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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 55. Sitzung Bonn, den 14. September 1966 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Braun 2641 B Abg. Frau Lösche tritt in den Bundestag ein 2641 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Borm, Dr. Müthling, Frau PitzSavelsberg, Wehner, Enk, Hörnemann (Gescher), Corterier, Burgemeister, Krug, Brünen, Dr. Koch, Dr. Bechert (Gau-Algesheim) und Walter 2641 D Glückwunsch zum 60. Geburtstag des Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier Dr. Schmid, Vizepräsident . . . 2642 B Überweisung von Vorlagen 2642 D Fragestunde (Drucksache V/908) Fragen des Abg. Reichmann: Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst hinsichtlich der Altersversorgung mit den Beamten Grund, Staatssekretär 2646 C Reichmann (FDP) 2647 A Frage des Abg. Büttner: Verzeichnis der Stellen, die Genehmigungen für Tierversuche erhalten haben Höcherl, Bundesminister 2647 B Büttner (SPD) 2647 B Frage des Abg. Josten: Vorrangige Errichtung von Fernsprechanschlüssen in Gemeinden der Eifel mit nur einem Anschluß Bornemann, Staatssekretär . . : 2647 C Josten (CDU/CSU) 2647 D Frage des Abg. Josten: Genehmigung von privaten Fernsprechanschlüssen in Niederdürenbach (Amtsbezirk Niederzissen) Bornemann, Staatssekretär . . . 2648 B Josten (CDU/CSU) 2648 B Fragen des Abg. Baier: Koordinierung der Tiefbaumaßnahmen mit Straßenbauvorhaben Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2648 C Baier (CDU/CSU) 2648 D Frage des Abg. Prochazka: Verhandlungen zwischen Beauftragten der Deutschen Bundesbahn und Bevollmächtigten für das Verkehrswesen der SBZ Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2649 C Frage des Abg. Prochazka: Einschränkung des Interzonenreisezugverkehrs Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2649 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 Fragen des Abg. Dr. Jungmann: Stauungen durch schienengleiche Bahnübergänge im Zuge der Bundesstraßen 1 und 3 im Raum Elze Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2649 D Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Senkung der Benzinpreise bei den Tankstellen an den Bundesautobahnen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2650 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2650 C Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 2650 D Schmücker, Bundesminister . . . . 2650 D Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Beantwortung von Beschwerden wegen übermäßiger Belästigung durch Lärm von Maschinen des Typs F 104 . . 2651 A Frage des Abg. Josten: Vergütung für die ehemaligen Grundstückseigentümer der Standortschießanlage in Mayen Gumbel, Staatssekretär 2651 A Josten (CDU/CSU) 2651 B Fragen des Abg. Dr. Abelein: Mittel des Bundesverteidigungsministeriums für den Reservisten-Verband und die Zeitschrift „Die Reserve" . . 2651 C Fragen des Abg. Mick: Bezeichnung von Waffensystemen als „Waffenfamilien" Gumbel, Staatssekretär 2651 D Mick (CDU/CSU) 2652 B Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Zentrale Registrierstelle für die Zulassung zum Studium der Medizin und der Zahnheilkunde, Sitz Bonn Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 2652 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache V/810) — Erste Beratung — . . . 2653 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache V/811) — Erste Beratung - . . . . . . . . . 2653 B Entwurf eines Gesetzes über betriebs- und marktwirtschaftliche Meldungen in der Landwirtschaft (Drucksache V/812) — Erste Beratung — 2653 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abg. Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Pohle, Häussler, Meister, Baier u. Gen.) (Drucksache V/816) — Erste Beratung — 2653 C Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksache V/823) — Erste Beratung — . . . . . 2653 C Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen und zum Protokoll vom 14. Dezember 1965 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache V/835) — Erste Beratung — . . . . . 2653 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Kolumbien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/838) — Erste Beratung — 2653 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnungen Nr. 20 (Schweinefleisch), Nr. 21 (Eier) und Nr. 22 (Geflügelfleisch) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft (Drucksache V/839) — Erste Beratung — . . . . 2654 A Entwurf eines Pflanzenschutzgesetzes (Drucksache V/875) — Erste Beratung — 2654 A Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Richterwahlausschusses (Drucksache V/884) — Erste Beratung — 2654 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung (AOÄG 1966) (Drucksache V/885) — Erste Beratung — . . . 2654 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 (Drucksache V/886) — Erste Beratung — . . . . . 2654 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 III Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Drucksache V/891) — Erste Beratung — 2654 C Entwurf eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes (Drucksache V/898) — Erste Beratung — 2654 C Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes (Drucksache V/899) — Erste Beratung — . . . . . 2654 D Entwurf eines Gesetzes über Ausgleichsbeträge für Betriebe des Bundes und der Länder sowie für gleichgestellte Betriebe (Bundesrat) (Drucksache V/832) — Erste Beratung — 2654 D Zweiundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingente für Melasse) (Drucksache V/825) 2655 A Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Heringe und Sprotten) (Drucksache V/833) 2655 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des Grundstücks in Berlin-Charlottenburg, Heubnerweg 2 (Drucksache V/874) 2655 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des bundeseigenen Dorfes Dalherda/Rhön (Drucksache V/882) 2655 B Antrag betr. Olympiagroschen (Abg. Rawe, Vogel [Warendorf], Dr. Klepsch, Prinz von Bayern u. Gen.) (Drucksache V/794) 2655 B Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache V/890) —Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität (Drucksache V/890) — Erste Beratung — Dr. Erhard, Bundeskanzler . . . . 2655 C Schmücker, Bundesminister . . . . 2657 D Dr. Schiller (SPD) 2665 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 2675 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 2679 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . 2683 D Dr. Luda (CDU/CSU) 2685 D Dr. Staratzke (FDP) . . . . . . 2696 D Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 2699 C Nächste Sitzung 2706 D Anlagen 2707 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 2641 55. Sitzung Bonn, den 14. September 19i6 Stenographischer Bericht Beginn: 14.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 38. Sitzung, Seite 1703 D, Zeile 4 statt IV/2223: IV/2323 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin/Köln) 15. 9. Dr. Becher (Pullach) 16. 9. Biermann 16. 9. Dr. Birrenbach 15. 9. Blume 14. 9. Dichgans *) 16. 9. Dr. Effertz 14. 9. Eisenmann 16. 9. Frau Dr. Elsner 15. 9. Glombig 17. 9. Hellenbrock 18. 9. Dr. Hesberg 16. 9. Hirsch 17. 9. Dr. Hudak 16. 9. Leber 16. 9. Lemmer 15. 9. Mauk *) 14. 9. Merten *) 14. 9. Müller (Aachen-Land) *) 16. 9. Müller (Worms) 17. 9. Peters (Norden) 20. 9. Picard 17. 9. Dr. Ritgen 18. 9. Rollmann 16. 9. Stiller 17. 9. Frau Stommel 15. 9. Frau Strobel 16. 9. Strohmayr 16. 9. Dr. Verbeek 15. 9. Wellmann 14. 9. Wendelborn 16. 9. b) Urlaubsanträge Dr. Abelein 4. 10. Dr. Adenauer 5. 10. Blachstein 10. 10. Frau Brauksiepe 30. 10. Busse 26. 9. Dorn 23. 9. Dr. Eppler 7. 10. Erler 30. 9. Ertl 23. 9. Franke (Hannover) 21. 9. Frehsee 30. 9. Frau Funcke 23. 9. Dr. Giulini 22. 9. Dr. Götz 26. 9. Dr. Dr. Heinemann 28. 9. Dr. Huys 5. 10. Iven 26. 9. Dr. h. c. Jaksch 22. 9. Dr. Kopf 4. 10. Frau Korspeter 30. 9. Dr. Kübler 30. 9. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Kurlbaum 30. 9. Lenz (Trossingen) 30. 9. Dr. Marx (Kaiserslautern) 29. 9. Michels 30. 9. Opitz 23. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Raffert 6. 10. Rehs 22. 9. Rock 2. 10. Saam 7. 10. Dr. Schulz (Berlin) 21. 9. Steinhoff 25. 9. Teriete 20. 10. Dr. Dr. h. c. Toussaint 25. 9. Weimer 5. 10. Windelen 23. 9. Dr. Wörner 30. 9. Anlage 2 Ergänzende Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 20. Juni 1966 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Meermann (Drucksache V/614 Fragen VI/3 und VI/4 *) ) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die bagatellisierenden Äußerungen aus dem Bundesgesundheitsministerium über Pflanzenschutzmittelrückstände in holländischem Kopfsalat durch das Ergebnis der vom Bundesernährungsministerium vorgenommenen Überprüfung von Untersuchungskontrollen nicht gerechtfertigt werden? Sind in den letzten Monaten regelmäßig Salatkontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden vorgenommen worden? Die amtliche Lebensmittelüberwachung in den Ländern hat die aus den Niederlanden eingeführten Salatsendungen in verstärktem Umfange untersucht, nachdem sie seit Anfang des Jahres 1966 durch Pressenachrichten und durch Nachfragen meines Hauses darauf aufmerksam geworden war. In einigen Ländern ist diese über den normalen Stichprobenumfang hinaus verstärkte Überwachung in letzter Zeit wieder aufgegeben worden, da sie keine Befunde erbracht hatte, die zu irgendwelcher Besorgnis hätten Anlaß geben können. Neben einer großen, in ihrem zahlenmäßigen Umfang mir nicht von überall mitgeteilten Anzahl von Untersuchungen, die mit einwandfreien Untersuchungsverfahren überhaupt keine Rückstände von Aldrin oder Dieldrin auf niederländischem Salat erkennen ließen, hatte die amtliche Lebensmittelüberwachung im Bundesgebiet insgesamt folgende Befunde an Aldrin und Dieldrin: 24 Proben mit Spuren von kaum meßbarer Menge bis gegen 0,08 ppm, 39 Proben mit Rückständen bei 0,1 ppm (niederländische Toleranz), 11 Proben mit 0,1 bis 0,3 ppm, *) Siehe 42. Sitzung, Seite 1886 A 2708 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 1 Probe mit 0,22 ppm, 1 Probe mit 0,23 ppm, 2 Proben mit 0,25 ppm (USA-Toleranz), 2 Proben mit 0,3 bis 0,5 ppm. Höhere Befunde als die beiden Werte, die bei 0,3 bis 0,5 ppm lagen, sind mir nicht mitgeteilt worden. Die international gebräuchliche pharmakologische Meßeinheit „ppm" (_ „parts per Million") bedeutet 1 millionstel Gramm des Stoffes in einem Gramm Lebensmittel oder 1 Milligramm (tausendstel Gramm) in einem Kilogramm Lebensmittel. Den ppm-Toleranzwerten soll nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis die Abschätzung zugrunde liegen, wieviel von dem fraglichen Stoff der Durchschnittsverbraucher in normaler Kost täglich zu sich nehmen könnte, ohne um eine Beeinträchtigung seiner Gesundheit besorgt sein zu müssen. Die ppm-Werte werden nach anerkannten Überschlagsformeln errechnet, in denen berücksichtigt werden: Die errechenbare Toxizität (Giftigkeit) des Stoffes auf Grund sachgemäßer, jahrelanger wissenschaftlicher Tierversuche an vergleichsweise geeigneten Warmblütern, gewöhnlich auch die nach regionalen Ernährungsgewohnheiten vorauszusehende durchschnittliche Verzehrmenge der Lebensmittel, die mit dem Stoff behaftet sein können, und das durchschnittliche Körpergewicht des Verbrauchers, sowie grundsätzlich ein hundertfacher Sicherheitsfaktor hinsichtlich der Toxizität. Die in den USA z. Z noch geltenden Toleranzwerte weichen von den in europäischen Ländern gebräuchlichen z. T. in den Zahlenwerten ab, u. a. weil Ergebnisse. von Tierversuchen, landesübliche Verzehrmengen, auch das durchschnittliche Körpergewicht der Verbraucher, anders bewertet worden sein dürften, jedoch sind auch die amerikanischen Toleranzwerte mit einem hundertfachen Sicherheitsfaktor für die Toxizität errechnet worden, wie erst kürzlich in einem Bericht an das amerikanische Repräsentantenhaus ausdrücklich erklärt wurde. Unter diesen Umständen kann selbst bei einer gelegentlichen Überschreitung des USA-Toleranzwertes von 0,25 ppm bis zu 0,5 ppm, wie sie lediglich in den obengenannten 2 Proben (wahrscheinlich weniger als 1 % der gesamten seit Januar 1966 durchgeführten amtlichen Untersuchungen) gefunden wurde, von einer alarmierenden Gefährdung der Gesundheit der Verbraucher keine Rede sein. Die amtliche Lebensmittelüberwachung hat deshalb mit Recht auch bei diesen verschwindend wenigen Fällen von einer Beanstandung abgesehen, die nach geltendem Recht nur auf § 3 des Lebensmittelgesetzes (Nachweis der Eignung zur Schädigung der Gesundheit) zu stützen gewesen wäre, aber bei dieser Sachlage für die Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens von vornherein nicht in Betracht kam. Die amtliche Lebensmittelüberwachung kann mit ihrer Einrichtung und Besetzung nur Stichproben aus dem Handel untersuchen und wird nicht jedes Verdachtsmoment oder etwaigen tatsächlichen Mangel sofort auffinden können. Wer im Lebensmittelverkehr Beobachtungen macht, die ihm verdächtig erscheinen, sollte deshalb sofort die amtliche Lebensmittelüberwachung unterrichten, zumal auch nur diese mit Hilfe der ihr in § 6 des Lebensmittelgesetzes verliehenen Befugnis schnell genug Herkunft und Streuung der fragwürdigen Ware ermitteln und auch Beschlagnahmungen veranlassen könnte, wenn dies in erweislich begründetem Interesse des Verbraucherschutzes geboten erscheinen sollte. Die Bundesanstalt für Qualitätsforschung pflanzlicher Erzeugnisse hat Mitte November 1965 die amtliche Lebensmittelüberwachung nicht alsbald auf ihre Beobachtungen aufmerksam gemacht, sondern sich erst Ende Dezember 1965 oder Anfang Januar 1966 mit einer amtlichen chemischen Untersuchungsanstalt in Verbindung gesetzt, als die Sendungen, an denen die Bundesanstalt die von ihr selbst gekauften Proben mit dem Biotest geprüft hatte, längst im Handel abgesetzt waren. Nach so langer Zeit konnte die amtliche Lebensmittelüberwachung zweckdienliche Ermittlungen nach Herkunft und Streuung dieser Sendungen nach § 6 des Lebensmittelgesetzes nicht mehr anstellen. — Wären Proben der von der Bundesanstalt verdächtigten Sendungen sofort im November 1965 mit einwandfreien, reproduzierbaren chemischen oder chemisch-physikalischen Untersuchungsverfahren exakt amtlich geprüft worden, so hätte man wahrscheinlich von vornherein die Öffentlichkeit sachgemäß unterrichten können. Der sogenannte Biotest mit der Taufliege Drosophila hat nur den Wert einer groben Vorprobe, die lediglich dann, wenn sie positiv ausfällt, auf den Verdacht hinweist, daß fliegenwirksame Stoffe zugegen sein könnten. Wer mehr als dieses aus dem Biotest herausdeuten will und es unterläßt, auf Grund eigener ausreichender Experimentiererfahrungen das Untersuchungsmaterial nach sachgemäßer Vorbehandlung mit exakten, reproduzierbaren chemischen oder chemisch-physikalischen Untersuchungen mit zeitgemäßen Geräten für einen eindeutigen spezifischen qualitativen Nachweis und quantitative Mengenbestimmung einschließlich eines bestätigenden Parallelversuches zu prüfen, würde über wissenschaftlich nicht ausreichende Urteilsgrundlagen verfügen. Der Biotest ist in früherer Zeit der amtlichen Lebensmittelüberwachung als eine schnelle Vorprobe zur vereinfachenden Arbeitserleichterung empfohlen worden. Er ist in sachverständigen Kreisen nunmehr durch mißbräuchlich ausgeweitete Auswertung so in Verruf geraten, daß sich diese Empfehlung kaum noch wird aufrechterhalten lassen. Ich bedauere diese Entwicklung, weil sie die amtliche Lebensmittelüberwachung einer einfachen und billigen Vorprobe berauben kann. Daß niederländische Salatsendungen von der Einfuhr nach England zurückgewiesen worden sein sollen, ist mir nicht bekannt. Vielmehr wurde Vertretern des Bundesernährungsministeriums und des Bundesgesundheitsamtes bereits im Januar 1966 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 2709 durch das niederländische Gesundheitsministerium versichert, daß keine niederländische Salatsendung in England von der Einfuhr zurückgewiesen worden sei. In Großbritannien haben nach einer brieflichen Mitteilung vom 7. Juni 1966, die mir aus der beteiligten Wirtschaft zugegangen ist, die Behörden, die mit der Untersuchung von importiertem Gemüse befaßt sein könnten, sowie die Behörden, die gegebenenfalls eine Einfuhrgenehmigung verweigern, Vertretern der beteiligten Wirtschaft kategorisch erklärt, daß auf holländischem Importsalat: keine überhöhten Rückstände gefunden worden seien und daß auch niemals eine Sendung Salat wegen zu hoher Pflanzenschutzmittelrückstände zurückgewiesen worden sei. Wenn die Bundesregierung in eine Prüfung der Frage eintreten sollte, ob es angebracht erschiene, sich nochmals auf diplomatischem Wege bei den ausländischen Regierungen um eine förmliche Bestätigung dieser Auskünfte zu bemühen, so müßte ich Sie bitten, mir zuvor Quelle und genauen Inhalt etwaiger anderslautender Informationen mitzuteilen, über die Sie verfügen mögen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 29. Juni 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Bühler (Drucksache V/760 Fragen IV/1 und IV/2): Ist der Bundesregierung bekannt, worauf die Schäden an Obstbäumen, Sträuchern aller Art und an Gemüse im Gebiet der Gemeinde Grenzach, Kreis Lörrach, zurückzuführen sind? Wer ist verpflichtet, die in Frage IV/1 erwähnten Betroffenen zu entschädigen? Zu 1: Nach meinen Informationen haben offensichtlich Emissionen der im Umkreis von Grenzach befindlichen Kaliwerke die besagten Schäden verursacht. Dabei sind Gemüse je nach Art unterschiedlich, Beerenobst weniger und Obstbäume stärker geschädigt. Das Pflanzenschutzamt Freiburg hat bereits Ermittlungen zur Klärung der Ursachen eingeleitet. Zu 2: Zur Entschädigung verpflichtet ist prinzipiell der Verursacher des Schadens; den Betroffenen obliegt es jedoch, den Nachweis über Verursacher und Schädigung zu erbringen. Das Immissionsschutzgesetz Baden-Württembergs vom 4. 2. 1964 weist die Aufsicht über die Kalifabriken den Bergämtern zu, die z. B. Messungen der ausgestoßenen Abgase, Stäube und dgl. vornehmen und z. B. Betriebseinschränkungen oder leistungsfähigere Filteranlagen zur Auflage machen können, wenn die zulässigen Emissions-Grenzwerte überschritten werden. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Heck vom 4. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Matthöfer (Drucksache V/760 Frage XI/5) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung der Einladung eines Vertreters des offiziellen spanischen Studentensyndikats durch das Bundesfamilienministerium auf die Mehrheit der demokratisch gesinnten Studenten Spaniens? Ihre Frage geht von einer nicht ganz richtigen Voraussetzung aus. Die Bundesregierung hatte lediglich eine Delegation führender Persönlichkeiten der spanischen Jugendarbeit eingeladen. Sie hat auf die Zusammensetzung, wie dies der internationale Takt gebietet, keinen Einfluß genommen. Bei dieser Delegation war auch der Nationaldelegierte für die Jugendorganisationen der Universitäten. Nun zu Ihrer Frage: Wir haben festgestellt, daß die spanische Jugend es ganz allgemein strikt ablehnt, sich bzw. ihre Jugendorganisationen und deren Repräsentanten vom Ausland her abwertend beurteilen oder behandeln zu lassen. Ich nehme an, daß dies auch für die spanischen Studenten gilt. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Lahr vom 4. Juli 1966 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Schanzenbach (Drucksache V/760 Fragen XIV/2, XIV/3 und XIV/4) : Trifft es zu, daß die französische Zollverwaltung in der deutschen Grenzstadt Kehl sogenannte V-Leute einsetzt, die die französischen Behörden über Einkäufe französischer Bürger in Kehl benachrichtigen? Welchen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt eine der in Frage XIV/2 erwähnte Tätigkeit als V-Mann einer ,ausländischen Zollverwaltung, wenn sie auf deutschem Hoheitsgebiet erfolgt? Sind die deutschen Behörden der Darstellung eines Kehler Bürgers nachgegangen, wonach ein französischer Zollbeamter ihm gegenüber erklärt haben soll, 170 Agenten arbeiteten bereits für die Zollverwaltung Straßburg? Zu 1: Soweit bisher festgestellt werden konnte, beruhen die in verschiedenen Zeitungen und im Fernsehen erschienenen Darstellungen vor allem auf den Angaben eines Kehler Bürgers, der in Straßburg eine Zollstrafe zahlen mußte. Er gab an, daß französische Zollbeamte bei dieser Gelegenheit versucht hätten, ihn zu Spitzeldiensten der in der Frage umrissenen Art anzuwerben. Die Ermittlungen des Auswärtigen Amts, des Bundesfinanzministeriums und des Innenministeriums von Baden-Württemberg blieben bisher ohne konkretes Ergebnis. Zu 2: Ein Straftatbestand, der durch das Verhalten der sog. V-Leute erfüllt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Zu 3: Ja. Auch insoweit blieben der Ermittlungen bisher ohne konkretes Ergebnis. 2710 Deutscher Bundestag -- 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Lahr vom 4. Juli 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/760, Fragen XIV/5, XIV/6 und XIV/7) : Welche Gründe waren bisher maßgebend, die der Errichtung einer deutschen Schule in London entgegenstanden, obwohl Hunderte deutscher Kinder und audi Hunderte ausländischer Staatsbürger seit Jahren darauf warten, eine deutsche Schule besuchen zu können? Ist der Bundesregierung bekannt, daß englische Stellen bereits ein Gebäude für die Einrichtung einer deutschen Schule in London angeboten haben? Ist die Bundesregierung bereit, die Bemühungen des in London bestehenden deutschen Schulvereins auf Einrichtung und Anerkennung einer deutschen Schule zu unterstützen? Zu 1: Der Zeitpunkt der Errichtung einer deutschen Schule in London hängt lediglich davon ab, daß ein geeignetes Schulgebäude zur Verfügung steht. Dies ist im Augenblick noch nicht der Fall. Sollte die Schule im Herbst dieses Jahres eröffnet werden können, ist aufgrund mehrfacher Umfragen mit der Anmeldung von etwa 60 deutschen und 5 nichtdeutschen Kindern zu rechnen. Zu 2: Trotz nachdrücklicher Bemühungen der Deutschen Botschaft in London konnten bisher nur zwei geeignete Gebäude ausfindig gemacht werden. Es hat sich indessen vor kurzem herausgestellt, daß für das eine die behördliche Genehmigung zur Einrichtung einer Schule nicht zu erlangen ist und daß das andere wegen Einsprüchen der Nachbarn ausscheidet. Zu 3: Das Auswärtige Amt hat bereits im Sommer vorigen Jahres der Errichtung einer deutschen Schule in London grundsätzlich zugestimmt. Die Suche nach einer passenden Unterkunft wird fortgesetzt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Lahr vom 5. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Flämig (Drucksache V/760 Frage XIV/8) : Ist die Bundesregierung bereit, sich im Ministerausschuß des Europarates dafür zu verwenden, daß die mit Resolution 211 (1961) zum Zwecke der Entwicklung und Förderung kommunaler Austauschprogramme in das Budget des Rates für Kulturelle Zusammenarbeit eingesetzte Summe von 50 000 Frs. als ordentliche Etatposition in das Budget des Europarates übernommen und angemessen erhöht wird? Der jährliche Zuschuß zur Entwicklung und Förderung kommunaler Austauschprogramme in Höhe von 50 000 Frs. wird bereits seit längerer Zeit aus dem ordentlichen Verwaltungshaushalt des Europarats und nicht mehr aus dem Europäischen Kulturfonds gezahlt. Die Frage einer angemessenen Erhöhung dieses Zuschusses kann erst näher geprüft werden, wenn der vom Ausschuß der Ministerbeauftragten eingesetzte Ad-hoc-Ausschuß die Überprüfung der weitergehenden Vorschläge: Intensivierung des Austauschprogrammes, Errichtung eines Austauschbüros, Schaffung eines Europäischen Jugendwerkes usw. durchgeführt und sein Gutachten abgegeben hat. Sollten aufgrund der Untersuchungen des Ad-hocAusschusses diese Vorschläge ganz oder teilweise verwirklicht werden, so würden den Mitgliedstaaten daraus auch wesentlich höhere Kosten als bisher für Aufgaben des Kommunalaustausches im Rahmen des Europarats entstehen. Daneben wäre dann kein Platz mehr für eine Aufstockung des in der Frage erwähnten Fonds von 50 000 Frs. Sollten die weitergehenden Vorschläge jedoch nicht zu verwirklichen sein, ist die Bundesregierung bereit, sich wenigstens für eine angemessene Erhöhung des bisherigen Zuschusses in den durch die Haushaltslage des Bundes gezogenen Grenzen einzusetzen. Anlage 8 Schriftliche Anwort des Staatssekretärs Lahr vom 4. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Wörner (Drucksache V/760 Frage XIV/9) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Bemühungen um eine zoll- und abgabenfreie Einfuhr von Sachspenden der christlichen Kirchen und der Wohlfahrtsverbände in Indien zu unterstützen? Nach langwierigen Verhandlungen steht die Unterzeichnung einer Regierungsvereinbarung über die Erleichterung der Einfuhr von Sachspenden nach Indien in Kürze bevor. Dieses Abkommen sieht die zollfreie Einfuhr von Gütern und Artikeln vor, die von den Kirchen und den Wohlfahrtsverbänden für Hilfs- und Rehabilitationszwecke gespendet worden sind. Güter und Artikel dieser Art sind insbesondere Lebens- und Arzneimittel, Krankenhauseinrichtungen und -bedarf, Sanitätswagen und landwirtschaftliche Geräte. Die Bundesregierung betrachtet dieses Abkommen als einen wichtigen Schritt auf dem von den christlichen Kirchen und den Wohlfahrtsverbänden gewünschten Wege. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Lahr vom 8. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/760 Frage XIV/10): Welche Vereinbarungen oder Verträge gibt es zwischen den Behörden der sowjetisch besetzten Zone und den Regierungen der ost-mittel-europäischen Staaten Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien und Albanien, die es interessierten Stellen der SBZ gestatten, die Namen von Ferienreisenden aus der Bundesrepublik Deutschland in diesen Staaten zu erfassen, sowie ihren Aufenthaltsort und ihre Hotelunterkünfte zu ermitteln? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1966 2711 Es muß in der Tat davon ausgegangen werden, daß der sowjetzonale Staatssicherheitsdienst mit entsprechenden Organen kommunistischer Staaten in Ost- und Südosteuropa bei der Überwachung von Touristen aus der Bundesrepublik Deutschland zusammenarbeitet. Ob und wieweit diese Zusammenarbeit auf Verträgen oder förmlichen Vereinbarungen beruht, ist nicht bekannt. Zwischen der sowjetisch besetzten Zone und osteuropäischen Staaten bestehende Konsular- oder Rechtshilfeabkommen dürften hierfür als „Rechtsgrundlage" nur ausnahmsweise in Frage kommen, da sie sich — nach der sowjetzonalen Zweistaatentheorie — nur auf „Bürger der DDR" beziehen. Vermutlich wird die Zusammenarbeit nicht vertraglich fixiert sein, noch schematisch gehandhabt werden; sie dürfte sich vielmehr von Land zu Land aber (auch nach Zeit und Umständen verschieden gestalten. Es liegt nahe, daß vor allem jene Länder, denen an einem geregelten, ungehinderten und wachsenden Touristenverkehr aus der Bundesrepublik Deutschland gelegen ist, dem sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst kaum Befugnisse einräumen oder Zusagen geben werden, die ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen können. Manches deutet darauf hin, daß die Behörden einiger dieser Länder dem sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst eine Kontrolle über die Namen, Aufenthaltsorte und Hotelunterkünfte deutscher Reisender zur Zeit verwehren. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Lahr vom 4. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/760 Frage XIV/11) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die zuständigen italienischen Behörden auf den unhaltbaren Zustand, in dem sich der italienische Teil der Brennerstraße befindet, aufmerksam zu machen, vor allem im Hinblick auf die Tatsache, daß gerade diese Strecke von Hunderttausenden deutscher Feriengäste auf der Fahrt in die italienischen Fremdenverkehrsorte in diesem Sommer benutzt wird? Italien beabsichtigt bekanntlich seit langem, die Brennerstraße zu einer Autobahn auszubauen. Soweit die Bundesregierung unterrichtet ist, sind die Vorarbeiten hierfür in vollem Gange. Es ist daher anzunehmen, daß der augenblickliche Zustand der Straße hiermit im Zusammenhang steht. Das Bundesverkehrsministerium wird sich mit den zuständigen italienischen Stellen in Verbindung setzen. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 1. Juli 1966 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/767 Frage II) : Wird die Bundesregierung bemüht sein, nachdem für das Projekt einer V-Bahn in Frankfurt von Seiten der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn ein Antrag sowohl auf technische Genehmigung als auch auf Einleitung der für die Finanzierung notwendigen Verhandlungen vorliegt, diese Verhandlungen so zu beschleunigen, daß für das Haushaltsjahr 1967 ein entsprechender Titel vorgesehen werden kann? Die Bundesregierung hat mit der Drucksache IV/3602 vom 18. Juni 1965 dem Hohen Haus ihren Beschluß zum Bericht der Sachverständigenkommission nach dem Gesetz über eine Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden vorgelegt. Ich hatte in der Fragestunde am 22. Juni 1966 bereits mitgeteilt, daß die Bundesregierung die Finanzierung des Projekts V-Bahn Frankfurt nicht für sich allein betrachten kann, sondern in die allgemeinen Überlegungen zur Finanzierung dieser Maßnahmen einbezogen werden muß. Aus dem genannten Bericht können Sie ersehen, daß die Bundesregierung den Bundesminister der Finanzen beauftragt hat, im Einvernehmen mit den Bundesministern für Verkehr und des Innern und in Abstimmung mit den Ländern einen Vorschlag zur zusätzlichen Finanzierung der Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden vorzulegen, der den haushaltsrechtlichen und haushaltspolitischen Notwendigkeiten Rechnung trägt. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen, zumal auch die Länder sich noch nicht darüber klar sind, welchen Weg sie für zweckmäßig halten. In dem genannten Fall, für den mir der Vorstand der Deutschen Bundesbahn Finanzierungsvorschläge bisher nicht hat unterbreiten können, auch nicht für Teilabschnitte, werden gesonderte Verhandlungen mit der Hessischen, Landesregierung notwendig. Vorbesprechungen dazu sind eingeleitet. Es ist anzunehmen, daß bis zur Vorlage des Haushalts für 1967 Ergebnisse dieser Verhandlungen vorliegen werden.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor der Herr Bundeswirtschaftsminister die Regierungsvorlagen zur Änderung des Art. 109 des Grundgesetzes und des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität einbringt und im einzelnen begründet, sehe ich mich verpflichtet, dem einige grundsätzliche Bemerkungen vorauszuschicken.
    In meiner Erklärung zum Abschluß der dritten Lesung des Bundeshaushalts 1966 — das war am 27. Mai dieses Jahres — hatte ich diese beiden Regierungsvorlagen bereits angekündigt.
    Welche Ziele verfolgen wir mit diesem Gesetzeswerk?
    Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, um die Stabilität von Wirtschaft und Währung in optimaler Weise gewährleisten zu können. Wir wollen damit die Erfolge unserer Politik, die Früchte der gemeinsamen Arbeit unseres Volkes und seine Zukunft sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wie können wir dieses Ziel erreichen?
    Die Grundgesetzänderung soll die Möglichkeit eröffnen, durch Bundesgesetz bzw. durch Rechtsverordnung — und dies jeweils mit Zustimmung des Bundesrates — Grundsätze für eine konjunkturgerechte mehrjährige Finanzplanung aufzustellen. Sie soll ferner Gefahren für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" durch den Erlaß von Vorschriften für die Schuldaufnahme durch die öffentlichen Hände sowie durch eine Konjunkturausgleichsrücklage abwehren.
    Diese Verfassungsänderung ist also keineswegs nur zur Behebung aktueller Schwierigkeiten bestimmt. Sie soll vielmehr die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Einführung eines dauerhaften konjunkturpolitischen Instrumentariums schaffen. Ohne diese Voraussetzungen ist heute in unserer modernen großräumigen und weltoffenen Wirtschaft eine erfolgreiche Steuerung der Konjunkturpolitik nicht mehr möglich. Wir wollen damit vorsorglich auch bedenkliche Entwicklungen verhindern, wie sie in einer Reihe von Ländern — ich brauche sie hier nicht zu nennen — aller Welt sichtbar geworden sind. Die Bundesregierung will unter allen Umständen verhindern, daß freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie Lohn- und Preisstopp, eine teilweise Devisenbewirtschaftung und eine drastische Erhöhung der Besteuerung von Gütern des täg-



    Bundeskanzler Dr. Erhard
    lichen und vor allem auch des zivilisatorischen Bedarfs notwendig werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen damit, wie noch deutlich werden wird, zugleich ein wichtiges Problem lösen, das sich jedem, der mit offenen Augen unsere wirtschafts- und finanzpolitische Situation betrachtet und erkennt, immer dringlicher stellt.
    Dieses Problem betrifft eine der wichtigsten Fragen unserer Wirtschafts- und Finanzverfassung, nämlich die Frage des Verhältnisses zwischen öffentlicher und privater Finanzgebarung sowie die Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Innere Stabilität, wirtschaftliches Wachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht auf eine gemeinsame Formel zu bringen, stellt sich uns immer wieder erneut als Aufgabe, die wir unter ständig wechselnden Bedingungen stets neu zu bewältigen haben.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang drei Grundsätze ganz klar herausstellen:
    Erstens. Das Stabilitätsgesetz ist notwendig. Zweitens. Das Stabilitätsgesetz ist jetzt nowendig.

    (Lachen bei der SPD.)

    Drittens. Das Stabilitätsgesetz ist in den dem Hohen Hause vorgelegten Grundzügen notwendig.
    Eine der Weltwirtschaft eingegliederte Volkswirtschaft, ein moderner Staat muß der Wirtschaft in ihrer Gesamtheit wie auch der öffentlichen Hand — ich meine damit Bund, Länder und Gemeinden — die Finanzierung der Sozialinvestitionen sowie der privaten produktiven Investitionen in einem ausgewogenen Verhältnis sicherstellen. Das erweist sich immer mehr als unumgänglich. Es dürfte wohl niemand in diesem Hohen Hause sein, der diese Notwendigkeit ernsthaft bestreiten möchte.
    Ich will an dieser Stelle bewußt darauf verzichten, im einzelnen darzustellen, zu welch unmöglichen, ja unerträglichen Entwicklungen es im Wettlauf der öffentlichen Hände auf dem nationalen und internationalen Geld- und Kapitalmarkt gekommen ist. Niemand kann sich dem verschließen. Die kreditbedürftige deutsche Wirtschaft liegt bei so ungleichem Wettbewerb in einem fast aussichtslosen Rennen. Sie muß nämlich den Kapitaldienst durch Leistung erarbeiten, weil sie die Lasten in einem immer schärfer werdenden Konkurrenzkampf nicht wie die öffentliche Hand auf den Verbraucher oder Steuerzahler abwälzen kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der These von einem unaufschiebbaren Nachholbedarf kann nur eine relative Bedeutung zuerkannt werden; denn was wir nicht erarbeiten, können wir auch nicht ausgeben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. Lachen bei der SPD.)

    Ich meine, wir sollten nach vorn blicken, um ein Problem zu lösen, das jeden einzelnen Bürger unmittelbar angeht. Denn die Erhaltung der Arbeitsplätze, die Gewährleistung eines weiteren vernünftigen Zuwachses des privaten Verbrauchs, die Sicherstellung der vertretbaren öffentlichen Investitionsvorhaben und dazu eben nicht zuletzt auch die Berücksichtigung des Kapitalbedarfs für unsere Wirtschaft sind eine Lebensfrage für unser Volk und damit für jeden einzelnen Bürger. Dies alles ist indirekt oder direkt mit diesem Gesetz angesprochen.
    Dieses Gesetzgebungswerk geht also nicht nur den Bundestag an, der zusammen mit dem Bundesrat eine äußerst wichtige Entscheidung zu fällen hat, sondern es betrifft, wie schon gesagt, tatsächlich jeden einzelnen, und zwar in einer sein gesellschaftliches Leben und seine Sicherheit entscheidenden Weise. Deshalb möchte ich mit großem Ernst davor warnen, durch taktische Winkelzüge das Hohe Haus, aber vor allem auch die deutsche Öffentlichkeit von der verantwortungsvollen Aufgabe abzulenken, die uns hier gestellt ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Niemand kann an der Tatsache vorbeisehen, daß heute das allgemeine Interesse Regelungen erforderlich macht, Ordnung und Klarheit auf diesem wichtigen Gebiete der öffentlichen Finanzwirtschaft herbeizuführen.
    Ich möchte deshalb an dieser Stelle den Ministerpräsidenten der Länder und ich füge hinzu: allen Ministerpräsidenten — für ihre Erklärung danken, die sie im Anschluß an die gemeinsame Sitzung am 4. August dieses Jahres abgaben, in der es ausdrücklich heißt, daß ein Stabilisierungsgesetz ohne Änderung des Art. 109 des Grundgesetzes nicht wirksam werden kann und daß die Ministerpräsidenten deshalb grundsätzlich zu dieser Änderung des Grundgesetzes bereit seien.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Haltung des Präsidenten der Deutschen Bundesbank ist in dieser Frage klar und eindeutig: zusammen mit der Bundesregierung hält die Bundesbank das vorgelegte Gesetzgebungswerk für geradezu unerläßlich.
    Ich sagte, das Stabilisierungsgesetz ist jetzt notwendig, und meine damit, daß wir in der zügigen Beratung der Gesetzentwürfe keine Zeit verlieren dürfen. Anregungen und wirkliche Verbesserungsvorschläge, soweit sie nicht zu einer Aushöhlung dieses Gesetzes führen, werden wir mit der gebührenden Aufmerksamkeit entgegennehmen und beraten.

    (Abg. Wehner: Sehr großzügig!)

    Eines allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang ebenso klar aussprechen: Wir werden auf keinen Fall bereit sein, unsere freiheitliche Wirtschaftsordnung unter dem Stichwort „Stabilität" kollektiven Bindungen

    (Lachen bei der SPD)

    und überflüssiger staatlicher Bevormundung zu unterwerfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten ,der FDP. — Buh-Rufe und anhaltendes Lachen bei der SPD.)




    Bundeskanzler Dr. Erhard
    Wir brauchen dieses Gesetz vor allem bald, um allen denkbaren Entwicklungen gegenüber gerüstet zu sein. Ich bitte darum das Hohe Haus, seine Entschlüsse so rasch als möglich zu fassen. Ich habe die Bitte an Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, sich der Mitarbeit an einer Aufgabe, die uns alle angeht, nicht zu verschließen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich betone: das Stabilisierungsgesetz muß ein wirksames Instrument sein. Es wäre unverantwortlich, ein Gesetz zu schaffen, das nicht eine erfolgreiche Bewältigung der hier aufgeworfenen Probleme zuließe. Wir wollen keinem Perfektionismus huldigen, wir brauchen vielmehr ein funktionierendes Instrument.
    Das Gesetz, um dessen Verabschiedung die Bundesregierung dieses Hohe Haus bittet, ist nicht nur als eine Sofortmaßnahme für die Sicherung unserer wirtschaftlichen Stabilität zu betrachten, sondern bedeutet einen Vorgriff auf die ebenfalls dringend. notwendige Haushalts- und Finanzreform, die den Bundestag sehr bald und gewiß intensiv beschäftigen wird. Die Änderung des Grundgesetzes, ,die wir heute vorschlagen, soll als notwendiger Vorgriff auf diese systematische und umfassende Reform gewertet werden. Wir alle wissen sehr wohl, daß das Grundgesetz insoweit unzulänglich ist und daß die Finanzverfassung weitgehend durch Einflüsse und Vorbehalte der früheren Besatzungsmächte bestimmt wurde.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Na, na! — Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Aus dieser Erkenntnis heraus haben, wie ich schon betonte, die Ministerpräsidenten aller Länder ausdrücklich erklärt, daß ein Stabilisierungsgesetz ohne Änderung des Art. 109 nicht wirksam werden könne und daß sie grundsätzlich zu dieser Änderung der Verfassung bereit seien.
    Um so erstaunlicher ist es, daß einzelne Sprecher der Opposition einer Änderung des Art. 109 ablehnend gegenüberstehen und die Bundesregierung ersatzweise auf den Abschluß von Staatsverträgen mit den einzelnen Ländern verweisen wollen. Sie begründen diese Haltung mit ihrem Respekt vor der Verfassung und mit der Sorge vor einem „maßstablosen" Ermessen der Regierung. Ich möchte hierzu mit aller Entschiedenheit feststellen: Es geht hier nicht um die Achtung vor dem Grundgesetz — sie ist für uns alle hier im Hause selbstverständlich —,

    (Zurufe von der SPD: Na, na!)

    es geht vielmehr um die Tatsache, daß die hier in Frage stehende Bestimmung ,des Grundgesetzes nicht mehr den veränderten Lebensbedingungen des deutschen Volkes in Bund, Ländern und Gemeinden entspricht.
    So vermag ich also einer solchen Begründung nicht zu folgen. Staatsverträge wären zur Lösung der anstehenden Frage völlig unpraktikabel, weil damit jedem einzelnen Land die Möglichkeit gegeben wäre, notwendige Beschlüsse zu verhindern und somit das geschaffene Instrument zur Wirkungslosigkeit zu verurteilen. Es ist darum höchste Zeit, das in
    dieser Frage mittlerweile unzulänglich gewordene
    Grundgesetz der heutigen Verfassungsnotwendigkeit anzupassen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die jetzt zur Diskussion stehende Erweiterung des Art. 109 stützt sich zudem bewußt auf das Sachverständigengutachten über die Finanzreform, dessen Ergebnisse auch von der SPD begrüßt worden sind.

    (Abg. Wehner: Wie es Ihnen gerade paßt, so nehmen Sie es!)

    Die Bundesregierung hat sich im übrigen mit den Änderungswünschen des Bundesrates zu Art. 109 weitgehend einverstanden erklärt. Dazu gehört auch der Vorschlag, daß die Bundesregierung zum Erlaß von Verordnungen nicht unmittelbar durch das Grundgesetz ermächtigt werden soll, sondern durch ein Ausführungsgesetz nach Art. 109, d. h. also hier: durch das Stabilitätsgesetz. Dies wieder bedeutet, daß die im Stabilitätsgesetz vorgesehenen Verordnungsermächtigungen nur im Rahmen des Art. 80 möglich sind und daher hinreichend konkretisiert und limitiert sein müssen. Von einer Gefahr einer „Ermessenswillkür der Regierung" kann also keine Rede sein. Darum ist jede Gedankenverbindung zum Art. 48 der Weimarer Verfassung völlig fehl am Platze.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Lassen Sie mich abschließend nochmals erklären: die dem Hohen Hause vorliegenden Gesetzentwürfe sind Maßnahmen, die der Sicherung der Stabilität von Wirtschaft und Währung dienen sollen und können. Sie sollten deshalb nicht zerredet werden.

    (Lachen bei der SPD.)

    Sie sind ein Teil des umfassenden Programms der Finanzreform und der gesamten öffentlichen Haushaltswirtschaft, das ich in den Grundzügen in meiner Erklärung am 27. Mai dem Hohen Hause vorgetragen habe. Die zur Verwirklichung dieses Programms erforderlichen Arbeiten sind innerhalb der Bundesregierung in vollem Gange. Mit einer Zustimmung zum Stabilitätsgesetz leisten Parlament und Regierung gemeinsam einen weiteren bedeutsamen Beitrag zu einem Reformwerk, das die Zukunft unseres Volkes in einem modernen leistungsfähigen und gesunden Staatswesen gewährleistet.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
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Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

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    Rede von Dr. Kurt Schmücker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung unterbreitet Ihnen erstens den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes — Art. 109 — und zweitens den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität. Beide Gesetze werden seit Monaten lebhaft diskutiert. Die Bundesregierung stellt mit Genugtuung fest, daß die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung die dringliche Notwendigkeit dieser Gesetze bejaht.



    Bundesminister Schmücker
    Unsere Menschen spüren genau, daß an vielen Ecken und Enden die Wirtschaftskraft überfordert wird.

    (Zuruf von der SPD: Deine Schuld!)

    Sie sind von dem Ausmaß des Fortschritts so beeindruckt, daß sie sich immer wieder fragen, ob und wie lange das in diesem Tempo so weitergehen kann.

    (Sehr wahr! in der Mitte. — Lachen bei der SPD.)

    Sie haben ein durchaus gesundes Empfinden dafür, daß eine Entwicklung sich organisch vollziehen soll. Sie verlangen darum danach, daß diejenigen, die immer wieder über die wirtschaftlichen Grenzen hinausgreifen, zum konjunkturgerechten Verhalten gedrängt werden. Die positive Einstellung zu den Gesetzen wird am deutlichsten in jener Kritik, die schon eine frühere Vorlage gewünscht hätte. Die Zustimmung wird aber auch deutlich an dem ernsten Bemühen, mit dem von fast allen Seiten um die richtige Gestaltung der einzelnen Bestimmungen gerungen wird.
    Zu Beginn der Beratungen im Deutschen Bundestag möchte die Bundesregierung erklären — wie sie dies gegenüber dem Bundesrat getan hat —, daß sie nicht nur notgedrungen, im Hinblick auf die Verfassungsänderung, sondern auch wegen der weittragenden Bedeutung des Stabilitätsgesetzes eine breite Mehrheit anstrebt. Die Bundesregierung geht deshalb auch ohne Autorenehrgeiz in die Debatte. Ich bitte Sie aber, meine Damen und Herren, diese Gesetze nicht auseinanderzureißen.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    Sie stellen ein zusammengehöriges Ganzes dar und müssen deshalb aus einer gesamtpolitischen Betrachtung beurteilt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb ist es wohl unvermeidlich, die Begründung der Vorlagen mit einigen allgemeinen Feststellungen zu beginnen.
    Meine Damen und Herren! Vollbeschäftigung, beständiges Wirtschaftswachstum und Geldwertstabilität bei außenwirtschaftlichem Gleichgewicht sind Ziele jeder fortschrittlichen Wirtschaftspolitik, gleichgültig, welchen Namen sie sich zugelegt haben mag. Bisher aber ist es in keinem Land gelungen, alle drei Forderungen über einen längeren Zeitraum gleichmäßig zu erfüllen. Mit anderen Worten: Wir sprechen über Probleme, mit denen sich fast alle Länder auseinanderzusetzen haben. Wir diskutieren sie nach den Tatsachen und Umständen unseres Landes, aber wir diskutieren nicht etwa eine nur deutsche Frage, schon gar nicht eine Frage, die lediglich diese Bundesregierung anginge. Auch in den Ländern, in denen die Regierungen mit der wirtschaftlichen Freiheit weniger behutsam umgehen als wir, ist eine befriedigende Lösung bisher nicht gelungen.
    Diese zweite Beobachtung ist deswegen so wichtig, weil sie erneut beweist, daß die Einengung der
    Freiheit ein untaugliches Rezept für die Wirtschaftspolitik ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ja, man kann sogar sagen, je stärker die Eingriffe und je länger bindend die Planung, um so schlechter das Ergebnis. In keinem Land, auch nicht in unserem, kann darauf verzichtet werden, in kritischen Situationen vorübergehend gewisse Beschränkungen vorzunehmen, aber man sollte sie nicht zum alltäglichen Bestandteil der Politik machen.
    Die dritte Feststellung betrifft ebenfalls eine Selbstverständlichkeit, jedoch wiederum eine Selbstverständlichkeit, die immer wieder außer acht gelassen wird. Die Überbetonung eines der drei Ziele, der Vollbeschäftigung, des beständigen Wirtschaftswachstums oder der Geldwertstabilität, führt zwangsläufig zu einer Schwächung eines anderen. Minderbeschäftigung geht meistens zu Lasten des Wachstums. Die dabei entstandene Stabilität wird zu teuer erkauft. Überbeschäftigung gefährdet die Stabilität und verleitet zu übereilten Wachstumsplanungen. Übertriebenes Wachstum geht immer mit Preissteigerungen einher und führt leicht zu Erschütterungen in der Beschäftigung. Und um nun auch diese Variante zu sagen: Stabilisierung, die bis zur Deflation getrieben wird, bekommt weder dem Wachstum noch der Vollbeschäftigung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist nun kein Trost, daß das Gleichgewicht, wenn es gestört wird, sich nach einiger Zeit von selbst wieder einstellt. Ich bin sicher, daß die große Mehrheit dieses Hauses mit der Bundesregierung darin übereinstimmt, daß die Schäden, die bei einem solchen laisser-faire entstehen, zu groß sind, als daß man sie in Kauf nehmen könnte. Es kommt also darauf an, durch eine behutsame Beeinflussung des Wirtschaftsablaufs das Gleichgewicht in jeweils optimaler Weise zu erreichen.
    Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die vorgelegten Gesetze im Sinne dieser Überlegungen betrachten würden und sie herausnähmen aus dem einseitigen Bezug auf die gegenwärtigen Schwierigkeiten. Wenn Sie das tun, erledigen sich viele Bedenken von selber, denn es geht nicht darum, diesen oder jenen einzuengen — oder gar zu bestrafen —; es geht darum, einen breiteren Bewegungsraum für alle zu sichern. Ich bitte Sie ferner, bei aller Berücksichtigung der internationalen Angleichungen, die durch das hohe Maß außenwirtschaftlicher Verflechtung entstehen, nicht einem Defaitismus zu verfallen.
    Die Gefahren der importierten Inflation dürfen nicht bagatellisiert werden, aber sie sind nicht durch einen Kunstgriff zu bändigen. Das einstweilen beste Mittel gegen sie ist eine internationale Absprache zu einer soliden Wirtschafts- und Finanzpolitik, zumindest zwischen den führenden Industrieländern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung hat sich in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in der OECD, im Weltwährungsfonds und insbesondere im Zehnerklub unentwegt bemüht, die internationale Währungsdisziplin zu verbessern. Die Erfolge dabei sind unbestreitbar,



    Bundesminister Schmücker
    wenngleich sie noch nicht voll befriedigen. Aber aus diesen Bemühungen auszuscheren und im Alleingang eine Sonderposition anzustreben, wäre verhängnisvoll. So stark ist die deutsche Position im Welthandel nun auch wieder nicht, daß wir uns währungspolitisch erlauben könnten, was nur uns zum Nutzen ist. Die beste Methode ist, daß jedes Land zunächst zu Hause das tut, was erforderlich ist. Die Bundesregierung sieht also auch in diesen ihren Vorlagen einen Beitrag zur Stärkung der internationalen Währungs- und Wirtschaftsdisziplin. Es bleibt ihr Ziel, das sie so lange beharrlich anstreben wird, bis sie es erreicht hat, analog den im GATT festgelegten Regeln für den Welthandel, eine vertragliche Sicherung der Geldwertstabilität durchzusetzen. Natürlich darf nicht übersehen werden, daß sich die großen Industrieländer in sehr unterschiedlichen Situationen befinden, was bedeutet, daß nationale Maßnahmen auch sehr unterschiedlich wirken.
    Wir in der Bundesrepublik registrieren seit etwa 1959/60 eine bemerkenswerte Überbeschäftigung. Die Inlandsreserven an Arbeitskräften sind von Jahr zu Jahr geringer geworden. Die Vermehrung der Beschäftigtenzahl ist 1965 nur noch durch Gastarbeiter möglich gewesen. Ich frage midi: Wie lange will man diese Tatsache eigentlich noch ignorieren? Trotz des steilen, ja bewundernswerten Anstiegs der Sparleistungen und eines beträchtlichen Wachstums der Investitionen war die überzogene Nachfrage nicht zu erfüllen. Den Preis für das überdurchschnittliche Wachstum und die Über-Vollbeschäftigung haben wir in den letzten Jahren bei der Stabilität bezahlen müssen. Das ist ein unbefriedigender Zustand. Ihn aber „Wirtschaftskrise" zu nennen, meine Damen und Herren, ist eine maßlose, ich meine sogar, eine üble Übertreibung!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und ich gehe wohl nicht fehl in der Behauptung, daß die lautesten Rufer diesen Zweckpessimismus verbreiten, um dabei Geschäfte zu machen,

    (erneuter Beifall bei den Regierungsparteien)

    Geschäfte kommerzieller und auch Geschäfte politischer Art!
    Nun, meine Damen und Herren, auch das ist keineswegs eine nur deutsche Untugend, sie ist weit verbreitet und in allen Ländern zu Hause. Auch in diesem Punkt brauchen wir einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Also, lassen wir uns durch die Übertreibungen nicht irre machen! Es bleibt unser Ehrgeiz, allen Unzulänglichkeiten und neuen Schwierigkeiten zum Trotz die drei großen Anliegen zu erfüllen, nämlich die Vollbeschäftigung und das Wachstum aufrechtzuerhalten und dazu die Geldwertstabilität in optimaler Weise zu verwirklichen. Dabei kommt es darauf an, in der Konkurrenz der Ideale den goldenen Mittelweg zu finden. Um dies zu können, benötigen wir eine Erweiterung des konjunkturpolitischen Instrumentariums; aber wir bedürfen zugleich der verstärkten Zusammenarbeit aller am Wirtschaftsleben beteiligten Kräfte. Die besten Gesetze nützen nichts, wenn diese Zusammenarbeit unterbleibt. Ich wäre darum dankbar,
    wenn wir diese Debatte über die beiden Gesetzesvorlagen hier und in den Ausschüssen so führen könnten, daß von der Art der Erörterung der technischen Hilfsmittel und Instrumente eine Aufforderung an alle ausgeht, wirtschaftspolitisch zusammenzuarbeiten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wer diese Gesetze in der jetzigen oder in einer nach seiner Meinung noch zu verbessernden Form will, der muß diesen Willen zur richtigen Anwendung schon während der Beratung durch seine eigene Bereitschaft zur Kooperation unter Beweis stellen.
    Als Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne des „kooperativen Föderalismus" brauchen wir die Änderung des Grundgesetzes in Artikel 109. Der Vorschlag, das Ziel durch staatsvertragliche Vereinbarungen zu erreichen, ist sicherlich einer gründlichen Überlegung wert. Die Bundesregierung hat diese Überlegungen bereits bei Beginn ihrer Arbeiten angestellt. Ja, sie hat sogar eine weite Strecke ihrer internen Beratungen auf der gedanklichen Grundlage vertraglicher Vereinbarungen geführt. Sie ist dann aber zu dem Ergebnis gelangt, daß diese eminent politischen Entscheidungen nicht durch vertragliche Vereinbarungen herbeigeführt werden sollten. Der Platz für derartige Entscheidungen ist nun einmal das Grundgesetz.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Nach Auffassung der Bundesregierung wären Staatsverträge, die Kompetenzen verändern, welche zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz festgelegt sind, verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich.

    (Erneute Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Sie würden gegen die in der Verfassung festgelegte bundesstaatliche Ordnung verstoßen. Sie würden uns auf den gefährlichen Weg der Rückentwicklung des Bundesstaates zum Staatenbund führen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein einzelnes Land könnte Entscheidungen, die für die Gesamtheit von lebenswichtiger Bedeutung sind, blockieren. Dieser Weg wäre in einer Zeit, die durch eine zunehmende Verflechtung und eine wachsende Abhängigkeit aller Bereiche und Regionen geprägt ist, anachronistisch. Er würde unsere staatliche Entwicklung der letzten hundert Jahre ignorieren. Aber ganz abgesehen von dieser verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Problematik könnten vertragliche Vereinbarungen in angemessener Zeit keine tragfähigen Grundlagen für eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik aller öffentlichen Hände schaffen. Wie z. B. sollten Länder in die Lage versetzt werden, durch Verträge mit dem Bund auch die Gemeinden zu verpflichten? Oder denkt man daran, in gleicher Weise wie zwischen Bund und Ländern Verträge zwischen den Gemeinden und den Ländern abzuschließen? Es ist doch sehr fraglich, ob die Landesregierungen und die Parlamente ohne Änderung ihrer eigenen Verfassung — ich wiederhole: ohne Änderung ihrer eigenen Ver-



    Bundesminister Schmücker
    fassung — solche vertraglichen Regelungen durchführen könnten.
    Natürlich darf das Grundgesetz nicht mutwillig und voreilig geändert werden, aber man sollte den geraden und sauberen Weg einer Verfassungsänderung nicht scheuen, wenn die veränderte Lage dies erfordert. Daß der Bundesrat sich mit Mehrheit schon für die Ergänzung des Grundgesetzes ausgesprochen hat, ist ein ermutigendes Zeichen.
    Ich habe in den letzten Tagen mehrfach gehört, daß der Bundestag ein höheres Mitwirkungsrecht haben möchte, als dies in der Grundgesetzänderung und in dem Entwurf des Stabilitätsgesetzes vorgesehen ist. Die Bundesregierung betont darum ausdrücklich, daß bei Wahrung der Zuständigkeiten von Legislative und Exekutive ein Höchstmaß an Beteiligung des Deutschen Bundestages wünschenswert ist. Ich selber habe aus meiner Tätigkeit im Wirtschaftsausschuß nicht vergessen, daß wir uns sehr häufig darüber ärgerten, im Wirtschaftsrecht in den nebensächlichsten Fragen entscheiden zu dürfen, während die Wirtschaftspolitik häufig an uns vorbeiging. Man sollte hier im Hause und im Ausschuß überlegen, welche Wege gewählt werden sollen. Die Bundesregierung wird sich gern an der Erarbeitung solcher Vorschläge beteiligen. Sie bittet das Hohe Haus, die Grundgesetzänderung zu ermöglichen, damit Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag jeder in seinen Zuständigkeiten — und also alle gemeinsam — der Verantwortung für die Wirtschaftsentwicklung besser entsprechen können. Heute reicht das Grundgesetz dazu nicht aus. Ich wiederhole: Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sowie alle Länderregierungen sind darauf angewiesen, diese Grundgesetzänderung zu erhalten, wenn sie eine moderne und erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik treiben wollen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es geht also bei der Grundgesetzänderung nicht nur um die Ausweitung der Befugnisse der Bundesregierung, sondern um eine notwendige Kompetenzzuweisung an alle Bundesorgane und an die Länder.
    Meine Damen und Herren, auch zum Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität hat die Bundesregierung die vielfältigen Vorschläge und Anregungen des Bundesrates sorgfältig geprüft und sie weitgehend übernommen. Ich habe bereits gesagt, weshalb wir dieses Gesetz benötigen. Die Überbeschäftigung, die Normalisierung der Wachstumsmöglichkeiten, die wirtschaftliche Integration Europas und die steigende weltwirtschaftliche Verflechtung haben die Voraussetzungen für die Sicherung einer gleichgewichtigen Wirtschaftspolitik wesentlich verändert. Wir müssen unser konjunkturpolitisches Instrumentarium daher modernisieren. Das ist keineswegs eine Abkehr von dem Grundkonzept unserer erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft. Im Gegenteil, es ist gerade das Kennzeichen dieser Wirtschaftsordnung, nicht in starrer Verharrung hängenzubleiben, sondern mit ihren eigenen Erfolgen Schritt zu halten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und daß die Arbeit an der marktwirtschaftlichen Ordnung je aufhören würde, dieser Täuschung haben wir uns niemals hingegeben. Das Trugbild, man könnte eine Wirtschaftsordnung wie eine Maschine bauen und brauchte sie dann nur noch laufen zu lassen, entstammt einer Ideologie, nicht unseren Grundsätzen. Wir geben uns keineswegs der Täuschung hin, daß alle diejenigen, die ihr Herz für die Marktwirtschaft erst in den letzten Jahren erwärmen konnten, unter diesem Namen dasselbe verstehen wie wir. Ich befinde mich aber mit denen in Übereinstimmung, die unter marktwirtschaftlicher Konjunkturpolitik eine Globalsteuerung verstehen. Ich bitte jedoch darum, daß man sich dann auch mit einer globalen Auswirkung begnügt und nicht selektive Ergebnisse verlangt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es geht nicht an, Unzulänglichkeiten im einzelnen der Globalsteuerung als Versagen anzulasten.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wer bis ins einzelne hinein beeinflussen will, also selektiv vorgehen möchte, dem bleibt nichts anderes übrig, als zu dirigieren. Das konjunkturpolitische Instrumentarium, das die Bundesregierung Ihnen vorschlägt, greift nicht nach Einzelheiten. Das ist keine Unzulänglichkeit, sondern das ist, wie ich meine, gerade der Vorzug dieser Vorlage. Es ist gewollt und wird von der Bundesregierung mit Nachdruck vertreten. Die Verantwortung von Unternehmern, von Tarifpartnern und auch des Verbrauchers bleibt bestehen, so wie ihre Freiheiten unangetastet bleiben sollen.
    Meine Damen und Herren, das neue Instrumentarium muß nach allen Seiten hin wirksam und anwendbar sein. Heute steht noch die Konjunkturdämpfung im Vordergrund. Die Lage kann sich rascher ändern, als es uns lieb ist; wir müssen Vorsorge treffen, auch in veränderter Lage handeln zu können.
    Das Stabilitätsgesetz hat vier Ansatzpunkte. Der erste und zugleich wichtigste Ansatz zielt auf eine wirtschafts- und konjunkturpolitische Orientierung der öffentlichen Haushalte. Die öffentliche Hand ist mit einem Anteil von rund 30 % am Bruttosozialprodukt der bei weitem größte Auftraggeber der Wirtschaft und ein stets hungriger Nachfrager am Kapitalmarkt. Die Wirkungen der öffentlichen Haushalte gehen außerdem weit über die rechnerischen Quoten und Anteile hinaus; denn der Bund, die Länder und auch die Gemeinden werden — ob sie wollen oder nicht — als Beispiel genommen. Leider hat sich auch hier schon ein Zahlen-Fetischismus entwickelt, der das Denken überflüssig machen will und viel Unvergleichbares durcheinanderwirft. Wir sollten dem gemeinsam entgegentreten und diese schwierigen Auseinandersetzungen nicht allein dem Herrn Bundesfinanzminister überlassen; denn Haushaltsrecht ist Parlamentsrecht, meine Damen und Herren.
    Den öffentlichen Händen Zuwachsraten zuzuweisen wie Einkommensbeziehern, ist wirklich eine schreckliche Simplifizierung! In § 1 werden Bund



    Bundesminister Schmücker
    und Länder verpflichtet zu einer Einordnung ihrer gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen in die übergeordnete Zielsetzung der Geldwertstabilität, der Vollbeschäftigung, des Wachstums und des außerwirtschaftlichen Gleichgewichts. Diese verpflichtende Generalregel findet ihre konkrete Ausgestaltung für den Bereich der Haushaltspolitik in den §§ 2 bis 18. Wenn dabei an einzelnen Stellen anstelle einer Muß-Vorschrift ein „Sollen" steht, so ist das nicht etwa, wie einige sagten, ein Ausdruck mangelnder Konsequenz, sondern das Ergebnis sehr eingehender, vor allem auch juristischer Beratungen und Prüfungen. Konjunktursteuerung ist Politik, und die politische Entscheidung bei der Wahl der Mittel und ihrer Dosierung muß erhalten bleiben.
    Für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden sieht das Gesetz vor allem eine Verpflichtung zur konjunkturellen Aufstellung und Ausführung vor. In den Zeiten übermäßiger konjunktureller Gesamtnachfrage sollen überschüssige Steuermittel zur Schuldentilgung bei der Bundesbank verwandt oder in eine Konjunkturausgleichsrücklage gegeben und damit stillgelegt werden. Umgekehrt muß bei drohender Rezessionsgefahr die fehlende Nachfrage durch Mittel der Konjunkturausgleichsrücklage und eine Kreditfinanzierung rasch angefüllt werden können.
    Um je nach der Konjunkturlage schnell handeln zu können, soll das Gesetz, anknüpfend an die Vorschriften in den letzten Haushaltsgesetzen, der Bundesregierung Möglichkeiten zu einer Ausweitung oder Sperre von Ausgaben geben.
    Der jährlichen Haushaltswirtschaft ist dabei eine mittelfristige Finanzplanung zugrunde zu legen. Das ist keine Kann-Vorschrift, sondern eine Muß-Vorschrift, die ich nicht nur wegen der konjunkturpolitischen, sondern ebenso auch wegen der strukturpolitischen Bedeutung für einen der Kernpunkte des Gesetzes halte. Die mittelfristige Finanzplanung soll ja nicht nur die Möglichkeiten für die globale Ausweitung des öffentlichen Finanzvolumens aufzeigen, sondern sie soll und sie muß auch die Prioritäten für die großen politischen Aufgaben festlegen. Dabei wird es sicherlich nicht ohne Bestimmung von Quantitäten gehen. Die mehrjährige Finanzplanung wird so etwas wie eine Regierungserklärung in Zahlen sein müssen. Eine mittelfristige Finanzplanung funktioniert natürlich nur mit einer Vorschau auf die Gesamtentwicklung der Wirtschaft und auf das, was sie in den nächsten Jahren vermutlich zu leisten vermag.
    Wir haben in den Gutachten des Sachverständigenrates bereits jährliche gesamtwirtschaftliche Analysen und Prognosen. Ich würde es für nützlich halten, wenn wir daneben wieder zu einer Darlegung der Wirtschaftsentwicklung und der notwendigen Leitlinien kämen, wie es früher in den Wirtschaftsberichten praktiziert worden ist. Das hat seine Bedeutung nicht nur für die Löhne, sondern ebenso auch für die gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen des Staates. Aber Dei all diesen Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung
    und zur Finanzplanung kann es selbstverständlich keine absolute Verbindlichkeit geben. Sie können nur die großen Linien andeuten und die Ausgabenwünsche harmonisieren; im einzelnen müssen sie beweglich bleiben. Das schwierigste an einer mittelfristigen Planung ist nicht die Aufstellung dieses Planes, sondern danach die tägliche Anpassung an die Notwendigkeiten und die Möglichkeiten.
    Man sollte beispielsweise folgendes ebenfalls nicht übersehen: Das notwendige, für manchen bittere Gegenstück zu einer mittelfristigen Finanzplanung ist die Begrenzung der gesetzlich gebundenen Ausgaben auf ein unverzichtbares Minimum, denn nur dann ist wirkliche Politik möglich. Es geht also bei der mittelfristigen Planung nicht um eine zusätzliche Bindung der ohnehin schon viel zu gering gewordenen Manövriermasse, sondern um eine weitgehende Auflockerung der durch Gesetze viel zu langfristig und zu starr festgelegten Mittel. Der Haushalt sollte den Finanzablauf bestimmen und nicht eine Vielzahl von zählebigen Sondergesetzen. Ich bin sogar der Auffassung, daß wir für jeweils akute Maßnahmen, also zur kurzfristigen Disposition, einen erheblich höheren Betrag zur Verfügung haben müssen, als das bisher der Fall gewesen ist. Wir müssen uns heute so manches entgehen lassen, was im harten internationalen Wettbewerb stärkere Partner rascher an sich ziehen können, weil wir uns im öffentlichen Haushalt zu sehr verausgaben. Ich bin sicher, daß das Hohe Haus meine Sorgen teilt. Doch das reicht nicht, es muß auch die Mittel parat halten! Und es muß bereit sein, methodisch klug vorzugehen, und es muß nicht immer die Minister mit dem Schellenbaum auf die Jagd schicken wollen. Schon aus diesen Anmerkungen geht hervor, daß die mittelfristige Betrachtung keineswegs eine Erleichterung im Sinne der Verringerung der Arbeiten darstellt. Im Gegenteil, die Politik soll durch die mittelfristige Planung vielseitiger und reagibler gemacht werden, und das bedeutet, ihr ein höheres Maß an Mühen und Verantwortung zuzuweisen.
    Im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung werden wir uns auch um die Klärung der Begriffe „volkswirtschaftliche Gesamtrechnung", „Nationalbudget" und „Einkommenspolitik" bemühen müssen. Ich hoffe sehr, daß es gelingt, im Bundestag eine Übereinstimmung über die Abgrenzungen in der mittelfristigen Politik herbeizuführen. Wenn das aber nicht gelingt, dann sollte sich niemand scheuen, die Unterschiede deutlich anzusprechen.
    Meine Damen und Herren, die Bemühungen um eine mittelfristige Finanzplanung und um eine antizyklische Haushaltspolitik können auf die Dauer nur erfolgreich sein, wenn Bund, Länder und Gemeinden sich abstimmen. § 12 des Gesetzes sieht deswegen eine gemeinsame Beratung von Bund und Ländern vor. Bund und Länder stehen dabei gleichrangig nebeneinander, und jeder kann die Initiative ergreifen. Die Initiative für eine Begrenzung der öffentlichen Kreditaufnahme liegt zwar bei der Bundesregierung, die Rechtsverordnungen bedürfen aber nach § 13 der Zustimmung des Bundesrates, und sie werden vorher im Ausschuß für



    Bundesminister Schmücker
    öffentlichen Kredit mit den Vertretern der Länder und Gemeinden beraten. Ob für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern neben diesem Ausschuß für öffentlichen Kredit und den bestehenden Gremien noch weitere Institutionen nützlich sein könnten, erscheint mir fraglich. Wir sollten darüber diskutieren. Vielleicht aber kommen wir mit Zusammenfassungen eher zum Ziele. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß diese Frage nicht theoretisch, sondern aus der Erfahrung entschieden werden sollte. Darum sind die textlichen Vorschläge im Gesetz so gehalten, daß man jederzeit die bestmögliche Form wählen kann.
    Hinsichtlich des Verfahrens bei der Kreditlimitierung in § 14 gibt es noch gewisse Unterschiede in den Auffassungen zwischen der Bundesregierung und dem Bundesrat. Es soll nicht bestritten werden, daß das vom Bundesrat vorgeschlagene Verfahren mit Gesamtbeträgen für den Bund und die Länder zunächst einfacher aussieht. Aber die Bundesregierung hält den Weg, die Begrenzung der Kredite unmittelbar für jeden Haushalt nach bestimmten Maßstäben und Schlüsseln durchzuführen, für praktikabler und für wirksamer. Er wird auch der gleichmäßigeren Behandlung der Beteiligten besser gerecht. Ich glaube aber nicht, daß die Notwendigkeit, Bund, Länder und Gemeinden zu einem abgestimmten Verhalten bei ihrer Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt zu bringen, im Prinzip bestritten wird. Das aber ist die Frage, um die es geht, und diese Frage muß so oder so entschieden werden. Wir haben in den beiden letzten Jahren gesehen, daß selbst die unerhört hohe Sparleistung von 11 bis 12 % des Einkommens der privaten Haushalte nicht ausreicht, um die Nachfrage am Kapitalmarkt zu befriedigen. Eine Ausweitung des Kapitalangebots aus ausländischen Quellen vorzunehmen ist so lange gefährlich, wie in unserem Lande keine Reserven vorhanden sind, welche die güterwirtschaftliche Deckung übernehmen. Ausländisches Geld, das zusätzlich hereinkommt, ohne die entsprechende gesamtwirtschaftliche Produktionsleistung auszulösen, inflationiert nur. Das zu übersehen wäre eine Selbsttäuschung!
    Der zweite wichtige Ansatz des Stabilitätsgesetzes liegt bei der privaten Investitionsnachfrage. Wie die Last der Stabilisierung und der Sicherung des Gleichgewichtes nicht allein von der privaten Wirtschaft getragen werden kann und darf, so kann sie umgekehrt auch nicht ausschließlich den öffentlichen Haushalten aufgebürdet werden. Die Entwicklung der privaten Investitionen in den letzten Jahren zeigt deutlich den engen Zusammenhang zwischen der Investitionsnachfrage und dem Konjunkturverlauf. Schwankungen in den Zuwachsraten der Ausrüstungsinvestionen während der ersten 60er Jahre zwischen +19,1 % und +2,9 % oder von +12,3 % im Jahre 1965 auf voraussichtlich 31/2 bis 5 % im Jahre 1966 sind weder für die private Wirtschaft noch für die gesamte Volkswirtschaft von Vorteil. Die Konjunkturpolitik braucht ein Instrument, um das notwendige Wachstum der Investitionen beständiger und stetiger zu machen. In § 19 des Gesetzentwurfs ist deswegen eine Erweiterung der Möglichkeiten für die konjunkturpolitische Variierung der Abschreibungsmodalitäten vorgesehen. Die Veränderung der steuerlichen Abschreibungssätze ist vor allem ein wirksames Mittel zur Abwehr einer drohenden Stagnation. Aber wer die Möglichkeit zur Erhöhung der Abschreibungssätze fordert, muß auch ja sagen zu der umgekehrten Möglichkeit im gegenteiligen Fall. Es kann und soll bei der Variierung der Abschreibungssätze auf gar keinen Fall um eine Einschränkung der privaten Investitionstätigkeit oder ihres Wachstums gehen. Die Bundesregierung kennt sehr wohl die zentrale Rolle der privaten Investitionstätigkeit für das künftige Wachstum der Wirtschaft. Sie übersieht keineswegs, daß der Konjunkturausgleich, der von der Angebotsseite her kommt, gesünder und vorteilhafter ist als eine Beschränkung der Nachfrage. Darum gebührt der Angebotsausweitung immer der Vorrang.
    Bei der Variierung der Abschreibungssätze geht es — ich betone das ausdrücklich nicht um eine Beschränkung der Investitionen, sondern um ein höheres Maß an Stetigkeit und Beständigkeit in ihrem Wachstum. Die Modalitäten sind so gewählt, daß in die laufenden Abschreibungen nicht eingegriffen werden kann. Nur solche Investitionen, die in einem begrenzten Zeitraum der Verordnungsdauer getätigt werden, erhalten andere — erweiterte oder verminderte — Abschreibungssätze. Im übrigen ist in unserer gegenwärtigen Konjunkturlage eine Senkung der Abschreibungssätze ebensowenig aktuell wie die Anwendung der Kreditplafondierung. Dieser dritte Ansatzpunkt des Gesetzes ist ein notwendiges Gegenstück und eine unverzichtbare Ergänzung zur Kreditlimitierung im öffentlichen Bereich. Würden wir darauf verzichten, so wären bei einer. Begrenzung des öffentlichen Kredits einem Ausweichen auf privatwirtschaftliche Finanzierungsformen Tür und Tor geöffnet. Ich erinnere nur an das Vordringen der Leasing-Finanzierung und die Verlagerung von öffentlichen Finanzierungsaufgaben auf private Gesellschaften.
    Ich weiß, daß in der Wirtschaft viele Bedenken bestehen, wenn sie auch nach den Diskussionen der letzten Monate geringer geworden sind. Man spricht hie und da von einem verhängnisvollen Weg in den Dirigismus. Aber dann müßten auch die bisherigen direkten Liquiditätseingriffe durch Mindestreservevorschriften und Rediskontplafonds dirigistisch sein. Die Kreditplafondierung trifft auch den Mittelstand nicht härter als die Anwendung der bisherigen Instrumente der Kreditpolitik. Bonität und Rentabilität werden auch bei einer Kreditplafondierung den Zugang zum Kredit bestimmen. Außerdem ist die Struktur unseres Bankwesens derartig, daß große Bereiche unserer Kreditwirtschaft speziell auf die mittlere Wirtschaft ausgerichtet sind. Um jedoch alle Mißverständnisse auszuräumen, betone ich an dieser Stelle, daß die Kreditplafondierung kein Instrument des alltäglichen Gebrauchs werden kann und werden darf. Auch nach Meinung der Bundesbank soll dieses Mittel nur dann eingesetzt werden, wenn die anderen regulären Mittel nicht ausreichen, insbesondere dann, wenn es gilt, eine akute Gefahr



    Bundesminister Schmücker
    für die Währung abzuwehren. Es wird nicht bestritten, daß die Anwendung zu Härten führen kann; das ist bei ,den übrigen Notenbankinstrumenten auch der Fall. Die Bundesregierung ist aber bereit, der Anregung des Bundesrates zu folgen und die Reduzierung auf 90 Prozent fallenzulassen, so daß durch die Kreditplafondierung jetzt nur der Zuwachs der Gesamtkreditsumme und nicht ,die vorhandene Kreditsumme selbst beschränkt werden kann. Ich hoffe, daß durch diese Stellungnahme der Bundesregierung auch die Bedenken und Einwände des Kreditgewerbes gemildert worden sind. Ich bitte, vor allem den Zusammenhang zwischen der Kreditlimitierung für die öffentliche Hand und der Kreditplafondierung bei den Banken zu sehen.
    Der vierte und letzte Ansatzpunkt des Gesetzes liegt schließlich in einer Verbesserung der Offenmarktpolitik der Bundesbank. Nach § 21 sollen dabei die Rentenversicherungsträger und die Nürnberger Bundesanstalt durch Rechtsverordnung verpflichtet werden können, einen mäßigen Teil ihrer „flüssigen" Mittel in Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren anzulegen. Das mag manchem als eine gewisse Einschränkung der Autonomie der Sozialversicherungen erscheinen, eine wirksame Konjunkturpolitik kann aber im Notfall auf eine Beeinflussung der dort angesammelten sehr umfangreichen Geldmittel nicht verzichten. Den Versicherten entsteht dadurch kein Nachteil, denn die Papiere werden von der Bundesbank verzinst. Im übrigen ist die Sicherung der Stabilität gerade für den Rentenempfänger von besonderer Wichtigkeit.
    Die Bundesregierung hat auf Grund verschiedener Anregungen in den letzten Wochen geprüft, ob — und wenn ja, in welchem Ausmaß — Anlagevorschriften auch für die Privatversicherungen und Bausparkassen gesetzlich ermöglicht werden sollen. Der Vorschlag, die Versicherungen und Bausparkassen in die Plafondierung einzubeziehen, ist völlig systemwidrig. Die Privatversicherungen legen nur die von ihnen eingesammelten Beiträge der Versicherten wieder an. Im Unterschied zu den Kreditinstituten betreiben sie keine Kreditexpansion und keine Giralgeldschöpfung. Dies trifft im großen und ganzen auch für die Bausparkassen zu. Es könnte daran gedacht werden, die Offenmarktpolitik der Bundesbank auf private Kapitalsammelstellen und Bausparkassen auszudehnen. Die Bundesbank selber glaubt jedoch, ohne weitere Vorschriften auskommen zu können. Darum verzichtet die Bundesregierung auf besondere Vorschläge.
    Man sollte in der unterschiedlichen Behandlung der privaten und der gesetzlichen Versicherungen keine Diskriminierung sehen. Die Zwangsversicherung ist ein Teil der öffentlichen Hand. Hier setzt der Staat die Mitgliedschaft und die Beitragshöhe fest und beteiligt sich regelmäßig an der Aufbringung der Mittel durch sehr beträchtliche Zuschüsse. Wenn er nun, sobald es konjunkturpolitisch erforderlich ist, auf die Anlagepolitik der Sozialversicherungen in gewissem Umfang einwirkt, so ist das nur eine Entsprechung seiner gesetzgeberischen Beteiligung und seiner hohen Zuschußleistung. Be-
    tonen möchte ich aber ausdrücklich, daß die sozialen Versicherungen sich gegenüber der Bundesregierung stets entgegenkommend gezeigt haben, und das sollte man dankbar anerkennen.
    Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen in kurzen Zügen die vier wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfs erläutert. Ich bitte Sie herzlich, die Zusammenhänge nicht aus dem Auge zu verlieren. Wenn e i n wesentlicher Bestandteil aus dem Gesetz herausgerissen wird, wird das ganze Gesetz unbrauchbar. Mit dieser Bemerkung möchte ich davor warnen, das Gesetz in Teile auseinanderzubrechen oder es stückweise zu verabschieden. Über Ergänzungen mag man reden können, aber Streichungen machen das Gesetz stumpf. Ich weiß sehr wohl, daß das eine oder andere Instrument dem einen oder anderen als sehr scharf, vielleicht als zu scharf erscheinen kann. Aber die Stabilität ist mit Streichelei und schönen Worten nicht zu erreichen. Es müssen sich alle einordnen. Nicht so in Reih und Glied, ja nicht einmal zu einem Konzert, in dem jeder nach ihm vorgesetzten Noten unter einem Dirigenten zu spielen hat. Wir müssen ganz schlicht und einfach mit dem auskommen, was wir erarbeitet haben. Mehr nicht! Wer sich dennoch mehr nimmt, der holt es anderen oder der Allgemeinheit weg. Er tut dies vielleicht, ohne es selber zu merken. Aber es bereichert sich auf anderer Leute Kosten. Darum kommt es darauf an, die Grenzen sichtbar zu machen — und sie zu schützen. Das und nicht mehr ist der Sinn dieses Gesetzes. Wer dies als Behinderung empfindet, der hat nicht begriffen, daß die moderne, arbeitsteilige Wirtschaft andere Spielregeln erfordert als die vermeintliche gute, hauswirtschaftliche Zeit. Es glaubt doch auch kein Mensch, daß wir heute im Zeitalter der Motorisierung ohne Verkehrsregeln auskommen können, wie das zu Reiters- und Droschkenzeiten noch möglich gewesen ist. Niemand ist so töricht, in unseren Verkehrsregeln — wenn sie nicht übertrieben werden — eine Behinderung zu sehen. Im Gegenteil, je selbstverständlicher und fairer diese Regeln eingehalten werden, desto reibungsloser läuft der Verkehr. Das gilt auch für die moderne arbeitsteilige rationale Wirtschaft. Jeder muß gehen können, wohin er will. Aber er muß auf der rechten Straßenseite bleiben. Nehmen Sie dieses Beispiel bitte, wie es gemeint ist, und gestatten Sie mir die Fortsetzung mit dem Hinweis: Verkehrsregeln müssen einfach und übersichtlich sein, sie müssen für alle gelten, und sie müssen auch auf die Vernunft der Bürger rechnen können.
    Meine Damen und Herren! Sie können von dem Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität nicht eine Regelung aller offenen Probleme der Wirtschaftspolitik erwarten. Alles mit einem Schlag ändern zu können, ja, das müßte schon sein. Aber ich bin dafür, auch in der Gesetzgebung — und gerade dort — maßzuhalten. Die Zielrichtung dieses Gesetzes ist klar und eindeutig. Es geht darum, unsere nationalen Möglichkeiten zur Sicherung der Vollbeschäftigung und eines beständigen Wachstums und zur Erreichung ,der Geldwertstabilität optimal einzusetzen, und das alles unter Wahrung



    Bundesminister Schmücker
    des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Es scheint mir keine fruchtbare Methode zu sein, bei der Beratung dieses Gesetzes auch noch andere zu lösende Aufgaben aufzuzählen und ihre Nichterwähnung im Gesetz als Mangel auszulegen. Der Gesetzentwurf kann nicht neben den konjunkturpolitischen Problemen zugleich auch die sehr differenzierten Aufgaben der Strukturpolitik angehen, wenngleich die vorgesehene mittelfristige Haushaltspolitik auch dazu einen wichtigen Beitrag leistet.
    Es kann natürlich über die Entwicklung der Außenwirtschaft gesprochen werden, in der wir auch neue Wege wagen müssen, wenn wir unsere starke Position ausbauen wollen. Die Erfahrung meiner letzten Auslandsreisen sagt mir, daß unsere derzeitigen Anstrengungen nicht ausreichen, um den wachsenden Wettbewerb zu bestehen. Das gilt in gleicher Weise für die Fortschritts-Industrien hier in unserem Lande, für die wir erheblich mehr Anstrengungen machen müssen als bisher. Aber dieses Gesetz, wenn es wirkungsvoll bleiben soll, muß sich auf ,die Aufgabe beschränken, die ihm in der Überschrift zugewiesen wird, die Förderung der wirtschaftlichen Stabilität.
    Ich kann mir vorstellen, daß von einigen eine stärkere Einflußnahme auf die Tarifpartner gewünscht wird. Die Bundesregierung steht aber nach wie vor zur Autonomie der Tarifpartner. Sie ist sich jedoch darüber im klaren, daß die Popularität dieser Tarifautonomie in unserer Bevölkerung steht und fällt mit ihrer verantwortungsbewußten Handhabung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Bundesregierung hat ganz bewußt auf die Variierung der Steuersätze zur Beeinflussung der privaten Nachfrage verzichtet. Eine so weitreichende Maßnahme ist weder erforderlich noch durchführbar, ganzdavon abgesehen, daß ,sie in ein zentrales Recht ,des Parlaments eingreifen würde.
    Der härteste Vorwurf — und der nach meiner Meinung am wenigsten gerechtfertigte Vorwurf -
    gegen dieses Gesetz ist, daß es keine außenwirtschaftliche Absicherung der binnenwirtschaftlichen Stabilisierungsmaßnahmen bringt. Eine solche Kritik ist schnell und leicht gesagt. Aber keiner der Kritiker hat bisher konkrete Vorschläge machen können, die ohne Gefährdung der deutschen Welthandelspolitik durchzusetzen sind. Ich bitte darum, das dann hier zu tun. Bloße Formulierungen ohne konkreten Inhalt helfen uns nichtweiter, sie verwirren nur. Die Variierung des Grenzausgleichs bei der Umsatzsteuer betrachte ich nicht als eine annehmbare Lösung. Sie verstößt gegen EWG-Vereinbarungen und würde unsere außenwirtschaftliche Position empfindlich treffen. Über flexible Wechselkurse kann man doch nur reden, wenn man die internationale Vertragslage dabei beachtet. Der § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes besteht, und es muß genügen, dieses Bestehen zu erwähnen.
    Ich weiß, daß es in der internationalen Diskussion vielen zu langsam vorangeht. Auch ich sähe lieber, daß man rascher zu konkreten Ergebnissen käme. Meine Damen und Herren, übersehen Sie aber bitte nicht, mit welchen Währungsnöten andere Länder zu kämpfen haben. Vielen dieser Länder erscheinen unsere Sorgen wie ein Hohn auf ihre mißliche Lage. Ich bitte Sie, keinen Zweifel daran zu haben, daß internationale Experimente und Extratouren eine Renationalisierungswelle in der Außenwirtschaft auslösen würden, die uns Deutsche am Ende am allerhärtesten treffen würde.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Integration und weltweite wirtschaftliche Verflechtung sind und bleiben unverzichtbare Grundlagen
    unserer Politik. Auf ihnen basiert unser Wohlstand.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Maßnahmen, welche rechnerisch das außenwirtschaftliche Gleichgewicht verbessern, aber unsere außenwirtschaftliche Position schwächen, sind kein Fortschritt, sie wären ein resignierender Verzicht auf den Ausbau der deutschen Position in der Weltwirtschaft. Meine Damen und Herren, wir werden uns Mühe geben, in den Genfer Verhandlungen zur Kennedy-Runde die Handelshemmnisse abzubauen, um den Welthandel zu erweitern. Wir werden uns Mühe geben, mehr Anhänger für den Gedanken zu finden, daß gleichzeitig mit dem Abbau der Handelshemmnisse eine vertraglich abgesicherte Disziplinierung der Weltwährungspolitik einhergehen muß. Wir haben auf unserer Seite eine starke wirtschaftliche Position. Aber sie ist nicht stark genug, um einen Alleingang zu wagen. Unsere Stärke in der internationalen Währungsdiskussion liegt vor allem in der Qualität unserer Argumente. Die Sicherung unserer Konjunktur vor nachteiligen außenwirtschaftlichen Einflüssen ist eine hochrangige Aufgabe. Ich widerspreche nicht einmal, wenn gesagt wird, sie ist eine den binnenwirtschaftlichen Bemühungen gleichzusetzende Aufgabe. Aber sie ist nicht die vorrangige Sache dieses Gesetzes. Um diese Aufgabe zu lösen, bedarf es internationaler Anstrengungen, verstärkter Anstrengungen, wie wir sie in der OECD, in der EWG, im Weltwährungsfonds und im Zehnerklub unternehmen. Hier geht es aber um die Maßnahmen, die wir in eigener Zuständigkeit treffen können. Durch diese Gesetze erhalten unsere Initiativen zu einer gemeinsamen Konjunkturpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und unsere Bemühungen um eine Aktivierung der gemeinsamen Währungspolitik erst volles Gewicht. Wir sind doch heute das einzige unter den sechs Ländern, das nur mit halber Zuständigkeit — eben nur für den Bund — in Brüssel antritt.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie die Grundsatzdebatte ausweiten, vergessen Sie bitte nicht, daß die Verabschiedung dieser Gesetze und ihre Anwendung der Bundesbank erst die Voraussetzungen bieten werden, den gegenwärtigen Restriktionskurs zu mildern. Darauf aber wartet die deutsche Wirtschaft. Bundesbankpräsident Blessing hat mir diese Konsequenz ausdrücklich bestätigt. Wenn wir die Restriktionen lockern würden, bevor wir wirkungsvoll auf die Kreditbeanspruchung durch die öffentlichen Hände einwirken, dann bestünde die Gefahr, daß der so gewonnene Spielraum anders genützt würde, als es von uns gewünscht wird.



    Bundesminister Schmücker
    Hier und heute geht die Entscheidung über die beiden Gesetze, die Ihnen die Bundesregierung vorgelegt hat. Ich bin sicher, meine Damen und Herren, daß die Entscheidung positiv ausfallen wird; denn niemand könnte es verantworten, daß die Bundesrepublik untätig bleibt, wenn sich ringsum in der Welt alle anstrengen, ihre Wirtschaft gesund zu halten. Sehen Sie nach Großbritannien, nach Belgien, nach den USA, wohin Sie wollen. Die Methoden sind unterschiedlich, und ich wünsche auch denjenigen, die aus einer anderen politischen Konzeption als wir ihre Maßnahmen aufbauen, einen vollen Erfolg. Die wirtschaftliche Stabilität eines jeden anderen Landes ist zugleich unser eigener deutscher Vorteil.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unsere Bevölkerung würde es weder der Regierung und den Koalitionsparteien noch der Opposition abnehmen, wenn wir den Dingen ihren Lauf ließen. Sie würde es auch nicht verstehen, wenn wir vor lauter Debattieren nicht zum Handeln kämen. Die vorgeschlagenen Gesetze sollen die Bundesregierung und die Landesregierungen, sie sollen den Bundesrat und den Deutschen Bundestag in die Lage versetzen, zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität das Notwendige zu tun. Die Gesetze und ihre Anwendung werden unserem Volke die Zuversicht geben, daß seine politische Führung in den Regierungen und Parlamenten alle Kräfte einsetzt, Wirtschaft und Währung zu sichern durch Vollbeschäftigung, beständiges Wachstum, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
    Ich habe die Ehre, namens der Bundesregierung Sie, meine Damen und Herren des Deutschen Bundestages, zu bitten, auf der Basis der Vorschläge der Bundesregierung den Organen des Bundes und den Ländern die dringend benötigten Vollmachten zu geben.

    (Anhaltender starker Beifall bei den Regierungsparteien.)