Rede:
ID0506200600

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 62. Sitzung Bonn, den 7. Oktober 1966 Inhalt: Abg. Vogel (Warendorf) legt sein Mandat nieder 3011 A Erweiterung der Tagesordnung 3011 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für Richtlinien des Rats zur Änderung der Richtlinien des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung 1) viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen, 2) gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch (Drucksachen V/806, V/968) . . 3011 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/928, V/969) 3011 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache V/810) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/941) —Zweite und dritte Beratung — . . . . 3012 A Mündlicher Bericht des Innenausschusses über ,den Antrag der Abg. Rawe, Vogel (Warendorf), Dr. Klepsch, Prinz von Bayern u. Gen. betr. Olympiagroschen (Drucksachen V/794, V/944) 3012 B Ubersicht 7 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/942) 3012 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Blexen bei Nordenham (Drucksache V/917) 3012 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Kaserne Ruhleben in Berlin-Spandau (Drucksache V/939) 3012 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des bundeseigenen Grundstücks der sogen. Flötenteichschule in Oldenburg (Oldb), Flötenstraße/Hochheider Weg 169 (Drucksache V/953) . . 3012 D Verordnung über die Senkung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von geschlachteten Gänsen (Drucksache V/955) . 3012 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Oktober 1966 Fünfundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksache V/924) . . . . . . . . 3012 D Achtundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksache V/925) . . . . . . . . 3012 D Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundfünfzigste und Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/825, V/950, V/833, V/952) 3013 A Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Zweiundvierzigste, Dreiundvierzigste, Vierundvierzigste, Vierundfünfzigste, Fünfundvierzigste, Einundvierzigste, Achtundvierzigste, Sechsundvierzigste und Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/798, 945, 799, 797, 863, 800, 946, 809, 947, 819, 948, 824, 949, 829, 951) 3013 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Sozialenquete (Drucksache V/858) Katzer, Bundesminister 3014 A Dr. Schellenberg (SPD) 3014 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deckungsverfahrens in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten (Drittes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) (Drucksache V/896) — Erste Beratung — Katzer, Bundesminister 3015 A, 3026 C, 3040 C Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 3018 D Dr. Schellenberg (SPD) 3022 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . 3028 A, 3039 B Springorum (CDU/CSU) 3030 C Killat (SPD) 3032 C Geldner (FDP) . . . . . . . 3036 C Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 3037 A Rohde (SPD) 3038 B, 3042 C Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . . 3040 A Behrendt (SPD) . . . . . . . . 3040 B Rohde (SPD) . . . . . . . . . 3042 C Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 3042 C Nächste Sitzung 3042 D Anlage 3043 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Oktober 1966 3011 62. Sitzung Bonn, den 7. Oktober 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 13. 10. Dr. Adenauer 8. 10. Dr. Aigner *) 7. 10. Frau Albertz 7. 10. Dr. Apel *) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin) 7. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 7. 10. Dr. Artzinger 5) 7. 10. Bading *) 7. 10. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 7. 10. Bauer (Wasserburg) 11. 10. Bäuerle 31. 10. Prinz von Bayern 7. 10. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 7. 10. Frau Berger-Heise 7. 10. Bergmann *) 7. 10. Berlin 20. 10. Beuster 7. 10. Dr. Birrenbach 19. 10. Blachstein 10. 10. Blöcker 7. 10. Brand 15. 10. Burgemeister 31. 10. Corterier 11. 10. van Delden 7. 10. Deringer *) 7. 10. Dichgans *) 7. 10. Dr. Dittrich*) 7. 10. Dr. Eckhardt 7. 10. Eisenmann 7. 10. Frau Dr. Elsner *) 7. 10. Dr. Eppler 7. 10. Erler 31. 10. Folger 7. 10. Dr. Franz 7. 10. Frieler 8. 10. Frau Funcke 7. 10. Dr. Furler *) 7. 10. Frau Geisendörfer 7. 10. Dr. Giulini 7. 10. Freiherr von und zu Guttenberg 7. 10. Haage (München) 7. 10. Haar (Stuttgart) 7. 10. Hahn (Bielefeld) *) 7. 10. Dr. Dr. Heinemann 7. 10. Herold 7. 10. *) Für die Teilnahme an Fraktions- bzw. Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Hubert 8. 10. Illerhaus *) 7. 10. Kiep 7. 10. Klinker *) 7. 10. Dr. Koch 7. 10. Köppler 21. 10. Kriedemann *) 7. 10. Frau Dr. Kuchtner 7. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 7. 10. Kulawig *) 7. 10. Frau Kurlbaum-Beyer 8. 10. Lenders 7. 10. Lenz (Brühl) *) 7. 10. Lenz (Trossingen) 31. 10. Logemann 7. 10. Lücker (München) *) 7. 10. Mauk 7. 10. Frau Meermann 8. 10. Memmel *) 7. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 7. 10. Metzger *) 7.10. Michels 7. 10. Missbach 14. 10. Müller (Aachen-Land) *) 14. 10. Müller (Worms) 7. 10. Frau Pitz-Savelsberg 7. 10. Dr. Pohle 7. 10. Frau Dr. Probst 7. 10. Prochazka 7. 10. Reichmann 7. 10. Dr. Reinhard 7. 10. Frau Renger 14. 10. Richarts 14. 10. Riedel (Frankfurt) *) 7. 10. Saam 7. 10. Dr. Schmidt (Gellersen) 7. 10. Schmidt (Würgendorf) 7. 10. Seifriz 7. 10. Seuffert *) 7. 10. Springorum *) 7. 10. Dr. Starke (Franken) 7. 10. Stein (Honrath) 7. 10. Strauß 7. 10. Frau Strobel *) 12. 10. Dr. Süsterhenn 8. 10. Teriete 20. 10. Dr. Verbeek 31. 10. Wächter 8. 10. Wagner 7. 10. Weimer 7. 10. Wieninger 7. 10. Baron von Wrangel 15. 10. Zerbe 7. 10. Dr. Zimmermann 7. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit der Reform der sozialen Rentenversicherung im Jahre 1957 sind fast 10 Jahre verstrichen. Im Dezember geht der erste Deckungsabschnitt zu Ende. Aus diesem Anlaß legt die Bundesregierung Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Deckungsverfahrens der Rentenversicherung vor. Dieser Entwurf baut auf den Grundsätzen der Rentenreform des Jahres 1957 auf. Er paßt sich aber auch, wie ich gleich noch im einzelnen ausführen werde, den Erfordernissen an, vor die uns die wirtschaftliche und konjunkturelle Entwicklung stellt.
    Dieser Gesetzentwurf will einen Beitrag dazu leisten, Stabilität und Fortschritt in unserem Lande zu sichern.
    Im einzelnen ist die Bundesregierung dabei von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
    1. Oberstes Ziel dieses Gesetzes ist die Erhaltung der Stabilität und Leistungsstärke der gesetzlichen Rentenversicherung.
    2. Es wird sichergestellt, daß die Sozialrentner auch im Alter ihren im Arbeitsleben erworbenen Lebensstandard wahren und am wirtschaftlichen Wachstum beteiligt werden können.
    3. Trotz der angespannten Haushaltslage ist die Bundesregierung der Auffassung, daß zur langfristigen Sicherung der finanziellen Grundlagen der Rentenversicherungen die Bundeszuschüsse erhalten bleiben müssen.
    4. Trotz der Beibehaltung der Bundeszuschüsse läßt sich eine Beitragserhöhung nicht vermeiden. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß die Finanzberechnungen, die der Rentenreform 1957 zugrunde lagen, davon ausgingen, daß die Beiträge zum Ende des ersten Deckungsabschnittes, also bereits zum 1. Januar 1967, auf 16 1/4 % erhöht werden müßten. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren hat wesentlich zu einer günstigeren finanziellen Entwicklung der Rentenversicherung beigetragen. So empfiehlt die Bundesregierung, die Beiträge erstmalig am 1. Januar 1968 von jetzt 14 auf 15 % und mit Wirkung vom 1. Januar 1970 auf 16 % zu erhöhen.
    5. Die Beiträge sollen künftig alle vier Jahre für die folgenden vier Jahre, entsprechend den Ausgaben in diesem Zeitraum, festgelegt werden. Die nächste Überprüfung und Neufestsetzung der Beiträge muß demnach 1970 für die Jahre 1971 bis einschließlich 1974 erfolgen.
    6. Das bisherige Abschnittsdeckungsverfahren wird aufgegeben. Ende 1966 dürfte die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ein Vermögen von etwa 27,6 Milliarden DM haben. In Zukunft soll die Rücklage etwa auf dieser Höhe gehalten werden.
    7. Bei der Anlage ihres Vermögens soll die Rentenversicherung künftig soziale Zwecke mit Vorrang berücksichtigen.
    8. Die Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung sollen nicht erhöht werden. Damit wird der schwierigen Lage im Bergbau Rechnung getragen.
    Das sind kurz die wesentlichen Grundzüge des Entwurfs, den Ihnen die Bundesregierung heute vorlegt. Gestatten Sie mir, daß ich auf die damit angeschnittenen Fragen etwas tiefer eingehe. Denn ich bin der Meinung, daß es notwendig ist, daß Bundesregierung und Bundesparlament mit allem Nachdruck deutlich machen: Die soziale Rentenversicherung ist das Rückgrat unseres gesamten sozialen Sicherungssystems.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dieses System auch in Zukunft zu erhalten, ist unsere gemeinsame Aufgabe. Das neue System der Rentenversicherung hat sich seit der Reform vor 10 Jahren bewährt. Es hat den Versicherten aus der Nähe des Fürsorgeempfängers in die Nachbarschaft des Lohnempfängers gerückt und ihm die Teilhabe am wachsenden Volkseinkommen ermöglicht. Wenn es heute kein Altenproletariat mehr gibt, dann ist das das Ergebnis der Rentenreform des Jahres 1957, die untrennbar mit den Namen meiner Amtsvorgänger, den Herren Storch und Blank, verbunden ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Den sozialen und gesellschaftspolitischen Wandel, der seitdem eingetreten ist, kann nur der begreifen, der sich vergegenwärtigt, welchen Weg die deutsche Rentenversicherung seit ihren Anfängen am Ende des vorigen Jahrhunderts durchlaufen hat. Sie wurde einst als Arbeiterversicherung konzipiert. Zu ihr gehörten in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nur 15 % der Bevölkerung. Heute sind es über 80 %. 1900 wurden eine halbe Million Renten gezahlt. Heute sind es in den 3 Zweigen der Rentenversicherung über acht Millionen, also das 16fache.
    Noch eine Zahl lassen Sie mich nennen: Obwohl die Renten nach 1945 sechsmal durch Aufbesserungsgesetze angehoben worden waren, lagen 1956 die Renten der Arbeiterversicherung im Durchschnitt noch bei monatlich 90 DM, die der Angestelltenver-



    Bundesminister Katzer
    sicherung bei 138 DM. Heute beträgt die Durchschnittsrente in der Arbeiterrentenversicherung 233 DM, in der Angestelltenversicherung 394 DM monatlich. Diese Zahlen kennzeichnen die soziale und materielle Bedeutung der Rentenreform.
    Sehr viel höher noch ist, so möchte ich meinen, die gesellschaftspolitische, strukturelle Bedeutung der Rentenreform. Die alte Arbeiterversicherung sollte den Arbeitern ein Mindestmaß an Fürsorge geben. Damals ging der Gesetzgeber noch davon aus, daß den vermögenslosen Fabrikarbeitern für den Wegfall der Arbeitskraft zum Schutz gegen Not ein anderweitiges Auskommen geschaffen werden müsse. Unsere Zeit ist dagegen geprägt von einem gewandelten Streben nach wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit. Dieses Sicherheitsbedürfnis der Menschen von heute unterscheidet sich erheblich von demjenigen früherer Generationen. Das rapide Anwachsen des Lebensstandards hat in breiten Schichten der Bevölkerung ein Gefühl der Furcht verstärkt, in einem etwaigen Krisenfall wieder alles verlieren zu können.
    Die durch die beiden Weltkriege ausgelösten Wirtschaftskrisen und Währungszusammenbrüche haben außerdem deutlich gemacht, daß Eigentum, Besitz und angespartes Vermögen für sich allein keine soziale Sicherheit garantieren. Als krisenfest haben sich für das Gros unserer Bevölkerung Arbeit und berufliche Qualifikation erwiesen. Dem Arbeitseinkommen ist also heute völlig zu Recht die entscheidende Bedeutung für die Existenz und Alterssicherung beizumessen. In zunehmendem Maße bestimmen heute Arbeitsplatz und berufliche Stellung des einzelnen den Lebensstandard und den sozialen Status.
    Auch wenn es heute unmodern geworden ist, von der Vergangenheit und von vergangenen Leistungen zu sprechen, so möchte ich doch in diesem Zusammenhang feststellen dürfen: Hier wird deutlich, nach welchen vorausschauenden gesellschaftspolitischen Vorstellungen vor 10 Jahren das Werk unserer Alterssicherung geformt worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich will der parlamentarischen Behandlung der Sozialenquete nicht vorgreifen. Dennoch möchte ich in diesem Zusammenhang meine Genugtuung darüber ausdrücken, daß hier das System der Rentenreform grundlegend gerechtfertigt wird. Mit ihm wurde die Bemessung der Rentenversicherung umgestaltet, das Finanzierungssystem geändert und die dynamische und praktikable Formel entwickelt, um die Sicherung im Alter an den schnellen wirtschaftlichen Fortschritt laufend anzupassen.
    Ich glaube, nur wer selbst alt geworden ist, kann ermessen, was es bedeutet, die Umwelt mit all ihren neuen Freuden und Annehmlichkeiten an sich vorbeiwachsen zu sehen. Heute nimmt der, der sein Leben lang hart gearbeitet hat, an dem, was das Leben bietet, in hohem Maße teil. Hier stellen sich uns indes noch viele Probleme darüber müssen wir uns im klaren sein —, und das sind nicht nur Probleme materieller Art. Wir müssen neue Formen der Lebenshilfe für unsere älteren Mitbürger entwickeln, und wir brauchen ein neues Bewußtsein der Generationen füreinander.
    Ich glaube deshalb, daß ich sagen kann: Diese soziale, gesellschaftliche und menschliche, von wissenschaftlichem Sachverstand geprüfte Bilanz unseres Systems der Alterssicherung kann für uns nur die eine Konsequenz haben: dieses Werk auch finanziell zu sichern, den sozialen und gesellschaftspolitischen Gehalt zu verbessern und das ganze System stärker in die Gegebenheiten einer neuen sozialwirtschaftlichen Entwicklung einzubetten.
    Denn Grundlage einer stabilen Altersversorgung ist eine stabile und gesunde Wirtschaft. Hierzu kann die Rentenversicherung einen nicht unerheblichen Beitrag leisten, und ich bin dankbar, hier sagen zu können, daß sich die Versicherungsträger in hohem Maße bereit erklärt haben, diesen Beitrag zu leisten. Ich habe hier ein hohes Maß an Verständnis für ein neues sozialwirtschaftliches Bewußtsein gefunden.
    Ich würde mich freuen und wir würden uns in vielen Fragen leichter tun, wenn wir in allen Bereichen das gleiche Verständnis finden würde.
    Umgekehrt gilt aber auch, daß eine gesunde, stabile Wirtschaft nur möglich ist auf der Grundlage einer befriedigenden Lösung aller sozialen Anliegen und einer gesellschaftlichen Strukturpolitik, die dynamisch auf alle Veränderungen reagiert, die möglicherweise zu neuen sozialen Konflikten und unseligen Klassenspaltungen führen könnten. Das Beispiel der sozialen Rentenversicherung zeigt: Stabilität und sozialer Fortschritt sind ein Ganzes.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß die Rentner schön vor Jahren auf eine Rentenerhöhung verzichten mußten, die seither nicht nachgeholt werden konnte. Damit leisten die Rentner bis heute schon einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Stabilität.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Auch das gehört mit zu dem Hintergrund, vor dem die entscheidenden Fragen der zukünftigen Finanzierung der Rentenversicherung gesehen werden müssen. Denn allein eine stabile und ausgeglichene finanzielle Basis versetzt die Rentenversicherung in die Lage, die ihr gestellten Aufgaben auch weiterhin zu bewältigen.
    Dabei steht als besondere Schwierigkeit vor uns, die Belastungen auszugleichen, die uns aus dem ungünstigen Altersaufbau unserer Bevölkerung erwachsen. Wenn 1965 auf 100 Pflichtversicherte 41 Rentner entfielen, so werden es 1974 bereits 48 sein. Diese ungünstige Entwicklung ist im wesentlichen eine Folge der beiden Weltkriege und der dazwischenliegenden Zeit der allgemeinen Wirtschaftskrise. Wenn wir auch auf Grund der Zunahme der Geburtenzahlen hoffen, daß dieses Mißverhältnis keinen Dauerzustand darstellt, so sieht sich die Rentenversicherung doch in den nächsten 10 bis 15 Jahren vor zusätzliche finanzielle Probleme gestellt. Es ist das vordringliche Ziel dieses Gesetzentwurfes, die Voraussetzung zur Lösung dieser Probleme zu schaffen.



    Bundesminister Katzer
    Der vorliegende Geestzentwurf geht dabei von folgenden zwei Grundvoraussetzungen aus:
    1. Es bleibt bei den jährlichen vollen Anpassungen der Renten an die wirtschaftliche Entwicklung. Von diesem Grundsatz, der das Kernstück der Rentenreform ist, darf nicht abgegangen werden, wenn wir die Renten nicht verschlechtern wollen. Denn ein weiteres Absinken der Renten gegenüber dem Einkommen der erwerbstätigen Bevölkerung kann nur dann vermieden werden, wenn durch die jährlichen Rentenanpassungen die Renten der Lohnentwicklung folgen. Ein Sinken des Rentenniveaus würde die Renten sehr bald unter die Richtsätze der Sozialhilfe fallen lassen.
    2. Der vorliegende Gesetzentwurf geht weiter davon aus, daß die allgemeinen Bundeszuschüsse unverändert beibehalten werden. Die Bundesregierung geht dabei von der Auffassung aus, daß es sich hier nicht um staatliche Subventionen, sondern um die Erstattung von Kosten handelt, die der sozialen Rentenversicherung entstehen und die nicht allein der Versichertengemeinschaft aufgebürdet werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn die deutsche Rentenversicherung muß für eine Reihe von Kriegsfolgelasten aufkommen, die an sich von der Allgemeinheit getragen werden müßten. So entstehen ihr durch die Berücksichtigung der Zeiten des Wehr- und Kriegsdienstes sowie der Kriegsgefangenschaft jährliche Mehraufwendungen von fast 2 Milliarden DM. Weitere rund 1,2 Milliarden DM bringt sie für Rentenleistungen aus Anlaß von Kriegsbeschädigung oder Kriegstod auf. Das sind also Kriegsfolgelasten von 3,2 Milliarden DM. Bei einem Bundeszuschuß von 6,4 Milliarden DM in diesem Jahr verbleiben also weitere 3,2 Milliarden DM als Anteil des Bundes an anderen Leistungen der Rentenversicherung, die nicht der Alterssicherung dienen, sondern Leistungen bei Frühinvalidität darstellen. Ich möchte dabei hinzufügen, daß durch diesen Betrag nicht die Geburtenausfälle gedeckt sind, die durch die beiden Weltkriege hervorgerufen wurden.
    Wenn man also über die Bundeszuschüsse zur sozialen Rentenversicherung spricht — und es liegt mir sehr daran, dies hier im Hause klar auszusprechen und auch der deutschen Öffentlichkeit darüber Klarheit zu verschaffen —, dann muß man davon ausgehen, daß die Ausgaben für die Altersrenten in vollem Umfange durch Beiträge der Versicherten und deren Arbeitgeber gedeckt sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Hierzu werden keine Zuschüsse geleistet. Es scheint mir wichtig, das festzuhalten, weil es in der Diskussion in der Öffentlichkeit bisher zum Teil anders gesehen worden ist.
    Von den Gesamtausgaben der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entfallen in diesem Jahr 19,1 Milliarden DM auf die reinen Altersrenten. Diese werden voll aus Beiträgen der Versicherten finanziert. 8,7 Milliarden DM — eine Zahl, über die wir miteinander noch, glaube ich, sehr viel nachdenken müssen — entfallen auf Leistungen bei
    Frühinvalidität, 1,5 Milliarden DM werden für Rehabilitationsmaßnahmen und je 1 Milliarde DM für die Rentnerkrankenversicherung und für sonstige Kosten aufgebracht.
    Ferner muß hier berücksichtigt werden, daß der Anteil des Bundeszuschusses an den Gesamtausgaben ständig sinkt. Denn nach den Rentengesetzen richtet er sich lediglich nach der jeweiligen Steigerung der allgemeinen Bemessungsgrundlage. Das bedeutet für 1967 eine Zunahme von rund 500 Millionen DM — also auf 6,9 Milliarden DM — gegenüber 1966. In den zehn Jahren seit der Rentenreform ist der Bundeszuschuß an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten von 3,4 Milliarden DM 1957 auf 6,4 Milliarden DM in diesem Jahr gestiegen. Weit stärker gewachsen sind jedoch die Ausgaben der Rentenversicherungen, nämlich von 12,4 Milliarden DM im Jahre 1957 auf 31,3 Milliarden DM im Jahre 1966. Dabei sank der Anteil des Bundeszuschusses an den Gesamtausgaben in dem gleichen Zeitraum von 27,5 % auf 20,2 %.
    Nur unter der Voraussetzung, daß das System der „Bundeszuschüsse" — besser: der Erstattungen — beibehalten wird, ist das vorgesehene Finanzierungssystem der Rentenversicherung funktionsfähig. Eine Verminderung der Zuschüsse würde eine drastische zusätzliche Erhöhung der Beitragssätze erzwingen. Um auch hier einen Anhaltspunkt für die Größenordnung der finanziellen Auswirkung zu geben: 1 % Beitragserhöhung bedeutet für die Versicherten und ihre Arbeitgeber jeweils jährlich eine Belastung von je 1 Milliarde DM. Als Ersatz für die Bundeszuschüsse, zu denen der Bund verpflichtet ist, käme das einer beträchtlichen Steuererhöhung gleich. Unter diesen Voraussetzungen sieht der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, die Belastungen, die der Rentenversicherung in den kommenden Jahren vor allem aus dem ungünstigen Altersaufbau entstehen, durch drei Maßnahmen aufzufangen: 1. die Herabsetzung der vorgeschriebenen Rücklage; 2. den Verzicht auf die Festsetzung eines einheitlichen Beitrages für einen 10-Jahresabschnitt;
    3. eine Änderung der Beitragssätze.
    Lassen Sie mich zum ersten Punkt — Herabsetzung der vorgeschriebenen Rücklage — sagen. Nach der bisherigen Vorschrift mußte eine Rücklage gebildet werden, die der Jahresausgabe zu Lasten der Versicherungsträger im letzten Jahr eines 10jährigen Deckungsabschnittes entspricht. Würde dieses Verfahren beibehalten, so würde sich das Rücklagesoll im nächsten 10jährigen Deckungsabschnitt schon auf rund 50 Milliarden DM verdoppeln, weil die Ausgaben wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und der Zunahme der Zahl der Rentner beständig steigen. Das würde bedeuten, daß die Beitragssätze sich zu einem Zeitpunkt beträchtlich erhöhen müßten, in dem die Belastung der Rentenversicherung ohnehin zunimmt und schon zu Beitragserhöhungen zwingt. Auch wenn man daran festhält, daß die Rentenversicherung in gewissem Umfange über ein Vermögen verfügen muß, so erscheint es dennoch nicht sinnvoll, sie mit den Rentenausgaben parallel wachsen zu lassen. Die Bundes-



    Bundesminister Katzer
    regierung schlägt deshalb vor, daß für die Berechnung des Beitragssatzes diejenige Rücklage maßgebend sein soll, die auf der Höhe des tatsächlich vorhandenen Vermögens festgehalten werden wird.
    Zur Verkürzung der jährlichen Deckungsabschnitte, die dieser Gesetzentwurf vorschlägt, darf ich folgendes sagen: Nach den bisherigen Deckungsvorschriften für die Rentenversicherung sollten die Beiträge so berechnet werden, daß sie in einem Deckungsabschnitt von zehn Jahren einheitlich gelten. Das mochte damals richtig sein, als noch nicht so erkennbar war wie heute, wie schnell und wie schnellebig in den einzelnen Phasen die wirtschaftliche Entwicklung sein würde. Bei der künftigen Zunahme der Belastung der Rentenversicherung würde jedoch heute eine Beitragsfestsetzung für zehn Jahre zu einem vor allen Dingen auch wirtschaftlich unerwünschten Ergebnis führen. Der Beitragssatz muß dann nämlich in den ersten Jahren des Deckungsabschnittes höher liegen als der erforderliche Beitragssatz; in den letzten Jahren liegt er dagegen darunter. Das hat zur Folge, daß im Laufe von zehn Jahren die Rentenversicherung etwa fünf Jahre lang ihr Vermögen aufstockt und in den nächsten fünf Jahren wieder abbaut. Neben den ungünstigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Vermögensentwicklung würden dabei in den nächsten überschaubaren Jahren mehr Beiträge von den Versicherten und den Arbeitgebern erhoben, als erforderlich ist, wobei gerade umgekehrt eine höhere Belastung der Löhne und Gehälter bei angestiegenem Wohlstand in späteren Jahren leichter zu ertragen wäre. Der Gesetzentwurf geht daher zu einem jährlichen Deckungsabschnitt über, wobei die Beitragssätze jeweils vier Jahre im voraus festgesetzt werden sollen. Ich darf hier hinzufügen, daß das auch den Vorstellungen der Sozialenquete-Kommission entspricht.
    Lassen Sie mich drittens zur Frage der Beitragserhöhung folgende ergänzende Feststellungen treffen: Durch die Beibehaltung der Bundeszuschüsse, die Herabsetzung des Rücklagesolls und die Verkürzung des Deckungsabschnitts ist es möglich, die künftige Beitragserhöhung in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen zu halten. Wie ich bereits erwähnter wurde schon in den Gesetzentwürfen zur Rentenreform 1957 vorausgesagt, daß der Beitragssatz im Jahre 1967 auf 16,25 % der Entgelte steigen müsse. Dank der bisher günstigen finanziellen Entwicklung ist eine Erhöhung in dem damals angekündigten Umfang auch zur Zeit noch nicht erforderlich. Zudem ermöglicht es der jährliche Deckungsabschnitt, den Beitragssatz von Jahr zu Jahr am unmittelbar erforderlichen Bedarf zu orientieren und so den Anstieg von 14 auf 16 % fließender zu gestalten.
    Diese jährliche Stufung der Beiträge hat auch wirtschaftlich ihre Vorteile; denn auf diese Weise werden Sprünge in der Belastung der Entgelte vermieden, so daß die angestiegenen Arbeitskosten leichter aufgefangen werden können. Allerdings — das möchte ich deutlich aussprechen — kann mit der Entscheidung über die Beitragserhöhung auch nicht länger zugewartet werden, da der Prozeß der zunehmenden Altersbelastung unserer Bevölkerung bereits begonnen hat, ja schon in ein Stadium getreten ist, in dem sich die Auswirkungen dieser Entwicklung deutlich abzeichnen.
    Der Gesetzgeber trägt die Verantwortung für die künftige Stabilität der Rentenversicherung. Er muß daher auch 'beizeiten die gebotenen Maßnahmen zu ihrer Sicherung treffen. Der Gesetzentwurf schlägt daher eine Anhebung der Beitragssätze für 1968 und 1970 um jeweils 1 % der Entgelte vor. In Anbetracht der Finanzlage der Rentenversicherung und unter Berücksichtigung der konjunkturpolitischen Seite ist dies der spätestmögliche Zeitpunkt, bis zu dem mit der Erhöhung der Beitragssätze gewartet werden kann.
    In den Gutachten zum 9. Rentenanpassungsgesetz, dessen Beratung heute noch nicht ansteht, hat der Sozialbeirat bereits eine Anhebung um ein halbes Prozent für 1967 und dann anschließend eine stärkere Anhebung für die kommenden Jahre empfohlen. In dem vorjährigen Gutachten hatte er sogar eine Erhöhung des Beitragssatzes auf 15 % bereits ab 1966 für erforderlich gehalten. Für diese Vorschläge des Sozialbeirates habe ich durchaus Verständnis. Wenn sich die Bundesregierung auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf noch nicht zu einer so frühen und starken Anhebung der Beitragssätze entschließen konnte, so wird man nicht umhin können, sich mit diesen Vorschlägen auseinanderzusetzen.

    (Abg. Ruf: Sehr richtig!)

    Die Vorschläge des Sozialbeirates lassen jedenfalls erkennen, daß die Beitragserhöhung spätestens zu dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Zeitpunkt vorgenommen werden muß. Andernfalls würde das Rücklagevermögen der Rentenversicherung in unvertretbarem Maße abgebaut.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Schon in den nächsten 4 Jahren würde ein beachtlicher Teil des Vermögens aufgezehrt werden müssen. Alber ein solcher Entsparungsprozeß wäre volkswirtschaftlich unerwünscht, da er eine weitere Schwächung des ohnehin angespannten allgemeinen Kapitalmarktes zur Folge haben würde.
    Ich darf deshalb abschließend feststellen: Die vorgeschlagenen Beitragserhöhungen liegen also nicht allein im Interesse der Rentenversicherung, im Interesse ihrer Stabilität und dem wachsenden Fortschritt für unsere alten Menschen; sie tragen auch — und das möchte ich noch einmal mit Nachdruck unterstreichen — mit zu der dringend erforderlichen Stabilität unserer gesamten Volkswirtschaft bei. Um dieses doppelte Ziel zu erreichen, darf ich Sie bitten, dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung Ihre Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir treten in die allgemeine Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Anfang meiner Bemerkungen zu



    Stingl
    dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte ich den Dank an den Herrn Minister dafür zum Ausdruck bringen, daß er uns eben in seiner Einbringungsrede auch noch einmal verdeutlicht hat, um welch wichtige Materie es heute geht.
    Das veranlaßt mich zugleich, mit ein wenig Betrübnis festzustellen, daß das Interesse der Offentlichkeit an den Beratungen des Bundestages, das bei einer sehr wichtigen Materie, nämlich bei der außenpolitischen Debatte, sehr groß war, heute nicht so sehr groß ist. Dabei kann ich mir in diesem Zusammenhang die Bemerkung nicht versagen: Die Alterssicherung für unser Volk sollte des Interesses der Öffentlichkeit auch so gewiß sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich wäre dankbar, wenn das in der Berichterstattung entsprechend zum Ausdruck kommt.
    Herr Minister Katzer hat einen Gesetzentwurf begründet, der für die Alterssicherung unseres Volkes in der Zukunft von enorm großer Bedeutung ist. Meine Fraktion, die Fraktion der Christlich-Demokratischen und der Christlich-Sozialen Union, stimmt diesem Gesetzentwurf zu. Die Zustimmung fällt ihr um so leichter, als dieser Gesetzentwurf auch in der Debatte, die um die Alterssicherung in unserem Volke überhaupt geführt wird — nämlich sowohl auf Grund des Berichts des Sozialbeirats als auch auf Grund des Berichts der Sozialenquetekommission —, seine volle Rechtfertigung erfährt.
    Lassen Sie mich in dem Zusammenhang sagen, daß wir sowohl den Sozialbeirat wie auch den Mitgliedern der Sozialenquetekommission außerordentlich dankbar für die Mühe und die. Sorge sind, die sie in ihren wissenschaftlichen Untersuchungen und in ihren Darlegungen aufwenden, um den Politikern die Entscheidung in der Frage der Alterssicherung unseres Volkes zu erleichtern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Minister hat eben, wie wir mit besonderer Genugtuung gehört haben, darauf hingewiesen, daß es der Sinn der Rentenreform von 1957 und der darauffolgenden Rentenanpassungsgesetze war, den Rentner, der aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden ist und während seiner Tätigkeit die Grundlage dafür gelegt hat, daß wir, die wir heute im Arbeitsprozeß stehen, eine vernünftige Basis für unsere Arbeit finden, von der Nähe des Fürsorgeempfängers zur Nähe des Lohnempfängers zu bringen.
    Wir verhehlen in diesem Zusammenhang gar nicht — und sind auch bereit, das in der heutigen Debatte zuzugestehen —, daß wir das, was wir 1957 erstrebt haben, daß das Renteneinkommen nämlich etwa 60 °/o des letzten Arbeitseinkommens betragen solle, nicht erreicht haben. Das hat verschiedene Gründe. Einen hat der Minister besonders genannt: daß wir, um unseren Beitrag zur Konjunkturpolitik zu leisten, eine Rentenanpassung nicht durchgeführt haben. Das hängt andererseits aber auch damit zusammen, daß die allgemeine Bemessungsgrundlage eben eine verzögerte Anpassung bewirkt und daß das sehr schnelle Wachstum sowohl unserer Volkswirtschaft wie insbesondere der Löhne und Gehälter die Distanz zwischen den Renten und den aktuellen Löhnen vergrößert hat.
    Ich möchte nicht sehr viel von dem wiederholen, was der Herr Minister hier in seiner Rede gesagt hat. Ich möchte aber, meine Damen und Herren, noch einmal darauf hinweisen, daß wir zur Rentenversicherung heute einfach deshalb ein anderes Verhältnis gewinnen müssen, weil wir in dieser Versicherungseinrichtung, als sie begründet wurde, nur 15 % der Bevölkerung gesichert hatten, während es heute rund 85 % der Bevölkerung sind. Das bedingt natürlich auch eine höhere politische Verantwortung, aber auch eine höhere wirtschaftspolitische Verantwortung und eine größere Bedeutung für die Stabilität unserer Währung.
    Wir haben bei der öffentlichen Diskussion festgestellt, daß die Rentenreform in ihren Grundzügen heute nicht mehr umstritten ist. Ich sagte vorhin, daß der Sozialbeirat in seiner Stellungnahme im Sozialbericht dieses Jahres und auch die Sozialenquetekommission diesem Gesetzentwurf praktisch die Bahn ebnen. Damit wollte ich zugleich sagen, daß sie die Grundsätze der Reform von damals völlig bejaht haben. Niemand in unserem Volke — ich glaube, auch niemand im Hohen Haus — will noch eine allgemeine Volksversorgung anstreben oder nur eine Grundsicherung. Vielmehr sind die Prinzipien der Rentenreform, nach denen eine individuelle Rente entsprechend dem persönlichen Lebensschicksal gezahlt werden soll, unumstritten.
    Nun haben wir uns heute dennoch mit den Rentenversicherungsgesetzen zu beschäftigen. Wir haben uns mit ihnen erstens von Gesetzes wegen zu beschäftigen. Der erste zehnjährige Deckungsabschnitt ist vorbei. Der Gesetzgeber von damals hat verfügt, daß nach diesen zehn Jahren neu überdacht werden muß, was denn hinterher passiert. Wir, die wir damals schon dem Hohen Hause angehörten, haben gemeint, daß wir immer in einem zehnjährigen Deckungsabschnitt die Rentenversicherungen überprüfen und die Beiträge danach festsetzen sollten. Das war in der damaligen Zeit richtig, und es zeugte von dem Verantwortungsbewußtsein des Bundestages, daß er einen solchen Deckungsabschnitt als Übergang vom Kapitaldeckungsverfahren zu einem Abschnittsdeckungsverfahren gewählt hat.
    Diese zehn Jahre aber haben uns ja einige Erfahrungen beschert, und am Ende dieses zehnjährigen Deckungsabschnittes können wir sagen, daß ein zehnjähriger Deckungsabschnitt für die Zukunft nicht gerechtfertigt ist. Er ist nicht gerechtfertigt — das hat der Herr Bundesminister schon angeführt —, weil die weitere Beibehaltung eines zehnjährigen Deckungsabschnittes insgesamt, insbesondere aber in den jetzt kommenden zehn Jahren, in denen wir den sogenannten Rentenberg -haben werden, zur Folge hätte, daß wir in den ersten Jahren dieses Deckungsabschnittes ein allzu hohes Ansammeln von Kapitalien bei den Rentenversicherungsträgern bewirken würden und im zweiten Teil dieses Dekkungsabschnittes die angesammelten Gelder wieder liquide machen müßten. Wir hätten hier von der



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    Rentenversicherung her einen recht ungünstigen Einfluß auf die Konjunkturentwicklung. Wir hätten zudem die Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber jetzt mit einer Beitragsbelastung versehen, die volkswirtschaftlich nicht nötig und für ihren eigenen Lebensstandard vielleicht doch etwas zu hoch wäre.
    Wir müssen uns zweitens aber auch deshalb noch einmal mit diesen Deckungsabschnitten beschäftigen, weil wir uns ja nicht aus der Verantwortung entlassen können, die wir dafür haben, daß die Rentenversprechen, die wir heute abgeben, morgen gehalten werden.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Wir müssen uns bei der Frage, wie wir denn die Renten sichern können, die wir heute versprechen, auch mit den Problemen der finanziellen Deckung auseinandersetzen.
    Drittens haben wir die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten zu überprüfen; denn das scheint mir besonders nachhaltig betont werden zu müssen: Die beste Sozialpolitik kann nicht bestehen, wenn ihr nicht eine stabile Volkswirtschaft die Gewähr dafür bietet, daß sie die Leistungsversprechungen auch halten kann.

    (Beifall in der Mitte.)

    Unsere Rentenversicherung, meine Damen und Herren, ist ein Ausdruck der Solidarität der heute schaffenden Generation mit der Generation, die die Grundlage für dieses Schaffen gelegt hat. Wir haben also dabei zu beachten, daß wie bisher die aus dem Arbeitsprozeß ausgeschiedenen Menschen nicht nur einmal eine bestimmte Rente festgesetzt bekommen, sondern wir müssen darauf achten, daß diejenigen, die schon aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden sind, an der Fortentwicklung der Volkswirtschaft, an der Vergrößerung des Sozialprodukts oder — anders ausgedrückt — an der Anhebung des Lebensstandards Anteil haben können. Auch dies müssen wir bei unseren Überlegungen über die Deckung berücksichtigen.
    Wir bejahen also aus diesen Überlegungen heraus die Darlegungen des Ministers und die Vorschriften des Gesetzes, daß wir die Rücklage in der sozialen Rentenversicherung anders gestalten müssen als bisher. Wir haben 1957 gesagt, daß am Ende eines Deckungsabschnittes, also nach zehn Jahren, eine Jahresausgabe vorhanden sein müsse, um etwaige Fährnisse zu überwinden. Heute sind wir zu der Erkenntnis gekommen, daß eine so hohe Rücklage nicht nötig ist. Diese hohe Rücklage würde ja z: B. nach dem nächsten zehnjährigen Deckungsabschnitt 50 Milliarden DM umfassen müssen. Eine solche Größenordnung wäre volkswirtschaftlich kaum vertretbar, und sozialpolitisch ist sie nicht nötig. Deshalb sind wir der Auffassung, daß die Rücklagevorschriften im Sinne dieses Gesetzes geändert werden können. Wir sind auch der Meinung, daß ein Entsparungsprozeß nicht stattfinden sollte. Wir sind also der Auffassung, daß die jetzt angesammelte Rücklage stabil gehalten werden soll; ob es dann wegen der Rückflüsse und sonst einiger Nuancierungen geringe Verschiebungen gibt, ist nicht so bedeutungsvoll. Prinzipiell jedenfalls wollen wir vermeiden, daß ein Anwachsen der Rücklage erfolgt. Wir sind uns aber auch bewußt, daß wir Verantwortung dafür tragen, daß nicht ein Entsparungsprozeß bei dieser Rücklage erfolgt und dann durch diesen Entsparungsprozeß volkswirtschaftlich unerwünschte Ergebnisse zustande kommen. Hier müssen wir allerdings auch bemerken, daß die Verhinderung eines Entsparungsprozesses gleichzeitig gesehen werden muß unter dem Gesichtspunkt — wir haben diese Überlegung an einer ganz anderen Stelle, nämlich anläßlich des Stabilitätsgesetzes, angestellt —, ob denn das Verhindern eines Entsparungsprozesses in Übereinstimmung mit den anderen Bestimmungen steht, gewisse liquide Mittel der Versicherungsträger bei der Bundesbank in Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren festzulegen. Wir werden gerade anläßlich dieses Gesetzes die Frage des Zusammenhangs mit der Verantwortung für die Stabilität noch einmal prüfen. Denn die Begründung für den Vorschlag des Sozialbeirats, schon am 1. Januar 1967 den Rentenversicherungsbeitrag um 1/2 O/o zu erhöhen,

    (Zuruf der Abg. Frau Kalinke)

    spricht ja nicht davon, Frau Kalinke, daß ein Entsparungsprozeß verhindert werden soll, sondern auch für die Zukunft soll das Rücklage-Soll erhöht werden. Das scheint mir aber ein wenig in Widerspruch zu den Auskünften zu stehen, die wir vorgestern im Sozialpolitischen Ausschuß bekommen haben. Danach wird es nämlich nicht eintreten, daß sich die Rücklage durch die Erhöhung des Beitrags um 1/2 % erhöht. Vielmehr haben die Sachverständigen dargetan, daß eine Erhöhung des Beitrags nötig ist, um den Entsparungsprozeß schon 1967 auszuschließen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich habe Ihnen das dargelegt, weil ich für meine Fraktion erklären will, daß wir als Sozialpolitiker uns absolut der Verantwortung bewußt sind, die wir für die Stabilität der Währung und für die Volkswirtschaft haben. Wir würden uns aber zugleich gegen die Absicht wehren, allein durch eine Anhebung .des Beitragssatzes und einen Konsumentzug nur bei den Arbeitnehmern dieses Ziel zu erreichen. Wir müssen beides, Stabilität und Beitragsbelastung, nebeneinander sehen und werden unsere Entscheidung von beidem beeinflussen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Lassen Sie mich noch ein Wort zu denjenigen sagen, die heute, wenn sie die soziale Rentenversicherung betrachten, noch immer nicht von Überlegungen loskommen, die eigentlich aus dem Kapitaldeckungsverfahren stammen. Häufig wird noch davon gesprochen, daß der eigene Beitrag sich in Rente umsetze. Nach den Rentengesetzen ist der eigene Beitrag ein Maßstab für das individuelle Arbeitsschicksal und damit ein Maßstab für die Höhe der Rente. Wenn wir in einer gesetzlichen Rentenversicherung, in der wir immer Beitragszahler kraft Gesetzes haben — was in einer privaten Altersrentenversicherung oder Lebensversicherung nicht der Fall sein kann —, das Kapitaldeckungsverfahren durchführten, würde das bedeuten, daß wir



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    eine Rücklage von 500 Milliarden DM haben müßten. 500 Milliarden DM sind, wie Sie wissen, mehr als unser gesamtes Sozialprodukt in einem Jahr. Im übrigen würden diese 500 Milliarden DM zwar monetär die Ansprüche sichern, die die Rentner haben, sie würden sie aber nicht sichern im Sinne des Anteils am Sozialprodukt, den wir den Rentnern versprochen haben.
    Der Gesetzentwurf bedeutet eine Verkürzung des Beitragsabschnitts auf ein Jahr. Nun wird man einräumen müssen, daß die Festlegung des Beitragssatzes von Jahr zu Jahr die Dispositionsmöglichkeit der Betriebe einschränken würde. Deshalb begrüßen wir auch den Vorschlag der Regierung, die Beiträge zwar in Einjahresabschnitten fest zu bestimmen, aber jeweils vier Jahre vorher festzulegen. Ferner schlägt die Regierung vor, daß die versicherungstechnische Bilanz nicht mehr wie bisher alle zwei Jahre, sondern alle vier Jahre vorgelegt wird. Dadurch wird den gesetzgebenden Körperschaften die Entscheidung darüber, wie die Beitragssätze gestuft sein müssen, erleichtert.
    Es wird den gesetzgebenden Körperschaften zudem erleichtert, darauf Rücksicht zu nehmen, daß nicht Beitragssprünge entstehen, so wie wir sie 1957 eigentlich noch erwarten mußten. Hier decken sich also die Überlegungen meiner Fraktion auch mit denen des Sozialbeirats und der Sozialenquetekommission, daß man eine Beitragsanhebung möglichst so durchführt, daß nicht Sprünge im Beitragsgefüge von Zeit zu Zeit nötig sind, sondern daß eine kontinuierliche Entwicklung bewirkt wird.
    Wir müssen bei der Höhe des Beitrags feststellen, daß wir der Bundesregierung sehr dankbar dafür sind, daß anläßlich dieses Gesetzes die Debatte über den Zuschuß des Bundes zu den Rentenversicherungen geführt wurde und eindeutig entschieden wurde. Die Bundesregierung hat mit der Vorlage dieses Gesetzes, wie wir aus den Mitteilungen darüber wissen, sich klar dazu bekannt, daß das Finanzierungssystem der Rentenversicherung beibehalten werden soll, wie es in der Vergangenheit war, nämlich daß eine Säule dieser Sicherung der Altersrenten durch einen Zuschuß aus den Mitteln des Bundes gewährleistet ist. Wir sind der Bundesregierung für dieses Bekenntnis besonders dankbar, nicht nur aus den Überlegungen, die der Herr Minister vorgetragen hat, daß wir Kriegsfolgelasten in den Rentenversicherungen zu tragen haben. Die größte Kriegsfolgelast liegt darin, daß wir Geburtenausfälle durch die beiden Weltkriege hatten, wodurch das ungünstige Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern wesentlich hervorgerufen ist, und weniger darin, daß wir eine größere Anzahl von Sterbefällen gehabt hätten. Ein weiterer Grund für dieses im Sinne der Rentenversicherung ungünstige Verhältnis ist auch die erfreuliche Tatsache, daß das Lebensalter zugenommen hat, daß die Menschen heute älter werden. Deshalb dürfen wir natürlich auch die außerhalb dieses Hauses angestellten Erwägungen nicht unbeachtet lassen, ob es denn bei dieser Entwicklung noch gerechtfertigt sei, daß eine starre Altersgrenze für immer bestehenbleibt. Der Gesetzgeber wird sich dem nicht entziehen können, auch über solche Erwägungen nachzudenken. Allerdings glaube ich nicht, daß wir es anläßlich dieses Gesetzes tun sollten, sondern das wird wohl in der breiten Diskussion über die Forschungsergebnisse der Wissenschaft und die Sozialenquete eine Rolle spielen.
    Wir müssen auch sagen, daß wir durch die Beitragsfestsetzung auf die Struktur des Kapitalmarktes einwirken. Meine Damen und Herren, die Rentenversicherungsträger haben sich — das wurde ihnen von sehr vielen Seiten immer wieder bescheinigt — in der Vergangenheit zumindest so konjunkturgerecht verhalten, wie es sonstige Kapitalsammelstellen taten. Ja, wir haben die Aussage von vorgestern noch im Ohr, mit der den Rentenversicherungsträgern bescheinigt wurde, daß sie sich außerordentlich jeweils nach den Erfordernissen des Kapitalmarkts und der Konjunkturpolitik gerichtet haben. Das führt uns dazu, auch an dieser Stelle für dieses Verhalten der Verantwortlichen in den Rentenversicherungsträgern, den Selbstverwaltungsorganen nämlich, zu danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben damit bewiesen, daß in einer gesetzlichen Versicherung, die auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift eine ganze Fülle von Beiträgen erhält, sie als demokratisch legitimierte Organe durchaus nicht übersehen haben, daß sie dieses Geld nicht nur nach ihrem Belieben zu verwalten haben, sondern daß sie eine Verantwortung für die gesamte Volkswirtschaft tragen. Wir meinen, das spricht dafür, daß wir dieses Vertrauen auch in die Zukunft haben können. Daß wir dennoch beim Stabilitätsgesetz auch Vorschriften für die Anlage bereit sind mitzubeschließen, hängt damit zusammen, daß wir auch anderen demokratischen Organen, beispielsweise den Ländern und den Gemeinden, gewisse Auflagen im Sinne der Konjunkturpolitik machen wollen.
    Wir haben also festzustellen — ich wiederhole das —, daß die Rentenversicherungsträger sich bisher konjunkturgerecht verhalten haben. Der Bundesgesetzgeber, der Deutsche Bundestag, hat festzustellen, daß die Entgegennahme von Schuldbuchforderungen diesem Bundestag den Ausgleich des Haushalts schon mehrfach erheblich erleichtert hat. Am Anfang, als die Schuldbuchforderungen zum erstenmal ausgestellt wurden, haben wir gesagt, das solle nur für ein Jahr sein; dann waren es zwei Jahre; es blieb aber insoweit für ein Jahr, als die Bedingungen für die Schuldbuchforderungen auferlegt wurden. Seit diese Bedingungen mit den Rentenversicherungsträgern ausgehandelt werden, ist es unserer Meinung nach gerechtfertigt, diese Schuldbuchforderungen an sie auszugeben, weil damit nämlich eine marktgerechte Verzinsung für die Rentenversicherungsträger gesichert ist und die Verfügungsmöglichkeit über die Mittel gewährleistet ist.
    Die Auseinandersetzung um die Rentenversicherung kann jeweils auch nicht daran vorbeigehen, daß die günstige Entwicklung von 1957 bis heute u. a. auch darauf zurückzuführen ist, daß wir eine große Zahl von Gastarbeitern in Deutschland haben.



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    Es ist sicherlich nicht verkehrt, wenn vor diesem Hohen Hause auch einmal festgestellt wird, daß das Beitragsaufkommen der Gastarbeiter 1,3 Milliarden, die heutige Belastung durch Renten jedoch nur 150 Millionen im Jahr beträgt. Selbstverständlich kann jemand, der die Rentenversicherung kennt, Ihnen nicht vorreden, daß dieses Verhältnis für alle Zukunft so bleibt. Selbstverständlich entstehen aus diesen 1,3 Milliarden, die wir jetzt an Beiträgen einnehmen, später auch Belastungen. Aber wenn im Jahre 1975 auf 1000 Beitragszahler 480 Rentenempfänger kommen, müssen wir überlegen, wie die deutsche Volkswirtschaft dieses Verhältnis verändern kann. Es verändert sich nämlich dann, wenn eine höhere Zahl von Arbeitsplätzen da ist. In diesem Zusammenhang ist gar nicht wichtig, ob der Altersaufbau unseres Volkes ungünstig ist, sondern allein maßgebend für die Überlegungen in der Rentenversicherung ist das Verhältnis der Beitragszahler zu den Rentenempfängern, und zwar — das möchte ich dazu sagen — natürlich völlig ohne Rücksicht darauf, welche Staatsangehörigkeit sowohl die Rentenempfänger wie die Beitragszahler besitzen. Wir haben das auch bei unseren Überlegungen mit zu berücksichtigen und haben Folgerungen daran zu knüpfen. In der öffentlichen Diskussion sagen wir immer wieder — Minister Katzer hat es gesagt, ich habe es an mehreren Stellen auch schon gesagt —, daß wir bei dieser in die Zukunft gerichteten Schau auch für die Grundlegung unserer Rentenversicherung eine weitschauende Familienpolitik und eine weitschauende Mobilitätspolitik für die Arbeitnehmer brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn wir können den Rentenberg nicht bewältigen, wenn wir nicht durch eine höhere Ausbildung und Bildung unserer Bevölkerung und der in Großfamilien heranwachsenden Kinder dafür sorgen, daß wir mit weniger Arbeitskräften durch die Handhabung mehr technisierter Arbeitsmittel ein höheres Sozialprodukt herstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    So ist es also das Bestreben meiner Fraktion, im AVAVG eine Änderung zu erreichen, um die Mobilität der Arbeitskräfte zu sichern oder mit der Automation fertig zu werden. Daneben steht das Bestreben, auch in der Familienpolitik mehr dafür zu tun, daß die Kinder aus großen Familien in höhere Ausbildungszweige kommen. So ist es, von daher gesehen, ein Erfordernis der Solidarität der Generationen, untereinander die Grundlage dafür heute zu geben und damit also in diesem Sinne eine Sozialinvestition von höchster Bedeutung heute schon zu leisten.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich damit zum Schluß kommen. Wir haben hier ein wichtiges Gesetz vor uns liegen. Dieses Gesetz besagt, daß wir 1957 mit der Einführung der Rentenreform und der Deutlichmachung der Solidarität der Generationen ein gutes Gesetz geschaffen haben. Wir wissen, daß dieses Gesetz, das sich in zehn Jahren bewährt hat, heute aus den von mir angeführten Gründen geändert werden muß. Die CDU/CSU-Fraktion wird sich von niemandem darin übertreffen lassen, alles dafür zu tun, daß die Rentenversprechen von heute morgen erfüllt werden. Sie wird dabei nicht außer acht lassen, daß dazu eine gesunde Volkswirtschaft, stabiles Geld und soziales Rechtsempfinden gehören.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)