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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 15. September 1966 Inhalt: Anteilnahme am Verlust des U-Bootes „Hai" 2745 A Fragestunde (Drucksachen V/908, V/911) Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Einziehung von Deutschen zur australischen Armee Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2713 B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2713 C Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Einziehung von Deutschen zum Dienst in der US-Wehrmacht Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2714 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2714 A Spitzmüller (FDP) 2714 D Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Vereinbarungen der USA mit anderen NATO-Staaten über Wehrdienst in der US-Wehrmacht Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2715 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2715 A Berlin (SPD) 2715 B Genscher (FDP) . . . . . . . 2715 D Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Einsatz von Deutschen als Angehörigen der US-Wehrmacht in Vietnam Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2716 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2716 B Spitzmüller (FDP) 2716 C Berlin (SPD) 2716 D Fellermaier (SPD) 2717 B Fragen des Abg. Spitzmüller: Zahl der in der US-Armee dienenden deutschen Staatsangehörigen — Einsatz in Vietnam Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2717 C, 2718 B Spitzmüller (FDP) . . . 2717 D, 2718 C Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) . 2718 A Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2718 B Fragen des Abg. Kahn-Ackermann: Beherrschung der spanischen und der russischen Sprache im auswärtigen Dienst 2718 D. Auswahlwettbewerb für eine Verwendung als Kultur- oder Presseattaché . 2718 D Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Entwurf eines neuen Konsulargesetzes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2719 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2719 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 Fragen des Abg. Ertl: Bombenanschläge in Südtirol — Südtirolfrage Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2719 C Kubitza (FDP) . . . . . . . 2720 B Prochazka (CDU/CSU) 2721 A Frage des Abg. Prochazka: Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit arabischen Staaten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2721 C Aktuelle Stunde Militärdienst deutscher Staatsangehörigen in den USA Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 2722 A Dr. Häfele (CDU/CSU) 2722 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 2723 D, 2726 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 2724 C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 2725 C Genscher (FDP) . . . . 2721 D, 2726 B Borm (FDP) 2726 D Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache V/890) — Fortsetzung der ersten Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität (Drucksache V/890) — Fortsetzung der ersten Beratung — Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 2727 A Genscher (FDP) 2728 A Jahn (Marburg) (SPD) 2730 A Dr. Jaeger, Bundesminister . . : 2736 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 2741 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 2745 C Dr. Pohle (CDU/CSU) 2755 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 2762 B Wehner (SPD) 2764 D Strauß (CDU/CSU) 2770 A Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 2779 C Dr. Schiller (SPD) 2782 A Dr. Erhard, Bundeskanzler . . . 2785 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 2786 B Schmücker, Bundesminister . . . 2786 B Hermsdorf (SPD) 2789 D Genscher (FDP) . . . . . . . 2790 C Dr. Mommer (SPD) 2791 A Rasner (CDU/CSU) 2791 D Nächste Sitzung 2792 C Anlagen 2793 'Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 2713 56. Sitzung Bonn, den 15. September 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Abelein 4. 10. Dr. Achenbach*) 15. 9. Dr. Adenauer 5. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 15. 9. Dr. Becher (Pullach) 16. 9. Biermann 16. 9. Dr. Birrenbach 15. 9. Blachstein 10. 10. Frau Blohm 15. 9. Börner 15. 9. Frau Brauksiepe 30. 9. Busse 26. 9. Dichgans *) 16. 9. Dr. Dittrich *) 16. 9. Dorn 23. 9. Eisenmann 16. 9. Frau Dr. Elsner 15. 9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30. 9. Ertl 23. 9. Franke (Hannover) 21. 9. Frehsee 30. 9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Furler *) 15. 9. Gerlach *) 15. 9. Dr. Giulini 22. 9. Dr. Gleissner 15. 9. Glombig 17. 9. Dr. Götz 26. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Hellenbrock 18. 9. Dr. Hesberg 16. 9. Hirsch 17. 9. Dr. Hudak 16. 9. Dr. Huys 5. 10. Iven 26. 9. Illerhaus *) 15. 9. Dr. h. c. Jaksch 22. 9. Kahn-Ackermann 6. 10. Klinker 15. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Dr. Kübler 30. 9. Frau Dr. Kuchtner 15. 9. Kurlbaum 30. 9. Leber 16. 9. Lemmer 15. 9. Lenz (Trossingen) 30. 9. Dr. Martin 6. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Mauk 15. 9. Metzger *) 15. 9. Michels 30. 9. Müller (Aachen-Land) *) 16. 9. Müller (Worms) 17. 9. Opitz 23. 9. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Peters (Norden) 20. 9. Picard 17. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Raffert 6. 10. Rehs 22. 9. Dr. Ritgen 18. 9. Rock 2. 10. Rollmann 16. 9. Saam 7. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 15. 9. Dr. Schulz (Berlin) 21. 9. Steinhoff 25. 9. Stiller 17. 9. Frau Strobel 16. 9. Strohmayr 16. 9. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. Dr. Verbeek 15. 9. Weimer 5. 10. Wendelborn 16. 9. Windelen 23. 9. Dr. Wörner 30. 9. Wurbs 15. 9. Dr. Zimmermann 15. 9. Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Schmidhuber zu Punkt 2 a und b der Tagesordnung. Die von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität schaffen die Voraussetzungen für eine umfassendere, schneller reagierende, feiner dosierende, aber auch mit unserer marktwirtschaftlichen Ordnung konforme Konjunkturpolitik. Wenn auch über einige Einzelfragen der Entwürfe noch zu reden sein wird, kann man nicht bestreiten, daß die Bundesregierung ein auf der Höhe der Zeit stehendes Gesamtkonzept vorgelegt hat. Die Entwürfe sollen das konjunkturpolitische Instrumentarium auf zwei Gebieten erweitern, einerseits auf dem Feld der öffentlichen Haushaltswirtschaft, andererseits durch Schaffung von Einwirkungsmöglichkeiten auf unternehmerische Entscheidungen in der Privatwirtschaft. Angesichts der Bedeutung, die !die Ausgaben der öffentlichen Haushalte sowohl im Bereich der Investitionen als auch bei der Einkommensverteilung - durch den großen Block der Einkommensübertragungen - haben, liegt der Schwerpunkt der Vorlagen auf dem Gebiet der öffentlichen Finanzwirtschaft. In der Debatte über die verfassungspolitischen Fragen, die heute vormittag geführt wurde, ist dies deutlich zum Ausdruck gekommen. Zwei Prinzipien müssen miteinander in Einklang gebracht werden, einerseits die in Art. 109 des Grundgesetzes statuierte Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern - ohne Zweifel ein wesentliches Element des Föderalismus -, andererseits 2794 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 die Notwendigkeit einer einheitlichen Konjunkturpolitik, die nicht an den Grenzen der Bundesländer haltmacht und daher nur Sache des Bundes sein kann. Diesen Konflikt zu lösen ist die staatspolitische Hauptaufgabe, die uns in diesem Zusammenhang gestellt ist. Meine Fraktion ist daher dem Bundesrat als der Vertretung der Gliedstaaten sehr dankbar, daß er seine Bereitschaft bekundet hat, unter Zurückstellung verfassungspolitischer Bedenken um des höheren Zieles der Stabilität von Wirtschaft und Währung willen an der Lösung dieses Problems mitzuarbeiten. Damit ist der Wille der Gliedstaaten, einen kooperativen Föderalismus zu praktizieren, sinnfällig zum Ausdruck gekommen. Gelingt es, die vorliegenden Entwürfe ohne Veränderungen in ihrem wesentlichen Kern zu verabschieden, so hat damit unsere föderalistische Ordnung eine neue Bewährungsprobe abgelegt. Wie ich bereits eingangs betont habe, kommt es darauf an, daß das zu schaffende konjunkturpolitische Instrumentarium mit unserer marktwirtschaftlichen Ordnung konform ist. Wir haben mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß Herr Kollege Professor Dr. Schiller insoweit offenbar unserer Meinung ist. Allerdings sind wir nicht der Ansicht, daß der Entwurf in seinen Grundzügen der „freiheitlichen Durchlüftung" bedarf; denn sein Hauptanliegen besteht darin, die öffentliche Finanzwirtschaft in die Gegebenheiten des Marktes einzufügen und die Voraussetzungen für ein konjunkturkonformes Verhalten der öffentlichen Hände zu schaffen. Lassen Sie mich noch kurz eine Frage aus dem privatwirtschaftlichen Teil des Stabilitätsgesetzes anbringen, die mir aus mehreren Gründen, insbesondere aber in ordnungspolitischer Hinsicht, bedeutungsvoll erscheint. § 19 Nr. 3 Buchstabe b des Entwurfs sieht vor, daß durch Rechtsverordnung der Bundesregierung die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresraten ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann. Hier wird meines Erachtens der Umstand nicht genügend gewürdigt, daß die degressive Abschreibung von allen Abschreibungsmethoden dem tatsächlichen Wertverzehr der Wirtschaftsgüter am nächsten kommt. Der Ausschluß der degressiven Abschreibung bedeutet daher einen unmittelbaren Eingriff in Kostenstruktur und Kalkulation. Hinzu kommt, daß die Industrie in immer stärkerem Maße zu langfristigen, sich oft über viele Jahre erstreckenden Investitionsprogrammen übergeht, die in ihrer zeitlichen Länge mehrere Konjunkturphasen überlappen und sich daher für konjunkturpolitische Beeinflussungen wenig eignen. Man wird daher auf diesem Weg die angestrebte Harmonisierung der Investitionen kaum erreichen können. Wenn man die Gewährung zusätzlicher Abschreibungsmöglichkeiten als ein Instrument zur Überwindung einer Stagnation für nötig hält, so kann man dies auch tun, ohne gleichzeitig Möglichkeiten vorzusehen, die geeignet sind, die Abschreibungen unter den tatsächlichen Wertverzehr herabzudrücken. Der Hinweis, daß auch Beschränkungen der privaten Investitionen möglich sein müßten, wenn man der öffentlichen Hand auf diesem Gebiete Fesseln anlegte, vermag nicht zu überzeugen; denn die privatwirtschaftlichen Investitionen stehen im Gegensatz zu denen der öffentlichen Hand unter dem Diktat der Rendite. Die Ertragsantizipationen der Unternehmer sorgen von vornherein für eine Selektion der Investitionen und damit für eine volkswirtschaftlich sinnvolle Verwendung des Kapitals, die man im Bereich der öffentlichen Haushalte mitunter vermißt. Der Strom der privatwirtschaftlichen Investitionen ist die Grundlage für künftiges Wachstum und damit auch für eine Steigerung der Masseneinkommen. Er sollte durch kurzfristige Überlegungen möglichst nicht geschmälert werden. Die mittelbare Einwirkung über die die Ertragsantizipationen beeinflussende Zinspolitik dürfte ausreichen. Ähnliches gilt für die Sonderabschreibungen. Sie werden für Maßnahmen gewährt, die entweder zur Stärkung der nationalen Produktivkräfte in der Zukunft (Forschungsaufgaben) oder zur Erfüllung von wichtigen Gemeinschaftsaufgaben (Luft- und Gewässerreinhaltung) dienen. Man wird daher diese Einzelfragen in der Ausschußberatung noch sorgfältig prüfen und sich um praxisnahe Verbesserungen bemühen müssen. Die Bedeutung des vorliegenden Gesetzwerkes für die weitere gedeihliche Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft sollte durch diese wenigen kritischen Anmerkungen in keiner Weise geschmälert werden. Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Stein (Honrath) zu Punkt 2 a und b der Tagesordnung. Meine Zustimmung zu dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität hätte ich leichteren Herzens gegeben, wenn der Ausbau des wirtschaftspolitischen Instrumentariums sich nicht bis in das Gebiet der steuerlichen Abschreibungen erstreckt hätte. Die Begründung des Regierungsentwurfs wirbt zwar mit beredten Worten für diese Einbeziehung der Abschreibungspolitik, und ich bin mir dessen auch bewußt, daß der Wiederaufbau unserer produzierenden Wirtschaft nach der Währungsreform wesentlich durch Investitionsanreize auf dem Abschreibungsgebiet gefördert worden ist. Aber damals — bei der Unterversorgung aller Märkte — waren die Investitionen weniger riskant. Jetzt aber tragen die Investoren ein großes Risiko, weil ihnen die Märkte nicht mehr jede Investition honorieren. Dieses Risiko sollte in einer Marktwirtschaft den Unternehmern nicht abgenommen werden; andererseits muß ihnen dann die Entscheidungsfreiheit, wann und wie groß sie investieren wollen, eingeräumt bleiben. Sie mit Anreizen bald in Investitionen, die sie sonst nicht vorgenommen hätten, zu lenken und bald wieder von Investitionsentschlüssen abzudrängen, bedeutet, in unsere Marktwirtschaft ein Lenkungselement hineinzutragen, mit dem ich mich nicht befreunden kann. Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 2795 In den „Monatsblättern für freiheitliche Wirtschaftspolitik", die Herr Dr. Volkmar Muthesius, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, herausgibt, ist vor kurzem eindringlich vor der „politisierten Abschreibung" gewarnt worden. Im FebruarHeft der zitierten Zeitschrift findet sich folgendes Zitat: Für alle Menschen, die davon überzeugt sind, ein Ministerialrat in einem der maßgeblichen Ministerien sei stets und auf alle Fälle klüger als ein Unternehmer, mag der Gedanke einer solchen Investitionspädagogik etwas geradezu Bestechendes haben. Das Verfahren sieht so aus, als greife der Staat materiell gar nicht in die Dispositionen der Unternehmer ein — er verändere ja nur die steuerlichen Bedingungen. Aber in Wirklichkeit würde eine solche Methode eine schwere Unsicherheit in das Wirtschaftsleben bringen; und zum anderen müßte man nach Branchen differenzieren, was eine unübersehbare weitere Komplizierung in unser Steuerrecht bringen würde. Ein solches Verfahren würde einen Roheitsakt darstellen, ganz im Gegensatz zu der Vermutung, es bedeute eine Lenkung mit leichter Hand. Ich werde in diesem Zusammenhang auch an ein Wort erinnert, daß der Herr Bundeskanzler in der Bundestagsdebatte vom 17. 2. 1966, als wir über das zweite Jahresgutachten des Sachverständigenrates diskutierten, gebraucht hat: Es ist in einer freien Wirtschaft völlig ausgeschlossen, die Investitionen offizieller und privater Art, die Gewinne oder die Löhne oder die Preise in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander halten zu wollen. Das ist mit der Wirklichkeit einfach nicht in Einklang zu bringen. Diese Einsicht gilt in ganz besonderem Maße gegenüber allen Absichten zur Steuerung der Investitionen. Der technische Fortschritt ist nirgendwo auf der Welt ein kontinuierlicher Strom, den man durch leicht verschiebbare Schleusentore eindeutig lenken könnte. — Soviel zu meinen grundsätzlichen Bedenden gegenüber der Einbeziehung der Abschreibungen in das Stabilisierungsgesetz. Nun sind in diesem Hohen Hause wichtige Argumente vorgetragen worden, die für eine Änderung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten als ein zusätzliches konjunkturpolitisches Instrument sprechen. Es wurde vor allem gesagt, die Bundesregierung wolle den Spielraum erweitern, der ihr im Steueränderungsgesetz von 1961 durch die Ermächtigung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe s des Einkommensteuergesetzes geschaffen worden sei. Nach dieser Ermächtigung kann die Bundesregierung in konjunkturellen Schwächeperioden befristet allgemeine Sonderabschreibungen gewähren. Ich gebe zu, daß die im § 19 Nr. 3 des Entwurfs des Stabilisierungsgesetzes vorgesehene Änderung dieses Buchstabens s eine Verfeinerung bedeutet. Wir haben noch keine Erfahrungen mit der Formulierung aus dem Jahre 1961 gemacht. Aber Wissenschaft und Praxis haben darauf hingewiesen, daß die damalige Ermächtigung wahrscheinlich in den Schwächezeiten, für die sie geschaffen wurde, zur Wiederbelebung des Investierens nicht ausreichen würde. Insofern ist zuzugeben, daß die jetzt vorgesehene Regelung einen Fortschritt bedeutet. Aber wir dürfen nicht übersehen, daß der vorgeschlagenen Erweiterung für schwache Zeiten auch eine Verschlechterung des bisherigen Abschreibungsrechts gegenübersteht, die in Phasen überschäumender Investitionstätigkeit zur Anwendung kommen soll. Sie greift über das Operieren mit Sonderabschreibungen hinaus. Dem Absatz 1, der die Erweiterung bringt, soll nämlich ein Absatz 2 folgen, in dem es wörtlich heißt: Die Bundesregierung wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, nach denen die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen sowie die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen ganz oder teilweise ausgeschlossen werden können, wenn die Nachfrage nach Investitionsgütern oder Bauleistungen das Angebot wesentlich übersteigt und daraus eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts mit erheblichen Preissteigerungen entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit dem Satzteil „sowie die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen" wird beträchtlich über die Variierung der steuerlichen Abschreibungen hinausgegangen. Hier wird nämlich generell mit der zeitweiligen Entziehung des Rechts, die Investitionen degressiv abzuschreiben, gedroht. Als dieses Hohe Haus über das Steueränderungsgesetz vorn 18. 7. 1958 debattierte, lag ihm zur degressiven Abschreibung ein Bericht seines Finanzausschusses vor, in dem es dem Sinne nach hieß, der Ausschuß habe sich die Auffassung zu eigen gemacht, daß die degressive Abschreibung auf dem anerkannten Besteuerungsprinzip beruhe, wonach echter betrieblicher Aufwand auch als Aufwand anerkannt werden müsse und nicht als Gewinn versteuert werden dürfe. Der Ausschuß fuhr dann fort: Über das Ausmaß der notwendigen Abschreibung müssen jeweils die wirtschaftlich-technischen Bedingungen entscheiden. Diese dürfen nicht durch Finanzierungsbedürfnisse oder Finanzierungwünsche verdrängt werden, die in dem Substanzverbrauch keine Rechts-, sondern nur eine formale Begründung finden. Die Abschreibung ist also keine Finanzierungshilfe. Die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen ist aber in Zeiten eines raschen technischen Fortschritts die einzig mögliche Antwort der Unternehmen in der produzierenden Wirtschaft auf diesen technischen Fortschritt. Ich befürchte, daß das starre Festhalten an der Entwurfsfassung des § 19 Nr. 3 die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien draußen in der Wirtschaft dem Verdacht aussetzt, bei uns habe ein investitionsunfreundliches Denken die 2796 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 Oberhand gewonnen. Dies wäre ein Bruch mit der Tradition dieses Hohen Hauses. Wir haben seit 1949 vieles unternommen, um das Verständnis für ein intensives Investieren in den breitesten Schichten unseres Volkes wachzuhalten und ein Wiederaufleben der ehemaligen klassenkämpferischen Feindseligkeit gegenüber den Investoren und Kapitalgebern zu verhindern. Ohne die vorbildliche hohe Investitionsquote wäre unserer Volkswirtschaft der Anschluß an die Weltwirtschaft nicht gelungen. Ohne dieses unentwegte Investieren wäre die Arbeitslosigkeit nie beseitigt worden. Die Investitionsfreudigkeit ist nicht anders wie die Sparfreudigkeit zu beurteilen, ja, sie verleiht dieser überhaupt erst ihren produktiven Sinn. Wer die Investitionsfreudigkeit beeinträchtigt, schadet uns allen. Das Investieren muß dem Forschen und Erfinden in der Rangordnung gleichgestellt sein. Dem Zwang, sich durch Investitionen wettbewerbsfähig zu erhalten, ist nicht nur die kapitalintensive Großindustrie ausgesetzt. Für die mittleren und kleinen Unternehmen, das gesamte Handwerk und auch für die Landwirte gilt dieser Zwang nicht minder. Ohne Investitionen wären alle diese Bereiche bald hoffnungslos wettbewerbsunfähig. Ich glaube aber, daß wir bei der Bundesregierung offene Türen bei dieser Anerkennung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Investierens einrennen. Daher vertraue ich auch der Aussage des Herrn Bundeswirtschaftsministers, daß die unternehmerische Investitionsfreiheit nur in Fällen der äußersten Notwendigkeit gelenkt werden soll. Insoweit stelle ich meine Bedenken gegen die Entwurfsfassung des § 19 zurück. Es ist mein Wunsch, daß eine möglichst breite Mehrheit mit mir anerkennt: die produktiven Investitionen der Unternehmen — also die Ausrüstungsinvestitionen und die dazu nötigen Bauten — sind die volkswirtschaftlich sinnvollsten und nützlichsten Vermögensanlagen. Niemand kann leugnen, daß diese Investitionen es sind, die in hervorragender Weise die Steigerung des allgemeinen Lebensstandards bewirken und ermöglichen. Sie lassen eine sich unausgesetzt ausweitende Nachfrage die zu ihrer Befriedigung nötige Produktionsstätte finden. Um es zu präzisieren: investieren heißt, Sachvermögen bilden, heißt die Betriebsanlagen auf einen Stand bringen, der den vom Stande der Technik, von der Marktlage und von den Rentabilitätsrücksichten aufgegebenen Notwendigkeiten Rechnung trägt. Ich möchte noch einmal unterstreichen, daß die Investitionsentscheidungen nur das einzelne Unternehmen in seiner Verantwortung und seiner Risikobereitschaft fällen kann. Es gibt keine Zentrale, die genügend Überblick hätte, um Verantwortung und Risiko dem Unternehmen abzunehmen. Wir wollen, daß neben die Prinzipien des angemessenen Wachstums unserer wirtschaftlichen Hilfsquellen und der Verbesserung der realen Versorgung gleichberechtigt das der monetären Stabilität tritt. Hier sind Konfliktsituationen denkbar, zu denen, wie ich zugebe, auch eine übersteigerte Investitionsgüternachfrage beitragen kann, eine Nachfrage, die sich zeitlich und in bestimmten Sachbereichen zu sehr konzentriert. Die Folge ist, daß die Kapazitäten zur Herstellung gewisser Investitionsgüter zeitweilig nicht ausreichen, daß kürzere Lieferfristen mit Preiskonzessionen erkauft werden, daß Arbeitskräfte um den Preis exorbitanter Locklöhne schnell angeheuert werden und daß alle diese zusätzlichen Lasten an die Abnehmer weitergewälzt werden. Ich will betonen, daß diese Situationen bei uns bislang nicht lawinenartig eingetreten sind bzw. da, wo sie sich auf Teilmärkten ankündigten, bald wieder verflogen. Hier erwies sich das ausländische Angebot an Maschinen als recht zuverlässige Bremse. Um die jüngste Industriegeschichte geht es aber nicht. Es ist vielmehr so, daß eine kluge vorausschauende Politik tunlichst auch Extreme in ihre Rechnung einzustellen hat. Dazu zwei Gesichtspunkte! 1. Es gibt sicherlich auch auf dem Gebiet der produktiven Investitionen die Erscheinungen des Hortens und der Mode. Warum sollte man sie nicht zu glätten suchen? 2. Es ist keineswegs angebracht, den Schwarzen Peter im Ernstfall immer nur der öffentlichen Hand weiterzugeben. Denn auch die öffentlichen Investitionen dürfen nicht in Mißkredit gebracht werden, sie sind in vielen Fällen doch die Anschlußinvestitionen der privaten Entwicklung. Die Schlußfolgerung ist: mit dem Mangel an monetärer Stabilität wird ein Wirtschaftswachstum, das immer und nur auf dem Stand von übermorgen sein möchte, unter Umständen zu hoch bezahlt. Für heute und morgen up to date zu sein, genügt auch. Wir wollen daher wirtschaftspolitische Maßnahmen und Instrumente ins Auge fassen, die helfen können, das unternehmerische Investieren stetiger werden zu lassen durch Stützung bei übermäßiger Verlangsamung ebenso wie durch Bremsen bei zu großer Beschleunigung. Ich greife auf meine eingangs vorgetragenen Bedenken zurück: Oberster Grundsatz muß sein, daß diese Vorkehrungen den Unternehmern unter keinen Umständen die Freude am Investieren nachhaltig verderben. Das bedeutet nicht nur, daß das Interesse am technischen Fortschritt wachgehalten werden muß; auch die Finanzierungsatmosphäre muß freundlich bleiben. Die Geschichte lehrt uns, Absentismus der Produzenten wie Attentismus der Geldgeber sind Zeichen dafür, daß im politischen Verhalten etwas nicht gestimmt hat. Gewöhnlich war es ein Mangel an Gleichgewicht, an außen- und innerpolitischer Stabilität. Also nicht nur privatwirtschaftlich, sondern auch wirtschaftspolitisch gelten die Stichworte: Kooperation und Koordination. Wenn wir für die vor uns liegenden Aufgaben einen gesetzlichen Maßanzug schneidern wollen, dann müssen wir diese Stichworte im Auge behalten: die Kooperation zwischen den öffentlichen Händen und die Kooperation zwischen diesen und der Wirtschaft. Das Prinzip sollte sein: die konzertierte Aktion geht vor Befehl. Nur so kann Verständnis für das Erforderliche geweckt werden. Dann werden sich auch die Investitionspläne der Wirtschaftsunternehmen auf die allgemeinen übergeordneten Interessen ausrichten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Starke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Wehner, es ist für mich nicht möglich, darauf eine Antwort zu geben. Erstens einmal hat er nicht eine Rücktrittserklärung abgegeben, sondern er hat gebeten, entbunden zu werden. Was daraus wird, wissen wir noch nicht. Sie werden es mir auch ersparen, daß ich etwa Werturteile abgebe. Das ist nicht mei-



    Dr. Starke (Franken)

    nes Amtes. Ob die Regierung in einem solchen Fall stärker oder schwächer würde,

    (Abg. Wehner: Im Sinne der Stabilität meine ich!)

    das ist noch gar nicht mal so leicht zu beurteilen.

    (Abg. Wehner: Wie schwer muß das erst für uns sein!)

    — Das gebe ich Ihnen gern zu.
    Ich möchte noch einmal den national- und staatspolitisch bedeutsamen Zeitpunkt umreißen, vor dem wir jetzt stehen, wo dieses Gesetz eingebracht wird. Wir haben unterdessen gelernt, daß die bisherige Nachkriegszeit, von der wir glaubten, sie sei schon die Zeit gewesen, in der alles, was mit dem Zusammenbruch endete, überwunden sei, nicht das Ende ist, sondern daß wir vor ganz großen Schwierigkeiten stehen, die noch aus dieser Zeit vor dem Zusammenbruch resultieren. Dazu brauchen wir ganz besonders stabile Verhältnisse im Innern.
    Nun zu der Verfassungsänderung. Ich müßte lügen, wenn ich Ihnen nicht sagte, Herr Kollege Wehner, daß ich mit allergrößtem Interesse alles das, was Sie zu der Verfassungsänderung gesagt haben, angehört habe. Ich muß Ihnen sogar zugestehen, daß eine Fülle von Beispielen, die Sie gebracht haben, mich nicht etwa empört hat, sondern mir noch einmal das vor Augen gestellt hat, was wir unternehmen. Ich kann Ihnen für die Freien Demokraten erklären: wir verfolgen mit dieser Verfassungsänderung nicht die geringste Absicht, die irgendwie über dieses Gesetz hinausginge. Wir werden bei jeder Verfassungsänderung genauso wie Sie jedesmal neu überlegen, ob wirklich die Situation so ist, daß man ohne sie nicht auskommt.
    Dagegen möchte ich Ihnen, Herr Kollege Wehner, und Ihrer Partei zu dem Gegenstand, um den es sich hier handelt, noch etwas sagen. Herr Kollege Strauß hat aus der Rede von Wilson vorgelesen. Die Stelle war gut ausgesucht. Ich war beinahe etwas neidisch, daß es mir nicht eingefallen ist, das vorzulesen. Aber Scherz beiseite! Auch Sie brauchten, wenn Sie in der Regierung wären, das, was in diesem Gesetz verankert ist. Sie mögen es vielleicht etwas anders formulieren, Sie würden es etwas anders tun, aber im Prinzip wäre das, glaube ich, unumstritten.
    Helfen Sie mit, daß wir bezüglich dieser der Bundesregierung zugestandenen Rechtsetzungsbefugnis zu einer parlamentarischen Kontrolle kommen, nämlich auf eine Weise, die, wie es eben Herr Kollege Strauß sagte, der Regierung Handlungsvollmacht gibt, aber eine nachträgliche Parlamentskontrolle statuiert.
    Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal von dieser Seite — es ist heute schon einmal geschehen — die Frage der Staatsverträge beleuchten. Staatsverträge würden eine Situation schaffen, die die parlamentarische Kontrolle praktisch unmöglich machte. Ich darf hier darauf hinweisen, daß sich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, geschaffen durch Staatsverträge von sechs Nationen, parlamentarisch unkontrolliert, mindestens unwirksam, sehr stark an das annähert, was entstehen würde, wenn
    wir versuchten, konjunkturpolitische Dinge durch Staatsverträge zwischen den deutschen Ländern zu regeln.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sachdiskussion hat heute begonnen. Wir dürfen sie um keinen Preis — ein paarmal waren wir ein bißchen in dieser Verlegenheit — in Polemik ersticken lassen. Die Freien Demokraten — das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen, auch zur Opposition hin — werden jede Annäherung, die sich bei den Beratungen ergibt, auch bei den großen Fragen, die um dieses Gesetz herum in Bewegung kommen, begrüßen. Dabei wird es notwendig sein, daß wir von beiden Seiten, von der Koalition wie von der Opposition, nicht dogmatisch sind. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, daß sich die Sozialdemokratische Partei in einer Fülle von Punkten dem angenähert hat, was die Koalition nun seit langem vertritt und was die Bundesregierung vertreten hat. Wenn wir hier jetzt das eine oder andere Neue aufbauen, weil es für eine wirksame Politik gebraucht wird, dann sollten wir nicht darüber rechten, wer dem anderen entgegenkommt. Wir sollten gemeinsam versuchen, eine gemeinsame Basis zu finden. Ich bin überzeugt, eine gemeinsame Basis für dieses Gesetz, das ja nicht nur für die jetzige Regierung, sondern für alle gilt, ist eine wesentliche und wichtige Grundlage für die kommende Zeit.
    Lassen Sie mich noch ein Wort sagen, weil der Kollege Schiller heute hier ist — gestern war er nicht da,

    (Abg. Dr. Schiller: Was?)

    — als ich sprach —, ein Wort zu den komplementären Maßnahmen. Ich habe das gehört und gestern etwas dazu gesagt und sage es heute noch einmal: Wir schaffen dieses Gesetz, weil wir uns darüber klar sind, daß die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit sichtbar sind. Wir können nicht zu allem, was wir auf Grund dieses Gesetzes und mit ihm tun, komplementäre Maßnahmen in dem Sinne schaffen, daß alles genauso weitergeht wie vorher. So haben Sie es sicher nicht gemeint. Mir hat das gestern Herr Kollege Arndt zugerufen: Ich übernehme es. Ich stelle das noch einmal ausdrücklich fest.
    Insbesondere darf es natürlich nicht eintreten, daß, wenn im Zuge dieses Gesetzes etwa Kreditbegrenzungen eingeführt werden, versucht wird, dort, wo die Gemeindeautonomie es erlaubt, durch Steuererhöhungen einen Ersatz zu schaffen, sei es bei der Gewerbesteuer, sei es bei anderen Steuern. Das würde dem Geist dessen, worum es jetzt geht, widersprechen, von Ausnahmefällen einmal abgesehen.
    Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen. Wir Freien Demokraten halten es für gut und richtig, daß man bei diesem Gesetz, das eilig ist, den bewährten Weg geht, zwei Ausschüsse zu beauftragen, einmal den Rechtsausschuß für die Verfassungsänderung und dann den Wirtschaftsausschuß für dieses im Tiefsten wirtschaftspolitische Gesetz. Wir sind nicht der Meinung, daß die Einsetzung eines neuen Ausschusses, bei dem die Mitglieder nicht aufeinander eingespielt sind, bei dem alles neu aufgebaut werden muß, bei der relativ kurzen Zeit,



    Dr. Starke (Franken)

    die man für die Beratung dieses Gesetzes hat, wirklich zu einer Abkürzung der Beratungszeit führt.
    Im ganzen — so möchte ich abschließen — brauchen wir das Gesetz. Die Diskussion hat mir gezeigt, daß alle Parteien dieses Hohen Hauses der Meinung sind, daß wir das Gesetz brauchen. Ich bin überzeugt, daß das auch die große Öffentlichkeit glaubt. Die Bevölkerung wartet auf die Maßnahmen, die daraufhin getroffen werden, um die Stabilität und insbesondere die Kaufkraft des Geldes zu erhalten. Aus tiefen sozialen Gründen brauchen wir das Gesetz. Handeln wir also! Verabschieden wir es! Dann muß damit gearbeitet werden.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Zum Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Stein. Wie mir gesagt wurde, will er seine Ausführungen zu Protokoll geben.

(Beifall.)

Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Professor Schiller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Schiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich will mir sehr große Mühe geben, jetzt nur in wenigen Worten ein Fazit, die Summe zu ziehen, so wie wir das vom Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion, aber auch von der Position des Gesamtparlaments sehen.
    Als erstes darf ich feststellen, daß die Aufforderung des Kollegen Wehner, nun doch punctum contra punctum auf unsere fünf Fragen Antworten zu geben, auf denjenigen, der nach ihm sprach, nicht ohne Einfluß gewesen ist.
    Ich darf dann noch einmal feststellen, was der Kollege Wehner insgesamt für die Debatte bis dato schon konstatieren mußte: Soweit zu unseren Essentials, soweit zu unseren Beiträgen, soweit zu unseren Verbesserungsvorschlägen zum Entwurf und zu unseren Vorschlägen zur Auffüllung der Lücken konkret etwas gesagt wurde, kam das nicht von der Regierungsbank — mit der einen Ausnahme, daß die Eingangsrede des Herrn Bundeswirtschaftsministers einen Teil der Meinungen, die wir in den Unterhaltungen mit ihm geäußert hatten, berücksichtigt hat. Daß muß honoriert werden, aber das ist die einzige Ausnahme. Sonst haben wir von der Regierungsbank gestern und bis jetzt praktisch keine konkreten Antworten auf unsere fünf Essentials bekommen. Wir haben sie aus dem Haus bekommen, insonderheit von dem Nachredner von Herrn Wehner, aber auch von einigen Herren der CDU/CSU und der FDP, die hier am heutigen Tage aus ihren langen Erfahrungen in der deutschen Industrie gesprochen haben. Auch das muß festgestellt werden.
    Ich darf nun inhaltlich als zweites feststellen: Dieser Entwurf soll also wirklich verbessert werden. Er hat noch nicht das Reifezeugnis. Er soll so verbessert werden, daß er nicht ein Notverband für eine nicht mehr ganz gesunde Regierung ist. Er soll ein Gesetz werden, das in die Zukunft weist, das eine neue Ara unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik normativ möglich macht.
    Mehrere Redner haben mit uns darin übereingestimmt, daß ein gutes, vielleicht eines Tages sogar vollendetes Gesetz noch nicht ohne weiteres bedingt, daß die Regierung selber, die dann mit diesem Gesetz zu arbeiten hat, den nötigen Bizeps aufweist.
    Das ist das zweite, und an dieser Stelle sei es mir erlaubt, ein Wort zu einem personellen Vorgang zu sagen, ein Wort, das ich persönlich gern spreche. Aber ich möchte da in keiner Weise zu diesem personellen Vorgang etwa einen Übergang finden, der so wenig taktvoll wäre wie der, den gestern ein Redner dieses Hauses zu einem ganz anderen personellen Vorgang gefunden hat.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir haben etwas erfahren; ich glaube allerdings, noch nicht von der Regierungsbank. Ich habe dafür volles Verständnis. Der Herr Bundeskanzler ist — darüber sind wir orientiert worden — zum Herrn Bundespräsidenten gegangen und — wie ich jetzt sehe — nun zurückgekehrt. Sicherlich wird er das regierungsamtlich erklären, was ich auf Grund der Dinge, die wir erfahren haben, im Namen meiner Fraktion sagen darf.
    Wenn es stimmt, was die Meldungen besagen, daß Herr Bundesminister Westrick den Herrn Bundeskanzler um Entlassung aus seinem Amt ersucht und der Herr Bundeskanzler den Herrn Bundesminister Westrick gebeten hat, seine Dienstgeschäfte bis auf weiteres fortzuführen, und im übrigen den damit im Zusammenhang stehenden Besuch beim Herrn Bundespräsidenten gemacht hat, dann möchte ich — das hat die Reihenfolge der Redner so ergeben, meine Damen und Herren — Herrn Westrick im Namen der sozialdemokratischen Fraktion für die langen Jahre der Tätigkeit im Dienste unserer Bundesrepublik erst als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und dann als Bundesminister unseren Dank aussprechen. Ich kenne seine Tätigkeit natürlich besonders gut, weil Herr Westrick gerade in den letzten Jahren in den Berlin-Angelegenheiten tätig gewesen ist und ich in meiner Berliner Regierungsfunktion viel mit ihm zu tun gehabt habe. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich das hier als vorläufig letzter Redner meiner Fraktion jetzt vorbringe und wenn die Reihenfolge in diesem Falle nicht ganz dem Protokoll entspricht; denn selbstverständlich hätte das Wort dann erst der Regierungsseite zustehen müssen.
    Meine Damen und Herren, ich will — obwohl draußen in dem Zusammenhang schon alles mögliche über Regierungsumbildung und ähnliches gesagt wird — hier nicht etwa erklären: wir sind also schon bei Veränderungen.

    (Unruhe.)




    Dr. Schiller
    Ich habe nur• unseren Dank ausgesprochen, jawohl, und nichts weiter.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Wo es heute gezündet hat, das wollen wir mal abwarten!)

    Meine Damen und Herren, nehmen wir gerade die Rede des Herrn Abgeordneten Strauß, der uns sehr viel Aufklärung über seine Meinung und die Meinung seiner Fraktion zu unseren fünf Essentials gegeben hat, so könnten wir uns vorstellen, daß wir in der Arbeit der Ausschüsse sehr leicht und sehr gut weiterkommen. Wir müssen allerdings bei einigen Punkten feststellen: Es ist schade, daß einige Redner zu einigen unserer Essentials ungewöhnliche Vorbehalte vorbringen; zu einigen! Ich möchte insonderheit das zweite Essential erwähnen, und das betrifft auch den Kollegen Strauß, das betrifft auch den Kollegen Pohle und einige gestrige Redner. Meine Damen und Herren, warum machen Sie uns den Versuch, zu einer orientierenden Einkommenspolitik, zu einer stabilitätsorientierten Einkommenspolitik zu kommen, so schwer? Wir fußen bei diesem unserem Vorschlag, der ja doch vom Standpunkt etwa der Gewerkschaften keine leichte Sache ist, auf folgendem. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem letzten Schreiben vom vorigen Jahr und dann auch in seinen Hearings, besonders aber in seinem letzten Schreiben an die Bundesregierung, zum Ausdruck gebracht, daß die Bereitschaft beider Seiten, der Unternehmerverbände und der Gewerkschaften, gegeben sei, an einer konzentrierten Aktion teilzunehmen und die Orientierungshilfen entgegenzunehmen. Wir haben selber als politische Partei durch unmittelbare Fühlungnahme zweimal in großen Besprechungen zu Anfang dieses Jahres mit den Leitern des DGB und praktisch aller Industriegewerkschaften dort die Bereitschaft festgestellt, diesen Weg einer modernen, orientierenden Einkommenspolitik zu versuchen, wenn Orientierungshilfen — in grober Weise natürlich, nicht an détail — von Staats wegen gegeben werden.
    Bisher war die Regierung selber aus ihren eigenen Überlegungen heraus nicht dazu bereit, solche Orientierungshilfen zur Verfügung zu stellen. Wir sind der Meinung, wenn man ein Gesetz zur Förderung der Stabilität macht, dann sollte die Regierung bei einem so hohen Anspruch, der mit dem Namen eines solchen Gesetzes verkündet wird, auch verpflichtet sein, das Ihre in dieser Richtung zu tun.
    Ich sage noch einmal, die Autonomie der Tarifvertragsparteien wird damit in keiner Weise beeinträchtigt. Aber es wird eine bessere Transparenz, was die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge betrifft, für die Tarifparteien bewirkt. Ich darf auch noch einmal darauf hinweisen, daß die Regierung, wenn sie auf der Basis von Sachverständigengutachten solche Orientierungshilfen gibt, gleichzeitig im Fall des Konflikts zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern für beide Seiten das Konfliktsfeld übersichtlicher macht, eben transparenter macht, und daß damit die Chance entsteht, daß beide Seiten ihren Konflikt einengen, einen Teil ihrer Konfliktstoffe dann abbauen können. Es wäre schade, wenn die zarten Ansätze dieses letzten Winters zu einem gleichgewichtsorientierten Verhalten der Tarifparteien im Rahmen einer „Konzertierten Aktion" gänzlich verschüttet würden. Wir sollten also durch das Gesetz noch einmal einen Versuch machen — daher unser Antrag dazu —, diese Ansätze pfleglich zu behandeln und einer guten Entwicklung Chancen zu geben.
    Zum Thema volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Jahresprojektion usw. hat Herr Minister Schmücker in seiner Eingangsrede schon Entsprechendes auf unsere Meinungen erwidert. Herr Strauß hat ebenfalls darauf geantwortet, einige andere Herren haben darauf geantwortet. Ich kann nur noch eines hinzufügen. Wir verlangen mit dieser Sache nichts Ungebührliches. Aber es ist für uns eine in der Sache wesentliche Geschichte. Wir verlangen eigentlich nur, daß das, was einige Beamte der Bundesregierung in Brüssel mitmachen und dort produktiv mitgestalten, auch hier im eigenen Hause, hier in der Bundesrepublik und in Bonn für die Formung der Wirtschaftspolitik angewendet wird. Das ist das, was wir zu diesem Punkt verlangen.
    Nun ist hier heute noch sehr viel über die außenwirtschaftliche Absicherung gesprochen worden. In diesem Punkt darf ich mich auf die Äußerungen sowohl von Herrn Dr. Möller heute wie von Herrn Dr. Arndt von gestern abend beziehen.
    Ähnliches gilt für die Frage der Zusammenarbeit in einem Ausschuß — unser viertes Essential —, die Weiterentwicklung der Ansätze im Gesetzentwurf in Richtung auf einen „Konjunkturrat", ebenso für die von mehreren Seiten befürwortete Ausdehnung und Verdeutlichung der parlamentarischen Kontrolle. Dabei möchte ich nur eins sagen, Herr Pohle. Wir wollen keine Vermengung von Exekutive und Legislative. Wir wollen parlamentarische Kontrolle. Die Verantwortung aber zur Feststellung des Ungleichgewichts soll bei der Regierung liegen, auch die Verantwortung für den umgekehrten Fall. Bei den punktuellen Maßnahmen, den Einzelverordnungen usw. wollen wir allerdings, daß das Parlament von sich aus innerhalb von sechs Wochen ein Kassationsrecht ausüben kann.
    Nun habe ich mich gewundert, daß die Frage des Staatsvertrags in Konfrontation zur Verfassungsänderung in den Ausführungen von Herrn Strauß noch einmal eine so große Rolle spielte. Vorher hatten doch der Herr Justizminister und Herr Jahn schon eine sehr ausführliche Debatte über dieses Thema. Der Herr Justizminister hat uns dabei eine Frage gestellt, die ich ihm beantworten muß: Wie sollte Euer Modell denn aussehen? Ich möchte darüber jetzt nicht etwa sprechen, um damit zu sagen: conditio sine qua non. Das hat Herr Wehner alles schon viel deutlicher eingegrenzt. Ich will Ihnen nur sagen, wie dieses Modell gestaltet sein soll.
    Erstens. Natürlich ließe sich durch einen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern eine gemeinsame Kasse, genannt Konjunkturfonds, schaffen. Das ist überhaupt keine Schwierigkeit. In sie würde im Aufschwung eingezahlt entsprechend den gemein-



    Dr. Schiller
    Samen vertraglichen Bestimmungen und Beschlüssen des Gremiums, und aus ihr würden Zahlungen im Falle der Rezession geleistet.
    Zweitens. Ebenso könnte natürlich das Gremium, das auf Grund eines Staatsvertrages gebildet wird, Leitlinien für die jeweilige Phase der praktischen Politik, der Finanzpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden beschließen.
    Ein Drittes ist die berühmte Kreditbegrenzung für die öffentlichen Körperschaften. Meine Damen und Herren, die Kreditbegrenzung für die öffentlichen Körperschaften wird in verfassungsändernder Form von anderen deswegen verlangt, weil man — von seiten der Regierungsparteien — sagt, der „Runde Tisch" habe nicht funktioniert. Darauf sagen wir einfach: Der „Runde Tisch" war eben keine Institution, die auf der Basis eines Staatsvertrages errichtet war, er war ein Treffpunkt, eine Einrichtung durch verwaltungsmäßiges Übereinkommen, aber keine Institution, die durch Staatsvertrag geschaffen war, keine Institution, bei der ein Land, wenn es die Beschlüsse nicht mitgemacht hätte, dann vertragsbrüchig geworden wäre. Das ist doch der entscheidende Unterschied.
    Ein Viertes. Man sagt, man bekäme keine Auskunftspflicht ohne die gesetzliche Regelung. Meine Antwort: auch die Auskunftspflicht der Vertragspartner gegenüber dem Bund ließe sich vertraglich stipulieren.
    Und als Letztes, meine Damen und Herren: Die parlamentarische Kontrolle wäre in diesem Fall dadurch gegeben, daß die Mitglieder des Regulierungsorgans zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nur parlamentarisch verantwortliche Mitglieder dieses Gremiums gewesen wären, die also von ihren eigenen Parlamenten — und zwar auch vor einem jeweiligen Beschluß — hätten kontrolliert werden können. Es wäre dann eine präventive Kontrolle. Nochmals, ich habe Ihnen dieses Modell nur deswegen geschildert, weil auf die entsprechende Frage Herrn Jaegers bisher nicht ausführlich geantwortet war.
    Im übrigen darf ich Ihnen noch einmal das sagen, was wir am Anfang formuliert haben und was Herr Wehner wiederholt hat: Wir legen auf unsere fünf Essentials Wert und lassen uns nicht in jene Alternative hineintreiben: unter allen Umständen nur Staatsvertag und sonst gar nichts!
    Meine Damen und Herren, deswegen habe ich mich sehr gewundert, daß Herr Strauß aus Bayern in diesem Punkt so außergewöhnlich lange gegen unsere Staatsvertragsidee polemisiert hat. Leider kann Herr Kollege Strauß nicht mehr hier sein; er hat das auch sagen lassen. Ich kann mir dabei nur folgendes denken: er mußte am Anfang seiner sehr einsichtsvollen Darlegungen eine Art von Kartoffelkrieg mit den Sozialdemokraten führen, er mußte sich am Anfang seiner Darlegungen an diesem Punkte in einen gewissen Streit begeben, denn anschließend hat er uns in einer Fülle von Einzeldarlegungen gezeigt, daß er bemüht ist, sozialdemokratische Vorstellungen zu übernehmen.
    Er hat uns erfreulicherweise aus seinem Brief an den Kanzler mehr gesagt, als wir bisher den Zeitungen entnehmen konnten. Er hat dabei höflicherweise auch gesagt: Barzel und er, wobei ich nicht weiß, ob seine sachliche Wiedergaben aus dem Briefwechsel beide Briefe betreffen.