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    Deutscher Bundestag 96. Sitzung Bonn, den 22. Februar 1967 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Erler 4355 A Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Dr. Schellenberg 4355 B Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung 4355 C Wahl des Abg. Berlin als ordentliches Mitglied des Wahlprüfungsausschusses . . 4355 D Amtliche Mitteilungen . . . . 4355 D, 4356 B Erweiterung der Tagesordnung 4356 B Fragestunde (Drucksache V/1446) Frage des Abg. Dr. Effertz: Forderung des Bundesschatzministers nach Versagen von Mitteln zur Erhaltung überholter Strukturen Schmücker, Bundesminister . . . . 4356 D Dr. Effertz (FDP) 4357 D Frage des Abg. Dröscher: Produktionseinschränkung der Uranverarbeitungsanlage Ellweiler Dr. von Heppe, Staatssekretär . . 4358 A Dröscher (SPD) 4358 B Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Flugbeschränkungen beim Besuch ausländischer Staatsoberhäupter Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4358 D Müller (Mülheim) (SPD) 4359 B Fragen des Abg. Welslau: Wiedererteilung der Fahrerlaubnis — Medizinisch-psychologische Eignungsprüfung Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4359 D Welslau (SPD) . . . . . . . . 4360 A Fragen des Abg. Kühn (Hildesheim) : Bauliche Verhältnisse der Bahnhofsanlage in Hildesheim Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4360 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 4360 D Frage des Abg. Kühn (Hildesheim) : Ausbau des Kennedydammes in Hildesheim 4360 D Frage des Abg. Dr. Hudak: Bau der Autobahnausfahrt Schnaittach auf der Strecke Nürnberg—Bayreuth Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4361 A Dr. Hudak (CDU/CSU) 4361 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Februar 1967 Fragen des Abg. Dr. Bucher: Kraftfahrzeuge mit ovalen Zollkennzeichen — Kfz.-Steuer und Versicherungsprämie Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4361 B Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke Plattling—Landshut Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4361 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 4361 D Frage des Abg. Josten: Einheitliche Straßenverkehrsordnung in Europa Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4362 B Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 4362 B Fragen des Abg. Berberich: Weiterbau der Bundesautobahn Weinsberg—Tauberbischofsheim—Würzburg 4362 D Frage des Abg. Brück (Holz) : Schutz der Saar gegen Verunreinigungen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4363 A Brück (Holz) (SPD) . . . . . . . 4363 B Hussong (SPD) . . . . . . . . 4363 C Fragen des Abg. Richter: Zubringerstraßen für den Autobahnbau in den Lkr. Tauberbischofsheim und Buchen — Brücke über das Taubertal, Rötensteinviadukt bei Grünsfeld, Verlegung der B 27, 37 und 292 . . . 4363 C Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Neue Mainbrücke in Schweinfurt . . 4363 D Frage des Abg. Biechele: Internationale Schiffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4364 A Biechele (CDU/CSU) . . . . . . 4364 A Frage des Abg. Strohmayr: Motorbootführerschein und amtliche Bootskennzeichnungspflicht auch für die Binnenwasserstraßen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4364 C Strohmayr (SPD) 4364 C Frage des Abg. Strohmayr: Haftpflichtversicherung für Motorboote Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4365 A Strohmayr (SPD) . . . . . . . 4365 A Fellermaier (SPD) . . . . . . . 4365 B Frage des Abg. Moersch: Vermittlung von Schiffsreisen durch deutsche Reisevermittler und Touristikunternehmen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4365 C Moersch (FDP) 4365 D Frage des Abg. Geldner: Vorortnetze im süddeutschen Telefonverkehr Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4366 A Frage des Abg. Kubitza: Erhöhung der Fernsehgebühren bei Einführung des Farbfernsehens Dr. Dollinger, Bundesminister . . 4366 A Kubitza (FDP) 4366 B Frage des Abg. Kubitza: Unterschiedliche Gebührenberechnung für Schwarz/Weiß- und Farbfernseher Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4366 C Fragen des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Verschärfung der Wohnungsmarktlage in Bayern wegen Fehlens öffentlicher Wohnungsbauförderungsmittel Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 4366 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 4366 D Ott (CDU/CSU) 4367 B Baier (CDU/CSU) 4367 C Fragen des Abg. Rollmann: Versorgung kinderreicher Familien mit ausreichendem Wohnraum Dr. Lauritzen, Bundesminister . . 4367 C, 4368 A Rollmann (CDU/CSU) 4368 B Baier (CDU/CSU) 4368 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 4368 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4368 C Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . 4368 D Frage des Abg. Hübner: Einbeziehung des öffentlichen Dienstes in die „konzertierte Aktion" Gumbel, Staatssekretär 4369 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Februar 1967 III Fragen des Abg. Jung: Beamte des Bundeskriminalamtes — Vereinheitlichung der Arbeit der Kriminalbehörden Gumbel, Staatssekretär . . . . . 4369 B Würdigung des Zusammentritts des Reichstages des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867 D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 4369 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Europapolitik (Drucksache V/1042) in Verbindung mit Antrag betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften, des Europarates und der Westeuropäischen Union (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/1010) und mit dem Schriftlichen Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Auswirkung der EWG-Agrarfinanzierung auf den Bundeshaushalt (Drucksachen V/687, V/1383) Dr. Apel (SPD) 4371 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4375 B Brandt, Bundesminister . . . 4376 C, 4393 C, 4410 A Röhner (CDU/CSU) 4382 C Dr. Furler (CDU/CSU) 4384 C Dr. Schulz (Berlin) (SPD) 4388 A Dr. Mende (FDP) . . . . . . 4391 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 4394 A Metzger (SPD) 4396 D Dr. Staratzke (FDP) 4400 D Dichgans (CDU/CSU) 4403 B Richarts (CDU/CSU) . . . . . 4404 A Saxowski (SPD) . . . . . . . 4406 D Dr. Effertz (FDP) . . . . . . 4407 C Mauk (FDP) . . . . . . . . 4409 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Neunundachtzigste und Einundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1390, V/1464, V/1410, V/1465) . . . . 4411 A Entwurf eines Gesetzes über eine Geflügelstatistik (Drucksache V/1287); Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache V/1430), Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1409) — Zweite und dritte Beratung — 4411 B Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Dasselfliege (Drucksache V/1286); Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1409) — Zweite und dritte Beratung — 4411 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 4. April 1966 zur erneuten Verlängerung des Internationalen WeizenÜbereinkommens 1962 (Drucksache V/1401); Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 GO (Drucksache V/1463), Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1441) — Zweite und dritte Beratung — 4411 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. September 1965 mit der Republik Kongo über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/1254); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/1415) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 4412 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 mit dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung (Drucksache V/1445) — Erste Beratung — 4412 C Ubersicht 11 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/1443) 4412 C Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Antrag betr. Tarifvertrag für Wissenschaftler an Forschungsinstituten (Abg. Dr. Mommer, Dr. Lohmar, Sänger, Dr. Müller [München], Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Dr. Meinecke, Dr. Frede u. Gen. und Fraktion der SPD) (Drucksachen V/693, V/1423) 4412 D Nächste Sitzung 4412 D Anlage 4413 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Februar 1967 4355 96. Sitzung Bonn, den 22. Februar 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 14.31 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Februar 1967 4413 Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 28.2. Arendt (Wattenscheid) 22.2. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 22. 2. Dr. Artzinger 24. 2. Bauer (Wasserburg) 25.2. Beuster 24. 2. Blume 28. 2. Borm 22. 2. Corterier 22. 2. Dr. Czaja 18. 3. Eisenmann 21. 4. Dr. Gleissner 10. 3. Haage (München) 24. 2. Haar (Stuttgart) 22. 2. von Hassel 27. 2. Hofmann (Mainz) 10. 3. Illerhaus 26. 2. Klinker * 22. 2. Frau Korspeter 4. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 25. 2. Kurlbaum 25. 2. Frau Kurlbaum-Beyer 4. 3. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Leber 26. 2. Lemmer 31.3. Dr. Löhr * 23. 2. Lücker (München) * 23. 2. Matthöfer 24. 2. Mengelkamp 1. 3. Dr. Miesner 28. 2. Missbach 22. 2. Peters (Poppenbüll) 21. 4. Frau Pitz-Savelsberg 18. 3. Rainer 22. 2. Dr. Ritgen 24. 2. Dr.-Ing. Seebohm 24. 2. Seifriz 24. 2. Dr. Siemer 24. 2. Dr. Starke (Franken) 23. 2. Struve 31.3. Stücklen 24. 2. Walter 22. 2. Weigl 28. 2. Wilper 24. 2. Zerbe 26. 2. b) Urlaubsanträge Blöcker 11. 3. Jaschke 18. 4. Rösing 17. 3. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 31. 3. Wischnewski 19. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Furler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Natürlich, Herr Kollege, hat es Gespräche gegeben. Ich habe es ja ausdrücklich gesagt. Man hat in Paris diese Probleme besprochen und kam zu dem Ergebnis, daß man keine einheitliche Meinung hat, daß wir also auf unserem Standpunkt bestehenbleiben, der für einen alsbaldigen Beitritt Großbritanniens ist, daß Frankreich aber auf seinem Standpunkt besteht, den ich nicht ganz exakt bezeichnen kann, von dem ich nur sagen möchte, daß er den Beitritt nicht in naher Aussicht sieht. Das ist die Differenz der Meinungen.
    Nun die Gespräche mit den britischen Politikern. Es ist ganz klar — das hat der Herr Außenminister bestätigt —, daß wir die Bestrebungen Englands unterstützen. Wir sind ja für den Beitritt Englands. Aber wir können natürlich keinen unmittelbaren Zwang auf irgendeinen EGW-Partner ausüben. Das ist auch selbstverständlich. Denn es bedarf ja eines einstimmigen, freien Beschlusses aller sechs Mitgliedstaaten. Ich bin hier der Auffassung, wie auch der Herr Bundeskanzler erklärt und der Herr Außenminister hier gesagt hat, es ist Sache einer geduldigen, beharrlichen und überzeugenden Arbeit, auch mit Frankreich zu einer einheitlichen Meinung zu kommen.
    Ich darf aber da noch sagen: Es mehren sich auch in Frankreich die Stimmen, die einem Beitritt aufgeschlossen gegenüberstehen. Nicht nur die technologische Entwicklung macht dies naheliegender, auch französische Industrieverbände haben sich schon positiv geäußert. Es ist sehr interessant, daß im Europäischen Parlament ein der Regierung nahestehender Abgeordneter, der einen Bericht erstattete, gesagt hat: Die Gründe, die in einem bestimmten Moment die Frage des Beitritts Großbritanniens schwierig gemacht haben, scheinen nicht mehr im gleichen Maße zu bestehen. Auch hier eine Entwicklung! Auch der französische Staatspräsident hat ja, obwohl seine Haltung dem sehr nahe kam, nie mit einem klaren und grundsätzlichen Nein geantwortet, sondern immer gesagt: Die Zeit ist noch nicht reif. Aber ich gebe zu, die Dinge lagen sehr nahe beieinander. Ich bin also der Meinung: unsere Politik ist klar; wir werden uns nur bemühen. Wir können es nicht erzwingen. Aber wir sind überzeugt, man muß auf längere Sicht sehen, daß die Haltungen doch zusammenkommen werden.
    Mit dem Beitritt Großbritanniens hängt nun auch das Verhältnis zu anderen europäischen Staaten zusammen — ich spreche nur von europäischen Staaten —, die in ein besonderes Verhältnis zur EWG
    kommen wollen. Ich nenne da zunächst einmal Norwegen. Der norwegische Handelsminister war gestern oder vorgestern hier. Er hat erklärt, daß Norwegen auf einen schnellen Beitritt Wert lege. Das ist sehr interessant. Wir freuen uns über diese Erklärung. Aber er hat auch ausdrücklich gesagt, daß zuerst oder mindestens gleichzeitig Großbritannien beitreten müsse. Sie sehen also: Großbritannien ist das Schlüsselproblem. Eine ähnliche Haltung nehmen wahrscheinlich auch Irland und Dänemark ein.
    Aber wir haben noch andere Staaten, mit denen Verhandlungen zu führen sind, z. B. Österreich. Wir bemühen uns -- ich bin ein sehr großer Anhänger dieses Gedankens —, daß Osterreich in ein ihm mögliches enges Verhältnis zur EWG kommt.
    Ich möchte noch erwähnen, daß auch das Problem Spanien und sein Verhältnis zur EWG eine Rolle spielt. Auch dieses Land muß in ein engeres Verhältnis zur EWG kommen. Ein Beitritt ist im Moment aus den verschiedensten Gründen nicht möglich. Aber einmal wird auch dieser bedeutende europäische Staat zu den Europäischen Gemeinschaften gehören.
    Noch ein kurzes Wort zum Verhältnis zur EFTA. Alle Schwarzseherei, daß der Graben zwischen EWG und EFTA immer tiefer würde, haben sich doch — freuen wir uns darüber! — als nicht so ernst erwiesen. Es steht fest, daß der Austausch, der Handelsverkehr zwischen EFTA- und EWG-Staaten immer noch positiv fortschreitend und sehr groß ist. Natürlich müssen wir alles tun, um ein Auseinanderleben zu verhindern. Auch die Kennedy-Runde soll dazu beitragen. Immerhin, es ist für die ganze Entwicklung leichter, zwischen der EWG und den sieben in der EFTA zusammengefaßten Staaten zu einer Einigung zu gelangen, als wenn alle dreizehn in ihrer Entwicklung noch unabhängig wären.
    Darf ich noch ein ganz kurzes Wort zu den deutsch-französischen Beziehungen und zum deutschfranzösischen Vertrag im Hinblick auf das Verhältnis zu den anderen vier EWG-Partnern sagen. Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist wieder neu belebt worden, und schon tauchen erneut die unbegründeten Sorgen der anderen Partner auf, die deutsch-französische Zusammenarbeit könne zu ihren Lasten gehen. Davon kann keine Rede sein. Das ist weder die Politik der Bundesregierung noch unsere Politik, die Politik der CDU. Schon im Vertrag steht, daß die anderen Partner immer unterrichtet werden. Die Zusammenarbeit ist gegen niemanden gerichtet. Sie hat auch viel größere politische Aspekte zum Gegenstand. Denken Sie an die Ostpolitik, denken Sie an Verhandlungen mit Südamerika und an andere Fragen. Aber sicher können die Kontakte und auch die Übereinstimmungen zwischen Frankreich und Deutschland sehr nützlich für Europa und auch für die EWG sein. Ich erinnere mich sehr deutlich, daß gerade von den vier anderen Partnern wiederholt Anregungen gegeben worden sind, die Bundesregierung möge doch ihren Vertrag mit Frankreich auswerten, um zu fortschrittlichen europäischen Lösungen zu kommen. Ich denke nur an die große Krise, die im Sommer 1965 ausgebrochen war.



    Dr. Furler
    Zu diesem Komplex noch am Schluß eine Frage, die ich beantworten soll, die Frage der Assoziation der EWG mit den siebzehn afrikanischen Staaten und Madagaskar. Ich glaube, wir haben hier ein großes und sehr positives Werk der EWG vor uns, an dem wir freudig mitarbeiten. Diese Assoziation hat in der Tat durch die Handelsbeziehungen, durch den Entwicklungsfonds und durch die technische Hilfe zu einer Stabilisierung des großen mittleren Teiles West- und Zentralafrikas, vor allem des tropischen Afrikas, beigetragen. Diese Gebiete, die früher einmal zu Frankreich, zu Belgien, zum Teil auch zu Italien gehörten, haben in der Assoziation eine Form der Zusammenarbeit gefunden, die sich auch politisch ausgewirkt hat. Wir legten diesen afrikanischen Staaten keine politischen Bedingungen auf. Jeder kann seine Außenpolitik treiben, wie er will. Aber wer die Dinge kennt, weiß, daß die Zusammenarbeit auch für eine Stabilisierung der Außenpolitik dieser Staaten fruchtbar gewesen ist.
    In Deutschland sind Klagen laut geworden, wir würden an den Ausschreibungen des Entwicklungsfonds nicht richtig beteiligt. Ich möchte dem Herrn Außenminister für seine Ausführungen danken. Ich halte sie für richtig. Der Grund lag nicht an dem bösen Willen der anderen. Er lag in den Verhältnissen, die am Anfang gegeben waren. Natürlich kamen zuerst die zum Zuge, die dort waren. Man hat inzwischen die Auschreibungsbedingungen und vieles andere geändert. Unsere Beteiligung nimmt zu, und es ist wichtig — ich möchte das noch ergänzend sagen —, daß wir im Augenblick zwar nur mit 9 % beteiligt sind, daß aber der Hauptteil der Ausschreibungen und der Verwendung des Entwicklungsfonds noch bei Bauleistungen liegt, wobei natürlich einheimische Betriebe einen Vorteil haben, daß aber auf anderen Gebieten, etwa der Lieferung von Einrichtungen und Ausstattungen, unser prozentualer Anteil höher ist. Wir unterstützen die Bemühungen, hier noch weitere Erleichterungen für unsere Wirtschaft zu schaffen. Ich schließe mich aber auch gern dem an, was Herr Kollege Apel gesagt hat: Wir sind durchaus nicht für eine Re-Nationalisierung dieses Entwicklungsfonds.
    Zum Abschluß noch folgendes, meine Damen und Herren. Es wurde gesagt, wir hätten mit den akuten europäischen Problemen zu tun. In diesem Zusammenhang muß ich neue große europäische Sorgen erwähnen. Es sind Sorgen, die mit der Entwicklung der Politik der Atommächte zusammenhängen, eine Weiterverbreitung der Atomwaffen zu unterbinden. Sie hängen mit dem Atomsperrvertrag zusammen. Ich will über ihn nicht speziell sprechen. Selbstverständlich erkennen auch wir die großen und grundlegenden Ziele des Vertrages an.
    Es gibt aber drei Fragen, die ich ganz kurz streifen will. Es geht einmal darum, daß nach den bisher vorliegenden Entwürfen die Europäische Atomgemeinschaft — Euratom — sehr stark beeinträchtigt werden kann. Euratom hat schon vor Jahren und in einer Zeit, als diese Verhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion noch nicht im Gange waren, dazu beigetragen, daß die europäischen Länder
    sich der friedlichen Auswertung der Kernenergie zuwenden, und dafür gesorgt, daß die Kernbrennstoffe friedlich ausgenutzt und nicht militärischen Zwecken zugeführt werden.
    Im Euratom-Vertrag steht, daß Euratom eine geeignete Überwachung durchführt, um zu gewährleisten, daß die Kernbrennstoffe nicht anderen als den vorgesehenen Zwecken zugeführt werden, um also eine militärische Auswertung zu verhindern. Wir müssen hier in den sechs Mitgliedstaaten zu einer Übereinstimmung gelangen. Wir können diese Euratom-Kontrolle nicht ersetzen. Wir können auf die wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit nicht verzichten und müssen auch dafür sorgen, daß die großen Forschungs- und Entwicklungszentren von Euratom bewahrt und gesichert bleiben. Ich nenne hier vor allem die drei großen Zentren Ispra, Karlsruhe und Petten. Die Euratom-Kommission hat einen mutigen Vorstoß unternommen. Die Mitgliedstaaten müssen sich jetzt entscheiden. Ich glaube, sie haben die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß Euratom durch die neue Entwicklung nicht beeinträchtigt oder gar zerschlagen wird.
    Wir müssen uns sodann klarmachen: es wird in Europa Staaten geben, die atomare Waffen besitzen, und Staaten, die solche Waffen nicht besitzen; das war schon bisher der faktische Zustand. Es wird innerhalb Europas aber auch Staaten geben, die den großen Vertrag unterschreiben, und Staaten, die ihn nicht unterschreiben. Diese Differenzierungen mögen militärstrategisch unvermeidbar sein, aber sie dürfen in ihrer wirtschaftlich-technologischen Auswirkung nicht zu einer Zerlegung Europas, zu einer Diskriminierung eines Teils der Staaten und zu einer Beeinträchtigung von ganzen Gruppen von Staaten führen.
    Der jetzt im Gespräch befindliche Art. 3 — der Entwurf ist noch nicht veröffentlicht, aber man erfährt doch einiges über den Inhalt — könnte in bezug auf die Kontrolle und die zu kontrollierenden Stoffe und Einrichtungen zu Differenzierungen und sehr unterschiedlichen Behandlungen führen. Das würde mitten in die EWG hineingreifen und den großen EWG-Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit, der gleichen Chancen und der gleichen Startbedingungen beeinträchtigen. Wir wollen nicht, daß, nachdem die Zollgrenzen überwunden sind und die Steuergrenzen fallen, innerhalb der EWG Grenzen für die friedliche Auswertung der Atomkraft — vor allem für den Reaktorenbau und alles, was damit zusammenhängt — aufgerichtet werden. Ich sage dies, obwohl sich erst die Möglichkeit einer Gefahr abzeichnet. Ich hoffe, diese Gefahr wird nicht akut, aber als Europäer möchte ich ihr rechtzeitig entgegentreten.
    Das letzte, was ich sagen möchte, hängt mit den großen Zielen der europäischen Politik zusammen. Der Atomsperrvertrag darf nicht dazu führen, die europäische politische Entwicklung in ihren letzten Zielen zu beeinträchtigen oder unmöglich zu machen. Deshalb müssen wir fordern, daß für ein zukünftiges Europa in bezug auf die Kernwaffen eine Option vorbehalten wird, ein wirksamer Vorbehalt, um zu verhindern, daß das letzte Ziel der



    Dr. Furler
    europäischen Entwicklung unerreichbar wird. Man sagt uns heute, das Problem sei gar nicht akut, es gebe doch noch kein vereinigtes Europa, bei dem die Frage des Kernwaffenbesitzes eine Rolle spielen könnte. Aber was sind zehn oder zwanzig Jahre bei einem immerwährenden Vertrag, und bei einer europäischen Geschichte, die schon viele Jahrhunderte zurückreicht?! Dieser Atomsperrvertrag, der der Stabilisierung der Welt und der Sicherung des Friedens dienen soll, darf nicht die große Friedensordnung beeinträchtigen oder unmöglich machen, die die europäischen Völker und Staaten für dieses alte und immer noch so kraftvolle Europa anstreben. Ich sage das nicht wegen deutscher Interessen, ich sage das aus einer europäischen Verantwortung heraus. Ich glaube, daß diese Fragen eben auch sehr akute europäische Fragen geworden sind.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)



Rede von Dr. Maria Probst
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Klaus-Peter Schulz.

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    Rede von Dr. Klaus-Peter Schulz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Debatten über die Zukunft Europas, unter welchen Perspektiven und vor welchen Gremien sie auch immer geführt werden mögen, zeichnen sich neuerdings nicht nur durch weitgehend leere Bänke aus, sondern lassen auch kaum noch etwas von dem Bekennergeist und der Aufbruchstimmung ahnen, wie sie die späten 40er Jahre und die frühen 50er Jahre charakteriesierten. Die Zwischenzeit hat uns alle darüber belehrt, daß auch die makabren und eindeutigen Erfahrungen zweier Weltkriege offenbar nicht ausgereicht haben, um die nach wie vor bestehenden divergierenden und trennenden Elemente, die zwischen unseren Völkern stehen, ruckweise, sozusagen mit einem Schlag, durch eine spektakuläre geschichtliche Tat zu beseitigen, durch eine Tat im Sinne einer föderativen Gestaltung der europäischen Zukunft. Hierfür reichte die Politik der verbrannten Grenzpfähle von damals nicht aus. Es handelte sich vielmehr um einen ebenso rührenden wie dilettantischen und naiven Versuch der jungen europäischen Generation dieser Jahre. Wer heute in Europa und über Europa spricht, muß mit harten, nüchternen, noch dazu dem Laien kaum zugänglichen Realitäten rechnen, er muß von ihnen ausgehen. Ja, wenn ich mir noch einmal die anschauliche Begründung der Großen Anfrage durch meinen Fraktionskollegen Dr. Apel vergegenwärtige, muß ich sagen, daß es sich noch nicht einmal um vollendete Realitäten, sondern um Realitätsfragmente handelt.
    Die europäische Einigung hat insofern ihren ersten Schöpfungstag nicht mehr vor sich, sondern vielleicht den ersten oder zweiten Schöpfungstag gerade hinter sich. Die durchaus sichtbar gewordene, aber infolgedessen noch archaisch anmutende europäische Landschaft von heute wandelt noch dazu ihr Konturen unablässig, wenn nicht von Tag zu Tag, so doch fast von Woche zu Woche oder mindestens von Monat zu Monat. Immer wieder kollidieren die Realitäten oder die Realitätsfragmente, die schon geschaffen worden sind, mit den werdenden
    Realitäten von morgen. Daraus ergeben sich logischerweise Friktionen und Kollisionen.
    In diesem Zusammenhang und vor dieser, wie ich es ausgedrückt habe, archaisch anmutenden europäischen Landschaft von heute ergibt sich vielleicht gleich die Gelegenheit, Herr Kollege Professor Furler, ein Mißverständnis zu beseitigen, von dem Sie ausgegangen sind. Wenn ich Sie, Herr Kollege, recht verstanden habe, dann meinten Sie, der Hinweis meines Fraktionskollegen Dr. Apel in der Begründung seiner Großen Anfrage, daß zwischen ihrer Einbringung im Oktober und ihrer Behandlung heute ein relativ stattlicher Zeitraum verstrichen sei, beinhalte auch, daß sich die prinzipiellen Konstellationen oder gar unsere prinzipielle Einstellung zu den europäischen Notwendigkeiten in irgendeiner Form geändert hätten. Das ist zweifellos ein Mißverständnis. Herr Dr. Apel wollte lediglich darauf hinweisen, wie schnell heute ein aktuelles Bezugssystem, von dem man ausgegangen ist, in seinen Einzelheiten unaktuell werden kann und wie schnell sich neue Probleme in den Vordergrund drängen.
    Wie dem auch immer sei, ich meine, daß die innere Logik dieses europäischen Prozesses als gewaltiges und faszinierendes Phänomen möglicherweise den künftigen Historiker stärker beschäftigen und beeindrucken wird als manche Vorgänge, die uns Lebende. Handelnde und oft auch Leidende als Sensation der Geschichte anmuten mögen.
    Gerade weil die Große Anfrage meiner Fraktion, Herr Kollege Professor Furler, infolge der politischen Ereignisse in Bonn mit so arger Verspätung behandelt werden muß, hat sie eine neue Aktualität gewonnen. Sie erhält sozusagen Jubiläumscharakter. Wir schreiben heute den 22. Februar. Am 25. März 1957, also vor fast genau zehn Jahren, wurden die Römischen Verträge unterzeichnet, die die Gemeinschaften der EWG und der EURATOM begründeten. So bietet unsere heutige Debatte — und das sei mir in aller Kürze gestattet — hinreichend Anlaß zu einer sachlichen, aber auch kritischen Rückschau auf das bisher Geleistete.
    In den ersten fünf Jahren entwickelten sich die Gemeinschaften in einer durchaus befriedigenden Weise. Die Organe arbeiteten mit einer optimalen Harmonie, um das große, in seinen Einzelheiten überaus komplizierte Vertragswerk Zug um Zug zu verwirklichen. Insbesondere der französische Partner überwand damals seine initiale wirtschaftliche Lähmung, größtenteils aus eigener Kraft, in überraschend kurzer Frist und trug auf diese Weise zu dem notwendigen inneren Gleichgewicht der Partnerstaaten entscheidend bei. Die Welt begann, dem Phänomen der wirtschaftlichen Integration von sechs europäischen Staaten und der Herstellung eines gemeinsamen Markts für 200 Millionen Menschen in dem Gefüge reifer und ungemein differenzierter Industrieländer mehr und mehr Beachtung zu schenken. Diese Feststellung bezieht sich auch und gerade auf den Ostblock einschließlich der Sowjetunion, wo nach der üblichen grobschlächtigen und diskriminierenden Propaganda der ersten Phase immer deutlicher die Erkenntnis Platz griff, an der



    Dr. Schulz (Berlin)

    imponierenden Realität von heute und der voraussichtlich noch imponierenderen Realität von morgen, wie sie sich in der EWG verkörperte, nicht mehr auf eine so billige Weise vorübergehen zu können. Die Hoffnungen schienen gerechtfertigt zu sein, daß die Partnerstaaten der EWG in der Tat von dem festen und unverbrüchlichen Willen getragen waren, nach Geist und Buchstaben der Römischen Verträge — wörtlich — die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker zu schaffen. Im Geiste dieses Auftrages war übrigens die ausführliche Antwort des Herrn Bundesaußenministers auf die Große Anfrage getragen. Wir wissen ihm Dank dafür.
    Dagegen nimmt sich die Bilanz des zweiten Jahrfünfts eher negativ aus. Gewiß wollen wir nicht unterschätzen, daß auch in diesem Zeitraum beispielsweise mit der Erarbeitung der Voraussetzungen für einen gemeinsamen Agrarmarkt der Sechs ein ungemein mühevolles und kompliziertes Werk vollbracht wurde, das wir um seiner selbst willen bejahen, obwohl es speziell der Bundesrepublik erhebliche Opfer abverlangt hat. Auf andere, nicht unbeträchtliche Fortschritte in wesentlichen Einzelfragen hat der Herr Bundesaußenminister in seinen Ausführungen hingewiesen.
    Was aber sonst in den letzten fünf Jahren geschah, war häufig dazu angetan, gerade die Öffentlichkeit zu beunruhigen, ja, sie allmählich dem europäischen Gedanken zu entfremden. Ich greife hier nur die wichtigsten Negativbeispiele dieser Zeit heraus.
    Der schon 1962 erstmalig unternommene Vorstoß Großbritanniens, der Wirtschaftsgemeinschaft beizutreten, scheiterte, weil über die Voraussetzungen keine Einigkeit zu erzielen war. Die ursprünglich harmonische Zusammenarbeit der Organe machte für einige Zeit und in zunehmendem Maße Mißhelligkeiten und Differenzen Platz, was hauptsächlich in dem Antagonismus zwischen Ministerrat und Kommission seinen Ausdruck fand. Die angestrebte und dem Geist der Römischen Verträge entsprechende fortschreitende Demokratisierung der Gemeinschaften, die mit einer Verstärkung der Befugnisse des Europäischen Parlaments identisch gewesen wäre, stagnierte völlig, und alle Initiativen in dieser Richtung sahen sich zum Scheitern verurteilt.
    Das seit 1. Januar 1966 vorgesehene Mehrstimmigkeitsprinzip im Ministerrat bei wichtigen Entscheidungen, insbesondere im Hinblick auf die auswärgen Beziehungen der Gemeinschaften, führte vorübergehend zu einer ernsten Existenzkrise und wurde schließlich durch einen Kompromiß abgefangen — um nicht zu sagen: unterlaufen —, der auf die Dauer niemanden so recht befriedigen kann.
    Schließlich: Obwohl sich die Zollunion ihrer Vollendung nähert, ja, nach den Bestimmungen der Verträge in knapp anderthalb Jahren ihre Vollendung finden muß, sind die Gemeinschaften von ihren eigentlichen, speziell wirtschaftspolitischen Zielen noch immer sehr weit entfernt. Wir sind daher sehr dankbar, den Ausführungen des Herrn Bundesaußenministers entnehmen zu dürfen, daß sich die Bundesregierung gerade der Harmonisierung der Wirtschaftspolitik im Lager der Sechs entschieden annehmen will.
    Der Katalog bedauerlicher Tatbestände, die ich hier aufgeführt habe, zeichnet wohl in erster Linie dafür verantwortlich, daß die ursprünglich spontane und starke Bereitschaft der Allgemeinheit, sich mit den Fragen der gemeinsamen europäischen Zukunft zu beschäftigen und an eine stetige positive Entwicklung zu glauben, in einem besorgniserregenden Maß verkümmert ist. Von diesem traurigen Tatbestand weiß jeder ein Lied zu singen, der die Öffentlichkeit und ihre Medien, in welcher Form und aus welchem Anlaß auch immer, mit der europäischen Frage in Anspruch nehmen will. Man hat einfach mehr und mehr das Vertrauen verloren, daß löblichen .Absichten und wohlklingenden Reden auch entsprechende und überzeugende Taten folgen. Die öffentliche Meinung reagiert verständlicherweise, was die Entscheidungen oder auch Nichtentscheidungen der politisch Verantwortlichen anbetrifft, in Einzelheiten wenig sachverständig, prinzipiell jedoch mit einer emotionalen Instinktsicherheit, die als psychologische Kraft in demokratischen Staaten nicht unterschätzt werden sollte; denn alles, was wir vollbringen wollen und müssen, müssen wir tunlichst im Einklang und mit der aktiven moralischen Unterstützung der öffentlichen Meinung unseres Landes bzw. unserer Länder vollbringen. Wenn daher der Eindruck in der Öffentlichkeit immer stärker verbreitet ist, das bereits einmal zitierte europäische Kredo, in den verschiedenen Sprachen unseres Kontinents allzu häufig vorgebracht, diene oft nur als eine Art Feigenblatt, hinter dem sich mangelnde Entschlußkraft oder gar nationale Egoismen verstecken, dann ist dies ein Problem, das die geplante Gipfelkonferenz der Regierungschefs der Sechs, die irgendwann im Frühjahr auch aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens der Römischen Verträge zusammentreten wird, ernsthaft beschäftigen sollte. Natürlich macht sich niemand Illusionen darüber, daß diese Konferenz, wenn sie überhaupt in der geplanten Form zustande kommt, praktisch relevante oder gar spektakuläre Entscheidungen fällen wird. Sie wird es nach dem nun einmal bestehenden Sachverhalt auch gar nicht darauf anlegen können, die öffentliche Meinung der Mitgliedstaaten kurzfristig zu neuen Hoffnungen und damit zu neuer Aktivität zu beflügeln. Sie wird im optimalen Falle lediglich dazu beitragen können, daß sich die öffentliche Meinung wieder stärker als in den letzten Jahren für die europäischen Dinge und für die Zukunft unseres Kontinents interessiert.
    In diesem Zusammenhang möchte auch ich mich noch einmal unter Ausklammerung aller anderen Fragen dem Kernproblem zuwenden, das in der heutigen Debatte bereits von vornherein eine so große Rolle gespielt hat, nämlich der von Großbritannien erneut bekundeten Absicht, sich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten anzuschließen. Die Sondierungen der britischen Regierung in bisher vier von sechs Hauptstädten der Sechser-Gemeinschaft haben eines bestimmt klar erkennen lassen, daß nämlich die Bereitschaft Großbritanniens, sein Herz gleichsam über die europäischen Hürden zu werfen, viel



    Dr. Schulz (Berlin)

    klarer, bestimmter und vorbehaltloser zutage tritt, als das vor fünf Jahren der Fall war. Das hat auch der Herr Bundesaußenminister in seinen Ausführungen bestätigt, dem wir überhaupt sehr dankbar dafür sind, daß er so ausführlich über den Besuch der europäischen Gäste in Bonn und über instruktive Einzelheiten dieses Besuches berichtet hat.
    Allein diese Tatsache einer vorbehaltlosen Bereitschaft scheint mir ein überaus gewichtiges Politikum zu sein. Auf der anderen Seite sind zweifellos die materiellen und sachlichen Schwierigkeiten, die sich für alle Beteiligten ergeben, im Laufe der Zeit in gewisser Weise größer geworden, was damit zusammenhängt, daß die wirtschaftspolitische Integration im Lager der Sechs trotz aller von mir angesprochenen Unvollkommenheiten und Rückschläge inzwischen einen wesentlich höheren Grad erreicht hat. Es ginge in der Tat nicht an, es würde sogar einen bedenklichen Rückschritt bedeuten, das mühsam genug Errungene durch Rücksichtnahme auf abweichende Sonderinteressen eines oder mehrerer möglicher Partner in Frage stellen zu lassen und damit den ganzen Prozeß, wenn auch vielleicht nur in wichtigen Einzelheiten, erneut aufzurollen. Für diese Notwendigkeit muß die britische Regierung Verständnis haben, und sie hat dieses Verständnis —gerade nach den uns heute zuteil gewordenen Informationen — auch entsprechend bekundet.
    Auf der anderen Seite muß ebenso deutlich gesagt werden: was die Gemeinschaft der Sechs von ihren etwaigen künftigen Partnern auch immer an Anpassungsbereitschaft im einzelnen und damit an Solidarität im großen verlangen kann und muß, sie muß ihrerseits in jedem Falle mit speziellen Übergangsregelungen großzügig verfahren. Die SechserGemeinschaft kann ferner — hier greife ich noch einmal einen Gedanken meines Kollegen Dr. Apel auf — weder von Großbritannien noch von einem anderen Partnerstaat der Zukunft auch nur virtuell irgendwelche Vorleistungen erwarten, die über den Rahmen dessen hinausgehen, was in den Römischen Verträgen beabsichtigt und vorgeschrieben ist, denn diese Verträge sind bisher jedenfalls das einzige rechtsverbindliche Dokument, das zum Gegenstand konkreter Verhandlungen werden kann. Die Verträge laufen auf eine umfassende wirtschaftspolitische Integration der Mitgliedstaaten hinaus. Ist dieses Ziel in vollem Umfang erreicht, dann stellt sich selbstverständlich und automatisch die Frage, was man mit einem so mächtigen Instrumentarium auch im speziell politischen Raum anfangen kann. Zunächst aber darf die Sechser-Gemeinschaft weder von Großbritannien noch von weiteren interessierten Staaten Bindungen und Zusicherungen politischer Natur erwarten, die sie im eigenen Lager bisher jedenfalls nicht zu erfüllen bereit ist oder die zu erfüllen sie sich bisher zumindest noch nicht sehr überzeugend angeschickt hat.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bekräftigt noch einmal das entscheidende Interesse, das sie prinzipiell dem möglichst baldigen Beitritt Großbritanniens zur Gemeinschaft der Sechs beimißt. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf eindeutige Beschlüsse, die zu dem bedeutsamen Thema
    sowohl im November vergangenen Jahres anläßlich der Konferenz der sozialistischen Parteien der Gemeinschaften in Berlin wie jetzt Anfang des Monats auf der Konferenz der europäischen Linken in Paris gefaßt worden sind. Wir sind uns darüber klar, daß ein Problem von solchem Umfang und solchem Rang, so dringlich es sich darstellt, weder vorschnell noch gar gewaltsam zu lösen ist. Wir brauchen nicht nur die formale Einstimmigkeit, worauf ja Herr Kollege Furler schon hingewiesen hat, sondern mehr noch die moralische Einmütigkeit aller sechs schon vorhandenen Partnerstaaten für den Beitritt Großbritanniens. In sorgfältigen bilateralen, wahrscheinlich auch multilateralen Besprechungen werden alle noch bestehenden Schwierigkeiten vorsichtig und behutsam, aber auch verständnisvoll und methodisch aus dem Wege zu räumen sein, bevor die eigentlichen Verhandlungen beginnen können. Sie dann aber auch in absehbarer Zeit zu einem positiven Abschluß zu bringen, ist der dringende Wunsch unserer Bundestagsfraktion.
    Im Zusammenhang mit den Fragen des Beitritts Großbritanniens ist in letzter Zeit mehrfach die Frage aufgeworfen worden, ob man deswegen eine mögliche neue Krise der bestehenden Gemeinschaften in Kauf nehmen solle. Ich lasse es dahingestellt, ob sich eine solche Frage bei der erforderlichen vorsichtigen und behutsamen Behandlung des Problems im konkreten Fall überhaupt aufdrängen wird. Wenn sie aber — ob heute in diesem und ob morgen in einem anderen Zusammenhang — überhaupt gestellt werden kann, dann ergibt sich daraus meines Erachtens eine ganz nüchterne Erkenntnis: eine Institution, die von einer noch so gewichtigen politischen Entscheidung sozusagen automatisch eine Existenzkrise befürchten muß, verfügt über ein noch unterentwickeltes Gemeinschaftsbewußtsein. Überlegungen solcher Art führen meines Erachtens zwangsläufig zu der Konsequenz, daß die immer wieder diskutierte Demokratisierung der Struktur der Gemeinschaften zwar sicher auf einen opportuneren Zeitpunkt verschoben werden muß, aber keinesfalls von der europäischen Tagesordnung verschwinden darf.
    Und hier handelt es sich — ich glaube, Sie stimmen mir darin zu, Herr Kollege Furler — auch keineswegs um doktrinäre Bedenklichkeiten oder Festlegungen, sondern um ein sehr akutes und wichtiges Politikum. Denn die richtige Anwendung und Praktizierung der Römischen Verträge hat doch unvermeidlich auf dem so wichtigen Gebiet der Wirtschaftspolitik zu einem Verlust an Souveränitätsrechten innerhalb der nationalen Legislativen geführt und wird es weiterhin tun. Schon seit Jahr und Tag nehmen wir Beschlüsse der Organe der Gemeinschaften, für die diese zuständig geworden sind, im Bundestag lediglich zur Kenntnis, ohne sie materiell beeinflussen oder gar inhaltlich noch umgestalten zu können. Ein solcher Verlust an legislativen Befugnissen, wie ihn der wohlverstandene Rhythmus der Verträge mit sich bringt und mit sich bringen muß, kann auf die Dauer nicht hingenommen werden. Ebensowenig ist es mit demokratischen Prinzipien vereinbar, gesetzgeberische Befugnisse stillschwei-



    Dr. Schulz (Berlin)

    gend auf völlig unbestimmte Frist einem Exekutivorgan wie dem Ministerrat gleichsam zu treuen Händen zu überlassen, um so weniger, wenn in diesem Gremium nach wie vor qualifizierte Mehrheitsentscheidungen zwar theoretisch denkbar, aber praktisch kaum möglich sind. Die Aufgabe einer allmählichen Demokratisierung der Gemeinschaften stellt daher für meine politischen Freunde kein Tabu dar, über das man besser nicht spricht. Auch wenn wir es heute bei dieser Andeutung bewenden lassen, sind wir der Meinung, daß das Thema der Demokratisierung immer wieder in Erinnerung gebracht werden muß und daß es hauptsächlich das Europäische Parlament ist, auf das die verlorengehenden oder bereits verlorengegangenen Befugnisse der nationalen Legislativen im wirtschaftspolitischen Bereich im Laufe der Zeit eindeutig übertragen werden müssen.

    (Vorsitz: Vizepräsident Schoettle.)

    Gestatten Sie einem Redner, der sich in seinen Ausführungen vorwiegend mit einigen kritischen oder auch unerquicklichen Themen befassen mußte, den Wunsch nach einem Happy-End. Gott sei Dank brauche ich danach nicht lange zu suchen. Ich erinnere an den Antrag Drucksache V/1010, den alle Fraktionen an die Bundesregierung gerichtet haben. Sie fordern darin die Bundesregierung auf, einen Schriftlichen Halbjahresbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften sowie des Europarates und der WEU vorzulegen. Dieser Antrag bedarf keiner Begründung. Seine Billigung würde von den sogenannten „Europäern" dieses Hohen Hauses — es sind ja mehr als 10 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages — mit einer lebhaften Genugtuung begrüßt werden.
    Als persönliche Bemerkung darf ich hinzufügen, daß ich als Mitglied der Arbeitsgruppen in den beiden Versammlungen, denen gerade die Verbindung mit den nationalen Parlamenten obliegt, über diesen Antrag eine ganz besondere Freude empfinde. Wir erleben es immer wieder — zu unserem persönlichen Bedauern, aber auch zum Schaden einer guten Sache —, daß die Tätigkeit der parlamentarischen Versammlungen in Straßburg wie in Paris in der Regel nur eine beschämend geringe Resonanz findet. Wir wenden uns nicht allein Zukunftsaufgaben zu — obwohl diese Zukunft schon längst begonnen hat —, sondern auch konkreten, handfesten Gegenwartsaufgaben, und wir glauben, daß wir in den europäischen Versammlungen oft eine sehr nützliche Vorarbeit auch für die nationalen Parlamente und deren Ausschüsse in den Mitgliedstaaten leisten.
    Die Annahme des Antrags bezüglich eines solchen Halbjahresberichts, der durch die Bundesregierung zu erstatten wäre, würde die Bundesrepublik, was die Aktivierung der europäischen Sache angeht, mit einem Male in die Spitzengruppe der Mitgliedstaaten sowohl des Europarats als auch der WEU vorrücken lassen und dadurch sicherlich auch anderen größeren Mitgliedstaaten ein sehr positives Beispiel geben. Ich bin auch davon überzeugt, daß eine stattliche Anzahl von Kollegen, die, wie es heißt, „für Europa" unmittelbar tätig sind,
    dafür garantieren wird, daß künftig den von uns erbetenen schriftlichen Halbjahresberichten der Bundesregierung eine lebhafte politische Debatte in diesem Hause folgen wird. Sie sollte unter dem Prinzip des Gebens und Nehmens stehen. Denn wir wollen nicht nur unsere Erfahrungen von Straßburg und Paris nach hier gleichsam importieren und verbreiten. Vielmehr würden wir uns freuen, wenn wir auch aus diesem Hause möglichst zahlreiche Impulse und Anregungen für unsere europäische Arbeit wieder mitnehmen könnten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)