Herr Präsident, ich bitte um Ihre Nachsicht. Ich habe gehört, daß nach mir der Kollege Strauß sprechen wird. Ich habe in diesem Jahr zweimal erlebt, daß er vor mir sprach und anderthalb bzw. eindreiviertel Stunden gesprochen hat.
Gewähren Sie mir bitte ausnahmsweise dieselbe Freizügigkeit, wie Sie sie damals dem Kollegen Strauß gewährt haben.
Was den neuen Verteidigungsminister angeht, meine Damen und Herren, so können die Koalitionsfraktionen darauf rechnen, daß meine Fraktion diesem neuen Verteidigungsminister ebenso eine Anlaufzeit einräumen wird,
Schmidt
wie wir es gegenüber dem Herrn von Hassel vor drei Jahren getan haben. Wir fühlen uns nämlich für die Konsolidierung der Verhältnisse in der Armee verdammt mitverantwortlich.
— Ja, es geht uns unter die Haut, was da los ist. Es geht ja auch einigen bei Ihnen unter die Haut; ich brauche die Kollegen hier vorne nur anzusehen. Es muß einem ja auch unter die Haut gehen, wenn man. sieht, was da los ist. Wir meinen, daß der Deutsche Bundestag allerdings der Ort ist, an dem das ausgesprochen werden mußte, an dem ausgesprochen werden muß, wie es wirklich im Ministerium aussieht und wie es in der Truppe aussieht. Ohne auszusprechen, was ist, kann man keine Erneuerung finden
Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, als ob meine Fraktion die Lage der Bundeswehr und die Lage des Ministeriums schwärzer sehe und schwärzer male, als es sein muß. Es gilt vielmehr, zu erkennen, daß die Situation der Bundeswehr nur die allgemeine Situation unserer Gesellschaft widerspiegelt und daß die Situation des Bundesverteidigungsministeriums nur die allgemeine Situation der gegenwärtigen Bundesregierung widerspiegelt.
Es soll keiner behaupten, daß etwa im deutschen Hochschulwesen oder bei den Polizeien der Länder oder in der Justiz alles sehr viel besser stünde als in der Bundeswehr. Das wäre nicht richtig. Die Bundeswehr ist allerdings in der besonderen Kalamität, daß das Aufbautempo und das Ausmaß des Aufbaus sie seit Jahren überfordert haben. Deswegen dürfen aber die Angehörigen dieser Armee nicht resignieren. Wir müssen ihnen wieder Mut machen; wir müssen ihnen zeigen, daß etwas Neues anfängt. Was meinen Sie, wieviel Mut es ihnen machen würde, wenn dieses Parlament - so wie wir es beantragen
— beschlösse: Jawohl, Bundeskanzler, gehe Du hin, tue Du Deine Sache und sorge für einen neuen Verteidigungsminister! Was das in der Armee für Mut machen würde!
— Wer da lacht, hat sich lange um die Truppe nicht gekümmert.