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ID0506201800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 62. Sitzung Bonn, den 7. Oktober 1966 Inhalt: Abg. Vogel (Warendorf) legt sein Mandat nieder 3011 A Erweiterung der Tagesordnung 3011 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für Richtlinien des Rats zur Änderung der Richtlinien des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung 1) viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen, 2) gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch (Drucksachen V/806, V/968) . . 3011 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/928, V/969) 3011 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache V/810) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/941) —Zweite und dritte Beratung — . . . . 3012 A Mündlicher Bericht des Innenausschusses über ,den Antrag der Abg. Rawe, Vogel (Warendorf), Dr. Klepsch, Prinz von Bayern u. Gen. betr. Olympiagroschen (Drucksachen V/794, V/944) 3012 B Ubersicht 7 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/942) 3012 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Blexen bei Nordenham (Drucksache V/917) 3012 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Kaserne Ruhleben in Berlin-Spandau (Drucksache V/939) 3012 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des bundeseigenen Grundstücks der sogen. Flötenteichschule in Oldenburg (Oldb), Flötenstraße/Hochheider Weg 169 (Drucksache V/953) . . 3012 D Verordnung über die Senkung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von geschlachteten Gänsen (Drucksache V/955) . 3012 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Oktober 1966 Fünfundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksache V/924) . . . . . . . . 3012 D Achtundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksache V/925) . . . . . . . . 3012 D Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundfünfzigste und Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/825, V/950, V/833, V/952) 3013 A Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundvierzigste, Dreiundvierzigste, Vierundvierzigste, Vierundfünfzigste, Fünfundvierzigste, Einundvierzigste, Achtundvierzigste, Sechsundvierzigste und Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/798, 945, 799, 797, 863, 800, 946, 809, 947, 819, 948, 824, 949, 829, 951) 3013 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Sozialenquete (Drucksache V/858) Katzer, Bundesminister 3014 A Dr. Schellenberg (SPD) 3014 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deckungsverfahrens in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten (Drittes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) (Drucksache V/896) — Erste Beratung — Katzer, Bundesminister 3015 A, 3026 C, 3040 C Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 3018 D Dr. Schellenberg (SPD) 3022 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . 3028 A, 3039 B Springorum (CDU/CSU) 3030 C Killat (SPD) 3032 C Geldner (FDP) . . . . . . . 3036 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 3037 A Rohde (SPD) 3038 B, 3042 C Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . . 3040 A Behrendt (SPD) . . . . . . . . 3040 B Rohde (SPD) . . . . . . . . . 3042 C Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 3042 C Nächste Sitzung 3042 D Anlage 3043 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Oktober 1966 3011 62. Sitzung Bonn, den 7. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 8. 10. Dr. Aigner *) 7. 10. Frau Albertz 7. 10. Dr. Apel *) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 7. 10. Dr. Artzinger 5) 7. 10. Bading *) 7. 10. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 7. 10. Bauer (Wasserburg) 11. 10. Bäuerle 31. 10. Prinz von Bayern 7. 10. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 7. 10. Frau Berger-Heise 7. 10. Bergmann *) 7. 10. Berlin 20. 10. Beuster 7. 10. Dr. Birrenbach 19. 10. Blachstein 10. 10. Blöcker 7. 10. Brand 15. 10. Burgemeister 31. 10. Corterier 11. 10. van Delden 7. 10. Deringer *) 7. 10. Dichgans *) 7. 10. Dr. Dittrich*) 7. 10. Dr. Eckhardt 7. 10. Eisenmann 7. 10. Frau Dr. Elsner *) 7. 10. Dr. Eppler 7. 10. Erler 31. 10. Folger 7. 10. Dr. Franz 7. 10. Frieler 8. 10. Frau Funcke 7. 10. Dr. Furler *) 7. 10. Frau Geisendörfer 7. 10. Dr. Giulini 7. 10. Freiherr von und zu Guttenberg 7. 10. Haage (München) 7. 10. Haar (Stuttgart) 7. 10. Hahn (Bielefeld) *) 7. 10. Dr. Dr. Heinemann 7. 10. Herold 7. 10. *) Für die Teilnahme an Fraktions- bzw. Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Hubert 8. 10. Illerhaus *) 7. 10. Kiep 7. 10. Klinker *) 7. 10. Dr. Koch 7. 10. Köppler 21. 10. Kriedemann *) 7. 10. Frau Dr. Kuchtner 7. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 7. 10. Kulawig *) 7. 10. Frau Kurlbaum-Beyer 8. 10. Lenders 7. 10. Lenz (Brühl) *) 7. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Logemann 7. 10. Lücker (München) *) 7. 10. Mauk 7. 10. Frau Meermann 8. 10. Memmel *) 7. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 7. 10. Metzger *) 7.10. Michels 7. 10. Missbach 14. 10. Müller (Aachen-Land) *) 14. 10. Müller (Worms) 7. 10. Frau Pitz-Savelsberg 7. 10. Dr. Pohle 7. 10. Frau Dr. Probst 7. 10. Prochazka 7. 10. Reichmann 7. 10. Dr. Reinhard 7. 10. Frau Renger 14. 10. Richarts 14. 10. Riedel (Frankfurt) *) 7. 10. Saam 7. 10. Dr. Schmidt (Gellersen) 7. 10. Schmidt (Würgendorf) 7. 10. Seifriz 7. 10. Seuffert *) 7. 10. Springorum *) 7. 10. Dr. Starke (Franken) 7. 10. Stein (Honrath) 7. 10. Strauß 7. 10. Frau Strobel *) 12. 10. Dr. Süsterhenn 8. 10. Teriete 20. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Wächter 8. 10. Wagner 7. 10. Weimer 7. 10. Wieninger 7. 10. Baron von Wrangel 15. 10. Zerbe 7. 10. Dr. Zimmermann 7. 10.
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    Rede von Kurt Spitzmüller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit unnachahmlicher Liebenswürdigkeit hat Herr Professor Schellenberg als erster Sprecher der Opposition die Bundesregierung gescholten, daß sie nicht nur die Ausbildungsförderungsbeträge im Haushalt zu kürzen gedenke, sondern auch kein Ausbildungsförderungsgesetz vorgelegt habe. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, man muß Sie einmal daran erinnern, welches Schicksal Ihr eigener Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes im letzten Bundestag gehabt hat. Ich glaube, es wäre besser — statt die Bundesregierung hier zu schelten, daß sie kein Ausbildungsförderungsgesetz vorbereitet habe —, einmal dafür zu sorgen, daß die SPD-Ministerpräsidenten ihren Widerstand aufgeben und Tritt fassen. Dann kann die Bundesregierung nämlich auf diesem Gebiet schnell handeln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Schellenberg, Sie haben mit der Ihnen eigenen liebenswürdigen Eleganz darauf hingewiesen, daß der Koalitionspartner und einige Kollegen der CDU 1957 gegen die Rentenreformgesetze gestimmt hätten. Sie haben dabei nicht erwähnt, daß diese Rentenreform keine Grundsicherung enthielt; Sie haben nicht erwähnt, daß diese Rentenreform keine — in unseren Augen notwendige — Sonderregelung für Angestellte enthielt, sondern eine totale Nivellierung ohne Rücksicht auf soziale Tatbestände und Differenzierungen beinhaltete, und Sie haben nicht erwähnt — wie das auch anderwärts aus taktischen Motiven oft verschwiegen wird —, daß sich die FDP niemals dagegen ausgesprochen hat, daß die Rentner einen angemessenen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung haben sollen. Sie wissen ganz genau, daß wir für eine Dynamisierung waren, daß wir aber die Anhängung an die Lohnentwicklung nicht als eine sehr günstige oder als die einzig mögliche Entwicklung angesehen haben.

    (Sehr wahr! in der Mitte. — Abg. Dr. Schellenberg: Also zurück hinter die Lohnentwicklung!)

    Lieber Herr Kollege Schellenberg, das, worüber wir heute zu entscheiden haben, nämlich der Entwurf zur Änderung des Deckungsverfahrens, ist letztendlich die Auswirkung der Entscheidungen, die im Jahre 1957 in diesem Hause mit Ihren Stimmen getroffen worden sind. Und, sehr geehrter Herr Kollege Schellenberg und meine Damen und Herren von der SPD, was in diesem Gesetz vorgeschlagen wird, das sind doch im Grunde genommen zum größten Teil Mindestkonsequenzen Ihrer eigenen Mitentscheidung des Jahres 1957. Es ist einfach unverständlich, wenn Sie jetzt versuchen, die Dinge so darzustellen, als ob aus der Entscheidung des Jahres 1957 keine Konsequenzen gezogen werden sollten.
    Wenn Sie nun die in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Beitragserhöhungen mit der Ihnen eigenen Art, Schlagworte zu prägen, als eine „Sondersteuer für Sozialversicherte" bezeichnen, so bedeutet das in meinen Augen nichts anderes, als daß Sie jetzt versuchen wollen, sich aus der Verantwortung, die Sie 1957 mitgetragen haben, still hinwegzuschleichen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das, was hier drinsteht, kann man selbstverständlich in der einen oder anderen Form verändern. Aber man kommt nicht um die Konsequenz herum, daß eben die finanzielle Situation unserer Rentenversicherung verlangt, daß ihr mehr Mittel zur Verfügung stehen.

    (Zuruf von der SPD: Wo steht denn das?)

    — Die Situation verlangt, daß wir mehr Mittel in Form von erhöhten Beiträgen oder in Form von erhöhten, noch mehr wachsenden Bundeszuschüssen zur Verfügung stellen

    (Abg. Geiger: Und für Schuldverschreibungen?)

    oder in der Form, Herr Kollege Geiger, daß man zunächst keine Beitragserhöhungen beschließt und keine höheren Bundeszuschüsse gewährt, sondern das Vermögen aufzehrt. Ich glaube nicht, daß die Aufzehrung des Vermögens eine sozialpolitisch und volkswirtschaftlich zu verantwortende These wäre. Das möchte ich hier ganz klar zum Ausdruck bringen.
    Wir Freien Demokraten sind sogar der Meinung, daß für dieses Gesetz im Ausschuß noch einmal sehr intensiv die Frage geprüft werden muß, ob es wirklich sinnvoll ist, nun das Vermögen der Versicherungsträger auf dem jetzigen Stande einzufrieren, was nach diesem Gesetz ja vorgesehen ist und was praktisch auch einem relativen Entsparungsprozeß gleichkommt. Ich höre schon heute die Debatten im Deutschen Bundestag in zwei oder drei Jahren, wenn einmal die Finanzierung aus Mitteln der Rentenversicherung, beispielsweise auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus oder auf dem Gebiet der Darlehenshingabe an die Versicherten beim Bau von Eigenheimen, nicht mehr möglich sein wird, weil dieser relative Entsparungsprozeß beginnt. Dann werden Sie, meine Damen und Herren von der SPD, wieder bei denen sein, die schreien, daß die Bundesregierung die Entwicklung nicht genügend übersehen habe, dann werden Sie die Bundesregierung für diese sozial nicht gerade glückliche Veränderung verantwortlich machen.
    Die Entwicklung der Beitragserhöhung kommt für die Freien Demokraten natürlich nicht überraschend. Wir haben im Jahre 1957 bei den Debatten über manche Rentenerhöhungsgesetze darauf hingewiesen, daß Beitragserhöhungen unvermeidbar sind und daß die Entwicklung der Beitragserhöhungen verzögert worden ist durch eine unwahrscheinlich günstige Entwicklung unserer Wirtschaft, die letztlich durch die freie Marktwirtschaft ausgelöst wurde. Hier ist zu sagen: wenn diese Konsequenzen erst jetzt langsam gezogen werden müssen, dann ist das u. a. eben auf die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Regierung, die wir mitgetragen haben, zurückzuführen.



    Spitzmüller
    Im Jahre 1957 haben wir schon angekündigt, daß Beitragserhöhungen unvermeidbar sein werden. Sie wurden durch die außerordentlich expansive Entwicklung der Löhne und Gehälter verzögert. Sie wurden dadurch verzögert, daß das Bruttosozialprodukt in einem nicht gekannten Ausmaße anwuchs. Wir hatten einen Zustrom von Gastarbeitern festzustellen, die Beiträge zahlen, denen nur geringe laufende Verpflichtungen gegenüberstehen. Bis zum Jahre 1961 hatten wir einen Zustrom von vorwiegend jungen Sowjetzonenflüchtlingen, die zunächst im wesentlichen ebenfalls nur als Beitragszahler in Frage kamen. Durch die Abschaffung des Wanderversicherungsausgleichs zu Lasten der Angestellten haben CDU und SPD erreicht, daß auch die schwierige Situation der Arbeiterrentenversicherung ein bißchen überbrückt, verdeckt oder verschleiert wurde — suchen Sie sich das Wort aus, das Ihnen paßt; aber es ist so.
    Durch dieses Gesetz, in welcher Form man es endgültig auch verabschiedet, wird deutlich, daß eine Umfrage, die im Jahre 1957 durch Emnid angestellt wurde, in ihrer Fragestellung unseriös war. Dort wurde gefragt, ob man bereit sei, eine 1%ige Beitragserhöhung für 50 % höhere Renten und die laufende Anpassung der Renten an die wirtschaftliche Entwicklung zu bejahen. Selbstverständlich hat die Mehrheit der Bevölkerung diese 1%ige Beitragserhöhung damals bejaht. Wir mußten gleich um 2 % erhöhen, und jetzt stehen wir vor den nächsten Erhöhungen. Damit wird aber auch deutlich, daß eben die Frage der beitragsgerechten Rente einer Prüfung unterzogen werden muß. Denn wir stehen doch vor der Situation, daß die Beitragserhöhungen, die wir in irgendeiner Form vornehmen müssen, sich auf die spätere Rentenhöhe nicht auswirken. Die Rente und der Beitrag werden zwar in etwa nach dem Einkommen errechnet, aber der Prozentsatz der Beiträge, die bezahlt werden, haben mit der Rente nichts zu tun; denn wir haben Beitragszahlungen von 4, 5,6, 12, 14 und demnächst 15 und 16 %, ohne daß die Rentenformel für die Berechnung der Rente geändert würde. Wir haben also einen höheren Beitrag, ohne daß sich durch die Rentenformel an dem späteren Rentenanspruch etwas ändert.
    Bei der Beitragserhöhung, die nach meiner Meinung unvermeidbar ist — meine Damen und Herren von der SPD, wir werden im Ausschuß darüber sehr hart miteinander sprechen müssen —, wird nicht nur die Verantwortung für die wirtschaftliche Situation der Rentner deutlich. Wir müssen die Beiträge erhöhen, um die Rentenversprechen von gestern und heute erfüllen zu können. Es wird auch die Verantwortung für die noch größere Zahl der Beitragszahler klar und deutlich herausgestellt. Ich meine, daß das heutige System nicht mehr beitragsgerecht, sondern höchstens einkommensorientiert ist.
    In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir eine Zwischenbemerkung zu dem, was Kollege Stingl ausgeführt hat. Er glaubte einige Feststellungen für das ganze Haus treffen zu können. Sachlich ist hierzu zunächst festzustellen, daß nach dem derzeitigen System nicht die Beiträge entscheidend sind, die der einzelne leistet, sondern das Einkommen, auf das sie sich praktisch oder unter Zugrundelegung von Fiktionen beziehen.
    Des weiteren darf ich hier für die FDP-Fraktion im Hinblick auf die Grundsatzfragen feststellen, daß die bisherige Entwicklung und die derzeitige Situation, die zu entscheidenden Änderungen zwingt, uns keineswegs davon überzeugt haben, daß das geltende Rentenrecht die optimale Lösung im Hinblick auf eine freiheitliche Gesellschaftsordnung darstellt. Es ist hier nicht der Zeitpunkt und der Ort, im Detail auf diese Fragen einzugehen. Eine Reihe von Feststellungen, die Herr Kollege Stingl getroffen hat, können jedoch nicht für die FDP gelten. Das glaubte ich doch in Erwiderung auf Sie, Herr Kollege Stingl, sagen zu müssen, damit es nicht nachher heißt: Eitel Freude und Sonnenschein und volle Einigkeit von der äußersten Linken bis zur äußersten Rechten über die Äußerungen des Kollegen Stingl.

    (Abg. Stingl: Wir werden Sie aber noch überzeugen! — Gegenruf von der FDP: Überzeugen Sie erst einmal Ihre eigene Fraktion!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Jahren erlebt, daß das Nettoeinkommen ziemlich gleich geblieben ist und daß die Belastung des Nettoeinkommens keine Senkung erfahren hat mit Ausnahme der Steuersenkung des Jahres 1965. Entscheidend ist heute, durch stabile Wirtschaftspolitik zusätzliche Belastungen durch Beitragserhöhungen durch Erhöhung der nominalen und realen Einkommen zu kompensieren. Wir müssen deshalb Mut zu Lösungen haben, die sich langfristig bewahren, und nicht nur zu einem ungesunden Verschieben der Probleme für wenige Jahre.
    Ich möchte nur noch auf drei Punkte im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf eingehen, und zwar zuerst auf die Verschlechterung der freiwilligen Weiterversicherung. Hier müssen wir feststellen, daß nach dem geltenden Recht Beiträge für beide vorangehenden Kalenderjahre nachentrichtet werden können. Nach dem neuen Recht sollen bei einer Nachentrichtung die höheren Beiträge für die Zeit gezahlt werden müssen, in denen noch niedrigere Beitragssätze gegolten haben. Vom Grundsatz her ist das unverständlich. Ich weiß aus der Praxis, daß es für die Post langsam unübersehbar wird, mit 120 oder 150 verschiedenen Beitragsmarken zu operieren. Aber vom Grundsatz her, glaube ich, muß dieses Problem noch einmal besprochen werden und muß geprüft werden, ob man die Lösung so annehmen kann.
    Der nächste Punkt ist, daß der Bundeszuschuß für die Bundesversicherungsanstalt um weitere 350 Millionen DM gekürzt wird. Auch hier glauben wir, daß das auf die Dauer keine gute Entwicklung darstellt.
    Zur letzten Einzelfrage, die ja nur angeschnitten werden kann, möchte ich meinen, Herr Bundesarbeitsminister, daß wir uns über die Frage unterhalten müssen, ob es sinnvoll ist, die versicherungs-



    Spitzmüller
    technischen Bilanzen nur alle vier Jahre vorzulegen. Ich verstehe, warum man vom Arbeitsministerium her versucht, diese lange Frist zu bekommen.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Aber ich glaube, vom Parlament aus gesehen wird es notwendig sein, daß man alle zwei Jahre eine versicherungstechnische Bilanz bekommt. Der Sozialpolitische Ausschuß und das Plenum müssen sich nämlich wenigstens zweimal in jeder Legislaturperiode mit dieser Frage befassen, einmal sozusagen zu einer intensiven Vororientierung und das zweite Mal zur Entscheidung; denn bei der zweiten versicherungstechnischen Bilanz muß ja dann die Entscheidung bezüglich der Beitragshöhe getroffen werden. Wir hielten es für falsch, wenn die Abgeordneten des Sozialpolitischen Ausschusses nur einmal während einer Legislaturperiode mit der ganzen Wucht und der Fülle dessen, was eine versicherungstechnische Bilanz an sozialpolitischen Problemen enthält, konfrontiert werden müßten.
    Meine Damen und Herren, ich darf zu meinen Schlußbemerkungen kommen und anführen, daß es bei den erwähnten Maßnahmen, die durch dieses Gesetz getroffen werden müssen, sich überwiegend um den Versuch handeln wird, das Beitragsvolumen zu erhöhen, um den wachsenden laufenden Bedarf möglichst zu befriedigen. Durch die Festlegung der neuen Beitragssätze bis einschließlich 1970 wird deutlich, daß die gesetzliche Regelung zunächst nur über die Hürden dieser Legislaturperiode helfen soll. Die Maßnahmen, von denen hier die Rede ist, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß lediglich wegen gewisser systematischer Rücksichten andere Schritte, z. B. Ausweitung der Versicherungspflicht oder allgemeine Versicherungspflicht, die zusätzliche Einnahmen ohne unmittelbare Ausgaben bringen, nicht gefordert sind. Sie werden aber aus dem Entwurf eines Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes und der Ankündigung einer allgemeinen Versicherungspflicht für alle Angestellten in der Arbeitslosenversicherung deutlich.
    Die FDP-Fraktion ist sich bewußt, daß einschneidende Maßnahmen in Milliardenhöhe erforderlich sind, wenn die Rentner auch künftighin an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben sollen. Wir Freien Demokraten bejahen dies. Es erfordert aber wesentliche und entscheidende Eingriffe in das bisherige Finanzierungssystem. Dabei müssen die soziale Situation der Rentner, die Belastungen und die Belastungsfähigkeit der Beitragszahler in der Zukunft im Hinblick auf die sozialen Abgaben wie auf die Steuern und die Auswirkungen auf die Wirtschaft gesehen und nach allen Gesichtspunkten hin überprüft werden. Ich kann nur unterstreichen, was der Herr Bundesarbeitsminister hier gesagt hat: Wir — auch alle Sozialpolitiker des Deutschen Bundestages — müssen endlich einmal erkennen, daß die Sozialpolitik nur einen Teil einer insgesamt zu sehenden Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik darstellt und daß man nicht nur gelegentlich einmal die Scheinwerfer nur auf diesen Sektor wenden kann und daß andere im Schatten lassen darf.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der vorliegende Entwurf schlägt ein ganzes Bukett von Änderungen für die nächsten vier Jahre vor. Es kann heute schon gesagt werden, daß dies nicht die einzigen erforderlichen Schritte für die weitere Zukunft sein werden. Die FDP-Bundestagsfraktion ist bereit, bei den Ausschußberatungen diese und andere Vorschläge nach ihrer Zweckmäßigkeit, ihrer Praktikabilität und nach tragbaren Auswirkungen zu überprüfen, um zu einer optimalen Entscheidung für die Rentenversicherungsträger und für die Stabilität unserer Wirtschaft und unserer Finanzen beizutragen.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Springorum.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerd Springorum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In diesem Jahr hat der Verband der deutschen Rentenversicherungsträger, haben die deutschen Rentenversicherungsträger und die Rentenversicherung überhaupt das 35jährige Bestehen feiern können. Die deutsche Rentenversicherung hat dieses Jubiläum voller Stolz gefeiert, voller Stolz deshalb, weil diese 75 Jahre tatsächlich gezeigt haben, daß die deutsche Rentenversicherung unendlich vieles für das deutsche Volk, für die Versicherten geleistet hat.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das ist doch nichts Neues!)

    Hierzu haben im wesentlichen die letzten zehn Jahre — der letzte Abschnitt — beigetragen, die Jahre nach der Rentenversicherungsreform. Dieses Gesetz hat sich zum außerordentlichen Segen von unendlich vielen Menschen ausgewirkt.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir heute schon gehört!)

    Wir stehen jetzt vor einem neuen Abschnitt. Dieser neue Abschnitt, der bereits 1957 als der nächste Deckungsabschnitt vorgesehen war, ist voller Belastungen. Es ist heute morgen von jedem Redner auf den Rentenberg hingewiesen worden. Dieser Rentenberg unterscheidet sich von normalen Bergen dadurch, daß er nicht auf der einen Seite herauf und auf der anderen Seite herunter geht, sondern daß er eigentlich nur aufwärts führt und nur sehr viel weniger wieder herunter. Die heutige Belastungsquote liegt bei 0,41, d. h. auf 100 Beitragszahler kommen 41 Rentner. Diese Belastungsquote steigt in den nächsten Jahren auf 0,48 und sinkt dann wieder auf nur 0,45. Das heißt, daß wir das günstige Verhältnis der letzten zehn Jahre zwischen den Zahlen der Beitragszahler und denen der Rentner in absehbarer Zeit nicht wieder erreichen können.