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ID0505716300

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    Deutscher Bundestag 57. Sitzung Bonn, den 21. September 1966 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen V/921, V/919) Fragen des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) und Abg. Dr. Kreutzmann: Betriebseinstellung auf Bundesbahnstrecken im Zonenrandgebiet Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2798 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 2798 D Dr. Kreutzmann (SPD-Gast) . . . . 2800 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) . 2800 B Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 2800 D Börner (SPD) 2800 D Frage des Abg. Dröscher: Suche nach neuen Uranerzlagern Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 2801 B Dröscher (SPD) 2801 B Fragen des Abg. Lemper: Entwicklung im rheinischen Braunkohlenrevier Dr. Langer, Staatssekretär . . . 2802 A Lemper (SPD) 2802 A Fragen des Abg. Mattick: Bekanntgabe von Bemühungen der Interzonentreuhandstelle betr. den Berlin-Verkehr Dr. Langer, Staatssekretär . . . 2803 B Mattick (SPD) 2803 C Borm (FDP) 2804 A Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Einfuhr von Granit aus Portugal Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 2804 B Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 2804 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2804 D Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Rechtsstellung der bei den alliierten Stationierungsstreitkräften beschäftigten Personen 2805 B Fragen des Abg. Müller (Berlin) : Erklärungen der polnischen Exdiplomaten Tykocinski — Entscheidung wesentlicher Berlin-Fragen durch die Sowjetunion Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2805 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Gegenseitigkeit beim Verzicht auf den Visumzwang und bei der Gebührenfreiheit für Besuchsvisen 2805 D Fragen des Abg. Kubitza: Anschläge von Exilorganisationen auf Vertreter Jugoslawiens in Deutschland Lücke, Bundesminister 2806 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 2806 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 2807 A Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Öffnung der Grenze zur CSSR bei Bayerisch Eisenstein Lücke, Bundesminister 2807 B Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Benachteiligung der ehemaligen Berufsunteroffiziere Lücke, Bundesminister 2807 B Frage des Abg. Wagner: Mittel des Bundes für kommunale Vorhaben — Änderung der Bewilligungsbestimmungen Grund, Staatssekretär 2808 A Fragen des Abg. Dröscher: Verlegung des US-Kurierflugplatzes in Bad Kreuznach Grund, Staatssekretär 2808 C Dröscher (SPD) 2808 D Fragen der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Rücklagenbildung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 2809 B Frage der Abg. Frau Eilers: Bekanntgabe des Ergebnisses der Frauenenquete von Hase, Staatssekretär 2809 C Frau Eilers (SPD) 2810 A Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Antrag betr. Bericht über die Vorgänge im Bundesverteidigungsministerium (SPD) (Drucksache V/914) Dr. Erhard, Bundeskanzler . . . . 2810 C von Hassel, Bundesminister 2812 A, 2833 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 2819 B Strauß (CDU/CSU) 2833 B Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 2847 B Wehner (SPD) . . . . . . . 2852 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 2855 B Genscher (FDP) 2859 C Dr. Schäfer (SPD) 2861 B Antrag betr. Ersuchen an den Bundeskanzler auf Entlassung des Bundesverteidigungsministers Kai-Uwe von Hassel (SPD) (Drucksache V/915) 2861 C Nächste Sitzung 2863 D Anlagen 2865 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. September 1966 2797 57. Sitzung Bonn, den 21. September 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 56. Sitzung, Seite 2717 A, Zeile 3 statt Wehrdienstgesetzes: Wehrdienstrechts; Seite 2763 B, Zeile 14 statt wenn ich es für richtig halte: wenn ich es nicht für richtig halte; Seite 2787 B, Zeile 21 statt Instrumentarismus: Instrumentariums. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Abelein 4. 10. Dr. Adenauer 5. 10. Dr. Althammer 23. 9. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 23. 9. Berendsen 24. 9. Blachstein 10. 10. Blumenfeld 23. 9. Frau Brauksiepe 30. 9. Busse (Herford) 26. 9. Dr. Dittrich *) 24. 9. Eisenmann 24. 9. Frau Dr. Elsner *) 22. 9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30. 9. Ertl 23. 9. Fellermaier 23. 9. Franke (Hannover) 21. 9. Frehsee 30. 9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Götz 26. 9. Graaff 22. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Dr. Huys 5. 10. Iven 26. 9. Dr. Jaeger 23. 9. Dr. h. c. Jaksch 22. 9. Dr. Jungmann 24. 9. Kahn-Ackermann 6. 10. Dr. Kempfler 23. 9. Frau Klee 23. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Krammig 23. 9. Dr. Kübler 30. 9. Lenz (Trassingen) 30. 9. Logemann 21. 9. Dr. Löhr *) 24. 9. Dr. Martin 6. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Michels 30. 9. Dr. Müller (München) 23. 9. Dr. Müller-Hermann 23. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Raffert 6. 10. Rehs 21. 9. Rock 2. 10. Saam 7. 10. Sander 23. 9. Dr. Schulz (Berlin) 21. 9. Dr. Süsterhenn 23. 9. Steinhoff 25. 9. Stingl 25. 9. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter(r) beurlaubt bis einschließlich Unertl 23. 9. Dr. Verbeek 23. 9. Weimer 5. 10. Windelen 23. 9. Dr. Wörner 30. 9. Zerbe 23. 9. Dr. Zimmermann 23. 9. b) Urlaubsanträge Dr. Artzinger 5. 10. Berlin 20. 10. Schlee 5. 10. Wächter 8. 10. Baron von Wrangel 15. 10. Anlage 2 Umdruck 91 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Erklärung der Bundesregierung vom 21. September 1966 Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die seit längerer Zeit im Bundesministerium der Verteidigung sichtbar gewordenen Schwierigkeiten haben sich durch die Vorgänge der letzten Wochen zu einer Führungskrise der Bundeswehr ausgeweitet. Für die gesamte Öffentlichkeit ist klar geworden, daß Herr von Hassel als Bundesminister der Verteidigung und damit als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt den schwierigen Aufgaben der Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung und der Führung der Bundeswehr nicht gewachsen ist. Die bereits jetzt erkennbaren Auswirkungen dieser noch keineswegs überwundenen Führungskrise auf die Bundeswehr erlauben kein weiteres Verschleppen der dringend notwendigen personellen Entscheidung, unverzüglich einen neuen Verteidigungsminister zu berufen. 2. Das im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte parlamentarische System legt dem Deutschen Bundestag die Verpflichtung auf, den Bundeskanzler, die Bundesregierung als Ganzes und die Minister in der Erfüllung der ihnen aufgetragenen Verantwortung für ihre Ressorts zu kontrollieren. Diese Kontrollaufgabe erstreckt sich ebenso auf die Ministerien und die nachgeordneten Behörden. Der Deutsche Bundestag wird sich bei der Ausübung seiner Kontrollbefugnisse über die Exekutive, ohne Ansehen der Person, weder gegenüber den Staatsdienern in Uniform noch gegenüber denen in Zivil zu irgendwelcher Parteilichkeit verleiten lassen. 3. Der Deutsche Bundestag spricht erneut den Angehörigen der Bundeswehr, gleichgültig an welcher Stelle sie stehen, Soldaten, Beamten, Ange- 2866 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. September 1966 stellten und Arbeitern sein Vertrauen aus, dankt ihnen für ihre Pflichterfüllung und für ihre unter schwierigen Verhältnissen vollbrachten Leistungen. Der Deutsche Bundestag ist gewiß, daß die Bundeswehr — Truppe und Verwaltung, Stäbe und Ministerium — weiterhin in Treue und Gehorsam gegenüber Staat und Grundgesetz, die ihr vom Bundestag und Bundesregierung gestellten Aufgaben erfüllen wird, unbeschadet der Konsequenz, die Bundestag und Bundeskanzler aus den Vorgängen der letzten Wochen im Bundesministerium der Verteidigung ziehen müssen. Bonn, den 21. September 1966 Erler und Fraktion Anlage 3 Umdruck 92 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 21. September 1966. Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag dankt den Angehörigen der Bundeswehr, an welcher Stelle sie immer stehen — Soldaten, Beamten, Angestellten und Arbeitern —, für ihre Leistung, die sie in den zehn Jahren des Aufbaues vollbracht haben. Die Bundeswehr hat ihren staatspolitischen Auftrag verfassungsgetreu und zielstrebig erfüllt, ohne sich durch Mißtrauen und Schwierigkeiten vielfältiger Art beirren zu lassen. Das verdient uneingeschränkte Anerkennung. Der Deutsche Bundestag ist überzeugt, daß sie auch weiterhin im Dienste an Volk und Staat ihr bestes leisten wird. Bonn, den 21. September 1966 Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Wir sind mit dem Zeitplan ein wenig durcheinandergekommen. Ich schlage vor, daß wir nunmehr abbrechen, die Mittagspause bis 14.30 Uhr machen und dann mit der Worterteilung an den Herrn Abgeordneten Strauß fortfahren.
    Die Sitzung ist unterbrochen.

    (Unterbrechung der Sitzung von 12.25 Uhr bis 14.31 Uhr.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir fahren in der Debatte über Punkt 2 a und b fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Strauß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Rede des Kollegen Helmut Schmidt konnte man sich mit Recht die schon vorher im Zusammenhang mit Geschäftsordnungsfragen gestellte Frage noch einmal stellen, ob es wirklich richtig und zweckmäßig war, vor dem Abschluß der Ausschußberatungen diese Debatte sozusagen zu erzwingen und jetzt durchzuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich vertrete damit nicht die Auffassung, daß etwa eine Reihe von Vorgängen, die breiteste Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit des Inlandes und Auslandes gefunden haben, nur hinter den verschlossenen Türen einer Ausschußsitzung behandelt werden kann. Ein solcher Vorgang muß vor das berufene Forum, in diesem Falle vor den Deutschen Bundestag. Aber gerade die Darstellung des Berichts von General Panitzki und widersprechende Darstellungen von anderer Seite haben nach meinen Informationen aus dem Ausschuß zu dem Antrag geführt, dem auch die SPD zugestimmt hat, die hier aufgetretenen Widersprüche zu klären und dann in dem Ausschußbericht ein Gesamtergebnis zu bieten. Ich mache darauf deshalb aufmerksam, weil eine sozusagen auf halbem Wege gegebene Darstellung, die sicherlich große Verbreitung und Publizität findet, erst die Hälfte sein kann und ein abschließendes, abgewogenes Ergebnis erst nach Abschluß der Ausschußberatungen möglich ist. Ich hoffe — und das wünschen wir alle, glaube ich —, daß dann jedes Mitglied des Hauses und die Öffentlichkeit einen zusammenfassenden Bericht erhält.
    Her Kollege Schmidt hat heute hier eine Rede gehalten, von der ich nicht sagen will, daß sie etwa zu rein taktischen Zwecken gehalten worden ist. Ich weiß, daß bei ihm sicherlich auch sehr stark ein militärisches Herz schlägt; ob bei allen Ihren Fraktionsmitgliedern in der Opposition genauso ein militärisches Herz schlägt, ist eine andere Frage.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dabei möchte ich nicht etwa die Phonstärke des Beifalls hier in diesem Hause als zuverlässiges Kriterium zu Ihren Gunsten nehmen.

    (Abg. Eschmann: Geben Sie eine Garantie für Ihre eigene Partei?)

    — Ich komme darauf schon noch zu sprechen.
    Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Herr Kollege Schmidt hier in dem Bewußtsein, daß der größte Teil der Bundeswehr heute eine besondere Stunde staatspolitischen Unterrichts nimmt und diese Debatte verfolgt, seiner Rede gerade hinsichtlich bestimmter kritischer Punkte — Soldaten und Beamte — besondere Lichter aufgesetzt hat. Wenn Herr Kollege Schmidt sich hier mit besonderer Wärme der Truppe angenommen hat — und ich sage hier, daß bei ihm objektive Aussage und subjektive Überzeugung sicherlich übereinstimmen —, dann hat er sicher auch für diejenigen gesprochen, die hier ein gewisses Nachholbedürfnis haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Schmidt hat mit Recht festgestellt, daß zwischen den Generalen und der SPD nicht in allen Punkten Übereinstimmung besteht. Erlauben Sie mir, meine Befriedigung darüber auszudrücken,



    Strauß
    daß jetzt wenigstens in einigen Punkten Übereinstimmung besteht.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Aber ich muß hier etwas richtigstellen, Herr Kollege Schmidt. Sie haben von einem „Papier", von einer Untersuchung des Wehrpolitischen Arbeitskreises der CSU gesprochen, und Sie haben meinen Zwischenruf bestätigt, daß dieses Memorandum oder diese Studie in der „Süddeutschen Zeitung" veröffentlicht worden ist. Was ich hier sage, ist nur die Wiedergabe einer inzwischen, kurz nach der Veröffentlichung, von uns bekanntgegebenen Tatsache, mit der ich mich von dem Inhalt dieser Studie im ganzen nicht etwa distanzieren möchte, mit der ich ,aber einfach die Dinge richtigstellen will.
    Diese Studie ist verfaßt von dem stellvertretenden Leiter des Wehrpolitischen Arbeitskreises der CSU, einem aktiven Oberst, genauso wie höhere Offiziere auch in Ihren Reihen mitarbeiten. Sie ist seine persönliche Arbeit. Sie ist nicht vom Wehrpolitischen Arbeitskreis der CSU, weder von seinem ersten Vorsitzenden noch vom Landesvorsitzenden der CSU oder vom Arbeitskreis der CSU jemals behandelt worden. Sie ist seine Arbeit, drückt seine Überzeugung aus. Man soll vor dieser Überzeugung den Respekt haben wie vor jeder Überzeugung. Aber ich habe selbstverständlich nie daran gedacht, diese Studie, so wie Sie es heute hier getan haben, zu einem „Papier der CSU" zu erheben. Stellen Sie sich einmal vor, daß alles, was dieses oder jenes Mitglied aus Ihren Reihen jemals veröffentlicht hat, als offizielles Papier der SPD gewertet werden würde!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie würden sich das mit Recht verbitten. Ich rede gar nicht so hart und scharf. Ich sage nur, Sie haben die Dinge insofern nicht richtig dargestellt.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Es stand in der Zeitung!)

    — In der „Süddeutschen Zeitung". Wir haben anschließend, am nächsten Tag, in einer öffentlichen Erklärung das bekanntgegeben, was ich jetzt hier etwas ausführlicher dargestellt habe. Wenn dem so wäre, daß es vom Arbeitskreis verabschiedet worden wäre, würde ich es hier auch sagen, allerdings mich in einigen Punkten von diesem Papier distanzieren. Das will ich jetzt auch an Hand eines ganz konkreten Beispiels tun, nämlich an Hand dieser etwas eigenartigen Feststellung: Die Bundeswehr ist keine CDU-Armee mehr. Sie haben daraufhin angefügt, die Denkweise, die Bundeswehr müsse eine CDU-Armee sein — — Ich war leider in meinem Leben noch nie Mitglied der CDU.

    (Heiterkeit.)

    Der Gedanke, die Bundeswehr müsse eine CDU-Armee sein, würde von mir genauso wie von Ihnen zurückgewiesen werden, müßte zurückgewiesen werden. Denn die Bundeswehr kann weder eine CDU- noch eine CSU- noch eine SPD- noch eine FDP-Armee sein. Sonst wäre sie von vornherein schon in
    der ganzen Orientierung und ihrer Aufstellung fehl am Platz.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ohne zu wissen, daß eine wehrpolitische Debatte kommen würde, ohne zu wissen, daß ich die Aufgabe haben würde, in dieser Debatte zu sprechen, habe ich vor etwa drei Wochen in einer größeren ausländischen Massenzeitung — „Blick", Schweiz — ein Interview gegeben, das zu meiner großen Überraschung in vollem Umfange in drei aufeinanderfolgenden Ausgaben abgedruckt wurde. Darin habe ich eine Frage beantwortet; ich komme deshalb darauf zu sprechen, weil diese Frage genau auf das eingeht, was Sie, Herr Kollege Schmidt, heute morgen hier dargestellt haben. Mir ist nämlich die Frage gestellt worden, ob ich es nicht für bedenklich hielte — so der Schweizer Interviewer —, daß der neuernannte Generalinspekteur de Maiziere offensichtlich eine sehr SPD-freundliche Einstellung habe. Ich habe daraufhin wörtlich folgendes erwidert:
    Ich glaube nicht, daß man von einem Berufsoffizier von der Art des Generals de Maizière sagen kann, er sei SPD-, CDU- oder FDP-freundlich. Ich habe mich eigentlich gar nie darum gekümmert, was die Generäle wählen; es ist auch ihr gutes Recht, das Wahlgeheimnis für sich in Anspruch zu nehmen.
    Ich habe weiter gesagt:
    De Maizière ist ein Mann mit einer sehr gründlichen Allgemeinbildung, ein Mann mit einem hohen geistigen Niveau, ein Mann mit einem umfassenden militärischen Wissen, ein Mann von hohen Qualitäten, er gehört zur Gruppe der Reformer. Und eines begrüße ich, auch wenn ich auf der anderen Seite, auf seiten der Regierungsmehrheit gegenüber der Opposition stehe: daß heute zwischen Sozialdemokratie und Bundeswehr nicht mehr das Verhältnis besteht, wie es zwischen Armee und Sozialdemokratie vor dem ersten Weltkrieg der Fall war oder zum Teil leider auch zwischen Reichswehr. und Sozialdemokratie in der Zeit der Weimarer Republik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn de Maizière die SPD als eine demokratische, koalitionsfähige Partei betrachtet und in diesem Sinne sich auch objektiv korrekt und unparteiisch gegenüber der SPD verhält, ist das vom Staatsinteresse, von der Staatsräson aus nur zu begrüßen.
    Dann habe ich gesagt:
    Meine Ansicht geht nicht dahin, daß wir Generäle haben sollten, die Sozialistenfresser sind. Soweit Sozialisten eine Politik betreiben, die mit der Sicherheit des Landes nicht vereinbar ist, wie es damals im großen Kampf der fünfziger Jahre der Fall war — das war meine Meinung, ist es auch heute —, müssen wir politisch dagegen kämpfen. Ich hätte niemals Verständnis gehabt, wenn ein Bundeswehrgeneral damals für die Politik der SPD eingetreten wäre zur gleichen Zeit, wo die SPD



    Strauß
    die Entstehung der Bundeswehr bekämpft hat.
    Das wäre eine Unmöglichkeit in sich gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU:)

    Ich habe abgeschlossen mit folgender Bemerkung:
    Auch die SPD ist eine starke, die andere große Partei. Es dienen unzählige Wähler der SPD in der Bundeswehr als Freiwillige, in der Hauptsache als Wehrpflichtige. Gerade bei einer modernen technisierten Armee, die mehr denn je den Arbeiter und Facharbeiter braucht, nicht irgendeinen sturen Kommißkopf, wäre eine a priori gegebene SPD-Abneigung des Offizierskorps — was nicht heißt, daß es so oder so zu wählen hat —, ein grundsätzliches Ressentiment gegen die demokratischen Sozialisten eine Belastung für die Armee.
    So vor einer Reihe von Wochen gesprochen, ohne jeden Zusammenhang mit dieser Debatte, nur um darzustellen, daß die Auffassung eines Mitarbeiters von uns, der höherer aktiver Offizier der Bundeswehr ist und der dieses Wort von der „CDU- oder Nicht-CDU-Armee" gebraucht hat, von uns aus den übergeordneten Gesichtspunkten, die auch aus diesen Zeilen sprechen, nicht geteilt wird. Ich wollte das hier nur ausdrücklich richtiggestellt haben, ohne damit eine scharfe Note etwa in die Debatte hineinzubringen.
    Erlauben Sie mir, bevor ich auf einige andere Punkte eingehe, noch drei Worte von Ihnen aufzugreifen, die mir innerlich gegen den Strich gegangen sind. Nicht deshalb, weil ich persönlich davon betroffen oder noch betroffen bin; aber ich glaube, man sollte im Zusammenhang mit falscher oder richtiger Organisation, im Zusammenhang mit den heute gestellten Themen nicht wieder das Iller-Unglück erwähnen. Unglücke dieser Art sind auch bei der bestorganisierten Armee — siehe früher die Reichswehr, das große Fährunglück, siehe in der amerikanischen Armee, siehe anderswo -
    leider immer wieder eine Unvermeidbarkeit; eine Unvermeidbarkeit, die sicherlich zum Teil auf diesem oder jenem menschlichen Fehler beruht. Aber auch die großen Eisenbahn-, Flugzeug- oder Omnibusunglücke beruhen ja immer wieder auch auf menschlichen Fehlern. Man versucht sie zu bekämpfen, einzudämmen, unmöglich zu machen, aber eine absolute Maßnahme dagegen gibt es nicht. Aber diese Schatten zu beschwören, sollte in dieser Debatte nicht angewandt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das zweite, was ich in diesem Zusammenhang erwähne — das ist nur der polemische Teil meiner Rede, er ist sehr vorsichtig formuliert —, ist Ihre etwas eigenartige Darstellung der Schuldverhältnisse im Zusammenhang mit Vorkommnissen wie Nagold. Sie sagen, Schuld habe nicht der Kompaniechef, nicht der Bataillonskommandeur, und dann kommt der Sprung nach oben: nein, die Schuld liegt ganz oben — in diesem Falle müßte sie dann wohl bei Minister von Hassel, Staatssekretär Gumbel, dem damaligen Generalinspekteur oder dem damaligen Heeresinspekteur liegen —, und zwar deshalb,
    weil — ich komme auf das Thema heute noch zu sprechen — die Bundeswehr überfordert war und als Ergebnis einer politisch falschen Zielsetzung und damit einer ambitiösen militärischen Planung solche Zwischenfälle wie Nagold gewissermaßen unvermeidlich waren, die keiner in diesem Hause in Schutz nimmt und deren Untersuchung und disziplinarische oder strafrechtliche Verfolgung absolut notwendig war. Wenn Sie dann noch sagen, Herr Kollege Schmidt, daß wir zu junge Kompaniechefs hätten — nun, wir haben lange Zeit zu alte gehabt, und wir haben heute Kompaniechefs in einem durchschnittlich dem Ausland vergleichbaren Alter. Ich glaube, Sie waren im zweiten Weltkrieg auch Öffizier. Wenn man Ihnen damals gesagt hätte, Sie seien zu jung, um die Verantwortung zu übernehmen, dann hätten Sie mit Recht gerade wegen Ihrer unbestreitbaren Fähigkeiten das als ein sehr überhebliches Urteil eines Älteren über einen sehr jungen Offizier empfunden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nein, Nagold war ein Zusammentreffen erstens bestimmter menschlicher Instinkte, zweitens mangelnder Dienstaufsicht und drittens eines falsch verstandenen Sonderkorpsgeistes bestimmter Einheiten. Diese drei Dinge zusammengenommen haben in unglückseliger Verkettung diese Zwischenfälle ergeben. Ich werde in anderem Zusammenhang aber auf Zwischenfälle und ihre Verallgemeinerung noch zu sprechen kommen.
    Und sicherlich nicht nur für die Anwesenden hier, auch die anwesenden Männer, die Sie heute genannt haben, sondern auch für die Männer, die heute in Uniform oder in Zivil uns zuhören oder zuschauen, war ihre Bemerkung bestimmt, daß zu der gleichen Zeit, als Frau Kalinke mit ihrer sehr wohlklingenden hellen Stimme hier ihre Zwischenrufe machte, Sie als treuer Soldat in der Bundeswehr Ihre Reserveübung abgeleistet hätten. Ich freue mich darüber, daß Sie es getan haben, daß Sie die Zeit dafür aufgebracht haben. Eigentlich müßte ich mich tadeln. Ich hätte es eigentlich nach meinem Ausscheiden als Minister auch tun sollen; aber ich habe die Zeit dafür nicht aufgebracht. Es wäre einmal durchaus interessant gewesen. Aber Ihre Berufung auf Ihre Reserveübung scheint mir ein bißchen Kompensationsprogramm zu Reserveübungen mancher Ihrer Freunde zu sein — wenn ich an die Namen Iven, Kaffka oder Menzel von früher denke.

    (Sehr gut! und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn da sind „Reserveübungen" in allen möglichen Organisationen — am Rande der Ostermaschierer, „Kampf dem Atomtod", „Jahrgang 22" — geleistet worden. Darum ist es ganz gut, daß auch Ihre Reserveübung heute hier zitiert worden ist, damit das ausgewogene Bild der wehrfreudigen SPD

    (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    nicht darunter leidet.
    Nehmen Sie mir auch ein weiteres offenes Wort nicht übel: Ich nenne jetzt keinen Namen; aber Sie wissen, was ich meine. Ich bin nicht davon über-



    Strauß
    zeugt, daß alle Kriegsorden, vor allem auch alle hohen Kriegsorden etwa nur die Belohnung für besondere persönliche Tapferkeit waren. In den meisten Fällen ja. Es gab auch Fälle, wo sie für Führungsleistungen gegeben wurden. Es gab auch Fälle — ich habe sie im Felde kennnengelernt —, wo sie mit dem Blut der Untergebenen bezahlt oder erworben wurden. Aber tun Sie das Ihre — ich möchte das in dieser Debatte, nachdem es ja Gegenstand öffentlicher Darstellung geworden ist, doch sagen, aber nicht etwa in gehässiger Form vorbringen —, daß die Darbietung von hohen Orden, getragen von jungen Leuten prominenter Politiker, und das in dem Falle in Danzig bei der Verfilmung eines Stückes von Günter Graß, entweder überhaupt nicht erfolgt oder nicht veröffentlicht wird. Sie wissen, was ich meine.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wie Herr Kollege Schmidt heute mit Recht festgestellt hat, heißt das Thema ja nicht nur: Vorgänge innerhalb des Verteidigungsministeriums. Die Dinge haben einen größeren Rahmen angenommen, sie heißen „Krise in der Bundeswehr". Ob das Wort Krise in dem Zusammenhang berechtigt oder nicht berechtigt ist, spielt gegenüber dem Umfang, den Optik und Akustik angenommen haben, fast keine Rolle mehr. Wir haben etwas Ähnliches neulich schon im Zusammenhang mit der Wirtschaftsdebatte gehabt: Es kann glaubhaft das Wort Krise umgehen, ohne daß in der Substanz dafür ein echter Ansatz da ist. Es können oft große Krisen ablaufen, ohne daß sie einer Minderheit auch nur zum Bewußtsein kommen.
    Aber — und ich beziehe mich hier auf eine dpa-Meldung —:
    Die Krise in der Führungsspitze der Bundeswehr war in den letzten Wochen für 60 % der Bevölkerung das wichtigste Ereignis in der Bundesrepublik. Von den Auseinandersetzungen haben, wie eine Repräsentativerhebung des Instituts für angewandte Sozialwissenschaften — IFAS — in Bad Godesberg ergab, 88 % gehört. Konkret werden darunter StarfighterAffaire, Rücktritt der Generäle Panitzki und Trettner und die Kontroverse über den Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel verstanden.
    Dann kommen weitere Wertungen. — Wir müssen also davon ausgehen, daß das eine „cause celèbre" ist, eine Angelegenheit, die im Inland wie im Ausland tiefe Wurzeln geschlagen hat.
    Um so angenehmer schien mir eine Stimme zu sein, die Stimme eines Mannes, der in hoher diplomatischer Position das deutsche Volk in seinen guten, in seinen arroganten, in seinen verzweifelten, in seinen schlechten und auch wieder in seinen besseren Tagen kennengelernt hat, nämlich die Stimme von André François-Poncet im „Figaro" vor einigen Tagen unter der Überschrift „Die Affäre der Generale". Er schreibt dort:
    Es ist Minister von Hassel, der sich hier
    — ich sage das bewußt, um wörtlich zu zitieren und nichts auszulassen —
    am wenigsten gut aus der Angelegenheit herausgezogen hat. Es ist nach ihm Kanzler Erhard, der in seiner Autorität und seinem bereits schwankenden Prestige getroffen wurde. Das Ende der Affäre ist noch nicht abzusehen. Auf alle Fälle wird der Zwischenfall nicht die Aufgabe der Prinzips der Vormachtstellung der zivilen Gewalt zur Folge haben. Das ist für die Bundesrepublik ein Dogma, an dem sie entschlossen festhält. Es ist nicht weniger wahr, daß im Anschluß an die Demission der Generäle die Dringlichkeit und Unerläßlichkeit der militärischen Reform der Bonner Republik klar wurde. Es ist auch klar, daß- die Mehrheit der Parlamentarier die Erneuerer — Offiziere wie de Maizière, Baudissin, Kielmannsegg — billigten. Die Episode läßt nicht den Schluß zu, daß der Wert der Bundeswehr geschwächt wurde. Trotz der Meinungsverschiedenheiten, die im Offizierskorps auftreten können, bleibt sie weiterhin ein Werkzeug ersten Ranges. Mit Ausnahme Sowjetrußlands ist sie die stärkste und solideste Armee Europas. Um zu einer gerechten Einschätzung der Affäre der Generale zu verhelfen, kann es nützlich sein, daran zu erinnern, daß in Frankreich die Dritte Republik Schwierigkeiten der gleichen Art gekannt hat.
    Ich zitiere das nicht aus irgendeinem Grunde, sondern um hier wieder die richtige Dimension herzustellen, daß nämlich in einem Land, wie z. B. Frankreich, dessen demokratische Substanz schon von der Struktur und von der Bevölkerung her niemand bestreiten wird, die Frage des Konflikts zwischen politischer Gewalt und militärischer Gewalt damals, bei der Regierungsübernahme de Gaulles, und später bei der Revolte gegen de Gaulle ganz andere Dimensionen hatte als etwa das, was hier zur Diskussion seht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist nicht meine Absicht — ,das ist das gute Recht der Opposition —, nach Schuldigen zu fragen, in tiefgründige Untersuchungen einzutreten: Minister, Staatssekretär, Generale, Beamte usw. Aber Kollege Schmidt hat recht, wenn er heute sagte, man müsse die Dinge im Zusammenhang darstellen und dürfe nicht nur punktuell ein Problem herausgreifen. Man muß sie sowohl im zeitlichen wie im sachlichen Zusammenhang darstellen, und hier ist es gut, wenn in Zukunft vermieden wird — das gilt auch für das Echo auf Ausschußberatungen —, daß die Wiedergabe unerfreulicher Szenen der Öffentlichkeit in größter Länge und Breite dargestellt und damit eine sozusagen potenzierte Wirkung hervorgerufen wird. Es ist nicht gut, wenn die Bundeswehr oder — man kann es allgemein für jeden Staat sagen — wenn die Armee im Mittelpunkt kontroverser Debatten steht. Es ist nicht gut, wenn Parteien etwa gegen die Bundeswehr auftreten. Es wäre auch nicht gut, wenn Parteien, sei



    Strauß
    es aus diesem oder jenem Grund, zu Füßen der Bundeswehr lägen. Beides wäre gleich falsch.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die große Aufmerksamkeit aber, die diese Angelegenheit gefunden hat, und zwar im Inland wie im Ausland, beweist doch folgendes: einmal, daß in unserem Volk ein starkes Bedürfnis nicht nur nach wirtschaftlich-sozialer Sicherung, sondern auch nach außenpolitisch-militärischer Sicherheit besteht, daß beide Dinge eng zusammenhängen. Damit ist auch im Ausland — ich weiß es konkret aus den Vereinigten Staaten von Amerika die Frage nach dem Wert oder Unwert der Bundeswehr im Bündnis aufgeworfen worden. Das hat der Kollege Schmidt, glaube ich, ebenfalls angesprochen. Dabei billige ich dem Redner der Opposition hier einen größeren Bonus zu, als ein Redner der Regierung mit gelegentlich oppositionellen Instinkten für sich in Anspruch nehmen kann. Ich bedauere es, wenn Sie sagen, daß an der Spitze Schwäche oder Unzulänglichkeit und Fehlorganisation herrschten. „Der Kopf ist an allem schuld", hieß es heute etwa. Das sei der Grund, warum vom Starfighter bis zu den wollenen Decken alles nicht funktionieren könne. Und dann heißt es „Die Flugzeuge fallen herunter, die Schiffe gehen unter, und die Autos können weder herunterfallen noch untergehen, darum bleiben sie noch am Boden stehen." — Das ist nicht die Wiedergabe der Wirklichkeit in der Bundeswehr.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Damit ist auch ein Komplex angeschnitten. Ich habe vorher Quellen der USA erwähnt, die ich nicht namentlich nennen kann. Sie haben auch keine offenen Leserbriefe geschrieben, sonst würde ich sie erwähnen. Jene Quellen sagen: Es darf in der Bundesrepublik nicht so weitergehen, daß die öffentliche Erörterung zwischen Regierung und Opposition um die Bundeswehr herum allmählich auch Gesamtinteressen des Bündnisses berührt, weil nämlich die Bundeswehr eben doch einer der militärischen Eckpfeiler im europäischen Teil des atlantischen Gefüge s ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist einfach nicht wahr, Herr Kollege Schmidt, wenn Sie sagen, daß bei uns — Sie haben es nicht in bezug auf Luftwaffe und Marine gesagt, sondern in bezug auch auf die technische Ausstattung des Heeres — eben alles unendlich schlechter sei als in vergleichbaren Armeen unserer verbündeten Partner.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

    — Sie sagten, daß das schlechter sei, unzulänglich sei, nicht vergleichbar sei mit dem. Ich konnte es nicht genau stenographisch mitschreiben, und ich habe das Protokoll nicht bekommen. Aber dem Sinne nach glaube ich es richtig wiedergegeben zu haben. Ich würde mich nicht scheuen, das zu korrigieren, wenn ich das dem Sinne nach gegenteilig oder erheblich falsch dargestellt hätte. — Das entspricht nicht der Wirklichkeit in der Bundeswehr, und das entspricht noch weniger dem Zustand, in dem sich die Teilstreitkräfte in den Armeen anderer Länder befinden. Wenn Sie sehen, mit welchen
    technischen Schwierigkeiten auch hochindustrialisierte Staaten wie Belgien, Holland ringen — betrachten Sie die Ausstattung der französischen Armee, die Ausstattung der italienischen Armee, auch die Ausstattung der britischen Armee —, dann werden Sie zwar nicht zu dem euphorischen Schluß kommen, bei uns sei alles in Ordnung; aber die technische Ausstattung der Bundeswehr erweist sich — abgesehen von einigen in sehr früher Zeit getroffenen fragwürdigen Entscheidungen — im Vergleich mit den anderen Streitkräften als vorzüglich und, ich möchte aus eigenem Urteil sagen, abgesehen von einigen Schwächepunkten im Durchschnitt mit den Vereinigten Staaten von Amerika mindestens vergleichbar, um keine höhergehende Aussage zu machen; ich würde sogar noch ein etwas positiveres Urteil fällen.
    In der Zone hat man natürlich mit Aufmerksamkeit verfolgt, ob sich Krisenansätze in der Bundeswehr ergeben, ob nach der Wirtschaftskrise auch die Militärkrise komme, weil das eben der unvermeidliche Ablauf der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sei. Ich weiß, daß man sich in der Sowjetunion ungefähr die Frage stellt: Läßt sich aus der ganzen Angelegenheit im Interesse der strategischen Zielsetzung Moskaus etwas herausschlagen? Ich weiß, daß man in Polen fragte: Ist das, was jetzt in der Bundeswehr vor sich geht, etwa wieder so ein Anklang an die Ära Seeckt oder an die Ara Schleicher? Diese beiden Namen werden von polnischer Seite aus — und hier nicht mit Unrecht — unter ganz bestimmten negativen Aspekten gesehen. Ich denke hier an die Denkschrift Seeckts nach dem ersten Weltkrieg und an die Haltung Schleichers. Wir können hier gerade auch im Interesse einer Normalisierung unseres Verhältnisses zu einem unserer östlichen — wenn auch noch nicht durch gemeinsame Grenzen mit uns verbundenen - Nachbarn sagen, daß diese Dinge mit Gedankengängen à la Seeckt oder auch à la Schleicher überhaupt nichts zu tun haben. Wir können das nicht deutlich genug aussprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man kann auch die ganze Vorgeschichte und Frühgeschichte der Bundeswehr, wie das auch Kollege Schmidt heute vormittag dargestellt hat, nicht wegschieben; man muß den Aufbau der Bundeswehr im Zusammenhang mit geschichtlichen Ereignissen und politischen Entwicklungen sehen. Hier muß man einmal sagen — obwohl es nicht neu ist —, daß wir im Vergleich zu anderen Nationen eine unglücklichere Geschichte haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Im Gegensatz zu den anderen, die eine ununterbrochene Tradition und eine Kontinuität haben, haben wir mindestens zwei Traditionsbrüche, und zwar Traditionsbrüche, die nicht Folgen der Sünden oder Verbrechen der Militärs waren, sondern Traditionsbrüche, die unvermeidliche Konsequenzen politischer Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Mit dieser Diskontinuität und ihren Folgen haben wir uns heute auch noch abzumühen.



    Strauß
    Ich möchte es nur in Stichworten sagen: Damals die Umstellung von der großen Armee des ersten Weltkrieges auf die Reichswehr, Dinge, die gerade in der Geschichte Ihrer Partei, der SPD, doch eine besondere Rolle gespielt haben. Ich habe gerade vor wenigen Tagen bei der Vorbereitung — nicht nur auf Geschäftsordnung oder auf Grundgesetz oder Bundeswehrorganisation — das Buch Noskes „Aufstieg und Niederlage der deutschen Sozialdemokratie" wieder gelesen. Ich will auch dazu noch ein kurzes Wort sagen. Eine Stelle aus diesem Buch ist mir so bemerkenswert erschienen, daß ich sie festgehalten habe. Sie möchte ich hier zitieren:
    In der Arbeiterschaft wurde ein verstiegener Antimilitarismus propagiert. Die Zeitschrift „Freie Jugend" war eine Ablagerungsstätte für Hetzereien gegen die Truppe und ein Sammelsurium von Notizen überstiegensten Pazifismus. Der Herausgeber begeiferte in einem Artikel „Weg mit dem neuen Heer" am 15. Juli 1919 die Truppe als die Zuflucht arbeitsscheuer Faulenzer aus den besseren Gesellschaftskreisen, ein Feld für Rohlinge aller Art und fragwürdiges Gesindel aller Bevölkerungsschichten.
    Leider haben wir vor und in den ersten Jahren der Aufstellung der Bundeswehr ähnliche Töne gehört.

    (Zuruf von der Mitte: Genau dieselben!)

    Diese Töne haben ohne Zweifel die richtige Einordnung der Bundeswehr in unsere gesellschaftliche und staatliche Ordnung, die von ihr gewünscht worden ist, gelinde gesagt: nicht gerade erleichtert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP.)

    Ich behaupte nicht, daß Töne dieser Art jemals von dieser Stelle aus angeklungen sind; das möchte ich ausdrücklich sagen. Aber wir haben sie draußen in schriftlicher und mündlicher Form kennengelernt bis zu der eigenartigen Formulierung, daß die Ausbildung in der Bundeswehr eine Art Schule für Berufsverbrecher sei.

    (Zuruf von der SPD: Und was waren die anderen? — Weiterer Zuruf: Das war aber Niemöller!)

    Wir müssen hier einen gemeinsamen Weg gehen, um eine gemeinsam tragende Basis für die Bundeswehr unseres gemeinsamen Staates zu haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich würde mich gegen Töne exessiver Art von der anderen Seite mit zum Teil unglaublichen Diffamierungsmethoden, von rechtsradikaler Seite, die darauf angewandt worden sind, genauso leidenschaftlich zur Wehr setzen; ich habe es auch getan.
    Ich darf diesen Überblick mit ein paar Sätzen abschließen.
    Auch die Rolle der Reichswehr in der Weimarer Republik ist nicht nur während der Weimarar Zeit, sondern auch nach dem Zusammenbruch 1945 von manchem zum Teil aus einem eigenen inneren Schuldbekenntnis heraus, das man nicht zugeben wollte, falsch dargestellt worden. Sicherlich bin ich
    als Zeuge weniger glaubwürdig, als es jemand anders ist. Ich empfehle Ihnen z. B. den Aufsatz von Golo Mann nachzulesen, den er im Jahre 1956 über das Thema „Macht und Ohnmacht der Generale" geschrieben hat. Mit diesem meinem Wort ist keine Absolution verbunden, aber auch die Feststellung, daß man den Generalen nicht mehr vorwerfen kann, als daß sie damals der jeweils für legitim gehaltenen Macht trotz gewisser Bedenken von dieser oder jener Seite ihre pflichtgemäße Unterstützung gegeben haben. Jedoch kamen die Fehler und Fehlentwicklungen von politischer Seite.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das Urteil, das Golo Mann hier abgibt, kann ich, weil die Zeit nicht reicht, nicht im einzelnen ausführen. Es ist eine Abrechnung mit Wheeler-Bennett: „Nemesis of Power". Er hat festgestellt, daß Herr Seeckt, der für mich sicherlich nicht zu den liebenswürdigen, sympathischsten Figuren der Weimarer Republik gehört, in seiner Gesamtbedeutung maßlos überschätzt worden ist, daß er in der Zeit, in der er einmal die volle vollziehende Gewalt hatte, den ihm von der Politik gegebenen Auftrag ausführte und dann gehorsam gegenüber dem Gesetz die Macht wieder abtrat. Alles andere darzulegen würde zu sehr in die Details führen.
    Bei uns gab es die bedingungslose Kapitulation. Nach 1918 hieß es verständlicherweise mit Recht: Nie wieder Krieg! Nach 1945 hieß es: Nie wieder Militär! Reeducation — reorientation! Das war ohne Zweifel eine einseitige Darstellung des deutschen Geschichtsbildes im Gesamtzusammenhang der Dinge, auch eine einseitige Verteilung der Gewichte der Schuld gegen den deutschen Soldaten.
    Niemand hat etwa versucht, eine Theorie aufzustellen, wonach ohne das Funktionieren der Reichswehr der zweite Weltkrieg nicht möglich gewesen wäre. Ich weiß, daß auch die Funktion der Reichsbahn anders war als die der waffentragenden Macht. Aber die Konzentration des nationalen Unglücks und auch der unter deutschem Namen begangenen Verbrechen auf die bewaffnete Macht hat sehr dazu beigetragen, daß das unter geschichtlichen Notwendigkeiten begründete Wiederentstehen einer bewaffneten Macht unter politisch-psychologischen Belastungen stand, deren Beseitigung heute teilweise gelungen ist, aber von allen Kräften dieses Hauses noch in vollem Umfang bewältigt werden muß, um das zu erreichen, was wir gemeinsam wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man kam dann sehr rasch zu der Erkenntnis, daß der NATO-Grenzbereich — das ist die Bundesrepublik in Europa-Mitte — ohne den deutschen Willen zur Selbstverteidigung und ohne den konkreten Ausdruck dieses Willens nicht verteidigt werden kann.
    Kollege Schmidt und ich hatten vor wenigen Tagen eine Fernsehdebatte, bei der sich eine aus der Sache heraus kommende weitgehende Übereinstimmung der Auffassungen ergab, auch die gemeinsame Überzeugung, daß eine Aufgabe deutschen Gebietes - etwa zurück bis zur Weser, zurück bis



    Strauß
    zum Rhein, zurück bis zum Atlantik — von keinem von uns gebilligt werden kann — sonst wäre die Bundeswehr und wäre der gesamte Bündnisapparat wirklich fehl am Platze —, daß der Begriff „Vorwärtsverteidigung" oder „Vorwärtsstrategie" von der Propaganda der anderen Seite vielleicht falsch dargelegt wird, daß wir beide aber darunter dasselbe verstehen, eben Verteidigung ganz weit vorn an der Demarkationslinie, wenn es, was Gott verhüten möge, zum Verteidigungsfall kommen sollte. Wenn aber das Urteil des militärischen Sachverstands, der heute hier in der Rede des Kollegen Schmidt sehr groß geschrieben worden ist, allseits so ernst genommen werden muß, wie es hier heute geschehen ist, dann darf man das Urteil der militärischen NATO-Stäbe und ihrer Befehlshaber nicht in den Wind schreiben, wonach eine Gesamtzahl von 30 Divisionen die Aufrechterhaltung eines flexiblen Arsenals und damit die Erreichung des Verteidigungszieles Nr. 1, nämlich den Ausbruch eines Krieges in jeder Form zu verhindern, glaubhaft gewährleistet. Wenn man damit die Wirklichkeit vergleicht — es ist ja kein Geheimnis, daß es bei wohlwollender Berechnung 24 sind und daß 12 davon deutsche Divisionen sind —, muß man heute fragen: Wer hätte sie denn unter den damals gegebenen oder den in der Zwischenzeit eingetretenen Umständen gestellt, wenn sie notwendig sind?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man muß auch sagen, daß der damalige Entschluß, so umstritten er in diesem Hause über Jahre hinweg war, richtig war. Wenn er damals nicht gefaßt worden wäre, — heute, 20 Jahre nach dem Kriege, könnte dieser Entschluß nicht mehr oder wahrscheinlich nur unter ungleich größeren Schwierigkeiten gefaßt werden. Heute bläst uns ja der Wind ins Gesicht. Das sei hier nur zum Ablauf der Ereignisse dargestellt. Wenn aber das militärische Urteil, nicht auf das Alles-oder-Nichts, auf die sogenannte massive retaliation, auf die totale Vergeltung, auf den Schlag mit den großen Atomwaffen abzustellen, eine absolut zwingende Überzeugungskraft hat, wenn die Wandlung der NATO-Strategie zur flexible response, die ein größeres Arsenal militärischer Möglichkeiten erfordert, richtig ist und wenn das militärische Urteil der Kommandierenden Generale im Verteidigungsministerium von der Opposition so ernst genommen wird, wie das heute morgen geschehen ist, dann nehmen Sie bitte auch das Urteil der verantwortlichen amerikanischen, englischen, französischen, deutschen und anderen NATO-Befehlshaber genauso ernst und erkennen Sie an, daß eine Verteidigung der Bundesrepublik ohne den rechtzeitigen Aufbau der Bundeswehr — unter Inkaufnahme mancher Schwächen und Fehler — jedenfalls im Sinne eines beweglichen militärischen Instruments und damit im Sinne der Vermeidung einer sehr niedrigen Atomschwelle nicht möglich gewesen wäre!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Aufbau vollzog sich — das muß ich betonen — unter ungewöhnlichen außen- und innenpolitischen Umständen: Deutschland geteilt, Europa gespalten, latente Aufrüstung der Zone. Die Bundeswehr stand ja von vornherein unter der Belastung: Sind wir eine Bürgerkriegsarmee? Das war doch das Thema, mit dem man sich hier und anderswo zu beschäftigen hatte. Hinzu kam der schärfste Druck Moskaus gegen die deutsche Aufrüstung; dazu das gefährliche Wort „Remilitarisierung"; denn „Remilitarisierung" heißt eigentlich Wiederherstellung militaristischer Gesinnungen und Zustände. Was wir getan haben, war die Herstellung eines Minimums an militärischer Verteidigungsfähigkeit und damit Bündnisfähigkeit, aber nicht ein Akt der Remilitarisierung.
    Dann sollten wir nicht sofort in die NATO aufgenommen werden, weil wir noch nicht wieder freigesprochen waren, noch nicht die Absolution erhalten hatten. Dann scheiterte die EVG. Als Ersatz dafür sind wir gleich in die NATO aufgenommen worden. Ich darf daran erinnern, was sich damals in Koblenz befand. Da lagen nebeneinander zwei Dienststellen: die eine hatte für den Vollzug der totalen Abrüstung zu sorgen, und die andere hatte zu gleicher Zeit schon die nötigen Vorkehrungen für den baldigen Beginn der Wiederaufrüstung zu treffen. In diesem geistigen, psychologischen und politischen Klima vollzog sich damals der Aufbau der Bundeswehr. Und dann kommen die großen Forderungen der politischen und militärischen NATO-Stäbe und der Bundesgenossen an die Bundesrepublik.
    Herr Kollege Schmidt, an dieser Stelle muß ich mich mit Ihnen über einen Punkt auseinandersetzen. Sie haben heute im Zusammenhang mit Nagold — das sei jetzt vorbei — und in Zusammenhang mit dem Starfighter davon gesprochen: Ja, doppelt so viel, als wir überhaupt hätten verkraften können; der ganze Aufbau ,der Bundeswehr zu groß; zu ehrgeizige Planung, zu weit gesteckte Ziele usw. Hier muß ich wirklich einmal fragen: Was ist denn angesichts unserer Bevölkerungszahl, unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit — sie sei niedrig, aber noch objektiv angesetzt —, angesichts unserer finanziellen Ertragskraft unter Einrechnung der sozialen Kriegsfolgelasten ein dem Bundesgenossen zumutbares und für die Deutschen erträgliches Maß? Ich wende hier wahrlich nicht den Maßstab wie die Vereinigten Staaten von Amerika an, die nach einer vorübergehenden Phase weitgehender Abrüstung — aber bei 180 Millionen Einwohnern — immer Streitkräfte in Stärke von rund 3 Millionen Mann — manchmal sind sie auch auf 2,8 Millionen Mann heruntergegangen — unterhalten haben; dazu 1 Million Zivilisten. Heute sind sie wieder bei 3,7 bis 3,8 Millionen Mann und 1,2 Millionen Zivilisten, einem Gesamtapparat von 5 Millionen Mann. Wir hoffen, daß diese Dinge nach dem von jedem schon aus humanitären Gründen zu wünschenden Abschluß des Vietnam-Krieges wieder auf ein geringeres Maß zurückgehen werden.
    Aber selbst bei der Normallage, lange vor dem Vietnam-Krieg, haben die Amerikaner etwa 1,5 % ihrer Bevölkerung unter Waffen gehabt. Dabei sind auf 3 Millionen Soldaten etwa 1 Million Zivilisten gekommen. Ich verhehle nicht, daß es in manchen



    Strauß
    Besprechungen im kleinsten Kreise harte Auseinandersetzungen darüber gegeben hat, wenn ich den Standpunkt vertreten habe, daß für uns ein gleicher Schlüssel nicht anwendbar sei. Es gab schon harte Auseinandersetzungen wegen des Zurückschraubens unserer Forderungen, wegen des Zurüdcschraubens unserer Zusagen, nämlich von 500 000 Mann in drei Jahren auf 350 000 Mann in fünf Jahren, mit einer jährlichen Zuwachsrate von etwa 50 000 bis 55 000 Mann nach dem ersten Jahr, einer Zuwachsrate, die aber immerhin noch so groß war, daß man manche Schwächen und Nachteile in Kauf nehmen mußte.
    Wenn ich Sie aber jetzt richtig verstehe, meinen Sie, daß die Luftwaffe etwa halb so groß und das Heer halb so groß sein sollten. Ich weiß nicht, wieviele Schiffe die Marine haben darf, Schiffe, die natürlich untergangssicher sein sollen. Ich jedenfalls glaube nicht, daß das, was dabei herauskommt, eine im internationalen Maßstab vorzeigbare und nach fairen Vergleichsmaßstäben mit den anderen erträgliche Leistung ist. Ich glaube, daß wir durchaus in der Lage sind, bei einer Bevölkerung von 55, 56 Millionen Menschen 0,9 % der deutschen Bevölkerung im Dienste der militärischen Verteidigung als Uniformträger zu haben, und daß auch der damit verbundene Anteil, sei es des Sozialprodukts, sei es des Steueraufkommens — nach den USA, Großbritannien und Frankreich stehen wir etwa an vierter Stelle — die deutsche Leistungsfähigkeit nicht übersteigt. Man muß ja auch einfach der Wahrheit halber sagen, daß wir schon von uns aus gegenüber der uns vorgeschlagenen NATO-Planung von vornherein den Umfang der Luftwaffe in unserer Zusage um ein Drittel vermindert haben. Sollte unsere Leistungsfähigkeit, Kollege Schmidt, so gering sein, daß wir eine Bundeswehr von 450 000 Mann, mit 700 Flugzeugen einer modernen Hochleistungsluftwaffe, technisch, finanziell, leistungs- oder ausbildungsmäßig nicht verkraften könnten? Ich weigere mich, das zu glauben, ohne daß ich hier ambitiöse Gedankengänge oder ehrgeizige Ziele verträte. Wir sind sowieso an der unteren Grenze gewesen.
    Ich möchte hier nicht die Polemik, die kritischen Worte von vorhin, wieder aufgreifen. Ich habe es einmal bei der Starfighter-Debatte anklingen lassen. Sie wissen doch ganz genau — und die deutsche Öffentlichkeit weiß es auch noch —, unter welcher Belastung wegen der Kontroverse zwischen den großen staatstragenden Parteien die erste Phase des Aufbaus der Bundeswehr stand. Ich darf Sie nur an etwas erinnern, was mich damals getroffen hat; ich habe es einmal nachgeschlagen und gestern wieder bestätigt gefunden. Es war nicht irgendein Ortsverband — Buxtehude, irgendwo —, sondern es war der Parteivorstand Ihrer Partei — —

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Nehmen wir statt Buxtehude Apfelhausen oder so etwas.

    (Abg. Majonica: Vockenhausen! — Heiterkeit.)

    — Nein, Vockenhausen nicht, Kollege; „Carlo" ist ja auch kein Ort.
    Damals wurde ein Plakat vertrieben — ich sage es nur wegen der Frage der Eingliederung der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft —: links der Kopf von Ulbricht, rechts der Kopf von Adenauer, darunter der gleiche Appell: „Volk ans Gewehr!" Das mußte doch viele Leute, die Ihnen politisch nahestanden, davon abhalten, ihre Person, ihr Können und ihre Leistungsfähigkeit der neu im Aufbau begriffenen Armee zur Verfügung zu stellen, oder in Gewissenskonflikte bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP.)

    Ich zitiere jetzt aus einem Aufsatz des Jahres 1965 in den „Gewerkschaftlichen Monatsheften" : Erschwerung der Wiedervereinigung, Gefahr der Entwicklung einer aggressiven Außenpolitik, Gefährdung des sozialen Standards der Arbeitnehmerschaft, falsche Verwendung erheblicher finanzieller Mittel, Gefahr des Militarismus im weitesten Sinne, Gefahr der Entwicklung der Bundeswehr zum Staat im Staate, Angst vor einem Einsatz der Bundeswehr im innenpolitischen Bereich gegen die Gewerkschaften. Das sind die Themen gewesen, unter denen damals die Bundeswehr gewissermaßen wie unter Vorbelastungen stand, und ich behaupte nicht, daß die Furcht von damals etwa völlig unbegründet und maliziös war, sozusagen nur aus demagogischen Gründen vom Himmel heruntergeholt war. Sie hat viele objektive oder auch nur subjektive Begründungen in gewissen Vorgängen der früheren Jahrzehnte gehabt.
    Ich sage das nur, um zu beweisen, wie schwer es diese Bundeswehr trotz bestem Willen der Offiziere und der Unteroffiziere, der Berufssoldaten und der Freiwilligen von damals vom ersten Augenblick an hatte, ihren richtigen Standort zu gewinnen. Was die Frage des Verhältnisses zwischen Bundeswehr und Sozialismus, demokratischem Sozialismus, Bundeswehr und Arbeiterbewegung angeht, begehe ich keine unobjektive Feststellung, wenn ich sage, daß von seiten der Soldaten die Arme eher und weiter geöffnet waren als von seiten der anderen. Wir hätten gewünscht, daß beides gleich gewesen wäre.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Herr Kollege Mick!