Rede von
W. Alexander
Menne
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Wir fürchteten damals zusammen mit unseren Koalitionspartnern — heute können Sie es anders entscheiden, wir sind ja jetzt Opposition —, daß Sonderausschüsse die Tendenz haben, die Dinge zu verzögern. Ich glaube, die Entscheidung, allein den Wirtschaftsausschuß — federführend — zu beauftragen, war richtig. Die Ursachen der Verzögerung, Herr Matthöfer, kennen Sie ja genauso gut wie ich. Wir hatten natürlich keine Regierungskrise und derartiges eingeplant. Ich hoffe aber, daß es uns gelingt — und zwar uns dreien: der SPD, der CDU und uns dieses Stabilisierungsgesetz jetzt möglichst rasch über die Bühne zu bringen. An mir soll es nicht fehlen.
Ich möchte aber darauf zurückkommen, daß die. Sachverständigen — die doch zu einem sehr großen Teil die Meinungen dieses Hohen Hauses beeinflussen, zum mindesten gewisse Richtungen — damals gesagt haben: Es gibt keine sinnvollen Möglichkeiten für eine außenwirtschaftliche Absicherung. Ein Sprecher der Bundesbank hat dazu gesagt, daß angesichts der gegenwärtigen konjukturellen Lage
3774 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Dezember 1966
Dr. h. c. Menne
eine außenwirtschaftliche Absicherung durch Variation der Wechselkurse unzweckmäßig sei, denn sie würde bei der Exportintensität unserer Industrie gefährlich sein. — Ich habe lediglich zitiert, was die Bundesbank und die Sachverständigen gesagt haben; nicht ich.
Genauso irreal ist aber der neue Vorschlag des Sachverständigenrates, durch eine automatische und garantierte Aufwertung der D-Mark eine Absicherung unserer Währung herbeizuführen; denn diese Maßnahme würde zu einer schweren Belastung auf den Exportmärkten führen. Eine Erhöhung der Kaufkraft der D-Mark bedeutet eine Erhöhung der Exportpreise; und wir haben in der Wirtschaft genug zu kämpfen. Der Außenhandel ist für die Bundesrepublik als zweitgrößte Welthandelsnation lebensnotwendig.
Ich bin deswegen der Meinung — ich gehe jetzt zwar von der Regierungserklärung ab —, daß die von den Sachverständigen angeregte Verknüpfung von D-Mark-Aufwertung und Lohn-Leitlinien nicht zweckmäßig ist.
Hier ist so viel darüber geredet worden, daß wir Wachstum haben müssen, um die Wirtschaft wieder in Ordnung zu bringen. Meine Damen und Herren, ich bin der letzte, der die Schwierigkeiten in der Wirtschaft verkennt. Aber glauben Sie doch nicht, daß es jemals auf der Welt eine Wirtschaft gegeben hat, wo immer alles nach oben geht. Die jetzigen Schwierigkeiten sind noch keine Krise!
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß die Regierungserklärung in wirtschaftspolitischer Hinsicht Vorstellungen entwickelt hat, die Zielkonflikte in sich bergen. Das Vorhaben der neuen Regierung, der Wirtschaft für ihre Dispositionen einen festen Rahmen zu geben, auf den sie sich verlassen kann, muß deshalb fehlschlagen. Während die neue Regierung einerseits marktwirtschaftliche Elemente der alten Regierung übernommen hat, spricht sie nunmehr von Globalsteuerung. Und wenn im jetzigen Zeitpunkt die Globalsteuerung empfohlen wird, so muß man annehmen, .daß ihre Instrumente über die bestehenden fiskalischen und monetären Maßnahmen hinausgehen sollen. Ich wollte deshalb den Herrn Bundeskanzler — der aber schon lange nicht mehr hier ist — fragen, was er eigentlich unter der Globalsteuerung konkret versteht. Handelt es sich dabei um planwirtschaftliche Vorstellungen? Ist das die „neue Politik" ? Dann können wir nur davor warnen. Denn in allen Ländern der Welt, ob im Westen oder im Osten, hat sich die Wirtschaftsplanung nicht bewährt. Ich spreche hier nicht etwa gegen die Finanzplanung im Bundeshaushalt; ich meine die Planwirtschaft. Wir sind der Meinung, daß gerade die Freiheit der Wirtschaft von solchen Planungen unsere großen Erfolge in der Bundesrepublik möglich gemacht hat.
Ich möchte schließen, indem ich dem Herrn Bundeskanzler sehr viel Erfolg in seinen Bemühungen wünsche, — trotz aller Vorbehalte. Er hat die Opposition der FDP als eine kleine Opposition apostrophiert, wobei er wahrscheinlich die Zahl meint. Wir sind nur fünfzig. Wir werden trotzdem versuchen, die Aufgaben einer parlamentarischen Opposition sachlich wahrzunehmen. Wir werden aber dem Bundeskanzler dort folgen, wo wir von der Richtigkeit seiner Politik überzeugt sind, und zwar im Interesse unseres Volkes.