textilindustrie. Durch Gewährung globaler Kreditspritzen ist hier keine Hilfe zu erwarten, das würde die notwendige Strukturbereinigung nur hinausschieben. Es wäre auch zu begrüßen gewesen, wenn das Sondergutachten die bisherige Investitionstätigkeit näher untersucht hätte. In der EWG-Investitionsstatistik ist die Bundesrepublik Deutschland nämlich eindeutig führend. Die Brutto-Anlage-Investitionen der Industrie hatten 1964 eine Zuwachsrate von 18 %, 1965 von 15 % und sind sogar im Jahresdurchschnitt 1966 noch leicht gestiegen. Läßt das nicht den Schluß zu, daß die nachlassende Investitionsneigung eine insoweit natürliche Reaktion auf sehr hohe Investitionsraten der vergangenen Jahre mit dem Zwang der einzelnen Unternehmen, nunmehr zu konsolidieren, ist? Zum Vorschlag des Sondergutachtens! Er bedeutet einen klaren Stellungswechsel des Rates im Vergleich zu dem vor vier Monaten veröffentlichten Dritten Jahresgutachten. Damals hatte der Rat drei Alternativprojektionen dargelegt (I „Stabilität um jeden Preis", II „ungezügelte Expansion", III „kontrollierte Expansion"). Im Dritten Jahresgutachten hatte der Rat eindeutig das Konzept der „kontrollierten Expansion" propagiert. Der Vorschlag im Sondergutachten deckt sich demgegenüber weitgehend mit der seinerzeitigen Alternativprojektion II. Natürlich kann in der Wirtschaftspolitik kurzfristig ein Stellungswechsel nötig werden. Was aber bedenklich erscheint, ist die Tatsache, daß die Öffentlichkeit sich inzwischen auf die amtlich übernommene „kontrollierte Expansion" eingestellt hat, die durch die neue Politik weitgehend sinnentleert ist, und daß, genaugenommen, der jetzige Vorschlag des Sachverständigen-Rates „ungezügelte Expansion" lauten müßte, zumal von vornherein feststeht, daß die Bundesregierung die vorgeschlagene „Kontrolle" der außenwirtschaftlichen Absicherung (Wechselkurspolitik) nicht praktizieren will — mit Recht — und daß sie die zweite „Kontroll"-Maßnahme der lohnpolitischen Absicherung in dem vom Dritten Jahresgutachten vorgeschlagenen Sinne der „Richtzahlen" und „Lohnleitlinien", also der Datensetzung von oben nicht praktizieren kann und nicht praktizieren will. Also: Vor Schlagworten wird gewarnt! Zur Frage des zweiten Eventualhaushaltes! Die Liquiditätsversorgung entwickelt sich zufriedenstellend. Die Zinssenkungstendenz ist zu begrüßen. Leider ist jedoch die Freigabe der Haben-Zinsen ohne Wirkung geblieben. Ganz offensichtlich ist das auf die Tatsache zurückzuführen, daß trotz Zinsfreigabe die Steuerprivilegien der Sparkassen unangetastet geblieben sind. Diese Privilegien werden auch weiterhin zu einem verzerrten, unnötig hohen Zinsniveau führen, wenn man sie nicht unverzüglich abbaut. Die Entwicklung der Liquiditätsnachfrage ist zur Zeit noch gehemmt. Da der Bundeshaushalt 1967 noch nicht verabschiedet ist, macht sich zum Nachteil der Wirtschaft ein Ausgabestau nach wie vor hemmend bemerkbar. Nach Verabschiedung des Bundeshaushalts im Juni wird sich das schlagartig ändern. Zur gleichen Zeit geht auch die Anlaufzeit des ersten Eventualhaushalts zu Ende. Also: In der zweiten Jahreshälfte ist mit einer spürbaren Massierung der öffentlichen Ausgaben zu rechnen, zumal dann auch das Defizit der Sozialversicherungsträger mit etwa 1,5 Milliarden DM stark expansiv wirken wird. Für alles das ist offenbar genug Liquidität vorhanden. Funktioniert die beabsichtigte Initialzündung gleichfalls in der zweiten Jahreshälfte, womit wohl zu rechnen ist, dann ergäbe sich wahrscheinlich die Gefahr einer Überforderung des Kapitalmarktes, falls man gleichzeitig einen zweiten Eventualhaushalt praktizieren wollte. Es geht also nicht an, heute schon über die Frage eines zweiten Eventualhaushaltes — der nach Ansicht des Berliner Instituts ein Volumen von 4 Milliarden DM haben sollte — zu entscheiden. Eventuelle Liquiditätsreserven sollte der Bund lieber den Ländern und Gemeinden für Infrastrukturmaßnahmen überlassen. Im Dritten Jahresgutachten war in der Alternativprojektion II („ungezügelte Expansion") auf die Gefahr eines kumulativen Prozesses im Jahre 1968 hingewiesen worden. Dieser Hintergrund muß auch heute noch beachtet werden,desgleichen der Hintergrund eines Haushaltsdefizits des Bundes für 1968 in Höhe von 6,8 Milliarden DM. Ein zweiter Eventualhaushalt würde also eine Vervielfachung späterer Konsolidierungsschwierigkeiten bedeuten. Auch aus diesem Grunde darf man sich nicht vorzeitig und nicht ohne Not für ihn entscheiden. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Heute ist schon mehrmals von der psychologischen Komponente der Konjunkturpolitik gesprochen worden. Meiner Meinung nach kann man diesem Fragenkomplex nicht genügend Aufmerksamkeit widmen. Steht doch hinter den Summengrößen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung eine unübersehbare Zahl von Einzelentscheidungen, die von den Marktteilnehmern, von den Konsumenten und Produzenten, Tag für Tag gefällt werden müssen. Kollektivurteile über die Entwicklung der Konjunk- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 5003 tur, wie etwa die sogenannte Krisenfurcht, können — selbst wenn sie unbegründet sind — den weiteren konjunkturellen Ablauf unter Umständen stärker beeinflussen als wirtschaftspolitische Maßnahmen; ja, sie können Wirkungen auslösen, deren Größe und Mächtigkeit in keinem Verhältnis steht zu den relativ bescheidenen Einflußmöglichkeiten der öffentlichen Hand. Dafür gibt es in der Wirtschaftsgeschichte der zwanziger und dreißiger Jahre genügend Beispiele. Die Marktteilnehmer können sich aber nicht allein an ihren unmittelbaren wirtschaftlichen Erfahrungen, die sich meistens nur auf einen schmalen Sektor beziehen, orientieren, sondern sie sind auch darauf angewiesen, wie die öffentliche Meinung und die für die Wirtschaftspolitik Verantwortlichen die Lage beurteilen. Insofern setzt auch der Sachverständigenrat selbst durch seine gutachtlichen Äußerungen ein konjunkturelles Datum. Er ist also in der Lage des Arztes, der bei der Mitteilung der Diagnose an den Patienten die Wirkungen bedenken muß, die diese Mitteilung auf den Kranken haben könnte. Überspitzt könnte man hierbei von dem „prozyklischen Effekt von Gutachten" sprechen, wobei ich insbesondere die möglichen Wirkungen auf das Konsumentenverhalten im Auge habe. Dies ist die Folge davon, daß die Erörterung konjunkturpolitischer Fragen, der durch das Gesetz institutionalisierte Dialog zwischen Sachverständigenrat und Bundesregierung sich im vollen Licht der Öffentlichkeit vollzieht. Dabei kann der Sachverständigenrat möglicherweise in eine ähnliche Situation geraten wie die Demoskopen bei der letzten Bundestagswahl, nämlich daß man ihnen später den Vorwurf macht, sie hätten durch ihre Prognose das Ergebnis beeinflußt. Man sieht, die „informierte Gesellschaft" hat auch ihre Gefahren. Man sollte daraus keinesfalls die Konsequenz ziehen, einer öffentlichen Erörterung konjunkturpolitischer Fragen aus dem Wege zu gehen. Allerdings sollte man diese unerwünschten Nebeneffekte bei der Formulierung und unter Umständen bei der Wahl des Zeitpunktes der Äußerung zu vermeiden suchen. Die zweite Bemerkung betrifft das Problem der außenwirtschaftlichen Absicherung der Währungsstabilität, den Schutz vor der sogenannten importierten Inflation. Niemand wird sich der in mehreren Stellungnahmen vorgetragenen Sorge des Sachverständigenrates zu verschließen vermögen, die binnenwirtschaftliche Stabilität werde durch außenwirtschaftliche Einflüsse gefährdet. Die vom Sachverständigenrat vorgeschlagenen autonomen Lösungsmöglichkeiten bergen — abgesehen von juristischen Hindernissen — jedoch schwer überschaubare Risiken in sich. An erster Stelle steht dabei die heute schon einmal ausgesprochene Befürchtung, die Exporterfolge der deutschen Wirtschaft könnten darunter leiden. Die Abneigung gegenüber einer Verminderung der Währungsparitäten resultiert letztlich aus der Tatsache, daß derartige Operationen die Handelsströme oft auf lange Zeit erheblich beeinträchtigen, ja sogar auf die Dauer umlenken können. Aus diesem Grund hat der Wirtschaftsausschuß die im Entwurf des Stabilitätsgesetzes vorgesehene Möglichkeit einer Senkung der Sätze der Umsatzausgleichsteuer und der Ausfuhrvergütung — ein Instrument, das man als partiell und zeitlich begrenzten Aufwertungsersatz ansehen könnte — gestrichen. Die importierte Inflation ist im übrigen nicht das wirtschaftspolitische Problem des Jahres 1967. Auf längere Sicht — vielleicht schon im nächsten Jahr — wird uns allerdings diese Frage immer wieder beschäftigen. Die Wechselbeziehungen zwischen den Wirkungen des internationalen Preiszusammenhangs und den monetären Folgen eines strukurellen Zahlungsbilanzüberschusses einerseits und dem Auslastungsgrad der binnenwirtschaftlichen Produktionskapazitäten andererseits bedürfen im übrigen noch weiterer quantitativer Untersuchungen. Vorerst bleibt nur ein Ausweg, um den Gleichschritt der westlichen Industriestaaten in die Inflation zu bremsen bzw. zu stoppen, nämlich sich verstärkt um eine internationale Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik der einzelnen Staaten zu bemühen. Gewisse Möglichkeiten bietet dazu das Europäische Währungsabkommen sowie Art. 107 des EWG-Vertrages und last not least die ökonomische Vernunft und das wohlverstandene gemeinsame Interesse an einer gesunden internationalen Finanzordnung. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Stein (Honrath) (CDU/CSU) zu Punkt 4 'der Tagesordnung. Ich möchte mich nicht mit dem Inhalt des Dritten Jahresgutachtens und des Sondergutachtens unseres Sachverständigenrates befassen. Kritik und Zustimmung sind zu diesem Inhalt geäußert worden, zu dem Sondergutachten fast nur Kritik, in der Öffentlichkeit noch mehr als hier. Ich habe das bewußt anderen überlassen und will mich mit einer anderen, wie mir scheint, ebenfalls sehr wichtigen Frage beschäftigen, einer Frage, die die Gutachten aufwerfen und von anderen schon kurz gestreift wurden. Dieses Hauptgutachten, das wir diskutieren, ist das dritte, das Sondergutachten das erste seiner Art. Im August 1963 wurde durch das Gesetz, das dem ganzen Vorgang zugrunde liegt, der Auftrag gegeben, Untersuchungen über die Ausgewogenheit unserer wirtschaftlichen Entwicklung mit Hilfe eines unabhängigen Sachverständigengremiums vorzunehmen. Die beiden heutigen Gutachten sollten meines Erachtens Anlaß sein, uns unsererseits zu prüfen, ob wir mit dieser Art und Form der Gutachten, an die wir uns sozusagen schon gewähnt haben, auf dem richtigen Wege sind. Ist es das, was wir wollen und erhofft haben? Mit anderen Worten: Haben sich das Gesetz und seine Absicht 5004 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 mit diesem Gutachten bewährt, oder sollten wir etwas andere Wege beschreiten? Wenn ja, welche? Ich denke, daß man diese Frage in aller Ruhe aufwerfen und daß man allmählich mit dieser Diskussion beginnen kann. Diese Diskussion müßten zunächst wir in diesem Hause führen. Denn wir sind zunächst die Empfänger der Gutachten, wie wir auch die Initiatoren des Gesetzes gewesen sind. Die Bundesregierung gibt zwar eine Stellungnahme dazu ab, sie ist aber vielleicht nicht so frei in ihrer Äußerung zur Frage des Gelingens des gesetzlichen Auftrages und zu den Verfahrensfragen der Gutachten. Die Regierung könnte in den Verdacht kommen, sich mit grundsätzlichen Änderungen oder Ausgestaltungsvorschlägen einen unbequemen Aufpasser oder Kritiker vom Halse schaffen oder ihn an die Kette legen zu wollen. Vielleicht auch umgekehrt. Deshalb sollte ,der Bundestag, sollte das Parlament diesen ersten Saldo der Betrachtung der bisher gewählten Form !der Untersuchungsmethode ziehen und die Frage der Verbesserungserfordernisse und Verbesserungsmöglichkeiten sich selbst stellen. Eine kleine Vorbemerkung! In Deutschland, aber auch anderwärts, gerät man leicht in den Geruch, geistig etwas minderbemittelt zu sein, wenn man den Spruch von Weisen nicht sozusagen auf den Knien entgegennimmt. Wird diese Ergebenheit, so frage ich, als Preis dargebracht für die Unabhängigkeit, also dafür, daß die Männer im Elfenbeinturm den Kampf gegen Interessen und unsachliche Einflüsse gewagt oder sich um weisungsfreie Beurteilung bemüht haben? Es lohnt sich, über diese Frage, deren Beantwortung über unsere Gesellschaft viel aussagen würde, nachzudenken. Der allgemeine Gutachter ist in Deutschland leider stark abgewertet. Im Volksmund, jedenfalls im qualifizierteren, sagt man, nicht ganz zu Unrecht, daß man für alles und jedes, für alle nur denkbaren Ansichten zu einer Sache einen Gutachter haben kann. Wir kennen ja alle die Prozesse, deren Akten mit vielen einander widersprechenden Gutachten angefüllt sind. Wenn ich das sage, so will ich damit unterstreichen, daß die Unabhängigkeit eines Gutachters in der Tat nach der Überzeugung vieler mit besonderen Kautelen hergestellt werden muß. Es muß eine staubfreie Atmosphäre gesichert sein. Ich bekenne mich jedenfalls ganz grundsätzlich zu der Auffassung, daß das unabhängige Gutachten in Deutschland einen hohen Rang anstreben und erhalten muß und daß die Gutachter ihre Ehre in die völlig unabhängige Begutachtung setzen müssen. Weisungsfrei und unabhängig heißt aber nicht, daß ein Gutachten sozusagen im luftleeren Raum gestaltet werden müsse. Je elfenbeinerner ein Gutachten ist, um so luftleerer ist es aber. Nun garantiert in unserem Falle des gesamtwirtschaftlichen Sachverständigenrates die Persönlichkeit der Gutachter, die sich in ihren Kreisen und gegenüber der Öffentlichkeit ja auch wieder über ihre Thesen auseinanderzusetzen haben, für die lebensvolle Komprimierung des Stoffes und für eine gewisse Bodennähe der Betrachtung. Aber dieser Status, den wir den Gutachtern zugewiesen haben, reicht nach meiner Ansicht nicht aus, blut- und lebensvolle Gutachten sozusagen von der Methode her sicherzustellen. Wir befinden uns mit unserem Untersuchungsauftrag nicht in der Justiz oder einem sonstigen Bereich, bei dem es um die abstrakte und theoretische Frage des Falsch oder Richtig geht, sondern in der Wirtschaft, einem Bereich also, bei dem letzten Endes nur das konkrete Ergebnis interessiert, die Frage, ob diese konkrete Vorstellung mit Hilfe der vorausgeschickten Daten auch wirklich überzeugt. Ich habe oft die Meinung gehört, daß der Auftrag an den Sachverständigenrat an sich utopisch sei, weil dieser Auftrag sich in einem theoretischen Idealbild, nämlich der Stabilität des Preisniveaus, einem hohen Beschäftigungsstand, dem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum zu vollziehen habe und die Einzeluntersuchungen dieser Zielsetzung zu dienen hätten. Nun gut, Gesetze können sich ideale und vielleicht unerreichbare Ziele setzen. Aber wir hier sind leider auf die Realitäten der vier Ideale angewiesen. Wir können zwar anordnen, daß die Vorstellungen der Sachverständigen keine Empfehlungen sein sollen. Aber alle Welt faßt sie als solche auf, besonders wenn sie — wie z. B. dieses unglückliche Ergänzungsgutachten — wenig Alternativen haben und wenn die Presse von den Gutachten als dem volkswirtschaftlichen Gewissen der Nation spricht. Die Vorstellungen der Sachverständigen, hoch in den Raum gestellt, sind dann natürlich die Basis für politische Attacken und Alibis, obwohl irgendeine Bewährung dieser Vorstellungen im politischen Raum nicht stattgefunden hat, die Regierung vielmehr sofort in der Rolle des Angeklagten ist. Ja, das Gutachten selbst kann sofort Angreiferin sein. Wer will das für die Vergangenheit der 31/2 Gutachten bestreiten? Es kann aktiv in eine ganz bestimmte Richtung wirken, statt nur Möglichkeiten für die eine oder andere Handhabung aufzuzeigen. Die Gefahr dieser unabhängigen, also wertfreien und unpolitischen, aber politisch höchst wirksamen, eindeutig als Empfehlung wirkenden Nichtempfehlung ist groß, sehr groß. Wir haben sie bisher gebändigt, aber das muß nicht immer so sein. Ich habe 'sogar den Eindruck, daß das von Jahr zu Jahr schwieriger wird. Die Wirtschaft darf nach meiner Auffassung nicht in dieser Weise nur den Sachverständigen zu einem so hohen und unmittelbaren Einfluß überlassen werden. Der Sachverständigenrat soll in diesem Gutachten darstellen, die Situation darstellen, aber nicht an Hand eines Bildes, das sich an Idealen und nicht ganz realistischen Generalklauseln orientiert. Nur eine einzige der vier von mir vorhin genannten Komponenten braucht, aus welchen Gründen auch immer, nicht realistisch zu sein, dann ist das ganze Bild schief. Hier scheint mir ein wesentlicher Mangel unseres Gesetzes zu liegen. Ein zweiter Mangel hängt damit zusammen und scheint mir darin zu liegen, daß der Sachverständigenrat personell ergänzt oder etwas anders zusammengesetzt werden muß. Meines Erachtens müßte mindestens ein von Berufs wegen sicherer Kenner der politischen Zusammenhänge in das Gremium herein. Außerdem müßten die Mitglieder des Sachverständigenrates einen Status haben, der es ihnen zur Pflicht macht, die Valuta ihres Gut- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 5005 achtens mit einer voll funktionierenden Methode zu erreichen. Was verstehe ich hierunter? Betrachten wir einmal mit einem kurzen Streiflicht die bisherigen 31/2 Gutachten. Leider ist ja unsere Gegenwart so schrecklich vergeßlich. Was wäre geschehen, wenn wir den Vorstellungen der zurückliegenden Gutachten gefolgt wären? Was würde geschehen, wenn wir das vorliegende dritte und das Sondergutachten unter Hinnahme der Korrekturen zur Grundlage unserer Entscheidung machen würden? Sicher gibt es überzeugte, positive Beurteiler. Auf diese Frage des Falsch oder Richtig kommt es mir aber — wie gesagt — in diesem Zusammenhang gar nicht an, sondern darauf, daß in der Beurteilung und in den Vorschlägen des Sachverständigenrates zu wichtigen Problemen nach der Ansicht einer sehr großen Zahl von anderen Sachverständigen deutlich Fehlbetrachtungen vorliegen und einzelne vorgeschlagene Ziele auf den erörterten Wegen nicht erreicht werden können. Anders gesagt, daß die etwa in der Richtung des Gutachtens eingeleiteten Maßnahmen weder auf einer zuverlässigen sachlichen noch politischen Basis aufgebaut und realisiert werden können. Ich meine, daß die Gutachten und die Gutachter durch diese Situation in die Gefahr einer allmählichen und längst aktuellen Entwertung geraten. Die freundlichen Bemerkungen der Bundesregierung in der Einleitung ihrer Stellungnahme zum dritten Gutachten können darüber nicht hinwegtäuschen. Mein heutiges Thema ist, wie es dazu kommt und wie wir diese Devaluierung vermeiden, einer weiteren Abwertung vorbeugen können. In dieser ersten Diskussion hierüber ist das Ganze mit wenigen Sätzen darzustellen. Wir brauchen nur einmal die Gutachten ganz klar ins Auge zu fassen. Sie bestehen aus zugrunde gelegten Daten, allgemeinen oder speziellen Prämissen und Aspekten sowie einer Analyse, das Sondergutachten ferner aus Korrekturen. Die Gutachter setzen sich vor den Gutachten in freier Weise mit diesen oder jenen Stellen, sicherlich allen sachlich zu einem Beitrag berufenen, in Verbindung und informieren sich. Wir alle sind gehalten, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, und tun das gern. Welche Ansichten die Gutachter mitbringen, sei es zur Diagnose oder zur Therapie, erfahren wir nicht oder nicht unbedingt, jedenfalls nicht in einer verbindlich geregelten Form. Oft oder wohl meist spricht auch nur einer der Gutachter mit diesem oder jenem Bedarfsträger oder verantwortlichem Gremium. Soweit nicht das Statistische Bundesamt eingeschaltet ist, werden die Daten wohl auch nicht verbindlich abgestimmt, die Prämissen und Aspekte bleiben auf beiden Seiten, also sowohl bei den befragten Gebern als den nehmenden Sachverständigen, etwas im angenehmen Dunkel; es wird ja auch aus Gründen, die man menschlich verstehen kann, mit allerlei Vorsicht gearbeitet. Die nachfolgende Analyse — das haben wir ja nun schon mehrfach und mit steigender Intensität erlebt — hebt sich dann leicht wie von selbst etwas vom Boden und kann in dieser oder jener Einzelfrage, wie wir gehört haben, sogar in eine bedenkliche Höhe geraten, eine Erscheinung, an die wir uns im Bereich der theoretischen Wirtschaftspolitik beinahe schon gewöhnt haben, die aber wegen der Neigung des deutschen Charakters, den Politikern zu mißtrauen, den Gutachtern zu vertrauen, auch nicht völlig ungefährlich ist. Nach meiner Ansicht muß sich das Gutachtergremium, müssen sich die grundlegenden Ausgangspunkte und die entwickelten Vorstellungen zunächst dem politischen Raum im weitesten Sinn stellen, bevor sie mit dieser Feierlichkeit verkündet, der Regierung übermittelt und von dieser an uns weitergegeben werden. Wir wollen, daß gutachtliche Meinungen nicht nur richtig und von den sonstigen Qualitätsgutachten in Deutschland, soweit wie möglich, gleich mitgetragen werden, sondern daß diese Gedankengänge auch politisch und praktisch realisierungsfähig erscheinen. Ich kann diesen Punkt nicht deutlich genug unterstreichen. Er bedeutet nicht, daß die Gutachter nur erörtern sollen, was auch Aussicht hat, vollzogen zu werden. Welcher Irrtum wäre das! Er bedeutet vielmehr, daß der Sachverständigenrat unter Einsatz seiner eigenen, wenn auch zunächst nur vorläufigen Ansicht mit allen in Betracht kommenden Stellen in einem nicht allzu streng, aber in diesem Punkt klar geregelten Verfahren sprechen muß und daß er seine Prämissen, Aspekte und Analysen in voller Kenntnis der sachlichen und politischen Auffassungen und Pläne, die zu seinem Aufgabenbereich gehören, darzulegen hat. Das Material dieser Vorauseinandersetzung könnte in übersichtlicher Form dem Jahresgutachten beigefügt werden. Zur Veranschaulichung dieses Änderungsbedürfnisses unseres Gesetzes kann man natürlich mehrere sehr aktuelle Beispiele wählen. Das Sondergutachten allein rechtfertigt die ganze Skala der Kritik an der jetzigen Praxis der Gutachtenerstattung: Der gesetzliche Auftrag ist nichtvoll eingehalten, wenig Alternativen sind aufgezeigt, die Vorschläge wirken klar als Empfehlung, über die Stellungnahme wichtiger Partner, z. B. des Außenhandelsbeirats, ist man hinweggegangen, der Vollzug des Eventualhaushaltes ist nicht ganz zutreffend beurteilt, und zu manchen Einzelfragen fehlt eben die Mitteilung der Stellungnahme der Hauptbeteiligten und anderes mehr. Diese Gesprächspartner sind nämlich die Träger unser marktwirtschaftlichen Ordnung. Diese Träger und ihre Ansichten hat das Gutachten neben den sonstigen Begebenheiten und Bindungen nationaler und internationaler Art mit einzubeziehen und zu würdigen. Wenn z. B. ein wesentlicher Teil dieser Partner, selbstverständlich mit guten Gründen, die Erwägung des Sachverständigenrates ablehnt oder als politisch undurchführbar bezeichnet, ist das ein Faktum im Bewußtsein dessen, daß die Vorschläge des Gutachtens lebensvoll und politisch durchblutet sein müssen; sonst haben sie nur wissenschaftlichen Wert. Ich meine, daß wir nur bei Beachtung dieses Grundsatzes den Gutachtern den Status sichern können, der unserer Hoffnung auf die Nützlichkeit und den nationalen und gesamtwirtschaftlichen Wert ihrer Gutachten entspricht. 5006 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 Unser Gesetz muß ergänzt werden. Das dritte Gutachten und das Sondergutachten zeigen dies mit einer mehr als ausreichenden Deutlichkeit. Das ist meine Ansicht und die vieler meiner Freunde. Die Änderung kann mit einigen wenigen Pinselstrichen geschehen, die die Geborgenheit des Gutachtens im gesamten politischen Raum, die Anlehnung an die tragenden Kräfte unserer Gesellschaft garantieren, und wird uns schnell zu der gewünschten Form der Gutachten weitrhelfen. Ich verrate wohl auch kein Geheimnis, wenn ich sage, daß die wissenschaftlichen Gutachter selber im In- und Ausland sich über wesentliche Grundlagen solcher gutachtlicher wirtschafts-wissenschaftlicher Aussagen im Streit oder nicht in Übereinstimmung befinden. Einzelne meinen z. B., daß zwischen Analysen und Empfehlungen sowie zwischen Gutachten und politischen Entscheidungen nicht getrennt werden könne. Andere meinen, daß die Gutachter auch über Mittel zur wirksamen Durchführung ihrer Gedanken verfügen müßten usw. Jedes Land kann das natürlich halten, wie es will. Was wir wollen, ist jedenfalls, daß die Gutachter die anstehenden Probleme herausstellen und begutachten, wobei es natürlich in erster Linie und gerade auf diejenigen Erscheinungen ankommt, die außerhalb des normalen oder vermuteten Konjunkturablaufes liegen. Die Gutachter müssen dabei auf wissenschaftlich verläßlichem Boden bleiben und allzu kontroverse Theorien vermeiden. Sie sollen aber ihr Votum vertreten, und zwar so, daß die Regierung, die die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit des Gutachtens zu prüfen und die anschließend nach ihrem politischen Auftrag zu handeln hat, die in dem Gutachten geäußersten Auffassungen nach ihrer Durchführbarkeit beurteilen kann. Was diese Auffassungen nun angeht, so hat ein sehr angesehenes Mitglied dieses Hauses in diesen Tagen höchst lapidar festgestellt, es sei reiner Aberglaube, daß Wissenschaftler allgemein bessere Ideen hätten als Politiker. Wir wollten diese Frage schon aus Höflichkeit gegenüber der Wissenschaft offenlassen, jedenfalls aber nicht vom Gegenteil ausgehen. Die Devise müßte lauten: noch lebensvoller, noch realistischer, noch praxisgerechter. Die Wissenschaft braucht dabei insbesondere in den Präliminarien nicht zu kurz zu kommen. Ich breite diese Gedanken hier einmal aus in voller Sorge, daß eine Sache, die ich persönlich zwar für politisch unzweckmäßig gehalten habe, die wir aber so gut wie möglich zu gestalten haben, an Überzeugungsfähigkeit und Bodennähe noch mehr verliert, wenn wir ihr nicht zu Hilfe kommen. Letzten Endes sind Sachverständigengutachten soviel wert, wie sie sich mit ihren Hauptgedanken als durchsetzbar erweisen. Mein Vorschlag ist, in Zusammenarbeit mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister im Wirtschaftsausschuß dieses Hauses die Frage der künftigen Methode der kommenden Gutachten grundsätzlich zu diskutieren. Wir sind ja in der glücklichen Lage, daß die jetzige Koalition eine solche Diskussion ohne politische Hektik und die Gefahr allzu kurzsichtiger Betrachtungsweise ermöglicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 27. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Hübner (Drucksache V/1634 Fragen 69, 70 und 71) : Ist daran gedacht, die durch den Einsatz von einer elektronischen Großrechenanlage beim Übersetzerdienst der Bundeswehr erzielten Arbeitsvereinfachungen auch der interessierten Öffentlichkeit in der Weise nutzbar zu machen, daß sie gegen eine Gebühr die damit gegebenen Möglichkeiten nutzen kann? Bestehen Pläne, die beim Übersetzerdienst der Bundeswehr durch den Einsatz einer elektronischen Großrechenanlage möglichen Arbeitsvereinfachungen auch für die fremdsprachliche Arbeit anderer Ressorts zu nutzen? Bestehen Pläne zur Gründung eines zentralen Bundessprachenamtes zur Koordinierung und zentralen Finanzierung der Arbeit an wichtigen sprachlichen Problemen, zum Beispiel der Einsatzmöglichkeiten von Großrechenanlagen oder der Koordinierung terminologischer Vorhaben, um so Doppelarbeit zu vermeiden? Es ist in der Tat daran gedacht, die beim Übersetzerdienst der Bundeswehr erarbeiteten Verfahren der maschinellen Übersetzungshilfe und Lexikographie unter Verwendung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage für interessierte Kreise von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung nutzbar zu machen. Ein Erlaß . an den Übersetzerdienst, in dem die Modalitäten der Überlassung von Arbeitsergebnissen dieser Art an Stellen außerhalb der Bundeswehr geregelt werden, steht vor der Herausgabe. Was für die interessierten Stellen von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung gilt, gilt erst recht für die übrigen Bundesverwaltungen. Die anderen Bundesressorts können sich bereits heute für ihre fremdsprachliche Arbeit im Wege der Amtshilfe der Möglichkeiten bedienen, die im Sprachendienst der Bundeswehr und speziell beim Übersetzerdienst der Bundeswehr durch den Einsatz einer elektronischen Großrechenanlage für linguistische Zwecke zur Verfügung stehen. Es ist beabsichtigt, die interministerielle Zusammenarbeit auf diesem Gebiet durch Vereinheitlichung der Verfahren der Terminologiearbeit und durch Einspeisung möglichst aller terminologisch-lexikographischen Arbeitsergebnisse in den Zentralspeicher zum Nutzen sämtlicher Beteiligten zu rationalisieren und zu intensivieren. Es ist vorgesehen, die Sprachenschule der Bundeswehr, den Übersetzerdienst der Bundeswehr und einige Arbeitsgebiete des Sprachenreferats des Verteidigungsministeriums zu einem Sprachenamt zusammenzufassen. Da die linguistischen Disziplinen Übersetzen, Sprachunterricht und sprachwissenschaftliche Arbeit wechselseitig eng verzahnt sind, garantiert erst eine organisatorische und räumliche Zusammenfassung den größtmöglichen Arbeitserfolg. Erst nach dieser Zusammenfassung werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, die in Gestalt moderner technischer Hilfsmittel und moderner Verfahren der angewandten Linguistik heute zu Gebote stehen. Das Sprachenamt soll als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Verteidigungsressorts konstituiert werden. Es soll zu etwa 20-25 % seiner Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1967 5007 Kapazität den übrigen Bundesverwaltungen zur Verfügung stehen. Es wird gem. einer Vereinbarung mit dem federführenden Bundesministerium des Innern die Bezeichnung „Bundessprachenamt" führen. Ein Grundstück für das Bundessprachenamt steht in Hürth bei Köln zur Verfügung. Die Bauplanung ist in etwa abgeschlossen. Angesichts der absolut unzureichenden derzeitigen Unterbringung der Sprachenschule der Bundeswehr kann der Baubeginn nicht mehr länger hinausgeschoben werden. Die Lösung dieser Frage steht aber unter dem Zwang, den ein eingeschränkter Haushalt auferlegt. Die Vorstellungen über die Finanzierung bestimmter, über den Verteidigungsbereich hinausgreifender Aufgabenkomplexe des Amtes bedürfen noch der weiteren interministeriellen Abstimmung.
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

      Das will ich absolut bestreiten. Ein solcher Eindruck ist in der Öffentlichkeit nirgendwo entstanden. Sie werden keinen derartigen Niederschlag in irgendwelchen bedeutsamen Presseerzeugnissen haben feststellen können.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor uns steht eine ungewöhnlich bedeutsame und folgenschwere Vertragsabsicht. Noch niemals in der Geschichte ist einer großen Zahl souveräner Nationen zugemutet worden, einen freiwilligen Verzicht auf die heute allein wirksamen Verteidigungsmittel zu erklären. Denn nicht in der Humanisierung des Krieges oder im Sieg auf dem Schlachtfeld mit konventionellen Waffen liegt der Sinn der Verteidigung, sondern in der Verhinderung des Krieges. Korea und Vietnam sind abschreckende Beispiele. Die einzige Art einer global wirksamen Selbstverteidigung soll also aufgegeben werden.
      Auch meine politischen Freunde — ,das sei hier gesagt — bejahen den humanitären Sinn des Vertrages. Auch wir sind der Meinung, daß eine ungehinderte und ungehemmte Ausbreitung von Atomwaffen über die Welt nichts Gutes bringen kann. Aber wir sagen deutlich, daß wir die Gleichbehandlung vermissen. Leistungen, Verzicht und Opfer werden nur einer Gruppe von großen und bedeutenden Staaten zugemutet und abgefordert. Die militärischen Atommächte nehmen demgegenüber fast nichts auf sich. Das alles soll geschehen, ohne daß eine wirklich volle und uneingeschränkte Garantie — vielleicht ist sie gar nicht möglich — gegen nukleare Erpressung für alle diese souveränen Nationen vorhanden ist.
      Es ist kein Wunder, daß sich bei dieser Sachlage eine heftige Diskussion entzünden mußte. Vor diesem Hintergrund bitte ich auch die Kritik verstehen zu wollen, die meine Freunde und mich einfach zwingt, daß wir uns in einem Stadium äußern, wo unser Einfluß maßvoll, aber noch klar sichtbar gemacht werden kann.



      Dr. Zimmermann
      Was sind die Motive, die die beiden großen Supermächte zu einem solchen Vertrag bewogen haben? Die Vereinigten Staaten wollen ohne Frage das legitime Ziel erreichen, eine weitere Verbreitung der Atomwaffen über die Welt zu verhindern. Sie tun das durch das Verbot der Weitergabe und das Verbot der Annahme oder Entwicklung solcher Waffen. Aber schon bisher dachte keiner der Atomwaffen besitzenden Nationen an eine Weitergabe, und deswegen war ein etwa vorhandener Wille zur Annahme bei nicht Atomwaffen besitzenden Nationen unbeheiflich.
      Eine ganze Reihe von Staaten, zu denen auch wir gehören, verzichtete faktisch trotz bestehender technischer und wissenschaftlicher Möglichkeiten auf die Herstellung solcher Waffen. Wir waren die einzigen, die schon 1954 diesen Verzicht in eine feierliche und unbezweifelbare Form gebracht haben.
      Die Sowjetunion hat, wie wir vermuten müssen, andere Motive als die USA. Der sowjetische Ministerpräsident Kossygin hat in Moskau zu Ministerpräsident Krag sinngemäß gesagt, daß die Sowjetunion lediglich an der deutschen Unterschrift interessiert sei und den Vertrag nicht unterzeichnen würde, wenn wir nicht unterschrieben.
      Wir leben seit über 20 Jahren unter einer unerbittlichen politischen Offensive der Sowjetunion, die sich in den wechselnden Formen des Kalten Krieges, der Drohung, der Pression, der Diffamierung geäußert hat — und das bis in die letzten Tage hinein, wenn man die Rede Breschnews beim Parteitag der SED verfolgt hat. Diese Sowjetunion verlangt von uns unbefristete vertragliche Verzichtleistungen, ohne selbst irgendeine Gegenleistung zu erbringen.
      Dieses ganze Haus, meine Damen und Herren, hat immer und immer wieder seinen Willen bekundet, Europa zusammenschließen zu helfen und dieses Europa zu einem starken Partner dier Vereinigten Staaten von Amerika zu machen. Geht man fehl in der Annahme, daß dieser Vertragsentwurf nicht etwa den europäischen Zusammenschluß begünstigt, sondern im Gegenteil ein Rückschritt zu nationalstaatlichen Prinzipien sein kann? Daß die Sowjetunion nicht das mindeste Interesse daran haben kann, Europa geeint vor sich zu sehen, liegt auf der Hand. Schon liegen 'sowjetische Äußerungen. vor, die auch eine politische Union in Europa von Atomwaffen entkleidet sehen möchten und die die Nachfolge, das völkerrechtliche Problem der Sukzession, bestreiten wollen. Die Frage ist, ob die Vereinigten Staaten von Amerika auch dieses in Kauf nehmen wollen, nur um auf diesem wichtigen Gebiet zu einem Agrément mit den Sowjets zu kommen. Wenn es .so wäre — und ich hoffe, daß es nicht so sein wird —, dann hätten sie diesem d'accord den Vorrang vor den Interessen ihrer Bündnispartner gegeben.
      Wir haben eine Politik der Verständigung und Entspannung gegenüber den osteuropäischen Völkern begonnen. Wir wünschen, um unserer Sicherheit willen, die NATO zu erhalten und zu festigen. Aber Mr. Foster hat im August 1965 in „Foreign Affairs" erklärt, daß selbst die Gefahr einer Erosion des Bündnisses zugunsten dieses Vertrages in Kauf genommen werden müsse.
      Nach meinen Informationen haben die von der Bundesregierung mit großem Nachdruck geführten Gespräche erreicht, daß in wesentlichen und wichtigen 'Fragen Übereinkommen erzielt werden konnten. Aber manchmal können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß unsere Wünsche und Interessen bei unseren Freunden vielfach als berechtigt angesehen, wegen voraussehbarer sowjetischer Ablehnung übler gleichzeitig als nicht weiter verfolgbar betrachtet werden.

      (Zuruf von der SPD.)

      Wir möchten um jeden Preis verhindern, daß die Sowjetunion in einem solchen Vertrag ein neues Instrument für eine Politik der Verdächtigung und der Herabsetzung der Bundesrepublik sehen könnte. Unsere Unterschrift unter den Atomteststoppvertrag hat die UdSSR leider nicht gehindert, in ihrem Feldzug gegen uns fortzufahren.
      Ich glaube, meine verehrten Damen und Herren, sagen zu dürfen, daß diejenigen in der Bundesrepublik Deutschland, die sich um diesen Vertrag die schwersten Sorgen machen, gleichzeitig die festesten und überzeugtesten Anhänger des deutsch-amerikanischen Bündnisses sind. Das sollte unseren amerikanischen Freunden zu denken geben.
      18 Nationen sitzen in Genf an einem Tisch. Wir als Hauptbetroffene eines solchen Vertrages sind nicht mit dabei. Es bleibt uns also gar nichts anderes übrig, als vorher schon alles zu tun, um unsere berechtigten Wünsche mit Nachdruck zu vertreten. Denn es ist unmöglich, daß wir uns in einer Reihe von Fragen — mögen auch andere wie wir betroffen sein — in jedem Fall durch Dritte vertreten lassen können.
      Es würde den Rahmen einer Plenardebatte sprengen, wollte man hier auf die Einzelheiten des Vertrages eingehen. Gestatten Sie mir aber, einige Forderungen zu dem Art. III, zur Kontrolle, und zur Sicherstellung künftiger Lieferungen spaltbaren Materials anzubringen. Die Kontrollen sollten sich nur auf die Bewegungen spaltbaren Materials erstrecken. Eine Offenlegung von Konstruktionsdetails und Betriebsgeheimnissen gegenüber der zuständigen Behörde ist abzulehnen; ein Genehmigungsrecht für technische Verfahren darf der Behörde nicht zugestanden werden; automatische Registriergeräte, die in der Entwicklung sind, dürfen erst akzeptiert werden, wenn sie fertig entwickelt vorliegen und von der betreffenden Regierung gutgeheißen werden; Statutenänderungen der IAEO durch Mehrheitsbeschluß ihrer Mitglieder müssen gegenstandslos bleiben in bezug auf die Kontrollbefugnisse des Sperrvertrages; und schließlich: Euratom sollte als .die zuständige Kontrollbehörde belassen werden. Es muß möglich sein, daß es zwischen Euratom und der Wiener Behörde zu einem Vertrag kommen kann, den beide fördern sollten. Warnen möchte ich nochmals vor einer etwaigen Automatik, daß nämlich beim Nichtzustandekommen eines Vertrages zwischen den beiden genannten Institutionen nach einem bestimmten Zeitablauf automatisch die



      Dr. Zimmermann
      Wiener Behörde Kontrollfunktionen bekommt; das dürfen wir nach meiner Meinung nicht wollen.
      Schon jetzt gehen die Lieferungen spaltbaren Materials nicht ohne Schwierigkeiten vor sich. Wie der Minister für Wissenschaft und Forschung gesagt hat und wie unsere Wissenschaftler immer wieder betonen, wird unser Bedarf an spaltbarem Material zum eigenen Verbrauch, verbunden mit dem Export von Kernreaktoren, in der Zukunft sprunghaft ansteigen. Eine etwa verzögerte Lieferung des Plutoniums, 'das wir z. B. für das Schnellbrüterprogramm brauchen, könnte uns im wirtschaftlichen Wettbewerb entscheidend zurückwerfen. Die Vereinigten Staaten von Amerika sollten alles vermeiden, ihre starke Stellung als Lieferant von Kernmaterial zu benutzen, um etwa zu einer Kontrolle ,der europäischen Kernindustrie zu gelangen, die deren Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen kann. Das ist ein Punkt, ,der keineswegs für eine deutsche Sonderstellung bedeutsam ist, sondern gleichermaßen alle in Euratom vereinigten Nationen betrifft.
      Die Vereinigten Staaten sollten sich daher verpflichten, weiterhin die benötigten Mengen spaltbaren Materials, also angereichertes Uran und Plutonium, zu keinen schlechteren Bedingungen als zu denen des zur Zeit geltenden US-EuratomCooperation-Act zu liefern und diesen Vertrag über 1980 hinaus zu verlängern. Auch die chemische Brennstoffaufbereitung sowie die Extraktion und Lagerung von Plutonium müssen auf diesem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stattfinden dürfen. Besonders bedeutsam ist der Wiederverkauf spaltbaren Materials zusammen mit deutschen Exportreaktoren, selbstverständlich gegen entsprechende Sicherheitsgarantien. Diese Möglichkeit muß erhalten bleiben und darf keiner besonderen Genehmigungspflicht außerhalb der Sicherheitsgarantien unterliegen.
      Endlich müßte der Austausch von Informationen über Verfahren zur Urananreicherung und zur Plutoniumgewinnung zwischen den Vereinigten Staaten und Euratom-Ländern ohne Beschränkung möglich sein.

      (dürfen. Das gleiche gilt für Spezialreaktoren zur Schnellerzeugung von Plutonium für Isotopenanreicherungsanlagen, allerdings mit der Einschränkung, die der Herr Minister für Wissenschaft und Forschung vorhin gebracht hat: daß dies gegenwärtig nur im supranationalen Rahmen versucht werden könnte. Unsere Technik schreitet aber so schnell fort, daß die Produktion im nationalen Rahmen in ein paar Jahren als denkbar erscheint. Ich weiß, daß heute noch nicht zwischen Atomsprengsätzen für militärische und zivile Zwecke unterschieden werden kann. Dieser Punkt wird wohl für uns in absehbarer Zeit keine besondere Bedeutung erlangen. Trotzdem wäre es wünschenswert, daß sich die Regierung der Vereinigten Staaten verpflichtet, solche Projekte auf Anforderung selbst durchzuführen, und zwar zu Preisen, die ohne Anrechnung der aufgewandten Forschungsund Entwicklungskosten kalkuliert sind. Abschließend möchte ich folgendes bemerken. Trotz des Verständnisses' unserer amerikanischen Partner für eine Reihe unserer Wünsche und Sorgen, denen, wie ich höre, Rechnung getragen worden ist, ist es unser legitimes Recht und unsere Pflicht, darzulegen, daß uns mit verbalen Formeln in einer etwaigen Präambel und mit gutgemeinten Absichtserklärungen allein nicht gedient sein kann. Für Teile des Vertrages benötigen wir zur Zustimmung nach meiner Überzeugung erstens Änderungen im Text, zweitens mit der Sowjetunion verhandelte authentische Interpretationen und drittens zweiseitige, in vertragliche Form gebrachte Zusicherungen. Von besonderer Bedeutung ist eine neuerdings von beachtlichen Stimmen geforderte Befristung des Vertrages, um nach Ablauf einiger Jahre feststellen zu können, welche Leistungen von allen Partnern auf allen Gebieten des Vertrages erbracht worden sind. Ich möchte mich auf diese Bemerkungen beschränken, um nicht weiter technische und juristische Einzelheiten darbieten zu müssen. Ein endgültiger Entwurf für den Vertrag liegt noch nicht vor. Der NATO-Rat hat ihn auf seiner letzten Sitzung zur Kenntnis genommen. Die Frage der Annahme oder Ablehnung des Vertragsentwurfs ist deshalb für die Bundesrepublik noch nicht akut. Es muß unser Bestreben sein, im Verein mit anderen gleichartigen Staaten in kommenden Verhandlungen den Entwurf universal akzeptabel zu machen. Die Annehmbarkeit des Entwurfs wird dann danach zu untersuchen sein, ob jede Beeinträchtigung der Verteidigung des Westens vermieden worden ist, ein europäischer politischer Zusammenschluß durch den Vertrag nicht verhindert wird und ob über den Vertragszweck hinaus Forschung, Entwicklung und Nutzung auf dem Feld der friedlichen Verwendung der Kernenergie nicht behindert werden. Ich glaube nicht, daß irgendein Staat, der in der Lage ist, objektiv unsere deutsche und europäische Situation zu betrachten, tendenziöse Vorbehalte hinter unseren Wünschen und Sorgen vermuten kann und darf. Die großen militärischen Atomwaffennationen sollten in ihrem eigenen Interesse und wegen der weltweiten Bedeutung eines solchen Abkommens darum besorgt sein, den Eindruck zu vermeiden, als handle es sich um einen Monopolvertrag. In Europa darf die Sorge nicht verstärkt werden, wir kämen über Desintegration, Disengagement und Denuklearisierung zu einem Schwinden des Gefühls der Sicherheit in Westeuropa. Wir haben wie kein anderer Staat unser ganzes Vertrauen auf Sicherheit in das nordatlantische Bündnis gesetzt und treu wie fast keiner unserer Bundesgenossen die Beschlüsse der Verteidigungsgemeinschaft befolgt. Wir sind auch bereit, uns einem weltweiten Abkommen der vorgeschlagenen Art nicht zu versagen, wenn unsere vitalen Interessen, zu deren Wahrnehmung wir als Volk und Staat verpflichtet sind — Sicherung unserer Freiheit und des Friedens, Dr. Zimmermann Schutz vor nuklearer Erpressung, Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, Teilhabe am technischen Fortschritt in der Welt, Offenhalten des Weges zu einer europäischen Vereinigung —, nicht gefährdet werden. Um die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und damit unserer gemeinsamen Lebensinteressen bitten wir die Nationen, die darauf genauso angewiesen sind wie wir. Das Wort hat der Abgeordnete Berkhan. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wäre gern der Aufforderung des Kollegen Dr. Stoltenberg — das darf ich jetzt sagen, Sie haben Ihren Platz gewechselt — gefolgt und hätte mich brav und still verhalten und hätte so dafür Sorge getragen, daß wir auf der gemeinsam gefundenen Basis nun versuchten, aus der Situation das Gute zu machen, was daraus zu machen ist. Aber der Vorsitzende meines Ausschusses, dessen Stellvertreter im Stuhl ich bin, hat mich gewissermaßen provoziert, wenigstens für ein paar Minuten ans Mikrophon zu gehen, um einige Bemerkungen zu machen. Herr Dr. Zimmermann, ich meine wirklich, wir alle zusammen sollten es uns nicht so einfach machen, wie Sie es in dem polemischen Teil Ihrer Rede getan haben — mit dem sachlichen Teil will ich mich nicht auseinandersetzen —, als Sie meinten, die Äußerungen gewisser Politiker hätten dem Ansehen und der Politik der Bundesrepublik nicht geschadet. Ich will mich auf die beschränken, die zu lesen und zu hören waren. Ich will sie nicht zitieren. Aber da gibt es eine Äußerung, in der die Vokabel „Knebelungsvertrag" vorkommt. Da gibt es eine andere Äußerung, in der etwas von einem „Super-Versailles" stand. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es Kollegen Ihrer Partei. Das bringt mich zu der Frage an den Kollegen Barzel, den ich mit seinem „glatten Nein" auch beinahe zitiert hätte — ausgerechnet vor dem vornehmen Hamburger Überseeklub wurde dieses „glatte Nein" gesprochen; Herr Blumenfeld guckt so, als wenn er sagen wollte: Na, so vornehm ist der Klub nicht, da bin ich ja auch Mitglied — — — Ich weiß nicht, wie ich diesen Blick zu deuten habe. — Ach, Herr Schmidt ist da auch Mitglied. Die Sache wird also gefährlich und scheint bis in die große Koalition hineinzuwirken. Aber, Herr Dr. Barzel, da ist doch die Frage berechtigt: Für wen hat Dr. Zimmermann hier gesprochen? Haben Sie, Herr Dr. Zimmermann, aus der Verantwortung des Abgeordneten — ich will Ihr Gewissen nicht strapazieren — gesprochen, der da aus Bayern kommt und in einem Wahlkreis gewählt ist, oder haben Sie für die CSU gesprochen oder gar für die CDU/CSU, für die gesamte Fraktion? (Abg. Dr. Zimmermann: Mindestens für die CSU!)





      (Beifall bei der CDU/CSU.)


    Rede von Erwin Schoettle
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Karl Wilhelm Berkhan


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      (Heiterkeit.)


      (Abg. Schmidt [Hamburg] : Ich auch!)

      — Da Sie nur „mindestens" sagen können, kann ich auch nur die Antwort geben: Dann muß mindestens die CSU prüfen, ob die Tonart, die die CSU in der öffentlichen Debatte damals angeschlagen hat, wirklich eine für die deutsche Politik nützliche Tonart gewesen ist.

      (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)

      Das bedeutet nicht, Herr Dr. Zimmermann — daß wir uns ganz klar sind —, daß Sozialdemokraten in diesem Hause etwas gegen eine öffentliche Debatte hätten. Das bedeutet nur, daß wir erwarten, daß verantwortliche Politiker — ich rede jetzt aus Erfahrung, weil ich an der Sitzung des außenpolitischen Ausschusses teilgenommen habe; ich bin in diesem Ausschuß Stellvertreter und darf da hingehen — die gleiche Tonart in der bayerischen Heimat, in der schönen bayerischen Heimat vor der Kulisse der Alpen anschlagen wie hier im außenpolitischen Ausschuß.

      (Sehr gut! bei der SPD.)

      Im außenpolitischen Ausschuß sind die Herren sehr zurückhaltend gewesen, und dort habe ich Vokabeln wie „Super-Versailles" und dergleichen nicht gehört.

      (Abg. Stücklen: In Bayern ist man nicht so zart! Da muß man es anders aussprechen!)

      — In Bayern ist man nicht so zart? Wenn ich Sie so betrachte, Herr Kollege, dann meine ich, wir hätten e i n Format. Sie sehen, bei uns ist man auch nicht so zart. Sie meinen zurückhaltend, und die Bayern sind nicht so empfindlich; gut, einverstanden. Aber Deutschland ist nicht Bayern,

      (Hört! Hört! bei der SPD — Heiterkeit)

      und die deutsche Politik wird nicht nur in Bayern gemacht, und die Verantwortung für die deutsche Politik ist weiter zu tragen als in Bayern, ganz abgesehen davon, daß ich schon sehr zurückhaltende, sehr wohlformulierende Bayern getroffen habe. Ich kenne dieses Land auch etwas.
      Ich darf mich jetzt noch einmal mit der Gruppe von Einwänden beschäftigen, die allgemeiner politischer Natur sind und die Herr Dr. Zimmermann hier hat anklingen lassen. Da klang so an — er verteidigte den Hauptsprecher dieser Denkungsart —, daß Nationen ohne eigene Kernwaffen in der Zukunft zweitklassige Nationen sein würden.

      (Abg. Dr. Zimmermann: Das Wort ist von mir nicht gefallen!)

      — Nein, ich weiß, aber Sie haben sich hier sehr warm eingesetzt für Herrn Grewe — ich wollte ihn nicht zitieren, jetzt muß ich ihn zitieren —, der gesagt oder geschrieben hat, Nationen ohne eigene Kernwaffenproduktion werden in ihrer wissenschaftlich-technischen Entwicklung nicht mit jenen



      Berkhan
      Schritt halten, die selber Kernwaffen entwickeln oder herstellen.

      (Hört! Hört! bei der SPD.)

      Sehen Sie, wenn Sie so einen Satz lesen, Herr Dr. Zimmermann, dann ist immer die Gefahr in der Welt, daß andere Leute daraus die Schlußfolgerung ziehen:. Die Deutschen meinen es nicht so ernst mit den Verträgen, die sie weiland 1954 unterschrieben haben.

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Lassen Sie mich die Debatte hier nicht verlängern. Ich weiß, daß auch noch andere zu Wort kommen wollen. Ich will also abschließen. Ich will Ihnen sagen — vielleicht macht das unsere Zusammenarbeit in alter Form wieder möglich; sie war ja in den Fragen, in denen wir zusammengearbeitet haben, immer recht gut —, daß ich in sachlichen Fragen mit Ihnen in vielen Punkten übereinstimme. Allein diese bayerischen Untertöne waren mir unheimlich.

      (Beifall bei der SPD.)