Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Moersch hat gemeint, das Problem von Quantität und Qualität, das ein Grundproblem aller Kulturpolitik ist, dadurch erledigen zu können, daß er mich ins 19. Jahrhundert zurückverwiesen hat. Herr Moersch, wenn Sie einverstanden sind, würde ich das nicht in den Bereich der Sachlichkeit tun, sondern ich würde es psychologisch mit Ihnen verrechnen; denn anders kann ich das nicht verstehen. Sie kennen meine Überlegungen ganz genau.
Nun noch einmal zur Sache. Herr Moersch, Sie haben sich eigentlich hier selbst die Schlinge um den Hals gelegt. Sie haben doch den Ausführungen des Herrn Ministers entnehmen können, daß wir an den Hochschulen ein steigendes Defizit an Professoren und Habilitierten haben und nicht wissen, wie wir damit fertig werden sollen. Gleichzeitig haben Sie die Studienreform angeschnitten. Die Studienreform ist ja, wie sie empfohlen worden ist, deshalb so interessant, weil den Universitäten zugemutet wird, das, was an sich die Schule schon hätte leisten müssen, nachzuholen, und zwar in den ersten beiden oder in den ersten vier Semestern. Das habe ich mit dem „Nachhilfeunterricht" an den Universitäten gemeint.
Wenn das geschehen soll, wenn die Mängel der Oberschule dadurch behoben werden sollen, werden die Professoren, von denen es jetzt schon zu wenig an den Universitäten gibt, in einem Maße belastet, das ich persönlich für unerträglich halte. Lieber Herr Moersch, da sehen Sie den Zusammenhang. Wenn ich deshalb auf die Qualität und die bessere Ausbildung dränge, so ist das gar nichts Besonderes, sondern es ist logisch.
Herr Lohmar und Herr Meinecke sind übrigens in der Sache, glaube ich, mit mir konform. Beide drängen darauf, daß wir den Bedarf wirklich in allen Ländern kennenlernen. Ich halte das auch für ein Grundanliegen. Wenn wir den Bedarf kennen, haben wir die Aufgabe, die Ausbildungszahlen, die Abiturientenzahlen auf diesen Bedarf abzustimmen. Ich habe gesagt und wiederhole es: im deutschen Bildungssystem ist, wenn Sie keine großen Umänderungen vornehmen wollen, die Schwelle nach wie vor das Abitur. Ich persönlich bin der Meinung, daß es dabei bleiben kann und bleiben muß. Ich glaube, Herr Moersch, ich habe mich hier nicht verteidigt. Meine These ist weder konservativ, noch gehört sie ins 19. Jahrhundert, sondern es ist eine moderne Überlegung über ein modernes Bildungswesen.