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    Deutscher Bundestag 67. Sitzung Bonn, den 26. Oktober 1966 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 3153 A Fragestunde (Drucksachen V/ 1025, V/1029) Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Politische Überprüfung von Beamten Lücke, Bundesminister . . . . . 3154 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 3154 D Fragen der Abg. Eckerland und Westphal: Bundeszuschuß für das Orchester „Philharmonia Hungarica" Lücke, Bundesminister . . . . . 3155 B Eckerland (SPD) . . . . . . . . 3155 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3156 A Westphal (SPD) 3156 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Rechtsanwälte und Rechtsbeistände in Sozialgerichtssachen Dr. Jaeger, Bundesminister . . . . 3157 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3157 B Fragen des Abg. Matthöfer: Außergerichtliche Justiz in den Betrieben der Bundesrepublik Dr. Jaeger, Bundesminister . . . 3157 C Matthöfer (SPD) 3158 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 3158 C Fragen des Abg. Dr. Kempfler: Preisregelung auf dem Benzinmarkt Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 3159 A Dr. Kempfler (CDU/CSU) 3159 B Dröscher (SPD) . . . . . . . 3159 D Unertl (CDU/CSU) . . . . . . 3160 B Sander (FDP) . . . . . . . . 3160 C Ertl (FDP) 3160 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 3161 A Frage des Abg. Dr. Kempfler: Erhöhung der Mineralölsteuer Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 3161 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) 3161 B Unertl (CDU/CSU) . . . . . . 3161 C Frage der Abg. Frau Freyh: Großzügigere Rabattstaffelung für schadensfrei fahrende Kraftfahrer in Großstädten Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 3161 D Frau Freyh (SPD) . . . . . . . 3162 A Ott (CDU/CSU) . . . . . . . . 3162 C Dr. Müller (München) (SPD) . . . 3162 D Fellermaier (SPD) . . . . . . . 3163 A Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 3163 C Haar (Stuttgart) (SPD) . . . . . . 3163 C Ehrhard (Bad-Schwalbach) (CDU/CSU) 3164 A Haage (München) (SPD) . . . . . 3164 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1966 Frage des Abg. Dröscher: Einbeziehung des Kreises Birkenfeld in das Bundesförderungsprogramm Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 3164 C Dröscher (SPD) . . . . . . . . 3164 D Frage des Abg. Dr. Wörner: Einführung der Bieterlaubnis bei der Zwangsversteigerung landwirtschaftlicher Grundstücke Höcherl, Bundesminister 3165 B Dr. Wörner (CDU/CSU) 3165 B Ertl (FDP) 3165 D Dr. Prassler (CDU/CSU) 3166 A Frage des Abg. Wächter: Orientierungspreis für Schlachtrinder im Jahre 1967 Höcherl, Bundesminister . . . . 3166 B Wächter (FDP) 3166 B Sander (FDP) . . . . . . . . 3166 D Frage des Abg. Wächter: Zusatzabschöpfung für die Einfuhr von Gefrierfleisch aus Drittländern Höcherl, Bundesminister . . . . . 3166 D Sander (FDP) . . . 3166 D, 3167 A Wächter (FDP) . . . . . . . . 3167 A Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 3167 A Erklärung der Bundesregierung Lücke, Bundesminister . . . . . 3167 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3168 D Benda (CDU/CSU) . . . . . . . 3170 B Dorn (FDP) 3172 B Sammelübersicht 8 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache V/977) 3173 D Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des innerdeutschen Vertriebs von Druckerzeugnissen (Drucksache V/870) — Erste Beratung — Dr. Jaeger, Bundesminister . . . . 3174 A Dr. Dr. Heinemann (SPD) 3176 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 3178 A von Eckardt (CDU/CSU) 3180 A Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Arbeitsmarktes an die Entwicklung von Wirtschaft und Technik (ArbeitsmarktAnpassungsgesetz) (Abg. Behrendt, Folger, Junghans, Lange, Liehr und Fraktion der SPD) (Drucksache V/887) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Berufsausbildung (Berufsausbildungsgesetz) (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/1009) — Erste Beratung — Behrendt (SPD) 3183 C Diebäcker (CDU/CSU) 3187 A Dr. Langer, Staatssekretär . . . 3189 D Liehr (SPD) 3190 A Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . 3196 C Dr. Friderichs (FDP) 3202 C Wieninger (CDU/CSU) 3206 A Porten (CDU/CSU) 3206 D Rollmann (CDU/CSU) 3207 D Entwurf eines Gesetzes zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (Drucksache V/979) — Erste Beratung — . . . 3208 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Bundesrat) (Drucksache V/1007) — Erste Beratung — . . . . . 3209 A Entwurf eines Gesetzes über das am 22. Januar 1965 in Straßburg unterzeichnete Protokoll zu dem Europäischen Abkommen vom 22. Juni 1960 zum Schutz von Fernsehsendungen (Drucksache V/1016) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 3209 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Juni 1965 mit dem Königreich Dänemark über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutsch-dänischen Grenze (Drucksache V/1017) — Erste Beratung — 3209 A Entwurf eines Gesetzes zum Protokoll vom 8. Februar 1965 über die Ergänzung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens durch Einfügung eines Teils IV über Handel und Entwicklung (Drucksache V/1018) — Erste Beratung — . . . 3209 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. Mai 1965 über den Handelsverkehr und die technische Zusammenarbeit zwischen der EWG und den Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits (Drucksache V/1019) — Erste Beratung — 3209 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1966 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1961 mit dem Königreich Marokko über die Förderung von Kapitalanlagen (Drucksache V/1020) Erste Beratung — 3209 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (Abg. Bauknecht, Reichmann u. Gen.) (Drucksache V/1021) Erste Beratung — . . . . . 3209 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (FDP) (Drucksache V/307); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/795) — Zweite und dritte Beratung — . . . 3209 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. April 1965 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Erleichterung von Rettungseinsätzen und Rücktransporten mit Luftfahrzeugen (Drucksache V/404); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache V/992) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 3210 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Landbeschaffung (Viertes Änderungsgesetz LBG) (Drucksache V/725) ; Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/1002) — Zweite und dritte Beratung — 3210 B Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffs (Drucksachen V/859, V/1006) 3210 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Festsetzung der gemeinsamen Schwellenpreise für Reis in den Mitgliedstaaten ohne eigene Erzeugung für die Zeit vom 1. 12. 1966 bis 31. 8. 1967 (Drucksachen V/966, V/997) . . . . . 3210 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Entschließungsantrag der Abg. Ertl, Schmidt (Kempten), Reichmann, Dr. Effertz, Logemann, Peters (Poppenbüll), Walter u. Gen. zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache V/981, Umdruck 21) . . . . 3210 D Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Verstärkung der dienstlichen und staatspolitischen Fortbildung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Bundes (Drucksachen V/644, V/995) Dr. Even (CDU/CSU) . . . . . . 3211 A Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Bericht des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Übertragung von Aufgaben auf das Bundesverwaltungsamt (Drucksachen V/417, V/1013) . 3211 C Schriftliche Berichte des Ausschusses für das Bundesvermögen über die Anträge des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Standortübungsplatzes Worms-Hocheim (Drucksachen V/769, V/986), betr. Veräußerung von Teilflächen der ehemaligen Telegrafen-Kaserne in Karlsruhe (Drucksachen V/672, V/987), betr. Veräußerung des Grundstücks in Berlin-Charlottenburg, Heubnerweg 2 (Drucksachen V/874, V/988), betr. Veräußerung des bundeseigenen Dorfes Dalherda/Rhön (Drucksachen V/882, V/989), betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Blexen bei Nordenham (Drucksachen V/917, V/1022), betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Kaserne Ruhleben in Berlin-Spandau (Drucksachen V/939, V/1023), betr. Veräußerung des bundeseigenen Grundstücks der sogenannten Flötenteichschule in Oldenburg (Oldb.), Flötenstraße/ Hochheider Weg 169 (Drucksachen V/953, V/1024) 3211 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3212 C Anlagen 3213 67. Sitzung Bonn, den 26. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.31 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bäuerle 31. 10. Berger 28. 10. Berlin 28. 10. Dr. Birrenbach 26. 10. Blachstein 15. 11. Brand 29. 10. Burgemeister 31. 10. Dr. Dichgans 28. 10. Dr. Dittrich * 28. 10. Dr. Effertz 26. 10. Eisenmann 31. 10. Erler 31. 10. Frau Griesinger 26. 10. Dr. Hofmann (Mainz) 28. 10. Kaffka 29. 10. Kiep 28. 10. Klinker * 26. 10. Krampe 26. 10. Kriedemann * 28. 10. Kurlbaum 27. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Logemann 26. 10. Dr. Löhr 28. 10. Dr. Lohmar 28. 10. Lücker (München) * 28. 10. Mauk * 26. 10. Missbach 28. 10. Müller (Aachen-Land) * 28. 10. Frau Pitz-Savelsberg 31. 10. Richarts * 27. 10. Riedel (Frankfurt) * 27. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 26. 10. Dr. Serres 28. 10. Strohmayr 31. 10. Teriete 31. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Weigl 28. 10. Weimer 31. 10. Welslau 28. 10. Wurbs 28. 10. Zink 28. 10. b) Urlaubsanträge: Deringer 4. 11. Kahn-Ackermann 30. 11. Struve 30. 10. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Langer vom 14. Oktober 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache V/970 Fragen VI/1 und VI/2 *) : Entspricht die Behauptung im Oktoberheft der Zeitschrift „Deutsches Panorama" den Tatsachen, daß während der letzten drei Jahre Ferienwohnungskäufern in der Bundesrepublik Verluste von mindestens 5 Millionen DM entstanden und darüber hinaus Investmentzeichnungen in Höhe von 30 Millionen DM gefährdet sind? Reichen die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen der Aufsichtsrechte aus, um unsoliden Geschäftspraktiken von Ferienhaus-Investment-Fondsgesellschaften oder ähnlichen Einrichtungen wirksam entgegenzutreten? Zu Frage 1: Die Frankfurter Staatsanwaltschaft, in deren Bereich mehrere in diesem Zusammenhang des Betrugs beschuldigte Personen ansässig und entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet sind, schätzt den ihr bisher bekannten Schaden auf etwa 3 Mio DM. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um Verluste aus dem Erwerb ausländischer FerienhausZertifikate, weniger um Verluste aus dem unmittelbaren Erwerb ausländischer Grundstücke. Es ist zu vermuten, daß über den oben genannten Betrag hinaus noch weiterer Schaden entstanden ist. Zu Frage 2: Bei den bisher bekannten Verlusten handelt es sich um Zertifikate solcher Fondsgesellschaften, die ihren Sitz in der Schweiz haben. Eine staatliche Aufsicht über die Geschäftstätigkeit dieser, ebenso wie der anderen Schweizer Investmentgesellschaften, wird die Schweiz demnächst einführen. In der Bundesrepublik Deutschland kommen nur Maßnahmen gegenüber dem Vertrieb ausländischer Investmentzertifikate in Betracht. Die Bundesregierung prüft die Frage, ob und in welcher Weise eine ausreichende Publizität beim öffentlichen Angebot ausländischer Investmentzertifikate sichergestellt werden kann. Damit würde erreicht werden, daß inländische Käufer solcher Investmentzertifikate sich selbst ein besseres Bild über den Wert der Papiere machen können. Die Entscheidung über den Ankauf kann nur der Käufer allein - gegebenenfalls nach Beratung durch Kreditinstitute - treffen. Staatliche Stellen können ihm zwar die Prüfung der Seriösität der ausländischen Gesellschaften durch Publizitätsvorschriften erleichtern, die Verantwortung für die Entscheidung aber nicht abnehmen. Die Bundesregierung sieht im übrigen in einer ständigen Aufklärung der Bevölkerung durch Presse, Funk und Fernsehen das beste Mittel, Verlusten aus dem Erwerb unsolider Wertpapiere vorzubeugen. Sie begrüßt es deshalb, daß diese Angelegenheit in der Fragestunde des Deutschen Bundestages aufgeworfen worden ist. *) Siehe 63. Sitzung, Seite 3053 B 3214 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1966 Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 17. Oktober 1966 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Kubitza zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kubitza.*) Die Zahl der gegenwärtigen Teilnehmer an Fernlehrgängen im Bundesgebiet konnte bisher noch nicht genau ermittelt werden. Die mir bekannten Schätzungen schwanken zwischen 250 000 und 500 000; dabei dürften Werte um 300 000 am wahrscheinlichsten sein. *) Siehe 63. Sitzung Seite 3051 A
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    Rede von Walter Behrendt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt dem Hohen Hause mit Drucksache V/887 den Gesetzentwurf zur Anpassung des Arbeitsmarktes an die Entwicklung von Wirtschaft und Technik (Arbeitsmarkt-Anpassungsgesetz) vor. Die Initiative zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs wurde allein deshalb entwickelt, weil die Bundesregierung, die von allen Seiten ständig aufgefordert wurde, einen geeigneten Gesetzentwurf vorzulegen, dazu nicht fähig war.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Am 11. April 1962 ersuchte meine Fraktion die Bundesregierung in einem Antrag, dem Deutschen Bundestag bis zum 1. Oktober 1962 den Entwurf eines Gesetzes über Berufsausbildung vorzulegen. Diesem Antrag entsprach das Hohe Haus durch einen einstimmigen Beschluß am 27. Juni 1962 mit der Maßgabe, daß die Bundesregierung bis zum
    1. Februar 1963 den Entwurf eines Gesetzes über die Berufsausbildung vorlegen solle.
    Kurze Zeit später überreichte die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft der Bundesregierung „Allgemeine Grundsätze zur Durchführung einer gemeinsamen Politik der Berufsausbildung". Der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beschloß diese Grundsätze am
    2. April 1963. Sie wurden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 20. April 1963 verkündet.
    Für die Bundesregierung bestand damit alle Veranlassung, auf diesem Gebiet tätig zu werden. Nachdem dennoch nichts geschah, brachte meine Fraktion am 10. Dezember 1963 eine Große Anfrage ein, um zu erfahren, wann die Bundesregierung endlich dem einstimmig gefaßten Beschluß des Deutschen Bundestages entsprechen werde.
    In der Aussprache über diese Große Anfrage meiner Fraktion begnügte sich die Bundesregierung aber lediglich mit dem Versprechen, einen ausgereiften Gesetzentwurf vorzulegen. Das sollte damals noch im Laufe der 4. Legislaturperiode geschehen. Leider blieb auch diese Erklärung der Bundesregierung nur ein Versprechen, und dieses Versprechen konnte dann der Bundeskanzler Erhard in seiner Regierungserklärung vom 10. November 1965 noch einmal erneuern.
    Allgemein ist festzustellen: über die Notwendigkeit einer Neuregelung des Berufsausbildungsrechts besteht in Deutschland Einmütigkeit. Schon 1919 begann eine Kommission einen derartigen Entwurf aus-



    Behrendt
    zuarbeiten. Leider blieb es bis zum heutigen Tage bei der Diskussion. Weder dem Reichstag noch dem Bundestag gelang es bisher, sich auf eine entsprechende Regelung zu einigen.
    Hervorzuheben ist, daß es bisher nur in einem Land der Bundesrepublik, nämlich in Berlin im Jahre 1951, gelang, ein Gesetz zur Regelung der Berufsausbildung zu verabschieden.
    Wir halten jedoch die Materie für zu wichtig, als daß sie weiterhin partielles Recht in der Bundesrepublik sein könnte. Aus diesen Gründen beschloß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, nachdem wir die Vertröstung seitens der Bundesregierung miterleben mußten, einen eigenen Gesetzentwurf zu erstellen.
    Heute legen nun die Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf vor, der allerdings nur die reine Berufsausbildung regeln soll. Wir müssen feststellen: durch die Vorlage eines sozialdemokratischen Gesetzentwurfs zur Anpassung des Arbeitsmarktes an die Entwicklung von Wirtschaft und Technik wurde die Bundesregierung über die Koalitionsfraktionen gezwungen, ebenfalls einen Gesetzentwurf vorzulegen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Damit stehen durch die sozialdemokratische Initiative die Komplexe der Berufsausbildung und der damit zusammenhängenden Bereiche endlich und endgültig auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.
    Aus dieser Feststellung ergibt sich aber eine besondere Frage an den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

    (Zuruf links: Er ist nicht da!)

    — Er kann nicht hier sein; er hat sich entschuldigt. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß uns das mitgeteilt worden ist.
    Minister Katzer erklärte am 1. Oktober 1966 in Nürnberg vor der christlich-sozialen Arbeitnehmerschaft u. a., daß in seinem Hause zwei Gesetze in Vorbereitung seien, und zwar eine große Novelle zum AVAG und ein Berufsausbildungsgesetz. Man darf doch sicherlich von der Auffassung ausgehen, daß die Bundesregierung für den Bereich der reinen Berufsausbildung jetzt keinen Gesetzentwurf mehr vorlegen wird. Oder täuschen wir uns? Die Regierungsparteien haben in ihrem Gesetzentwurf die Frage der Zuständigkeit des Ressortministers eindeutig entschieden. Wie will der Minister Katzer seine in Nürnberg zum Ausdruck gebrachte Auffassung mit dem vorliegenden Entwurf in Einklang bringen, wonach der Wirtschaftsminister und nicht der Arbeitsminister der zuständige Ressortminister ist? Denn wenn der Arbeitsminister einen Gesetzentwurf aus seinem Ministerium ankündigt, dann muß man doch wohl unterstellen, daß der Gesetzentwurf kein anderes als das Arbeitsministerium als zuständiges Ministerium vorsieht.
    Nun zu unserem Entwurf. Bei dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf bestimmten für uns die Fakten des Arbeitsmarktes den Ausgang, den Aufbau und die Richtung des Gesetzentwurfs. Das geltende
    Berufsausbildungsrecht — das ist unbestrittene Meinung — wird den Anforderungen unseres heutigen und noch viel mehr des zukünftigen Arbeitsmarktes nicht mehr gerecht. Das geltende Berufsausbildungsrecht ist auf zu viele Bereiche der Rechtsordnung verteilt und daher völlig unüberschaubar. Die geltenden Gesetze sind aber auch von dem immer rascher fortschreitenden Wandel in den beruflichen Anforderungen und in den Arbeitsbedingungen überholt. Die Beschleunigung der Rationalisierung mit den zum Teil grundlegenden Wandlungen der technologischen und organisatorischen Bedingungen in Fertigung und Verwaltung sowie die soziologische Entwicklung beeinflussen das Berufsleben immer mehr. Diese Entwicklung von Wirtschaft und Technik verändert die Arbeitsgegebenheiten, begründet neue Berufe und macht alte Berufsbilder überflüssig und entbehrlich.
    Nun kann man nicht sagen, daß die jetzigen Träger der Berufsausbildung nicht dazu beigetragen haben oder nicht dazu beitragen wollen, diesen Zustand zu beseitigen. Ich möchte das ausdrücklich betonen. Vielmehr wetteifern seit 1945 die Tarifvertragsparteien des Wirtschaftslebens jeweils in den eigenen Institutionen und Kursen miteinander, die Berufsausbildung effektiver und moderner zu gestalten. Die dazu von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Deutschen Industrie- und Handelstag begründeten Institutionen wie z. B. der Gemeinschaftsausschuß „Arbeitskreis für Berufsausbildung" oder die „Arbeitsstelle für betriebliche Berufsausbildung" haben auf diesem Gebiet wertvolle Arbeit geleistet. Diese durchaus wertvollen Bemühungen, die wir anerkennen, sind jedoch leider nicht ausreichend.
    In diesem Urteil sind wir uns nicht nur mit dem Bundesarbeitsminister Katzer einig, der diese Notwendigkeit in mehreren Reden bekundete, sondern wir haben bei der Novellierung der Handwerksordnung in diesem Hohen Hause einstimmig folgenden Beschluß gefaßt, den ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten verlesen möchte:
    Mit den in der beschlossenen Novelle zur Handwerksordnung enthaltenen Änderungen hat der Bundestag nicht beabsichtigt, einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Berufsausbildung vorzugreifen. Er sieht in den genannten Änderungen einen Schritt auf dem Weg zu einer solchen gesetzlichen Regelung.
    1. Die umfassende gesetzliche Regelung der Berufsausbildung muß alle Bereiche der Wirtschaft umfassen, um so der gesamten Volkswirtschaft die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.
    2. In einer solchen umfassenden Regelung ist den Bedürfnissen des Auszubildenden insoweit Rechnung zu tragen, als er gegenüber den aus der technisch-wirtschaftlichen Entwicklung sich ergebenden strukturellen Veränderungen anpassungsfähiger gemacht wird.



    Behrendt
    3. Die gesetzliche Regelung der Berufsausbildung sollte den technisch-wirtschaftlichen Notwendigkeiten und ihrer erkennbaren Entwicklung entsprechen.
    So weit unsere damalige Entschließung.
    Wie unser Gesetzentwurf den von diesem Hohen Hause einstimmig beschlossenen Vorstellungen der künftigen Arbeitsmarkterfordernisse gerecht wird, möchte ich mit vier Gesichtspunkten verdeutlichen.
    1. Durch eine Arbeitsmarkt- und Berufsforschung soll die ständige Anpassung des Arbeitsmarktes an die Entwicklung von Wirtschaft und Technik gefördert werden.
    2. Die Berufsausbildung soll der Entwicklung von Wirtschaft und Technik angepaßt werden.
    3. Die berufliche Qualifizierung der Arbeitnehmer soll durch die Teilnahme an beruflichen Bildungsveranstaltungen gefördert werden.
    4. Arbeitslosigkeit oder unterwertige Beschäftigung, die durch Strukturveränderungen oder Rationalisierungsmaßnahmen oder durch Betriebsveränderungen aus anderem Anlaß eintreten kann, soll verhütet werden.
    Diese vier Zielsetzungen sind die Kernpunkte unseres Gesetzentwurfs.
    In seinem ersten Teil befaßt sich der Entwurf mit der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung soll zur Durchführung der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung in Berlin ein Institut errichten. Dieses Institut soll die Entwicklung von Wirtschaft und Technik beobachten und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt mit Hilfe der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ermitteln. Unser Entwurf will diese Aufgabe durch einen kompletten Auftrag an die Bundesanstalt fördern, ohne ihr jedoch einen Ausschließlichkeitsanspruch einzuräumen. Die Errichtung eines Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist die logische Folge dieses der Bundesanstalt erteilten Auftrags. Es wäre jedoch nicht sinnvoll, nur den Kreis schon vorhandener Institute um ein neues zu vergrößern. Die Forschung sollte vielmehr in Verbindung mit anderen Instituten betrieben werden, wobei dem Institut der Bundesanstalt im wesentlichen die Aufgabe zufallen würde, Programme aufzustellen, Forschungsmethoden zu entwickeln und die Ergebnisse zu koordinieren.
    Unser Entwurf sieht ferner die Möglichkeit vor, daß die Bundesregierung der Bundesanstalt auch Aufgaben der Berufsausbildungsforschung übertragen kann. Der Gedanke an ein besonderes Institut für Berufsbildung ist damit nicht aufgegeben, zumal eine solche Forschung bisher kaum betrieben worden ist. Wir halten es jedoch für richtiger, wegen möglicher Überschneidungen der Aufgabenstellung eines Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der eines Instituts für Berufsbildung zunächst Erfahrungen zu sammeln.
    Einigkeit scheint prinzipiell zu bestehen, daß ein Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung notwendig ist. Wir halten es jedoch nicht für ausreichend, daß die Bundesanstalt ein solches Institut errichtet — wie sie es vorhat —, ohne daß man die gesetzlichen Grundlagen dafür schafft. Es ist ja bekannt, daß die Bundesanstalt zur Zeit eine Einrichtung der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ist. Für die Ermittlungen der Auswirkungen der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung — mit Hilfe der Forschung — fehlt die gesetzliche Legitimation, und die wollen wir herbeiführen.
    So begrüßenswert es ist, daß nun auch die Bundesanstalt selbst zu dieser Erkenntnis gekommen ist und ein solches Institut errichten will, so dringend notwendig ist es, das Institut davor zu bewahren, etwa eine neue Verwaltungsabteilung zu werden. Ein solches Institut hat nur dann einen Sinn, wenn es eine Stelle freier wissenschaftlicher Forschung wird. Es ist ganz entscheidend, ob z. B. die Auftragserteilung statisch oder dynamisch angelegt wird, ob der Leiter des Instituts ein Wissenschaftler oder ein Verwaltungsfachmann sein wird. Ich hoffe, wir stimmen in dieser Beurteilung überein.
    Diese Überlegungen sprechen auch dafür, das Institut nicht in Nürnberg, sondern in Berlin anzusiedeln. Die geographische Lage wird dem Institut gut bekommen, — nicht nur wegen der räumlichen Trennung von der Nürnberger Anstalt, sondern auch wegen des viel gerühmten Berliner Klimas, wegen der vielen Möglichkeiten, die Berlin als Stätte der Kultur, Wissenschaft und Forschung mit seinen vielfältigen Einrichtungen bietet, nicht zuletzt aber auch, weil es einen Beschluß dieses Hauses gibt, neu zu schaffende Einrichtungen des Bundes nach Berlin zu legen. Dies ist jedenfalls unser Wunsch. Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Bundesminister für Arbeit in dieser Hinsicht auf die Bundesanstalt einwirkte.
    Im zweiten, dem größten Teil des Gesetzentwurfs wird mit Hilfe der Ergebnisse der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung die Berufsausbildung der Entwicklung von Wirtschaft und Technik angepaßt. Dieser Teil des Entwurfs enthält Ordnungsvorschriften, Regeln für die Berufsausbildung, Vorschriften über das Prüfungswesen, Organisationsvorschriften, Vorschriften über gleichgestellte Berufsausbildung und Vorschriften über Ausschüsse für Berufsausbildung. Wir wollen, daß der zukünftige Arbeitnehmer schon heute so ausgebildet wird, daß er auf die Dauer durch eine umfassende Grundausbildung in vielen Bereichen der Wirtschaft tätig sein und sich auf der Grundlage seines erlernten Berufs schnellstens umstellen und den veränderten Gegebenheiten des Arbeitsmarkts anpassen kann.
    Die dritte große Aufgabe dieses Gesetzes stellt die Teilnahme der Arbeitnehmer an beruflichen Fortbildungsveranstaltungen dar. Dazu haben die Arbeitnehmer nach unserem Gesetzentwurf Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die erforderliche Zeit zu ganztägiger Teilnahme an anerkannten beruflichen Bildungsveranstaltungen bis zu zehn Tagen im Jahr.
    Den vierten Schwerpunkt dieses Gesetzentwurfs bildet die Verhütung von Arbeitslosigkeit oder



    Behrendt
    unterwertiger Beschäftigung. Als eine unterwertige Beschäftigung wird die Ausübung einer Tätigkeit, die dem Arbeitnehmer eine Ausschöpfung der bisher erworbenen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse nicht mehr gestattet, angesehen. Arbeitslosigkeit und unterwertige Beschäftigung als Folge unternehmerischer Dispositionen können aber nur verhindert werden, wenn die Arbeitsämter rechtzeitig von solchen für die Arbeitnehmer zu erwartenden Nachteilen Kenntnis erhalten. Doch heute schon möchte ich erklären: Nach einigen Jahren muß die Erfahrung Erkenntnisse darüber bringen, ob die berufliche Anpassung allein ausreicht, die soziale Sicherung des Arbeitnehmers herbeizuführen, oder ob weitere Maßnahmen — hier denke ich an Kündigungsschutz, Lohn- oder Gehaltsgarantie, Vorverlegung der Altersgrenze für das Altersruhegeld und Ähnliches — erforderlich sind. Erste Regelungen hierfür gibt es erfreulicherweise bereits heute durch die Tarifvertragsparteien.
    Falsch ist es auch, in diesem Falle mit dem Angebot und der Nachfrage zu operieren. Das ist zumeist überhaupt nicht gedeckt, und vielfach ist eine Deckung wegen der fehlenden geistigen, beruflichen oder räumlichen Mobilität mancher Arbeitnehmer oder der konventionellen Haltung mancher Arbeitgeber nicht durchführbar.
    An einem leider sehr aktuellen Beispiel möchte ich die große Bedeutung dieser längst überfälligen Regelung demonstrieren. Wenn im Steinkohlenbergbau „nur" weitere 20 Millionen Tonnen Förderkapazität stillgelegt werden sollen — und das soll
    als erste Teilmaßnahme ja schnellstens durchgeführt werden —, wird das eine Freisetzung von 60- bis 75 000 Beschäftigten im Bergbau zur Folge haben, denen weitere 20- bis 25 000 Entlassungen aus anderen Industrien und der Zulieferindustrie folgen. Dann wird allein schon das Problem der sozialen Sicherung von 80- bis 100 000 Menschen im Ruhrgebiet zu lösen sein.
    Bei dieser Ausrichtung des Gesetzentwurfs wird das Berufsausbildungsrecht — das möchte ich ganz besonders hervorheben — in einen sozialpolitischen Rahmen gestellt. Wir wollen die soziale Sicherung des Arbeitnehmers durch berufliche Anpassung an die Gegebenheiten des Arbeitsmarkts herbeiführen. Es ist sicherlich höchst zweifelhaft, ob alle, die einem Berufsausbildungsgesetz das Wort reden, auch diese Zielsetzung vor Augen haben.
    Die Fragen der Berufsvorbereitung durch die Hauptschule, bei dem vorherrschend dualen Ausbildungssystem um das Berufsschulwesen und mindestens noch um das Berufsfach- und Fachschulwesen, konnten wegen der Zuständigkeit nach dem Grundgesetz in diesem Gesetzentwurf nicht zum Tragen kommen.
    Für alle diese Fragen liegt die Zuständigkeit bei den Ländern, so daß wir uns darauf beschränken müssen, diese Kräfte wirkungsvoll in Bewegung zu setzen. Die Tatsache aber, daß Jahr für Jahr rund 500 000 junge Menschen in eine oft wenig zukunftsichere praktische Berufsausbildung eintreten, macht eine gesetzliche Regelung notwendig. Hierbei sage ich für uns — und das sage ich auch für Sie, meine
    Damen und Herren von den Regierungsparteien —: Die sozialpolitische Zielsetzung ist die zwingende. Dieser Entwurf kann und will nicht wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Abwendung struktureller Krisen in der Wirtschaft und zur Sicherung der Vollbeschäftigung ersetzen.
    In der Abgrenzung der einzelnen Ausbildungsbereiche spricht der Entwurf zunächst nur die Berufsausbildung in der Wirtschaft an. Zur Wirtschaft gehören nach Art. 74 Nr. 11 unseres Grundgesetzes Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen. Damit erfaßt der Entwurf zunächst 94 bis 96 % aller jungen Menschen in einer praktischen Berufsausbildung. Bewußt blieb der Bereich der Landwirtschaft und der freien Berufe aus diesem Entwurf ausgeklammert, obwohl nach Auffassung meiner Fraktion auch diese Bereiche in diesen Gesetzentwurf hineingenommen werden müssen. Ich bin fast verleitet, zu sagen, die FDP-Fraktion sollte ihre eigene Mitteilung vom 6. Oktober 1966 überprüfen, nachdem sie den Gesetzentwurf unterschrieben hat.
    Wir wollen die Beratungen dieses Gesetzentwurfs nicht an scheinbaren Kompetenzschwierigkeiten scheitern lassen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens werden wir versuchen, die fehlenden Bereiche noch mit einzubeziehen. Wie notwendig es ist, in dieser Frage zu einer einheitlichen Auffassung zu gelangen, zeigen Ihnen die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes und anderer Vereinigungen, deren bittere Klagen nicht nur für unser Ohr, sondern für alle in diesem Hause bestimmt sind.
    In der 4. Legislaturperiode nahm dieses Haus von den allgemeinen Grundsätzen zur Durchführung einer gemeinsamen Politik der Berufsausbildung Kenntnis. Ich betone mit Nachdruck: Unser Gesetzentwurf entspricht diesem EWG-Beschluß und auch den Empfehlungen des Europäischen Parlaments vom 11. März 1966 zur Berufsausbildung.
    Aus diesem Grunde und nicht zuletzt durch die vielen Ausführungen des Bundesarbeitsministers zur Frage der Neuordnung des Berufsausbildungswesens sind wir der Hoffnung, daß die Ausschußberatungen der Entwürfe mit einer fachgerechten Diskussion auch von Ihnen gefördert und unterstützt werden. Dabei legt meine Fraktion den ausschließlichen Wert darauf, zur besten Lösung des schwierigen, aber eminent wichtigen Problems der Berufsausbildung, Fortbildung und Umschulung zu gelangen, und hofft, daß uns im Rahmen von Hearings Sachverständige aus allen Zweigen unseres gesellschaftlichen Lebens ihre Auffassung über diesen Komplex vortragen werden.
    Wir legen diesen Gesetzentwurf vor — das möchte ich abschließend bemerken —, um eine Lösung für die moderne Berufsausbildung von morgen zu ermöglichen, die erstens der Wirtschaft die erforderlichen quantitativen und qualitativen Kräfte entsprechend der Entwicklung von Wirtschaft und Technik zur Verfügung stellen kann, zweitens durch diese Mobilität die soziale Sicherung der Arbeitnehmer entscheidend gewährleistet und drittens



    Behrendt
    damit neue Aufstiegschancen in unserer modernen technisierten Arbeitswelt erschließt.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zur Begründung des Entwurfs unter Punkt 5 b der Tagesordnung hat der Abgeordnete Diebäcker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Diebäcker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen ersten Lesung von Entwürfen zu einem Berufsausbildungsgesetz tritt die seit mehr als vierzig Jahren andauernde Diskussion um die Fragen der Berufsausbildung in ein entscheidendes Stadium. Wenn man den Ursachen nachginge, aus denen heraus eine Lösung in früheren Jahren nicht möglich war, könnte man feststellen, daß es immer wieder dieselben Ursachen waren, die ein konstruktives Ergebnis verhinderten. Übergroßer Perfektionismus, das Bestreben, auf dem hier in Rede stehenden Gebiet gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen auszutragen, waren einige dieser Gründe. Um so erfreulicher ist es, daß heute die parlamentarische Diskussion um die Ordnung der Berufsausbildung mit dem allseitig anerkannten Ziel einer Verbesserunrg der Ausbildung beginnen kann.
    Ich will es mir ersparen, grundsätzliche Ausführungen über den Wert der Berufsausbildung zu machen. Von der Notwendigkeit einer guten und den Verhältnissen unserer modernen Zeit angepaßten Berufsausbildung sind wir alle überzeugt. Sie hat nicht nur für den einzelnen ihre ganz persönliche Bedeutung; sie ist, soweit es sich um ,die Berufsausbildung in der Wirtschaft handelt, das Fundament für die Wettbewerbsfähigkeit und die Leistungskraft unserer Wirtschaft von morgen.
    Manche Rufer nach einem Berufsausbildungsgesetz erwarten geradezu spektakuläre Dinge: eine völlige Änderung der heutigen Gegebenheiten. Der CDU/CSU-FDP-Entwurf, den ich zu begründen die Ehre habe, zielt nicht auf solche sensationellen Dinge ab. Den gleichen Eindruck gewinnt man übrigens, wenn man sich den SPD-Entwurf einmal näher ansieht. Unsere Vorstellungen stimmen im übrigen in manchen Punkten überein. Das erleichtert die Diskussion und läßt hoffen, daß wir hier zu einer Lösung kommen werden, die eine breite Mehrheit in diesem Hause finden wird. Wir streben eine solche breite Mehrheit gerade bei diesem Gesetz deswegen an, weil der Erfolg eines Berufsausbildungsgesetzes weitgehend davon abhängt, ob draußen alle Beteiligten auch innerlich ein Ja zu diesem Gesetz sagen und es mit Überzeugung praktizieren. Ein grundsätzlicher Umbau unserer Berufsausbildung wäre auch nur dann notwendig, wenn die Ausbildung in der Vergangenheit tatsächlich so schlecht gewesen wäre, wie das gelegentlich behauptet wird. Ich meine, hier sollten Tatsachen sprechen.
    Meine Damen und Herren, der Wiederaufbau nach dem Kriege, unsere Stellung auf dem Weltmarkt konnten nicht nur durch Unternehmerinitiative oder durch staatliche Anregung oder Unterstützung erreicht werden, sondern auch durch die Arbeitsleistung der nach unseren Ausbildungsgrundsätzen und unseren Ausbildungsmethoden herangebildeten Fachkräfte in allen Schaffensbereichen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich stimme keineswegs mit dem im übrigen sehr geschätzten Herrn Kollegen Liehr überein, wenn er in einem Schreiben an den DGB-Bundesvorstand im Jahre 1963 erklärt, wir liefen Gefahr, auf diesem so wichtigen Gebiet in absehbarer Zeiet allenfalls noch für Entwicklungsländer beispielhaft sein zu können.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Das deutsche System der betrieblichen Ausbildung wird von den europäischen Nachbarländern in immer stärkerem Maße als erstrebenswert angesehen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    In der Schweiz, in Osterreich, in Luxemburg nimmt die Betriebslehre die gleiche beherrschende Position ein wie in Deutschland. In Italien müht man sich sehr um ,den Aufbau einer betrieblichen Lehre für Jugendliche; nach dem letzten Stand werden dort in betrieblichen Ausbildungsverhältnissen nach deutschem Muster etwa 800 000 Jugendliche erfaßt. In Frankreich wird mindestens im Bereich der handwerklichen Ausbildung in betriebseigenen Lehrlingszentren etwa die Hälfte der in Ausbildung befindlichen Jugendlichen im Wege der betrieblichen Lehre ausgebildet. England strebt im Rahmen seiner besonderen Gesetzgebung auf diesem Gebiete den Aufbau neuer Formen der betrieblichen Ausbildung an. Der Trend geht deutlich in eine Richtung, die den deutschen Verhältnissen entspricht. Das deutsche Leitbild der betrieblichen Ausbildung 'ist auch für die Anforderungen und für die Leistungsbewertung bei internationalen Berufswettbewerben maßgebend; berufspraktische Fähigkeiten und theoretische Kenntnisse halten sich auf der Höhe, wie sie bei unseren Facharbeiterprüfungen verlangt werden. Innerhalb der EWG werden bei der Fixierung europäischer Berufsbilder deutsche Vorstellungen von den übrigen Partnerstaaten akzeptiert.
    Selbstverständlich, meine Damen und Herren, wäre es völlig töricht, bestreiten zu wollen, daß auch unser System Mängel hat. Eben diese wollen wir ja mit dem vorliegenden Entwurf so weit wie möglich beseitigen.
    Bezüglich des Aufbaus unseres Gesetzentwurfs sind wir zu einem anderen Ergebnis gekommen als die SPD. Unser Entwurf behandelt lediglich die Berufsausbildung der Jugendlichen; Fragen der Erwachsenenbildung und der Berufsforschung sind darin nicht enthalten. Wir erkennen den Zusammenhang an, der zwischen der Berufsbildung und den genannten Bereichen besteht, meinen aber, daß dies nicht unbedingt in einem Gesetz geregelt werden muß. Schon vor einiger Zeit haben wir, eben weil wir diesen Zusammenhang sehen, angeregt, im Wege einer Novelle zum AVAVG die Berufsforschung neu zu ordnen. Ein Regierungsentwurf wird in Kürze dem Hohen Hause vorliegen. Im übrigen wird hierzu gleich mein Kollege Müller (Remscheid) noch im einzelnen sprechen.



    Diebäcker
    Was den Geltungsbereich des Gesetzes anbetrifft, so sind wir der Meinung, daß die Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft erfaßt werden sollte. Nach einer Aufstellung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung bestanden in der gewerblichen Wirtschaft 1964 1 194 300 Berufsausbildungsverhältnisse. Außerhalb der gewerblichen Wirtschaft — Landwirtschaft, Hauswirtschaft usw. — waren es 121 300 oder rund 10 %. Nach unserem Entwurf soll aber die Ausbildung außerhalb der Wirtschaft, soweit sie der Ausbildung innerhalb der Wirtschaft ähnlich ist, ebenfalls unter das Gesetz fallen. So sollen z. B. die Technikerlehrlinge der Bundespost oder die Betriebsschlosserlehrlinge in den Werkstätten der Bundesbahn oder der Bundeswehr in das Gesetz einbezogen werden. Das gleiche soll gelten für Lehrlinge und Anlernlinge in freien Berufen, soweit ihr Ausbildungsziel mit den Ausbildungszielen innerhalb der Wirtschaft übereinstimmt. Als Beispiel nenne ich den Teilzeichner im Architekturbüro oder den Bürogehilfen im Büro des Rechtsanwalts. Die Unterstellung auch dieser Gruppen unter das Gesetz erhöht die Mobilität der Arbeitskräfte, über die mit Recht in unserer Zeit lebhaft diskutiert wird. Zählt man diese Berufsausbildungsverhältnisse zu den soeben genannten in der gewerblichen Wirtschaft hinzu, dann gilt das Gesetz für gut 95 % aller in der Berufsausbildung stehenden Jugendlichen.
    Meine Damen und Herren, in unserem Entwurf gehen wir von dem System der betriebsgebundenen Lehre aus. Es sollten im Gesetz nicht einmal Ansätze
    0 vorhanden sein, dieses Grundsystem zu ändern. Das duale System der Betriebslehre und der berufsbegleitenden Schule hat sich bewährt und ist der Garant dafür, daß sich die Ausbildung den wandelnden Verhältnissen der modernen Wirtschaft und der modernen Technik anpaßt. Der Betrieb, der nicht auf der Höhe seiner Zeit ist, kann auf die Dauer in einer Wettbewerbswirtschaft nicht existieren. Die Betriebslehre wird sich also ganz zwangsläufig in Form und Methode ständig modernisieren müssen. Die laufende Überarbeitung der Berufsbilder, das Entstehen neuer und der Fortfall alter Berufsbilder, das Suchen nach neuen Ausbildungsformen — siehe Stufenausbildung —, sind der beste Beweis dafür, daß unser heutiges Ausbildungssystem nicht einen starren, einen statischen Charakter trägt. Gerade wegen der Dynamik, die der Berufsausbildung in unserer Zeit innewohnt, müssen wir uns hüten, mit einem Gesetz die Ausbildung hinsichtlich ihrer Methode in starre Formen zu pressen, die vielleicht heute gut, aber morgen schon überholt sein können.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Unser Entwurf — und darauf kommt es entscheidend an — ist durchlässig genug für moderne Formen der Berufsausbildung. Es wird weder die herkömmliche Methode der Berufsausbildung nach Berufsbildern zementiert, noch wird die Praxis auf eine Ausbildung nach Funktionen — sprich: Stufenausbildung — unbedingt festgelegt. Der Gesetzgeber ,sollte zeitgemäße Entwicklungen nicht verbauen. Wir wollen andererseits aber auch keine zwingenden Rezepte geben.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wenn man schon die Betriebslehre bejaht, sollte man aber auch anerkennen, daß die Praxis über die beste Methode der Berufsausbildung befinden muß. Die Flexibilität der Ausbildungsmethode darf durch ein Gesetz nicht beeinträchtigt werden.
    Im übrigen muß ein Berufsausbildungsgesetz in besonderer Weise geradezu in erster Linie der Verbesserung der Ausbildung dienen. Das ist selbstverständlich. Dieser Gesichtspunkt geht oft unter in dem Streit über ressortmäßige Zuständigkeiten, in der Auseinandersetzung um den Grad der Mitwirkung der Arbeitnehmer, in Diskussionen über die Einbeziehung auch des letzten Splitterberufs in das Gesetz. Der vorliegende Entwurf sucht das Ziel einer Verbesserung der Berufsausbildung auf vielfältige Art zu erreichen.
    Erstens. Zunächst einmal kann künftig eine Ausbildung nur noch nach staatlich anerkannten Berufsbildern erfolgen. Eine mehr oder minder willkürliche Ausbildung außerhalb dieser Berufsbilder nach Maßgabe jeweiliger Einzelinteressen wird dadurch unmöglich gemacht.
    Zweitens. Der Gesetzentwurf stellt ganz konkrete Anforderungen an die Ausbildungsbetriebe und an die Ausbilder in persönlicher und sachlicher Beziehung. Fachliches Können, persönliche Integrität der Ausbilder, sachliche Eignung der Betriebe sind die Voraussetzungen für die Durchführung der Berufsausbildung. Sehr klare und sehr eindeutige Bestimmungen über die Aberkennung der Ausbildungsbefugnis sichern die schnelle Ausschaltung ungeeigneter Elemente.
    Drittens. Eine Vereinheitlichung aller heute noch unterschiedlichen Verhaltens- und Verfahrensweisen soll die Einheit der Berufsausbildung in ihrem Ablauf in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft sicherstellen.
    Dem gleichen Ziel dient die Aufnahme der Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des Ausbilders und des Auszubildenden in ,dieses Gesetz.
    Unser Entwurf enthält weiterhin Bestimmungen über die Mitwirkung der Arbeitnehmer auf dem hier in Rede stehenden Gebiet, eine Frage, um die gerade in den letzten Jahren ganz heftig gerungen worden ist. Einer meiner Kollegen wird sich wahrscheinlich gleich noch mit diesem Problem besonders auseinandersetzen. Soviel sei aber schon hier gesagt: auch heute schon bestehen solche Mitwirkungsmöglichkeiten — davon müssen wir zunächst einmal ausgehen beispielsweise durch das Betriebsverfassungsgesetz, durch das Gesetz über Industrie- und Handelskammern oder auch nach der Handwerksordnung. Die Arbeitnehmer wirken in den Prüfungsausschüssen der Kammern ebenso mit wie bei den Beratungen der Arbeitsstelle für betriebliche Berufsausbildung, die bekanntlich die Ordnungsmittel für die Berufsausbildung erstellt.
    Diese schon jetzt vorhandenen Möglichkeiten sollen nach unserem Entwurf noch wie folgt erweitert werden:
    Vor Erlaß von Rechtsverordnungen auf Grund dieses Gesetzes ist ein aus Unternehmern und Ar-



    Diebäcker
    beitnehmern paritätisch zu bildendes Bundeskuratorium für betriebliche Berufsausbildung zu hören. Darüber hinaus ist bei jeder Kammer — Industrie-und Handelskammer sowie Handwerkskammer -
    ein Arbeitsausschuß für Berufsausbildung zu errichten, dem im Gegensatz zu den dort schon bestehenden Ausschüssen mit allgemeiner Aufgabenstellung und beratenden Funktionen einzelne ganz konkrete Aufgaben zur Entscheidung übertragen werden. Es ist dafür Sorge getragen, daß ein Nebeneinanderarbeiten dieser Ausschüsse oder auch eine Überschneidung ihrer Aufgaben vermieden wird. Die hier und dort geltend gemachten Bedenken gegen die Justitiabilität dieser Vorschriften werden bei den Ausschußberatungen sicherlich noch einmal bedacht werden müssen.
    Alles in allein kann aber gesagt werden, daß der Arbeitnehmerschaft mit diesen Vorschriften und unter Beachtung der schon vorhandenen Möglichkeiten ein hohes Maß an Verantwortung für die Berufsausbildung übertragen worden ist. Der partnerschaftliche Gedanke des Zusammenwirkens von Unternehmern und Arbeitnehmern ist damit auf dem Gebiete der Berufsausbildung, wie wir meinen, weitgehend verwirklicht.
    Bei aller Notwendigkeit, durch dieses Gesetz die Berufsausbildung zu vereinheitlichen und sich dazu allgemeingültiger Rechtsverordnungen zu bedienen, haben wir aber auch die Gefahr gesehen, die in der Aushöhlung der Selbstverwaltung der Wirtschaft eben durch eine staatliche Normsetzung besteht. Auf ,die Initiative und den Einsatz der Selbstverwaltung mit ihren bewährten Arbeitsmethoden und ihrer umfassenden Erfahrung kann und darf unter gar keinen Umständen verzichtet werden. Der Gesetzentwurf beläßt der Selbstverwaltung ein weites Betätigungsfeld. Ja, ich meine, sie erhält sogar eine starke Stütze insofern, als sie sich bei ihren Entscheidungen in Zukunft auf eine Reihe von Rechtsverordnungen stützen kann, die als Rahmenvorschriften durch eigenes statutarisches Recht der Kammern zu ergänzen sind. Wir hoffen, damit einen Mittelweg zwischen den im Interesse der Einheitlichkeit der Berufsausbildung erforderlichen staatlichen Maßnahmen einerseits und dem auf diesem Gebiet ebenso notwendigen Eigenleben der Selbstverwaltung andererseits gefunden zu haben.
    In der Diskussion um das Gesetz spielte die Frage der ressortmäßigen Zuständigkeit oftmals eine große Rolle. Während die SPD in ihrem Entwurf die alleinige Zuständigkeit des Bundesarbeitsministers vorgesehen hat, wünschen wir eine zwischen dem Bundesarbeitsminister und dem Bundeswirtschaftsminister geteilte Zuständigkeit. Wir haben uns dabei von dem Gedanken leiten lassen, daß die Berufsausbildung in der Wirtschaft der Heranbildung von Fachkräften dient, die die Erstellung der volkswirtschaftlichen Leistung bewirken. Von ihrem Können ist der erzielte oder auch erzielbare Leistungsgrad unserer Wirtschaft entscheidend abhängig. Deshalb sind die Gestaltung und die Organisation der Berufsausbildung sehr stark wirtschaftlich motiviert. Auf der anderen Seite kann nicht bestritten werden, daß die Berufsausbildung neben ihrem wirtschaftspolitischen Charakter natürlich auch sozialpolitische Aspekte hat. Angesichts dieser Verhältnisse halten wir es für richtig, daß der ordnungspolitische Teil dieses Gesetzes beim Bundeswirtschaftsministerium ressortiert, jedoch mit der Maßgabe, daß Rechtsverordnungen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung erlassen werden. Und umgekehrt sollte der arbeitsrechtliche Teil des Gesetzes in die Zuständigkeit des Arbeitsministeriums fallen, ebenfalls mit der Bestimmung, daß Rechtsverordnungen auf diesem Gebiet im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsminister erlassen werden.

    (Abg. Stingl: Das ist vernünftig!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch sagen, daß dieses Gesetz — wie könnte es auch anders sein — noch manche Wünsche der einen oder der anderen Seite offenläßt. Insbesondere sind uns schon heute Änderungswünsche des Handwerks im Hinblick auf seine besondere Organisationsstruktur bekanntgeworden. Weitere Änderungswünsche der verschiedenen an diesem Gesetz interessierten Gruppen, der Unternehmer und der Arbeitnehmer, werden gewiß folgen. Wir müssen in den Ausschüssen darüber beraten. Seien Sie überzeugt davon, daß die Fraktion der CDU/CSU Änderungswünschen aufgeschlossen gegenüberstehen wird, wenn diese das Ziel des Gesetzes, die Einheitlichkeit und die Verbesserung unserer Berufsausbildung, nicht gefährden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich beantrage im Namen meiner Fraktion, die Vorlage in Drucksache V/1009 dem Ausschuß für Arbeit — federführend — und dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen sowie dem Ausschuß für Familien- und Jugendfragen und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)