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    Deutscher Bundestag 88. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1967 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 4079 A Fragestunde (Drucksache V/1316) Frage des Abg. Dr. Rutschke: Rückgang der deutschen Filmproduktion 1966 gegenüber 1965 Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 4079 C Dorn (FDP) . . . . . . . . . 4079 D Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 4079 D Frage des Abg. Dr. Rutschke: Deviseneinnahmen und -ausgaben auf dem Filmgebiet Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 4080 B Frage des Abg. Dr. Rutschke: Verhältnis der Deviseneinnahmen zu den Ausgaben bei Fernsehproduktionen Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 4080 C Dorn (FDP) . . . . . . . . 4080 C Moersch (FDP) 4080 C Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . 4080 D Dr. Dr. h. c. Toussaint (CDU/CSU) 4080 D Fragen des Abg. Diebäcker: Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des EWG-Vertrages bei der Belieferung mit holländischem Erdgas Dr. Neef, Staatssekretär . . . . 4081 A Diebäcker (CDU/CSU) 4081 B Frage des Abg. Diebäcker: Verwirklichung einer gemeinsamen Energiepolitik Dr. Neef, Staatssekretär . . 4081 B Diebäcker (CDU/CSU) 4081 C Fragen des Abg. Picard: Lage der deutschen Textilindustrie Dr. Neef, Staatssekretär . 4081 C, 4082 D Picard (CDU/CSU) . 4081 D, 4083 A Ott (CDU/CSU) . . . . 4081 D, 4083 D Dr. Geißler (CDU/CSU) . . . . . 4082 B Dr. Staratzke (FDP) . . 4082 D, 4083 D Diebäcker (CDU/CSU) 4084 A Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 4084 B Schlager (CDU/CSU) 4084 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 Frage des Abg. Mertes: Auswirkung der Verteuerung der Kraftfahrzeughaltung auf die Beschäftigung der deutschen Automobilwerke und ihrer Zulieferbetriebe Dr. Neef, Staatssekretär 4085 A Mertes (FDP) 4085 B Moersch (FDP) . . . . . . . 4085 C Frage des Abg. Mertes: Zuschlag zur Haftpflichtversicherung für Autohalter in Großstädten Dr. Neef, Staatssekretär 4085 D Mertes (FDP) 4085 D Fragen des Abg. Josten: Pläne des RWE für das größte Pumpspeicherwerk Europas am Mittelrhein Dr. Neef, Staatssekretär 4086 A Josten (CDU/CSU) 4086 A Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Unterhaltungskosten des Spandauer Kriegsverbrechergefängnisses Schütz, Staatssekretär 4086 D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 4087 A D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4087 B Frage des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Frage von Patenschaften westdeutscher Großstädte mit Großstädten Ungarns, Polens und der Tschechoslowakei Schütz, Staatssekretär . . . . . 4087 C Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . 4087 C Frage des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Presseberichte betr. eventuelle Ersatzansprüche von Ostblockstaaten bei Aufnahme diplomatischer Beziehungen Schütz, Staatssekretär . . . . . . 4087 D Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . . 4087 D Fragen der Abg. Dr. Schulz (Berlin), Dr. Rau und Spitzmüller: Vorgänge im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verleihung eines hohen französischen Ordens an Frau Professor Faßbinder Schütz, Staatssekretär . 4088 A, 4090 D, 4092 C, 4093 A Sänger (SPD) 4088 B, 4092 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . . 4088 C, 4089 D, 4090 B, 4091 A, 4092 B, 4092 C, 4093 A, 4093 D Dr. Ernst, Staatssekretär . 4088 C, 4090 D, 4093 D Spitzmüller (FDP) 4089 A, 4090 C, 4093 C Dorn (FDP) 4089 A Dr. Geißler (CDU/CSU) . . . . 4089 C Gentscher (FDP) . 4089 C, 4090 B, 4093 C Dr. Lohmar (SPD) 4089 D Dröscher (SPD) 4090 D Matthöfer (SPD) . . . . . . . 4091 A Moersch (FDP) 4091 B, 4093 B Müller (Mülheim) (SPD) . . . . 4091 D Metzger (SPD) 4091 D Dr. Bucher (FDP) 4092 A Tallert (SPD) . . . . . . . . 4092 B Westphal (SPD) . . . . . . 4093 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 20. Januar 1967 D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4094 A Dr. Emde (FDP) 4094 B Leicht (CDU/CSU) . . . . . . 4100 C Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 4104 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 4112 C Anlagen 4113 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 4079 88. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 14.30 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 87. Sitzung, Seite 4067 B, Zeilen 2/3 statt umstritten: unumstritten. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Adenauer 27. 1. Dr. Aigner 26. 1. Frau Albertz 28. 2. Bading 28.1. Bauer (Wasserburg) 27. 1. Bauer (Würzburg) * 28. 1. Bauknecht 28. 1. Berkhan * 28. 1. Bewerunge 28. 1. Blachstein 18. 2. Blume 28. 1. Blumenfeld * 28. 1. Burgemeister 4. 2. Corterier * 28. 1. Cramer 28. 1. Dr. Czaja 10. 2. Dr. Dahlgrün 3. 2. van Delden 3. 2. Draeger * 28. 1. Eisenmann 21. 4. Erler 31. 1. Ertl 28. 1. Faller ** 26. 1. Fellermaier 28. 1. Flämig * 28. 1. Dr. Freiwald 28. 1. Frehsee 28. 1. Dr. Frey 27. 1. Frieler 4. 2. Dr. Furler * 28. 1. Glüsing 28. 1. Dr. Götz 12. 2. Frau Griesinger 28. 1. Gscheidle 26. 1. Haage (München) 27. 1. Hahn (Bielefeld) ** 3. 2. Dr. Hellige * 28. 1. Frau Herklotz 28. 1. Herold * 28. 1. Dr. Hesberg 27. 1. Hilbert * 28. 1. Hösl * 28. 1. Kahn-Ackermann * 28. 1. Dr. Kempfler 28. 1. Frau Klee * 28. 1. Dr. Kliesing (Honnef) * 28. 1. Klinker 28. 1. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Könen (Düsseldorf) 28. 1. Dr. Kopf * 28. 1. Frau Korspeter 4. 3. Krug 28. 1. Freiherr von Kühlmann-Stumm 25. 2. Lemmer 3. 2. Lemmrich * 28. 1. Lenz (Brühl) ** 26. 1. Lenze (Attendorn) * 28. 1. Liehr 28. 1. Marquardt 28. 1. Mauk ** 27. 1. Frau Dr. Maxsein * 28. 1. Dr. Mende 26. 1. Mengelkamp 4. 2. Dr. von Merkatz * 28. 1. Missbach 27. 1. Müller (Ravensburg) 28. 1. Müller (Worms) 28. 1. Paul * 28. 1. Peters (Poppenbüll) 21.4. Petersen 28. 1. Frau Pitz-Savelsberg 15. 2. Pöhler * 28. 1. Porzner 28. 1. Dr. Preiß 28. 1. Raffert 27. 1. Reichmann 28. 1. Dr. Reinhard 28. 1. Richarts ** 26. 1. Dr. Rinderspacher * 28. 1. Dr. Ritgen 28. 1. Frau Rudoll 28. 1. Dr. Rutschke * 28. 1. Saxowski 28.1. Dr. Schmidt (Gellersen) 28. 1. Frau Schroeder (Detmold) 27. 1. Schultz (Gau-Bischofsheim) 26. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 28. 1. Dr.-Ing. Seebohm 24.2. Seifriz ** 26. 1. Dr. Serres * 28. 1. Dr. Siemer 28. 1. Dr. Sinn 27. 1. Dr. Starke (Franken) 26. 1. Stooß 28. 1. Struve 31.3. Unertl 28. 1. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 28. 1. Vogt * 28. 1. Wächter 28.1. Dr. Wahl * 28. 1. Weigl 28. 2. Welslau 28. 1. Wienand * 28. 1. Baron von Wrangel 4. 2. 4114 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 Anlage 2 Schriftliche Erklärung *) der Fraktion der SPD über Kürzungsmöglichkeiten im Verteidigungshaushalt zu Punkt 4 der Tagesordnung. 1. Man muß unterscheiden zwischen mittelfristigen und kurzfristigen Aspekten der Planung der gemeinsamen Verteidigung durch die Bündnispartner und den Möglichkeiten ihrer haushaltsseitigen Finanzierung. Für die mittelfristige Entwicklung können sich im Laufe des Jahres 1967 erhebliche, gemeinsam ins Auge zu fassende Veränderungen der gegenwärtigen Planung ergeben. Dabei sollten Struktur und Ausrüstung der Bundeswehr so defensiv wie möglich gestaltet werden, jedoch unter der Voraussetzung der Aufrechterhaltung des für die Sicherheit Europas insgesamt notwendigen Gleichgewichts der Kräfte. 2. Kurzfristig kann — etwa im Rahmen des Bundeshaushalts 1967 — eine Änderung von Struktur, Ausrüstung und Aufgabenstellung der Bundeswehr nicht ins Auge gefaßt werden; die dafür notwendigen Gespräche und Abstimmungen innerhalb des Bündnisses bieten dafür noch keine Grundlage. 3. Gleichwohl muß auch der Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums im Rahmen der allgemeinen Notwendigkeit zu Etatkürzungen mit äußerster Sorgfalt unter die Lupe genommen werden. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat am 10. November vorigen Jahres, noch in der Oppositon stehend, als Ergebnis ihrer damaligen Untersuchungen öffentlich erklärt, daß sie gegenüber dem Entwurf des Haushalts des Verteidigungsministeriums für 1967 eine Kürzung um maximal 600 Millionen DM für das Haushaltsjahr 1967 für möglich hält; dabei blieben die Offset-Verpflichtungen gegenüber den USA und England sowohl für die Zeit bis zum 30. Juni 1967 als auch für die anschließende Periode außerhalb der Untersuchung. Ohne im gegenwärtigen Zeitpunkt zu der inzwischen sehr viel schwieriger gewordenen Problematik der Offset-Zahlungen Stellung nehmen zu wollen, hält die sozialdemokratische Bundestagsfraktion als Ergebnis ihrer Beratungen am 24. Januar 1967 ihren Standpunkt vom 10. November 1966 voll aufrecht. Die Bundesregierung hat beschlossen, den Verteidigungshaushalt 1967 gegenüber dem bisherigen Entwurf um 240 Millionen DM zu kürzen; dazu sollen weitere 200 Millionen Haushaltsreste des Jahres 1966 gestrichen werden, die sonst auf das Haushaltsjahr 1967 zu übertragen gewesen wären. Die von der Bundesregierung beschlossene Kürzung des Verteidigungshaushalts macht damit insgesamt praktisch 440 Millionen DM aus. Diese Ziffer kommt den Vorstellungen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion schon relativ nahe. Es bleibt jedoch noch eine Spanne von etwa 160 Millionen DM. 4. Die Fraktion hat im übrigen die Absicht, sich demnächst mit dem Verteidigungshaushalt noch des *) Siehe Seite 4107 näheren zu befassen. Dabei werden die zum Zwecke schärferer Rationalisierung denkbaren Möglichkeiten der Umschichtung innerhalb des Verteidigungshaushalts besonders geprüft werden. Neben anderen Problemen stehen unter diesem Aspekt z. B. die Ansätze für die Beschaffung von Schiffen im Vordergrund, ebenso aber auch die Ansätze für Forschung und Entwicklung, deren gegenwärtige im Vorgriff erfolgte Beanspruchung Sorgen für die kontinuierliche Fortführung nicht nur militärischer, sondern auch ziviler und technologisch und volkswirtschaftlich bedeutender Entwicklungen bereitet. 5. Kürzungen des Verteidigungshaushalts im Jahre 1967 müssen in jedem Fall gegenüber der Truppe vertretbar bleiben; sie dürfen die Erfüllung der innerhalb des Bündnisses übernommenen Verpflichtungen nicht beeinträchtigen. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Effertz (FDP) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Wie mein Kollege Dr. Emde schon betont hat, kann bei dem Zuschnitt des Bundeshaushalts 1967 nicht mit schematischen Kürzungen gearbeitet werden. Dies gilt besonders für den Agrarhaushalt. Denn hier sind nicht nur die wiederholten Regierungszusagen und die gesetzlichen Zusicherungen — wie das Landwirtschaftsgesetz und das EWG-Anpassungsgesetz — zu beachten, sondern darüber hinaus die effektiv und im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen sogar sehr ungünstige Lage der deutschen Landwirtschaft zu berücksichtigen. Das wird der diesem Hohen Hause in Kürze vorliegende Grüne Bericht 1967 erneut beweisen. Darum konnte die Landwirtschaft verständlicherweise aus der Tatsache, daß ihre Probleme in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 mit keinem Wort Erwähnung fanden, nur den Schluß ziehen, daß der Agrarhaushalt von nennenswerten Kürzungen verschont bleiben würde. Um so größer ist jetzt die Enttäuschung draußen im Lande, daß nach den neuesten Beschlüssen des Bundeskabinetts die Landwirtschaft mit 'am härtesten betroffen ist. Man will diese neue Schrumpfung des Agrarhaushalts mit der generellen und populären Parole des Abbaus von Subventionen rechtfertigen. Dabei liebäugelt man mit dem Beifall der öffentlichen Meinung, die schon seit Jahren die Begriffe „Subventionen" und „Landwirtschaft" so etwa wie siamesische Zwillinge ansieht. In der Tat hat hier die Bundesregierung einen — allerdings makabren — Publikumserfolg erzielt: Die Landwirtschaft ist wieder einmal der Prügelknabe der finanz- und konjunkturpolitischen Auseinandersetzungen. Ich kann hier nicht die beabsichtigten Streichungen am Agrarhaushalt im einzelnen untersuchen, zumal da der zuständige Ressortminister nicht anwesend ist. Wie er mir gegenüber zum Ausdruck Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 4115 brachte, glaubte er, der Grünen Woche in Berlin den Vorrang geben zu müssen. Aber mit einigen Bemerkungen möchte ich doch noch meine dringende Empfehlung an die Bundesregierung unterstützen, sich die geplanten Streichungen am Agrarhaushalt noch einmal auf das gründlichste und sehr verantwortungsbewußt zu überlegen. Ich möchte dabei auch einige Vorurteile ansprechen und Irrtümer ausräumen. Während man nämlich im Bundeshaushalt nach dem Motto Subventionen abbauen rücksichtslose Streichungen vornimmt, ist man der EWG gegenüber bereit, weitaus höhere Summen in den Brüsseler Agrarfonds einzuschießen. Das muß natürlich den Eindruck erwecken: bei uns werden die Subventionen abgebaut, aber draußen, in der EWG, subventionieren wir die Landwirtschaften der anderen Staaten und rüsten sie auf gegen unsere eigene Landwirtschaft! Außerdem darf man ja wohl auch nicht vergessen, daß der Agrarhaushalt schon in den beiden letzten Jahren arg gerupft worden ist. Der Agrarhaushalt 1965 blieb schon um 355 Millionen DM hinter den Regierungszusagen zurück. 1966 wurde der Landwirtschaft eine Kürzung der Ausgleichs- und Anpassungshilfen um rund 475 Millionen DM zugemutet. Damit wurde die Landwirtschaft in den beiden letzten Jahren schon um zusammen fast 1 Milliarde DM zum Ausgleich des Bundeshaushalts zur Ader gelassen. Im Jahre 1967 schließlich wird der Landwirtschaft abermals eine neue Kürzung der Förderungs- und Anpassungsmittel um 1 Milliarde DM zugemutet! Ich frage daher: Was bleibt von den vielen Zusagen, von feierlich gegebenen Kanzlerworten, von gesetzlichen Verpflichtungen wie etwa Landwirtschaftsgesetz, EWG-Anpassungsgesetz u. a. dann noch übrig? Wie stellt man es sich für die Zukunft vor, der deutschen Landwirtschaft in der EWG gleiche Wettbewerbsbedingungen zu verschaffen und angemessene Entwicklngsmöglichkeiten zu sichern? Will man bei uns wirklich den Agrarhaushalt drastisch zusammenstreichen, während in Frankreich den vielfältigen staatlichen Förderungsprogrammen noch rund 2 Milliarden NF, das sind rund 25 '0/o, mehr bewilligt werden als im Vorjahr? Angesichts dieser Situation frage ich, ob es nicht sehr kurzsichtig und politisch unvernünftig ist, die begreifliche Empörung auf dem Lande damit abtun zu wollen, daß man von Gebrüll und „übertriebenen, maßlosen Forderungen spricht. Wer so spricht, der leistet, wenn auch ungewollt, gewissen radikalen Bestrebungen Schützenhilfe und fördert dadurch die Entwicklung einer unkontrollierten Opposition außerhalb des Parlaments. Im übrigen finde ich es unbegreiflich, daß man im Zusammenhang mit den beabsichtigten Streichungen glaubt, die Landwirtschaft mit dem Hinweis sozusagen auf Wiedergutmachungsleistungen aus dem Eventualhaushalt vertrösten zu können, wie es der Herr Bundeslandwirtschaftsminister getan hat. Aus dem Eventualhaushalt sollen, so kündigt man es an, Mittel zur Fortsetzung bestimmter Investitionen auch im landwirtschaftlichen Bereich gewährt werden. Wozu dieser kuriose Umweg? Ist es nicht sinnvoller, die dafür vorgesehenen Mittel im Agrarhaushalt zu belassen und sich über einen Restausgleich zu unterhalten? Das kann doch keine Schwierigkeiten mehr bereiten, nachdem die SPD so großzügige Streichungsmöglichkeiten zum Haushaltsausgleich neu aufgedeckt hat. Wenn es so bleibt, wie es die Regierung vorhat, werden nicht nur neue notwendige Investitionsvorhaben unmöglich gemacht, sondern auch bereits begonnene nunmehr gestoppt. Wie stellt sich die Bundesregierung die Fortführung des von ihr als Allheilmittel angepriesenen Strukturwandels vor, wenn den Betrieben durch die Absenkung des Einkommensniveaus, z. B. auch im Zuge der in diesem Jahre durchzuführenden Getreidepreissenkung, die Eigenmittel weiter beschnitten und zugleich die Bundesmittel so scharf zusammengestrichen werden? Abschließend möchte ich der Regierung noch einmal dringend empfehlen, ihre offensichtlich voreiligen und völlig unverständlichen Beschlüsse über den Agrarhaushalt 1967 noch einmal gründlich zu überprüfen. Man sollte doch wenigstens den Grünen Bericht 1967 abwarten; er wird uns zwingend den Weg und die Maßnahmen deutlich machen, die der Grüne Plan enthalten sollte. Wie würde wohl der Grüne Bericht des nächsten Jahres aussehen, wenn der Grüne Plan 1967 so dürftig bedacht wird, wie die Bundesregierung das jetzt vorhat? Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 24. Januar 1967 auf die Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) *. In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 10. November 1966 (71. Sitzung) haben -Sie nach 'den Verwaltungskosten gefragt, die bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes auf den 1. Januar 1964 durch die Auswertung der Gebäudebeschreibung der Ein- und Zweifamilienhäuser auf Seite 4 des Vordrucks EW 102/103 entstehen. Insbesondere war für Sie das Verhältnis zu denjenigen Kosten, die bei einer allgemeinen Beschaffung der Unterlagen durch Ortsbesichtigungen entstehen würden, von Interesse. Da die Kosten, nach denen Sie gefragt haben, --ausschließlich bei den Finanzverwaltungen der Länder entstehen, ist diese Frage mit ihnen auf einer gemeinsamen Besprechung erörtert worden. Dabei ergab sich folgendes: Die Auswertung der Grundstückserklärungen und damit auch der Gebäudebeschreibung, die bei den Ein- und Zweifamilienhäusern einen Teil der Grund- *) Siehe 71. Sitzung Seite 3325 D 4116 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 stückserklärung bildet und auf Grund der beigefügten gemeinsamen Presseverlautbarung der Herren Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder vom 19. Dezember 1966 jetzt in der ebenfalls beigefügten vereinfachten Form ausgefüllt werden kann, fällt mit weiteren Arbeiten bei der Feststellung der Einheitswerte zusammen. Sie erfolgt in einem Arbeitsgang mit der Erstellung der Eingabebögen für die bei der Einheitsbewertung eingesetzten datenverarbeitenden Maschinen oder mit der Aufstellung der Berechnungsbögen bei einer Bearbeitung in herkömmlicher Weise. Gesonderte Kosten konnten aber von den Ländern weder für die Auswertung der Gebäudebeschreibungen der Ein- und Zweifamilienhäuser noch für die Auswertung der solche Gebäudebeschreibungen enthaltenen Grundstückserklärungen noch für die ganze Bearbeitungsstufe in den einschlägigen Fällen genannt werden. Als sicher kann nur angesehen werden, daß die Auswertung der in 'den Grundstückserklärungen enthaltenen Gebäudebeschreibungen keinen wesentlich größeren oder geringeren Arbeitsaufwand verursacht und daher für die Bearbeitungsstufe auch nicht zu wesentlich höheren oder niedrigeren Kosten führen wird, als sie bei der Auswertung von Unterlagen, die als Ersatz für die 'Gebäudebeschreibungen auf andere Weise beschafft würden, entstehen würden. Unterschiede in der Höhe der Verwaltungskosten würden sich allerdings ergeben, wenn auf andere Art und Weise die Unterlagen beschafft werden müßten. Wenn eine Gebäudebeschreibung nicht verlangt werden würde, müßten in allen Fällen Ortsbesichtigungen durchgeführt werden. Auf der Besprechung mit den Ländern ist daher noch die Frage erörtert worden, wie sich die Kosten bei der Beschaffung der Bewertungsunterlagen auf die eine oder andere Weise zueinander verhalten würden. Danach würden durch den Verzicht auf die Grundstücksbeschreibungen und durch die Besichtigung sämtlicher Grundstücke erhebliche zusätzliche Kosten in allen Ländern entstehen. Die Höhe der erwähnten Mehrkosten hat der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen für die in diesem Land gelegenen etwa 720 000 Ein- und Zweifamilienhäuser auf 9 963 000 DM berechnet. Ein Sachbearbeiter des Finanzamts würde im Außendienst täglich höchstens 6 Grundstücke bearbeiten können. Bei 208 Arbeitstagen im Jahr würden also durch eine Arbeitskraft jährlich 1248 und in einem Zeitraum von 3 Jahren, in .dem die Bewertung durchgeführt werden soll, 3744 Fälle bearbeitet. Es würden also zusätzlich rd. 200 Arbeitskräfte benötigt. Das Jahresgehalt kann je Arbeitskraft auf 15 000 DM veranschlagt werden, also für 200 Sachbearbeiter und für 3 Jahre auf 9 Mill. DM. Dazu würden die Außendienstpauschalen und die Reisekosten kommen, durch die sich die Mehrkosten in 3 Jahren auf insgesamt 9 963 000 DM erhöhen. In den anderen Ländern würden sich etwa ähnliche Mehrkosten ergeben. Presseverlautbarung der Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder Die Ausfüllung der Erklärungsvordrucke, die den Finanzämtern als Unterlage für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundvermögens auf den 1. Januar 1964 dienen, bereitet vielen Grundstückseigentümern Schwierigkeiten. Das gilt insbesondere für die Gebäudebeschreibung, die von den Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern auf Seite 4 des Vordrucks gefordert wird. Die Gebäudebeschreibung dient dazu, dem Finanzamt ein Gesamtbild des zu bewertenden Grundstücks zu vermitteln. Von diesem Gesamtbild hängt nicht nur die Entscheidung ab, ob das Ein- oder Zweifamilienhaus im Ertragswertverfahren oder im Sachwertverfahren zu bewerten ist. Vor allem hängt von ihm im Ertragswertverfahren die Schätzung der üblichen Miete ab, deren Vielfaches den Einheitswert ergibt. Um die aufgetretenen Schwierigkeiten soweit wie möglich zu beseitigen, haben die Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen eine Verlängerung 'der Erklärungsfrist sowie eine Anzahl von Erleichterungen bei der Ausfüllung der Erklärungen beschlossen. Die Erklärungsfrist wird allgemein bis zum 31. März 1967 verlängert. Lediglich die Eigentümer, denen mitgeteilt worden ist oder mitgeteilt wird, daß die Einheitswerte ihrer Grundstücke im Zuge einer Vorerhebung vorweg ermittelt werden sollen, werden gebeten, ihre Erklärungen nach Möglichkeit schon früher abzugeben. Für die Ausfüllung der Erklärungen sind im einzelnen folgende Erleichterungen beschlossen worden: 1. Die Gebäudebeschreibung für Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser unter Nr. 4.2 des Vordrucks EW 102/103 ist vereinfacht worden. Es steht den Eigentümern dieser Grundstücke frei, statt der Seite 4 des Vordrucks EW 102/103 die vereinfachte Gebäudebeschreibung auszufüllen. Sie ist bei allen Finanzämtern und, nach näherer Regelung in den einzelnen Ländern, auch bei den Gemeindebehörden, den Haus- und Grundbesitzervereinen oder bei anderen Stellen von einem Zeitpunkt an, der noch bekanntgegeben wird, erhältlich. 2. Bei Fragen, die nicht beantwortet werden können, genügt die Angabe unbekannt oder „nicht feststellbar". 3. Unter 3.1 des Vordrucks EW 102/103 wird die Angabe der Kataster- und Grundbuchbezeichnung erbeten. Die Beantwortung kann unterbleiben, wenn noch ein Kataster- oder Grundbuchauszug beschafft werden müßte. 4. Unter 4.1 des Vordrucks EW 102/103 wird nach dem umbauten Raum gefragt. Wie sich schon aus Ziffer 1 der 'Erläuterungen zur Grundstücksbeschreibung ergibt, ist diese Angabe nur erforderlich, wenn der umbaute Raum schon nach den DIN-Vorschriften 1950 berechnet worden und dem Eigentümer bekannt ist. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 4117 5. Die unter derselben Ziffer erbetene Angabe der Baukosten kann unterbleiben, wenn die Kosten vor der Währungsreform angefallen sind. 6. Außerdem ist unter derselben Ziffer nach dem Baujahr des Gebäudes gefragt. Bei Gebäuden, die vor ,dem Jahre 1895 fertiggestellt worden sind, genügt die Angabe vor 1895, da in diesen Fällen ein einheitlicher Vervielfältiger gilt. 7. Unter 4.3 des Vordrucks EW 102/103 wird nach der Jahresrohmiete gefragt. Ist dem Eigentümer eines Ein- oder Zweifamilienhauses die Schätzung der üblichen Miete nicht möglich, so kann auch in diesen Fällen „unbekannt" eingetragen werden. 8. Die unter 4.5 des Vordrucks EW 102/103 erbetene Angabe der Mieten, die durch zinsverbilligte Darlehen beeinflußt worden sind, kann unterbleiben. 9. Gehören einem Eigentümer mehrere Grundstücke .mit den gleichen Merkmalen, so kann ihm das Finanzamt die nach den Umständen vertretbaren Erleichterungen gewähren, z. B. den Hinweis auf die Gebäudebeschreibung für ein Grundstück mit gleichen Merkmalen gestatten. Die Finanzämter werden jeden ratsuchenden Eigentümer bei der Ausfüllung der Erklärungsvordrucke unterstützen. Beschreibung des Hauptgebäudes — Nur auszufüllen bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern — (15) — Zutreffendes (ggf. in mehreren Spalten) bitte unterstreichen ; andere Ausführungsart in einer freien Spalte eintragen — Bauteil Ausführung Für Vermerke 1 2 3 4 5 6 7 des Finanzamts Umfassungswände Platten, Fachwerk massiv Fertigteile Innenwände Platten, Fachwerk massiv Fertigteile Dachdeckung Dachpappe, Wellplatten Dachziegel Schiefer, Kupfer, Schindeln, Blei Ried Außenverkleidung Putz Kunststeinplatten Klinker Fliesen Marmor oder anderer Naturstein Fenster Einfache Doppelfenster Schiebefenster, versenkbare Fenster Einfache Isolier- oder Fenster Verglasung Bleiverglasung Türen Sperrholzoder Schiebetüren, Eichenholztüren, Füllungstüren Flügeltüren Edelholztüren Fußboden Hobel Parkett Teppichboden Marmor oder in Wohnräumen dielen, anderer Kunststoff, Naturstein Linoleum Decken und Wände in Wohnräumen Anstrich Tapeten Stuckdecken, Stoff- oder Vertäfelung Lederbespannung Wandoder Deckenmalerei 4118 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1967 Bauteil Ausführung Für Vermerke des 1 2 3 4 5 6 7 Finanzamts Sanitäre Installation ein Bad je Wohnung mehrere Bad mit Bäder je besonderer Wohnung Ausstattung Küchenausstattung Kohleherd Gas- oder Warmwasserspeicher, Durchlauferhitzer. Einbauküche Elektroherd Treppe Beton mit Holz Marmor Kunstgeschmiedetes oder Kunststein oder geschnitztes Stahl anderer Geländer Naturstein Heizung Ofenheizung Warmluftheizung Sammelheizung Fußboden oder Klimaanlage . Deckenstrahlungsheizung Sonstiges Wandschränke offener Schwimmbecken im Kamin Gebäude (auch Nebengebäude)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Georg Emde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom vergangenen Freitag, die Erklärungen der Herren Finanzminister und Wirtschaftsminister vor Presse und Haushaltsausschuß und die verteilten Unterlagen machen deutlich, welche Wege die Regierung einschlagen will, um die Probleme des Haushaltsausgleichs im Jahre 1967 zu lösen.
    Wenn auch die angekündigten Initiativanträge der Fraktionen der Regierungskoalition, mit denen der verfassungsmäßige Ablauf über den Bundesrat verkürzt werden soll, noch nicht vorliegen, so ist doch jetzt die parlamentarische Debatte über den von der Regierung vorgeschlagenen Kurs ein Gebot der Stunde, denn die Zeit drängt. Die Bundesregierung soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt die Meinungen der Fraktionen dieses Hauses offiziell kennenlernen und wissen, wo die Fraktionen die Vorschläge unterstützen, wo Diskussionen, Zweifel und Probleme gesehen werden, um zu wissen, in welcher Breite sie sich auf die parlamentarische Unterstützung dieses Hauses verlassen kann.
    Die Vorschläge der Regierung stehen am Ende einer mehrmonatigen Auseinandersetzung, die vordergründig um die Probleme der Finanz- und Wirtschaftspolitik geführt wurde, die durch den Umfang der in der Zukunft zu fällenden Entscheidungen aber die Grundlagen der gesamten deutschen Innen- und Außenpolitik erfaßt hat. So muß die heutige Aussprache ausgehen von den haushalts- und wirtschaftspolitischen Absichten der Regierung. Eine Bewertung dieser Absichten und eine klare Meinungsäußerung der Fraktionen können aber nur unter Bewertung der finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der empfohlenen Maßnahmen erfolgen.
    Seit dem November des vergangenen Jahres hatte sich die Haushaltslage des Bundes ständig verschlechtert. Die zunehmende Wirkung der langfristigen Restriktionspolitik der Bundesbank, sinkende Investitionsausgaben der öffentlichen Hand infolge zunehmender Haushaltsenge, die im Winter jahresübliche Abschwächung der Produktion, kombiniert mit der Erkenntnis der Öffentlichkeit, daß der wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands, das sogenannte Wirtschaftswunder, nicht eine Naturnotwendigkeit ist, sondern vom Einfluß vieler Faktoren abhängt, hatten zu einer deutlichen Verlangsamung der Wirtschaftsentwicklung geführt. Die Stunde war gekommen, die Politik der Bremsung der Überkonjunktur abzuschalten, um den Weg in eine Rezession zu vermeiden.
    Diese Fragen haben schon bei der ersten Lesung des Haushalts 1967 am 10. November hier im Hause eine Rolle gespielt. Ich hatte damals die Aufgabe, für meine Partei auf diese Fragen hinzuweisen. Die entscheidenden Schwierigkeiten für die notwendige Kursänderung bestanden aber darin, einen echten Haushaltsausgleich zu schaffen. Denn nur unter der Voraussetzung einer ausgeglichenen Haushaltswirtschaft des Bundes war die Deutsche Bundesbank bereit, ihre Restriktionen zu lockern und damit die währungspolitischen Voraussetzungen für eine Phase neuen wirtschaftlichen Wachstums zu sichern.
    An dem Tag jedoch, an dem deutlich wurde, daß die Steuerzuwachsquote zurückging, wurde jede Stunde kostbar. Denn die Wechselwirkung von vermindertem Wachstum und Steuerrückgängen kann in der Anfangsphase relativ leicht, mit zunehmender Verschlechterung der Lage aber nur immer mühsamer abgefangen werden. Wehe aber, wenn in einem solchen Zustand wirtschaftlichen Umschwungs falsche Entscheidungen getroffen werden! Selbst geringfügige Fehlhandlungen können dann schwerwiegende Folgen haben.
    So ist es zu begrüßen, daß heute ein Strauß von Maßnahmen behandelt wird, der zwei Probleme für das laufende Haushaltsjahr zu lösen versucht: erstens das Problem des Haushaltsausgleichs und zweitens das Problem der Belebung der deutschen Binnenkonjunktur.
    Die Absichten der Regierung versprechen einen Ausgleich des Haushalts 1967. Dieser Ausgleich ist nicht ganz echt. Aber in der heutigen Situation gibt es nur ein rasches Handeln nach vorn. Entscheidend ist, daß die Regierung nach langem Kampf den Mut zu Entschlüssen gefunden hat. Wir, die Opposition, begrüßen ausdrücklich diese Tatsache.
    Mit besonderer Genugtuung erfüllt uns dabei, daß der Haushaltsausgleich ohne Steuererhöhungen



    Dr. Emde
    vorgenommen wurde. Dafür möchten wir Sie, Herr Bundeskanzler, ausdrücklich beglückwünschen. Denn nach unseren Erfahrungen aus vergangenen Verhandlungen mit Ihrer Fraktion, der CDU/CSU, wissen wir, wie mühsam es gewesen sein muß, die Erkenntnis durchzusetzen, daß Steuererhöhungen in der Phase wirtschaftlichen Rückgangs ein ungeeignetes Mittel zur Erzielung von Mehreinnahmen sind.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Barzel: Herr Emde, Sie haben schon sachlicher gesprochen! — Zurufe: Tabaksteuer! — Weitere Zurufe von den Regierungsparteien.)

    Allerdings, Herr Bundeskanzler, wir stünden um vieles günstiger da, wenn diese nunmehr gewonnene Erkenntnis früher geistiges Rüstzeug Ihrer Partei gewesen wäre.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Sie selbst, Herr Bundeskanzler, hatten in Ihrer Regierungserklärung vom 13. Dezember unter Punkt 10 gesagt: „Eine Regierung kann nicht von vornherein auf Steuererhöhungen verzichten." Das kann sie nicht; das ist auch unsere Meinung.

    (Abg. Dr. Barzel: War das immer Ihre Meinung?)

    Allerdings, Herr Bundeskanzler, vom Herbst vergangenen Jahres an mußte jedem Fachmann klar sein, wohin der Kurs der Konjunkturentwicklung ging, und aus dieser Erkenntnis heraus hatte die FDP immer wieder erklärt — und das ist wichtig, Herr Kollege Barzel —: Steuererhöhungen sind in der gegenwärtigen Situation kein geeignetes Mittel zum Haushaltsausgleich, und darum muß der Haushalt 1967 ohne Steuererhöhungen, ausgeglichen werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir hatten diese Erklärung in der Konjunktursituation des vorigen Jahres abgegeben, und ich glaube, das, was hier gesagt worden ist, wird von den Tatsachen bestätigt. Ich komme an einer anderen Stelle meiner Ausführungen darauf zurück.
    Auch Sie, Herr Bundeskanzler, hatten zwei Sätze später in Ihrer Regierungserklärung gesagt: „Das Wachstum der Wirtschaft darf jedoch durch steuerliche Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden." Eine richtige Erkenntnis; leider aber haben Sie mit der Parlamentsmehrheit wenige Tage später genau andersherum gehandelt, und leider ist prompt die psychologische Reaktion der Verbraucherschaft eingetreten, die vorherzusehen und von uns befürchtet war.
    Schon die Erhöhung der Sekt- und Branntweinsteuer im Dezember 1965 hat im vergangenen Jahr nicht die erwarteten Steuermehreinnahmen gebracht. Das aber, was im Dezember 1966 an kombinierten Maßnahmen in Richtung auf den deutschen Kraftfahrer veranstaltet wurde, mußte psychologische Auswirkungen auf den Autokäufer haben. Das Zusammenwirken der Tariferhöhung der Haftpflichtversicherung, der Senkung der Kilometer-Pauschale und der Erhöhung der Mineralölsteuer mußte in einer psychologisch so labilen Situation zu einer Zurückhaltung der Käufer führen und damit Absatzschwierigkeiten in einem bislang von krisenhaften Erscheinungen unberührten wichtigen Bereich unserer Wirtschaft bringen.

    (Abg. Leicht: Wo hätten Sie es hergeholt?)

    Ich habe das Schreiben des Gesamtbetriebsrates eines der großen Automobilwerke erhalten, in dein auf diese Gefahr hingewiesen wurde.

    (Abg. Leicht: Das haben wir alle gekriegt!)

    — Herr Kollege Leicht, die Mittel aus der Mineralölsteuererhöhung haben wir nicht dem Bundeshaushalt, sondern den Gemeinden zugeführt. Sie haben also in keiner Weise geholfen, die Haushaltslage des Bundes zu verbessern. Man sollte intellektuell ehrlich argumentieren und diskutieren, wenn wir hier zu Ergebnissen kommen wollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ehrlich genügt, intellektuell ist nicht nötig!)

    Ich habe mit Freude gehört, daß der Herr Bundesfinanzminister gestern im Haushaltsausschuß das Zusammenwirken der verschiedenen Maßnahmen in diesem Sektor in seinem mündlichen Vortrag ebenso bewertet hat, wie ich es jetzt in meiner Darstellung tue. Das zeigt, daß nunmehr eine relativ weitgehende Übereinstimmung zwischen den Beteiligten besteht. Aber man hätte das alles billiger haben können. Im November 1966 waren sich Sozialdemokraten und Freie Demokraten darüber einig, daß unter den gegebenen Verhältnissen der Haushaltsausgleich ohne Steuererhöhungen gesucht werden sollte. Diese Übereinstimmung bestand auch dann noch, als die letzten Zahlen über künftige Haushaltsdefizite den beiden Verhandlungspartnern bekanntgeworden waren.
    Nein, meine Damen und Herren, es gab tatsächlich nur den harten Weg, Ausgaben zu streichen, Subventionen und Steuervergünstigungen abzubauen. Die FDP begrüßt es, daß nunmehr ausschließlich diese drei Methoden der Finanzwirtschaft angewandt wurden, um den Ausgleich des Bundeshaushalts 1967 herbeizuführen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Natürlich ist es immer schwieriger, Ausgaben zu verringern und Vorteile abzubauen, insbesondere wenn der Abbau von Vorteilen und das Streichen von Maßnahmen von denen vorgenommen werden muß, die selbst Urheber früherer Gesetzesinitiativen gewesen sind.
    Aber auch hier gilt das Wort: Je schneller und je entschlossener gehandelt wird, um so leichter sind die Probleme zu lösen und um so günstiger ist die Ausgangsstellung für die künftige Entwicklung. Wir Freien Demokraten hatten in der ersten Lesung des Bundeshaushalts 1967 eine detaillierte Aufstellung mit Streichungsvorschlägen vorgelegt. Es freut uns, daß im großen und ganzen unsere damaligen Vorstellungen Eingang gefunden haben in die verschiedenen Positionen des Finanzplanungsgesetzes und in die Vorschläge, die die Bundesregierung jetzt macht. Diese Übereinstimmung ist ein Zeichen dafür, daß unsere Vorschläge im vergangenen Jahr absolut realistisch waren; in Einzelpositionen stim-



    Dr. Emde
    men sie mit den Entscheidungen der jetzigen Regierung fast hundertprozentig überein.
    Äußerst interessant finden wir die Tatsache, daß nunmehr das Ausbildungsbeihilfengesetz, also das sogenannte Pennälergehalt, zum 30. Juni 1967 restlos gestrichen wird. Das war unser Vorschlag schon bei den Koalitionsverhandlungen im November vergangenen Jahres. Teile der CDU haben uns daraufhin vorgeworfen, wir seien familienfeindlich und auf dem Wege der Sozialdemontage. Nun, inzwischen hat auch die CDU erkannt, daß mit diesem Gesetz nicht das erreicht wird, was man bei einer vernünftigen Ausbildungsförderung erreichen könnte, und mit dem Beschluß der Streichung wird nunmehr die Möglichkeit geschaffen, die verschiedenen im Bundeshaushalt verstreuten Maßnahmen der Ausbildungsförderung in einer gemeinsamen Aktion mit den Ländern zu einem sinnvollen Gesetz zusammenzufassen, bei dem sicherlich höhere Erfolge mit geringerem Finanzaufwand erreicht werden können. Die FDP wird an einem solchen Gesetz tatkräftig und positiv mitarbeiten. Eigenartig ist allerdings, daß die Regierung erst jetzt die notwendigen Erkenntnisse in dieser Frage gewonnen hat. Noch bei der Debatte über das Finanzplanungsgesetz sind hier vom Plenum die Mittel für das Pennälergehalt um 55 Millionen DM erhöht worden. Wahrlich, ein eigenartiger Zickzack-Kurs, der hier gesteuert wurde. Die FDP hat gerade wegen dieser Tatsache — der Erhöhung des Pennälergehalts — das Finanzplanungsgesetz im vorigen Jahr abgelehnt. Wir hätten bei einer sofortigen Streichung i) 85 Millionen DM mehr erspart, die der Herr Bundesfinanzminister heute an anderer Stelle des Haushalts hätte gebrauchen können.
    Ich möchte hier nicht im einzelnen die Regierungsliste durchgehen, da heute ja keine Etatdebatte stattfindet, sondern eine politische Aussprache veranstaltet wird. Lassen Sie mich daher nur kurz einige Bemerkungen zu den wesentlichen übrigen Teilen der Ausgleichsvorschläge machen.
    Der Abbau der Steuervergünstigungen, der sich in der Verkürzung der Zahlungsfristen für Verbrauchsteuern und Zölle abspielt, erbringt dem Bund eine beträchtliche Mehreinnahme: 790 Millionen in diesem Jahr und 300 im nächsten Jahr. Aber es ist notwendig, darauf hinzuweisen, daß dies nur ein einmaliger Erfolg sein wird; denn mit dem Vorziehen der Zahlungsfristen wird nunmehr der frühest mögliche Steuertermin erreicht. Diese Methode ist also nicht wiederholbar. Für die Wirtschaft wirkt sich diese Maßnahme kontraktiv aus; denn die Mittel stehen bei den einzelnen Betrieben bestimmt nicht frei verfügbar in den Kassen, sondern werden in fast allen Fällen durch Erhöhung der Bankkredite beschafft werden müssen. Es ist also diese Abkürzung der Zahlungsfristen, der wir zustimmen, keine Wunderwaffe, sondern eine Maßnahme mit Vor- und Nachteilen, die man deutlich sehen muß, wenn man keine Überraschungen erleben will.
    Auch die Erhöhung des außerordentlichen Haushalts bringt eine zusätzliche Belastung des Kapitalmarkts, von dem in diesem Jahr allerhand erwartet wird. Auch hier sollte man die Grenzen und Realitäten sehen und nicht annehmen, daß nunmehr das Nachdenken über den Haushaltsausgleich zu Ende sei.
    Es gibt aber bei den Streichungen einige Grundsatzfragen, die nicht durch schlichtes Schweigen umgangen werden können. Es ist besser, kritische Probleme sofort und in aller Sachlichkeit und Nüchternheit hier zu behandeln, als in polemischer Form darüber zu diskutieren. Eigenes Schweigen aber veranlaßt andere, nicht im Parlament vertretene Gruppen, sich der Polemik zu bedienen. Die psychologischen Schäden, die angerichtet werden, wiegen dann schwer. Es sagt sich leicht und klingt auch ganz vernünftig: Alle Bereiche sollen durch die Kürzungen betroffen werden. Wobei man davon auszugehen scheint, daß allein schon mit dem Vorschlag, bei allen zu kürzen, ein System der Gerechtigkeit geschaffen wäre. Dabei stimmt es auch gar nicht. Zum Beispiel bleiben die Mittel von Wissenschaft und Forschung ungekürzt, und das ist gut so; denn in jedem Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge wird es immer eine gewisse Ungleichmäßigkeit der Entwicklung geben, die man bei seinen Entscheidungen berücksichtigen muß.
    Nun ist in der Vergangenheit durch manches harte Auftreten von Interessenvertretern und allzu leichtes Nachgeben aller Parteien gegenüber Forderungen eine Stimmung geschaffen worden, bei der sich jeder, der sich heute gegen Streichungen wehrt, in einer ungünstigen Lage sieht. Vergreift er sich aber gar in der Wahl seiner Argumente und Worte, dann richtet sich der allgemeine Zorn gegen ihn. So einfach dürfen wir es uns hier nicht machen. Dieses Haus hat die Pflicht, alle Argumente abzuwägen und ohne Zorn und Vorurteil zu entscheiden. In dreierlei Bereichen muß besonders nach der Vernunft und den Auswirkungen beabsichtigter Streichungen gefragt werden: erstens bei der Landwirtschaft, zweitens bei der Besoldung des öffentlichen Dienstes und drittens bei der Berlin-Hilfe.
    Die deutsche Landwirtschaft befindet sich in kritischer Situation. Der Umstellungs- und Modernisierungsprozeß ist noch nicht gemeistert. Die Harmonisierungen der EWG, insbesondere die Getreidepreissenkung, wirken sich gegen den deutschen Landwirt aus. Die Zusagen, die Bundeskanzler Erhard im Dezember 1964 der deutschen Landwirtschaft gegeben hat, sind stückweise 1965 durch das Haushaltssicherungsgesetz, 1966 durch das Finanzplanungsgesetz abgebaut worden und werden nunmehr durch die vorgeschlagene Kürzung des Grünen Planes und sonstiger Maßnahmen erneut verringert. Dieses Vorhaben der Regierung muß genauestens in seinen vielfältigen Auswirkungen überprüft werden. Die FDP wird sich im Verlaufe der Aussprache heute und in der nächsten Woche noch eingehend zu diesem Problem äußern. Wir werden den Antrag stellen, einzelne beim Einzelplan. 10 gestrichene Vorhaben, die zur Verbesserung der Infrastruktur dienen, z. B. Investitionshilfen, Wegebau und Küstenschutz, in den Eventualhaushalt einzubauen. Bei den anderen Dingen



    Dr. Emde
    wird man die Beratungen im einzelnen abwarten müssen.
    Die Verschiebung der Besoldungserhöhung für Beamte muß ebenso sorgfältig diskutiert werden.

    (Zuruf von der Mitte.)

    Auf dem öffentlichen Dienst wird von der Bevölkerung oft Ärger gegenüber dem Staat und manchen Fehlhandlungen des Staates abgeladen. Besoldungswünsche der Beamten sind von vornherein unpopulär, besonders unpopulär jedoch in einer Phase wirtschaftlicher Entwicklung, in der mancher Arbeiter und Angestellte seinen Arbeitsplatz verliert und voller Neid auf den abgesicherten Beamten blickt. Für uns aber sollte es weder Vorurteil noch Ungerechtigkeit geben. Wir werden das Verhältnis des deutschen Beamten zum Staat immer neu den sich wandelnden Verhältnissen anpassen müssen. Dazu gehört aber auch untrennbar eine gerechte Besoldung. Wenn im Zuge der so viel zitierten „konzertierten Aktion" der Lohnanstieg dem Wirtschaftswachstum angepaßt werden soll, dann heißt das doch, daß auch in diesem Jahr ein Lohnanstieg in der Wirtschaft erwartet wird. Ein Aufschieben der ursprünglich vorgesehenen Besoldungserhöhung für Beamte wird also auf der einen Seite den Bundeshaushalt 1967 entlasten, aber ohne Zweifel den von dem Sachverständigengremium festgestellten Besoldungsrückstand gegenüber der Wirtschaft erneut vergrößern. Wir müssen also damit rechnen, 1968 das nachzuholen, was heute zu unterlassen uns vorgeschlagen wird. Der Herr Bundesinnenminister hat nach Pressemitteilungen dem Deutschen Beamtenbund ja auch zugesagt, die strukturelle Neuordnung des Besoldungsrechts bis 1969 abzuschließen, und er hat mit dem Deutschen Beamtenbund übereingestimmt, daß noch andere Schritte notwendig seien, um den bestehenden Nachholbedarf in der Beamtenbesoldung aufzuholen. Hoffentlich werden diese Versprechungen gehalten. Wir gehen davon aus, daß der Herr Bundesinnenminister sich bei dem Herrn Bundesfinanzminister vorher die Zustimmung eingeholt hat, ehe er dem Deutschen Beamtenbund diese Zusagen machte. Wir hoffen, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Ausgaben in seinen mittelfristigen Finanzplan einbaut. Denn eines ist unbestritten: die Besoldung der Bediensteten der öffentlichen Hand, also der Beamten, Angestellten und Arbeiter, ist eine Pflichtaufgabe des Staates, und die hierfür erforderlichen und vorgesehenen Mittel sind keine stillen Reserven, aus denen ein etwa anfallender Haushaltsfehlbedarf abgedeckt werden kann.
    Die Kürzung der Berlin-Hilfe auf den Ansatz des vergangenen Jahres und das Angebot, Bundesbürgschaften an Stelle der gestrichenen 120 Millionen DM zu geben, sind ein gewagtes Unterfangen. Ich bezweifle, daß es sinnvoll ist, heute durch eine derartige Operation schrumpfende Wirkungen auf Investitionen in Berlin auszuüben. Auch die taktische Situation hier im Hause verblüfft mich ein wenig; denn in der Vergangenheit haben immer die Sozialdemokraten mit uns Freien Demokraten tatkräftig zusammengewirkt, um die Haushaltsansätze für Berlin den Bedürfnissen entsprechend zu steigern. Und daß der übliche Ansatz, der hier ausgebracht war, absolut im Rahmen der Notwendigkeiten liegt, heute aber eher mehr als weniger getan werden sollte, das ist doch konjunkturpolitisch unbestritten. Sollte sich jetzt etwa Zuge der konzertierten Aktion der Großen Koalition ein Gesinnungswandel im Grundsatz ergeben haben? Wir hoffen: nein, und wir werden bei den Beratungen Deckungsvorschläge an anderer Stelle machen, um diese Position in der ursprünglich vorgesehenen Höhe zu dotieren. Notfalls müßte diese Position auch in den Eventualhaushalt übernommen werden; denn Grundtendenz dieses Haushalts muß es sein, alles zu tun, um sinnvolle Investitionen der Wirtschaft und des Staates zu fördern.
    Ohne deutliche und wirksame Maßnahmen des Bundes wird es nicht gelingen, die gebremste Konjunktur in die gewünschte Entwicklung zu bringen. Die eigene Kraft der Wirtschaft reicht nicht aus oder würde zu lange Zeit in Anspruch nehmen. Es muß sofort als belebendes Element ein Auftragsstoß die Wirtschaft beschleunigen, und dazu bietet der Eventualhaushalt die gegebenen Möglichkeiten.
    Die FDP bejaht verstärkte Investitionen in der von der Regierung vorgesehenen Weise. Wir erwarten, daß möglichst rasch die Entscheidungen über die zu fördernden Projekte gefällt und daß in der ersten Phase insbesondere solche Vorhaben ausgewählt werden, die eine Kettenreaktion von Auftragsvergabe, Beschäftigung und Steuereingang zur Folge haben. Herr Bundeswirtschaftsminister, wir würden es begrüßen, wenn auch das Ressort des Landwirtschaftsministers an der Arbeitsgruppe für den Eventualhaushalt beteiligt würde, so wie Sie es in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk am 20. Januar mitgeteilt haben. Denn in einem dpa-Gespräch mit Herrn Ministerialdirektor Korff über diese Arbeitsgruppe einige Tage später ist die Landwirtschaft nicht erwähnt. Vielleicht ist es Ihnen möglich, im Verlauf der Aussprache bereits heute eine uns beruhigende Erklärung in dieser Frage abzugeben.
    Die Methode des Eventualhaushalts ist in ihren Grundzügen bereits in dem Teil des Stabilitätsgesetzes behandelt, der sich mit der Frage der Mobilisierung von Reserven zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Rezession befaßt. Die SPD hatte am 10. November vergangenen Jahres aus diesen Überlegungen das Instrument des Eventualhaushalts entwickelt und in die Haushaltsdebatte eingeführt. Wir als FDP haben diesen Vorschlag damals als beachtenswert bezeichnet und in den Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokraten und Freien Demokraten volle Übereinstimmung in dieser Frage erzielt. Ich möchte dies hier nur noch einmal in der Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit feststellen, um klarzumachen, in welch weitgehender Weise wir beiden Verhandlungspartner uns schon im November über Form und Methode dieses Stücks wirtschaftspolitischer Maßnahmen einig waren.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nun, meine Herren Kollegen, es gibt ja immer
    Verhandlungsführer, und in dieser Passage der



    Dr. Emde
    Verhandlungen war ich unser Verhandlungsführer, so daß also die Position der Freien Demokratischen Partei absolut eindeutig war.
    Die Methode der Finanzierung ist der heutigen Entwicklung am Geldmarkt angepaßt. Die Mitarbeit der Bundesbank ist von der Regierung durch den Ausgleich des Bundeshaushalts mit klassischen Mitteln erreicht worden. Insofern sollten wir alle der Bundesbank dankbar sein für ihr kühles Durchhalten ihres in der Vergangenheit gesteuerten Kurses und ihre jetzige Beteiligung an der notwendigen Politik der Belebung. Das Freisetzen von Mindestreserven, die über den Bankenapparat über Schuldverschreibungen des Bundes für den Bundeshaushalt mobilisiert werden, liegt im allseitigen Interesse und garantiert die Aufbringung der notwendigen Mittel, ohne gegen die Grundlagen einer sauberen Währungspolitik zu verstoßen.
    Besonders wirkungsvoll aber kann dieser Eventualhaushalt werden, wenn die beabsichtigten Erhöhungen der Abschreibungen rasche Auswirkungen hätten. Natürlich treten dadurch für Bund, Länder und Gemeinden Steuerausfälle ein, die roh geschätzt 1967 beim Bund 150, bei Ländern und Gemeinden 430 Millionen ausmachen und 1968 den Bund mit 110, Länder und Gemeinden mit 290 Millionen Mark belasten. Aber diese Maßnahmen und dieser Steuerausfall sind mit Voraussetzung für die Überwindung der heutigen Lethargie bei unseren Investitionen. Diese Maßnahmen nicht zu ergreifen hieße, unter Umständen noch größere Steuer- ausfälle in Kauf nehmen zu müssen. Für die FDP habe ich am 10. November 1966 zu diesem Problem erklärt: „In einer solchen Konjunktursituation ist der normale Weg, an Steuersenkungen zu denken, daran zu denken, Mittel am Kapitalmarkt zu besorgen, und dann von zwei Seiten her auf die Belebung der Wirtschaft einzuwirken." Wir freuen uns, daß unsere damalige Analyse richtig war, und bejahen den Eventualhaushalt sowie die Erhöhung der Abschreibungssätze im Grundsatz.
    Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Wir warnen aber vor der Illusion, daß mit diesen Vorschlägen die Probleme gelöst seien.

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: So schnell geht es nicht!)

    Jeder Einsichtige muß sich darüber im klaren sein, daß hier nur ein Schritt getan ist, dem viele weitere Schritte folgen müssen. Das haben wir schon im vergangenen Jahr erklärt. Auch unsere damals vorgetragenen, in sich abgewogenen Vorschläge sind von uns nur als der Anfang einer langen Reihe von Entscheidungen angesehen worden, einer langen Reihe von Entscheidungen mit erheblichen Veränderungen mancher Vorstellungen über die deutsche Innen- und Außenpolitik.
    Durch die hier vorgeschlagenen Maßnahmen der Regierung wird ohne Zweifel eine Belastung kommender Haushaltsjahre eintreten. Erstens: Das Vorziehen der Einnahmen durch die Abkürzung der Zahlungsfristen für Verbrauchsteuern und Zölle ist eine einmalige Maßnahme, die im nächsten Jahr nicht wiederholbar ist. Zweitens: Die Erhöhung der
    Abschreibungen führt zu Steuerausfällen in diesem und im nächsten Jahr. Drittens: Die verstärkte Inanspruchnahme des Kapitalmarktes im außerordentlichen Haushalt und die Inanspruchnahme des Geld-. marktes im Eventualhaushalt erhöht den Kapitaldienst, den der Bund künftig aufzubringen hat. Viertens: Die Tatsache, daß der Eventualhaushalt finanziert werden soll durch Schuldverschreibungen mit nur zweijähriger Laufzeit, führt entweder zur Notwendigkeit, die Beträge 1969 zurückzuzahlen, was zu einer schwerwiegenden Belastung des Haushaltsjahres 1969 führen würde, oder zu der Notwendigkeit, die kurzfristigen Papiere in Bundesanleihen umzuwandeln, was dann den Kapitalmarkt erheblich belasten würde.
    Ich sage das nicht, weil ich nun gegen diese Maßnahmen wäre. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß die FDP diesen Vorhaben zustimmt. Wir wollen aber warnen vor der Vorstellung, nun seien die Dinge geregelt, Sterntaler seien vom Himmel gefallen, und man könne erneut anfangen, neue Ausgaben zu produzieren.
    Ganz im Gegenteil, es wird noch manch harter Entscheidung bedürfen, um das zu konsolidieren, was heute an Maßnahmen empfohlen wird.

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Was Dahlgrün hinterlassen hat!)

    — Ich würde es nicht auf eine Person, sondern auf eine ganze Regierung beziehen, Herr Kollege, und ich würde es auch darauf beziehen, daß bis zum Jahre 1965 in diesem Hause praktisch niemand rechtzeitig gewarnt hat

    (Abg. Leicht: Na, na!)

    und rechtzeitig gesagt hat, wenn es darum ging, Geld auszugeben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ganz entscheidend aber möchten wir warnen vor folgender Vorstellung: Rasch steigende Steuereinnahmen würden einen Ausgleich 1968 ermöglichen, die Konsolidierung der empfohlenen Maßnahmen könnte über neue Verpflichtungen für spätere Jahre erfolgen. Eine solche Einstellung birgt die Gefahr in sich, daß man sehr leicht zu einer Politik des leichten Geldes kommt, und am Ende steht dann das Defizitspending mit allen negativen Auswirkungen auf die Stabilität der Währung. Der harte restriktive Kurs des letzten Jahres führt nur dann zu einer dauerhaften Gesundung, wenn am Ende dieser Übergangsphase eine Finanz- und Haushaltspolitik steht, die nur so viel jeweils ausgibt, wie der Staat tatsächlich einnimmt.
    Ganz besonders kritisch aber betrachten wir einen Vorschlag der Regierungsmaßnahmen, der ebenfalls die Lasten der Zukunft vermehrt: nämlich den Vorschlag, die Bindungsermächtigungen für die Entwicklungshilfe um 400 Millionen auf 1,2 Milliarden Mark zu erhöhen. Das, was wir heute an Bindungsermächtigungen genehmigen, muß in der Zukunft abgedeckt werden. Bindungsermächtigungen sind unwiderrufliche Belastungen eines kommenden Haushaltsjahres. Der Haushaltsausschuß bemüht sich darum seit Jahren, gerade im Sektor Entwicklungshilfe die



    Dr. Emde
    Bindungsermächtigungen nicht weiter ansteigen zu lassen, um den Berg alter Verpflichtungen rascher abtragen zu können. Der Herr Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist natürlich durch die relativ geringe Höhe der Bindungsermächtigungen in seinem Bewegungsspielraum äußerst beengt. Aber diese Entscheidung geschah im Haushaltsausschuß in Übereinstimmung mit der Mehrheit, um von dem alten Verpflichtungsberg einen Teil abzutragen.
    Wenn nun eine Erhöhung der Bindungsermächtigungen erwartet wird, um damit unter Umständen gewisse politische und diplomatische Vorgänge zu beschleunigen, so müssen wir von der FDP ganz entschieden widersprechen. Ich will die Dinge hier offen aussprechen: wir sind nicht der Meinung, daß die Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen solchen Staaten, die die Beziehungen zu uns abgebrochen haben, und der Bundesrepublik dadurch gefördert werden sollte, daß Zusagen über Mittel der Entwicklungshilfe mit diplomatischen Fühlungnahmen gekoppelt werden. Eine solche Methode würde uns ständigem politischem Druck aussetzen. Es sind in der Vergangenheit Länder treu in ihren Beziehungen zur Bundesrepublik gestanden. Wie würden es diese Länder bewerten, wenn andere, die mit uns gebrochen haben, die Wiederaufnahme der Beziehungen durch besondere Leistungen der Entwicklungshilfe vergütet bekämen? Dort, wo die üblichen Mittel der Politik und Diplomatie versagen, sollte nicht versucht werden, durch Geld — gleichgültig, in welcher Form es gegeben wird — politische Entscheidungen der anderen Seite zu beeinflussen. Das führt auf die Dauer zu nichts Gutem, setzt uns nur wenig sympathischen Verhandlungspraktiken anderer Partner aus und schwächt auf die Dauer die deutsche Position.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir haben gerade in der neuesten Zeit genügend Erfahrungen in derartigen Unternehmungen der deutschen Politik sammeln können.
    Das Gesagte macht deutlich, daß die Probleme des Jahres 1967, also eines Jahres des Übergangs in der Konjunkturbewegung, gelöst werden können, die entscheidenden Fragen der Zukunft aber noch ihrer Bewältigung harren. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß wir auf die Dauer zu einem Ausgleich unserer Haushalte kommen, wenn die Lasten der Verteidigungsausgaben in dem Ausmaß der letzten Jahre weiter wachsen. Die stille Reserve im Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums wird mit wachsendem Gewicht der fixen Kosten von Jahr zu Jahr kleiner. In den letzten Jahren sind immer wieder Überschüsse des Verteidigungshaushalts zum allgemeinen Haushaltsausgleich verwandt worden. Aber diese Überschüsse sanken langsam ab, und heute ist der Verteidigungshaushalt des Jahres 1967 vorbelastet durch nicht ausgeführte Zahlungen des vergangenen Jahres. Natürlich gibt es im Verteidigungshaushalt sicherlich eine hohe Quote von Rationalisierungsmöglichkeiten. Ob und in welchem Umfang diese Rationalisierungsmöglichkeiten ausgenutzt werden können, liegt mit in der Hand des jeweiligen Verteidigungsministers. Wir wünschen
    Herrn Dr. Schröder viel Glück und Erfolg bei der notwendigen Durchkämmung und Rationalisierung seines Arbeitsbereichs. Aber irgendwann werden auch diese Rationalisierungsmöglichkeiten erschöpft sein und die dort zu gewinnenden Finanzmittel nicht mehr dazu ausreichen, die steigenden fixen Kosten auszugleichen, insbesondere wenn man davon ausgeht, daß wir in absehbarer Zeit aus dem Beschaffungstal herauskommen und neue größere Mittel für den Ersatz auslaufender Waffensysteme angefordert werden.
    Es ergibt sich daraus die Frage, ob das bestehende Wehrsystem und die bestehende Verteidigungskonzeption auch in der Zukunft die geeignete Grundlage sind, um die Bundeswehr zu dem notwendigen Instrument der deutschen Sicherheit zu machen. Man muß diese Frage des Wehrsystems und der Verteidigungskonzeption jetzt in den Jahren, ehe neue Waffensysteme beschafft werden, in aller Sachlichkeit diskutieren. Nachdem inzwischen die Sozialdemokraten Regierungspartner geworden sind und die Bereitschaft der Freien Demokratischen Partei zum Aufbau der Bundeswehr von der ersten Stunde an bestand, wird man hoffentlich hier in diesem Hause und auch draußen in der Öffentlichkeit die Fragen des Wehrsystems und der Verteidigungskonzeption diskutieren können, ohne daß Vorwürfe erhoben werden, man wolle die deutsche Sicherheit gefährden und unser Land einer Aggression aussetzen.
    Dabei muß sowohl bei dem Wehrsystem als auch bei der Verteidigungskonzeption die Wirtschafts- und Finanzkraft unseres Staates mit ein entscheidender Faktor sein. Nur wer das wirtschaftliche Fundament unseres Staatslebens richtig einschätzt und die Grenzen der Belastbarkeit der Bevölkerung richtig würdigt, ist in der Lage, den Rahmen zu setzen, in dem Verteidigungsausgaben geleistet werden können. Nichts ist gefährlicher als ein Überschreiten dieser Grenzen. Die Erfahrungen, die wir mit der Überschreitung dieser Grenzen in den letzten 18 Monaten gemacht haben durch die Zusage an die Vereinigten Staaten im Rahmen des Devisenausgleichsabkommens, sollten eine Mahnung für jeden heute in diesem Hause Tätigen sein und sollten mit in den Erfahrungsschatz der politischen Geschichte unseres Landes eingehen. Es ist unbestritten, daß das erwähnte Devisenausgleichsabkommen mit den Vereinigten Staaten einen verhängnisvollen Einfluß auf das Geschick der Regierung Erhard hatte. Ich glaube, annehmen zu können, daß heute mancher, der an den Entscheidungen in der Adventswoche 1965 beteiligt war, anders handeln würde, wenn ihm das Schicksal die Chance gäbe, die Zeit noch einmal um 13 Monate zurückzudrehen.
    Für jetzt und für die Zukunft kann es keine Verpflichtungen ähnlicher Art mehr geben. Das ist eine Erkenntnis, die sich aus der Haushaltssituation, aus dem Zustand unseres Verteidigungshaushalts und aus der Tatsache ergibt, daß zur Zeit beim besten Willen keine neuen Beschaffungsprogramme für die Bundeswehr erfunden werden können. Je eher es uns gelingt, unseren Verbündeten diesen Tatbestand deutlich zu machen, um so eher wird auch das ge-



    Dr. Emde
    genseitige Verhältnis in der NATO verbessert werden.
    In der Vergangenheit ist mehrfach — zumindest unterschwellig — eine Verbindung zwischen deutschen Zahlungen an die USA und Großbritannien und der Stationierung amerikanischer und englischer Truppen in Deutschland geschaffen worden. Die FDP hat sich immer gegen dieses Junktim gewandt, und wir von der FDP haben vom ersten Bekanntwerden des letzten Devisenausgleichsabkommens an eine Veränderung gefordert, ein neues Abkommen in alter Form auch bei Halbierung der Beträge abgelehnt, selbst unter der Erklärung, daß dann Teile der in Deutschland stationierten amerikanischen und englischen Verbände abgezogen werden müssen. Die FDP geht davon aus, daß die Bindungen innerhalb der NATO und die Stationierung verbündeter Einheiten in Deutschland aufgebaut ist auf gemeinsamen politischen und militärischen Interessen, die so bedeutsam sind, daß die Zahlung von Stationierungskosten und die Beschaffung von Rüstungsmaterial eine völlig nebensächliche Rolle spielen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir begrüßen es, daß der Herr Bundesfinanzminister gestern im Haushaltsausschuß einen ähnlichen Standpunkt vorgetragen hat. Ich bin sicher, jeder hier in diesem Haus und in der deutschen Öffentlichkeit glaubt mir gerne, daß das, was der Herr Bundesfinanzminister im. Haushaltsausschuß sagte und ich hier im Plenum sage, nicht vorher aufeinander abgestimmt worden ist. Aber vielleicht, Herr Bundesfinanzminister, kommen in Zukunft Monate, in denen Sie auch unsere Unterstützung in dieser Frage gerne annehmen.
    Im übrigen gehen wir davon aus, daß die politische Entkrampfung gegenüber dem Osten über kurz oder lang einen zusätzlichen Grund bietet, Wehrsystem, Verteidigungskonzeption, Beschaffung neuer Waffenprogramme und Stationierung ausländischer Truppen in beiden Teilen Deutschlands neu zu überdenken. Entspannung auf dem diplomatischen Feld sollte zur Entspannung zwischen den Militärblöcken führen. Es könnte damit eine Wechselwirkung ausgelöst werden, die gerade wir Deutschen benötigen, um das nationale Ziel unserer Wiedervereinigung zu erreichen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Herr Bundeskanzler, die Freie Demokratische Partei hatte in der Debatte zu Ihrer Regierungserklärung im Dezember gesagt, sie wolle eine sachliche und konstruktive Opposition betreiben, d. h. überall mitarbeiten, ja sagen, wenn wir den Maßnahmen zustimmen können, nein sagen nur dann, wenn wir Maßnahmen für falsch halten, Kritik üben, nicht um Gegensätze aufzureißen, sondern um Alternativen zu schaffen und Fehlhandlungen zu vermeiden. Nach diesen Vorstellungen einer Oppositionspartei haben wir die Vorschläge der Regierung zur Finanz-und Wirtschaftspolitik überprüft und heute hier grundsätzlich Stellung genommen. Wir haben ja gesagt, wo wir mit Ihnen einer Meinung sind. Wir haben Kritik angemeldet, wo wir Ihre Vorschläge für verbesserungsbedürftig halten oder wo wir sie für falsch halten. Wir haben gewarnt, wo wir Gefahren für die Zukunft sehen. Wir glauben, damit, Herr Bundeskanzler, einen fairen Beitrag zur Bewältigung der Probleme unserer Zeit geleistet zu haben.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Leicht.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Albert Leicht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers am vergangenen Freitag legte die Vorstellungen der Bundesregierungen klar. Sie legte auch klar, was Herr Kollege Emde zum Schluß seiner Ausführungen angesprochen hat, daß nämlich diese Maßnahme der Kürzungen zum Ausgleich des Haushalts 1967 und die Maßnahmen, die ja schon sehr lange vorher getroffen worden sind, noch nicht dazu ausreichen, die finanzielle Ordnung wieder so zu festigen, daß Wirtschaft und Währung wirklich stabil genannt werden können. Der Herr Bundeskanzler hat ganz klargestellt, was noch in diesem Jahr — wohl schon in den nächsten Monaten — sowohl auf uns, das Parlament, das dann beschließen muß, als auch auf unsere Mitbürger draußen in allen Bereichen der Bundesrepublik noch zukommen wird.
    Gleichzeitig machte der Herr Bundeskanzler deutlich — und in der Folge unterstützte ihn der Herr Bundesfinanzminister —, daß diese weiteren harten Maßnahmen einfach um der finanziellen Ordnung der Bundesrepublik willen notwendig sind. Damit ist die Regierung den Grundlinien — und das muß, glaube ich, auch einmal festgestellt werden —, die wir, die CDU/CSU-Fraktion, bereits bei der Vorlage des Haushalts 1966 entwickelt haben, gefolgt.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

    Schon damals, aber auch in den folgenden Debatten hier im Bundestag, haben die Sprecher meiner Fraktion immer und immer wieder die Auffassung dargetan, daß eine dauerhafte Stabilisierung von Währung und Wirtschaft nur durch einen dauerhaften Haushaltsausgleich erreicht werden könne. Trotz aller Gegenmaßnahmen hat sich die finanzwirtschaftliche Lage des Bundes in den letzten Monaten immer mehr zugespitzt. Dabei können meine Freunde und ich für sich in Anspruch nehmen, daß sie die auf die verschiedensten Ursachen zurückgehende Überforderung der Bundesfinanzen rechtzeitig erkannt haben. Die Leistungsmöglichkeiten unserer Wirtschaft wurden einfach überschritten, weil die Ansprüche der Bürger auf der einen Seite — für den privaten und für den Sozialkonsum — laufend übermäßig gesteigert wurden und weil andererseits wir hier in diesem Hause uns gegen die wegen der finanzwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geäußerten Bedenken taub gestellt haben.
    Natürlich hat es wenig Sinn, heute noch Schuldige zu suchen. Aber es muß doch klargestellt werden, daß keine Seite dieses Hauses eine Legitimation zur Anklage hat. Wir sitzen alle in einem wirklich brüchigen Glaskasten. Unsere Aufgabe wird



    Leicht
    es in der Zukunft sein, mit der Regierung die richtigen Maßstäbe zu setzen.
    Mit dem Haushaltssicherungsgesetz zu Beginn des Jahres 1966 ist in der Bundesrepublik erstmalig ein neuer Weg zur Sanierung der Bundesfinanzen beschritten worden. Eine Reihe von gerade erlassenen Gesetzen wurde ausgesetzt oder in ihrer finanziellen Wirkung abgeschwächt. Mit diesen Maßnahmen, denen unser jetziger Koalitionspartner noch ablehnend gegenüberstand, wurde ein nach damaliger Sicht echter Ausgleich des Bundeshaushalts 1966 erreicht. Es gelang sogar, durch einen Nachtrag Raum für Mehrausgaben von rund 1 Milliarde DM zu schaffen und auf dem Kreditwege eine Sonderzahlung an die Vereinigten Staaten über 1 Milliarde DM sicherzustellen. Wenn der Bundeshaushalt 1966 gleichwohl mit einem kassenmäßigen Defizit von rund 1 Milliarde DM abschließt, so ist das allein darauf zurückzuführen, daß die Steuereinnahmen mit Schwerpunkt im letzten Vierteljahr 1966 mit rund 1,7 Milliarden DM hinter den Schätzungen zurückblieben. Die hierin zum Ausdruck kommende Rückläufigkeit der Wirtschaftsentwicklung war in ihrem Ausmaß weder vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung noch von den wirtschaftswissenschaftlichen Instituten erkannt worden. Sie schätzten, wie wir alle wissen, Ende Oktober 1966 den Steuerausfall noch wesentlich niedriger.
    Der mit dem Haushaltssicherungsgesetz beschrittene Weg wurde in der Folge von der Regierung Erhard weiter fortgeführt. Zur Ermöglichung des Haushaltsausgleichs 1967 wurde der Entwurf eines Finanzplanungsgesetzes und eines Steueränderungsgesetzes eingebracht. Wir sind den Weg konsequent weitergegangen, selbst dann, als wir, die CDU/CSU, die Verantwortung in einer Minderheitenregierung allein tragen mußten. Ein Ergänzungshaushalt wurde vorgelegt, der unabweisbare Ausgaben vorsah und die ursprünglichen Einnahmeschätzungen nach unten, und zwar in Milliardenhöhe, korrigierte. So wurde innerhalb von etwa einem Jahr durch diese Maßnahmen ein Volumen von rund 10 Milliarden DM an -Ausgaben gekürzt und Einnahmen verbessert, und unbestritten sind damit wesentliche Voraussetzungen für die weitere Gesundung der Bundesfinanzen geschaffen worden.
    Die Richtigkeit dieses von uns befolgten Weges hat sich nunmehr bestätigt. Finanzplanungsgesetz und Steueränderungsgesetz sind inzwischen mit den Stimmen unseres sozialdemokratischen Koalitionspartners, wenn auch mit einigen Modifikationen, verabschiedet worden. Damit haben auch die Sozialdemokraten durch ihre Mitarbeit an den Deckungsvorschlägen anerkannt, daß ein solider Ausgleich nur durch schmerzhafte Abstriche möglich ist. Leider — das bedauere ich besonders — haben die Freien Demokraten — und jetzt darf ich vielleicht auch auf das eine oder andere zu sprechen kommen, das Sie, Herr Kollege Dr. Emde, vorhin vortrugen — insoweit ihre Mitwirkung versagt, obwohl sich doch die Voraussetzungen für diese Entwicklung bereits in der Zeit der Regierung Erhard abzeichneten! Mindestens zwei ausgabenverursachende Gesetze, nämlich die Neuordnung der Kriegsopferversorgung und die Rentenanpassung, wurden damals mit der Mitwirkung der FDP-Fraktion, mit den ihr angehörenden Ministern, insbesondere dem damaligen Finanzminister, konzipiert. Ich muß es daher, auch wenn Sie dagegen immer wieder protestieren, meine Damen und Herren von den Freien Demokraten, als bedauerlich und befremdend feststellen, daß die FDP in der Opposition nicht bereit war, den auch von ihr früher eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Ich will Ihnen jetzt gar nicht sagen, daß Sie nicht bereit waren, dem Finanzplanungsgesetz zuzustimmen. Sie haben ja nicht zugestimmt. Aber als Begründung — Sie haben diese Begründung ja gefunden — geben Sie an, daß Sie sich wegen der Ausbildungszulage so verhalten hätten.

    (Zuruf von der FDP: Ist das denn nichts?)

    Sie haben aber auch dem Steueränderungsgesetz nicht zugestimmt, das immerhin schon für dieses Jahr 1967 und erst recht auch für 1968 hohe Milliardenbeträge bringt. Und wo blieben Ihre Vorschläge, wenn diese Maßnahmen von uns nicht ergriffen worden wären?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Für die gegenwärtige Situation ist bezeichnend, daß sich die Wirtschaftslage und als ihre Folge die Finanzlage innerhalb weniger Wochen wiederum entscheidend verändert haben. Anzuerkennen ist, daß Sie, Herr Bundeskanzler, und Sie, Herr Bundesfinanzminister, sich sofort entschlossen gezeigt haben, die unvermeidlichen Folgerungen zu ziehen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, daß die Bundesregierung ihre Bemühungen nicht darauf beschränkt hat, die Ausgaben den sinkenden Einnahmen anzupassen und dabei die Gefahr einer deflatorischen Entwicklung in Kauf zu nehmen, sondern mit sofortigen Maßnahmen deutlich gemacht hat, daß sie beabsichtigt, den sich abschwächenden Kräften in der Wirtschaft entgegenzuwirken. Die im Kabinett durchgesetzten weiteren Kürzungen der Staatsausgaben und Einnahmeverbesserungen durch Beseitigung von Vergünstigungen in einer Größenordnung von 3,7 Milliarden DM sind sicherlich, Herr Bundeskanzler, ein großer Erfolg. Wir würdigen dabei den Mut, der bei den zum Teil tief in die Gewohnheiten unserer Bürger einschneidenden Maßnahmen erforderlich war. Unser Volk kann wieder Vertrauen haben, die Wirtschaft wieder atmen. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist erfüllt, um die Stabilität unserer Währung zu erhalten und das Wachstum der Wirtschaft anzuregen.
    Wir begrüßen die vom Herrn Bundeskanzler hier vorgetragenen Grundsätze und die durch den Bundesfinanzminister bekanntgegebenen Kürzungsvorschläge zum Ausgleich des Haushalts 1967. Selbstverständlich muß sich dieses Parlament und auch meine Fraktion vorbehalten, im einzelnen diese Vorschläge zu prüfen und, wenn wir es für notwendig und sachdienlich erachten, auch noch Änderungen vorzunehmen. Allerdings dürfen wir es uns nicht leisten — Herr Kollege Dr. Emde, das haben Sie nicht gesagt —, das Konzept der Bundesregierung zu verwässern oder gar zu durchkreuzen. Dieses



    Leicht
    Hohe Haus steht in dieser Frage vor einer weiteren ernsten Bewährungsprobe.
    Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Bemerkung zum Verteidigungshaushalt, den Sie, Herr Kollege Dr. Emde, ja auch erwähnt haben, zwischenschalten. Gerade in den letzten Tagen ist in der Presse, in einigen Erklärungen von manchen Kollegen aus diesem Haus, z. B. gestern auch im Pressedienst unseres Koalitionspartners, dazu so manches geschrieben und gesprochen worden, daß man hier noch Hunderte von Millionen, ja, Milliardenbeträge kürzen könne. Ich warne. Ich warne vor der Illusion, der Verteidigungshaushalt könne 1967 wesentlich mehr, als was die Bundesregierung schon vorgesehen hat — und es sind ja einige Hunderte von Millionen —, gekürzt bzw. in den nächsten Jahren um 1 bis 1,5 Milliarden DM bei gleicher Kampfkraft der Bundeswehr verringert werden. Dagegen spricht eine ganze Masse von Gründen, u. a. auch Gründe, die von der NATO her zu berücksichtigen sind — ich will sie gar nicht im einzelnen aufzählen —, aber auch Gründe, die einfach darin liegen, daß die Bundeswehr praktisch heute schon zu weit über 60 °/o fixe Kosten hat, daß nur noch rund 40 % für Infrastruktur und für die Beschaffung von Waffen und Gerät zur Verfügung stehen und daß auch die Organisation nur langfristig, also erst nach entsprechender Vorlaufzeit, geändert werden kann: Einberufungen laufen, Beschaffungen in Milliardengröße sind unter Vertrag, Bauaufträge sind natürlich längst erteilt, die Wirtschaft hat ihre Dispositionen dementsprechend getroffen. Das alles kann nicht kurzfristig umgeworfen werden, meine Damen und Herren. Kurzfristige Eingriffe würden zur Unausgewogenheit von Organisation und Struktur der Streitkräfte führen, und ihre Folgen für Kampfkraft, Menschenführung und Fürsorge wären nicht zu verantworten. Die vom Kabinett beschlossenen Haushaltskürzungen haben den Verteidigungsminister bereits veranlaßt, Umfang und Stärke der Streitkräfte im Jahre 1967 auf dem Stand von 1966 festzuhalten und im Bereich des zivilen Personals keine Einstellungen mehr zuzulassen.
    Der Verteidigungshaushalt hat auch — das sollte man dabei überlegen — hohe binnenwirtschaftliche Bedeutung. Vielleicht wird uns das gerade in diesem Augenblick besonders klar. Von den etwa 4 Milliarden DM für Rüstungsbeschaffung, die auch im Haushalt 1966 zur Verfügung standen, verblieben fast 2,5 Milliarden DM in der heimischen Industrie.

    (V o r s i tz : Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Auch das Infrastrukturprogramm mit dem Volumen von rund 2 Milliarden DM gibt in der augenblicklichen Wirtschaftslage erwünschte konjunkturelle Impulse, zumal die Bauten der Bundeswehr überwiegend in regional unterbeschäftigten Gebieten liegen.
    Es wäre sicherlich noch sehr vieles im einzelnen zu all dem zu sagen, insbesondere auch über das Devisenausgleichsabkommen, Herr Kollege Dr. Emde, das auch Sie mit zu verantworten haben.
    Auch wir teilen — das darf ich nur nebenbei sagen — Ihre Meinung, die Sie vortrugen, daß man solche Abkommen in Zukunft einfach nicht mehr abschließen kann, weil wir dazu nicht mehr in der Lage sind. Ich teile auch manche Überlegungen, die Sie hier vorgetragen haben, soweit es die Außenpolitik betrifft, — nur manche. Aber wir müssen uns auch im klaren darüber sein, daß bei all unserer Aktivität auf dem Gebiet der Außenpolitik auch immer zu fragen ist — und Sie verstehen, was ich damit meine —: Was wird uns das am Ende kosten, und können wir es, kann es unsere Volkswirtschaft verkraften?
    Namens meiner Freunde begrüße ich die angekündigte Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in dem vor uns liegenden dreiviertel Jahr sowie die Ankündigung eines Investitionshaushalts mit einem Volumen von 2,5 Milharden DM, dem ein Sofortprogramm über 750 Millionen DM in Gestalt von zusätzlichen Investitionen der Deutschen Bundesbahn, der Deutschen Bundespost und im Straßenbau vorangeht. Hier geschieht etwas grundlegend Neues. Die Bundesregierung versucht erstmals, durch gezielte Haushaltsausgaben kurzfristig die abklingende Konjunktur anzuregen, die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft zu beleben. Diese Maßnahmen müssen in einem richtigen Zusammenhang gesehen werden, um den gelegentlichen Behauptungen entgegenzutreten, daß hiermit ein ungezügelte Kreditfinanzierung eingeleitet werde.
    Die Wirtschaftsentwicklung verlief nämlich im ersten Halbjahr 1966 durchaus normal mit einem leicht steigenden Trend und gab zunächst keinen Anlaß zu besonderen Besorgnissen. Nach der Sommerpause blieb dann der sonst übliche Herbstaufschwung aus, und es wurden nun Abschwächungen in einzelnen Wirtschaftszweigen, insbesondere in der Stahlindustrie, sichtbar. Diese Abschwächungen wurden jedoch gerade im letzten Teil des Jahres 1966 durch die günstige Entwicklung der Ausfuhr überdeckt, so daß kein Grund zu einer besonderen Beunruhigung bestand. Welches Ausmaß die Rückläufigkeit der Wirtschaftsentwicklung hatte, zeigte sich eigentlich erst in dem unerwartet starken Abfall der Steuereinnahmen in den Monaten November und Dezember und dann in den zunehmenden Arbeitslosenzahlen nach der Jahreswende.
    Noch liegt keine tiefschürfende Analyse über die Ursachen dieser Entwicklung vor. Sie muß als Tatsache einfach hingenommen werden und zwingt nach meiner Auffassung und der meiner Freunde dazu, ebenso kurzfristig wie energisch Gegenmaßnahmen zu treffen.
    Der vom Kabinett eingeschlagene Weg erscheint allerdings nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen vertretbar, dann nämlich, wenn die vorgeschlagenen Kürzungen und Einnahmeverbesserungen zu einem ausgeglichenen Kernhaushalt für 1967 führen. Deshalb fühlen wir uns verpflichtet — und wir werden das mit Nachdruck tun —, zu prüfen, ob die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Kürzungen auch tatsächlich zu Minderausgaben führen und nicht etwa gegen Ende des Rechnungsjahres zu überplan-



    Leicht
    mäßigen Ausgaben zwingen. Ich will nicht verhehlen, daß ich bei einigen der Kürzungsvorschläge nicht unerhebliche Zweifel in dieser Richtung hege.
    Unter die Streichungen sind auch manche Investitionsmaßnahmen gefallen, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft. Hier sollte der Bundesfinanzminister überlegen, ob dringend notwendige Investitionen auf dem landwirtschaftlichen Sektor nicht in den zusätzlichen Investitionshaushalt aufgenommen werden können. Ich denke dabei insbesondere an Infrastrukturmaßnahmen auf den Dörfern, im ländlichen Bereich und im landeskulturellen Bereich. Allerdings dürfen sich Regierung und Parlament nicht durch Druck von außen von ihrem Einsparungsprogramm insgesamt abbringen lassen. Wir müssen aber auch genau überlegen, wo Belebungstendenzen durch Investitionsaufträge des Bundes gefördert werden können und müssen. Außer der Investitionsgüterindustrie, dem Verkehrssektor einschließlich Bahn und Post gehören in diesen Bereich ganz sicher auch die deutsche Landwirtschaft und die Modernisierung des Dorfes.
    Für meine Fraktion besonders schmerzlich, Herr Kollege Dr. Emde, das bekenne ich hier, ist die völlige Streichung — die völlige Streichung — der Ausbildungszulage.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Beruhigend ist allerdings die vom Herrn Bundeskanzler getroffene Feststellung, daß damit keineswegs ein Signal für eine Veränderung unserer Familienpolitik gesetzt ist. Die angekündigte Reform des Familienlastenausgleichs im Rahmen einer mittelfristigen Finanzplanung läßt uns dabei hoffen.
    Wir legen besonderen Wert darauf, daß die auf dem Kreditweg zu finanzierenden zusätzlichen Investitionen gezielte Maßnahmen umfassen, die nicht nur allgemein die Wirtschaft beleben, sondern auch nachhaltig einen volkswirtschaftlichen Gegenwert repräsentieren.
    Meiner Auffassung nach kann es daher nicht in Frage kommen, daß nur globale Ermächtigungen für noch nicht konkretisierte Investitionen erteilt werden. Die zusätzlichen Ausgaben müssen für ganz bestimmte Vorhaben verwendet werden, mit deren Hilfe brachliegende Produktionskapazitäten ausgenutzt und werbende Anlagen geschaffen werden. Zu einer Kapazitätserweiterung sollte es dabei nicht kommen. Ich denke dabei in erster Linie an den Straßenbau und an Investitionen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost. Dabei gehen meine Freunde und ich davon aus, daß solchen Investitionen der Vorrang gegeben wird, die gleichzeitig zu einer Verbesserung der Ertragslage der beiden großen Sondervermögen des Bundes führen. Das würde dann auch die Möglichkeit eröffnen, die Zuschüsse an die Deutsche Bundesbahn in künftigen Jahren vielleicht zu senken und bei der Deutschen Bundespost steigende Überschüsse zu erzielen. Durch beide Maßnahmen könnte die Haushaltslage künftiger Jahre verbessert werden.
    Von den Investitionen in der Landwirtschaft habe ich schon gesprochen. Vernachlässigen sollten wir aber auch nicht die Sicherung der Kontinuität des Wohnungsbaues. Sowohl bei diesem als auch bei den Investitionen in der Landwirtschaft wird es entscheidend darauf ankommen, sie gezielt dort vorzunehmen, wo die Arbeitslosenziffer über dem Durchschnitt liegt. Damit würden zugleich die Wirkungen der Investitionskürzungen im ordentlichen Haushalt abgeschwächt oder sogar mehr als ausgeglichen werden.
    Formell müssen die zusätzlichen Investitionen durch eine Aufstockung des außerordentlichen Haushalts ausgewiesen werden. Noch heute von einem Eventualhaushalt zu sprechen, scheint uns irreführend zu sein, weil dieser Teil des Haushalts nur dann einen Sinn hat, wenn er umgehend verwirklicht wird. Diese Bezeichnung erweckt aber auch den falschen Eindruck, daß es sich um einen Haushalt unabhängig von dem normalen Bundeshaushalt handele. Ein solches Vorgehen würde den eindeutigen Bestimmungen des Grundgesetzes widersprechen, das in Artikel 110 die Vollständigkeit des Haushalts fordert.
    Ich möchte mich aber insbesondere deshalb für eine Überführung der Zusatzmaßnahmen in den Gesamthaushalt einsetzen, um von vornherein allen Befürchtungen, daß hier Maßnahmen am Parlament vorbei getroffen werden, entgegenzutreten. Den von der Regierung vorgesehenen Weg, Investitionen auf diese Weise vorzuziehen und zunächst auf dem Kreditwege ohne Rücksicht auf eine sofortige Konsolidierungsmöglichkeit zu finanzieren, kann meine Fraktion nur dann vertreten und einschlagen, wenn die angestrebte Wirtschaftsbelebung sofort oder doch jedenfalls noch im Laufe dieses Jahres eintritt. In dem zusätzlichen Investitionshaushalt — und darüber möchte ich keinen Zweifel aufkommen lassen — können daher nur solche Vorhaben Platz finden, die im Laufe dieses Jahres voll anlaufen und sich damit in wirtschaftliche Leistungen umsetzen. Langfristige Programme oder alte Ladenhüter, die seit Jahren in den Schubladen der Referenten geschlummert haben und jetzt ans Tageslicht geholt werden, gehören nicht in diesen Investitionshaushalt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch ohne eine besondere Abstimmung bin ich sicherlich mit allen Kollegen des Haushaltsausschusses darin einig, daß der Investitionshaushalt kein Abladeplatz für unerfüllte Ressortwünsche, die womöglich schon wiederholt abgelehnt wurden, werden darf.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In derartigen Bemühungen würde ich eine Durchkreuzung der Absicht der Bundesregierung erblikken, eine schnelle Wiederbelebung der wirtschaftlichen Tätigkeit zu erreichen.
    Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß die mittelfristigen Kredite, mit denen der zusätzliche Investitionshaushalt finanziert werden soll, eine Vorbelastung der kommenden Rechnungsjahre bedeuten und dazu führen werden, daß der Schuldendienst in Zukunft stark ansteigen wird. Wir sind bereit, das in Kauf zu nehmen, weil die dadurch hoffentlich zu erreichende verstärkte Wirtschafts-



    Leicht
    tätigkeit automatisch auch zu höheren Einnahmen führen wird. Meine Freunde und ich messen daher dem angekündigten Sofortprogramm über 750 Millionen DM, das der Verabschiedung des Bundeshaushalts vorausgehen soll, besondere Bedeutung zu. Wir sind auch bereit, ein Kreditfinanzierungsgesetz, das für den Bundesminister der Finanzen die Kreditbeschaffung von 2,5 Milliarden DM ermöglicht, unter der Voraussetzung zu unterstützen, daß die Weiterleitung dieser Mittel genügend konkretisiert ist. Es muß sichergestellt sein, daß die kreditnehmenden Stellen die Mittel nicht etwa zur Konsolidierung ihrer Finanzen, sondern ausschließlich zur Vergabe neuer Aufträge verwenden. Wenn dieses Ziel erreicht wird, werden wir es an unserer Hilfe nicht fehlen lassen.
    Alle Kreditoperationen müssen allerdings in dem von uns hoffentlich recht bald zu verabschiedenden außerordentlichen Haushalt 1967 verankert werden.
    Zusammenfassend darf ich wiederholen:
    Der Kernhaushalt 1967 muß erstens durch zusätzliche ordentliche Einnahmen sowie durch Kürzungen ausgeglichen werden. Meine Freunde und ich haben dabei die Absicht, auch die zusätzliche Kreditinanspruchnahme von 217 Millionen DM zur Deckung des Kernhaushaltes durch weitere Kürzungen zu beseitigen.
    Zweitens. Die Durchführung des Sofortprogramms von 750 Millionen DM, beschränkt auf Bundesbahn, Bundespost, Straßenbau und evtl. einige Maßnahmen aus dem landwirtschaftlichen Bereich, findet unsere Billigung, soweit damit die sofortige Vergabe zusätzlicher Aufträge verbunden ist.
    Drittens. Unsere Zustimmung zu einem Kreditfinanzierungsgesetz, das der Verabschiedung des Bundeshaushalts 1967 voraufgeht, findet unsere Zustimmung unter der Voraussetzung, daß die kreditweise Weitergabe der am Geld- und Kapitalmarkt beschafften Mittel im Gesetz hinreichend konkretisiert und die Mittel zu volkswirtschaftlich erwünschten Investitionen verwandt werden. Um das Verfahren zu beschleunigen, ist meine Fraktion gegebenenfalls bereit, initiativ zu werden.
    Viertens. Alle zur Wirtschaftsbelebung ergriffenen Maßnahmen, soweit sie nicht endgültig von dritten Stellen finanziert werden, sind in einem besonderen Abschnitt des außerordentlichen Haushalts 1967 auszuweisen.
    Fünftens. In diese Aufstockung des außerordentlichen Haushalts sind nur solche Maßnahmen einzubeziehen, die noch im Rechnungsjahr 1967 voll anlaufen und sich nicht erst in künftigen Rechnungsjahren in Leistungen umsetzen.
    Wenn diese Grundsätze beachtet werden, meine Damen und Herren, bin ich der 'Überzeugung, daß die Vorschläge der Bundesregierung nicht nur zu einer weiteren Konsolidierung der Bundesfinanzen führen werden; sie werden auch den nötigen Auftrieb geben, um die gegenwärtige Abschwächung zu überwinden und das Wirtschaftswachstum zu beleben. Ein gesundes Wirtschaftswachstum ist nicht nur Angelegenheit der Wirtschaft und des einzelnen, sondern auch Voraussetzung dafür, daß der Staat neben seinen laufenden Verpflichtungen auch die Infrastruktur und die Zukunftsvorsorge finanzieren kann. Die augenblickliche Abschwächung liegt nicht etwa in einer Unzulänglichkeit unserer Wirtschaft und unserer wirtschaftlichen Organisation begründet. Im Grunde genommen ist die deutsche Wirtschaft — und das hat auch der Herr Wirtschaftsminister festgestellt — in ihrem Kern so gesund wie eh und je.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Abschwächung liegt, wie ich meine, überwiegend in einem Nachlassen des Glaubens an einen weiteren wirtschaftlichen Aufstieg begründet. Die Überwindung einer gewissen Mutlosigkeit und die Wiedererweckung des Glaubens an eine bessere Zukunft sind das eigentliche Ziel, das wir uns in voller Übereinstimmung mit unserem Koalitionspartner gesetzt haben. Wir hoffen zuversichtlich, daß niemand uns dabei seine Gefolgschaft versagen wird.
    Meine Damen und Herren, in einer sich rasch wandelnden Industriegesellschaft ist es unvermeidlich, daß die politischen Konzeptionen immer wieder neu durchdacht und den neuen Erkenntnissen angepaßt werden. Die Regierung von Bundeskanzler Kiesinger hat mit ihren Vorstellungen zum Bundeshaushalt 1967 begonnen, den Weg auch einer Kurskorrektur in der Finanzpolitik zu beschreiten. Auch solche Kurskorrekturen in der Finanzpolitik sind in jedem modernen Industriestaat von Zeit zu Zeit notwendig. Mit Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich notwendig auch die finanzpolitischen Zielsetzungen wandeln. Dieser Weg wird weiter beschritten werden müssen, um das, was in zwanzig Jahren durch Fleiß aller unserer Bürger und durch nüchternes, kluges politisches Handeln erreicht worden ist, zu erhalten. Der Weg wird sicher, Herr Bundeskanzler, schwer sein. Die CDU/CSU-Fraktion wird mit Ihnen auf diesem Wege gehen und Sie dabei unterstützen.
    Lassen Sie mich meine ernsten Worte, meine Damen und Herren, mit einer scherzhaften Berner-kung schließen, einer scherzhaften Bemerkung, wie man sie ja in Zeiten des Faschings trotz allen Ernstes auch einmal im deutschen Parlament anbringen darf. Mir ist eine etwas saloppe, aber trotzdem sehr treffende Bemerkung eines sehr hochgestellten Mannes dieser Bundesrepublik bekanntgeworden, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. „Wenn wir" — so sagte er — „uns nicht zu harten Entscheidungen auch auf längere Sicht durchringen, dann werden wir es bald erleben, daß das dynamische Einkommen, der dynamische Lohn, das dynamische Gehalt nicht mehr in die Tüte, sondern in die Hose gehen."

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)