Rede von
Dr.
Eugen
Gerstenmaier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich ein Schreiben des Herrn Bundespräsidenten bekannt:
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident!
Der Bundeskanzler, Herr Professor Dr. Ludwig Erhard, hat mir mit Schreiben vom 30. November 1966 seinen Rücktritt erklärt. Ich habe seinen Rücktritt angenommen und ihm die Urkunde, durch die sein Amtsverhältnis beendigt wird, heute um neun Uhr ausgehändigt.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Lübke
Meine Damen und Herren, damit treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Wahl des Bundeskanzlers
Ich gebe dem Hause von folgendem weiterem Schreiben des Herrn Bundespräsidenten Kenntnis:
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident!
Gemäß Artikel 63 Absatz 1 des Grundgesetzes schlage ich dem Bundestag vor, Herrn Ministerpräsidenten Dr. h. c. Kurt Georg Kiesinger zum Bundeskanzler zu wählen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Lübke
Meine Damen und Herren, nach § 4 der Geschäftsordnung dieses Hauses wird der Bundeskanzler mit verdeckten Stimmzetteln gewählt. Zur Wahl steht nur der von dem Herrn Bundespräsidenten vorgeschlagene Kandidat. Stimmkarten, die mit anderen Namen beschrieben werden, sind ungültig.
Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren, die weißen Stimmkarten zu benutzen und darauf entweder „Ja" oder „Nein" zu schreiben. Wer dem Vorschlag des Herrn Bundespräsidenten zustimmt, schreibt „Ja", wer ihn ablehnt, schreibt „Nein".
Aus alter Erfahrung weiß ich, daß gelegentlich auch der Name des vorgeschlagenen Kandidaten auf dem Stimmzettel steht. Ich unterstelle, daß das Haus auch heute damit einverstanden ist, daß solche Stimmkarten als gültig angesehen werden.
Unbeschriebene Karten gelten hingegen als Stimmenthaltung. Die Stimmkarten und die dazu gehörenden Umschläge finden Sie in Ihren Pulten.
Unsere Berliner Mitglieder sind weiterhin — was ich lebhaft bedauere — einem Sonderstatus unterworfen, der ihnen das volle Stimmrecht vorenthält. Das hat zur Folge, daß auch bei dieser Bundeskanzlerwahl die Stimmen der Berliner Mitglieder des Hauses nicht berücksichtigt werden können.
Dem seitherigen Brauche folgend, werden ihre Stimmen jedoch gesondert gezählt. Ich muß unsere Berliner Kolleginnen und Kollegen deshalb bitten, ihre Stimmkarten in die links von mir stehende, kleinere Urne zu werfen, die die Aufschrift „Berliner Abgeordnete" trägt.
Die Schriftführer werden die Namen nach dem Alphabet aufrufen. Auf Ihren Plätzen, meine Damen und Herren, liegt eine Namensliste. Ich bitte Sie, an Hand dieser Liste die Abstimmung zu verfolgen und sich an die Urne zu bemühen, sobald Sie an der Reihe sind.
Vier Schriftführer bitte ich, sich an die Urnen zu begeben. — Vier Schriftführer sind da.
Damit eröffne ich die Abstimmung. Ich bitte den Schriftführer zu meiner Rechten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob alle Namen aufgerufen sind. Ist noch jemand im Saal, der seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? —
Ich frage zum zweiten Male: Sind alle Namen aufgerufen? —Zum dritten und letzten Male: Hat jedes Mitglied des Hauses seine Stimmkarte abgegeben? — Ich höre nichts Gegenteiliges; die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis 11 Uhr.
3540 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1966