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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 15. September 1966 Inhalt: Anteilnahme am Verlust des U-Bootes „Hai" 2745 A Fragestunde (Drucksachen V/908, V/911) Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Einziehung von Deutschen zur australischen Armee Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2713 B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2713 C Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Einziehung von Deutschen zum Dienst in der US-Wehrmacht Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2714 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2714 A Spitzmüller (FDP) 2714 D Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Vereinbarungen der USA mit anderen NATO-Staaten über Wehrdienst in der US-Wehrmacht Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2715 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2715 A Berlin (SPD) 2715 B Genscher (FDP) . . . . . . . 2715 D Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) : Einsatz von Deutschen als Angehörigen der US-Wehrmacht in Vietnam Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2716 A Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 2716 B Spitzmüller (FDP) 2716 C Berlin (SPD) 2716 D Fellermaier (SPD) 2717 B Fragen des Abg. Spitzmüller: Zahl der in der US-Armee dienenden deutschen Staatsangehörigen — Einsatz in Vietnam Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2717 C, 2718 B Spitzmüller (FDP) . . . 2717 D, 2718 C Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) . 2718 A Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2718 B Fragen des Abg. Kahn-Ackermann: Beherrschung der spanischen und der russischen Sprache im auswärtigen Dienst 2718 D. Auswahlwettbewerb für eine Verwendung als Kultur- oder Presseattaché . 2718 D Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Entwurf eines neuen Konsulargesetzes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2719 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2719 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 Fragen des Abg. Ertl: Bombenanschläge in Südtirol — Südtirolfrage Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2719 C Kubitza (FDP) . . . . . . . 2720 B Prochazka (CDU/CSU) 2721 A Frage des Abg. Prochazka: Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit arabischen Staaten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2721 C Aktuelle Stunde Militärdienst deutscher Staatsangehörigen in den USA Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 2722 A Dr. Häfele (CDU/CSU) 2722 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 2723 D, 2726 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 2724 C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 2725 C Genscher (FDP) . . . . 2721 D, 2726 B Borm (FDP) 2726 D Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache V/890) — Fortsetzung der ersten Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität (Drucksache V/890) — Fortsetzung der ersten Beratung — Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 2727 A Genscher (FDP) 2728 A Jahn (Marburg) (SPD) 2730 A Dr. Jaeger, Bundesminister . . : 2736 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 2741 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 2745 C Dr. Pohle (CDU/CSU) 2755 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 2762 B Wehner (SPD) 2764 D Strauß (CDU/CSU) 2770 A Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 2779 C Dr. Schiller (SPD) 2782 A Dr. Erhard, Bundeskanzler . . . 2785 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 2786 B Schmücker, Bundesminister . . . 2786 B Hermsdorf (SPD) 2789 D Genscher (FDP) . . . . . . . 2790 C Dr. Mommer (SPD) 2791 A Rasner (CDU/CSU) 2791 D Nächste Sitzung 2792 C Anlagen 2793 'Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 2713 56. Sitzung Bonn, den 15. September 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Abelein 4. 10. Dr. Achenbach*) 15. 9. Dr. Adenauer 5. 10. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 15. 9. Dr. Becher (Pullach) 16. 9. Biermann 16. 9. Dr. Birrenbach 15. 9. Blachstein 10. 10. Frau Blohm 15. 9. Börner 15. 9. Frau Brauksiepe 30. 9. Busse 26. 9. Dichgans *) 16. 9. Dr. Dittrich *) 16. 9. Dorn 23. 9. Eisenmann 16. 9. Frau Dr. Elsner 15. 9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30. 9. Ertl 23. 9. Franke (Hannover) 21. 9. Frehsee 30. 9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Furler *) 15. 9. Gerlach *) 15. 9. Dr. Giulini 22. 9. Dr. Gleissner 15. 9. Glombig 17. 9. Dr. Götz 26. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Hellenbrock 18. 9. Dr. Hesberg 16. 9. Hirsch 17. 9. Dr. Hudak 16. 9. Dr. Huys 5. 10. Iven 26. 9. Illerhaus *) 15. 9. Dr. h. c. Jaksch 22. 9. Kahn-Ackermann 6. 10. Klinker 15. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Dr. Kübler 30. 9. Frau Dr. Kuchtner 15. 9. Kurlbaum 30. 9. Leber 16. 9. Lemmer 15. 9. Lenz (Trossingen) 30. 9. Dr. Martin 6. 10. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Mauk 15. 9. Metzger *) 15. 9. Michels 30. 9. Müller (Aachen-Land) *) 16. 9. Müller (Worms) 17. 9. Opitz 23. 9. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Peters (Norden) 20. 9. Picard 17. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Raffert 6. 10. Rehs 22. 9. Dr. Ritgen 18. 9. Rock 2. 10. Rollmann 16. 9. Saam 7. 10. Schultz (Gau-Bischofsheim) 15. 9. Dr. Schulz (Berlin) 21. 9. Steinhoff 25. 9. Stiller 17. 9. Frau Strobel 16. 9. Strohmayr 16. 9. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. Dr. Verbeek 15. 9. Weimer 5. 10. Wendelborn 16. 9. Windelen 23. 9. Dr. Wörner 30. 9. Wurbs 15. 9. Dr. Zimmermann 15. 9. Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Schmidhuber zu Punkt 2 a und b der Tagesordnung. Die von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität schaffen die Voraussetzungen für eine umfassendere, schneller reagierende, feiner dosierende, aber auch mit unserer marktwirtschaftlichen Ordnung konforme Konjunkturpolitik. Wenn auch über einige Einzelfragen der Entwürfe noch zu reden sein wird, kann man nicht bestreiten, daß die Bundesregierung ein auf der Höhe der Zeit stehendes Gesamtkonzept vorgelegt hat. Die Entwürfe sollen das konjunkturpolitische Instrumentarium auf zwei Gebieten erweitern, einerseits auf dem Feld der öffentlichen Haushaltswirtschaft, andererseits durch Schaffung von Einwirkungsmöglichkeiten auf unternehmerische Entscheidungen in der Privatwirtschaft. Angesichts der Bedeutung, die !die Ausgaben der öffentlichen Haushalte sowohl im Bereich der Investitionen als auch bei der Einkommensverteilung - durch den großen Block der Einkommensübertragungen - haben, liegt der Schwerpunkt der Vorlagen auf dem Gebiet der öffentlichen Finanzwirtschaft. In der Debatte über die verfassungspolitischen Fragen, die heute vormittag geführt wurde, ist dies deutlich zum Ausdruck gekommen. Zwei Prinzipien müssen miteinander in Einklang gebracht werden, einerseits die in Art. 109 des Grundgesetzes statuierte Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern - ohne Zweifel ein wesentliches Element des Föderalismus -, andererseits 2794 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 die Notwendigkeit einer einheitlichen Konjunkturpolitik, die nicht an den Grenzen der Bundesländer haltmacht und daher nur Sache des Bundes sein kann. Diesen Konflikt zu lösen ist die staatspolitische Hauptaufgabe, die uns in diesem Zusammenhang gestellt ist. Meine Fraktion ist daher dem Bundesrat als der Vertretung der Gliedstaaten sehr dankbar, daß er seine Bereitschaft bekundet hat, unter Zurückstellung verfassungspolitischer Bedenken um des höheren Zieles der Stabilität von Wirtschaft und Währung willen an der Lösung dieses Problems mitzuarbeiten. Damit ist der Wille der Gliedstaaten, einen kooperativen Föderalismus zu praktizieren, sinnfällig zum Ausdruck gekommen. Gelingt es, die vorliegenden Entwürfe ohne Veränderungen in ihrem wesentlichen Kern zu verabschieden, so hat damit unsere föderalistische Ordnung eine neue Bewährungsprobe abgelegt. Wie ich bereits eingangs betont habe, kommt es darauf an, daß das zu schaffende konjunkturpolitische Instrumentarium mit unserer marktwirtschaftlichen Ordnung konform ist. Wir haben mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß Herr Kollege Professor Dr. Schiller insoweit offenbar unserer Meinung ist. Allerdings sind wir nicht der Ansicht, daß der Entwurf in seinen Grundzügen der „freiheitlichen Durchlüftung" bedarf; denn sein Hauptanliegen besteht darin, die öffentliche Finanzwirtschaft in die Gegebenheiten des Marktes einzufügen und die Voraussetzungen für ein konjunkturkonformes Verhalten der öffentlichen Hände zu schaffen. Lassen Sie mich noch kurz eine Frage aus dem privatwirtschaftlichen Teil des Stabilitätsgesetzes anbringen, die mir aus mehreren Gründen, insbesondere aber in ordnungspolitischer Hinsicht, bedeutungsvoll erscheint. § 19 Nr. 3 Buchstabe b des Entwurfs sieht vor, daß durch Rechtsverordnung der Bundesregierung die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresraten ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann. Hier wird meines Erachtens der Umstand nicht genügend gewürdigt, daß die degressive Abschreibung von allen Abschreibungsmethoden dem tatsächlichen Wertverzehr der Wirtschaftsgüter am nächsten kommt. Der Ausschluß der degressiven Abschreibung bedeutet daher einen unmittelbaren Eingriff in Kostenstruktur und Kalkulation. Hinzu kommt, daß die Industrie in immer stärkerem Maße zu langfristigen, sich oft über viele Jahre erstreckenden Investitionsprogrammen übergeht, die in ihrer zeitlichen Länge mehrere Konjunkturphasen überlappen und sich daher für konjunkturpolitische Beeinflussungen wenig eignen. Man wird daher auf diesem Weg die angestrebte Harmonisierung der Investitionen kaum erreichen können. Wenn man die Gewährung zusätzlicher Abschreibungsmöglichkeiten als ein Instrument zur Überwindung einer Stagnation für nötig hält, so kann man dies auch tun, ohne gleichzeitig Möglichkeiten vorzusehen, die geeignet sind, die Abschreibungen unter den tatsächlichen Wertverzehr herabzudrücken. Der Hinweis, daß auch Beschränkungen der privaten Investitionen möglich sein müßten, wenn man der öffentlichen Hand auf diesem Gebiete Fesseln anlegte, vermag nicht zu überzeugen; denn die privatwirtschaftlichen Investitionen stehen im Gegensatz zu denen der öffentlichen Hand unter dem Diktat der Rendite. Die Ertragsantizipationen der Unternehmer sorgen von vornherein für eine Selektion der Investitionen und damit für eine volkswirtschaftlich sinnvolle Verwendung des Kapitals, die man im Bereich der öffentlichen Haushalte mitunter vermißt. Der Strom der privatwirtschaftlichen Investitionen ist die Grundlage für künftiges Wachstum und damit auch für eine Steigerung der Masseneinkommen. Er sollte durch kurzfristige Überlegungen möglichst nicht geschmälert werden. Die mittelbare Einwirkung über die die Ertragsantizipationen beeinflussende Zinspolitik dürfte ausreichen. Ähnliches gilt für die Sonderabschreibungen. Sie werden für Maßnahmen gewährt, die entweder zur Stärkung der nationalen Produktivkräfte in der Zukunft (Forschungsaufgaben) oder zur Erfüllung von wichtigen Gemeinschaftsaufgaben (Luft- und Gewässerreinhaltung) dienen. Man wird daher diese Einzelfragen in der Ausschußberatung noch sorgfältig prüfen und sich um praxisnahe Verbesserungen bemühen müssen. Die Bedeutung des vorliegenden Gesetzwerkes für die weitere gedeihliche Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft sollte durch diese wenigen kritischen Anmerkungen in keiner Weise geschmälert werden. Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Stein (Honrath) zu Punkt 2 a und b der Tagesordnung. Meine Zustimmung zu dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität hätte ich leichteren Herzens gegeben, wenn der Ausbau des wirtschaftspolitischen Instrumentariums sich nicht bis in das Gebiet der steuerlichen Abschreibungen erstreckt hätte. Die Begründung des Regierungsentwurfs wirbt zwar mit beredten Worten für diese Einbeziehung der Abschreibungspolitik, und ich bin mir dessen auch bewußt, daß der Wiederaufbau unserer produzierenden Wirtschaft nach der Währungsreform wesentlich durch Investitionsanreize auf dem Abschreibungsgebiet gefördert worden ist. Aber damals — bei der Unterversorgung aller Märkte — waren die Investitionen weniger riskant. Jetzt aber tragen die Investoren ein großes Risiko, weil ihnen die Märkte nicht mehr jede Investition honorieren. Dieses Risiko sollte in einer Marktwirtschaft den Unternehmern nicht abgenommen werden; andererseits muß ihnen dann die Entscheidungsfreiheit, wann und wie groß sie investieren wollen, eingeräumt bleiben. Sie mit Anreizen bald in Investitionen, die sie sonst nicht vorgenommen hätten, zu lenken und bald wieder von Investitionsentschlüssen abzudrängen, bedeutet, in unsere Marktwirtschaft ein Lenkungselement hineinzutragen, mit dem ich mich nicht befreunden kann. Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 2795 In den „Monatsblättern für freiheitliche Wirtschaftspolitik", die Herr Dr. Volkmar Muthesius, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, herausgibt, ist vor kurzem eindringlich vor der „politisierten Abschreibung" gewarnt worden. Im FebruarHeft der zitierten Zeitschrift findet sich folgendes Zitat: Für alle Menschen, die davon überzeugt sind, ein Ministerialrat in einem der maßgeblichen Ministerien sei stets und auf alle Fälle klüger als ein Unternehmer, mag der Gedanke einer solchen Investitionspädagogik etwas geradezu Bestechendes haben. Das Verfahren sieht so aus, als greife der Staat materiell gar nicht in die Dispositionen der Unternehmer ein — er verändere ja nur die steuerlichen Bedingungen. Aber in Wirklichkeit würde eine solche Methode eine schwere Unsicherheit in das Wirtschaftsleben bringen; und zum anderen müßte man nach Branchen differenzieren, was eine unübersehbare weitere Komplizierung in unser Steuerrecht bringen würde. Ein solches Verfahren würde einen Roheitsakt darstellen, ganz im Gegensatz zu der Vermutung, es bedeute eine Lenkung mit leichter Hand. Ich werde in diesem Zusammenhang auch an ein Wort erinnert, daß der Herr Bundeskanzler in der Bundestagsdebatte vom 17. 2. 1966, als wir über das zweite Jahresgutachten des Sachverständigenrates diskutierten, gebraucht hat: Es ist in einer freien Wirtschaft völlig ausgeschlossen, die Investitionen offizieller und privater Art, die Gewinne oder die Löhne oder die Preise in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander halten zu wollen. Das ist mit der Wirklichkeit einfach nicht in Einklang zu bringen. Diese Einsicht gilt in ganz besonderem Maße gegenüber allen Absichten zur Steuerung der Investitionen. Der technische Fortschritt ist nirgendwo auf der Welt ein kontinuierlicher Strom, den man durch leicht verschiebbare Schleusentore eindeutig lenken könnte. — Soviel zu meinen grundsätzlichen Bedenden gegenüber der Einbeziehung der Abschreibungen in das Stabilisierungsgesetz. Nun sind in diesem Hohen Hause wichtige Argumente vorgetragen worden, die für eine Änderung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten als ein zusätzliches konjunkturpolitisches Instrument sprechen. Es wurde vor allem gesagt, die Bundesregierung wolle den Spielraum erweitern, der ihr im Steueränderungsgesetz von 1961 durch die Ermächtigung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe s des Einkommensteuergesetzes geschaffen worden sei. Nach dieser Ermächtigung kann die Bundesregierung in konjunkturellen Schwächeperioden befristet allgemeine Sonderabschreibungen gewähren. Ich gebe zu, daß die im § 19 Nr. 3 des Entwurfs des Stabilisierungsgesetzes vorgesehene Änderung dieses Buchstabens s eine Verfeinerung bedeutet. Wir haben noch keine Erfahrungen mit der Formulierung aus dem Jahre 1961 gemacht. Aber Wissenschaft und Praxis haben darauf hingewiesen, daß die damalige Ermächtigung wahrscheinlich in den Schwächezeiten, für die sie geschaffen wurde, zur Wiederbelebung des Investierens nicht ausreichen würde. Insofern ist zuzugeben, daß die jetzt vorgesehene Regelung einen Fortschritt bedeutet. Aber wir dürfen nicht übersehen, daß der vorgeschlagenen Erweiterung für schwache Zeiten auch eine Verschlechterung des bisherigen Abschreibungsrechts gegenübersteht, die in Phasen überschäumender Investitionstätigkeit zur Anwendung kommen soll. Sie greift über das Operieren mit Sonderabschreibungen hinaus. Dem Absatz 1, der die Erweiterung bringt, soll nämlich ein Absatz 2 folgen, in dem es wörtlich heißt: Die Bundesregierung wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, nach denen die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen sowie die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen ganz oder teilweise ausgeschlossen werden können, wenn die Nachfrage nach Investitionsgütern oder Bauleistungen das Angebot wesentlich übersteigt und daraus eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts mit erheblichen Preissteigerungen entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit dem Satzteil „sowie die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen" wird beträchtlich über die Variierung der steuerlichen Abschreibungen hinausgegangen. Hier wird nämlich generell mit der zeitweiligen Entziehung des Rechts, die Investitionen degressiv abzuschreiben, gedroht. Als dieses Hohe Haus über das Steueränderungsgesetz vorn 18. 7. 1958 debattierte, lag ihm zur degressiven Abschreibung ein Bericht seines Finanzausschusses vor, in dem es dem Sinne nach hieß, der Ausschuß habe sich die Auffassung zu eigen gemacht, daß die degressive Abschreibung auf dem anerkannten Besteuerungsprinzip beruhe, wonach echter betrieblicher Aufwand auch als Aufwand anerkannt werden müsse und nicht als Gewinn versteuert werden dürfe. Der Ausschuß fuhr dann fort: Über das Ausmaß der notwendigen Abschreibung müssen jeweils die wirtschaftlich-technischen Bedingungen entscheiden. Diese dürfen nicht durch Finanzierungsbedürfnisse oder Finanzierungwünsche verdrängt werden, die in dem Substanzverbrauch keine Rechts-, sondern nur eine formale Begründung finden. Die Abschreibung ist also keine Finanzierungshilfe. Die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen ist aber in Zeiten eines raschen technischen Fortschritts die einzig mögliche Antwort der Unternehmen in der produzierenden Wirtschaft auf diesen technischen Fortschritt. Ich befürchte, daß das starre Festhalten an der Entwurfsfassung des § 19 Nr. 3 die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien draußen in der Wirtschaft dem Verdacht aussetzt, bei uns habe ein investitionsunfreundliches Denken die 2796 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. September 1966 Oberhand gewonnen. Dies wäre ein Bruch mit der Tradition dieses Hohen Hauses. Wir haben seit 1949 vieles unternommen, um das Verständnis für ein intensives Investieren in den breitesten Schichten unseres Volkes wachzuhalten und ein Wiederaufleben der ehemaligen klassenkämpferischen Feindseligkeit gegenüber den Investoren und Kapitalgebern zu verhindern. Ohne die vorbildliche hohe Investitionsquote wäre unserer Volkswirtschaft der Anschluß an die Weltwirtschaft nicht gelungen. Ohne dieses unentwegte Investieren wäre die Arbeitslosigkeit nie beseitigt worden. Die Investitionsfreudigkeit ist nicht anders wie die Sparfreudigkeit zu beurteilen, ja, sie verleiht dieser überhaupt erst ihren produktiven Sinn. Wer die Investitionsfreudigkeit beeinträchtigt, schadet uns allen. Das Investieren muß dem Forschen und Erfinden in der Rangordnung gleichgestellt sein. Dem Zwang, sich durch Investitionen wettbewerbsfähig zu erhalten, ist nicht nur die kapitalintensive Großindustrie ausgesetzt. Für die mittleren und kleinen Unternehmen, das gesamte Handwerk und auch für die Landwirte gilt dieser Zwang nicht minder. Ohne Investitionen wären alle diese Bereiche bald hoffnungslos wettbewerbsunfähig. Ich glaube aber, daß wir bei der Bundesregierung offene Türen bei dieser Anerkennung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Investierens einrennen. Daher vertraue ich auch der Aussage des Herrn Bundeswirtschaftsministers, daß die unternehmerische Investitionsfreiheit nur in Fällen der äußersten Notwendigkeit gelenkt werden soll. Insoweit stelle ich meine Bedenken gegen die Entwurfsfassung des § 19 zurück. Es ist mein Wunsch, daß eine möglichst breite Mehrheit mit mir anerkennt: die produktiven Investitionen der Unternehmen — also die Ausrüstungsinvestitionen und die dazu nötigen Bauten — sind die volkswirtschaftlich sinnvollsten und nützlichsten Vermögensanlagen. Niemand kann leugnen, daß diese Investitionen es sind, die in hervorragender Weise die Steigerung des allgemeinen Lebensstandards bewirken und ermöglichen. Sie lassen eine sich unausgesetzt ausweitende Nachfrage die zu ihrer Befriedigung nötige Produktionsstätte finden. Um es zu präzisieren: investieren heißt, Sachvermögen bilden, heißt die Betriebsanlagen auf einen Stand bringen, der den vom Stande der Technik, von der Marktlage und von den Rentabilitätsrücksichten aufgegebenen Notwendigkeiten Rechnung trägt. Ich möchte noch einmal unterstreichen, daß die Investitionsentscheidungen nur das einzelne Unternehmen in seiner Verantwortung und seiner Risikobereitschaft fällen kann. Es gibt keine Zentrale, die genügend Überblick hätte, um Verantwortung und Risiko dem Unternehmen abzunehmen. Wir wollen, daß neben die Prinzipien des angemessenen Wachstums unserer wirtschaftlichen Hilfsquellen und der Verbesserung der realen Versorgung gleichberechtigt das der monetären Stabilität tritt. Hier sind Konfliktsituationen denkbar, zu denen, wie ich zugebe, auch eine übersteigerte Investitionsgüternachfrage beitragen kann, eine Nachfrage, die sich zeitlich und in bestimmten Sachbereichen zu sehr konzentriert. Die Folge ist, daß die Kapazitäten zur Herstellung gewisser Investitionsgüter zeitweilig nicht ausreichen, daß kürzere Lieferfristen mit Preiskonzessionen erkauft werden, daß Arbeitskräfte um den Preis exorbitanter Locklöhne schnell angeheuert werden und daß alle diese zusätzlichen Lasten an die Abnehmer weitergewälzt werden. Ich will betonen, daß diese Situationen bei uns bislang nicht lawinenartig eingetreten sind bzw. da, wo sie sich auf Teilmärkten ankündigten, bald wieder verflogen. Hier erwies sich das ausländische Angebot an Maschinen als recht zuverlässige Bremse. Um die jüngste Industriegeschichte geht es aber nicht. Es ist vielmehr so, daß eine kluge vorausschauende Politik tunlichst auch Extreme in ihre Rechnung einzustellen hat. Dazu zwei Gesichtspunkte! 1. Es gibt sicherlich auch auf dem Gebiet der produktiven Investitionen die Erscheinungen des Hortens und der Mode. Warum sollte man sie nicht zu glätten suchen? 2. Es ist keineswegs angebracht, den Schwarzen Peter im Ernstfall immer nur der öffentlichen Hand weiterzugeben. Denn auch die öffentlichen Investitionen dürfen nicht in Mißkredit gebracht werden, sie sind in vielen Fällen doch die Anschlußinvestitionen der privaten Entwicklung. Die Schlußfolgerung ist: mit dem Mangel an monetärer Stabilität wird ein Wirtschaftswachstum, das immer und nur auf dem Stand von übermorgen sein möchte, unter Umständen zu hoch bezahlt. Für heute und morgen up to date zu sein, genügt auch. Wir wollen daher wirtschaftspolitische Maßnahmen und Instrumente ins Auge fassen, die helfen können, das unternehmerische Investieren stetiger werden zu lassen durch Stützung bei übermäßiger Verlangsamung ebenso wie durch Bremsen bei zu großer Beschleunigung. Ich greife auf meine eingangs vorgetragenen Bedenken zurück: Oberster Grundsatz muß sein, daß diese Vorkehrungen den Unternehmern unter keinen Umständen die Freude am Investieren nachhaltig verderben. Das bedeutet nicht nur, daß das Interesse am technischen Fortschritt wachgehalten werden muß; auch die Finanzierungsatmosphäre muß freundlich bleiben. Die Geschichte lehrt uns, Absentismus der Produzenten wie Attentismus der Geldgeber sind Zeichen dafür, daß im politischen Verhalten etwas nicht gestimmt hat. Gewöhnlich war es ein Mangel an Gleichgewicht, an außen- und innerpolitischer Stabilität. Also nicht nur privatwirtschaftlich, sondern auch wirtschaftspolitisch gelten die Stichworte: Kooperation und Koordination. Wenn wir für die vor uns liegenden Aufgaben einen gesetzlichen Maßanzug schneidern wollen, dann müssen wir diese Stichworte im Auge behalten: die Kooperation zwischen den öffentlichen Händen und die Kooperation zwischen diesen und der Wirtschaft. Das Prinzip sollte sein: die konzertierte Aktion geht vor Befehl. Nur so kann Verständnis für das Erforderliche geweckt werden. Dann werden sich auch die Investitionspläne der Wirtschaftsunternehmen auf die allgemeinen übergeordneten Interessen ausrichten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alex Möller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat gestern für die Behandlung der Stabilisierungsgesetze — ich zitiere wörtlich —„drei Grundsätze klar herausgestellt" :
    Erstens. Das Stabilitätsgesetz ist notwendig.
    Zweitens. Das Stabilitätsgesetz ist jetzt notwendig.
    Drittens. Das Stabilitätsgesetz ist in den dem Hohen Hause vorgelegten Grundzügen notwendig.
    Ohne zu der Eigenart dieser Grundsätze und ihrer Rangfolge eine Anmerkung machen zu wollen, verweise ich auf die Konjunkturdebatte vom 25. Juni 1964, bei der die sozialdemokratische Bundestagsfraktion zu dem Schluß gekommen ist — ich zitiere wörtlich —: „Es muß j e t z t gehandelt werden, um Stabilität und weiteren Aufstieg zu sichern." Das war am 25. Juni 1964, als die Regierung und die Sprecher der Koalition unsere damaligen Bedenken mit der Bemerkung abtaten, das Ganze sei nichts anderes als „Inflationsgerede".
    Ein Jahr später hat der Vorsitzende der SPD, Willy Brandt, auf der Bundespressekonferenz in Bonn am 5. Juli 1965 folgendes ausgeführt:
    Ich halte die finanzwirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland für außergewöhnlich ernst. In den letzten Monaten sind im Bundestag Beschlüsse mit erheblichen finanziellen Auswirkungen auch für den 5. Deutschen Bundestag gefaßt worden, der also mit dieser schweren, ihn belastenden Hypothek seine Arbeit wird beginnen müssen. Hinzu kommt, daß die amtlichen Zahlen des Bundeshaushalts 1965 keine reale Ausgangsbasis darstellen. Diese Tatsache ist von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion nicht nur in der dritten Lesung des Bundeshaushalts 1965 mit Nachdruck herausgestellt worden; sie wurde auch von nicht parteigebundenen sachverständigen Institutionen ebenso wie von der Fachpresse mit großer Besorgnis gewürdigt.
    An diesen Vorgang müssen wir deswegen erinnern, weil gestern in der Debatte — unter anderem auch vom Herrn Kollegen Luda — diese Ausgabenwirtschaft, die wesentlich das jetzige Konjunkturklima bestimmt, in dem Sinne angeführt worden ist, als wenn sich auch die Opposition für diese Mehrheits-



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    beschlüsse des Deutschen Bundestages verantwortlich fühlen müsse. Ich halte dem entgegen, daß wir in der Haushaltsdebatte, insbesondere im Februar 1965, mit allem Ernst und Nachdruck auf die desolate finanzielle Lage des Bundeshaushalts und die weitere Entwicklung hingewiesen haben. Auch aus der ganzen Vorgeschichte des Haushaltssicherungsgesetzes ist klar erkennbar, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion keine Veranlassung hatte, sich an der Einsammlung der Wahlgeschenke zu beteiligen, die trotz unserer Warnung von der Mehrheit des 4. Deutschen Bundestages aus naheliegenden Gründen verteilt wurden.
    In diesem Zusammenhang hat bekanntlich auch die Anwendung des Art. 113 des Grundgesetzes eine Rolle gespielt. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat die Meinung vertreten — die sie auch heute noch zu vertreten beabsichtigt —, daß bei einer ziel- und tatbewußten Bundesregierung der Art. 113 ausreichen würde, um Ausgabenerhöhungen zu vermeiden, die zu einem nicht konjunkturgerechten Verhalten führen. Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien waren und sind anderer Meinung. Deshalb ist zunächst einmal, wenn wir uns mit dem Stabilisierungsgesetz und der vorgesehenen Änderung und Ergänzung des Art. 109 des Grundgesetzes beschäftigen, auch die Frage gestattet: warum wird der Art. 113 des Grundgesetzes nun nicht in einer der Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit gemäßen Form eingebaut? Denn mit dem Stabilisierungsgesetz und seinen Bestimmungen haben Sie immer noch nicht die Möglichkeit, sich gegen Ausgabenbeschlüsse des Bundestages oder einer Mehrheit des Bundestages zu wehren,

    (Abg. Frau Kalinke: Sie können uns dabei helfen!)

    die ähnliche Ergebnisse zur Folge haben könnten, wie das im 4. Deutschen Bundestag der Fall gewesen ist. Das zeigt doch die Unzulänglichkeit dieses Vorschlages der Bundesregierung, und das beweist, wie notwendig es ist, daß sich die Opposition mit diesen Erfahrungen gerade auf dem Hintergrund der Änderung des Art. 109 des Grundgesetzes und des Stabilisierungsgesetzes beschäftigt.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie dürfen in dieser Debatte die Dinge nicht auf den Kopf stellen und so tun, als hätte die Bundesregierung und als hätten Sie die Notwendigkeit einer Ergänzung des Instrumentarismus zum konjunkturgerechten Verhalten erfunden und wären in dem schwierigen Werk begriffen, die Opposition von der Richtigkeit eines solchen Vorgehens zu überzeugen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Umgekehrt liegen die Dinge! Wir versuchen, Ihnen seit Jahren klarzumachen, daß das Konjunkturinstrumentarium ergänzt werden muß. Noch am 1. März 1966 konnten Sie im „Industriekurier", einer der SPD sicher nicht wohlgesinnten Zeitung — ich will mich sehr vorsichtig ausdrücken —, lesen:
    Die Abneigung ... des Bundeskanzlers gegen jede Art von quantifizierbarer Wirtschaftspolitik ist bekannt. Wirtschaftspolitik in Bonn
    — damit ist die Bundesregierung und damit ist die Koalition gemeint —
    wird von frei schaffenden Künstlern gemacht, denen Zahlen und Prognosen ein Greuel sind.
    So hieß es am 1. März 1966. Meine Damen und Herren, daran müssen Sie einmal zurückdenken, wenn Sie diese Stabilisierungsdebatte mit einer Angriffsstellung gegen die Opposition führen, als wenn Sie uns von der Notwendigkeit eines solchen Instrumentariums überzeugen müßten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann kam die Bundestagsdebatte vom 3. März 1966. Das ist doch alles noch nicht so lange her. Das kann doch alles auch Herr Luda nicht vergessen haben! Der Bundeskanzler hat uns am 3. März 1966 zum erstenmal mit Planungsüberlegung überrascht. Dazu schrieb die „Neue Zürcher Zeitung", ein Blatt, das uns ebenfalls nicht nahesteht, vielleicht aber dem Altbundeskanzler:
    Erhard bediente sich eines volkswirtschaftlichen Vokabulars, das zu einem beachtlichen Teil aus dem sozialdemokratischen Wahlprogramm vom Sommer 1965 bekannt war und das er in früheren Jahren mit Sicherheit noch kategorisch von sich gewiesen hätte.

    (Beifall bei der SPD.)

    So schrieb die „Neue Zürcher Zeitung" über den 3. März 1966. In dieser Debatte, meine Damen und Herren, hat der Herr Bundeskanzler ein beachtliches Eingeständnis seiner Gedächtnisschwäche gemacht. Ich habe das Protokoll hier, in dem er erklärte, daß ihm einfach entfallen sei, daß das sozialdemokratische Regierungsprogramm im finanzwirtschaftlichen Teil auf der Forderung aufgebaut war, den Preisanstieg abzubauen: 3 % — 2 % — 2 % — 1 %. — Es wurde gefragt, ob wir ein solches Gutachten der Sachverständigen etwa vorausgeahnt hätten. Niemand ist auf die Idee gekommen, daß der Sachverstand der sozialdemokratischen Opposition hier eben mit dem Sachverstand der von der Bundesregierung eingesetzten Sachverständigen übereingestimmt hat.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe von der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, ich halte diese Tatsache aus einem Grunde fest, den Sie nachher noch erkennen werden. Ich werde ihn ganz deutlich formulieren. Denn es kommt darauf an, solche Tatbestände und Fakten nicht untergehen zu lassen in Reden, wie sie hier gestern etwa Herr Luda gehalten hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion war von der Ankündigung der Vorausschau und der Finanzplanung durch den Herrn Bundeskanzler auch deswegen überrascht, weil nach der vor einigen Wochen vorausgegangenen Erörterung des wirtschaftlichen Sachverständigengutachtens Herr Erhard derartige Absichten nicht erkennen ließ. Hierzu



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 7. März 1966:
    Die Genugtuung der Opposition war begreiflich. Hier kommt ein Stück der von ihr lange geforderten Rechenhaftigkeit in die Finanz- und und damit auch in die Wirtschaftspolitik hinein, die Erhard im Grunde gar nicht liegt.
    Ich füge hinzu: bei mir sind große Zweifel vorhanden, ob Herrn Erhard selbst dieses unvollständige Stabilisierungsgesetz innerlich wirklich liegt.
    Der Zickzackkurs des Bundeskanzlers bzw. der Bundesregierung in dieser lebenswichtigen Frage kommt ganz besonders klar in dem Artikel der Wochenzeitung „Die Zeit" vom 26. August 1966 zum Ausdruck, erschienen unter der Überschrift „Zu früh gefreut". Ich zitiere:
    Ludwig Erhard im Juni: „Das deutsche Volk taumelt dahin." Ludwig Erhard im August: „Über das Gröbste sind wir nun hinweg."

    (Lachen bei der SPD.)

    Seit seiner Regierungserklärung im vergangenen Herbst hat der Kanzler vor drohenden wirtschaftlichen Gefahren gewarnt, hat er mit Ernst und mit Leidenschaft gemahnt: „Wir sind bereits auf der schiefen Bahn." Nun soll alles plötzlich nicht mehr wahr sein. Erhard in einem Interview am Tegernsee: „Wir sind doch verrückt geworden, dauernd von einer Krise oder einem Verfall der Konjunktur zu sprechen!"
    Am 17. August 1966 überraschten uns die deutschen Zeitungen mit der Überschrift „Barzel verlangt von Herrn Erhard ein wirtschaftliches Gesamtprogramm". In dem Brief heißt es vor allen Dingen, das Stabilisierungsgesetz und der Haushalt 1967 könnten nur Teil einer sichtbaren Gesamtpolitik sein. So Herr Barzel. Mir wäre lieber gewesen, er hätte gestern nicht gegen eine Polemik meines Kollegen Schiller in einer Weise polemisiert, die seine Kritik an Herrn Schiller ungerechtfertigt, aber eine Kritik ihm gegenüber durchaus gerechtfertigt erscheinen läßt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es wäre besser gewesen, er hätte uns einmal gesagt, wieso und auf welchem Hintergrund — Herr Pohle! — er, Herr Barzel, zu diesen Erkenntnissen gekommen ist. Wenn schon der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion erklärt, das Stabilisierungsgesetz und der Haushalt 1967 könnten nur Teil einer sichtbaren Gesamtpolitik sein, so muß ich fragen: Wie können Sie da von der Opposition verlangen, daß sie dem Bundeskanzler weniger Mißtrauen entgegenbringt als der Vorsitzende der stärksten Regierungsfraktion?

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege Barzel hat einen Katalog wirtschaftspolitischer Überlegungen angeführt mit dem Hinweis, daß wichtige Männer der Wirtschaft ebenfalls pessimistische Prognosen gäben und daß daher zunächst politische Prioritäten bis 1970 festgelegt werden müßten. Herr Barzel hat in dem Brief geschrieben — ich muß es noch einmal wiederholen —, daß innerhalb einer solchen Rangfolge die Ausgaben-
    entscheidungen zu prüfen seien. Bei einer solchen Haltung müßte Herr Barzel vorübergehend Ehrenmitglied der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sein. Wir haben für ihn ein Plätzchen frei, wenn er mit solchen Auffassungen Schwierigkeiten bekommt, und er scheint sie zu bekommen; denn sonst hätte er den Mut haben müssen, gestern in der Bundestagsdebatte zu diesem seinem Brief zu stehen

    (Beifall bei der SPD)

    und hier vor dem Deutschen Bundestag die Sorgen darzustellen, die ihn als den Vorsitzenden der größten Regierungsfraktion mit Recht plagen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    So sehr das, was Herr Barzel hier ausgeführt hat, richtig ist, so sehr bleibt auch festzustellen, daß aus den bisherigen Erklärungen des Bundeskanzlers und seiner Regierung überhaupt noch kein solches wirtschaftliches Gesamtprogramm erkennbar wurde.
    Die Aufforderung der unserem verehrten Herrn Präsidenten nahestehenden Zeitung „Christ und Welt" vom 12. August 1966 blieb gleichfalls unbeachtet. Sie lautet:
    Der Bundeskanzler wird freilich Abstriche von seinem Glauben an die ökonomische Vernunft vornehmen müssen, er wird eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung nicht länger als den ersten Schritt zum wirtschaftlichen Dirigismus abtun können, er wird in einer Projektion die wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele seiner Regierung für das kommende Jahr anzugeben haben.
    Das alles, meine Damen und Herren, fehlt. Alle Unschuldsbeteuerungen aus dem Lager der Koalition können die Tatsache nicht wegwischen, daß die Ausgabenpolitik und die Wahlgeschenke der Mehrheit des Bundestages, die Auswirkungen der großen Steuersenkungen auf dem Höhepunkt der Konjunktur, das Kupon-Steuergesetz bei einem bereits schwer angeschlagenen Kapitalmarkt und ähnliches mehr zu der Vorlage dieses Stabilisierungsgesetzes geführt haben, wobei von uns immer und immer wieder ein koordiniertes Vorgehen von Bund, Ländern und Gemeinden über einen Staatsvertrag gefordert worden ist, um überhaupt — und das wollen wir auch in diesem Stadium der Diskussion nicht vergessen — eine Basis für das notwendige konjunkturgerechte Verhalten der öffentlichen Hand zu finden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich sage hier für das Protokoll des Deutschen Bundestages und für die deutsche Öffentlichkeit: unsere Stabilisierungsbemühungen, die Stabilisierungsbemühungen der Sozialdemokratischen Partei und ihrer Bundestagsfraktion, sind älter als die Existenz dieses jetzigen 5. Bundestages.

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Lachen in der Mitte: Zuruf von der Mitte.)

    — Das habe ich eben nachgewiesen.
    Ich übrigen empfehle ich Herrn Luda, sich wegen der Zweckmäßigkeit der Beibehaltung der Kupon-



    Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
    steuer auch einmal mit Herrn Strauß zu unterhalten. Es ist Ihnen doch nicht unbekannt, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, daß wir schon vor Monaten von einigen Ihrer Kollegen gefragt worden sind, ob wir nicht ein Vorhaben mitmachen wollten, das dahin zielt, die Aufhebung dieser Novellierung zu erreichen.
    Nun noch ein paar Bemerkungen zum Bundeshaushalt 1966 und den bekanntgewordenen Umrissen des Bundeshaushalts 1967! Zu 1966 nur eins: ich verweise auf die Meldungen in den Zeitungen vom 8. September 1966: „Unerwartete Schwierigkeiten im Etat 1966. Zur Vermeidung eines Defizits im laufenden Jahr sperrt die Bundesregierung gesetzlich nicht festgelegte Ausgaben in Höhe von über 1 Milliarde Mark." So die Zeitungsüberschriften am 8. September 1966!
    Zu den bisher bekanntgewordenen Umrissen der Haushaltsplanung für 1967 sollte sich die Koalition und sollte sich der Herr Bundesfinanzminister an die Veröffentlichung des Deutschen Industrieinstituts vom 13. September dieses Jahres, also vor zwei Tagen, erinnern, in der dieses Institut, das die Interessen der industriellen Arbeitgeber publizistisch vertritt, einen Zuwachs des Bundesetats von 8,5 % errechnet und fragt, wie diese Tatsache mit der Stabilisierungskonzeption der Bundesregierung und den Zielsetzungen des Stabilisierungsgesetzes zu vereinbaren sei. Das fragt das Deutsche Industrieinstitut.
    Meine Damen und Herren, ich muß im Hinblick. auf die Ausführungen, die der Herr Bundesfinanzminister eben gemacht hat, doch einmal die folgende Frage stellen: Soll nur in der Öffentlichkeit über die Haushaltsplanung für 1967, soweit sie bekanntgeworden ist, diskutiert werden? Nur in der Öffentlichkeit?! Soll der Bundestag in dieser Situation an einer solchen Diskussion in der Öffentlichkeit vorbeigehen und so tun, als wenn die Minister da drüben überhaupt keine Interviews gegeben hätten? Herr Bundesfinanzminister, haben Sie vergessen, was Sie im Bulletin veröffentlicht haben?

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie haben doch im Bulletin der Bundesregierung ein Interview veröffentlicht, in dem Sie einiges über den Bundeshaushalt 1967 sagen. Ist das nicht auch für uns bestimmt? Müssen nicht auch wir uns darüber Gedanken machen? Auch der Herr Bundesminister Niederalt hat schon einige Tage vorher ein Interview im „Deutschlandfunk" gegeben, das selbstverständlich auch im Bulletin der Bundesregierung veröffentlicht wurde. Er tut darin so, als wenn die Haushaltsplanung für 1967 ein gutes Beispiel für die Haushaltsgebarung von Ländern und Gemeinden sein könnte. Meine Damen und Herren, sollen wir einfach erklären, das existiert für uns nicht? Sollen wir denn in diesem Stadium vor der endgültigen Beschlußfassung der Bundesregierung über diese Vorlage des Bundeshaushalts nicht auch unsere Meinung sagen? Denn das ist es, was wir an der Erörterung des Stabilisierungsgesetzes und der damit in Zusammenhang stehenden Grundgesetzänderung als besonders bedrückend empfinden. Wir haben immer und immer wieder früh genug in den
    verschiedensten Debatten des Deutschen Bundestages unsere Vorstellungen über Maßnahmen zu einem konjunkturgerechten Verhalten der öffentlichen Hand und der Wirtschaft überhaupt vorgetragen. Die Bundesregierung ist an diesen Vorstellungen vorbeigegangen, als wenn sie ihr nie bekanntgeworden wären. Man hat es erstmalig für zweckmäßig gehalten, ein paar Worte mit uns zu sprechen, als dieses Gesetz bereits im Entwurf fertig vorlag.
    Meine Damen und Herren, ich verweise auf die Meldung der „Welt" Nr. 213 vom 13. September 1966, in der behauptet wird, daß im Bundesfinanzministerium eine Kabinettsvorlage erarbeitet worden sei mit dem Ziel, den gegenwärtigen Bundesanteil von 39 0/o an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer beizubehalten, da nur so die Maßstäbe des Grundgesetzes und auch die Grundsätze des Stabilitätsgesetzes beachtet würden.
    Ein Stabilitätsgesetz ist noch nicht verabschiedet, und zu dem letzteren will ich noch festhalten, daß eine Veränderung der Steuerverteilung im Stabilisierungsgesetz, jedenfalls soweit es uns jetzt im Entwurf und in der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen des Bundesrates bekannt wurde, nicht vorgesehen ist und daß sich die Regulierung von Einnahmen nach § 13 auf die Kreditaufnahme beschränkt. Bei Gefahr für die Preisstabilität soll ein Teil der Steuereinnahmen der Länder und natürlich auch des Bundes an die Konjunkturausgleichsrücklage gehen, wobei die Basis des Steueranteils von Bund und Ländern selbstverständlich überhaupt keine Rolle spielt.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Einen Augenblick. Herr Kollege Möller, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir das Wort zu einer geschäftsleitenden Bemerkung erlaubten.
Meine Damen und Herren, ich werde bestürmt, ob eine Mittagspause stattfinden wird oder ob wir die Sitzung nicht heute vormittag noch zu Ende bringen können. Ich glaube, nicht. Ich möchte auch den Herrn Redner nicht unziemlich bedrängen. Soweit ich sehe, wird er sicher bis gegen ein Uhr sprechen. Herr Kollege Möller, das schätzen Sie doch selber?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alex Möller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das war bisher meine Tradition.