Rede von
Karl
Riegel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage der gegenseitigen Anrechnung sozialer Leistungen hat bei der Beratung der Rentenanpassungsgesetze, vor allem auch bei der Beratung der Novellen oder sogenannten Neuordnungsgesetze zum Kriegsopferversorgungsrecht, eine Rolle gespielt. Der Ihnen auf der Drucksache V/1033 zur Annahme empfohlene Antrag ist das Ergebnis des in der 12. Sitzung von der SPD eingereichten Entschließungsantrags, in dem die Bundesregierung ersucht wurde, zu prüfen, ob und inwieweit die in den verschiedenen Zweigen des sozialen Leistungsrechts geltenden Anrechnungsbestimmungen reformbedürftig sind.
Das Ergebnis dieser Ermittlungen sollte dem Haus bis zum 30. Juni vorgelegt werden. Wie Sie dem Schriftlichen Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses — verfaßt von Herrn Kollegen Exner — entnehmen können, wurde dem Entschließungsantrag meiner Fraktion, der die Vorlage von Reformvorschlägen der Anrechnungsbestimmungen des sozialen Leistungsrechts vorsah, nicht Rechnung getragen. Ergebnis des von der SPD eingereichten und vom Hohen Haus in der 12. Sitzung angenommenen Entschließungsantrags ist, daß uns nunmehr eine Übersicht über die finanziellen Auswirkungen der Anrechnung sozialer Leistungen untereinander vorliegt. Dem eigentlichen Begehren des Entschließungsantrags — ich wiederhole es —, Reformvorvorschläge bezüglich der gegenseitigen Anrechnung sozialer Leistungen zu unterbreiten, ist die Bundesregierung nicht nachgekommen.
Meine Damen und Herren, ich gestatte mir noch einmal, darauf hinzuweisen, daß es der Fraktion der SPD darum geht, daß Härten für Bezieher sozialer Leistungen, deren Gewährung von Einkommensgrenzen abhängig ist, beseitigt werden, daß bei Erhöhung oder Anpassung von Renten anderer sozialer Leistungen der Besitzstand der Betreffenden gewahrt bleibt und die Renten unter Berücksichtigung der Volkswirtschaft und der gestiegenen Löhne und Gehälter angepaßt werden. Der von mir bereits zitierte Entschließungsantrag hat zum Ziel, daß neben dem vorliegenden Antrag auf der Drucksache V/1033 eine Übersicht über die finanziellen Auswirkungen der Anrechnung von sozialen Leistungen untereinander vorgelegt wird. Ich verweise auf den Anhang dieses Umdrucks.
Unbeschadet der Unvollständigkeit dieser Übersicht — wir müssen nämlich feststellen, daß man teilweise nicht einmal schätzen oder das Ergebnis nicht einmal errechnen konnte; zum großen Teil handelt es sich, vor allem in gewichtigen Positionen, um Teilbeträge — kann man doch ganz interessante Feststellungen treffen. Die Höhe der Einsparungen, wie sie in dieser Aufstellung angeführt sind, liegt pro Jahr — ich sage noch einmal: es handelt sich um Teilbeträge — bei 2,5 Milliarden DM. Allein bei der Kriegsopferversorgung — und dabei handelt es sich ebenfalls nur um einen Teilbetrag — wird von Einsparungen für das Jahr 1965 in Höhe von 1115 Millionen DM gesprochen. Diese wenn auch unvollständige Zahl beweist, wie berechtigt die jahrelangen Bemühungen der SPD-Fraktion waren, die engen Einkommensgrenzen bei der Gewährung von Ausgleichs- und Elternrenten und bei der Gewährung von Ehegatten- und Kinderzuschlägen zu erweitern.
Die dem Ausschuß für Kriegs- und Verfolgungsschäden überwiesene Dritte Novelle zum Bundesversorgungsgesetz trägt der immer wieder von der SPD verlangten Beseitigung von Härten zum Teil Rechnung. Der Kreis allein der Kriegsopfer, der durch Anrechnung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen auf einkommensabhängige Leistungen noch benachteiligt wird, umfaßte nach den Feststellungen insgesamt 895 000 Personen. Aber das gleiche, was hier für die Kriegsopferversorgung gilt, gilt auch insgesamt für die 378 000 Personen der Vertriebenen und Flüchtlinge, die Empfänger von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz sind. Die Einsparungen durch die gegenseitige Anrechnung sozialer Leistungen auf dem Gebiet des LAG betragen 449,6 Millionen DM. In der Sozialhilfe wird der Einsparungsbetrag mit 550 Millionen DM angegeben.
Infolge der vorgeschrittenen Zeit will ich darauf verzichten, noch auf andere Gebiete sozialer Leistungen hinzuweisen, wo beträchtliche Einsparungen erfolgen. Ich verweise auf den Antrag Drucksache V/1033, dem die SPD-Fraktion zustimmen wird. Die Fraktion hat beantragt, eine Ziffer 4 einzufügen, mit der die Bundesregierung bis zum 30. September 1967 zur Vorlage der Reformvorschläge verpflichtet werden sollte. Dieser Vorschlag fand bei der Mehrheit des Ausschusses kein Gehör. Wir behalten uns vor, falls die Regierung die Reformvorschläge dem Hause nach einer angemessenen Zeit nicht zugeleitet hat, die parlamentarischen Möglichkeiten zu nützen.