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    Deutscher Bundestag 87. Sitzung Bonn, den 25. Januar 1967 Inhalt: Wahl des Abg. Behrendt als Mitglied des Europäischen Parlaments 4005 A Wahl der Abg. Herold und Schmidt (Würgendorf) als ordentliche Mitglieder des Europarates 4005 A Wahl des Abg. Richter als stellvertretendes Mitglied des Europarates 4055 D Überweisung des Berichts der Wahlkreiskommission für die 5. Wahlperiode an den Innenausschuß . . . . . . . . 4005 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 4005 B Fragestunde (Drucksache V/1316) Frage des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Begründung von Freundschaftsverhältnissen zwischen Großstädten West-und Mitteldeutschlands Wehner, Bundesminister 4006 A Fragen des Abg. Kulawig: Standortwahl für das Projekt eines europäischen Großbeschleunigers Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 4006 B Kulawig (SPD) 4006 C Frage des Abg. Kulawig: Bau einer deutsch-französischen Gemeinschaftsanlage für dieses Projekt Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 4007 A Kulawig (SPD) . . . . . . . . 4007 A Frage des Abg. Dr. Martin: Verwaltungsabkommen mit den Ländern über die Förderung von Wissenschaft und Forschung Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 4007 B Dr. Martin (CDU/CSU) 4007 C, 4009 B Dr. Lohmar (SPD) 4007 D Dr. Rau (SPD) . . . . . . . . 4008 B Moersch (FDP) . . . . . . . 4008 C Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 4009 A Frage der Abg. Frau Funcke: Berechnung der Entfernungskilometer auf Autobahnschildern Leber, Bundesminister . . . . . 4009 C Frau Funcke (FDP) . . . . . . . 4009 D Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 4010 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Fragen des Abg. Hübner: Projekt der Rhein-Maas-Verbindung Leber, Bundesminister 4010 A Hübner (SPD) . . . . . . . 4010 B Brück (Köln) (CDU/CSU) 4010 C Frage des Abg. Fellermaier: . Rechtsvorschriften für den Sehtest von Führerscheinbewerbern Leber, Bundesminister 4011 A Fellermaier (SPD) 4011 A Felder (SPD) 4011 B Frage des Abg. Lemmrich: Baulast der Stadt München für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen Lemmrich (CDU/CSU) 4011 D Leber, Bundesminister 4011 D Frage des Abg. Sänger: Bewahrung des öffentlichen Omnibusverkehrs vor den durch Erhöhung der Mineralölsteuer entstandenen Kostenlasten Leber, Bundesminister . . . . . 4012 B Sänger (SPD) . . . . . . . . . 4012 B Schmidt (Offenbach) (SPD) . . . . 4012 D Raffert (SPD) . . . . . . . . . 4013 A Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 4013 B Frage der Abg. Frau Freyh: Zebrastreifen — Unfallhäufigkeit Leber, Bundesminister . . . . . 4013 C Frau Freyh (SPD) . . . . . . . 4013 D Frage der Abg. Frau Freyh: Verzicht auf Zebrastreifen an signalgeregelten Kreuzungen Leber, Bundesminister . . . . . 4014 A Frau Freyh (SPD) 4014 B Mattick (SPD) . . . . . . 4014 C Haage (München) (SPD) . . . . . 4014 D Fragen des Abg. Schultz (Gau-Bischofsheim) : Beanstandung deutscher Briefmarken durch die polnische Verwaltung Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 4015 A Borm (FDP) . . . . . . . . 4015 C Fragen des Abg. Felder: Aktion Pünktlicher Weihnachtsmann Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 4015 D Felder (SPD) 4016 A Frage der Abg. Frau Funcke: Kosten und Erlöse der einzelnen Zweige des Post- und Fernmeldewesens Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 4016 B Frage des Abg. Faller: Verlegung von Dienststellen des Postamtes Weil am Rhein zum Postamt Lörrach 4016 B Fragen des Abg. Moersch: Elitäre Jugendgruppen Dr. Heck, Bundesminister . . . 4016 C Moersch (FDP) 4016 D Frage des Abg. Kubitza: Errichtung einer Zentralstelle für internationale Jugendarbeit Dr. Heck, Bundesminister . . . 4017 A Kubitza (FDP) 4017 B Josten (CDU/CSU) 4017 C Westphal (SPD) 4017 D Moersch (FDP) 4018 B Fragen des Abg. Rollmann: Futtermittel mit thyreostatischer Wirkung — Umgehung des Lebensmittelgesetzes Frau Strobel, Bundesminister . . 4018 C Rollmann (CDU/CSU) 4018 D Frage des Abg. Rollmann: Import von im Ausland mit in Deutschland verbotenen Futtermitteln und Wirkstoffen gefütterten Tieren Frau Strobel, Bundesminister . . 4019 B Rollmann (CDU/CSU) 4019 B Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Moderne Abwasserbeseitigung Frau Strobel, Bundesminister . . . 4019 D Dr. Kübler (SPD) 4020 A Hofmann (Kronach) (SPD) . . . 4020 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 III Bericht des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung betr. Bericht der Bundesregierung über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft (Drucksache V/909) Kattenstroth, Staatssekretär . . . 4020 C Frau Schroeder (Detmold) (CDU/CSU) 4023 A Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 4027 B . Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 4030 D Dr. Mommer, Vizepräsident . . .4034 C, 4036 C Häussler (CDU/CSU) . . . . . . 4035 A Frau Kurlbaum-Beyer (SPD) . . . 4036 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 4039 A Frau Dr. Wolf (CDU/CSU) . . . . 4040 B Dr. Müller (München) (SPD) . . . . 4042 B Frau Funcke (FDP) . . . . . . . 4043 C Dr. Geißler (CDU/CSU) 4045 A Frau Freyh (SPD) . . . . . . 4047 B Geldner (FDP) 4049 D Frau Kalinke (CDU/CSU) 4050 C Frau Dr. Probst, Vizepräsident 4053 B Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . 4053 B Frau Dr. Hubert (SPD) 4053 A Nächste Sitzung 4055 D Anlagen 4057 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4005 87. Sitzung Bonn, den 25. Januar 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 14.32 Uhr
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    *) Siehe Anlage 2 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bartsch 25. 1. Bauer (Würzburg) * 28. 1. Berkhan * 28. 1. Blachstein 18. 2. Blumenfeld * 28. 1. Burgemeister 4. 2. Corterier * 28. 1. Cramer 28. 1. Dr. Dahlgrün 3. 2. Draeger * 28. 1. Erler 31. 1. F] ämig * 28. 1. Dr. Freiwald 28. 1. Dr. Frey 27. 1. Dr. Friderichs 25. 1. Frieler 4. 2. Dr. Furler * 28. 1. Dr. Götz 12. 2. Dr. Hellige * 28. 1. Frau Herklotz * 28. 1. Herold * 28. 1. Hilbert * 28. 1. Hösl * 28. 1. Kahn-Ackermann * 28. 1. Dr. Kempfler * 25. 1. Kiep 25. 1. Frau Klee * 28. 1. Dr. Kliesing (Honnef) * 28. 1. Könen (Düsseldorf) 28. 1. Dr. Kopf * 28. 1. Lemmer 3. 2. Lemmrich * 28. 1. Lenze (Attendorn) * 28. 1. Liehr 28. 1. Mauk 25. 1. Frau Dr. Maxsein * 28. 1. Dr. von Merkatz * 28. 1. Missbach 27. 1. Paul * 28. 1. Petersen 28. 1. Frau Pitz-Savelsberg 15. 2. Pöhler * 28. 1. Dr. Rinderspacher * 28. 1. Dr. Rutschke * 28. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 28. 1. Schultz (Gau-Bischofsheim) 25. 1. Dr.-Ing. Seebohm 24.2. Dr. Serres * 28.1. Dr. Sinn 27. 1. Struve 31.3. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 28. 1. Vogt * 28. 1. Dr. Wahl * 28. 1. Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Weigl 28. 2. Wiefel 25. 1. Wienand 28. 1. Baron von Wrangel 4. 2. Zink 25. 1. b) Urlaubsanträge Frau Albertz 28. 2. Dr. Czaja 10.2. Eisenmann 21. 4. Frau Korspeter 4. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 25. 2. Peters (Poppenbüll) 21.4. Anlage 2 Umdruck 123 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Situation der Frauen im Beruf; Familie und Gesellschaft - Drucksache V/909 Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Bericht über die Bedeutung der Frauenerwerbsarbeit in der deutschen Volkswirtschaft vorzulegen. 2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich eine Kurzfassung des Berichts der Bundesregierung über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft vorzulegen. 3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Bericht zu erstatten über: a) die Forschungsvorhaben, die notwendig sind, um die in der Enquete vorhandenen Lücken (siehe Vorwort Seite XVIII Absatz 4) auszufüllen; insbesondere über Möglichkeiten wissenschaftlicher Studien, die Vergleiche auf internationaler Grundlage erlauben. Diese Studien sollen insbesondere eine Untersusuchung über Tagesschulen in der Bundesrepublik und in anderen Industriestaaten enthalten; b) die bereits von ihr eingeleiteten Untersuchungen zur Ergänzung des vorliegenden Berichtes. 4. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dahin zu wirken, daß alle staatlichen Examina und Berechtigungen im ganzen Bundesgebiet anerkannt werden. Bonn, den 25. Januar 1967 Mischnick und Fraktion 4058 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Blohm (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Es ist heute nachmittag schon vieles über die Frauen ausgesagt worden, über die Frau in der Familie, im Beruf, mit und ohne Kinder und über die Alleinstehende. Durch die ganze Enquete zieht sich wie ein roter Faden auch die Gesundheit der Frau. Daher ist auch der Abschnitt „Gesundheit" verhältnismäßig kurz. Der Bericht beschränkt sich auf die heutige Situation und auf die Maßnahmen, die eingeleitet worden sind. Es liegen keine gesicherten wissenschaftlichen Unterlagen über die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit der Frau in den verschiedenen Lebensabschnitten und den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und allgemeinen Lebensverhältnissen vor. Man muß sich also in der gegenwärtigen Situation auf allgemeine Daten beschränken. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung hat sich in den letzten 100 Jahren wesentlich erhöht. Bei den Männern ist sie von 60 auf 67 Jahre angestiegen, bei den Frauen von 63 auf 72 Jahre und 5 Monate. Die Sterblichkeitsentwicklung ist also bei den Frauen sehr viel günstiger als bei den Männern. Ihre Lebenserwartung hat sich in allen Altersstufen erhöht. Am stärksten ist die Sterblichkeit der Frauen unter 40 Jahren, insbesondere bei den 25- bis 35jährigen zurückgegangen. Besonders hoch ist der Rückgang der Säuglingssterblichkeit. Von 1000 Lebendgeborenen starben 1946 97,1, 1961 32,0, 1963 27,0 und 1964 25,3 Säuglinge im ersten Lebensjahr. Die Tatsache der höheren Lebenserwartung der Frau sagt noch nichts Entscheidendes darüber aus, ob die Frau generell gesünder ist als der Mann. Nach der Todesursachenstatistik starben an Erkrankungen der Herzkranzgefäße 1964 22 500 Frauen gegenüber 43 700 Männern. Während diese Todesursache bei den Männern nach dem 50. Lebensjahr etwa dreimal so häufig ist wie bei den Frauen, ändert sich dieses Bild bei den Frauen nach dem 55. Lebensjahr. Bei bösartigen Neubildungen nahm die Sterblichkeit bei den Frauen in den Jahren von 1952 bis 1964 um rund 7 % ab, während sie bei den Männern um 10 % zunahm. Besonders wertvoll ist, daß die Müttersterblichkeit stetig zurückgeht. 1929 lag die Sterblichkeit der Mütter auf 100 000 Lebendgeborene bei 553. Seither ist die Kurve ständig im Absinken und zeigt für 1965 68,9 Sterbefälle bei 100 000 Lebendgeborenen. Insgesamt betrug die Müttersterblichkeit 1965 719 Fälle. Bei der Sterblichkeit an Tuberkulose der Atmungsorgane sind bei Männern und Frauen erhebliche Unterschiede zu verzeichnen. 1946/48 starben 83 Männer und 43 Frauen auf 100 000 Einwohner, 1964 waren es 19,0 bzw. 5,3 auf 100 000. Trotz der längeren Lebenserwartung spielt die Frühinvalidität der Frau eine besondere Rolle. Es scheidet aus dem Berufsleben immer noch ein sehr großer Teil nach dem 45. Lebensjahr aus. Ob daraus allerdings Schlüsse hinsichtlich des allgemeinen Gesundheitszustands der Frauen gezogen werden können, ist fraglich. Es ist eine Vermutung, daß die doppelte Belastung der Frau durch Haushalt und Erwerbstätigkeit eine Rolle spielt. Ebenso können aber auch nichtmedizinische Umstände eine Rolle spielen. Hier zeigt sich wieder die Problematik der Aussagekraft der Statistik. Um eine bessere Ubersicht über den Gesundheitszustand der Frau zu bekommen, sind da die Faktoren ihrer Umwelt in sozialer, wirtschaftlicher Hinsicht so verschieden sind, folgende Maßnahmen ergriffen worden: 1. Eine Zusammenstellung der bereits vorhandenen Literatur des In- und Auslandes. 2. Befragungen über Erkrankungen und Unfälle sowie über Art, Ursache, Umfang körperlicher und geistiger Behinderung einschließlich Frühinvalidität. 3. Untersuchungen über den Gesundheitszustand der Mütter getrennt nach Wohnsitzgruppen, d. h. Großstadt, Kleinstadt und Landbezirk. Diese Untersuchungen und ihre Auswertung werden sicher noch zwei Jahre beanspruchen. 4. Die Deutsche Zentrale für Volksgesundheitspflege beschäftigt sich mit den biologischen Aspekten des modernen Arbeitslebens, insbesondere mit der Situation der erwerbstätigen älteren Frau. 5. Bei der Vordringlichkeit der Fragen, die mit dem Wiedereintritt der Frau in das Berufsleben (dritte Phase) zusammenhängen, hat das Bundesministerium für Gesundheitswesen ein Sachverständigengutachten angefordert, um die Fragen nach dem Gesundheitszustand und der Leistungsfähigkeit der Frau zwischen 40 und 60 Jahren zu klären. Maßnahmen zur Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der Gesundheit der Frau. Vorrang vor jeder staatlicher Förderung der Gesundheitserhaltung hat die Eigenverantwortung des einzelnen Bürgers. Dazu bedarf es allerdings großer Aufklärungsarbeit der einzelnen Organisationen, die sich die Pflege der Gesundheit der Bevölkerung zur Aufgabe gestellt haben und selbstverständlich vom Staat gefördert werden müssen. Viele Maßnahmen, die von Bund und Ländern bereits getroffen worden sind, beziehen sich nicht nur auf die Frau speziell, sondern auf die allgemeine Bevölkerung überhaupt, also auch auf die Frau, z. B. Krankenversicherungs- und Sozialversicherungsgesetzgebung, Maßnahmen der Seuchenhygiene, Suchtbekämpfung, Lebensmittelhygiene, das Erholungswesen, Förderung des Sports. Gesunde Arbeitsbedingungen, gesunde Wohnungen, Bekämpfung des Lärms sowie der Verunreinigung des Wassers und der Luft und der Radioaktivität. Maßnahmen, die der Bund im einzelnen bereits getroffen hat sind u. a.: Arbeitsschutz, der sich auf den gesundheitlichen Schutz der Frau an ihrem Arbeitsplatz bezieht, und Mutterschutz. Vorbeu- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4059 gende gesundheitliche Maßnahmen sind bereits geregelt durch das Krankenversicherungsrecht und das Bundessozialhilfegesetz. Die Gesundheitsämter sind mit der Aufgabe der Mütterberatung, der Fürsorge für Tuberkulose, für Geschlechtskranke, Sieche und Süchtige betraut. Leider wird von diesen Beratungsstellen nicht so viel Gebrauch gemacht, wie es notwendig wäre, um rechtzeitige Hilfe zu gewährleisten. Hier kann nur weitere Aufklärungsarbeit nützlich sein, wie es z. B. das Deutsche Zentralinstitut für Gesundheitspflege in den vergangenen Jahren getan hat durch Seminare, Veröffentlichungen, Ausstellungen. Außerdem werden Modelleinrichtungen, wie z. B. das Deutsche Krebsinstitut in Heidelberg und die Multiple-Sklerose-Klinik in Asbach, finanziell gefördert. Hinzu kommt die Förderung der Neuroseklinik in Stuttgart. Geplant ist ein Altenkrankenhaus zur medizinischen Rehabilitation alter Menschen in Nordrhein-Westfalen. Weitere Mittel wurden bereitgestellt zur Förderung von Organisationen, die mit der Bekämpfung bestimmter Volkskrankheiten, wie z. B. Krebs oder Tuberkulose, befaßt sind. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Fragen der Gesundheitserziehung und Aufklärung. Es wurden im Haushalt nicht unerhebliche Mittel für die Organisationen, die sich mit diesen Fragen befassen, bereitgestellt, z. B. für das Deutsche Gesundheitsmuseum und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Gesundheitserziehung sollte aber in der Familie beginnen, und hier kommt der Frau natürlich eine besondere Bedeutung zu. Alle Maßnahmen, die bis jetzt getroffen worden sind, werden in den nächsten Jahren ausgewertet werden müssen, um daraus die Konsequenzen zu ziehen. Die Gesundheit ist die Vorbedingung für die Schaffenskraft im Beruf und in der Familie. Es sollte mit aller Sorgfalt geprüft werden, welche Schritte noch getan werden können, um diese Gesundheit zu erhalten. Anlage 4 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Geisendörfer (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Selten war die Einmütigkeit bei einer Debatte in diesem Hohen Hause so groß wie heute, und es bleibt mir am Schlusse der Diskussion nur übrig, einige wenige Punkte zu akzentuieren und noch einmal zu unterstreichen. Wir werden ja dann in den zahlreichen Ausschüssen, die gutachtlich gehört werden, mit größerer Gründlichkeit und Präzision unsere heutigen Überlegungen fortsetzen und vertiefen und die konkreten Folgerungen ziehen können. Es werden dann auch erst die differenzierten Meinungen zum Ausdruck kommen und abgeklärt werden müssen. Lassen Sie mich darum nur noch ein kurzes Wort zu dem Abschnitt Bildung in der Frauenenquete sagen: Bildung im weitesten Sinn ist eine der wichtigsten Grundlagen, die die Situation der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft entscheidend bestimmen und sie ist auch eine der Hauptvoraussetzungen für die Stellung der Frau in der Gesellschaft und für ihre Fähigkeit, einen Platz als Partnerin des Mannes in allen Bereichen des heutigen Lebens einzunehmen, gemäß dem Urverständnis des Miteinander von Mann und Frau, des Einander-Gehilfensein. Das Verständnis dessen aber, wie dies jeweils aussehen soll und praktiziert wird, wechselt. Im Jahre 1872 erklärten die Mädchenschulpädagogen in Weimar: „Es gilt dem Weibe eine der Geistesbildung des Mannes ... ebenbürtige Bildung zu ermöglichen, damit der deutsche Mann nicht durch die geistige Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit seiner Frau am häuslichen Herde gelangweilt und in seiner Hingabe an höhere Interessen gelähmt werde, daß ihm vielmehr das Weib mit Verständnis dieser Interessen und der Wärme des Gefühls für dieselben zur Seite stehe." Sie lächeln jetzt, — aber vielleicht ist diese Feststellung, in die Sprache unserer nüchterner gewordenen Zeit übersetzt, in ihrem Kern auch Leute noch zutreffend und zwar gerade dann, wenn davon die Rede ist, ob eine Berufsausbildung bei einer Eheschließung umsonst war. Der Deutsche Ausschuß für das Bildungs- und Erziehungswesen hat das mit folgenden Worten ausgedrückt wenn er im Hinblick auf die Bewältigung der heutigen technischen Welt sagt: „Die technische Welt wird in dem Maße eine menschliche Welt sein, wie sie von Menschen, und das heißt, von Männern und Frauen gemeinsam gemeistert wird." Deshalb erkennen wir die Bemühungen an, in der Frauenenquete den Versuch zu machen, einen Überblick über das Gebiet „Bildungsstand und Bildungsmöglichkeiten" der Frauen zu geben. Ich betone, daß dieses Kapitel ein Versuch und ein Anfang ist — wir sind dankbar dafür, aber es kommt jetzt darauf an, das Material auszuwerten, weiterzufragen und Folgerungen zu ziehen. Es wurde seinerzeit gefordert und erreicht, daß Mädchen und Frauen Zugang zu allen Bildungsmöglichkeiten haben, aber es muß ebenso zugegeben werden, daß der weibliche Anteil an weiterführenden Schulen, an Aufbauzügen usw. gering ist, allerdings sehr verschieden in verschiedenen Bundesländern. Die Gründe sind aus der Statistik — so wie sie jetzt angelegt ist — nicht vollständig zu ersehen. An dieser Stelle muß weitergeforscht werden, um unausgeschöpfte Begabtenreserven zu finden — nicht um etwa nur immer mehr Akademikerinnen heranzubilden, sondern um alle Frauen auf die bestmögliche Art für die Aufgaben, wie sie der Deutsche Ausschuß formuliert hat, vorzubereiten. An einer Stelle wird der Statistik entnommen, daß „ein nicht unerheblicher Teil der Schülerinnen das Gymnasium wegen unzureichender Leistungen vorzeitig verlassen muß". Das scheint mir eine ganz unzulässige Vereinfachung der Tatsache zu sein, 4060 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 daß es in den Entwicklungsphasen der Mädchen einen Zeitpunkt gibt, wo eine gewisse Schulmüdigkeit eintritt, aber durchaus nicht immer deshalb, weil mangelnde Begabung oder fehlende Intelligenz vorliegen, sondern weil der junge Mensch so mit sich selbst beschäftigt ist und vielleicht auch sein muß, daß eben die Schule zu kurz kommt. Wieviele Mädchen und Frauen haben mir schon gesagt, wie sehr sie es bedauerten, in dieser Phase die Schule verlassen und „aufgegeben" zu haben. Hier müßte nicht nur das jeweilige Lehrerkollegium, sondern eine neutrale Beratungsstelle eintreten zur Aussprache, Beratung für beide Seiten, Lehrer und Schüler. Es ist in der Enquete die Frage aufgeworfen worden, ob eine qualifizierte Berufsausbildung für Mädchen eine Fehlinvestition sei für die Eltern. Man kann diese Frage durchaus ernsthaft stellen und vom Staat, von den Kommunen aus, wie es auch in Ausschüssen dieses Hauses geschehen ist: Was kostet jeder Studienplatz dem Steuerzahler? Zahlen sich diese Investitionen dann auch aus für die Allgemeinheit dadurch, daß nun diese mit großen finanziellen Mitteln vorgebildeten Frauen ihre Plätze in der Berufswelt ausfüllen? Die Richtung, in der die Antwort gesucht werden muß, gibt eine Untersuchung der UNO, zitiert bei Pierre Bertrand: Die Mutation der Menschheit, die feststellt: Das Entwicklungstempo einer Menschengruppe ist durch das Entwicklungstempo seines weiblichen Elements bedingt — der den Jungen erteilte Unterricht ist wie der Kalkanstrich auf einer Mauer, der dauernd erneuert werden muß. Die Kultur der Frauen färbt die Masse des Menschenmaterials." Diese Erkenntnisse fußen auf Erfahrungen bei den Entwicklungsvölkern, wo es verhältnismäßig leicht ist, durch den Unterricht von Jungen innerhalb von 10 Jahren eine Generation von Schullehrern, Beamten, Ärzten, Abgeordneten, Ministern und Diplomaten zu züchten. Wenn dies aber auf Kosten des Unterrichts von Mädchen geschehen würde, müßte man bei jeder Generation wieder von vorn anfangen. Sinngemäß gilt dies Gesetz auch für unsere Generation, für die Bundesrepublik. Die Frau und Mutter, die beruflich ausgebildet ist, auf welcher Stufe auch immer, bedeutet in der 2. Phase ihres Lebens nicht ein totes Kapital im volkswirtschaftlichen Sinn, sondern ihre Ausbildung trägt nachweisbare Zinsen im Hinblick auf die Erziehung ihrer Kinder. Damit dieses Kapital aber nicht schwindet und sozusagen eine Wertminderung eintritt, ist ein gewisses ständiges Training während der Zeit, in der die Berufsausübung ruht, nötig. Die Enquete berichtet über „Einrichtungen der Fortbildung" : Aus den Erfahrungen damit müßten konkrete Folgerungen gezogen werden in der Richtung, daß diese Angebote inhaltlich und zeitlich so gestaltet sind, daß sie sich nach den Möglichkeiten der Nachfragenden richten. Frau Dr. Wolff hat hier schon Anregungen gegeben, die geprüft werden sollten. Die Bundesregierung hat auf Grund des Leistungsförderungsgesetzes besondere Maßnahmen ergriffen, um Frauen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung haben, durch Teilnahme an Lehrgängen eine 'bessere berufliche Qualifikation zu 'ermöglichen. Auch diese Erfahrungen müssen abgewartet und ausgewertet werden. Erstaunlich sind die Aussagen über den regen Gebrauch der „Bildungsmöglichkeiten durch Presse, Film und Rundfunk" und zwar „Bildungs-" nicht Unterhaltungs-Möglichkeiten. Es ist da noch ein weites Gebiet für die Überlegungen und Planungen unserer Presse, der Tages- wie auch der Illustriertenpresse und der Rundfunkanstalten. Eine Anerkennung möchte ich hier auch zollen den Bemühungen der Kundenzeitschriften, die von Frauen — aber auch von Männern — gelesen werden. Sie verstehen es oft ausgezeichnet, wichtige hauswirtschaftliche Fragen im Zusammenhang mit politischen Entscheidungen darzustellen und daneben auch das zu vermitteln, was wir unter „staatsbürgerlicher Bildung" verstehen. — Auf jeden Fall sollte die Enquete aber einer ständigen „Fortschreibung" unterzogen werden und nicht nur heute Gegenstand der Debatte, sondern ständige Grundlage unserer künftigen Beratungen in diesem Hause sein. Anlage 5 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Griesinger (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. 1. Der Deutsche Bundestag hat gut daran getan, im Rahmen der Frauenenquete einen gesonderten Bericht über die Situation der Frau in der Landwirtschaft von der Bundesregierung zu erbitten, weil sich viele Bereiche nicht ohne weiteres mit denen in der übrigen Wirtschaft vergleichen lassen. So zeigt der Bericht der Bundesregierung in klarer und knapper Form die spezifischen Probleme im landwirtschaftlichen Bereich auf. Er sagt aber ebenso offen, daß eine umfassende Darstellung nicht möglich ist, weil wesentliche Forschungsergebnisse und statistische Erhebungen noch fehlen oder leider noch nicht in Auftrag gegeben werden konnten. Wichtig wäre hierbei besonders die Untersuchung des Zusammenhangs von ländlichem Haushalt und landwirtschaftlichem Betrieb, der mehr und mehr als eine sozial-ökonomische Einheit gesehen wird. Mehr als bisher muß das Interesse dem engeren Arbeitsbereich der Frau, dem Wohnhaus und dem gesamten Haushalt gewidmet werden, um eindeutige Aussagen machen zu können über die Doppelaufgabe der Landfrau. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist die Landwirtschaft dem harten Gesetz der Umstrukturierung unterworfen, die eine. Folge jedes wachsenden Industriestaates ist. Unsere bäuerliche Bevölkerung beträgt nur noch 7% der Gesamtbevölkerung, und die Zahl der in der Landwirtschaft Erwerbstätigen beträgt nur noch 1/10 (knapp 11 %). Es ist aber in unserem Land zu wenig bekannt, daß dieser so stark reduzierte Berufsstand (inner- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4061 halb von 15 Jahren gab er 40% seiner Arbeitskräfte ab), daß dieses 1/10 mehr als 3/4 unserer Bevölkerung mit eigenen Nahrungsmitteln ernährt. Die Arbeitsproduktion ist um 200 % seit 1950 in der Landwirtschaft gestiegen, und die übrigen wiederum 80 °/o. An dieser erstaunlichen Produktivitätssteigerung, die durch staatliche Maßnahmen bei uns sehr gefördert wurde, die aber nicht ohne den vollen Einsatz der bäuerlichen Familie möglich gewesen wäre, an dieser Produktionssteigerung ist die Fr au in der Landwirtschaft in erheblichem Umfang beteiligt. Zwei Zahlen machen dies deutlich. Der Anteil der weiblichen Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beträgt an der Gesamtzahl aller weiblichen Erwerbstätigen nicht nur 11, sondern 17,5 %. Die Zahlen sind nicht immer vergleichbar, weil sie zu anderen Zeiten erhoben wurden, aber doch zeigen sie den Trend auf. An der Gesamtzahl aller in der Landwirtschaft Erwerbstätigen sind die Frauen mit 53,5 % beteiligt, sie stellen also mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte. Hier wird bereits die Verschiedenheit zu den anderen Wirtschaftsbereichen deutlich: 1. In der Landwirtschaft herrschen die Selbständigen und die mithelfenden Familienangehörigen vor, sie stellen ca. 90 % aller Erwerbstätigen im Gegensatz zur übrigen Wirtschaft, wo der Anteil beider nur insgesamt 13 % beträgt und den Hauptteil der weiblichen Erwerbstätigen die Arbeiterinnen, Angestellten und Beamtinnen stellen. Also das umgekehrte Verhältnis! Es herrscht in der Landwirtschaft die Familienarbeitsverfassung vor, die sich sehr bewährt hat und in Not- und Krankheitszeiten eines Familienmitgliedes die einzige Überbrückungsmöglichkeit ist, die aber auch ihre Risiken hat besonders im Blick auf die soziale Sicherung. Die soziale Sicherung ist hier in die Entscheidungsfreiheit des Bauern gestellt. Er sollte gerade im Blick auf seine Familie die vorhandenen Sicherungsmöglichkeiten noch stärker als bisher nutzen. Die Debatten werden immer lebhafter darüber, inwieweit er zu Versicherungsleistungen verpflichtet werden soll. 2. Die weiblichen Erwerbstätigen in der Landwirtschaft rekrutieren sich mehr und mehr aus den Ehefrauen der Betriebsinhaber, sie betragen ca. 3/4 aller in der Landwirtschaft erwerbstätigen Frauen. Die Fremdarbeitskräfte sind entweder zu teuer oder nicht zu bekommen, die Töchter wandern frühzeitig ab, die ledigen Verwandten gibt es heute nicht mehr. Der Bericht macht deutlich, wie stark die Frauen im Betrieb, vor allem dort, wo die Technisierung nicht in vollem Umfang möglich ist, mit eingespannt sind, besonders hoch ist ihr Arbeitsanteil in der Veredlungswirtschaft. Je nach Größe des Hofes schwankt ihr Beitrag am Gesamtarbeitsaufwand zwischen 35 und 50 %. Wie eine umfangreiche Befragung von ca. 800 Bäuerinnen ergab, ist ihre Arbeitsbelastung in den Betrieben zwischen 5-20 ha am größten. Sie wünschen sich alle am sehnlichsten eine körperliche Entlastung und mehr Zeit für die Familie. Sie wollen gerne am Betriebsgeschehen teilnehmen, sie wollen mitplanen, mitsparen, damit der Betrieb konkurrenzfähig bzw. existenzfähig werden oder bleiben kann. Sie wollen voll und ganz Partnerin ihres Mannes sein. Besonders bei den jungen Bäuerinnen ist zu beobachten, wie eifrig sie die Buchführungskurse besuchen, um damit zum Betriebserfolg beizutragen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn diese Realitäten stärker gesehen würden bei der Berechnung der Arbeitskräfte in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es ist unser fester Wunsch und muß unser aller Ziel sein, der ländlichen Mutter Entlastung vom Außenbetrieb zu gewähren. Solange dieses Ziel aber noch nicht erreicht ist, muß ihre Arbeitsleistung, die sie neben ihrer großen Familie für den Betrieb erbringt, voll und ganz anerkannt und angerechnet werden. Eine zweite Folgerung müssen wir aus diesem vorliegenden Bericht entnehmen. Die Landfrau sollte einen höheren Schutz ihrer Gesundheit erhalten. Erfreulich ist, daß in der Novellierung des Altershilfegesetzes auch Erhaltungskuren für die Landfrau ermöglicht wurden. Durch die Unentbehrlichkeit der Bäuerin auf dem Hof hat sie aber kaum eine Möglichkeit des Ausspannens. 85 % aller Bäuerinnen haben noch nie Ferien gemacht. Was für sie eine Müttererholung bedeutet, können die ermessen, die mit diesen Frauen einmal dort zusammen waren. Wie fröhlich sie plötzlich nach einigen Tagen des Ausruhens und vor allem des Aussprechens wurden, und wie aufgeschlossen sie allen Problemen unserer Zeit gegenüberstehen! Da die Bäuerin im allgemeinen aber nur wegkann, wenn ein Ersatz für sie da ist, ist es dringend nötig, daß mehr Hilfskräfte hierfür bereit stehen. Hier ist der neue Beruf der Dorfhelferin eine große Hilfe. Gleich dem Betriebshelfer, der den Unternehmer zu ersetzen hat, hat sie den vollen Pflichtenkreis der Bäuerin zu übernehmen. Da dieser Pflichtenkreis heute sehr viel anspruchsvoller und differenzierter geworden ist, gehört dieser Beruf der Dorfhelferin eindeutig zu den sozialpflegerischen Berufen und ist als solcher auch entsprechend zu vergüten. Er sollte so bald als möglich in den Berufsgruppenkatalog für Angestellte aufgenommen werden. Die 3. Folgerung, die wir aus dem Bericht zu ziehen haben, ist die Verbesserung der Wohnsituation der bäuerlichen Familie. Hierzu kommen auch auf dem Land die vermehrte Errichtung von Kindergärten, die vordringlich jedoch Aufgabe der Länder ist. Wir wissen heute, wie eng Betrieb und Wohnung im Familienbetrieb zusammengehören. Wir wissen aber auch, wie überaltert der Wohnbestand auf dem Lande ist. Wenn wir hören, daß der größte Teil der bäuerlichen Wohnhäuser noch aus der Zeit vor 1900 stammt, daß sowohl die sanitären Einrichtungen wie vor allem auch die Möglichkeit, rasch und genügend warmes Wasser zu haben oder eine Sammelheizung zu besitzen, um eine warme Wohnung zu haben, noch zu den Seltenheiten gehören, was in unseren neuen Häu- 4062 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Bern bereits schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dann wird uns deutlich, wie groß hier der Nachholbedarf im Bauernhaus noch ist. Im Grünen Plan wurde deshalb im Rahmen der Agrarstrukturverbesserung auch von Seiten der Bundesregierung ein erfolgreiches Sanierungsprogramm geschaffen, das sog. Bäuerinnenprogramm, das mit einem minimalen Zuschußbetrag doch die ersehnte Starthilfe gibt, wärmehygienische und sani-tare Verbesserungen im Wohnhaus vorzunehmen, ohne dadurch in zu hohe Schulden zu geraten. 137 000 Bauernhäuser konnten auf diese Weise in den letzten 3 Jahren mit Hilfe geringer Staatsmittel saniert werden, 700 000 bedürfen noch dieser Maßnahme. Gerade heute, wo wir gezwungen sind, gewissenhaft alle Posten zu durchforsten, ob die staatl. Gelder auch sinnvoll verwendet werden, scheint mir diese Maßnahme ein Musterbeispiel dafür zu sein, wie durch einen dringend nötigen, aber klein gehaltenen Beitrag echte Hilfe zur Selbsthilfe gewährt werden kann, die nicht nur einzelnen Personen oder Personengruppen, sondern unserer gesamten Gesellschaft indirekt zugute kommen, ist sie doch zugleich eine Möglichkeit, die soziale Disparität im Dorf und zwischen Land und Stadt zu verringern. Die vierte Folgerung, die wir aus dem Bericht vordringlich zu ziehen haben, ist die Frage der Bildung. Erstens: Es kann sich der moderne landwirtschaftliche Betrieb in Zukunft nur noch behaupten, wenn seine Besitzer bereit sind, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Schritt zu halten mit unserer Zeit. Das betrifft Mann und Frau. Auch wenn ihr die körperliche Entlastung zuteil wird, sollte sie die Probleme kennen und mit ihrem Mann beraten können Auch das Wissen ist heute dem Verbrauch unterworfen und muß ständig erneuert und verbessert werden. Zweitens muß das Bildungsgefälle, das zwischen Stadt und Land heute noch vorhanden ist, weil die Einrichtungen bisher fehlten — und vielleicht auch manchmal die Bereitschaft, sie zu nutzen —, beseitigt werden. Vor allem ist es heute auch für die Mädchen wichtig, einen Beruf zu erlernen. Eine gute Ausbildung ist heute die beste Aussteuer, die die Eltern ihren Kindern in die Welt von morgen mitgeben können. Erfreulich ist, daß der Bericht aufzeigt, daß mehr und mehr wieder die sozialen, die pädagogischen und die pflegerischen Berufe von den Landmädchen bevorzugt werden. Es wäre hier vieles dazu zu sagen. Besonders auch im Blick auf die hauswirtschaftliche Ausbildung, die heute wieder neue Bedeutung hat. In der Erwachsenenbildung auf dem Lande leisten die Landwirtschaftsschulen mit ihren ländlichen hauswirtschaftlichen Beratungsstellen seit langem Vorbildliches. Besonders erwähnen möchte ich hierbei auch den Musterdienst „Wohnen und Haushalten", der durch Ausstellungen und Beratung sowohl den Landfrauen als auch den Stadtfrauen eine unentbehrliche und sehr sinnvolle Hilfe in bezug auf eine moderne Haushaltsführung geworden ist. Zuletzt soll jedoch hingewiesen werden auf die Eigeninitiative der Landfrauen selbst. Der Deutsche Landfrauenverband, der mit zu den größten Frauenverbänden der Bundesrepublik Deutschland gehört, sowie die evangelischen und katholischen Landfrauenvereine leisten seit Jahrzehnten eine vorbildliche Arbeit. Die Landfrau bejaht die Doppelaufgabe in Haushalt und Betrieb, die nie ganz zu umgehen sein wird. Gerade deshalb ist es aber auch unsere Aufgabe als Politiker, ihr dort, wo ihre Kraft überfordert wird, Hilfestellung zu geben. Ihre Hauptrolle sollte sie immer in der Familie haben können, ihre Mitwirkung im Betrieb in ihrer eigenen Entscheidung stehen. Neue Möglichkeiten bieten die Bildungsprogramme des Fernsehens, dessen individuell orientierte Programme auch für die Landfrau wichtig wären. Auch hier gilt letztlich der Grundsatz der Union, die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Menschen voll zu gewährleisten. Bis dahin gilt jedoch unser uneingeschränkter Dank der hohen Pflichterfüllung und Leistung, die unsere Landfrauen als unentbehrliche Helfer an der Seite ihrer Männer vollbrachten und weiter vollbringen. Die Verbesserung des Einkommens der Landwirtschaft würde so gesehen nicht nur den harten Einsatz erleichtern helfen, sondern auch gleichzeitig die psychologische Last von den Landfrauen nehmen, daß sie trotz allen Fleißes auf Subventionen angewiesen sind, obwohl diese Subventionen in erster Linie zur Entlastung des Verbrauchers geschaffen sind. Hier warten noch viele Aufgaben einer gerechten Lösung. Um ihnen gerecht zu werden, bedarf es noch besonders im Blick auf die Frauensituation in der Landwirtschaft gründlicher Untersuchungen, wie im Bericht auch angedeutet ist; sie sollten baldmöglichst erfolgen. Ich möchte deshalb das Hohe Haus um Zustimmung bitten, daß der Ernährungsausschuß des Deutschen Bundestages gutachtlich im Blick auf die Situation der Frau in der Landwirtschaft bei der Weiterbehandlung der Frauenenquete gehört wird. Anlage 6 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Kalinke (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Die Frauenenquete gibt ein Darstellung der Situation in allen Zweigen der Sozialversicherung, insbesondere der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung, der Sozialhilfe, der Kriegsopferversorgung und der Sonderversorgungen jeder Art. Die Text-Tabellen zeigen in welchem Maße die Leistungen der ergänzenden Sozialhilfe aufgegliedert sind und in welchem Umfang Hilfen für Gefährdete, für Alte, für Kranke, für Behinderte, für werdende Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4063 Mütter und Wöchnerinnen, kurzum, für fast alle Lebenslagen gegeben werden. Die Frauenenquete stellt ferner gründlich dar, inwieweit „Frauen im Beruf" und „Frauen im Haushalt ohne Beruf" umfassende Möglichkeiten der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik haben. Sie zeigt auch die Probleme auf, die durch den vermehrten Frauenarbeitseinsatz, durch die Doppelrolle der Frau und durch ihre Belastung zu Sonderlösungen geführt haben. Schließlich ist dargestellt, in welchen Bereichen die Frau als Arbeitskraft in der Volkswirtschaft dem Bedarf des Arbeitsmarktes, auch durch Teilzeitarbeit, entspricht und wieweit im Sozialrecht diese Tatsache berücksichtigt ist. In der Frauenenquete wurde ferner deutlich — obwohl eine Koordinierung mit der Sozialenquete aus Gründen des unterschiedlichen Auftrags nicht möglich war —, daß die sozialrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes und die verfassungsrechtlichen Entscheidungen, die die Rechtsstellung der Frau, den Schutz der Ehe und Familie, die Gleichstellung unehelicher Kinder — um nur einige Punkte zu nennen — in der Sozialgesetzgebung des Bundes gewährleisten, verwirklicht sind. Wozu die Frauenenquete nicht Stellung nimmt — und nach dem ersten Auftrag auch noch nicht Stellung nehmen konnte —, ist das Spannungsverhältnis, das sich aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip ergibt und das die Frage aufwirft, wo die Grenzen der dem Staat gegebenen Aufgaben gezogen sind. Dieser Problemkreis ist sofort angesprochen, wenn es um die Frage der Einbeziehung der selbständigen Frauen, der Angehörigen der freien Berufe in die Sozialversicherungspflicht geht. Er ist ferner angesprochen, wenn es um die Prinzipien der Wahlfreiheit und der Selbstbestimmung der Bürger geht, über den Umfang ihres Versicherungsschutzes von einer gewissen Einkommenshöhe an selbst über Form, Inhalt und Maß der Sicherung zu entscheiden. Die Frauenenquete weist zu dem Thema „Kreis der Versicherten" darauf hin, daß der Versicherungsschutz sich nicht nur auf die pflichtversicherten weiblichen Arbeitnehmer, sondern auch auf freiwillig weiterversicherte Ehefrauen wie auf versicherte selbständige Personen bezieht, deren Einkommen in der Krankenversicherung die zur Zeit gültige jährliche Versicherungspflichtgrenze von 10 800 DM nicht übersteigt. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß bei manchen oberflächlichen Betrachtungen der sozialen Sicherheit der nicht oder nur zeitweise berufstätigen Frauen übersehen wird, daß die bisherige Sozialgesetzgebung diese Möglichkeit in großem Maße erschließt. Schließlich ist aus dem Bericht erkennbar, in welch großem Umfang in den letzten Jahren die Ausweitung der Personenkreise erfolgt ist, die der Sozialversicherung freiwillig beitreten können. Dazu gehören in der Krankenversicherung die Familienangehörigen des Arbeitgebers, z. B. Ehefrauen oder Töchter eines Gewerbetreibenden, oder selbständige Landwirte, selbständige Gewerbetreibende oder andere Betriebsunternehmen, wenn sie regelmäßig keine oder höchstens zwei Versicherungspflichtige beschäftigen, z. B. selbständige Schneiderinnen, Friseusen, Geschäftsfrauen sowie landwirtschaftliche Betriebsinhaberinnen. Schließlich sind alle Frauen, auch die nicht mehr berufstätigen Hausfrauen, wenn sie eine Rente beziehen, in der Krankenversicherung der Rentner versichert, ohne Rücksicht auf Rente und Gesamteinkommen. Ein großer Teil der Hausfrauen, die Kriegerwitwen sind, haben Anspruch auf Krankenbehandlung als versorgungsberechtigte Hinterbliebene. Leider gibt es keine statistischen Angaben über die Zahl der Witwen, die von diesem Anspruch auf Krankenbehandlung Gebrauch macht. Zu dem kleinen Kreis von Selbständigen, die den Arbeitnehmern gleichgestellt sind, gehören z. B. die Hausgewerbetreibenden, die niedergelassenen Hebammen sowie die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätigen Personen. Schließlich ist in keinem Land der Welt die kostenlose Familienhilfe so großzügig fortentwickelt wie in der Bundesrepublik Deutschland. Der Versicherungsschutz der mitversicherten Familienangehörigen erstreckt sich auf die unterhaltsberechtigten Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Kinder. Dieser Personenkreis ist durch Satzung der Kassen oft so weit ausgeweitet, daß Verwandte und verschwägerte Familienangehörige, die den Haushalt der verhinderten Ehefrau führen, Mütter, Schwestern und Schwiegereltern als Mitversicherte erfaßt sind. Auch die unterhaltsberechtigten Familienangehörigen von Soldaten, die zum Grundwehrdienst oder zur Wehrübung einberufen sind, können mitversichert werden. So umfassend auch der Versicherungsschutz in der Bundesrepublik geregelt ist, so wäre es ein Versäumnis, nicht auf einige heiße Eisen hinzuweisen, die die Frauenenquete nur zum Teil andeutet, die jedoch die Sozialenquete deutlicher anspricht. Hierzu gehören Fragen, die die Verwirklichung der Gleichberechtigung betreffen, z. B. das Thema der Witwenrente. Eine Ehefrau erhält nach dem Tode ihres versicherten Ehemannes eine Witwenrente. Sie beträgt 60 v. H. der für den Zeitpunkt des Todes berechneten (fiktiven) Berufsunfähigkeitsrente des Ehemannes oder — wenn die Witwe 45 Jahre alt oder berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist oder mindestens ein waisenberechtigtes Kind erzieht —60 v. H. der (höheren) Erwerbsunfähigkeitsrente des Ehemannes. Im Gegensatz zur Witwerrente, die nur zu zahlen ist, wenn die verstorbene Ehefrau den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat, ist bei der Witwenrente kein Unterhaltsnachweis zu führen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 ist diese Regelung im Rahmen der Verfassung möglich. In Zukunft wird zu prüfen sein, wieweit sie der sozialen Wirklichkeit entspricht und in welchem Umfang Frauen Ehemänner und sonstige Familienangehörige überwiegend unterhalten. Ich glaube, daß das gar nicht so selten ist. Wir sollten mehr darüber wissen. Ein anderes heißes Eisen ist seit der Rentenreform von 1957 nicht beseitigt. Es ist das leider durch das Fehlen nur weniger Stimmen nicht gelöste sozialpolitische Problem des Rechtsanspruchs auf Eltern- und Hinterbliebenenrente von alleinstehenden Versicherten, die Elternteile freiwillig und oft vollstän- 4064 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 dig mitunterhalten haben. Es handelt sich hier vor allem um Frauen, ledige, verwitwete und geschiedene alleinstehende Frauen, die mit freiwillig übernommenen Familienpflichten oft ungewöhnlich belastet und daher auch immobil sind. Sie werden in ihren Aufstiegschancen und in ihrer Weiterbildung gehindert. Diese Situation muß unbedingt gründlich untersucht werden. Der Hinweis auf vorübergehende finanzielle Engpässe darf dabei nicht hinderlich sein. Im Rahmen der Elternversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz werden die wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Tod von Kindern eingetreten sind, ausgeglichen. Damit wird auch den Belangen der Kriegermütter Rechnung getragen. Eine Sondererhebung vom 28. 2. 1965 gibt Auskunft über die Zahl der Elternteil- und ElternpaarRenten, die in die Elternversorgung des BVG einbezogen sind. Demgegenüber kennt die Sozialversicherung diesen Rechtsanspruch bei berufstätigen Frauen, die ein Leben lang für Angehörige gesorgt haben, noch nicht. Das Arbeitsministerium war auch nicht in der Lage, weder bei der Diskussion dieses Themas 1956/57 noch bei der Härte-Novelle vor zwei Jahren, Auskunft zu erteilen. Wir müssen darüber Bescheid wissen und werden das Problem erneut im Ausschuß zur Diskussion stellen müssen. Zu der Versorgung der Frau als Kriegerwitwe gehört auch das wichtige Thema der Kapitalabfindung und der Heiratsabfindung. Hier wäre es nützlich, zu wissen, welche Erfahrungen mit der Kapitalabfindung im Zusammenhang mit der Eigentumsbildung als soziale Sicherheit und mit der Heiratsabfindung im Zusammenhang mit dem Verlust des Ernährers in der zweiten Ehe gemacht worden sind, ehe im Zusammenhang mit der Frage des Wiederauflebens der Rente weitere Initiativen zu ergreifen sind. So wichtig wie die Auskunft über die Heirats- und Kapitalabfindung in der Kriegsopferversorgung ist, so notwendig ist auch das Wissen um die Probleme der Beitragserstattung bei Verheiratung in den Rentenversicherungen und die notwendige Aufklärung über die Konsequenzen des Verlangens nach solcher Beitragsrückgewähr für die Frauen, die für eine bestimmte Zeit aus dem Beruf ausgeschieden sind, um ihn dann wieder aufzunehmen. Das Arbeitsministerium hat Erhebungen angekündigt, aus denen die Auswirkungen der verbesserten Leistung für Frauen, vor allem die Sonderregelungen für schwerbeschädigte Hausfrauen im Rahmen des Berufsschadensausgleichs und die Sonderregelungen für beschädigte Hausfrauen beim Einkommensausgleich erkennbar sein sollen. Wir begrüßen diese Absicht; denn nur nach Kenntnis der Untersuchungsergebnisse können Schlüsse für eine sachgerechte Fortentwicklung des Versorgungsrechts gezogen werden. Diese wenigen Hinweise zeigen, daß mit einer Fülle von Gesetzgebungsakten und Verordnungen, zuletzt durch die Härte-Novelle, vor allem für die mit freier Station in der Haus- und Landwirtschaft Beschäftigten der veränderten Situation der Frauen Rechnung getragen worden ist. Manche Sonderlösungen im Arbeitsrecht, so z. B. der Hausfrauentag, sind durch die Verkürzung der Arbeitszeit weitgehend überholt. Sonderlösungen im Steuerrecht ergänzen die Sozialpolitik. Andere Sonderlösungen sind z. B. für die Frauen in den Gesundheitsberufen, für Krankenschwestern, für medizinisch-technische Assistentinnen, für Krankengymnastinnen und dergleichen, die noch kaum eine verkürzte Arbeitszeit kennen, dringend notwendig. Auch von der großen Leistung der Frauen, die als selbständige Unternehmerinnen Verantwortung tragen, sowie der der mitarbeitenden Ehefrauen ist in der Enquete wenig gesagt. Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. 11. 1964 hat der Bundestag die Beschäftigung von Ehefrauen der freiberuflich Tätigen, die bisher versicherungsfrei waren, in die Versicherungspflicht der Rentenversicherung miteinbezogen, so daß damit dem Verlangen solcher selbständig tätigen Ehefrauen, die ein Arbeitnehmerverhältnis haben, Rechnung getragen wurde. Aber auch dieser Personenkreis ist bisher schon durch Sparverträge in der privaten Rentenversicherung in großem Maße selbstverantwortlich gesichert. So zeigt die Zusammensetzung des Neuzugangs in der Lebensversicherung, in welchem Maße Frauen als Unternehmerinnen, als Angehörige der freien Berufe, als Inhaberinnen von gewerblichen Unternehmen und als Handwerksmeisterinnen wie als mitarbeitende Ehefrauen allein oder in Gemeinschaft mit ihren Ehemännern Vorsorge getroffen haben. Leider sagt die Frauenenquete darüber nichts aus. Es müßte durch weitere Untersuchungen festgestellt werden, wie hoch der Prozentsatz derjenigen ist, die sich selbstverantwortlich individuell versichert haben. An einigen Stellen, so z. B. bei der Unfallversicherung, weist die Enquete darauf hin, in welchem Maße die private Unfallversicherung ihr Teil zur sozialen Sicherheit auch der Hausfrauen beiträgt. Es fehlt der Hinweis auf den Anteil, den die private Kranken- und Rentenversicherung im System unserer sozialen Sicherheit hat. Die Sozialgesetzgebung kann das durch Erziehung in Haus und Schule noch nicht ausreichend geförderte neue Verständnis der Ehe als Partnerschaft und der Rolle, die Mann und Frau in Zukunft darzustellen haben, nicht allein lösen. Aber es muß, um auch die heißen Eisen offen anzusprechen, vor Illusionen gewarnt werden. Die Gesellschafts- und die moderne Familienpolitik können nicht — ohne Schaden anzurichten — einfach revolutionäre Sprünge machen, wie sie z. B. im Zusammenhang mit Frauenenquete und Sozialenquete erwartet werden, wenn von einer Ablösung der Familienleistung und einer neuen Form der Hausfrauenrente die Rede ist. Die CDU wird dieses Problem ganz besonders beachten und die Fragen der Hausfrauenrente gründlich prüfen. Zu der neuen Rolle des Ehemannes der berufstätigen Frau gehört das Verständnis für die Notwendigkeit der Weiterversicherung in der Sozialversicherung oder einer individuellen Sicherung auch für die nicht berufstätige Ehefrau und für die junge Frau, die nach kürzerer oder längerer Berufs- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4065 tätigkeit aus dem Beruf ausscheiden muß, weil die Familie ihre ganze Kraft in Anspruch nimmt. Wer neue Wege ohne präzise Vorschläge zu ihrer Verwirklichung fordert und wer trotz der Verbesserung der Witwenversorgung in der Sozialversicherung wie im Kriegsopferrecht meint, neues Recht für nicht berufstätige Hausfrauen zu schaffen, muß sich der Diskussion stellen und sich darüber klar sein, daß die Einführung von Hausfrauenrenten für nicht berufstätige Hausfrauen das Gebäude der Familienpolitik im Rahmen der Sozialversicherung erschüttert, wie es die Sozialenquete-Professoren auch andeuten, und damit den Rechtsanspruch auf Witwenrenten in Gefahr bringt. Die großzügige Hinterbliebenenversorgung in der Versicherung und Versorgung unserer Sozialgesetze, aber auch im Beamtenrecht, wirft zwei Fragen auf, erstens ob denen, die nach einer eigenen Hausfrauenversorgung rufen, dieses System überholt erscheint, und zweitens, ob diejenigen, die eigene Versicherungsansprüche für Ehefrauen im Rahmen der Sozialversicherung wünschen, bereit sind, entsprechende Beiträge für diesen Versicherungsanspruch zu leisten. Hier sind die Ehemänner angesprochen! Ohne erhebliche Beiträge für die Sicherung der Hausfrau kann es keine ausreichende Rente aus eigener Versicherung geben. Die Erfahrungen des Deutschen Hausfrauen-Bundes und seine anerkennenswerten Bemühungen um Aufklärung und Selbsthilfe mit dem „Hausfrauen-Rentenversicherungsdienst" haben gezeigt, daß die jüngeren Hausfrauen, die durch relativ. geringe Monatsbeiträge angemessene Renten in der privaten Rentenversicherung erwerben könnten, noch zu wenig aufgeschlossen für solche selbstveranwortliche Sicherung sind. Wahrscheinlich sind es die Ehemänner in noch geringerem Maße. Die Erfahrungen zeigen aber auch, daß vor allem die älteren Hausfrauen, die schon in der Nähe des Rentenalters sind, das Nichtvorhandensein einer ausreichenden Altersversorgung bedauern und eigene Renten anstreben. Die für solche Renten geleisteten Beiträge sind allerdings in der Regel viel zu gering und die Beitragszeiten bei einem späteren Eintritt in ein Versicherungsverhältnis viel zu kurz, um noch ausreichende Monatsrenten zustande zu bringen. Mit weiteren Bagatell- oder Kleinstrenten kann aber niemand gedient sein, der dieses Problem sozialpolitisch ausreichend lösen möchte. Hier muß die Öffentlichkeit wissen, daß die überholten Vorstellungen aus der Zeit vor der Währungs- und Rentenreform revidiert werden müssen und daß niemand für einen geringen Beitrag eine hohe Altersrente, die — wie die Lebenserwartung der Frauen zeigt — durch Jahrzehnte gezahlt werden muß, erhalten kann. Eine solche Altersrente, wie sie auch Professor Achinger in der Sozialenquete angesprochen hat und für die er keine praktikablen Lösungen aufzeigt, könnte in der Individualversicherung wahrscheinlich leichter als in der gesetzlichen Rentenversicherung gelöst werden, weil für die Rentenversicherung der Arbeitnehmer bei unserer Rentenformel der Individualfaktor und die allgemeine Bemessungsgrundlage — auf die Hausfrauen angewandt — bedeuten, daß man ein Arbeitnehmerverhältnis und ein dem Gehalt oder Lohn ähnliches Einkommen für Hausfrauen voraussetzen muß. Ich unterstelle, daß bei aller Unterschiedlichkeit der Vorbildung, der Fähigkeiten und der Leistung der Hausfrauen das Gehalt einer Hauswirtschaftsleiterin und vielleicht noch das Teilgehalt einer Erzieherin zur Grundlage genommen werden könnte. Ich unterstelle, daß eine 4%ige Lohn- und Gehaltsentwicklung in die Zukunft hinein vorausgesetzt werden kann; dann würden in der Sozialversicherung nicht mehr Beitragssätze, wie sie vor 1948 galten, nämlich 5,6 % des Einkommens, sondern Beitragssätze, wie sie morgen und übermorgen gelten werden, nämlich 15, 16 oder 18 % des Einkommens, entrichtet werden müssen. Das würde bedeuten, daß bei einem Einkommen von 1000 DM, wie es in der Literatur eine Rolle spielt, 150 bis 180 DM monatlich an Beiträgen aufzubringen wären, vergleichbar dem durchschnittlichen Versicherungsleben einer Arbeitnehmerin für 30 bis 35 Jahre, um eine entsprechende Rente zu erhalten. Selbst bei einem Beitrag von monatlich 150 DM würde die Rente nach zehn Jahren nur etwa 140 DM ausmachen. Sie bliebe also immer unter oder in der Nähe des Fürsorgerichtsatzes. Das von Professor Achinger angestrebte Ziel ist also nicht ohne einen entsprechenden Preis zu erreichen. Wer nun die Vorstellung hat, er könne bei einer Öffnung der Rentenversicherung an Stelle der vor 1948 in der Arbeiterrentenversicherung geleisteten freiwilligen 3 DM oder 4,50 DM Beiträge oder in der Angestelltenversicherung gezahlten 50 DM für die freiwillige Versicherung nun ab -1. Januar 1968 beispielsweise 14 DM in der Klasse A oder 56 DM in der Klasse D als freiwilligen Beitrag zu einer Versicherung für Hausfrauen in der gesetzlichen Rentenversicherung leisten, würde unter der Voraussetzung, daß die Löhne ab 1968 gleich bleiben und die Wartezeit für diesen Zweck sogar auf zehn Jahre herabgesetzt würde, die Rente bei einem Monatsbeitrag von 14 DM nach 10 Versicherungsjahren monatlich 15 DM, nach 20 Versicherungsjahren monatlich 30 DM, nach 40 Versicherungsjahren 60 DM betragen. Zahlt die Betreffende das Vierfache, also 56 DM monatlich, würde die Rente nach 10 Versicherungsjahren monatlich 60 DM, nach 20 Versicherungsjahren monatlich 120 DM, nach 40 Versicherungsjahren monatlich 240 DM ausmachen. Vorausgesetzt, daß die Lohnerhöhung ab 1968 regelmäßig 4 % ausmacht und die Rentenformel nicht geändert wird, würde sich für die Versicherte folgende Rentenberechnung ergeben: Bei einem Monatsbeitrag von 14 DM nach 10 Versicherungsjahren monatlich ca. 17 DM, nach 20 Versicherungsjahren monatlich ca. 41 DM, nach 40 Versicherungsjahren monatlich ca. 132 DM; bei einem Monatsbeitrag von 56 DM nach 10 Versicherungsjahren monatlich ca. 67 DM, nach 20 Versicherungsjahren monatlich ca. 165 DM, nach 40 Versicherungsjahren monatlich ca. 527 DM betragen. In der privaten Rentenversicherung würde sich das Beispiel wie folgt darstellen: Bei einem Monatsbeitrag von 15 DM, geleistet mit 45 Jahren, beträgt die Rente beim 60. Lebensjahr monatlich 4066 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 17 DM, beim 65. Lebensjahr monatlich 30 DM, bei einem Monatsbeitrag von 50 DM geleistet mit 45 Jahren, beträgt die Rente beim 60. Lebensjahr monatlich 57 DM, und beim 65. Lebensjahr monatlich 96 DM. Hier ist also auch eine 15- bzw. 20jährige Beitragszahlung vorausgesetzt. Erfolgt der Eintritt in die Versicherung erst mit dem 50. Lebensjahr, ist die Chance entsprechend geringer. Man kann mit 60 Jahren bei einer monatlichen Beitragszahlung von 15 DM einen Rentenanspruch von 11 DM bzw. mit 65 Jahren einen solchen von 20 DM erwerben, bei einer monatlichen Beitragszahlung von 50 DM bei Vollendung des 60. Lebensjahres einen Rentenanspruch von 35 DM bzw. des 65. Lebensjahres einen solchen von 67 DM erwerben. Diese Vergleiche sind sehr theoretisch, weil man die Dynamisierung in der Rentenversicherung, die Lohnbezogenheit der augenblicklichen Rentenformel sowie die Einkommensverhältnisse nicht mit Sicherheit in der Sozialversicherung für die nächsten Jahrzehnte voraussagen kann. Ich bin sicher, daß eine solch nüchterne Betrachtungsweise enttäuschend und desillusionierend ist. Aber auf Wahrheit und Klarheit kommt es an, nicht auf sozialpolitische Versprechen, die weder praktizierbar noch realisierbar sind. Hier sollten Untersuchungen darüber angestellt werden, inwieweit nichtberufstätige Hausfrauen durch eine Familienversicherung oder -versorgung geschützt sind und inwieweit berufstätig gewesene oder wieder berufstätig werdende Hausfrauen selbstverantwortlich gehandelt haben. Schließlich hat eine durch zwei Jahrzehnte hindurch erfolgreiche Wirtschaftspolitik und Wohlstandsmehrung, die man trotz aller vorübergehenden Krisengespräche — die auch gemacht werden können — nicht übersehen darf, gesteigerte Sicherheitsbedürfnisse und erhöhte Ansprüche zur Folge, denen Rechnung getragen werden kann, wenn man den Preis der Befriedigung der Ansprüche ehrlich nennt. Ein heißes Eisen, über das wir ebenfalls zu wenig Zuverlässiges wissen, betrifft die Unfälle im häuslichen Bereich und die Behauptung der unzulänglichen Sicherung der Ehefrauen gegen solche Unfälle. Soweit Hausfrauen in zunehmendem Maße berufstätig sind, ist die gesetzliche Unfallversicherung sowohl für die Berufs- als auch für die Wegeunfälle zuständig. Die berufstätige Hausfrau genießt aber keinen Schutz im privaten oder häuslichen Bereich, in dem bedauerlicherweise weit mehr Unfälle möglich sind als bei der Berufsausübung berufstätiger Frauen. Die Zahl der Hausunfälle ohne tödliche Folge wird auf jährlich 3 Millionen geschätzt. Im Rahmen der verschiedenen Aktionen gegen den Unfall, die in vielen Ländern durchgeführt wurden, sind zwar die Unfallursachen festgestellt, völlig unvollkommen scheint die Kenntnis des möglichen Unfallschutzes auch im Haushalt durch preiswerte private Unfallversicherungen, auf die auch das Arbeitsministerium im Zusamenhang mit der Forderung der Einbeziehung der Hausfrauen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung hingewiesen hat. Dieses Thema hat auch bei den Beratungen zum Unfall-Neuregelungsgesetz eine Rolle gespielt. Aufklärung tut hier offenbar besonders not. Gegen die Einbeziehung der Hausfrauen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung spricht deren System als Haftpflichtversicherung für alle in einem Unternehmen Tätigen. Da sicher niemand unsere Hausfrauen als Arbeitnehmerinnen im Haushalt des Ehemannes zu Beiträgen nach unterschiedlichen und schwer festzustellendem Einkommen— je nach Leistung und Fähigkeit — beurteilen möchte, da auch niemand technische Aufsichtsbeamte in den Haushalt schicken kann, um die private häusliche Intimssphäre zu kontrollieren, würden sich große Schwierigkeiten bei einer gesetzlichen Unfallversicherung für die Hausfrau ergeben. Ministerialdirigent Dr. Haase hat in einem Aufsatz in der „Ersatzkasse" festgestellt, daß man die gesetzliche Unfallversicherung mit diesem Risiko nicht belasten kann, zumal die Prämien der privaten und individuellen Unfallversicherer sich von den Beiträgen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht wesentlich unterscheiden würden, und es jeder im Haushalt tätigen Frau grundsätzlich selbst überlassen bleiben muß, ob und in welcher Art sie für den Fall eines häuslichen Unfalls Vorsorge treffen will. Viele der in der Frauenenquete angesprochenen Themen können nur im Zusammenhang mit der Sozialenquete und der in der letzten Legislaturperiode beantragten Altenenquete gesehen werden. Viele Probleme der sozialen Sicherheit sind bedingt durch die längere Lebenserwartung von Frauen und durch die wachsende Zahl der älteren Mitbürger. Hierdurch werden wieder vorwiegend Probleme der Frauen ausgelöst. Durch die Frühehe entstehen weitere psychologische, gesellschaftspolitische und soziale Schwierigkeiten. Es ist dringend notwendig, diese Situation gut zu durchdenken und mehr Material auszuwerten, um zu erkennen, wo hier die Ansatzpunkte sowohl auf dem Gebiet der Vorsorge als auch auf dem Gebiet der Aufklärung gegeben sind, um uns vor künftigen Schäden, aber auch vor Fehlentscheidungen und Illusionen zu bewahren. Die ältere Frauengeneration hat sich in den Jahren nach und während zweier Kriege und in den Jahren der Vertreibung und der Not besonders bewährt, aber diese Bewährung auch mit einem ho- hen Einsatz an physischem und psychischem Kräfteverlust bezahlen müssen. Hier gewinnen die Fragen der vorgezogenen Altersgrenze für berufstätige Frauen eine neue Aktualität. Wie weit die sogenannte Frühinvalidität mit dieser Altersgrenze zusammenhängt, zeigen interessante Untersuchungen aus der Angestelltenversicherung. Es wäre notwendig, weitere Erhebungen anzustellen, die im weiten Bereich der Arbeiterinnen, der weiblichen Angestellten und Beamtinnen — aber auch der Selbständigen — diese Zusammenhänge aufspüren, damit künftige Ansätze in der Vorsorge und Rehabilitation richtig gesteuert werden können. Die Auswirkungen der Frühehen, der wachsenden Scheidungsziffern bei Frühehen angesichts oft un- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4067 zureichender und nicht abgeschlossener Ausbildung, die Versorgung aus eigener Versicherung oder aus der des geschiedenen Mannes sind in diesem Zusammenhang zu überprüfen. Auch hier sollten wir mehr wissen, um rechtzeitig Entwicklungen vorzubeugen, die morgen auf die Sozialpolitik zukommen. Soziologen, Psychologen, Pädagogen und Mediziner werden nicht müde, auf das veränderte Bild der Frau und die besonderen Belastungen hinzuweisen, die sich für die jungen Frauen heute und morgen ergeben. Hier fehlt noch viel zuverlässiges Wissen, um sozialpolitische Schlußfolgerungen zu ziehen. Sicher ist, daß alle Strukturprobleme der Industriegesellschaft die Frauen am härtesten treffen, daß alle Konjunkturschwankungen auf dem Arbeitsmarkt in der Lohnbewegung sich natürlich auch in der sozialen Sicherung, deren Beiträge lohngebunden sind, auswirken und daß niedrige Löhne der Frauen auch niedrigere Renten zur Folge haben. Fehler der Sozial- und Gesellschaftspolitik sollten nicht immer von den Frauen allein bezahlt werden, die ohnehin für die Fehler der Politik schwer genug einstehen müssen. Eine Untersuchung über Kleinstrenten zeigt, daß in 85 % aller Fälle Frauen betroffen waren. Es wurde ferner festgestellt, daß diese Frauen, sofern sie Kleinstrenten beziehen, zum überwiegenden Teil verheiratet sind und zuletzt freiwillig versichert waren. Hier entstehen besondere Aspekte auch bei der Annahme gering bezahlter Stellungen oder bei der Teilzeitarbeit. Das Problem der Versicherungsfreiheit bei Teilzeitarbeit ist versicherungspflichtig nicht umstritten. Hier muß auch festgestellt werden, daß die sehr viel kürzere Versicherungsdauer der weiblichen Versicherten, die geringe Beitragszahlung, die Unterbrechung des Berufs oder die Übung, bei Heirat von der Beitragsrückerstattung Gebrauch zu machen, eine unregelmäßige Berufstätigkeit und schließlich Heimarbeit Ursachen für Kleinstrenten in relativ vielen Fällen sind. Damit ist nicht ausgesagt, daß die Empfänger dieser Kleinstrenten auch wirklich arme Leute sind. Es wäre notwendig, mit den Tabus zu brechen, Rentenempfänger als eine homogene Gruppe „armer Leute" darzustellen. Nach der Rentenreform .haben alle diejenigen Frauen, die ein Leben lang berufstätig gewesen sind und ausreichende Beiträge gezahlt haben, an erheblichen Rentenerhöhungen teilgehabt. Sofern Frauen bestimmter Berufsgruppen in der Hauswirtschaft, in der Land- und Forstwirtschaft, in der Krankenpflege durch eine zu geringe Bewertung der Sachbezüge besonders niedrige Renten bezogen haben, hat die Härtenovelle auch hier wesentliche Verbesserungen gebracht. Bei all diesen Zusammenhängen muß darauf hingewiesen werden, daß bei Kurz- und Teilzeitbeschäftigung, bei geringer Bildung und Ausbildung und demzufolge niedrigen Frauen-Einkommen auch niedrige Renten die Konsequenz unserer Rentengesetzgebung sein müssen. Es darf dabei das persönlicher Verhalten der Versicherten und die eigenverantwortliche Gestaltung des Versicherungsschutzes, die ein Teil des Rechts auf Selbstbestimmung nach dem Grundgesetz ist, nicht übersehen werden. Auf dem Gebiete der Vorsorge sollten vor weiteren Novellen, die in der Kranken- und Rentenversicherung bevorstehen, sehr gründlich untersucht werden, wieweit die Maßnahmen der einzelnen Träger koordiniert, die Kosten überschaubar gemacht und gespart werden können und wie durch eine bessere Aufklärung und modernere Form der Hilfe für alleinstehende und verheiratete Frauen auch die Frauen mehr Gelegenheit bekommen, von den Möglichkeiten solcher Vorsorgemaßnahmen Gebrauch zu machen. Für den Mann ist es in der Regel viel einfacher, sein Heilverfahren in jedem Jahr — sei es von der Krankenkasse, vom Rentenversicherungsträger, vom Versorgungsamt, über die Beihilfe oder durch die Steuer finanzieren zu lassen. Für das ältere Ehepaar ohne Kinder ist auch die gemeinsame Badekur — oft mit Hilfe der Steuer — finanzierbar. Für die große Zahl der Mütter und der alleinstehenden Frauen mit Unterhaltsverpflichtungen ist eine Badekur nicht realisierbar und die Sanatoriumskur oder der Aufenthalt im Müttergenesungsheim nur unter großen Schwierigkeiten durchzuführen. Hier müssen nicht nur wir ansetzen, sondern hier sind Länder, Gemeinden, Selbstverwaltungsorgane und alle Institutionen angesprochen. Notwendig ist eine Auswertung der Ergebnisse der Badekuren, Sanatoriumskuren und der sonstigen Rehabilitationsmaßnahmen, für die erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen eine Koordinierung der Heilverfahrensmaßnahmen hinsichtlich der Kranken-, Renten-, Unfallversicherung und Kriegsopferversorgung, ferner einen Austausch der Akten untereinander. Das Hin- und Herschieben der Versicherten von einem Träger zum anderen, die Möglichkeit für die einen, jedes Jahr eine Kur zu haben, und die Unmöglichkeit für viele Frauen, nicht einmal eine Möglichkeit zu nutzen. Solange die Öffentlichkeit, und zwar Männer und Frauen, kritisiert, daß die Frau zwei Rollen haben muß und der Mann nur eine haben kann, bleibt die wirkliche Gleichstellung eine Illusion. In der Sozialpolitik wissen wir über die Folgen der Doppelbelastung der Frauen keineswegs genug. Wir kennen sie weder bei der Morbidität noch bei der frühzeitigen Berufsunfähigkeit. Wir wissen zwar, daß die Erholungsbedürftigkeit der Mütter besonders groß und ihre Verwirklichung nur in ganz seltenen Fällen möglich ist. Weil es sich hier um wichtige gesellschafts- und sozialpolitische Probleme handelt, brauchen wir tiefschürfendes Material, um daraus Konsequenzen zu ziehen. Ich wehre mich gegen die vereinfachende Vorstellung von der Frau als Arbeitskraftreserve. Hier müssen wir besonders im Hinblick auf die verheiratete Frau mit kleinen Kindern sehr viel mehr differenzieren. Eltern, Schulen und Arbeitsämtern erwachsen hier neue Aufgaben, für die uns auch die Soziologie Forschungsergebnisse liefern muß. Dem Staat sind hier Grenzen gesetzt. Ohne Einsicht und Neuverteilung der Arbeitsaufgaben innerhalb der Familie und der Geschlechter wird sich die Frau 4068 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 weder auf dem Arbeitsmarkt noch in der Gesellschaft behaupten können. Nichts wäre gefährlicher, als die Veränderungen in der Welt, in der wir leben, und die Gefahren, die uns morgen durch strukturelle Veränderungen drohen, zu übersehen und neue Probleme opportunistisch lösen zu wollen, ehe wir die Grundlagen gründlich erforscht haben. Wir müssen auch in der Sozialpolitik in die Rechnung setzen, daß steigende Ansprüche wachsende Kosten verursachen, daß das Umverteilungssystem heute eine veränderte Wirkung hat, daß die vielen „Töpfe" in der Familienpolitik nicht nur im Rahmen der Sozialversicherung und Versorgung, sondern auch im Steuer- und Beihilfenrecht koordiniert und überschaubarer gemacht werden müssen, um gezielt denen zu helfen, die auch heute noch die Hilfe der Gemeinschaft brauchen. Das gelingt nicht, ohne die moralisch-ethischen Werte, die sich im Willen zur Selbsthilfe und in der Bereitschaft zur Selbstverantwortung ausdrücken, aufzuwerten. Wer so denkt — und ich hoffe, daß das noch eine große Mehrheit in unserem Volke ist — erkennt auch die Grenzen der staatlichen Sozialpolitik, die nicht nur von der Wirtschaft und Finanzkraft her gezogen sind. Es geht darum, unsere Gesellschaftspolitik in die soziale Wirklichkeit recht einzuordnen und die Synthese zwischen der Leistungskraft des einzelnen und seiner Familie und den Hilfen der Gemeinschaft, der Steuer- und Beitragszahler, in der Sozialpolitik von morgen zu finden. Hierzu werden Frauenenquete und Sozialenquete viele Anregungen zum Nachdenken geben. Für die Frauen aber gilt, daß sie mehr als bisher über die Möglichkeiten der erfolgreichen und ihnen zugute kommenden Leistungen aufgeklärt werden, damit sie wissen, wie sie die Möglichkeiten, die der soziale Rechtsstaat den Frauen gegeben hat, auch in dem gesellschaftlichen Umwandlungsprozeß genügend nutzen können. Anlage 7 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Renger (SPD) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Es geht um ein Thema, das zu unseren Pflichtübungen gehört: Frau in Staat und Gesellschaft, also in der Politik. Leider sind es fast ständig die gleichen Leute, die redeten und die gleichen, die zuhörten, nämlich Frauen. Das in aller Breite behandelte Thema geht nicht nur die Frauen, sondern uns alle an. Obwohl es die an die Frauenenquete gestellte Aufgabe war, die neue Rollenvorstellung der Frau in der Industriegesellschaft zu entwickeln und möglichst auch zu formulieren und dadurch die Grundlagen für die notwendige Vereinbarkeit zwischen der gesellschaftlichen und familiären Rolle vorzubereiten, wurde in der Frauenenquete weitgehend an traditionellen und nicht mehr zeitgemäßen Vorstellungen festgehalten, die der Frau- und Mutterrolle den absoluten Vorrang gegenüber allen anderen Lebensbereichen der Frau einräumen. Eine Einteilung der Frauen nach ”Hausmuttertyp” und einem familienentfremdeten ”Berufsfrauentyp” ist absolut fehl am Platze. Erschwerend tritt hinzu, daß nach dem Bericht der verheirateten Frau ein größeres Prestige eingeräumt wird als der ledigen Frau. Das führt zu der Konsequenz, daß die Menschen nach ihrem Personenstand, nicht aber nach ihrer Leistung beurteilt und bewertet werden. Durch diese Einstellung wird gerade die Politik zu einem isolierten Bereich, der der eigentlichen Aufgabe der Frau diametral entgegengesetzt zu sein scheint. Das mag sogar der Auffassung einer großen Anzahl von Frauen entgegenkommen und die Wahlbeteiligung besonders der jungen Generation bis zum 25. Lebensjahr, die die geringste der weiblichen Wahlbeteiligung war, stimmt einen traurig. Hinnehmen können wir das aber nicht. Im Gegenteil! Man muß der auf dem CDU-Parteitag geäußerten Auffassung widersprechen, „daß es die Aufgabe der Frau sei, sich vom Krampf der modernen Lebensform zu lösen und im Haus für Familie und Kinder zu sorgen. Wenn wir die Zeichen der Zeit richtig verstehen, geht die Tendenz ja eben gerade dahin, Beruf oder gesellschaftliche Mitwirkung mit der uns nicht abzunehmenden und gern geübten Rolle als Frau und Mutter in Übereinstimmung zu bringen. Hier lag ja auch das Schwergewicht des von meiner Partei eingebrachten Antrags zur Erstellung einer Enquete. Kirchliche Institutionen, Gewerkschaften, Parteien und der Gesetzgeber sollten die Frauen im Gegentei ermuntern, ihre Doppelrolle in der Gesellschaft zu spielen — die umgekehrt auch vom Mann gegenüber der Familie verlangt werden muß — und sich ausreichende Kenntnisse über die Zusammenhänge von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu erwerben, um selbst entscheidungsfähig und entscheidungswillig sein zu können. Die Voraussetzungen dafür sollten in den Schulen beginnen, indem der Gemeinschaftskundeunterricht oder die Soziologie als Lehrfach besser ausgestattet oder überhaupt erst eingeführt werden. Nicht einfach ist es für den Staatsbürger, insbesondere für die Frauen, daß außerordentliche komplexe und in ungeheurer Schnelligkeit wechselnde politische Geschehen zu erfassen. Deshalb ist es die besondere Aufgabe dieses Parlaments, die Zusammenhänge durchsichtig zu machen — und es ist die Verpflichtung der Regierung, den Staatsbürger umfassend und wahrheitsgemäß zu unterrichten. Das Vertrauen zwischen Regierten und Regierenden ist weitgehend von einem solchen Regierungsstil ab- hängig. Ein solches Vertrauensverhältnis entzieht denjenigen extremen politischen Gruppierungen von rechts oder links, die sich das Ziel gesetzt haben, die Demokratie und ihre parlamentarischen Einrichtungen verächtlich zu machen, jeglichen Boden. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4069 Weiter wird die bei den Frauen besonders vorherrschende Organisationsscheu noch dadurch verstärkt, daß es schon zum guten Ton gehört — auch von Zeitungen und Zeitschriften mit Niveau —, Parteien und besonders ihre Funktionäre negativ darzustellen. Die gesellschaftlichen Leistungen der vielen ehrenamtlichen Funktionäre, die die Demokratie von unten überhaupt ermöglichen, sollte mit Hilfe des Parlaments besser herausgestellt werden. Auch dieses Parlament könnte im eigenen Interesse eine bessere Öffentlichkeitsarbeit machen. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Frauen bei der Teilnahme am politischen Leben wurde von Prof. Pöggeler auf einer Frauentagung zutreffend gekennzeichnet: „Vor der Wahl buhlt man um möglichst viele Frauenstimmen, nach der Wahl erfolgt aber eine grobe Vernachlässigung des fraulichen Mitspracherechts. — Der Kampf um den einen Ministerposten nahm regelmäßig nach den Bundestagswahlen peinliche Formen an und stand in krassem Widerspruch zu den Reden mancher Politiker." Die Frage scheint also berechtigt, ob denn die Parteien sich genug um die Mitarbeit der Frauen bemühen und ob sie sich auch Mühe geben, besonders auf der lokalen Ebene, attraktiv genug zu sein. Dem wird immer entgegengehalten — auch die Untersuchung stellt das fest —, Frauenkandidatinnen würden eben nicht gewählt, besonders nicht von den Frauen selbst. Dabei ist einwandfrei festzustellen, daß die Frauen in für ihre Partei guten Wahlkreisen selbstverständlich genauso gewählt wurden wie die Männer. Wo sie nicht gewählt wurden, waren die Chancen für ihre Partei so schlecht, daß auch Männer nicht gewählt worden wären. Daß die vorgenannte Auffassung höchst fragwürdig ist,. zeigt die Tatsache, daß auch in anderen Gremien, Beratungsgremien beim Bund, Richterinnen, Schöffinnen, in der Sozialgerichtsbarkeit oder in Rundfunk, Fernsehen, Presse, bei den Behörden von Bund, Land und anderen Gebietskörperschaften, Selbstverwaltungskörperschaften, also auch da, wo delegiert wird, Frauen gar nicht oder nur in geringem Umfange anzutreffen sind. Der erste Bericht der früheren Bundesregierung bringt auch hier allseits Bekanntes. Leider fehlen weitgehend wissenschaftliche Untersuchungen, Motivforschung bei Männern und Frauen; deshalb fehlen schlüssige Beweise. In einer unabhängigen Sachverständigenkommission geschähe das besser als in einem Ministerium. Den wirklichen „Integrationsprozeß der Frau ins Menschliche" kann man nur zu einem Teil durch gesetzliche und andere Maßnahmen fördern. Die entscheidende Voraussetzung ist, daß man in den Hirnen der Menschen Vorurteile ausräumt und den geistigen Prozeß den bereits vorhandenen Tatbeständen anpaßt. Dieser Bericht hat seine Schwächen und Unvollkommenheiten, und das ist zu beklagen. Seine positive Seite ist: die Aufforderung zum Handeln. Anlage 8 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Stommel (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Wenn an der Frauenenquete hier und da schon einmal Kritik geübt wird, so auch daran, daß der Teil „Familie und Haushalt" vorangestellt worden ist. Man sagt, es sei zunächst ein Bericht über die Situation der Frau im Beruf verlangt worden. Nun, diese Voranstellung ist durchaus gerechtfertigt, weil über 9,6 Millionen Frauen ihre Erfüllung im Beruf einer Hausfrau sehen. Nach wie vor bilden von allen Frauengruppen die verheirateten, nicht erwerbstätigen Frauen die. stärkste Gruppe, Von 14,4 Millionen verheirateten Frauen waren im April 1964 9,6 Millionen nicht erwerbstätig. Von 12,9 Millionen verheirateten Frauen zwischen 15 und 65 Jahren waren 8,3 Millionen nicht erwerbstätig. Alle diese Frauen waren also Nur-Hausfrauen. Lassen Sie mich zu den Nur-Hausfrauen einige Sätze sagen. Sich selbst hoch genug einzuschätzen und für eine unbezahlbare Kraft zu halten, genügt nicht, den materiellen Arbeitswert einer NurHausfrau und „Nur-Familienmutter" einzustufen und als feste Größe zu respektieren. Hier müssen wir auch einmal fragen: Wieviel ist eine Hausfrau wert? Von Bundesrichter Scheffler wurde ein Gutachten erstellt, in dem es heißt, daß die Familienmutter eines durchschnittlichen Vierpersonenhaushaltes den eigenen Wert mit bestem Recht als eine schon „fast tausend Mark werte Kraft" feststellen kann. Das Ergebnis kann nur den überraschen, der nicht bedenkt, daß die Arbeitszeit der Hausfrau und Mutter im Vierpersonenhaushalt mit 70 Wochenstunden fast um die Hälfte höher liegt als die Arbeitszeit eines Arbeiters oder Angestellten. Man mag über die Notwendigkeit einer solchen Bewertung ruhig streiten. Es ist aber einfach undiskutabel, den Wert der von einer Frau geleisteten Hausarbeit nach der Höhe des Einkommens des Mannes einzustufen. Einer Ehefrau, deren Mann ein hohes Einkommen hat, werden in der Regel mehr zeit- und arbeitssparende Hauswirtschaftsgeräte zur Verfügung stehen als einer Frau, deren Mann wenig verdient. Bei einer Darstellung der Versuche, zu brauchbaren Meßmethoden für die Arbeitsleistung der Hausfrau zu kommen, verdienen auch die Arbeitsergebnisse des Max-Planck-Instituts für Arbeitsphysiologie Erwähnung. Diese Untersuchungen haben ergeben, daß der tägliche Arbeitskalorienbedarf einer Hausfrau etwa dem eines Schwerarbeiters entspricht. Im einzelnen wurde dabei festgestellt, daß an Tagen mit vermehrter Putzarbeit der Kalorienverbrauch 10 bis 20% über dem normalen Verbrauch liegt und daß an einem durchschnittlichen Arbeitstag im Zwei-Personen-Haushalt der Energieverbrauch um 10% niedriger liegt als bei gleichartiger Tätigkeit in einem Fünf-PersonenHaushalt. 4070 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Trotzdem kann die Arbeit in den einzelnen Haushalts- und Familientypen nicht einheitlich bewertet werden. So wird z. B. ein Haushalt mit größeren Repräsentationsverpflichtungen höhere Anforderungen an die Kenntnisse und geistigen Kräfte der Hausfrau und damit an ihre dispositiven und kalkulatorischen Fähigkeiten stellen. Auch wird die hauswirtschaftliche Tätigkeit in einer sogenannten „Aufbaufamilie" — Familie mit noch nicht erwachsenen Kindern — einen höheren Arbeitwert aufweisen als in Familien, deren Kinder das Elternhaus bereits verlassen haben. Weder im Einzelfall, noch wenn es darum geht, die Leistungen aller Frauen in den' Familien und Haushaltungen quantitativ zu erfassen und zu bewerten, kann man einen Maßstab gewinnen und ihn verwerten. Neben der rein hauswirtschaftlichen Arbeit der Nur-Hausfrau kommt vor allem die erzieherische Leistung der Mütter hinzu. Hier bedarf die Mutter häufig einer nachhaltigen Unterstützung durch außerhäusliche Erziehungsträger. Die Fülle von pädagogischen Ratschlägen, Aufforderungen und Hinweisen, die den Müttern von allen Seiten gegeben werden, beeinträchtigt zwar nicht unmittelbar das soziale Ansehen der Mutter, ist aber doch auf die allgemeine Wertschätzung ihrer Erziehungsleistung nicht ohne Einfluß geblieben. Die Mutter gilt heute nicht mehr ohne weiteres als die beste Erzieherin ihrer Kinder, sondern sie muß sich diesen Ruf besonders erringen. Diese Notwendigkeit kann ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigen oder aber — sofern sie ihrer Erziehungsaufgabe gerecht wird — erheblich steigern. Dem muß mehr Rechnung getragen werden, z. B. dadurch, daß nicht nur der Mutter als Aufgabe aufgeladen wird, was dem Vater zumindest mitaufgetragen ist. Eine solche Hilfe und Aufwertung würde gewiß auch mit dazu beitragen, das Ansehen der Hausfrau und Mutter in der Öffentlichkeit zu heben. Wenn immer wieder in leicht abfälligem Ton von der „Nur-Hausfrau" gesprochen wird, so macht dies nur allzu deutlich, wie wenig der Funktionskreis der Hausfrau und Mutter und die Bedeutung ihrer Tätigkeit für das gesamte soziale Leben erkannt werden. Die daher von vielen Seiten erhobene Forderung, dieses verzerrte Bild zu korrigieren und das Verhalten der Gesellschaft gegenüber der Hausfrau und Mutter zu ändern, ist unabweisbar geworden. Einen wertvollen Beitrag zu einer neuen Sicht und Einstellung hat ja der Bundestag durch die Einführung eines gesetzlichen Güterstandes und der Zugewinngemeinschaft geleistet, die ebenso wie die Neuregelung der Unterhaltspflicht von Mann und Frau von der Vorstellung der grundsätzlichen Gleichwertigkeit hausfraulicher Leistung und außerhäuslichen Erwerbstätigkeit des Mannes ausgeht. Trotz allem bleibt es schwierig, die von der Mutter und Hausfrau erbrachte Leistung objektiv zu würdigen. Man spricht von 52 Milliarden Arbeitsstunden, die von 'Frauen jährlich im Haushalt geleistet werden. Vergleicht man diese Zahl mit den in den Wirtschaftsbereichen geleisteten Arbeitsstunden von insgesamt 60-65 Milliarden pro Jahr, so läßt sich trotz aller notwendigen Vorbehalte die große Bedeutung erkennen, die einer wirtschaftlichen Betrachtung der Hausarbeit beizumessen ist. Bisher liegen nur Erhebungen über die Arbeitszeit in den landwirtschaftlichen Haushalten vor. Für den Stadthaushalt ist man weitgehend auf Schätzungen angewiesen. Hier sollten Forschungsaufträge uns zu weiteren Ergebnissen verhelfen, wie groß der Arbeitsaufwand in den Stadthaushalten ist. Eine nähere Prüfung dieser Arbeitsstudien würde die Situation und den Arbeitsanfall auch in den Stadthaushalten klären. Um so berechtigter aber erscheint auch die Forderung, wie sie in dieser Frauenenquete mit Nachdruck erhoben worden ist, den Hausfrauen und Müttern die ihnen gebührende Achtung zu bezeugen und ihrer Arbeitsleistung mehr Beachtung zu schenken. Anlage 9 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Franzen (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Im Rahmen dieser Aussprache über die Situation der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft, möchte ich das Hohe Haus und die Öffentlichkeit nur ganz kurz auf einen wichtigen Bereich hinweisen, der leider sehr oft wenig Beachtung findet. Das Arbeitsrecht im allgemeinen und der Arbeitsschutz im besonderen sind für das Berufsleben der Frau von ganz besonderer Bedeutung. Die Nichtachtung dieser Vorschriften hat sehr oft schon zu bedauerlichen Konsequenzen geführt. Beim kollektiven Arbeitsrecht handelt es sich um einen Ordnungsbereich, der die soziale und rechtliche Stellung der Arbeitnehmer in der gewerblichen Arbeitswelt regelt. In jahrzehntelanger gesetzgeberischer Arbeit ist bei uns das Arbeitsrecht gewachsen. Man darf sagen, daß wir wohl an der Spitze der europäischen Länder stehen. Die Arbeitsschutzbestimmungen haben ihren Anfang genommen mit dem Verbot der Kinderarbeit in der Gewerbeordnung von 1869. 1891 wurde die Nachtarbeit für Frauen grundsätzlich verboten. In Ergänzung dieser Vorschriften sind eine Vielzahl von Bestimmungen erlassen worden, im besonderen auch zugunsten der berufstätigen Frauen. Im Mutterschutzgesetz von 1952 z. B., ein Arbeitsschutzgesetz, sind ganz spezielle Vorschriften zum Schutze der im Erwerbsleben stehenden werdenden Mütter gegeben worden. Der Bericht der Bundesregierung gibt zur arbeitsrechtlichen Stellung der berufstätigen Frau eine ausführliche Darstellung des geltenden Rechts. Erfreulicherweise können wir feststellen, daß das geltende Arbeitsrecht in seiner Differenzierung, seiner Nuancierung und seinem Umfang viel stärker auf die Eigenarten der Frau abgestellt und ausgerichtet ist, als dies in der Bevölkerung bekannt zu sein scheint. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4071 Mehr als ein Drittel aller Erwerbstätigen sind gegenwärtig. bereits Frauen und Mädchen. Die Frauenarbeit hat in den letzten 15 Jahren um rund 75 % zugenommen und ist wohl kaum noch aus dem Erwerbsleben wegzudenken. Mir scheint aber, daß die rechte Einschätzung der Frauenarbeit hinter ihrer zahlenmäßigen Entwicklung weit zurückgeblieben ist, ihre Bedeutung und ihre Notwendigkeit nicht die rechte Würdigung erfährt. Von daher sollten wir unsere Öffentlichkeitsarbeit sehen. Die Frau in ihrer Doppelrolle als Hausfrau und Mutter einerseits und als berufstätige Frau andererseits darf nicht übersehen werden. In dem vorliegenden Bericht finden sich aufschlußreiche Hinweise und Prognosen zu diesem Thema. Im Arbeitsrecht sind die Besonderheiten der Frau, ihre biologische Beschaffenheit und ihre biologische Funktion weitgehend zu berücksichtigen. Die Schwere der Arbeit, das Arbeitstempo, der Arbeitseinsatz nach Tageszeiten, die Art der Arbeit, sowie die Ruhepausen spielen dabei eine besondere Rolle. Im zweiten Teil des `Berichtes der Bundesregierung über die Situation der Frau im Beruf — 2. Abschnitt, Arbeitsrecht, Arbeitsmedizin, Seite 96 — findet sich eine umfassende Sachdarstellung der arbeitsrechtlichen Vorschriften und des Frauenarbeitsschutzes. Eine Grundsatzreform unseres Arbeitsrechts brauchen wir demnach nicht, es bleibt aber trotzdem noch eine Reihe von Aufgaben und Problemen zu lösen. Die Erkenntnisse, die wir aus den Jahresberichten der Gewerbeaufsicht sammeln konnten, zeigen uns, in welcher Richtung noch gearbeitet und wo der Hebel angesetzt werden muß, um Arbeitsschutz und Arbeitsrecht für die berusftätige Frau wirksamer auszuwerten. Auch hierüber finden sich in dem Bericht der Bundesregierung die entsprechenden Hinweise z. B. auf Seite 108 ff. des Berichtes: „Erkenntnisse aus den Berichten der Gewerbeaufsicht". Arbeitszeitüberschreitungen sind weitgehend zurückgegangen, ebenso die Sonn- und Feiertagsarbeit. Diese Entwicklung wurde zum Teil durch die Abwanderung der Frau aus den Arbeitsbereichen des Dienstleistungsgewerbes, wo die Arbeitszeitvorschrift am meisten unbeachtet blieb, in die Industrie- und Gewerbebetriebe begünstigt, in Betriebe also mit günstigen Arbeitszeiten, verlängerten Wochenenden, geregelter Freizeit und der Ruhepause. Bedauerlich ist dabei allerdings, daß von diesem Trend insbesondere unsere Heime und unsere Krankenhäuser, die Haus- und Landwirtschaft betroffen sind. Hier stellt sich uns und der gesamten Öffentlichkeit eine große und dankbare Aufgabe, die im Interesse der Frau, aber auch zum besten unserer Krankenhäuser und Heime gelöst werden muß. Es ist doch unverständlich, daß wir für ausgesprochene Frauenarbeit und Frauenberufe einen Mangel an weiblichen Arbeitnehmern und Fachkräften haben. Dies gilt sicherlich nicht für alle Frauenberufe. Für diejenigen, wo es gilt, muß etwas geschehen; denn diese sind meines Erachtens von der Aufgabe her mit die wertvollsten Frauenberufe. Z. B. müßte der Schwestern- und Pflegeberuf attraktiver gestaltet, deren Arbeits- und Freizeit dem modernen Arbeitsrecht angepaßt und deren Einsatz an Sonn- und Feiertagen in einem tragbaren, zufriedenstellenden Rhythmus geregelt werden. Dies ist kein neues, aber auch kein Einzel-Beispiel. Es ist nicht meine Aufgabe, bestimmte Einzelprobleme hier zu vertiefen. Bei den Beratungen in den Ausschüssen werden wir dazu noch reichlich Gelegenheit haben. Auf zwei Entwicklungen in der Arbeitswelt der Frauen möchte ich noch hinweisen, auf den Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und das Bestreben älterer Frauen, in das Berufsleben und ihren Beruf zurückzukehren. In der Zukunft werden sich die Arbeitsmöglichkeiten für die Frauen wandeln. Während mehr qualifizierte Fachkräfte benötigt werden, wird der Bedarf an. ungelernten Kräften zurückgehen. Arbeiten, die bislang von Männern gemacht wurden, werden infolge der fortschreitenden Automation besser von Frauen ausgeführt, weil sie an und für sich wendiger sind. Der Bedarf an weiblichen Arbeitskräften wird also eher steigen, als sich verringern. Daraus ergibt sich naturgemäß eine erhöhte Wachsamkeit auf dem Gebiete des Gesundheits- und Unfallschutzes. Bei der Doppelfunktion der Frau liegt es nahe, daß die junge Frau bei der Gründung einer Familie aus dem Berufsleben ausscheidet und später, wenn die Kinder erwachsen sind und der besonderen Pflege der Mutter nicht mehr bedürfen, als ältere Frau wieder in das Berufsleben zurückkehrt. Möglicherweise wird sich der Trend zur Rückkehr in das Berufsleben bei den Frauen erhöhen, weil das Heiratsalter der Frau sinkt. Sie erreicht damit früher den Lebensabschnitt, in dem ihre Beanspruchung durch Familienpflichten nachläßt und sie wieder Zeit für eine Berufstätigkeit hat. Diese Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt im Ablauf des Arbeits- bzw. Berufslebens der Frau fordern nicht nur seitens der Arbeitsschutzbehörden erhöhte Aufmerksamkeit, Anpassung und Wendigkeit, sondern auch seitens der Arbeitsverwaltung in der Frage der Berufswahl und Berufsberatung, seitens der Wirtschaft in der Frage der Berufsausbildung eine kluge Voraussicht und Menschenführung. Lehrberuf, Ausbildung und Berufsweg sind für die soziale Entwicklung und die Gesundheit eines Menschen ebenso wie für seine Formung zur Persönlichkeit von eminenter Bedeutung. Anlage 10 Schriftliche Erklärung des Abgeordnetem Frehsee (SPD) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Auch für den fünften Teil der Frauen-Enquete, der sich mit der Situation der Frauen in der Landwirtschaft befaßt, gilt, was von meinen Vorrednern bzw. Vorrednerinnen schon wiederholt gesagt worden ist: er hat nur in geringem Maße den Charakter einer Enquete, sondern stellt vielmehr eine zweifellos 4072 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 recht fleißige Zusammenstellung der wenigen verfügbaren Daten dar. Das vorhandene Material war offensichtlich unzureichend. Deshalb kann man nicht davon ausgehen, daß dieser Bericht über die Lage der Frauen in der Landwirtschaft als repräsentativ angesehen werden könnte. Beim Studium dieses fünften Teils drängt sich auch die Frage auf, ob es richtig war, der Landwirtschaft ein besonderes Kapitel zu widmen. Wir wollen sie doch eigentlich voll in unsere Volkswirtschaft und in unser modernes Gesellschaftssystem integrieren. Wir wollen die Besonderheiten der landwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung und besonders der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Landwirtschaft und damit auch die der Bäuerinnen und sonstigen in der Landwirtschaft tätigen weiblichen Personen abbauen. Sie sind ja doch meist negativer Natur. Eine Gleichstellung der in der Landwirtschaft tätigen Frauen mit denen der gewerblichen Wirtschaft ist gleichbedeutend mit einer Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen und der sozialen Sicherheit, von einigen wenigen Ausnahmen abgeshen. Auf der anderen Seite ist das Problem der Verbindung von Beruf und Familie bzw. Betrieb und Hauswirtschaft nicht auf die Landwirtschaft beschränkt, es gilt in gleichem Maße für weite Bereiche des Nahrungsmittelgewerbes, beispielsweise der Fleischereien, der Bäckereien und auch für die Familienbetriebe im Einzelhandel. Deshalb sollte in einer künftigen neuen Untersuchung der Situation der Frauen, der Situation der im Betrieb mitarbeitenden weiblichen Familienangehörigen ein besonderes Kapitel gewidmet sein. Auch für diesen fünften Teil der Enquete muß ge- sagt werden, daß aus der differenzierten Darstellung der Situation — was hätte geschehen müssen, auch wenn sie nicht als repräsentativ anzusehen ist — keine Folgerungen für notwendige Maßnahmen gezogen worden sind. Deshalb ist es die Aufgabe des Parlaments, diese Schlußfolgerungen zu ziehen. Das gilt auch für die gesetzlichen Maßnahmen, die zwar aufgezählt sind, deren Wirksamkeit jedoch nicht beurteilt wird. Der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der landwirtschaftlich Erwerbstätigen ist besonders hoch, er beträgt 53 %. Die in der Landwirtschaft tätigen Frauen machen 17,5 %, der Gesamtzahl der erwerbstätigen Frauen in der Bundesrepublik aus. Eine der wesentlichen Besonderheiten der Situation der Frauen in der Landwirtschaft ist auch, daß etwa 90 °/o selbständige oder mithelfende Familienangehörige sind, auf die die arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen nur sehr begrenzt Anwendung finden. Aber das gilt, wie schon gesagt, nicht nur für die Landwirtschaft. Auf die große Lücke in unserem System der sozialen Sicherung, die soziale Sicherung der Mithelfenden, wird überhaupt nicht hingewiesen. Was die Landwirtschaft betrifft, so haben wir uns mit den dortigen Mithelfenden in diesem Hohen Hause wiederholt befaßt, wenn wir die landwirtschaftliche Altershilfe ausgebaut und verbessert haben. Seit der 3. Novelle gibt es die Beitrittsmöglichkeit für die älteren mithelfenden Familienangehörigen. Von dieser Möglichkeit ist bisher nur in geringem Maße Gebrauch gemacht worden. Die Enquete hätte die Gründe dafür darlegen sollen. Aber sie hat die Frage offengelassen, und deshalb wird 'sie auf andre Weise untersucht werden müssen. Das wesentliche Ergebnis der Untersuchung der Situation der Frauen in der Landwirtschaft ist wohl die wieder einmal mehr bestätigte bekannte große Arbeitsüberlastung der Frauen. Sie hat. ernste gesundheitliche Folgen. Daraus sind meines Erachtens u. a. folgende Schlußfolgerungen zu ziehen: 1. Die Einführung der medizinischen Rehabilitation für selbständige und mithelfende Familienangehörige in der Landwirtschaft durch das 3. Änderüngsgesetz zum landwirtschaftlichen Altershilfegesetz, ,das wir hier 1965 beschlossen haben, d. h. die Einführung von Heilbehandlungsmaßnahmen und Heilkuren für Ehefrauen und mithelfende Familienangehörige, entsprach einer 'dringenden Notwendigkeit. Das Ausmaß der medizinischen Rehabilitation ist jedoch in letzter Zeit durch die prekäre Finanzlage bestimmt worden. Sie wird naturgemäß eingeschränkt werden müssen, wenn die dafür erforderlichen Mittel nicht im notwendigen Ausmaß bereitgestellt werden können. Weit mehr als beim landwirtschaftlichen Altersgeld an sich ist die medizinische Rehabilitation und damit die Verbesserung des Gesundheitszustandes der in der Landwirtschaft 'tätigen weiblichen Mithelfenden eine Frage der Finanzierung der landwirtschaftlichen Alterskassen. 2. Eine zweite zwingende Schlußfolgerung ist die Einführung einer Pflichtkrankenversicherung für die Selbständigen und Mithelfenden der Landwirtschaft. Aus ersten Ergebnissen einer noch laufenden Untersuchung der Agrarsozialen Gesellschaft ist zu erkennen, daß der Krankheitsschutz, wie wir das hier schon wiederholt auf Grund unserer praktischen Kenntnis der Verhältnisse in der Landwirtschaft konstatiert haben, völlig unzureichend ist. Wie in der Altershilfe und in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung so müßte zu den Leistungen der landwirtschaftlichen Pflichtkrankenversicherung auch die Stellung von Ersatzkräften, Dorfhelferinnen, Familienpflegerinnen usw. gehören. 3. Die Einführung des von den Sozialdemokraten seit langem, besonders aber seit Verkündung des landwirtschaftlichen Sozialplanes der SPD am 9. 2. 1963 geforderten landwirtschaftlichen Sozialwerks und die Zusammenfassung der bestehenden Träger der sozialen Sicherung mit dem für die Krankenversicherung neu zu schaffenden Träger und damit auch die Koordinierung des Betriebs- bzw. Dorfhelferinnen- und Familienpflegerinnen-Einsatzes würde auch die Beseitigung der noch gültigen Ausnahmebestimmungen im Mutterschutz ermöglichen. 4. Auch eine Entlastung der Tätigkeit der Bäuerin in der Familie und für die Familie ist erforderlich. Dazu gehört in erster Linie das Einrichten von Kindergärten auch in den kleineren Landgemeinden. Diese Landgemeinden sind in der Regel nicht in der Lage, die Kosten für die Kindergärten allein 'aufzubringen. Hier wird die enge Beziehung dieser speziellen Problematik mit der Finanzverfassungsreform deutlich. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4073 5. Der zunehmende Übergang zur überbetrieblichen Nutzung von Maschinen und technischen Hilfsmitteln ist geeignet, auf die Mithilfe der Frauen mehr und mehr zu verzichten. Besonders sind sie in den nebenberuflich geführten landwirtschaftlichen Kleinbetrieben belastet. Hier entfällt auf sie mehr als 50 % der zu leistenden Arbeit. Auch in dieser Beziehung ergibt sich die Notwendigkeit der staatlichen Förderung und insbesondere der Förderung der landwirtschaftlichen Beratung. Die fehlenden Kenntnisse für die richtige Umstellung auf eine Organisation für Nebenerwerbsbetriebe hindert wahrscheinlich viele Kleinbauern, sich um einen außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplatz zu bemühen, weil die verbleibende Arbeit für ihre Frauen zu groß ist. Mit der vermehrten Förderung der überbetrieblichen Nutzung technischer Hilfsmittel würde auch ,ein allgemein erwünschter agrarpolitischer Effekt erzielt. 6. Aus der Feststellung der Enquete, daß sowohl die Allgemein- wie die Fachausbildung der Landfrauen schlechter seien als diejenigen der in der gewerblichen Wirtschaft tätigen Frauen, ist die Schlußfolgerung zu ziehen, daß das Bildungswesen und die Bildungsmöglichkeiten für den weiblichen Nachwuchs der Landwirtschaft verbessert werden müssen. Besser gebildete Frauen werden vermutlich eher Wege zur Verbesserung ihrer Situation aus eigener Kraft finden. Die Verbesserung des Schul- und Ausbildungswesens auf dem Lande ist insofern eine Maßnahme zur Verbesserung der Situation der Frauen in der Landwirtschaft. Anlage 11 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Porten (CDU/CSU) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Die Teilzeitarbeit wird in der Frauenenquete an mehreren Stellen erwähnt und lobend hervorgehoben. Sie gilt als eine ideale Möglichkeit, Berufstätigkeit und häusliche Verpflichtungen bei der Frau in einer idealen Weise zu kombinieren, ohne daß es hierbei zu einer Überbeanspruchung wie bei einer Vollzeitbeschäftigung kommt. Die Frauenenquete unterscheidet begriffsmäßig einmal die Teilzeit- und zum anderen die Aushilfstätigkeit. Exakte Erhebungen über das Ausmaß der Teilzeitarbeit bei Frauen liegen nicht vor. Die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit der Teilzeitarbeit hängt von einer Reihe äußerer Umstände ab. Die Teilzeitarbeit und Aushilfstätigkeit wurde in den letzten Jahren sowohl auf steuerlichem als auch auf sozialversicherungsrechtlichem Gebiet begünstigt. Im Sozialversicherungsbereich wurden ebenfalls wesentliche Erleichterungen geschaffen, insbesondere durch das Rentenversicherungs-Änderungsgesetz. Das Bundesarbeitsministerium hat auf Anregung von Mitgliedern der CDU-Fraktion dankenswerterweise eine Bestandsaufnahme über die vielseitigen Bestimmungen der Teilzeitarbeit erstellt. Ich hoffe, daß diese Bestandsaufnahme bald der Öffentlichkeit bekanntgegeben wird. Mir scheint es notwendig zu sein, daß Parlament und Regierung prüfen, in welcher Art und Weise die vielschichtigen Bestimmungen für die Teilzeitarbeit harmonisiert werden können. Im Bereich der Teilzeitarbeit liegt die echte Möglichkeit der Frau, in ihrer Umwelt eine gute und vielseitige Tätigkeit auszuüben. Diese Aufgabe stellt sich sofort. Einfach und verständnisvoll sollten die Bestimmungen sein, damit die Möglichkeit zur rechten Mitarbeit der Frau in diesem Bereich möglich ist. Anlage 12 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Reichmann (FDP) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Wie die Landwirtschaft selbst, so nimmt auch die „Frau in der Landwirtschaft" gegenüber den anderen Lebens- und Wirtschaftsbereichen eine eigene Stellung ein. Unter diesem besonderen Aspekt darf ich dazu Stellung nehmen. Fast alle Landwirtschaftsbetriebe in der Bundesrepublik sind Familienbetriebe. In diesen sind 78,8 % Frauen als mithelfende Familienangehörige tätig. Aus diesem Verhältnis ergeben sich die vorrangige Stellung der Frau in der Landwirtschaft und damit ihr hervorragender Anteil an den Leistungen derselben, aber auch ihre großen Belastungen und Verpflichtungen. Um die Situation der Frau in der Landwirtschaft beurteilen zu können, ist nicht nur eine Bestandsaufnahme mit viel Statistik erforderlich, sondern zudem eine gründliche Betrachtung aller tatsächlichen Verhältnisse mit dem Ziel, daraus Lehren für Maßnahmen zur Verbesserung der schwierigen Situation der Frauen in der Landwirtschaft abzuleiten und nach ihnen zu handeln. Wie die Verhältnisse in der Landwirtschaft sich im Verlauf der Zeit änderten, so wandelten sich auch die Lebens- und Wirkungsverhältnisse der Frauen in der Landwirtschaft. Die Frau ist heute nicht nur Mutter und Hausfrau, sondern Mithelferin, Mitarbeiterin und Partnerin im Familienbetrieb, der eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft geblieben ist und nach Meinung der FDP bleiben soll! Die Großfamilie auf dem Land ist zwar heute nicht mehr typisch. Gleichwohl haben die Bauernfamilien noch die meisten Kinder in unserer Gesellschaft. Der zeitbedingte Strukturwandel führt zum Zuerwerb und zu Arbeitskräftemangel in den Vollerwerbsbetrieben. Mit diesem Wandlungsprozeß ändert sich auch die Situation der Frau in der Landwirtschaft. Die Zahl der mithelfenden Familienangehörigen verringert sich. Fremdarbeitskräfte werden kaum noch beschäftigt. Die Kinder müssen früher und länger in die Ausbildung. Nur die Kinder, die in der Landwirtschaft Aussicht auf spätere 4074 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Selbständigkeit haben, verbleiben im Betrieb. Eine nun kleine Mannschaft muß alle Arbeit bewältigen, die trotz aller Technik in Haus und Hof nach wie vor erledigt werden muß. Diese wenigen Arbeitskräfte werden durch die betriebs- und hauswirtschaftlichen Erfordernisse aufs höchste beansprucht. bei den tierhaltenden Betrieben — und das sind fast alle — leisteten die befragten Bäuerinnen durchschnittlich jährlich 3500 Arbeitsstunden. Auch an Sonn- und Feiertagen müssen dringende Arbeiten verrichtet werden. Freizeit und Urlaub sind kaum möglich. Von den nach der Sozial-Enquete befragten Bäuerinnen waren 83 °/o noch nie in Urlaub. Welche soziale Disparität angesichts der Ausgaben von 6 Milliarden DM jährlich im Auslandsurlaub! Infolge der unzureichenden Einkommensverhältnisse in Klein- und Mittelbetrieben gehen vielfach die männlichen Arbeitskräfte in den Zuerwerb, so daß die Frauen einen Großanteil der landwirtschaftlichen Arbeiten allein verrichten müssen. Eine schnellere Entscheidung zur Einschränkung oder Aufgabe des Betriebes — bevor die Gesundheit der Frau angeschlagen ist — wäre vielfach nötig. Aber man hängt zu sehr an seinem Feld als einem Stück Heimat, einer gewissen Sicherheit gegenüber allen Risiken. Das ist menschlich durchaus verständlich. Die Töchter erleben die Überbeanspruchung der Landfrau mit. Sie sind selbst mit einbezogen. Sie ziehen Vergleiche mit den erwerbstätigen Frauen in anderen Bereichen. Sie stellen fest, maß man dort nicht so lange und hart arbeiten muß — und trotzdem besser zu leben vermag. Deshalb streben sie verständlicherweise zu einer Betätigung in anderen Bereichen, die bessere Lebenschancen und Lebensmöglichkeiten bieten. Deshalb ist es heute schon ein schwieriges Problem für stattliche und tüchtige Jungbauern, in guten Betrieben eine gleichwertige Partnerin zu finden. Alle genannten Verhältnisse und die tiefgreifenden Zusammenhänge muß man kennen und berücksichtigen, wenn man die schwierige Situation der Frauen in der Landwirtschaft in der gebotenen und erforderlichen Weise verbessern will! Die Wechselbeziehungen im landwirtschaftlichen Betrieb — menschlich, arbeitsmäßig, wirtschaftlich — sind so eng, daß sie sich gegenseitig im Guten und Schlechten bedingen. Je besser die betriebswirtschaftlichen und Einkommensverhältnisse sind, um so günstiger ist auch die Situation der Frau in der Landwirtschaft und umgekehrt! Die Tatsache ist für alle Verantwortlichen eine Mahnung und Verpflichtung, die Lebensverhältnisse in der Landwirtschaft nicht noch mehr zu verschlechtern, sondern die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten im Verhältnis zu anderen Lebensbereichen zu verringern oder zu beseitigen. Deshalb ist es widersprüchlich, wenn Bundeslandwirtschaftsminister Höcherl im Vorwort des Heftes Nr. 144 des AID zur ländlichen Hauswirtschaft „einen großen Nachholbedarf für die Frau in der Landwirtschaft auf allen Gebieten" feststellt und jetzt, in diesen Tagen, erhebliche Verschlechterungen durch Kürzungen der Förderungsmaßnahmen durch die Bundesregierung erfolgen sollen, unabhängig von der Einkommensverschlechterung einer halben Milliarde DM infolge der EWG-Maßnahmen! Diese beabsichtigte einseitige Verschlechterung der Lebens- und Einkommensverhältnisse der Landwirtschaft und damit der in ihr lebenden Frauen bedarf nach Auffassung der FDP einer eingehenden Überprüfung. In dieser Situation helfen nicht schöne Worte, sondern die Tat. Die Situation der Frauen in der Landwirtschaft ist so, daß niemand mit ihnen tauschen möchte! Deshalb dürfen ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse nicht noch mehr verschlechtert, sondern sie müssen verbessert werden. Dazu sind erforderlich: I. Ermöglichung angemessener landwirtschaftlicher Einkommensverhältnisse bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung, damit auch die Technisierung des Betriebs, die Entlastung der Frau in der Außenwirtschaft erreicht und zudem moderne hauswirtschaftliche und häusliche Einrichtungen geschaffen werden können, um die Situation der Frau in der Landwirtschaft erträglicher zu gestalten. 2. Gesundheitsfürsorge, Mutterschutz, Erholungsmöglichkeiten, Kindergärten und verstärkter Einsatz von Dorfhelferinnen müssen die soziale Lage der Landfrauen verbessern. Zu begrüßen ist die geschaffene Möglichkeit zur Durchführung von Heilverfahren mit Hilfe des Altershilfegesetzes. Zudem hat dieses gute Gesetz den Generationenübergang, aber auch das Zusammenleben und Zusammenarbeiten sehr erleichtert und gefördert. 3. Verbesserung der Anteilnahme der Landfrau am kulturellen Leben. Dazu sind bessere Bildungsmöglichkeiten und gute Beratung der Landfrau erforderlich. Auch sollte eine bessere Beteiligung der Landfrau am öffentlichen und gemeinschaftlichen Leben erreicht werden. Gute Fernsehsendungen sind schon eine allen zugängliche Möglichkeit. Aber was nutzt die beste Sendung, wenn die Übermüdung der Landfrau zu groß ist? Abschließend darf ich feststellen: Unser aller Aufgabe muß es sein, die Situation der Frau in der Landwirtschaft zu bessern, weil davon die Erhaltung einer gesunden, leistungsfähigen Landwirtschaft und unserer Gesellschaft abhängt. Die Leistungen und Opfer der Frau in der Landwirtschaft für unser Volk — menschlich, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch — sind so groß und vielfältig, daß sie unser aller Anerkennung und Dank verdienen. Anlage 13 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Schellenberg (SPD) zu Punkt 2 der Tagesordnung. In der heutigen Debatte wurde von der Notwendigkeit weiterer gründlicher Erhebungen gesprochen. Sie sind wertvoller, in vieler Hinsicht sogar unentbehrlich. Aber dort, wo wir wissen, was getan werden kann, um die Situation der Frauen zu ver- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4035 bessern, dürfen wir nicht länger warten. Es müssen bald praktische Maßnahmen durchgeführt werden. Neben dem, was nach dem Grundgesetz in dieser Hinsicht dem Bund überlassen ist, bedarf es auch politischer Anstrengungen der Länder und Gemeinden, der Aktivität der Gewerkschaften, des Verständnisses der Arbeitgeber, der Mithilfe aller gesellschaftlichen Organisationen, der Familie, nicht zuletzt jedes Mannes, jeder einzelnen Frau. Der Bundestag kann nach Auffassung meiner Fraktion die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft u. a. auf folgende Weise verbessern: 1. Gerade im Interesse der Frauen sollten wir endlich zu einer allgemeinen und gezielten Ausbildungsförderung kommen. Nicht nur unzureichendes Familieneinkommen, sondern auf Vorurteile der Eltern stehen häufig einer qualifizierten Ausbildung der Mädchen entgegen. Fast alle Familien lassen ihre Söhne besser ausbilden als ihre Töchter. Infolgedessen wird die gezielte Förderung — vor allem des Besuches weiterbildender Schulen — in besonderem Maße den Mädchen zugute kommen und ihnen neue Bildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auch heute auf, entsprechend dem Antrag des Plenums vom 24. November 1966 bald Vorschläge zur Vereinheitlichung und Verbesserung einer gezielten Ausbildungsförderung vorzulegen. 2. Die Rolle der Frau in der Arbeitswelt von morgen wird wesentlich von der Berufsberatung beeinflußt, die sich auf systematische Erforschung des Arbeitsmarktes gründen muß. Nur dann ist die Berufsberatung imstande, den meist traditionellen Berufswünschen der jungen Mädchen und ihrer Eltern die Vielfalt der zukunftweisenden Berufe gegenüberzustellen. Deshalb wollen wir der Berufsberatung durch unseren Entwurf eines Arbeitsmarkt-Anpassungsgesetzes zur größeren Wirksamkeit verhelfen. Unser Arbeitsmarkt-Anpassungsgesetz will ferner die Berufsausbildung straffen und modernisieren sowie die Berufsfortbildung aktivieren. Das wird die Stellung vieler Frauen und Mädchen im Berufsleben verbessern. Der Frau muß ihre Rückkehr in das Erwerbsleben erleichtert werden. Die berufsfördernden Maßnahmen — die wir zu beschließen haben — sind auf die Bedürfnisse der Frauen abzustellen, die nach längerer Unterbrechung wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen. 3. Auch der Gesetzgeber sollte dazu beitragen, daß Mütter von Kleinkindern nicht aus wirtschaftlichem Zwang ganztägig außerhäuslich erwerbstätig sein müssen. In der Enquete ist zu lesen: „die Bundesregierung prüft, inwieweit bei einer Fortentwicklung des Familienlastenausgleiches eine Erleichterung der Situation von Müttern mit kleinen Kindern erreicht werden kann." Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Prüfungen zu intensivieren und dem Hause in absehbarer Zeit entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. 4. Die Krankenversicherung muß Vorsorgeuntersuchungen gewähren. Das wird viele Frauen vor gesundheitlichen Schäden bewahren. In den Leistungskatalog der Krankenversicherung sollte ferner ein Rechtsanspruch auf Hauspflege auch im Rahmen der Nachbarschaftshilfe aufgenommen werden. 5. Auch die soziale Rentenversicherung kann mitwirken, um die Lage der Frau in der Gesellschaft zu verbessern. Die Beitragserstattung bei Eheschließung in der gegenwärtigen Form führt dazu, daß Frauen oft wertvolle Versicherungszeiten verlieren. Sie müssen dann bei späterer Rückkehr in das Erwerbsleben ihre Rentenansprüche von Grund auf neu aufbauen. Deshalb sollten in den Ausschußberatungen neue Wege zur Beitragserstattung bei Eheschließung erörtert werden. 6. Auch hinsichtlich der Rechtsstellung der Frau ist noch manches zu veranlassen. Für eine Reihe von Flüchtlingen gilt das alte Bürgerliche Recht ohne die Gleichstellungsgesetze weiter. Dadurch sind diese Frauen im Güter- und Erbrecht, zum Teil auch im Steuerrecht, diskriminiert. Das ist ein unmöglicher Zustand. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der diesen Frauen den gleichen Rechtsstatus wie den übrigen Frauen in ,der Bundesrepublik gewährt. 7. In der Enquete wird an keiner Stelle etwas über die Situation der Frauen im anderen Teil Deutschlands gesagt. Das ist politisch ein schwerer Mangel. Der tatsächliche und rechtliche Lebensrahmen der Frau hat sich drüben anders entwickelt als in der Bundesrepublik. Parlament und Öffentlichkeit darüber zu informieren, wäre eine wichtige gesamtdeutsche Aufgabe gewesen. Leider wurde sie nicht genutzt. Im übrigen vertieft ein weiteres Auseinanderklaffen der Rechtsstellung der Frau in beiden Teilen Deutschlands die Spaltung. Deshalb sollte geprüft werden, ob und inwieweit unter Wahrung des Grundsatzes von Freiheit und Recht versucht werden kann, das unterschiedliche Familien- und Güterrecht hier und drüben möglichst aufeinander abzustimmen. 8. Die Forderung des Grundgesetzes, unehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre Entwicklung zu schaffen wie den ehelichen Kindern, muß endlich verwirklicht werden. Neben der Sicherung der Rechte des unehelichen Kindes sind dabei auch die Rechte der unehelichen Mutter neu zu gestalten. Nach unserer Auffassung sollte diese volljährige Mutter mit der Geburt des Kindes kraft Gesetzes die elterliche Gewalt erhalten, wobei das Jugendamt beratende Aufgaben erhalten würde. In der Enquete wird von -dem Referentenentwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der unehelichen Kinder gesprochen. Die Zeit ist überreif, daß nunmehr dem Hause hierzu ein Regierungsentwurf vorgelegt wird. 9. Hinsichtlich der Anrede lediger Frauen sollte überlegt werden, ob sinnvollere Regelungen möglich sind. In einem Runderlaß des Bundesministers des Innern von 1955 heißt es u. a.: „Gegenüber einer unverheirateten weiblichen Person ist die Anrede Frau zu verwenden, wenn dieser Wunsch erkennbar geäußert wird. Eine solche Regelung ist lebensfremd. Ich möchte mir hierzu eine persönliche Anregung erlauben. Nach meiner Auffassung sollte grundsätzlich jede 4076 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 Frau mit 'Eintritt in das Erwachsenenalter, also von der Volljährigkeit an, mit Frau angeredet werden; es sei denn, um mit den Runderlaß zu sprechen, sie äußert erkennbar den Wunsch, „Fräulein" genannt zu werden. Nach unserem Grundgesetz sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Dieser Auftrag muß täglich von neuem verwirklicht werden, von allen Männern, von allen Frauen, vor allem aber von diesem Hause. Anlage 14 . Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) zu Punkt 2 der Tagesordnung. Die Enquete beschränkt sich im wesentlichen auf die Darstellung von Fakten und die Interpretation von Unterlagen, soweit diese vorhanden sind. Sie verzichtet auf konkrete politische Programme, was ihren Wert keineswegs mindert, sondern ihrem Zweck entspricht. Aufgabe dieses Hauses ist es, a) die politischen Konsequenzen aus diesen Fakten und Erkenntnissen zu ziehen und b) dort wo ausreichende Unterlagen nicht vorhanden sind, dafür zu sorgen, daß durch entsprechende Untersuchungen die nötige Klarheit gewonnen wird. Von welcher Situation müssen wir dabei ausgehen? Das Grundgesetz erkennt den Gleichheitsgrundsatz auch im Hinblick auf die Geschlechter an. Diese zunächst formale Anerkennung hat bisher kein Leitbild von der Rolle der Frau im Beruf, in der Familie und in der Gesellschaft so entscheidend geprägt, als daß man heute schon von einer faktischen Anerkennung des Gleichheitsgrundsatzes in diesen Bereiches sprechen könnte. Die tatsächliche Situation ist richtiger vielfach mit der Hinnahme (Duldung) der Gleichberechtigung umschrieben. Im Grunde handelt es sich dabei um zwei Probleme. a) Die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau in ihren rechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten und b) um die Gleichstellung der Frauen untereinander. Hier scheint das Kernproblem zu liegen. Hier müssen wir zunächst fragen, inwieweit überkommene Vorstellungen und Wertungen, die ausschließlich die Frauen betreffen, dieser Verwirklichung des Gleichheitsgrundsatzes erschwerend entgegenstehen; nicht zuletzt im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit. Wertungen, die in geradezu moralisch qualifizierender oder disqualifizierender Form gegenüber Frauen vorgenommen werden, je nachdem ob sie alleinstehend, ledig, verwitwet oder geschieden sind oder ob es sich um verheiratete Frauen mit oder ohne Kinder, mit vielen oder wenigen Kindern handelt. Angesichts unserer verfassungsrechtlichen Normen und ihrer Realisierung, der derzeitigen und künftigen soziologischen Struktur, der Arbeitsteiligkeit unserer Wirtschaft, ist ein klares Ja zur Erwerbstätigkeit der Frau aus sozialen, sozialpsychologischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen einfach erforderlich. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Dieses Ja zur Erwerbstätigkeit bedeutet in keiner Weise eine Disqualifizierung der Hausfrauentätigkeit, keinen Versuch der Vermännlichung des weiblichen Geschlechts, wie er in totalitären Staaten festzustellen ist, keinen Versuch, den Frauen generell eine Doppelbelastung zuzumuten, die sich aus dem familiären Aufgabenkreis und einer gleichzeitigen Erwerbstätigkeit ergibt. Es handelt sich auch um keine Betrachtungsweise, die in den Frauen eine bloße und möglicherweise noch billige Arbeitsreserve bei generellem oder strukturellem männlichen Arbeitskräftemangel sieht. Die Verwirklichung des Gleichheitsprinzips bedeutet müchtern und unsentimental gesehen die Anerkennung der Partnerschaft auf allen Ebenen — auch im Beruf und der Partnerschaft des Mannes in der Familie. Vielleicht scheint es zweckmäßig, im Zusammenhang mit der Diskussion um die mehrfache Arbeitsbelastung der Frau auch auf die Entwicklung der tariflichen Arbeitszeit einzugehen. Hier können wir feststellen, daß zumindest für unselbständig Beschäftigte in den letzten Jahren eine kontinuierliche Verkürzung der Arbeitszeit .zu registrieren ist, soweit nicht die Schwarzarbeit hierdurch mehr und mehr in Schwange kam und zu einer typisch deutschen Art der Freizeitgestaltung aus den verschiedensten Motiven wurde. Theodor Heuss nahm bei einer Veranstaltung des Stiftungsrates des Deutschen Müttergenesungswerkes 1961 zu diesem Problem wie folgt Stellung: „Bei dem Kampf um die verkürzte Arbeitszeit denke ich immer, sein letzter ethischer Sinn ist, wenn er nicht dem Sportplatz oder sonstigen schönen Dingen zugute kommt, so der Frau und den Kindern. Beim Durchlesen dieser Rede zu dem Thema „Gewandelte Stellung der Frau und Mutter" kam mir die Erinnerung eines Aufrufs des Deutschen Gewerschaftsbundes zu einem 1. Mai in den fünfziger Jahren „Samstags gehört Vati mir". In einem modernen Staat, in dem die Partnerschaft in der Ehe Realität ist oder werden soll, wird es vieles an gegenseitiger Entlastung gegen und geben müssen, was heute vielleicht noch vielfach als typische Männer- oder Frauensache angesehen wird. Das moderne Leitbild muß die berufliche qualifizierte Ausbildung, die tatsächliche oder eventuelle Berufstätigkeit im Lebensplan der Frau heute als Selbstverständlichkeit mit enthalten. Eine ausschließliche Ausrichtung auf eine Heim- und Herdidylle wird den Erfordernissen des Lebens vielfach nicht mehr gerecht. Abgesehen davon, daß es sowieso problematisch erscheint, die Heirat und Ehe als ein Versorgungsproblem für die Frau zu Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 4077 sehen oder unter Mitgiftaspekten als ein Versorgungsproblem des Mannes, ist nach Angaben der Enquete zu erwarten, daß 8 bis 9 % keine Heiratsaussichten haben bzw. keine Ehe eingehen. Es ist ferner zu berücksichtigen, daß heute 10 % der Ehen durch gerichtliches Urteil gelöst werden. Der Krieg und die Nachkriegszeit haben ferner dazu beigetragen, daß viele Frauen die Rolle des Ernährers der Familie mitübernehmen mußten, bzw. nicht heiraten konnten. Aber selbst wenn man von diesen kriegs- und kriegsfolgebedingten Umständen absieht, wird anhand anderer Fakten deutlich, welch enorme Bedeutung die berufliche Ausbildung und Erwerbstätigkeit bzw. die Fähigkeit zur Ausübung eines Berufes haben können. Neben diesen mehr oder weniger schicksalsbedingten Aspekten der Erwerbstätigkeit ist ein weiterer Gesichtspunkt zu sehen. Die qualifizierte Ausbildung, die Erwerbstätigkeit oder zumindest die Fähigkeit zur Ausübung eines bestimmten Berufes sind ein entscheidender Bestandteil für die persönliche und materielle Unabhängigkeit der Frauen und damit nicht zuletzt ein Beitrag zur Persönlichkeitsbildung. Wir wissen, daß die Motive zur Erwerbstätigkeit bei den Frauen sehr unterschiedlicher Natur sind. Es erscheint uns als eine Unsitte, weiterhin zu betreiben, was vielfach geschieht, die Erwerbsarbeit der Frauen moralisch zu qualifizieren. Viel entscheidender ist ein Eingehen auf die Erfordernisse, die sich aus der physischen und psychischen Konstitution der Frau und aus ihren familiären Verpflichtungen ergeben. Dies gilt im Hinblick auf die Arbeit, die Arbeitszeit und die Dauer der Arbeitszeit ebenso wie auf die Schaffung von Kinderhorten, Kindergärten und Tagesheimen, in denen berufstätige Mütter ihre Kinder unterbringen können und gut versorgt wissen. Ich betone dies besonders, weil in der jüngsten Zeit, ausgehend von den USA und skandinavischen Ländern, im wesentlichen zwei Modelle für ein Leitbild diskutiert werden. 1. Ein Modell das von einer Drei-Phasen-Betrachtungsweise ausgeht, a) der Phase der schulischen und beruflichen Ausbildung und der Erwerbstätigkeit bis zu einem Aussetzen aus familiären Gründen. b) einer Phase, in der wegen der Verpflichtungen im Haushalt und gegenüber der Familie c) eine Berufstätigkeit nicht ausgeübt werden kann oder sollte, soweit wirtschaftliche Gründe sie nicht erzwingen. c) einer Phase, in der die familiären Verpflichtungen geringer werden oder nicht mehr vorhanden sind, so daß eine Berufstätigkeit aus den verschiedensten Motiven voll oder teilweise wieder möglich wird. Wenn wir uns auf ein solches Leitbild konzentrieren wollen, muß berücksichtigt werden, daß die Frauen in der Phase, wo sie nicht berufstätig sind oder unmittelbar danach die Chance erhalten, sich entsprechend den neuen beruflichen Erkenntnissen und Erfordernissen weiterzubilden. Gerade dort, wo die Erwerbstätigkeit nicht wegen einer wirtschaftlichen Notsituation wiederaufgenommen wird, sondern die Berufstätigkeit auch eine gewisse innere Befriedigung erreichen soll, sind entsprechende Fortbildungskurse von entscheidender Bedeutung. Wo das Gefühl, vollwertige Arbeit nicht mehr zu leisten oder nicht mehr leisten zu können, nicht vorhanden ist, wird der nötige psychologische Effekt nicht erzielt und möglicherweise ins Gegenteil umgekehrt. Pressemitteilungen zufolge hat die DAG erfolgreiche Versuche zur Fortbildung unternommen, die wir nur begrüßen können. Hierin liegt aber auch eine besondere politische Aufgabe. 2. Diese politische Aufgabe ist jedoch in noch größerem Umfange gestellt, wenn ein anderes Leitbild verfolgt wird, das die Erwerbstätigkeit der Frau als eine Selbstverständlichkeit oder zumindest als nichts Außergewöhnliches in die erwähnte zweite Phase, die Zeit besonderer familiärer Verpflichtungen mit einbezieht. Hier müssen deutlich die Gefahren gesehen werden, die sich einmal im Hinblick auf die Doppelbelastung auf die Frau und im Hinblick auf die Erziehung der Kinder ergeben können. Es haben zwar einige negative Klischeevorstellungen eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen nicht standgehalten, aber gerade diese Erkenntnis sollte uns veranlassen, die Probleme der Erwerbstätigkeit der Frau unter Berücksichtigung aller Aspekte in den Ausschüssen eingehend und nüchtern zu beraten und die Vorschläge und Maßnahmen zur Durchführung zu empfehlen, die die Erwerbstätigkeit der Frau in gesellschaftspolitisch wertvoller und sinnvoller Weise unterstützen! Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 23. Januar 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/1290, Frage XI/19) : Welche Sofortmaßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um den sich in letzter Zeit häufenden tödlichen Unfällen, hervorgerufen durch unsachliches und leichtfertiges Hantieren mit Feuerwaffen in den Bundesewehrkasernen, Einhalt zu gebieten? Das Bundesministerium der Verteidigung ist bestrebt, durch Dienstvorschriften, Befehle, Erlasse und strenge Dienstaufsicht .die Zahl der Unfälle im Dienst der Bundeswehr auf ein Minimum zu beschränken. Periodische Ausbildungsbefehle tragen besonderen Ausbildungsbedingungen, wie z. B. extremer Hitze und Kälte, Rechnung. Die Frage, ob sich gleichartige Unfälle häufen, wird von meinem Hause besonders kritisch beobachtet, damit sofort durch entsprechende Maßnahmen eingegriffen werden kann. Um eine solche Unfallhäufigkeit handelt es 4078 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1967 sich bei den beiden bedauerlichen Unfällen, die sich kürzlich ereigneten, nicht. Es waren die einzigen Unfälle dieser Art im letzten Halbjahr 1966. Der Tod des Gefr. Grzemski am 18. Dezember 1966 und des Gefr. Hilski am 31. Dezember 1966 sind zur Zeit noch Gegenstand gerichtlicher und dienstlicher Untersuchungen, deren Ergebnis abgewartet werden muß. Über den Umgang mit Waffen und scharfer Munition bestehen ausreichende Dienstvorschriften, Erlasse und Befehle. Darüber hinaus werden die Soldaten vor jedem Wachdienst hierüber besonders belehrt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Kubitza


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Minister, wann werden Sie ein Gespräch mit den Vertretern der Trägerverbände der freien Jugendhilfe führen, nach dem ja immerhin die Frage der Errichtung dieser Zentralstelle schon ein Dreivierteljahr ansteht und die Entschließung des Deutschen Bundesjugendringes zweieinhalb Monate alt ist?


Rede von Dr. Bruno Heck
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wir haben- diese Vorschläge über ein Kuratorium, u. a, den Deutschen Bundesjugendring an der Sache zu beteiligen, dem Bundesjugendring wie den übrigen Organisationen am 3. November 1966 zugestellt. Bis heute ist eine Stellungnahme von diesen Gruppen bei uns nicht eingegangen. Sobald die Stellungnahme vorliegt, werden wir Vertreter des Bundesjugendringes wie Vertreter der übrigen Dachorganisationen zu einer Aussprache bitten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erwin Schoettle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kubitza.