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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 69. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1966 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 3229 A Fragestunde (Drucksache V/1025) Fragen des Abg. Reichmann: Mißbräuchliche Verwendung von Gasöl und leichtem Heizöl Grund, Staatssekretär 3229 B Reichmann (FDP) 3229 D Wächter (FDP) . . . . . . . 3230 A Fragen des Abg. Dr. Eppler: Erlaß des Bundesaußenministers betr. mögliche dienstliche Konsequenzen einer Heirat von Beamten des AA mit ausländischen Staatsangehörigen Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 3230 C Dr. Eppler (SPD) 3230 D Fellermaier (SPD) 3231 A Fragen des Abg Dr. Schulz (Berlin) : Eheschließungen mit ausländischen Staatsangehörigen Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 3231 B Dr. Schulz (Berlin) (SPD) 3231 D Frage des Abg. Matthöfer: Schicksal der in der Sowjetunion verhafteten Redakteurin Martina Kischke Dr. Carstens, Staatssekretär . . 3232 B Matthöfer (SPD) 3232 C Jahn (Marburg) (SPD) 3232 D Frage des Abg. Kohlberger: Aufhebung der starren Altersgrenze Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3233 A Fragen der Abg. Frau Dr. Hubert: Mangel an hauswirtschaftlichen Kräften in Krankenhäusern und Altenheimen Kattenstroth, Staatssekretär . . . 3233 B Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . . . 3234 A Vizepräsident Dr. Dehler . . . . . 3234 B Varelmann (CDU/CSU) . . . . . 3234 C Müller (Mülheim) (SPD) . . . . . 3234 D Frage des Abg. Folger: Verordnung betr. eine vorläufige Landarbeitsordnung vom 24. 1. 1919 Kattenstroth, Staatssekretär . . 3235 A Folger (SPD) 3235 B Fragen des Abg. Kulawig: Lärm- und Staubbelästigung der Anwohner des Panzererprobungsgeländes „Großer Sand" in Saarlouis-Fraulautern Gumbel, Staatssekretär 3235 C Kulawig (SPD) 3236 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 Fragen des Abg. Müller (Worms) : Äußerungen des Leutnants zur See Struve über Australien bei einem Freundschaftsbesuch des Schulschiffs „Donau" in Melbourne Gumbel, Staatssekretär 3236 A Müller (Worms) (SPD) . . . . 3237 A Frage des Abg. Müller (Worms) : Folgerungen aus dem Vorfall Gumbel, Staatssekretär 3237 B Müller (Worms) (SPD) 3237 C Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Kostenträger bei Beseitigung von Bunkerresten 3237 D Fragen des Abg. Börner: Einladungen an Reservisten zu einer wehrpolitischen Veranstaltung der FDP im Kreis Hanau 3237 D Frage des Abg. Moersch: Hintergründe bei der Beschaffung des Schützenpanzers HS 30 Gumbel, Staatssekretär . . . . 3238 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 3238 B Dr. Dehler, Vizepräsident 3238 D, 3239 C, 3240 B, 3241 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 3238 D Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 3239 A Borm (FDP) . . . . . . . . . 3239 B Reichmann (FDP) . . . . . . . 3239 C Wächter (FDP) . . . . . . . . 3240 A Raffert (SPD) . . . . . . . . . 3240 C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 3240 D Fragen des Abg. Josten: Patenschaften zwischen deutschen und Truppeneinheiten der Verbündeten Gumbel, Staatssekretär 3241 B Josten (CDU/CSU) 3241 B Fragen des Abg. Dr. Müller (München) : Drohende Abwanderung von Wissenschaftlern der Luft- und Raumfahrtindustrie in die VAR — Besondere Form der Wehrdienstleistung für Mathematik- und Physikstudenten — Handhabung der Wehrdienstleistung von Abiturienten in anderen Ländern 3242 B Fragen des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) : Erfahrungen mit der Verwendung von Gasturbinen als Antrieb schwerer Kraftfahrzeuge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3242 C Fragen des Abg. Richter: Planung der Verkehrssanierung des Raumes Neckarelz–Diedesheim–Obrigheim 3242 D Frage des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) : Zulassung reflektierender Nummernschilder an Kraftfahrzeugen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3243 A Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 3243 A Frage des Abg Schmitt-Vockenhausen: Einführung eines Bauleistungsbuches Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 3243 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3243 C Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die 55. und 58. Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/924, V/1050, V/925, V/1051) . . 3243 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Verordnung über die Senkung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von geschlachteten Gänsen (Drucksachen V/955, V/1058) 3243 D Schriftliche Berichte des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Antragsfrist für die Gewährung von Zuschüssen aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abt. Ausrichtung, für das Jahr 1967 (Drucksachen V/999, V/1059), sowie zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 3/63 EWG vom 24. 1. 1963 betr. die Handelsbeziehungen zu den Staatshandelsländern in bezug auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Drucksachen V/848, V/1060) 3243 D Entwurf eines Neunten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Neun- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 III tes Rentenanpassungsgesetz) (Drucksache V/1001), in Verbindung mit Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbbstätigen und über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen (Sozialbericht 1966) sowie des Gutachtens des Sozialbeirats über die Rentenanpassung (Drucksache V/940) Katzer, Bundesminister . 3244 B, 3257 B, 3258 D, 3259 B Stingl (CDU/CSU) . . . 3246 A, 3260 B Glombig (SPD) 3249 D Spitzmüller (FDP) 3253 A Dr. Schellenberg (SPD) . 3256 A, 3258 C, 3258 D, 3260 A, 3260 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 3259 D Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (Drittes Neuordnungsgesetz — KOV) (Drucksache V/1012) Katzer, Bundesminister . . . . . 3260 D Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . . 3263 D Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 3264 A Bazille (SPD) . . . . . . . . . 3265 D Dr. Rutschke (FDP) 3268 A Erklärungen gemäß § 36 GO Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3270 C Dr. Even (CDU/CSU) . . . . . . 3270 D Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 1966, hier: Einzelplan 36 — Zivile Verteidigung (Drucksache V/994, Umdruck 46) Dr. Even (CDU/CSU) 3271 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Standortübungsplatzes Tübingen-Waldhausen (Drucksachen V/669, V/985) . . 3271 C Nächste Sitzung 3271 D Anlagen 3273 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 3229 69. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Frau Albertz 28. 10. Dr. Arndt (Berlin) 31. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 28. 10. Bäuerle 31. 10. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 28. 10. Berger 28. 10. Berlin 28. 10. Blachstein 15. 11. Brand 29. 10. Dr. Burgbacher 28. 10. Burgemeister 31. 10. Damm 28. 10. Deringer 4. 11. Dr. Dichgans 28. 10. Diebäcker 28. 10. Dr. Dittrich * 28. 10. Ehnes 28. 10. Eisenmann 31. 10. Erler 31. 10. Faller * 28. 10. Frieler 28. 10. Fritsch (Deggendorf) 28. 10. Dr. Furler 28. 10. Frau Geisendörfer 28. 10. Geldner 28. 10. Graaff 28. 10. Frau Griesinger 28. 10. Gscheidle 28. 10. Haage (München) 28. 10. Hauffe 28. 10. Hirsch 28. 10. Dr. Hofmann (Mainz) 28. 10. Iven 28. 10. Jacobi (Köln) 28. 10. Kahn-Ackermann 30. 11. Kaffka 29. 10. Dr. Kempfler 28. 10. Kiep 28. 10. Kriedemann * 28. 10. Frau Dr. Krips 28. 10. Kubitza 28. 10. Frau Kurlbaum-Beyer 28. 10. Lenders 28. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Dr. Löhr 28. 10. Dr. Lohmar 28. 10. Lücker (München) * 28. 10. Mauk 28. 10. Memmel * 28. 10. Mengelkamp 28. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 28. 10. Dr. von Merkatz 30. 11. Missbach 28. 10. Mischnick 28. 10. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Müller (Aachen-Land) * 28. 10. Ollesch 28. 10. Ott 28. 10. Paul 28. 10. Picard 28. 10. Prochazka 28. 10. Frau Pitz-Savelsberg 31. 10. Ramms 28. 10. Dr. Rinderspacher 28. 10. Sänger 28. 10. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 28. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 28. 10. Schmidt (Kempten) 28. 10. Schmitt (Lockweiler) 28. 10. Schoettle 28. 10. Dr. Serres 28. 10. Seuffert * 28. 10. Springorum * 28. 10. Dr. Staratzke 28. 10. Strohmayr 31. 10. Struve 31. 10. Teriete 31. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Weigl 28. 10. Weimer 31. 10. Welslau 28. 10. Wendelborn 28. 10. Baron von Wrangel 28. 10. Wurbs 28. 10. Zerbe 28. 10. Zink 28. 10. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 26. Oktober 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jung (Drucksache V/1025 Fragen X/7, X/8 und X/9) : Ist die Bundesregierung bereit, die Straßenverkehrs-Ordnung dahin gehend zu ergänzen, daß künftig jeder Führerscheinerwerber einen Akut-Hilfe-Kursus ableisten muß? Ist die Bundesregierung bereit, die Straßenverkehrs-Ordnung dahin gehend zu ergänzen, daß künftig jeder Halter eines Kraftfahrzeuges im Fahrzeug einen Verbandskasten, ein Warndreieck und eine Warnlampe mitführen muß? Ist die Bundesregierung bereit, die Straßenverkehrs-Ordnung dahin gehend zu ergänzen, daß künftig jeder Fußgänger bei nächtlicher Benutzung öffentlicher Verkehrswege, außerhalb von Ortschaften, Leuchtarmbinden tragen muß? Zu X/7: Ich beabsichtige, für den Erwerb der Fahrerlaubnis aller Klassen die Teilnahme an einer Unterrichtung über „Sofortmaßnahmen am Unfallort" vorzuschreiben. Dazu bedarf es zuvor der Ermächtigung des Bundesverkehrsministers durch das Straßenverkehrsgesetz. Der Entwurf eines Änderungsgesetzes zu diesem Gesetz wird den gesetzgebenden Körperschaften nach Abschluß der Vorbereitungsarbeiten vorgelegt werden. 3274 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 Zu X/8: Zu a) : Ich beabsichtige, die Ausrüstung aller Kraftwagen mit einem Verbandskasten vorzuschreiben. Doch auch dazu bedarf es besonderer gesetzlicher Ermächtigung. Auch deren Einholung wird vorbereitet. Zu b) und c) : Die Frage, ob es notwendig ist, das Mitführen von bestimmten Beleuchtungs- und Warneinrichtungen generell für alle Kraftfahrzeuge vorzuschreiben oder ob dies die geltenden Vorschriften zur Sicherung haltender oder liegengebliebener Fahrzeuge entbehrlich machen, wird z. Z. mit den hierfür zuständigen Behörden usw. geprüft. Zu X/9: Das Tragen von reflektierenden Gegenständen für Fußgänger bei nächtlicher Benutzung von Landstraßen vorzuschreiben, ist vorläufig nicht beabsichtigt. Auch dafür würde eine gesetzliche Ermächtigung fehlen. Das Problem hat auch an Bedeutung verloren. Der Fußgängerverkehr auf Landstraßen nimmt infolge der anhaltenden Motorisierungswelle, von der auch die Bevölkerung auf dem flachen Lande und in ländlichen Siedlungsgebieten in zunehmendem Maße erfaßt wird, immer mehr ab. Hinzu kommt die Einführung des asymmetrischen Abblendlichts, das eine bessere Ausleuchtung des rechten Fahrbahnrands ermöglicht. Schließlich ist auch noch die in § 37 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung enthaltene Regelung zu erwähnen, nach der Fußgänger außerhalb geschlossener Ortschaften auf Straßen ohne besonderen Gehweg die äußerste linke Straßenseite zu benutzen haben. Das alles schließt jedoch nicht aus, daß Fußgänger zum eigenen Schutz von solchen Sicherungsmitteln freiwillig Gebrauch machen. Die Gemeinsame Verkehrssicherheitskonferenz des Bundes und der Länder und auch der Arbeitskreis zur Prüfung von Unfallverhütungsmitteln, dem außer verschiedenen Behörden eine Reihe von mit Verkehrs- und Sicherheitsfragen befaßten Verbänden angehören, haben den Gebrauch von Sicherungsmitteln durch Fußgänger auf Landstraßen empfohlen. Die Bevölkerung ist durch die Presse entsprechend unterrichtet worden. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 28. Oktober 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fellermaier (Drucksache V/1025 Frage X/10): Hält der Bundesverkehrsminister trotz seiner Mitteilung über den Nichtbeginn des Baues geplanter neuer Autobahnen und Bundesfernstraßen seine während der Bereisung in Memmingen und Günsburg gegebene Zusage aufrecht, wonach der ursprünglich bereits für 1967 geplante Baubeginn für die Autobahn Ulm—Memmingen nunmehr endgültig für 1968 angesetzt wird und die Bauausschreibungen bereits 1967 vorgenommen werden? Unsere Absicht, die Autobahn zwischen Ulm und Memmingen sobald als möglich zu beginnen, ist unverändert. Wegen der Kürzung der Aufwendungen für ,den Straßenbauplan im Haushalt 1967 ist es jedoch nicht möglich, im nächsten Jahr neue Baumaßnahmen an Bundesautobahnen oder Bundesstraßen zu beginnen. Aus diesem Grunde konnte ich auch in Memmingen den Baubeginn für die geplante Bundesautobahn Ulm—Memmingen nicht vor 1968 in Aussicht stellen. Dies hat aber auch sachliche Gründe, denn für diese Autobahn läuft z. Z. erst auf Landesebene das Raumordnungsverfahren. Nach dessen Abschluß erfolgt durch das Bundesverkehrsministerium die Festlegung der Linienführung nach § 16 Fernstraßengesetz, wobei das Benehmen mit allen anderen beteiligten Bundesministerien hergestellt werden muß. Danach werden die baureifen Entwürfe aufgestellt, die als Unterlage für das bei jeder Neubaumaßnahme gem. § 18 Fernstraßengesetz zwingend vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren dienen. Dieses Verfahren kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, je nach Art und Zahl der Einsprüche. Die bis jetzt vorliegenden Einwände haben schon großen Umfang angenommen und machten zusätzliche planerische Untersuchungen notwendig. Vor Baubeginn sind dann noch die Grunderwerbsverhandlungen durchzuführen, wobei hinsichtlich deren Dauer das gleiche gilt wie beim Planfeststellungsverfahren. Erst nachdem alle diese technischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind, kann mit den Bauausschreibungen und mit dem Bau begonnen werden. Zu diesem Zeitpunkt werden dann sicherlich auch die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden können. Nach wie vor würde ich es sehr begrüßen, wenn die Vorarbeiten so zu beschleunigen wären, daß noch 1967 ausgeschrieben werden könnte. Dies liegt aber größtenteils nicht in meiner Macht. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 28. Oktober 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Geldner (Drucksache V/1025 Fragen XI/ 1, XI/2 und XI/3) : Wie beurteilt die Bundesregierung den gegenwärtigen Stand der Abwasserbeseitigung unter dem Gesichtspunkt der Reinhaltung der Flüsse und Seen einschließlich der Trinkwasserbereitstellung? Ist der Bundesregierung bekannt, daß speziell in Nordbayern erhebliche Schwierigkeiten wegen der Abwasserbeseitigung bestehen? Welche Pläne haben Bund und Länder entwickelt, um gemeinsam mit den Kommunen und der Industrie in einer absehbaren Zeit das Ziel einer vollbiologischen Klärung aller Abwässer zu erreichen? Zu 1.: Im kommunalen Bereich sind in den vergangenen Jahren etwa 12 Mia DM für den Bau von Kanalisationen und Kläranlagen investiert worden. Damit sind etwa 55 % der Einwohner der Bundesrepublik Deutschland an Kanalisationen und zentralen Kläranlagen angeschlossen. Zur Zeit wird jedoch bei etwa 20 % der Bevölkerung das Abwasser zwar in Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 3275 einer Kanalisation erfaßt, jedoch noch nicht in zentralen Kläranlagen gereinigt. Für etwa 25 % der Bevölkerung bestehen weder Kanalisation noch Kläranlagen. Die Menge des gesamten Abwassers hat in der Vergangenheit so stark zugenommen, daß trotz der gesteigerten Abwasserbehandlung in alten und neuen Kläranlagen der Anteil des ungereinigten Abwassers jetzt noch höher ist als früher. Die hohen Investitionen haben nicht ausgereicht, den Zustand der Gewässer zu verbessern; es wäre jedoch unerträglich geworden, wenn die Kosten für die Abwasseranlagen in den zurückliegenden Jahren nicht aufgebracht worden wären. Für den industriellen Abwassersektor liegen keine vergleichbaren Angaben vor, soweit es sich um Abwasser handelt, das nicht in kommunalen Kläranlagen mitbehandelt wird. Der Abwasseranfall bei der Industrie ist jedoch ebenfalls wesentlich gestiegen. Der Bau von Abwasserreinigungsanlagen der Industrie hat aber noch nicht den notwendigen Umfang angenommen. Die Bundesregierung beurteilt den heutigen Zustand der Gewässer in der Bundesrepublik als nicht befriedigend. Durch die noch zunehmende Verschmutzung der Gewässer sind erhebliche Schwierigkeiten in bezug auf die gegenwärtige und künftige Versorgung mit Trinkwasser eingetreten. Die öffentliche Wasserversorgung muß immer mehr auf die Nutzung von Oberflächenwasser ausweichen. Wenn auch Notstände in größerem Umfange bisher verhindert werden konnten, so bereitet doch die Sicherung der Trinkwasserversorgung ernste Sorge. Zu 2.: Der Bau von Abwasserreinigungsanlagen der Städte und Gemeinden sowie der Industrie bereitet allgemein, vor allem in bezug auf ihre Finanzierung, Schwierigkeiten. Dabei wirken sich in diesem Jahr die Kürzungen in den Haushalten von Bund und Ländern leider auch bei den Maßnahmen der Wasserwirtschaft nachteilig aus. Der Bundesregierung ist bekannt, daß in Nordbayern, d. h. im Fränkischen Raum, vor allem die Deckung des Trinkwasserbedarfs aus örtlichen Vorkommen wegen ungünstiger hydrogeologischer und klimatischer Verhältnisse besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist der Bundesregierung aber auch bekannt, daß das Land Bayern für die Wasserversorgung des Fränkischen Raumes auf Grund umfangreicher Erhebungen und Untersuchungen einen großräumigen Plan aufgestellt hat, der zügig verwirklicht wird. Zu 3.: Für die Reinhaltung der Gewässer sind nach dem Grundgesetz und nach dem bekannten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 30. 10. 1962 die Länder zuständig. Insofern kann der Bund mit den Ländern einen gemeinsamen Plan für die hinsichtlich der Reinhaltung der Gewässer einzuhaltenden Anforderungen nicht entwickeln. Gerade deshalb hat die Bundesregierung den aus der Mitte des Bundestages eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes lebhaft unterstützt. Dieser Entwurf hatte das Ziel, jeden Einleiter von Abwasser unmittelbar zur Einhaltung bestimmter Anforderungen zu verpflichten und außerdem die obere Grenze für eine noch tragbare Belastung der Gewässer festzulegen. Die zugehörigen Rechtsverordnungen sahen biologische oder gleichwertige Kläranlagen vor; weiterhin war daran gedacht, Fristen für die Fertigstellung dieser Anlagen zu setzen. Leider ist dieses vom Bundestag einstimmig beschlossene Gesetz vom Bundesrat abgelehnt worden. Zur Ermittlung der Verhältnisse auf dem Gebiet des öffentlichen Abwasserwesens hat die Bundesregierung in den Jahren 1957 und 1963 amtliche Erhebungen durchführen lassen. Die Ergebnisse gaben einen Überblick über die Entwicklung und erlauben, den Finanzbedarf für die noch notwendigen Abwasseranlagen abzuschätzen. Das Bundesgesundheitsministerium hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit Erfolg dafür eingesetzt, daß die für den Bau von Abwasseranlagen der Kommunen und der Industrie bestimmten ERP-Mittel, soweit eben möglich, in der bisherigen Höhe zur Verfügung bleiben. Die Vergabe dieser Kredite erfolgt in jedem Jahr nach einem mit den Bundesländern abgestimmten Verfahren, das sicherstellt, daß die von Bund und Ländern gewährten Kredite und Beihilfen nach Dringlichkeit und Schwerpunkten vergeben werden, da sie zur Befriedigung aller Anträge nicht ausreichen. Dadurch ist gewährleistet, daß die Mittel der öffentlichen Hand möglichst wirkungsvoll eingesetzt werden. Die Länder, die die Hauptlast der Zuschüsse tragen, haben bis zum Jahre 1966 die Beihilfemittel für Abwasseranlagen von Jahr zu Jahr beträchtlich erhöht. Da auch diese Mittel für den gesamten Bedarf nicht ausreichen, werden sie nach besonderen Schwerpunkten verteilt. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 28. Oktober 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Offenbach) (Drucksache V/1025 Frage XI/4) : Zu welchen konkreten Ergebnissen ist der nach Auskunft der Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen in der Fragestunde vom 3. März 1966 neu konstituierte Ausschuß Fluglärm bisher gekommen? Die Ausschüsse „Fluglärm" und der Rechtsausschuß im Luftfahrtbeirat haben sich in erster Linie mit dem aus .der Mitte des Bundestages eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen befaßt, der gesetzgeberische Folgerungen aus dem Göttinger Fluglärmgutachten ziehen will. Nach Prüfung des Entwurfs unter rechtlichen, finanziellen und verkehrswirtschaftlichen Gesichtspunkten sind die Ausschüsse zu der Auffassung gelangt, daß sich die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen nicht verwirklichen lassen. 3276 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 Die von den Ausschüssen in Anlehnung an das Fluglärmgutachten erarbeiteten konstruktiven Beiträge zur Fluglärmminderung und die Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf sind schriftlich niedergelegt. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, daß ich auf die Einzelheiten jetzt nicht eingehe, Ihnen aber Abdrucke der Niederschriften über die Beratungen der Ausschüsse „Fluglärm" und des Rechtsausschusses des Luftfahrtbeirates zuleite. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 28. Oktober 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Fellermaier (Drucksache V/1029 Fragen II/ 1 und 11/2): Ist der bayerischen obersten Landesverkehrsbehörde, der bayerischen Staatsregierung, entsprechend den Bestimmungen des Bundesbahngesetzes Gelegenheit zu einer Stellungnahme zur Auflösung der Bundesbahndirektionen Augsburg und Regensburg gegeben worden, was der bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Dr. Schedl, öffentlich bestreitet? Sind über das Vorhaben der Deutschen Bundesbahn, die in Frage II/1 genannten Direktionen aufzulösen, gegebenenfalls außer dem Land Bayern auch die beteiligten Städte, die Eisenbahnergewerkschaft und der Hauptpersonalrat der Deutschen Bundesbahn angehört worden, wie es der Bundesverkehrsminister in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 13. Oktober 1966 gesagt hatte? Herr Kollege, mit Recht beziehen Sie sich auf meine Ausführungen in der Fragestunde der 65. Sitzung des Bundestages. Auf die Fragen des Herrn Kollegen Dr. Hofmann wegen einer etwaigen Auflösung der Bundesbahndirektion Mainz habe ich mich zu der Frage des Zusammenwachsens von Bundesbahndirektionen im Rahmen der notwendigen Straffung der Organisation der Deutschen Bundesbahn auch allgemein geäußert. Diese Ausführungen gelten natürlich auch für die vier im Freistaat Bayern liegenden Bundesbahndirektionen. Inzwischen haben auch die in meiner Antwort angekündigten Informationsgespräche mit den Regierungschefs oder, falls sie verhindert waren, den zuständigen obersten Stellen der betroffenen Länder stattgefunden. Über die Überlegungen, die wegen der Bundesbahndirektionen Augsburg und Regensburg in dem vorliegenden Gutachten angestellt wurden und ihre etwaigen Konsequenzen informierte der Erste Präsident der Deutschen Bundesbahn, Herr Prof. 'Dr. Oeftering, am 12. Oktober Herrn Ministerpräsidenten Dr. h. c. Goppel. An dem Gespräch nahm, wie mir mitgeteilt wurde, für den verhinderten Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dr. Schedl, Herr Staatssekretär Wacher teil. Auch die Eisenbahnergewerkschaften und der Hauptpersonalrat der Deutschen Bundesbahn wurden inzwischen vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn über die Vorschläge der Organisationskommission informatorisch unterrichtet. Diese Informationsgespräche ersetzen selbstverständlich nicht das nach dem Bundesbahngesetz vorgeschriebene Verfahren, sondern gehen ihm voraus. Zur Beschaffung der Grundlagen für das im Gesetz vorgeschriebene Verfahren laufen noch weitere Untersuchungen, die in der Erarbeitung einer Rahmenplanung zusammengefaßt werden, in die die Prüfungen der aufzustellenden Sozialpläne, der zu ermittelnden Rationalisierungseffekte, der Kosten usw. eingehen werden. Bis zur Fertigstellung der Rahmenplanung werden noch einige Monate benötigt. Erst dann können nach dem im Bundesbahngesetz vorgeschriebenen Verfahren die abschließenden Verhandlungen mit den Ländern erfolgen. Dazu gehören auch die Entscheidungen des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn darüber, welche Vorschläge der Organisationskommissionen weiterverfolgt und welche Ersatzlösungen vorgeschlagen werden sollen. Den örtlich beteiligten obersten Landesverkehrsbehörden wird also erst nach längerer Zeit gemäß § 44 Bundesbahngesetz offiziell Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Die Willensmeinung der Länder wird dann bei der Beschlußfassung des Verwaltungsrates nach § 12 Abs. 1 Ziffer 11 Bundesbahngesetz und schließlich bei der Genehmigung durch den Bundesminister für Verkehr nach § 14 Abs. 4 Buchstabe e) Bundesbahngesetz eingehend gewürdigt und angemessen berücksichtigt werden. Bei ihrer Willensbildung werden die obersten Landesverkehrsbehörden meines Erachtens sicher nicht versäumen, auch die betroffenen Städte zu hören, die natürlich auch selbst alles Interesse haben, nicht übergangen zu werden und sich bereits entsprechend rühren. Ich möchte zur Klarheit noch ausdrücklich unterstreichen, daß die Güte der Verkehrsbedienung für die Bevölkerung und die Wirtschaft natürlich nicht von der Organisationsform der Deutschen Bundesbahn oder der Zahl oder dem Sitz der Bundesbahndirektionen auch nur im geringsten beeinflußt wird. Anlage 7 Ergänzende Ausführung des Abgeordneten Dr. Rutschke zu Punkt 7 der Tagesordnung. Mit der gleichen turnusmäßigen Gewißheit, mit der dem Winter der Frühling folgt, wird vor jedem Bemühen um eine Verbesserung des Versorgungsrechts der Kriegsopfer die Grundrente als eine Versorgungsleistung 'hingestellt, die entweder einer Erhöhung überhaupt nicht mehr bedürfte oder zumindest jenen gestrichen werden sollte, die diese Rente zur Beseitigung von existenzieller Not nicht brauchen. Wenn es kürzlich in einem Artikel der „Heilbronner Stimme" über die geplante laufende Anpassung ,der Kriegsopferversorgung wörtlich heißt: „Bezieht man in diese laufende Anpassung auch die Grundrente ein, erhöht man in zahllosen Fällen im Zwei-Jahres-Turnus das Taschengeld von Männern und Frauen, die diesen Obolus vom Vater Staat wahrhaftig nicht mehr nötig haben", so muß dazu festgestellt werden, daß dieser Gedankengang keineswegs neu, sondern so alt wie die Kriegsopferversorgung selbst ist, aber dadurch bis zum heutigen Tage noch nicht um einen Deut richtiger wurde. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 3277 Was steckt hinter einer solchen Betrachtungsweise? Unzweifelhaft resultiert sie aus der Auffassung, die Kriegsopferversorgung sei ihrem Wesen nach eine Art „besondere Fürsorge" für arme in Not geratene Kriegskrüppel, die kein Glied für eine berufliche Tätigkeit mehr rühren können, und für solche armen Witwen und Waisen, die andernfalls betteln gehen müßten. Diese Betrachtungsweise unterstellt damit, ohne es auszusprechen und sicherlich auch ohne diesen Gedanken zu Ende zu denken, daß der Staat auf dem Wege über die allgemeine Wehrpflicht das absolute Recht habe, die Gesundheit des von der Wehrpflicht erfaßten Staatsbürgers entschädigungslos zu enteignen. Einer solchen Auffassung stehen der Rechtsgrundsatz des Bürgerlichen Rechts auf Schadenshaftung eines jeden zivilisierten Staates sowie Artikel 2 des Grundgesetzes, nach dem jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat, prinzipiell entgegen. Für den recht und billig Denkenden kann es gar keinen Zweifel darüber geben, daß Leben und Gesundheit als die bedeutendsten Güter des Menschen, die durch nichts anderes zu ersetzen sind, auch für Gemeinzwecke genausowenig entschädigungslos enteignet werden sollen wie materieller Besitz, dessen Schutz auch durch Artikel 14 des Grundgesetzes verbrieft ist. Alle Vorschläge für die Einstellung der Grundrentenzahlung an solche Kriegsbeschädigte, die entweder Vermögen besitzen oder über ein Einkommen verfügen, das sie vor unmittelbarer wirtschaftlicher Not bewahrt, argumentieren vorwiegend mit Einkommensvergleichen zwischen einem kriegsbeschädigten Hilfsarbeiter und beispielsweise einem kriegsbeschädigten hohen Beamten, woraus sie den Schluß ziehen, daß der kriegsbeschädigte Beamte auf seine Grundrente, die für ihn ohnehin nur ein Taschengeld sei, verzichten könne oder solle, damit die Versorgungsbezüge des kriegsbeschädigten Hilfsarbeiters erhöht werden könnten. Dieser Vergleich ist nicht nur irreführend, sondern zugleich auch unzulässig, weil er völlig außer acht läßt, daß die Kriegsopferversorgung nicht die Aufgabe hat, allgemein vorhandene und auf ganz anderen Ursachen basierende soziale Unterschiede einzuebnen — auch der gesunde höhere Beamte pflegt mehr zu verdienen als ein gesunder Hilfsarbeiter —, sondern im Gegenteil, jene besonderen Einbußen an Gesundheit und Leistungsfähigkeit ausgleichen soll, die der kriegsbeschädigte Staatsbürger im Vergleich zu dem gesunden Staatsbürger seiner sozialen Schicht zu beklagen hat. Deshalb orientiert sich die Kriegsopfer-Grundrente als jene Komponente der Versorgung, die den Entschädigungscharakter repräsentiert, nicht am Einkommen des Versorgungsberechtigten, sondern am Grade der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit. Da für mehr als 80 % aller Kriegsbeschädigten infolge ihrer Berufstätigkeit die Grundrente mit Ausnahme der notwendigen Kosten für freie Heilbehandlung der Kriegsbeschädigung und der Lieferung von orthopädischen Hilfsmitteln die einzige Versorgungsleistung ist, die sie empfangen, würde die Einstellung der Grundrentenzahlung an sie mit der Einstellung der Versorgung überhaupt praktisch identisch sein. Rechtlich aber gibt es keine Begründung dafür, daß die Gesundheit eines wirtschaftlich besser gestellten Staatsbürgers weniger wert sei als die eines schlechter gestellten. Der für den Laien zunächst bestechende Gedanke, durch Einsparung der Grundrenten von Kriegsbeschädigten aus höheren 'sozialen Schichten die Versorgung minderbemittelter oder besonders schwer betroffener Kriegsbeschädigter wesentlich zu verbessern, entpuppt sich bei näherer Prüfung als ein Irrtum. Die Zahl der Kriegsbeschädigten in jenen schon von sich aus schwach besetzten hohen Einkommensgruppen, bei denen die Grundrente im Verhältnis zu ihren eigenen Realeinkommen finanziell tatsächlich ohne Bedeutung ist, ist so gering, daß der Erlös einer solchen Maßnahme von den zu ihrer Durchführung erforderlich werdenden Verwaltungskosten weit übertroffen wird. Eine solche Maßnahme könnte erst dann nennenswerte Einsparungen erbringen, wenn die Einkommensgrenze, von der ab die Grundrente gekürzt oder nicht mehr gezahlt werden soll, so tief angesetzt wird, daß das Gros der deutschen Kriegsopfer damit erfaßt wird. Daß aber all solchen im Grunde laienhaften Überlegungen meist auch völlig irreale Vorstellungen über die wirkliche Höhe der Kriegsopferversorgungsleistungen zugrunde liegen, möge ein einfaches Beispiel verdeutlichen, das bewußt aus der Gegenwart genommen ist und damit zugleich geeignet erscheint, den wehr- und verteidigungspolitischen Aspekt der Versorgung erkennen zu lassen. Zwei Redakteure mit einem angenommenen Gehalt von 1500 DM im Monat arbeiten in einer Zeitungsredaktion nebeneinander. Der eine macht eine Reserveübung bei der Bundeswehr, wird bei einer nächtlichen Übung von einem Panzer überfahren und verliert ein Bein im Oberschenkel. Nach Amputation, längerem Krankenhausaufenthalt und prothetischer Versorgung erhält er bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 % eine monatliche Grundrente von 140 DM. Der andere Redakteur verliert auf einer dienstlichen Fahrt im Auftrag der Zeitung durch einen Verkehrsunfall ebenfalls ein Bein im Oberschenkel. Er erhält dafür eine Unfallrente von 700 DM monatlich ebenso neben jedem weiteren Einkommen, wie sein bei der Wehrübung verunglückter Kollege seine 140 DM Grundrente für den gleichen Schaden neben weiterem Einkommen erhält. Das ist der nüchterne Tatbestand, den man zur Kenntnis nehmen und von dem man ausgehen sollte, wenn man über die Frage nachdenkt, ob Grundrenten notwendig und sinnvoll sind, ob sie ganz weggenommen, gekürzt oder erhöht werden sollen. Anlage 8 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Jungmann zu Punkt 7 der Tagesordnung. Der Herr Bundesarbeitsminister hat vorhin gesagt, daß es bei diesem Gesetzentwurf um die Ver- 3278 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966 wirklichung des Anspruchs der Kriegsopfer auf eine würdige und gerechte Versorgung geht. Das veranlaßt mich zu folgenden Feststellungen. In den §§ 18 c Abs. 4 und 24 a dieses Gesetzentwurfs ist vorgesehen, daß die ärztliche und zahnärztliche Behandlung der Versorgungsberechtigten, nicht nur der Kriegsopfer, sondern auch der beschädigten Soldaten der Bundeswehr und der Beschädigten der zivilen Ersatzdienstes, in Zukunft nur nach den Mindestsätzen der Amtlichen Gebührenordnung vergütet werden soll. Soweit es sich um Schwerbeschädigte handelt, soll die Bundesregierung ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates „im Falle des Bedürfnisses" einen prozentualen Zuschlag auf die Mindestsätze der gesetzlichen zahnärztlichen Gebühren festzusetzen. Ich will hier nicht fragen, was unter „im Falle des Bedürfnisses„ zu verstehen ist. Ich will auch nicht darauf eingehen, daß ich die Begründung der einschlägigen Vorschläge für sachlich falsch und in ihrer Fiktion für irreführend halte. Das alles wird in den Ausschußberatungen zur Sprache kommen und dort erörtert werden müssen. Worauf es heute und hier ankommt, das ist zunächst einmal die Frage, ob diese Regelung den berechtigten Belangen der Kriegsopfer und des ihnen gleichgestellten Personenkreises entsprechen würde. Und gerade das glaube ich nicht. Die Kriegsopfer haben von sich aus immer wieder zum Ausdruck gebracht, daß sie eine solche Bewertung durch den Staat als entwürdigend, als das Gegenteil dessen empfinden, was der Herr Bundesarbeitsminister vorhin als den eigentlichen Sinn dieses Gesetzes herausgestellt hat. Sie haben immer wieder betont, daß sie mit ihrer Versorgung den anderen Versorgungsberechtigten und nicht den Sozialhilfeberechtigten gleichgestellt sein wollen. Aber auch für die Ärzte und Zahnärzte handelt es sich um eine Grundsatzfrage. Sie wehren sich gegen jede gesetzliche Honorarfestsetzung außerhalb des Sozialhilfegesetzes. Sie sehen darin einen auch verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Eingriff in ihre staatsbürgerlichen Rechte, die ja auch auf allen anderen Gebieten des Sozialrechts grundsätzlich anerkannt sind. Ich möchte im übrigen auch bezweifeln, ob eine Regelung, wie sie in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist, bei einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht würde bestehen können. Ich würde hier nicht zu dieser Frage Stellung nehmen, wenn es in Wahrheit nicht um diese Grundsatzfragen, sondern um die Höhe der Honorare ginge. Abgesehen davon, daß die Höhe des Honorars so wie bisher auch in Zukunft ohne jede Konsequenz für die ärztliche Behandlung von Kriegsopfern sein wird — das weiß niemand besser als die Kriegsopfer selbst —, ist die allenfalls in Frage kommende Differenz für den einzelnen Arzt ebenso wie für die Ärzteschaft als Ganzes wirtschaftlich völlig bedeutungslos. Man darf daraus aber nicht den Schluß ziehen, daß die Ärzte und Zahnärzte dann ja auch auf ihre Vertragsfreiheit verzichten könnten. Damit bin ich bei dem entscheidenden Punkt: es geht auch der Bundesregierung nicht um das Geld, sondern um das grundsätzliche Bestreben, mit Hilfe dieses Gesetzes eine Bresche in die gesetzlich garantierte Vertragsfreiheit der Ärzte zu schlagen. Das Kriegsopferrecht sollte aber nicht dazu benutzt werden dürfen, ein Präjudiz für andere, wenn nicht sogar für alle übrigen sozialrechtlichen Regelungen zu schaffen. Das sollten sich alle diejenigen sagen lassen, die diese Absicht verfolgt haben und auch jetzt noch, zum Teil ganz offen, verfolgen. Noch ein letztes Wort zu der finanziellen Seite dieser Frage. Auch vor 1933 hat die schlechte Finanzlage zu Notverordnungen geführt, die dann nur sehr schwer und zum Teil auch heute noch nicht wieder korrigiert werden konnten. Das sollte uns eine Warnung sein!
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eugen Glombig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich ist bei allen Kolleginnen und Kollegen im Hohen Hause bei der Rede des Kollegen Stingl der Eindruck entstanden — er mußte entstehen —, daß es sich bei seinen Ausführungen in erster Linie um eine Philippika gegen den ungetreuen Koalitionspartner, gegen die FDP, handelte. Das nehmen wir zur Kenntnis.

    (Abg. Stingl: Herr Glombig, da müssen Sie meine früheren Reden nachlesen! Das ist nicht neu!)

    — Das weiß ich. Trotzdem ist das natürlich sehr aktuell oder auf den aktuellen Anlaß zugeschnitten gewesen.
    Wir müssen uns bei dieser Gelegenheit daran erinnern, daß sozialpolitische Ansichten dieser Art, wie sie Herr Stingl hier eben verdammt hat, in den vergangenen Jahren nicht nur von der FDP geäußert worden sind, sondern nicht zuletzt auch von dem früheren Wirtschaftsminister und dem jetzigen Bundeskanzler Erhard. Ich glaube, auch das ist in diesem Zusammenhang zumindest erwähnenswert; denn ' gegen eine Dynamisierung der Renten hat sich auch der frühere Wirtschaftsminister und

    Glombig
    jetzige Bundeskanzler oft genug und zumindest ebenso eindeutig wie die FDP ausgesprochen.
    Ich will hier nicht die Debatte über das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz wiederholen, die sich bereits vor 14 Tagen oder drei Wochen abgespielt hat. Ich möchte mich auf das Neunte Rentenanpassungsgesetz und auf den Sozialbericht 1966 konzentrieren.
    Ich habe seinerzeit an den Beratungen der Sozialreform im Jahre 1956 nicht unmittelbar teilgenommen. Ich habe ihr aber auf der Tribüne des Hohen Hauses beigewohnt. Ich kann mir von daher — aus der Betrachtung der Vergangenheit — manches Urteil erlauben.
    Wenn man heute feststellt, daß seit Inkrafttreten der Rentenreform zehn Jahre vergangen sind, dann muß man in dem Zusammenhang noch etwas anderes Bedeutsames sagen, nämlich daß mit dem Inkrafttreten des Neunten Rentenanpassungsgesetzes am 1. Januar 1967 das Ende des ersten Deckungsabschnitts in der gesetzlichen Rentenversicherung gekommen ist. Darauf möchte ich einen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit lenken. Das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz sieht für die Zeit nach dem 31. Dezember 1966 vor, daß die Länge der Deckungsabschnitte von zehn Kalenderjahren auf ein Kalenderjahr verkürzt wird. Diese Tatsache gibt mir Veranlassung, mich einigen wenigen historischen Reminiszenzen hinzugeben.
    Im Sozialbericht 1958 gibt es eine Vorausschätzung l über die Entwicklung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Ende des ersten Deckungsabschnitts unter Berücksichtigung der vom Gesetz vorgeschriebenen Rücklage bei Annahme einer Steigerung der durchschnittlichen Arbeitsentgelte ab 1958 um 4 v. H. jährlich und bei verschiedenen Annahmen über die Vornahme von Anpassungen laufender Renten ab 1959. Danach wird das Rücklagesoll am 31. Dezember 1966 um 5,4 Milliarden DM unterschritten, wenn bis 1966 acht Anpassungen, nämlich — wie geschehen — für die .Jahre 1959 bis einschließlich 1966, erfolgen.
    Nun ist es besonders reizvoll, dieser Feststellung im Sozialbericht 1958 die entsprechende Feststellung im Sozialbericht 1966 gegenüberzustellen. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Es heißt dort:
    Das Rücklagesoll am 31. Dezember 1966 wird übererfüllt sein. Denn die Aufwendungen zu Lasten der Versicherungsträger — d. h. die Gesamtausgaben abzüglich der Zuschüsse und Erstattungen — im Jahre 1966 werden schätzungsweise in der Arbeiterrentenversicherung 15 357 Millionen DM, in der Angestelltenversicherung 9043 Millionen DM ausmachen, und das Bar- und Anlagevermögen der Versicherungsträger hat schon Ende 1965 in der Arbeiterrentenversicherung 16 264 Millionen DM und in der Angestelltenversicherung 9 858 Millionen DM erreicht, wird also im Hinblick auf den 1966 anfallenden Einnahmenüberschuß Ende 1966 über den Sollwerten liegen, und zwar auch in der Arbeiterrentenversicherung, die am 1. Januar 1966 weitere 1 042 Millionen DM Vermögen an die Angestelltenversicherung zu übertragen hatte.
    Wir sollten uns daran erinnern, meine Damen und Herren, daß die Rentenanpassung für das Jahr 1958 in erster Linie wegen einer befürchteten Gefährdung der Finanzlage der Rentenversicherung — ich sagte bereits: insbesondere der Angestelltenversicherung — verweigert worden ist.
    In diesem Zusammenhang nimmt sich die Begründung der Bundesregierung zur Ablehnung der Rentenanpassung für das Jahr 1958, jedenfalls rückschauend betrachtet, geradezu abenteuerlich aus. Ich darf auch hier mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Es heißt im Sozialbericht 1958:
    Jedoch ist eine Anpassung der laufenden Renten an die allgemeine Bemessungsgrundlage für das Jahr 1958 durch Erhöhung um 6,1 v. H. — auch unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Rentenausgaben bis zum Ende des ersten Deckungsabschnittes — in der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung ohne Gefährdung der Finanzlage und bei Einhaltung der Vorschrift über die zu bildende Rücklage möglich. Für die zukünftigen Auswirkungen einer solchen Anpassung bis zum Ende des ersten Deckungsabschnittes ist aber — insbesondere in der Angestelltenversicherung — entscheidend, ob die Anpassung rückwirkend ab 1. Januar 1958 oder erst für die Zukunft, .nämlich ab 1. Januar 1959, erfolgt. Die Bundesregierung hält unter den gegebenen Verhältnissen
    — so heißt es weiter —— wie sie sich aus der angestellten Vorausschätzung über die zukünftige Entwicklung ergeben — eine rückwirkende Anpassung nicht für vertretbar. Abgesehen davon, daß eine rückwirkende Anpassung große verwaltungsmäßige Schwierigkeiten zur Folge hätte, würde sie dazu führen, daß die Finanzlage der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung im kommenden Jahr
    — nämlich im Jahre 1959 —
    außerordentlich beengt wäre und wahrscheinlich — wenn auch vielleicht nur zeitweilig — Rückgriffe auf das vorhandene Vermögen notwendig werden.
    Wie denn überhaupt der Eindruck besteht, meine Damen und Herren, als wenn — und hier komme ich auch Herrn Stingl noch einmal entgegen — die ungünstige Vorausschau des Sozialberichts 1958 den offenen und heimlichen Gegnern — bei der FDP sind es mehr oder weniger offene Gegner, und bei der CDU/CSU gibt es sicherlich eine nicht unbeträchtliche Zahl von geheimen Gegnern, wobei ich die Kollegin Kalinke sicherlich zu den offenen Gegnern zählen kann, denn auch sie hat ja daraus kein Geheimnis gemacht — immer wieder die notwendige Munition gegen die Anpassungsklausel in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen geliefert hat.
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28, Oktober 1966 3251
    Glombig
    Ich möchte hiermit feststellen, daß gerade der Sozialbericht 1966 nicht zuletzt einen nicht zu unterschätzenden Beweis für die Richtigkeit und Notwendigkeit der Anpassung der Renten an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse darstellt, wenngleich ich überzeugt bin, daß der Sache und den Menschen, denen wir gemeinsam verpflichtet sind, eine Gesetzesbestimmung über eine automatische Rentenanpassung besser bekommen wäre. Es wäre in der Zukunft, nach Aufholung des Rückstandes, um den es jetzt bei der Rentenanpassung geht, sicherlich sinnvoller, zeit- und kräftesparender, auch die sogenannten Bestandsrenten ebenso wie die Zugangsrenten ohne besonderes Gesetz, also automatisch, anzupassen. Dazu würde dann aber auch notwendigerweise ein Wegfall der sogenannten Rentenschere gehören. Durch die von der Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit erwirkte Bestimmung in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen — die übrigens gegen den Widerstand der Opposition zustande gekommen ist ist ein unverhältnismäßig großer Abstand zwischen der Lohnentwicklung und der Entwicklung der Renten erreicht worden.
    Lassen Sie mich noch ein Wort zu der finanziellen Entwicklung der Rentenversicherung sagen.
    Die finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten war — das ist hier sinngemäß bereits zum Ausdruck gekommen, ich möchte es aber noch einmal unterstreichen; ich habe das auch zu belegen versucht — von 1957 bis 1966 günstig. Obgleich die Renten achtmal an die wirtschaftliche Entwicklung angepaßt wurden, ist zugleich mehr als die vorgeschriebene Rücklage angesammelt worden. Die Zahlen des Sozialberichts 1966 beweisen, daß die SPD mit ihren optimistischen Prognosen zur Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung immer recht gehabt hat. Trotzdem bleibt der bedauerliche Tatbestand, daß — das sagte Herr Stingl bereits, ich möchte es aber noch etwas vertiefen — die Rente eines Versicherten mit durchschnittlichem Arbeitsentgelt heute nach 40 Versicherungsjahren im Rentenbestand nur 364 DM monatlich und im Rentenzugang nur 394 DM monatlich erreicht und damit nur 44 bzw. rund 48 v. H. des Durchschnittlohnes gleichkommt. Erklärtes Ziel der Rentenreform des Jahres 1957 — und damit auch der Bundesregierung, wenn ich das richtig verstanden habe — war es, .den nach einem erfüllten Arbeitsleben aus ,dem Arbeitsprozeß Ausscheidenden eine Rente in Höhe von zirka 60 vom Hundert ihres Durchschnittsverdienstes zu geben.
    In diesem Zusammenhang ist es sicherlich auch notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Durchschnittshöhe aller am 1. Januar 1966 laufenden Renten an Versicherte in der Arbeiterrentenversicherung 215,90 DM, in der Angestelltenversicherung einschließlich Handwerkerrenten 365,20 DM, an Witwen in der Arbeiterrentenversicherung 167,50 DM, in der Angestelltenversicherung 241,90 DM, an Halbwaisen in der Arbeiterrentenversicherung 78,50 DM, in der Angestelltenversicherung 86,80 DM, an Vollwaisen in der Arbeiterrentenversicherung 104,10 DM und in der Angestelltenversicherung 118,30 DM betrug. Ich habe der Feststellung von Herrn Stingl, daß diese Beträge nur unwesentlich die Regelsätze in der Sozialhilfe überschreiten, kaum etwas hinzuzufügen.
    Die Bundesregierung schlägt den gesetzgebenden Körperschaften vor, in der Rentenversicherung der Arbeiter, der Rentenversicherung der Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung die am 1. Januar 1967 laufenden Renten um 8 v. H. und in der gesetzlichen Unfallversicherung um 9 v. H. zu erhöhen. Der Sozialbeirat hat die Anpassung der Renten und Geldleistungen 'in dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausmaß einstimmig empfohlen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist ,der Auffassung, daß die Rentenanpassung in dem vorgeschlagenen Umfang notwendig ist.
    Nach Auffassung der Mehrheit des Beirats, der sich auch der Bundesrat angeschlossen hat, ist die Anpassung in den gesetzlichen Rentenversicherungen jedoch nur dann zu verantworten, wenn sie, wie es dort heißt, mit einer gleichzeitigen Steigerung ,des Beitragssatzes in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten von 14 v. H. auf 14,5 v. H. verbunden wird. Nach dem Entwurf des Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes, den die Bundesregierung inzwischen den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegt hat, soll der Beitragssatz für das Jahr 1967 bei 14 v. H. der versicherungspflichtigen Entgelte belassen bleiben. Dieser Auffassung schließt sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion an.

    (Vorsitz: Vizepräsident Frau Dr. Probst)

    Wir sind der Auffassung, ob, wann und in welcher Höhe später eine Beitragserhöhung notwendig wird, hängt von dem Ergebnis der Beratungen im Ausschuß für Sozialpolitik ab — und wir sollten diesen Beratungen nicht unbedingt vorgreifen —, nicht zuletzt auch davon, Herr Stingl, ob eine solche Beitragserhöhung einseitig zu Lasten der Versichertengemeinschaft für finanzpolitische Manipulationen des Bundes direkter oder indirekter Art mißbraucht werden soll.
    Wenn ich Ihren Ausführungen richtig gefolgt bin, Herr Kollege Stingl, und wenn ich die Schlagworte vom Konsumverzicht durch Beitragszahlung richtig verstanden habe, dann käme einer solchen Beitragserhöhung der Charakter einer Sondersteuer zu. Das ist doch sicherlich von Ihnen nicht gewollt gewesen. Jedenfalls würden wir einer solchen Sondersteuer mit einer solchen Begründung nicht zustimmen können.
    Im Gegensatz zu den bisherigen Rentenanpassungsgesetzen ist diesmal der Sonderzuschuß nicht von der Anpassung ausgeschlossen. Diese Regelung wird selbstverständlich von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion begrüßt; denn sie hat sie oft genug gefordert. Dieser Vorgang entbehrt jedoch nicht der Pikanterie; hier trifft das Wort „Pikanterie" ganz bestimmt zu. Achtmal sind die Renten angepaßt worden, und achtmal wurde die berechtigte Forderung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion auf Einbeziehung des Sonder-
    3252 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1966
    Glombig
    zuschusses in die Anpassung von der Regierungsmehrheit mit 'den fadenscheinigsten Begründungen abgelehnt; ich muß das so nennen. So hat zuletzt bei der Beratung des Achten Rentenanpassungsgesetzes in der 12. Sitzung des Deutschen Bundestages am 9. Dezember 1965 zu dem von Herrn Kollegen Riegel begründeten Antrag auf Einbeziehung des Sonderzuschusses in die Rentenanpassung der Herr Kollege Kühn (Hildesheim) erklärt — ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren —:
    Ihr darüber hinausgehender Antrag, den Sie jetzt eingebracht haben, würde bedeuten, daß wir nicht nur die erdienten Beiträge, sondern auch die Zuschüsse, die wir seinerzeit gewährt haben, in die Dynamisierung einbeziehen würden. Das wiederum würde eine echte Ungerechtigkeit gegenüber denjenigen sein, die ihre Beiträge erdient haben. Aus diesem Grunde allein bitten wir, den Antrag abzulehnen. Wir wollen zwar Härten beseitigen, aber keine Ungerechtigkeiten schaffen.
    Herr Kollege Kühn, bei aller Freundschaft muß ich hier folgendes sagen. Herr Stingl hat hier quasi prophylaktisch etwas zu diesen Erklärungen gesagt, die Sie nicht nur einmal, sondern wiederholt abgegeben haben, Ich muß sagen, daß im Zusammenhang mit dem Sonderzuschuß doch ein Grundsatz postuliert worden war. Diesen Grundsatz geben Sie nun zugunsten einer verwaltungsmäßigen Veränderung auf, weil damit auf der Lochkarte ein Raum für andere Rentenarten frei wird.

    (Widerspruch in der Mitte.) — Sie bezweifeln das?


    (Abg. Stingl: Stellen Sie doch den Antrag, daß wir nicht anpassen!)

    — Das hat damit ja wohl nichts zu tun. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß es eine fadenscheinige Begründung war und daß es zweifellos kurios ist, wenn im Gegensatz hierzu die Bundesregierung die Einbeziehung des Sonderzuschusses in die Rentenanpassung mit verwaltungsmäßigen Vereinfachungen begründet, so, als wenn es bei dem Problem der Anpassung des Sonderzuschusses um eine Frage des freien Raumes auf der Lochkarte ginge. Das wollte ich Ihnen in dem Zusammenhang einmal klarmachen. Wenn es sich hier um die bessere Einsicht in die sozialpolitische Notwendigkeit handelt, dann ist es gut. Aber bei dieser Art von Begründung, die auch von Herrn Stingl wiederholt worden ist, glaube ich, mutet man uns nun wirklich etwas zuviel zu. Jedenfalls hat es acht lange Jahre gedauert, ehe man zu dieser besseren Einsicht gekommen ist.
    Aber auch diese Errungenschaft hat ihren Pferdefuß. Herr Stingl hat bereits prophylaktisch auch auf diesen Pferdefuß hingewiesen. Ich möchte das trotzdem noch einmal deutlicher machen, damit es nicht untergeht. Mit dem in Aussicht stehenden Finanzplanungsgesetz soll der Bundeszuschuß für den Sonderzuschuß — das sind für das Jahr 1967 110 Millionen DM — gestrichen werden. Herr Stingl hat das damit begründet, daß durch die Einbeziehung des Sonderzuschusses in die Dynamisierung
    dieser Sonderzuschuß in die Gesamtleistung gehöre und damit der Sonderzuschuß in den Gesamtbundeszuschuß hinein müsse.
    Herr Stingl, Sie werden ebenso wie ich wissen, daß sich dieser Betrag von 110 Millionen DM durch die Einbeziehung des Sonderzuschusses in die Rentenanpassung von Jahr zu Jahr erhöht. Damit werden Jahr für Jahr bei der Berechnung des Bundeszuschusses weitere Verluste entstehen.

    (Abg. Stingl: Das können Sie dem Modus des Bundeszuschusses selber überlassen!)

    Das wird die Praxis in der Zukunft zeigen. Das ist die berechtigte Befürchtung der Rentenversicherungsträger. Anders sehen es die Rentenversicherungsträger nicht. Ich halte die Auslegung des Vorganges durch Sie — das muß ich sagen — für recht kühn. Ich bin der Meinung, daß das auf dem dornenvollen Wege vom Haushaltssicherungsgesetz bis zum Finanzplanungsgesetz einen weiteren Schlag gegen die Rechtssicherheit darstellt und daß wir uns mit dieser Frage noch sehr eingehend werden beschäftigen müssen.
    Was die Anrechnungsbestimmungen im Neunten Rentenanpassungsgesetz angeht, so ist ebenso wie beim Sonderzuschuß — ich möchte es einmal volkstümlich sagen — jetzt die Kurve gekratzt worden. Achtmal haben die Sozialdemokraten gefordert, man möge die Erhöhung der Renten aus der Sozialversicherung z. B. für die Kriegsopfer nicht nur für die ersten Monate eines neuen Jahres — Januar bis Mai —, sondern grundsätzlich anrechnungsfrei lassen. Diese Forderung ist immer wieder mit der Begründung abgelehnt worden, wir müßten das im Bundesversorgungsgesetz selbst tun. Aber wir haben ja seit Verkündung des Bundesversorgungsgesetzes im Jahre 1950 eine sehr große Zahl von Novellen und Neuordnungsgesetzen zur Kriegsopferversorgung erlebt, mit denen diese Ankündigung der Regierungsmehrheit in immerhin 16 Jahren nicht ihre Verwirklichung gefunden hat. Aber dazu wird sicherlich beim nächsten Tagesordnungspunkt noch einiges zu sagen sein.
    Ich möchte nur anregen, daß man nicht nur den Bereich der Kriegsopferversorgung berücksichtigt, wie es jetzt mit dem Dritten Neuordnungsgesetz geschehen ist, sondern darüber hinaus auch andere Leistungsbereiche. Da böte sich z. B. die 19. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz an — wenn sie nicht bereits vorher im Bundesrat fällt, was wir nicht hoffen wollen.
    Im übrigen bin ich der Meinung, daß wir uns über die anderen Fragen, die den Entwurf des Neunten Rentenanpassungsgesetzes angehen, im Ausschuß weiter unterhalten sollten. Wir sollten uns im Zusammenhang mit dem Dritten Rentenversicherungsänderungsgesetz vor allem über die Finanzierung der Rentenversicherung sehr pflichtbewußt einige Gedanken machen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Maria Probst
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Spitzmüller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Bevor ich zu den uns vorliegenden Drucksachen V/1001 und V/940 übergehe, darf ich — Herr Kollege Stingl, Sie werden sicher Verständnis dafür haben —

    (Abg. Stingl: Aber natürlich!) auf einige Ihrer Ausführungen eingehen.


    (Abg. Kühn [Hildesheim] : Er ist schon ganz spitz darauf!)

    Ich möchte gleich vorweg sagen: Herr Kollege Stingl und Herr Minister Katzer haben sehr betont ausgesprochen, daß sich das RentenversicherungsNeuregelungsgesetz des Jahres 1957 bewährt habe. Aber sie haben gleichzeitig zugegeben, daß das Ziel, nämlich die 60 %, nicht erreicht sei. Sie haben gleichzeitig zugeben müssen, daß das Finanzierungsverfahren geändert werden muß, und sie haben zum 3. Rentenänderungsgesetz gleichzeitig zugeben müssen —das steht in einem inneren Zusammenhang —, daß die Beiträge zur Sozialversicherung unabhängig von der jetzigen Höhe des Bundeszuschusses ebenfalls ansteigen, ohne daß deshalb auch die Rentenansprüche der Beitragszahler steigen. Hier ist also keine Äquivalenz für die ohnehin in jedem Fall in den nächsten Jahren zwingend erforderliche Beitragserhöhung gegeben.
    Herr Kollege Stingl und Herr Minister Katzer, ich kann nur dankenswert anerkennen, daß in diesem Gesetz nunmehr auch die Grundbetragsanpassung vorgenommen ist. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie wissen ja, wie sehr Sie uns einmal schlagen konnten, weil wir aus Koalitionstreue nicht mehr bereit waren, mit Ihnen für die Einbeziehung dieser Grundbetragsanpassung zu stimmen. Wir wären jetzt auch nicht in der Situation, koalitionstreu sein zu müssen, wenn diese Sache zur Abstimmung steht. Aber beinahe in weiser Voraussicht hat. Herr Minister Katzer diese Grundbetragsanpassung schon eingebaut, so daß es über diese Frage keine divergierenden Meinungen von links nach rechts mehr geben wird.
    Gleichzeitig begrüßen wir die neu vorgesehene Anrechnungs- bzw. Nichtanrechnungsbestimmung bezüglich des Bundesversorgungsgesetzes.
    Herr Kollege Stingl, Sie haben darauf hingewiesen, daß eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen hier im Hause im Jahre 1956 erhebliche Bedenken gegen die Automatik und Dynamik vorgebracht hat. Sie haben dabei vergessen, daß die Abgeordnete, die damals 256 Änderungsanträge begründen mußte, in der Zwischenzeit beredtes Mitglied Ihrer eigenen Fraktion geworden ist und immer noch auf dem Standpunkt steht,

    (Abg. Stingl: Man kann immer klüger werden!)

    daß ihre damaligen Bedenken auch heute noch nicht vom Tisch gefegt werden können. Auch wir hätten Ihnen, Herr Kollege Stingl, sagen müssen: in welche Höhen würden die Sozialpolitiker wohl ihre Flüge ausdehnen, wenn es nicht gelegentlich kritische, mahnende Stimmen gäbe, die dafür sorgen, daß man sich bei der Abfassung von sozialpolitischen Gesetzen irgendwo an einer mittleren Grenze trifft,
    wenn es nicht Kollegen gäbe, die nicht nur die Sozialpolitik, sondern die Sozialpolitik im Gesamtrahmen der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik sehen. Ich meine, mindestens wir Sozialpolitiker sollten doch aufhören, uns gegenseitig unsoziales Verhalten vorzuwerfen, weil der eine oder andere Bedenken gegen die Automatik und gegen diese Form der Dynamik zum Ausdruck gebracht hat und auch heute noch zum Ausdruck bringt. Wir haben bis zum Jahre 1956 acht Rentenanpassungen durchgeführt, ohne daß Automatik und Dynamik gesetzlich vorgeschrieben waren. Allen acht Anpassungen durch Gesetz haben auch die Freien Demokraten zugestimmt.
    Herr Kollege Stingl, Sie haben darauf abgehoben, daß Sie im Jahre 1956 gemeinsam mit der SPD diese Automatik und Dynamik durchgesetzt haben.

    (Abg. Kühn [Hildesheim] : Es ist gar keine Automatik!)

    — Die Automatik ist natürlich für die Neuzugangsrenten. — Herr Kollege Stingl, ich darf dazu darauf hinweisen, daß Sie mit diesem Gesetzentwurf einen ganz entscheidenden Punkt allein gegen SPD und FDP durchgesetzt haben. Die Sozialdemokraten waren wie die Freien Demokraten im Jahre 1956 der Meinung, daß man einen Grundbetrag in einer irgendwie gearteten Höhe vorsehen sollte, damit keine Minimalrenten unter 120 DM Höhe gezahlt werden. Das war der letzte Vorschlag, den wir damals gemacht haben. Sie haben seinerzeit Ihre absolute Mehrheit dazu verwandt, um diese Form ohne Grundbetrag gegen die Vorstellungen der Sozialdemokraten und der Freien Demokraten durchzusetzen.

    (Abg. Stingl: Die sich aber bewährt hat!)

    Herr Kollege Stingl, Sie haben darauf abgehoben, daß Beitragserhöhungen sozial ungerechter seien als Steuererhöhungen. Ich bedaure, daß Sie bei der Anhörung der Sachverständigen aus dem Sozialbeirat nicht bis zum Ende dableiben konnten. Ich habe dort vor zwei Tagen die Frage gestellt, was sozial gerechter sei. Herr Professor Meinhold, der natürlich nicht für sich in Anspruch nimmt, die Weisheit gepachtet zu haben, aber immerhin als Vorsitzender des Sozialbeirates eine beachtenswerte Persönlichkeit und ein Wissenschaftler von hohem Rang ist, hat dort erklärt, daß nach seiner Meinung Steuererhöhungen in einer expandierenden Wirtschaft größere Kostenüberwälzungsvorgänge und damit größere Preissteigerungen hervorrufen als Beitragserhöhungen. Er hat ferner für seine Person als Wissenschaftler festgestellt, daß jede Form der Verteuerung, sei es über Steuern, sei es über Beiträge, nicht allein die unmittelbar Belasteten, sondern die Gesamtheit infolge der Überwälzung betreffe und daß bei Steuererhöhungen keineswegs von einer sozial gerechteren Maßnahme gesprochen werden könne.

    (Abg. Stingl: Es kommt darauf an, welche Steuern man erhöht! Wenn man natürlich den Arbeitnehmerfreibetrag streichen will, dann ist es kaum ein Unterschied!)

    — Herr Kollege Stingl, auch darüber kann man sich
    in Verhandlungen durchaus unterhalten. Wir Freien



    Spitzmüller
    Demokraten meinen, daß eine Steuerexpansion, die in Kostenüberwälzung umschlägt, preistreibend wirken kann und keine gute Sozialpolitik wäre, weil sie im Endeffekt diejenigen am härtesten trifft, die die geringsten Pro-Kopf-Einkommen haben; und das sind nach unserer Meinung nicht zuletzt die Empfänger von Sozialleistungen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Sie sehen, daß die Dinge nicht ganz so einseitig betrachtet werden dürfen, wie Sie das aus verständlichen Gründen hier darzustellen versucht haben.
    Sie haben davon gesprochen, daß es Leute gibt, welche die Rentendynamik ändern und bremsen wollen. Ich kann nur wieder sagen, Herr Kollege Stingl, ich bedauere, daß Sie am vorvergangenen Montag nicht in Baden-Baden bei der Tagung für Versicherungswissenschaft anwesend waren und deshalb nicht erleben konnten, wie der Vater der Rentenreform, Herr Professor Schreiber, über die Rentenreform gesprochen hat. Sie wären dann sicher zu der Überzeugung gekommen, daß die Prügelstrafe in Deutschland noch nicht abgeschafft ist; denn Herr Professor Schreiber hat dort sein zehnjähriges Kind, das Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetz, außerordentlich geprügelt. Mir tat es manchmal weh ob des zarten Kindes des Herrn Professor Schreiber, daß er dort mit solch harten Worten bzw. mit solchen Schlägen bedachte. Herr Professor Schreiber ist es, der als erster und am lautesten nach einer Reform der Rentenreform gerufen hat, und sicherlich nicht ohne guten Grund. Auch er sieht, daß die Bewährung der Rentenreform erst noch im nächsten und übernächsten Jahrzehnt bevorsteht. Auf Grund dieser Ausführungen glaube ich sagen zu dürfen, daß wir uns hier nicht gegenseitig der unsozialen Haltung beschuldigen sollten, wenn der eine oder der andere eben andere Wege zur sozialen Sicherung vorschlägt.
    Wir stehen in der Beratung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, der die Drucksachennummer 1001 trägt. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an die Zahl 1001 eine kleine Vorbemerkung knüpfen. Sicherlich wäre unseren Vorfahren, die am Anfang dieses Jahrhunderts im Rentenalter standen, der Inhalt dieses Gesetzentwurfs wohl wie ein Märchen aus 1001 Nacht vorgekommen. Das darf man wohl sagen, weil heute der unbefangene Betrachter allzu leicht glaubt, die jährlichen Rentenanpassungen seien eine Selbstverständlichkeit, über die man zur Tagesordnung übergehen könne.
    Auch wir begrüßen es, daß die Rentner in diesem Maße an der sozialen Entwicklung, am Fortschritt teilnehmen können. Wir müssen uns aber immer wieder bewußt machen, daß wir sie nur in dem Maße teilnehmen lassen können, wie unsere Wirtschaft intakt ist. Bei der Behandlung der Frage der Sozialrenten muß man eben immer wieder daran denken, daß nur eine intakte Volkswirtschaft in der Lage ist, die Kosten, die sich aus diesem Rentengesetz bei einem positiven Trend ergeben, zu bezahlen und dieses Gesetz weiterzuentwickeln. Deshalb haben wir die große Aufgabe, alle Kräfte darauf zu richten, daß diese Volkswirtschaft intakt
    bleibt und daß das Volkseinkommen, das Bruttosozialprodukt als solches zunimmt.
    Der Sozialbeirat, dem ich für seine außerordentliche Arbeit und für seine, so möchte ich meinen, mutige Stellungnahme an dieser Stelle schon danken möchte, ist einstimmig der Meinung, daß eine Anpassung der Renten um 8 °/o vorgenommen werden sollte. Diese 8%ige Anpassung ist nicht so selbstverständlich, wie vielleicht mancher im Hause meinen mag. Denn die Kriterien, auf die der Sozialbeirat bei der Anpassung Rücksicht nehmen muß, sind nicht nur die Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage, sondern auch die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität, die Veränderung des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und die Finanzlage der Rentenversicherungsträger.
    Meine Damen und Herren, wenn man allein diese vier Komponenten zusammen betrachtete und berücksichtigte, käme man — so Professor Meinhold — sicherlich zu dem Ergebnis, daß die Renten nicht um 8 %, sondern nur um 5 oder 5,5 % angepaßt werden können. Der Sozialbeirat und auch wir Freien Demokraten sind aber der Meinung, daß man aus sozialpolitischen Gründen eine Anpassung um 8 % vornehmen sollte und auch verantworten kann. Allerdings sind wir der Meinung, daß wir dem vom Sozialbeirat im Ausschuß für Sozialpolitik abgegebenen Votum größte Beachtung schenken sollten, das zwar nicht einstimmig, aber immerhin mit der beachtlichen Mehrheit von 7 zu 3 Stimmen angenommen worden ist. Nach Auffassung der Mehrheit des Beirates ist diese Anpassung um 8 % jedoch nur dann zu verantworten, wenn sie mit einer gleichzeitigen Steigerung des Beitragssatzes den Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten von 14 auf 14,5 % verbunden ist. Wenn wir uns so oft auf den Sozialbeirat beziehen, dann sollten wir uns nicht nur dann auf ihn beziehen, wenn er uns angenehme oder populäre Maßnahmen vorschlägt, sondern wir sollten seine Vorschläge auch dann ernsthaft prüfen, wenn sie gerade nicht so populär und so angenehm in die Tat umzusetzen sind.
    Meine Damen und Herren, wenn vorhin Herr Stingl und der Arbeitsminister davon sprachen, daß die Rentenversicherung sich bewährt habe, so dürfen wir nicht außer acht lassen, daß sich für die Rentenversicherung eine günstige Situation dadurch ergab, daß die Renten im Jahre 1958 einmalig nicht angepaßt wurden. Diese einmalige Anpassung fehlt eben immer noch. Die einmalige Nichtanpassung hat nicht nur einmal, sondern jedes Jahr Einsparungen bewirkt, so daß ein Großteil des angesammelten Vermögens der Rentenversicherungsträger aus der Tatsache dieser einmaligen Nichtanpassung herrührt.
    Außerdem ist nun weiter ein ungeheurer Beitragsgewinn in Form von neuen Beitragszahlern, die zugewachsen sind, hinzugekommen. Einmal sind uns eine Fülle von ausländischen Arbeitnehmern zugewachsen, die hereingeströmt sind und sich hier zunächst noch als Beitragszahler bewähren. Diesen stehen noch kaum Leistungen in nennenswerter Größe gegenüber. Wir hatten einen großen Zustrom

    Spitzmüller
    an jungen Flüchtlingen aus Mitteldeutschland; dieser Strom ist versiegt. Wir hatten schließlich einen Zustrom aus der sogenannten inneren Emigration, d. h. aus der Umschichtung junger Arbeitskräfte. Ich denke hier insbesondere an die Landwirtschaft, die immerhin 1,3 Millionen weniger Beschäftigte hat und trotzdem eine unerhörte Leistungssteigerung in der Produktion zu verzeichnen hat. Ich glaube, es ist heute, auch wenn es Freitagsstimmung ist, der Platz, einmal in einer sozialpolitischen Debatte der deutschen Landwirtschaft für diese ungeheuere Leistung zu danken, nämlich dafür, daß sie mit 1,3 Millionen weniger Beschäftigten beinahe das Doppelte erzeugt und produziert als im Jahre 1950.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Landwirtschaft hat nicht nur Arbeitskräfte verloren, sondern sie hat auch Arbeitskräfte an die gewerbliche und die industrielle Erzeugung abgegeben. Man sollte gelegentlich auch einmal daran erinnern, daß die Landwirtschaft auch damit einen erheblichen Beitrag zu unserer volkswirtschaftlichen Entwicklung geleistet hat, indem sie auf diese Arbeitskräfte verzichten konnte, die in der gewerblichen und industriellen Wirtschaft mitgewirkt haben. Man sollte sich nicht immer gerade in den Industriezentren die Landwirtschaft zum Prügelknaben auswählen, wenn man über und von Subventionen spricht.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das, glaube ich, sind wir an dieser Stelle auch einmal zu sagen verpflichtet.

    (Abg. Killat: Wir sprechen nicht über Altershilfe für Landwirte!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Beitragserhöhungen sind nach Auffassung des Sozialbeirates und insbesondere des Herrn Professors Meinhold notwendig. Wenn wir die Renten um 8 % erhöhen, dann müssen wir eben Beitragserhöhungen schon recht bald vornehmen.

    (Abg. Killat: Zur weiteren Kapitalbildung!)

    — Zur weiteren Kapitalbildung, Herr Kollege Killat! Herr Kollege Stingl hat ja schon ausgeführt, daß wir unsere Rentenversicherung aus drei großen Säulen finanzieren, einmal ,aus den Beiträgen, zum anderen aus dem Bundeszuschuß und zum dritten eben auch aus .den Erträgen der Kapitalansammlung. Wenn Sie das Kapital aufzehren, dann fällt eben dieser Anteil der Finanzierung weg. Wenn Sie dieses Kapital aufzehren, dann fällt eben auch eine gewisse Pufferzone für schwierige Zeiten der Beitragsgestaltung weg. Wir sind schon der Meinung, daß das, was der Sozialbeirat uns vorgetragen hat, richtig ist, und man auf einen Kapitalverzehr keineswegs umsteigen sollte, sondern wenigstens einen Kapitalzuwachs in Höhe des bisherigen Zinsertrages sicherstellen sollte. Herr Kollege Killat, wenn einmal rezessive Zeiten kämen — wir wollen es nicht hoffen, aber wir können es doch nicht ganz ausschließen; soweit sind wir doch nun leider in der deutschen und in der Weltwirtschaft nicht, daß man das völlig ausschließen kann —, könnte sich das sonst sehr böse 'und sehr negativ auswirken.
    Wir wollen hier sehr klar zum Ausdruck bringen, daß wir zu einer wenig populären, aber notwendigen Maßnahme bereit sind.
    Für uns Freie Demokraten kommt diese Beitragserhöhung nicht unerwartet. Sehen Sie, Herr Kollege Stingl, hier erweist sich, daß wir im Jahre 1956, als wir gewisse Bedenken bezüglich der Bewährungsprobe dieser Rentenversicherung aussprachen, nicht ganz falsch lagen.
    Hier ist damals davon gesprochen worden, daß Beitragssteigerungen bis zu 20 % zu verzeichnen sein werden. Das, was uns der Verband der Rentenversicherungsträger in Berlin übergeben hat, weist aus, daß dieser Verband nach dem derzeitigen Stand annimmt, man werde im Jahre 1976 mindestens bei einer 18%igen, vielleicht sogar bei einer 19%igen Beitragsbelastung angekommen sein, und damit ergibt sich eben auch die Frage der zumutbaren Belastung des Bruttosozialeinkommens.
    Wir stimmen aus sozialpolitischen Erwägungen der 8%igen Anpassung zu, ohne daß wir uns aus der Verantwortung für eine längerfristige solide Finanzierung der Rentenversicherung hinausschleichen wollten. Wir wissen, daß wir, wenn wir dieser 8%igen Erhöhung zustimmen, auch das Unpopuläre der Beitragserhöhung im 3. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz auf uns nehmen müssen, und wir gedenken nicht, uns aus dieser wenig erfreulichen Verantwortlichkeit hinwegzustehlen.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch einen ganz kurzen Blick auf den Sozialbericht Drucksache V/940 werfen. Dieser Bericht der Bundesregierung ist zwar nicht das Schicksalsbuch der Nation, stellt aber eine durchaus lesenswerte Lektüre dar, der man allerlei entnehmen kann. Besonders auffällig ist, daß die Zahl der Selbständigen und der mithelfenden Familienangehörigen um 10 % abgenommen hat, während die Zahl der deutschen abhängigen Beschäftigten nur ganz knapp zugenommen hat, so daß die Zunahme der in der Wirtschaft Tätigen insgesamt nur noch auf die beschäftigten Nichtdeutschen zurückzuführen ist. Aus diesen Zahlen können wir plastisch ersehen, daß dem Wachstumsvolumen unserer Volkswirtschaft schon von dieser Seite her bestimmte Grenzen gesetzt ,sind.
    Ich möchte Sie bitten, einen Blick auf die Seite 23 des Sozialberichts der Bundesregierung vom 23. September 1966 zu werfen. Dort finden Sie unter der Überschrift „Ausblick auf 1966 und 1967" die beachtliche Aussage der Bundesregierung:
    Das Wachstum des Staatsverbrauchs wird stark zurückgehen.... Hierbei dürfte sich 'der Verteidigungsaufwand absolut verringern, .. .
    Insgesamt verhalten sich die öffentlichen Haushalte erheblich konjunkturgemäßer als im Vorjahr, insbesondere wegen der vom Bund beschlossenen Haushaltskürzungen und der Zurückstellung geplanter Ausgabevorhaben.
    Hier wird zu prüfen sein, ob diese schon ein bißchen fragwürdig gewordenen Feststellungen einen Monat später vielleicht noch mehr in Zweifel zu ziehen sind.



    Spitzmüller
    Der Ausblick schließt mit dem Satz:
    Die für die Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik maßgebenden Stellen (Bundesregierung und Deutsche Bundesbank) halten an ihrer restriktiven Politik fest, weil angesichts der herrschenden Gegebenheiten erneuter Anlaß für Preisüberwälzungsversuche und die Gefahr einer Expansion fremdfinanzierter öffentlicher Ausgaben bestehen würden.
    Es kann sein, daß ich falsch unterrichtet bin, aber ich habe immer gelernt, daß Steuererhöhungen in einer solchen Situation, in der wir uns jetzt befinden, expansiven Charakter haben, wenn man sie nicht irgendwo konjunkturneutral einfriert.
    Wir werden also Gelegenheit nehmen, auf diese Seite 23 des Berichts der Bundesregierung vom 23. September 1966, unter Umständen bei der zweiten oder dritten Beratung, noch einmal zurückzukommen.

    (Beifall bei der FDP.)