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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1966 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der Cortes aus Madrid und Rektoren spanischer Universitäten 2373 D Glückwunsch zum Geburtstag der Abg. Frau Albertz 2367 A Fragestunde (Drucksache V/720) Fragen des Abg. Zerbe: Richtlinien des Bundeskabinetts für kommunale Kontakte zwischen Instanzen der Bundesrepublik und der SBZ Dr. Mende, Bundesminister . . . . 2367 D Zerbe (SPD) . . . . . 2368 B, 2369 B Hauck (SPD) 2369 A Fragen des Abg. Dr. Häfele: Notwendigkeit des Beginns von Straßenbauarbeiten unverzüglich nach der Frostperiode 2369 B Frage des Abg. Strohmayr: Zahl der jährlich durch Wild verursachten Verkehrsunfälle Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2369 C Strohmayr (SPD) 2369 D Brück (Köln) (CDU/CSU) 2369 D Dröscher (SPD) 2370 B Frage der Abg. Frau Freyh: Projekt Verbindungsbahn Frankfurt Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2370 B Frau Freyh (SPD) 2370 C Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . 2371 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 2371 A Frage des Abg. Kulawig: Als-ob-Tarife zugunsten der Saarwirtschaft — Möglichkeit von Unterstützungstarifen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2371 C Kulawig (SPD) 2371 C Frage des Abg. Kulawig: Frage eines Verstoßes der Als-obTarife gegen Bestimmungen der Europäischen Verträge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2372 A Kulawig (SPD) 2372 A Hussong (SPD) . . . . . . . 2372 C Fragen des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Sofortmaßnahmen am Unfallort, Ausbildung in „Erste Hilfe", Ausrüstung von Kfz mit Verbandskästen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2372 D Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2373 B Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . . . 2373 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 Frage des Abg. Prinz von Bayern: Verhandlungen über die Errichtung eines neuen Flughafens für München Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2373 D Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . 2374 A Börner (SPD) 2374 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2374 D Frage des Abg. Dröscher: Fernbahnhof Bingerbrück Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2374 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2375 A Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Erhöhung der Gebühren des TÜV für die Prüfung von Kfz und überwachungsbedürftigen Anlagen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2375 C Fragen des Abg. Seibert: Verbesserung der Wirtschaftsergebnisse auf den Nebenbahnstrecken der Bundesbahn durch Konzentration der Verkehrsbedienung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2376 A Seibert (SPD) 2376 B Frage des Abg. Seibert: Möglichkeit einer Übernahme der Verkehrsbedienung stillgelegter Strecken durch Privatbahnen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2376 D Seibert (SPD) 2377 B Brück (Köln) (CDU/CSU) 2377 C Fragen des Abg. Haar (Stuttgart) : Finanzierung des Investitionsprogramms der Bundesbahn D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 2377 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2377 D Fragen des Abg. Tönjes: Reparaturen und Neufertigungen als Regiearbeit der Bundesbahn oder als Unternehmerarbeit Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2378 C Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Mißstand getrennter Fahrkarten bei Bundesbahnbussen und Eisenbahn auf übereinstimmenden Strecken . . . . 2379 A Frage des Abg. Dr. Lohmar: Neue Leitung der Kulturabteilung des AA Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2379 A Dr. Lohmar (SPD) 2379 B Raffert (SPD) . . . . . . . . 2379 D Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 2380 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 GO, in Verbindung mit Sammelübersicht 6 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die vom 18. 10. 1965 bis 31. 5. 1966 eingegangenen Petitionen (Drucksache V/683) Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 2380 B Dr. Kübler (SPD) . . . . . . . 2383 D Orgaß (CDU/CSU) . . . . . . . 2384 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2385 A Große Anfrage betr. auswärtige Kulturpolitik und auslandsdeutsche Schulen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/439), in Verbindung mit Antrag (SPD) betr. deutsche Auslandsschulen (Drucksache V/435), mit Antrag (SPD) betr. europäische Schulen (Drucksache V/533), und mit Antrag (SPD) betr. Kulturarbeit im Ausland (Drucksache V/692) Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 2386 A Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 2389 B Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2394 B Merten (SPD) . . . . . . . . . 2398 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 2400 D Dr. Martin (CDU/CSU) 2403 C Dr. Schulz (Berlin) (SPD) 2405 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2407 B Dr. Hellige (FDP). . . . 2409 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Februar 1964 mit der Republik Korea über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen V/332) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/660, zu V/660) — Zweite und dritte Beratung — 2413 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. April 1965 mit Sierra Leone über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/415) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/661, zu V/661) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 2413 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Juni 1965 mit der Republik Ecuador über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/508); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstansdfragen (Drucksachen V/662, zu V/662) — Zweite und dritte Beratung — 2413 B Entwurf eines Gesetzes über die Unterbringung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen (Drucksache V/320) ; Berichte des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/697) und des Ernährungsausschusses (Drucksache V/631) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 2413 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Schlachtgewichtsstatistik (Drucksache V/610) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/706) Zweite und dritte Bera- tung — 2414 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand (Drucksache V/624) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksache V/699) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 2414 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Bundesrat) (Drucksache V/627) ; Schriftlicher Bericht des Arbeitsauschusses (Drucksache V/713) — Zweite und dritte Beratung — 2414 B Dr. Schmid, Vizepräsident . . . 2414 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. November 1963 mit Ceylon über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/676) — Erste Beratung — 2414 D Entwurf eines Gesetzes über einen Währungsausgleich für Reichsmarksparguthaben von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin (Drucksache V/636) — Erste Beratung — . . . 2415 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Standortübungsplatzes TübingenWaldhausen (Drucksache V/669) . . . 2415 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von Teilflächen der ehem. Telegrafen-Kaserne in Karlsruhe (Drucksache V/672) . . . . . . . . 2415 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Standortübungsplatzes Burgholzhof; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/482, V/702) 2415 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Artillerie-Kaserne in Münster (Westf.) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/586, V/703) . . . . . . . . 2415 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Flakkaserne in Berlin-Lankwitz, Gallwitz-Allee 115; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/550, V/704) 2415 D Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für die Verordnung des Rats Nr. ... über die Einführung eines Margentarifsystems im Güterverkehr der Eisenbahnen, des Straßenverkehrs und der Binnenschiffahrt (Drucksachen V/30, V/718) 2415 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern (Höchstgeschwindigkeit, Beifahrersitze und Ladepritschen) (Drucksachen V/547, V/719) 2415 D Nächste Sitzung 2416 C Anlagen 2417 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 2367 49. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.33 Uhr
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    Berichtigung: Es ist zu lesen: 46. Sitzung, Seite 2281 D, Zeile 16 statt politische: positive Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 24.6. Arendt (Wattenscheid) 24.6. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 22.6. Frau Brauksiepe 22.6. Dichgans **) 23. 6. Dr. Dittrich 24. 6. Dr. Effertz 22.6. Eisenmann 24. 6. Dr. Elbrächter 23.6. Frieler 2. 7. Jacobi (Köln) 23.6. Frau Jacobi (Marl) 1. 7. Dr. Jungmann 30. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 22.6. Klinker 22. 6. Leber 25. 6. Logemann 22. 6. Dr. Löhr 22.6. Mauk 22. 6. Michels 23. 6. Mick 22. 6. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30.6. Dr. Morgenstern 30.6. Paul *) 23. 6. Picard 22. 6. Pöhler 22. 6. Dr. Rutschke 22.6. Dr. Schmidt-Burgk 26.6. Stooß 25. 6. Teriete 2. 7. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell *) 25. 6. Dr. Wahl *) 24. 6. Weimer 25.6. Wedelborn 1. 7. b) Urlaubsanträge Dr. Eckhardt 1. 7. Strauß 1. 7. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidt (Kempten) für die Fraktion der FDP zu Punkt 10 der Tagesordnung (Drucksachen V/267 und V/713) Die FDP-Fraktion erkennt an, daß durch ,den Änderungsantrag der CDU/CSU im Bundestagsausschuß für Arbeit der in der Regierungsvorlage vorgesehene Zwang aufgelockert wurde und daß durch *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates **) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht die nunmehrige Einschaltung des Personensorgeberechtigten die Verantwortung des Elternhauses mit eingeschaltet wird. Dennoch sieht sich die FDP-Fraktion zu einer Zustimmung nicht in der Lage. Hierfür gibt es mehrere Grande: 1. Die in der Vorlage zugrunde gelegten Zahlen über die zweiten Untersuchungen von Jugendlichen entsprechen in keiner Weise dem augenblicklichen Stand. Es bleibt unverständlich, daß auch der Bericht des Ausschusses wieder die Zahl 35 % enthält, obwohl nach neuen, dem Ausschuß zum Teil vorliegenden Statistiken, die Zahlen in den einzelnen Ländern zwischen 40 und 75 % schwanken. Die FDP ist der Meinung, daß nach weiterem ruhigen Verlauf sich in wenigen Jahren ein zu vertretender Prozentsatz eingespielt hätte. 2. Die arbeitsrechtlichen Folgen des nunmehr vorgesehenen Beschäftigungsverbotes konnten nach Auffassung der FDP auch in der Ausschußberatung nicht voll geklärt werden. Daher sind zahlreiche Verfahren vor den Sozialgerichten zu befürchten. Entscheidend für die Enthaltung der FDP-Fraktion bleibt die Tatsache, daß mit diesem Gesetz eine gefährliche Entwicklung von der Gesundheitserziehung zum staatlichen Gesundheitsdienst eingeleitet wird, eine Entwicklung, die unserer freiheitlichen Gesellschaft sicher nicht gut bekommen wird. Versuche im Ausschuß, eine dritte Untersuchung bereits im Gesetz zu verankern, haben gezeigt, wohin ,die Reise nach dem Wunsche vieler hier gehen soll. Wir haben das Vertrauen zu Eltern und jungen Menschen, daß diese sich der Bedeutung der eigenverantwortlichen Gesundheitskontrolle gerade im Hinblick auf Auswirkungen des Berufes auf die Gesundheit weitgehend bewußt sind. Wir sind der Meinung, daß Aufklärung und Erziehung hier richtiger und am Ende erfolgreicher sind als Zwang aus staatsautoritären Gründen. Deshalb wird sich die FDP-Fraktion auch im Plenum der Stimme enthalten, wie sie es bereits im Ausschuß getan hat. Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Korspeter für die Fraktion der SPD zu Punkt 15 der Tagesordnung (Drucksache V/636) Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt, daß die Bundesregierung den einstimmig gefaßten Beschluß des Parlamentes vom 1. Juli 1965, der die Bundesregierung beauftragt hatte, den Entwurf eines Währungsausgleichsgesetzes für Flüchtlinge aus der Zone vorzulegen, erfüllt hat. Es ist auch anzuerkennen, daß die Bundesregierung von ihrem nach langem Zögern eingenommenen politischen Ziel, die Gleichstellung der Flüchtlinge mit 2418 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 den Heimatvertriebenen herbeizuführen, trotz der schwierigen Situation des Haushalts nicht abgewichen ist. Dieser Entwurf und die darin vorgesehenen Regelungen sind für die Flüchtlinge von grundsätzlicher Bedeutung. Hiermit wird, zwar mit einer Einschränkung, auf die noch einzugehen ist, ein erster Schritt zur grundsätzlichen Gleichstellung der Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen getan. Darüber hinaus werden die sogenannten anerkannten Flüchtlinge mit C-Ausweis und die sogenannten nichtanerkannten Flüchtlinge in gleicher Weise von diesem Gesetz erfaßt. Das bedeutet, daß hinsichtlich des Währungsausgleichs die Kluft, die in den sozialen Eingliederungsmaßnahmen zwischen diesen beiden Gruppen noch besteht, überwunden werden soll. Die Sozialdemokraten bejahen diese Regelung. Es ist bekannt, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sich schon vor Jahren um die gleiche Behandlung aller Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen ausgesprochen hat und sich auch durch die Vorlage eines Flüchtlingsgesetzentwurfes in der 4. Legislaturperiode darum bemüht hat. Wir haben, ebenso wie der Staatsrechtler Professor Weber aus Göttingen, immer auf die Einheitlichkeit der Ereignisse, von der beide Gruppen betroffen sind, hingewiesen und sind ebenso wie er der Meinung, daß sich vor dem Forum der Gesetzgebung eine unterschiedliche Behandlung, die eindeutig zu Lasten der Flüchtlinge geht, nicht vertreten läßt. Wir haben uns seit langen Jahren gegen die Differenzierung in der Gesetzgebung zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen ausgesprochen und haben immer wieder gefordert, die Angelegenheiten beider Gruppen als einheitliches Problem aufzufassen und alle Regelungen auch für die Flüchtlinge mit Rechtsanspruch zu versehen. Darüber hinaus haben wir ständig die Forderung erhoben, daß mit der Aufspaltung in anerkannte und nicht-anerkannte Flüchtlinge Schluß gemacht wird, da es sich auch bei den Flüchtlingen in gleicher Weise wie bei den Vertriebenen um ein Gesamtschicksal handelt und auch die Flüchtlinge auf Grund einer gleichen allgemeinen Zwangslage in die Bundesrepublik gekommen sind. Dabei ist an die grundsätzlichen Äußerungen unserer Fraktionssprecher bei den Debatten über die Regierungserklärungen der letzten Jahre zu erinnern, bei denen ständig darauf hingewiesen wurde, daß gleiches Schicksal gleiche Hilfe verdiene und ,daß endlich Heimatvertriebene und Flüchtlinge einander voll gleichzustellen seien. Ich erinnere auch an den Entwurf unseres Flüchtlingsgesetzes in der vorigen Legislaturperiode, der den Flüchtlingen die volle rechtliche Gleichstellung gebracht hätte und den die Regierungsparteien — ich habe das schon einmal 'bei der Beratung des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes gesagt — aus Gründen abgelehnt haben, die einer sachlichen Prüfung nicht standhalten konnten und die nunmehr auch nicht mehr aufrechterhalten werden. Erst am Ende der vorigen Legislaturperiode — erst nachdem unser Gesetzentwurf abgelehnt worden war — erklärten sich die Regierungsparteien ,gegenüber den Flüchtlingenbereit, ihnen im Grundsatz, wenn auch in Stufen, die gleichen Rechte und Vergünstigungen einzuräumen wie den Vertriebenen. Eine dieser Stufen ist der Entwurf eines Währungsausgleichsgesetzes. Deshalb sind diese grundsätzlichen Bemerkungen zur allgemeinen Flüchtlingsgesetzgebung hier bei der ersten Beratung durchaus berechtigt. Wir können den Regierungsparteien den Vorwurf nicht ersparen, daß sie durch die bis vor kurzem ablehnende Haltung gegenüber den berechtigten Forderungen der Flüchtlinge eine gerechte Gesetzgebung für sie verhindert und sich nicht rechtzeitig um eine politische Revision ihrer Haltung bemüht haben. Schließlich hat sich in unserer Haltung zur Zone nichts geändert. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist von jeher davon ausgegangen, daß die unmittelbar Geschädigten in gerechter Weise eingegliedert werden müssen. Wir bedauern, daß durch die ablehnende Haltung der Regierungsparteien zukünftige Gesetze sich in vielen Fällen nun nur noch an die Erben richten können. Unter diesen Gesichtspunkten wird es auch bei weiteren Gesetzen immer schwieriger werden, zwischen den Ansprüchen der Berechtigten und der schwierigen Haushaltslage einen gerechten Ausgleich zu finden. Die Problematik wird noch verzerrter, wenn wir an die Haushaltsrede des Bundesfinanzministers denken. Er führte damals aus: Ein Anliegen vor allem der Flüchtlinge aus Miteldeutschland ist eine allgemeine Entschädigung der in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands erlittenen Vermögensverluste auf der Grundlage des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzen. So verständlich dieses Anliegen ist, so kann doch nicht übersehen werden, daß der Verwirklichung eines Vorhabens, das sich in einer Größenordnung von 10 bis 12 Milliarden DM bewegen würde, von der Finanzierungsseite her unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Bei der derzeitigen Haushaltslage sehe ich leider keine Möglichkeit, die für ein so weit gestecktes Vorhaben erforderlichen Mittel in absehbarer Zeit in den Haushalt einzuplanen. Dieses Spannungsfeld hat sich auch bereits im Bundesrat beim ersten Durchgang dieses Gesetzentwurfes niedergeschlagen. Es ist bekannt, daß der Finanzausschuß des Bundesrates der finanziellen Situation den Vorrang einräumen wollte und dem Plenum des Bundesrates vorschlug, seine Ablehnung für den zweiten Durchgang des Gesetzes in Aussicht zu stellen, mit der Begründung, auch insbesondere unter Bezugnahme auf die Erklärungen des Bundesfinanzministers, daß sich der Bundesrat bei dieser Situation grundsätzlich nicht in der Lage sehe, neuen Gesetzen mit finanziellen Mehraufwendungen zuzustimmen, solange nicht genau Vorstellungen über eine Rangordnung der Aufgaben und Ausgaben und deren Finanzierungsmöglichkeiten für einen mehrjährigen Zeitraum bestehen. Dies gilt — so hieß es weiter — insbesondere für Gesetze, die zunächst nur ein Teilgebiet eines umfassenden Komplexes regeln und daher weitere ausgabenwirk- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 2419 same Gesetze nach sich ziehen können. Erfreulicherweise ist das Plenum des Bundesrates der Empfehlung seines Finanzausschusses nicht gefolgt. Es hätte auch eine für die Flüchtlinge untragbare und unzumutbare Verzögerung ihrer Ansprüche aus dem Währungsausgleich bedeutet, der für die übrigen Währungsgeschädigten bereits seit vierzehn Jahren geregelt ist. Wir wissen, alle Fraktionen müssen sich gemeinsam darum bemühen, einen Weg zur Verbesserung des Haushalts und zur Stabilisierung unserer Währung zu finden. Dazu haben auch wir unsere Mitarbeit zugesichert. Aber es wäre zu einfach, die finanziellen Schwierigkeiten als Vorwand für eine weitere Verzögerung der Weiterentwicklung des Flüchtlingsrechts zu benutzen. In einem Punkt enthält dieser Gesetzentwurf eine Schlechterstellung der Flüchtlinge gegenüber den Heimatvertriebenen. Das ist sehr wahrscheinlich auf die Haushaltssituation zurückzuführen. Es handelt sich dabei um die festgelegte Zinsregelung, die in Abweichung von derjenigen bei den Heimatvertriebenen, bei denen sie am 1. Januar 1952 begann, für die Flüchtlinge erst mit dem 1. Januar 1967 beginnen soll. Das bedeutet — darüber wollen wir uns klar sein — wiederum einen fühlbaren Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, der um so schwerer wiegt, als die dem Gesetzentwurf zugrunde liegenden Schadenstatbestände bei beiden Gruppen völlig gleich liegen und die Schädigung für beide Gruppen zum gleichen Zeitpunkt eingetreten ist. Die Flüchtlinge müßten bei einer solchen Regelung gegenüber den Vertriebenen eine Zinseinbuße von 14 mal 4 % gleich 56 % hinnehmen. Darüber werden wir bei den Ausschußberatungen noch reden müssen, dies um so mehr, als leider wegen der strengen Anforderungen im Beweisverfahren nicht damit zu rechnen ist, daß 400 000 Flüchtlinge von diesem Recht Gebrauch machen können und unter Umständen die veranschlagten Mittel für eine verbesserte Zinsregelung ausreichen würden. Das muß sehr sorgfältig untersucht werden. Im übrigen hoffe ich sehr, daß wir im Ausschuß in guter Zusammenarbeit im Interesse der Flüchtlinge zu einem positiven Ergebnis kommen werden. Der Bundesregierung möchte ich noch folgendes sagen. Sie hat durch ihre ablehnende Haltung in der Vergangenheit gegenüber der Gleichstellung der Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen nunmehr die Pflicht, auch in der Öffentlichkeit dafür zu sorgen, daß die Diskussionen um die Weiterentwicklung der Flüchtlingsgesetzgebung nicht zu Lasten der Flüchtlinge gehen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 16. Juni 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rehs (Drucksache V/681 Frage. VIII/9) : In welcher Weise informiert die Bundesregierung die deutschen Hochseefischer über die Hoheits- und Fischereischutzgewässer der Ostseeanliegerländer? Alle für die Seeschiffahrt und Seefischerei bedeutsamen Angaben über Hoheits- und Fischereigrenzen anderer Küstenstaaten, zeitweilige militärische Sperrgebiete und dergleichen finden sich in den vom Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) herausgegebenen Seehandbüchern. Irgendwelche Veränderungen und neue Tatbestände, die für Schiffahrt und Fischerei von Bedeutung sind, werden fortlaufend in den ebenfalls vom DHI herausgegebenen „Nachrichten für Seefahrer" bekanntgegeben. Unabhängig davon informiert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Küstenländer und die Seefischereiverbände über Änderungen der Fischereigrenzen und sonstige für die Seefischerei bedeutsame Tatsachen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers von Hassel vom 16. Juni 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/681 Frage X/3) : Treffen Meldungen zu, wonach das Bundesverteidigungsministerium beabsichtigt, die Bundeswehrkantinen in Zukunft als staatliche Regiebetriebe zu führen und den Kantinenpächtern zu kündigen? Ich lasse seit geraumer Zeit die Frage prüfen, in welcher Form eine aus verteidigungspolitischen und sozialen Gründen erwünschte Modernisierung des Kantinenwesens der Bundeswehr durchgeführt werden könnte. Eine solche Möglichkeit böte allerdings die Errichtung einer Zentralen Kantinenbetriebsgesellschaft, die nach privatrechtlichen Grundsätzen errichtet und geführt werden könnte. Dagegen erwäge ich nicht die Bewirtschaftung der einzelnen Truppenkantine in der Form eines staatlichen Regiebetriebes. Einmal entspricht die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit durch einen Regiebetrieb gem. § 15 Reichshaushaltsordnung nicht den wirtschaftlichen Grundsätzen der Bundesregierung. Zum anderen halte ich auch die Leitung der einzelnen Truppenkantine durch einen Beamten oder einen anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf die insoweit gemachten Erfahrungen für nicht zweckmäßig. Hinsichtlich der mit einer Verbesserung des derzeitigen Kantinenwesens der Bundeswehr verbundenen Problematik berate ich mich z. Z. noch mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft. Vor einer Entscheidung in dieser Angelegenheit werde ich auch den Verteidigungsausschuß und den Wirtschaftsausschuß des Bundestages unterrichten. Sollten die Beratungen ergeben, daß es notwendig ist, eine Zentrale Kantinenbetriebsgesellschaft zu gründen, würde es allerdings erforderlich werden, die Pachtverträge der Truppenkantinen zu kündigen. Dies würde jedoch für die Pächter der Truppenkantinen weder den Verlust ihrer Existenz noch einen sozialen Abstieg mit sich bringen; die Pächter könnten dann bei entsprechender Bereitschaft als Filialleiter mit einer festen Vergütung und einer Umsatzprovision bei einer Zentralen Kantinenbetriebsgesellschaft beschäftigt werden. Abschließend darf ich auf die Erklärungen von Herrn Staatssekretär Gumbel zu diesem Problem in der 168. Sitzung des Vierten Deutschen Bundestages am 25. 2. 1965 und in der 8. Sitzung des Fünften Deutschen Bundestages am 30. 11. 1965 hinweisen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Schulze-Vorberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    (Zuruf von der SPD: Auch nicht arrangieren!)

    — Es ist nicht der Augenblick, Herr Erler.

    (Heiterkeit.)

    Bitte sehr, Herr Lohmar!


Rede von Dr. Ulrich Lohmar
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Schulze-Vorberg, wollen Sie damit andeuten, daß von der Sternstunde von gestern heute nur noch eine Sternschnuppe übriggeblieben ist?

(Heiterkeit bei der SPD.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Schulze-Vorberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ein hübsches Wortspiel! — An sich wollte ich mich an eine große Debatte in diesem Hause über auswärtige Kulturarbeit erinnern, und zwar war es, wenn ich mich recht erinnere, am 11. Dezember 1963. Da sprach — und ich darf das als ein gutes Zeichen bei meiner ersten Rede bemerken, daß Sie, Herr Präsident, jetzt präsidieren — der Professor Carlo Schmid. Das war eine große Rede vor dem Bundestag über deutsche Kulturarbeit im Ausland. Heute können wir, glaube ich, allein, so wie wir hier sitzen, diese große Stunde nicht erwarten. Ich habe mich eben in diesem Saal umgesehen: Die Pressetribüne ist heute leer.

    (Abg. Dr. Schäfer: Aha! Haben Sie das auch festgestellt?)

    — Ich weiß nur eins, Herr Schäfer, daß man von der Pressetribüne in den Saal hinuntersieht. Das habe ich 15 Jahre lang gemerkt. Seit einigen Tagen weiß ich nun, daß man aus diesem Saal auf die Pressetribüne heraufschaut.

    (Zuruf von der SPD: Das wußten Sie vorher nicht?)

    — Als Erlebnis jedenfalls nicht. Heute liegt also dieser doch verhältnismäßig leere Saal vor mir. Die Fraktionsvorstände sind bei der SPD immer — würde ich sagen -- einigermaßen regelmäßig vertreten. Bei uns, wenn ich das sagen darf, haben sie im Augenblick außerordentlich Wichtiges zu tun.

    (Lachen bei der SPD.)

    Sie sind heute nicht da.
    , (Zuruf von der SPD: Sternstunde!)

    Das wäre aber vielleicht nicht ganz so schlimm. Sicher, die haben sehr viel zu tun. Ich weiß, was ein einzelner Abgeordneter zu tun hat; ich weiß, was ein Vorstandsmitglied zu tun hat. Aber jetzt sehe ich mir die Bundesratsbank an und denke dabei an den Anspruch der Länder auf die Kulturpolitik: Auf der Bundesratsbank kein Minister,

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)

    kein Staatssekretär, keiner von den Bevollmächtigten der Länder, keiner von denen, die die Kultusministerien hier in Bonn vertreten, nicht ein einziger, wenn ich richtig sehe.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein Irrläufer!)

    Das ist doch ein Fall, über den man einmal nachgrübeln sollte.
    In diesem Zusammenhang muß ich sagen, daß ich Föderalist bin —

    (Zuruf von der SPD: Wie lange noch?)

    — das werde ich bleiben —, und ich bin überzeugt, daß die Dinge gut geordnet werden sollen. Aber ich glaube, es ist nicht so, es kann nicht so sein, daß, weil einmal etwas so geregelt wurde, unter besonderen Umständen womöglich, das für alle Zeiten so bleiben muß. Der Bund muß und sollte nach unserem Willen heute Zuständigkeiten nach oben abgeben. Ich bin auch der Meinung, er kann manche vielleicht nach unten abgeben. Wir sollten die Dinge vernünf-



    Dr. Schulze-Vorberg
    tig regeln. Das ist immer der oberste Gesichtspunkt. Ich glaube, daß in bezug auf die Auslandskulturarbeit das eine oder andere vernünftiger geregelt werden könnte. Unter anderem scheint mir z. B., daß die Vielzahl der Organisationen, die sich mit dieser Frage befassen, die Dinge nicht erleichtern, sondern erschweren. Ich habe manchmal den Eindruck, wer sich einen frommen Namen gibt, einen Namen mit Wissenschaft — fromm ist falsch — oder mit Europa oder irgendwie einen hochtrabenden Namen, der einschlägig paßt, wird auch irgendwo bald Geld dafür finden. Das sollte nicht sein, das darf nach meiner Meinung nicht sein.

    (Abg. Haase [Kassel] : Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aus meiner Journalistenzeit ein Erlebnis erzählen; das war von einem Jahr. Ich war in Bandung auf einer Konferenz junger Afroasiaten und vorher in Lahore, auch auf einer Konferenz junger Wissenschaftler. Was ich da erlebt habe, Menschen, die in Berkeley oder Georgetown oder auch in Heidelberg oder München studiert hatten, sprühten vor Haß — das ist nicht übertrieben, sie sprühten vor Haß — vor allem gegen Amerika — Vietnam spielte dabei sicher eine entscheidende Rolle, aber es war nicht das einzige — und auch gegen Europa. Das war ein für mich schreckliches Erlebnis. Ich habe mir das nie so fürchterlich vorstellen können, daß es soviel Haß bei jungen Wissenschaftlern gibt, und dann diesen Haß gegen die Länder, die ihnen die Möglichkeit gegeben hatten zu studieren. Dann überlegt man natürlich: Sollten wir Kulturarbeit dieser Art in dieser Form weitertreiben? Müssen wir daraus nicht gewisse Korrekturen ableiten? Zu welchem Zweck soll diese Arbeit führen? Welche Ergebnisse soll sie haben? Doch sicher nicht das Ergebnis, Haß zu schüren, vor allen Dingen auch nicht Haß gegen uns. Aber überhaupt nicht Haß zwischen Völkern. Die jungen Wissenschaftler, die zu uns kommen — oft sind es keine Wissenschaftler, oft sind es Studenten in den ersten Semestern, oft sind es noch sehr ungefestigte Menschen —, werden aus völlig anderen Umständen und völlig anderen Zuständen herausgerissen und hier in Verhältnisse hineingezwängt, mit denen sie kaum fertig werden können. Es war für mich interessant, daß in unserem Kulturpolitischen Ausschuß dieser Tage ein maßgebender Mann der deutschen Kulturarbeit einer dieser Organisationen von einem Schock sprach, dem jeder ausgesetzt sei, der hier zu uns kommt, und von einem weiteren noch schlimmeren Schock, wenn er dann nach ein oder zwei Jahren von uns entlassen in seine Heimat zurückkehrt. Ich glaube, diese Schocktherapie sollte nicht der Sinn unserer Kulturarbeit im Ausland sein.
    Darf ich das als einen Gedanken sagen. Er ist nicht neu; aber ich glaube, hier von der Tribüne des Hohen Hauses sollte er einmal ausgesprochen werden. Mir scheint, daß wir nach einem strengen Auswahlsystem vorgehen sollten nach den Erfahrungen, die gesammelt worden sind und die nicht einfach immer wieder untergehen dürfen. Manchmal hat man -den Eindruck, daß sämtliche bösen Erfahrungen immer neu gemacht werden. Man sollte zunächst einmal die Erfahrungen sammeln und dann Men-
    schen auswählen, die vielleicht in ihrer eigenen Heimat schon bewiesen haben, daß sie zu wissenschaftlichen Leistungen fähig sind. Nur solche Menschen sollte man zu uns holen, während Studenten womöglich in ihrer eigenen Heimat zunächst einmal ausgebildet werden sollten.
    Ich bin der Meinung, daß man auch die jungen Arbeiter, Handwerker, Handelsgehilfen holen sollte, aber doch immer nur dann, wenn sie eine Ausbildung hinter sich haben, wenn die Voraussetzung erfüllt ist, die vorhin schon einmal, glaube ich, als selbstverständlich angesprochen wurde, nämlich die Beherrschung der deutschen Sprache. Dieser Unterricht kann in den Heimatländern erfolgen, und es geschieht ja oft. Ich glaube, wir würden manche Fehlentscheidung vermeiden, wenn wir grundsätzlich nur die Leute zu uns holten, die vorher in deutschen Instituten in Zusammenarbeit mit unseren Institutionen bewiesen haben, daß sie für die ihnen zugedachte Aufgabe, für die ihnen hier bei uns zugedachte Ausbildung geeignet sind.
    Dann ein Gedanke, den ich als ein Mann, der viel mit Rundfunk zu tun hatte und vielleicht noch zu tun hat, nicht loswerde: wir schicken sehr viele Tonbänder ins Ausland. Das geht zum Teil über das Auswärtige Amt, zum Teil über das Presseamt, zum Teil über andere Institutionen. Meine Meinung — Herr Minister, wenn ich das einmal sagen darf — ist, daß diese geschenkten Bänder, die ja große Werte darstellen, oft draußen verschludert werden. Es ist ganz klar: man redet davon, daß die Bänder immer stärker angefordert werden, und nimmt das als einen Beweis dafür, welch ungeheures Ansehen sie genießen. Ich kann nur sagen, daß ich mich darüber wundere, daß nicht viel mehr Bänder angefordert werden. Letzten Endes stellt jedes Tonband ja einen Wert von etwa 20 DM dar. Warum verlangen diese kleinen Stationen draußen statt 10 nicht 100 Bänder? Dann hätten sie ja viel mehr davon. Daß diese Bänder dann so gesendet werden, wie wir sie schicken, daran habe ich gewisse Zweifel. Oft sollte man allerdings froh sein, daß sie nicht so gesendet werden, wenn z. B., wie es oft vorgekommen ist, ungeeignete Sprecher genommen werden. In Ägypten hat man z. B. Sendungen ausgestrahlt, deren Sprecher tunesisches Arabisch sprachen, usw. Solche Fehler kann man vermeiden. Sie werden zum Teil sicher abgestellt. Ich würde es prinzipiell für richtig halten, Gegenleistungen zu erwarten. Es muß nicht der volle Gegenwert sein; aber eine Gegenleistung sollte man erwarten. Eine Gegenleistung sollten wir auch von all denen erwarten, die zu uns kommen, auch hier nicht immer materieller Art, sondern vielleicht geistiger, vielleicht wissenschaftlicher Art. Aber ich weiß nicht, ob das, was man einfach verschenkt, so gut ist.
    Dann noch vielleicht ein Gedanke, den ich zu dieser Debatte beitragen darf. Es scheint mir, daß all die Menschen, die ohnehin zu uns kommen, in der kulturellen Beziehung zum Ausland ganz wichtig sind. Sie hier anzunehmen, aufzunehmen, mit ihnen zu sprechen, Kontakte zu haben, das ist, glaube ich, etwas ganz Wesentliches. Wir haben z. B. das Problem unserer Gastarbeiter. Millionen solcher Gast-



    Dr. Schulze-Vorberg
    arbeiter haben wir hier. Kümmern wir uns wirklich so darum, wie wir es tun sollten? Im Grunde genommen ist jeder von ihnen so gut oder so schlecht wie einer jener jungen Arbeiter, die wir mit viel Geld hierher holen und hier ausbilden lassen. Viele Gastarbeiter können hervorragende Botschafter für uns sein, für das Leben in dieser Bundesrepublik, für die Ordnung, die wir haben, die wir uns aufgebaut haben, alle miteinander. Ich glaube, wir tun zu wenig. Das ist ein Eindruck, den ich einfach nicht loswerden kann.
    In dieser ganzen Kulturarbeit ist das Geld sicher wichtig. Aber zu viel Geld — und ich darf auf das, was ich vorhin von meinen Eindrücken in Lahore gesagt habe, hinweisen — zerstört eher die Dinge, als daß es hilft. Ich würde sagen, das Geld ist nur insofern' vertretbar und richtig, als es menschlich verkraftet werden kann, als Menschen dahinterstehen, die dieses Geld auch sinnvoll ausgeben, die bereit sind, sich mit ihrer Persönlichkeit einzusetzen. Darum kann ich nichts anderes tun, als hier vor allen Dingen den Damen und Herren, die ich zum Teil erst gestern kennengelernt habe — z. B. vom Goethe-Institut — für die Arbeit herzlich zu danken, die sie draußen unter sehr schwierigen Verhältnissen leisten. Wir müssen vielmehr junge Männer und Frauen finden, die diese Arbeit im Ausland temporär — für einige Jahre vielleicht — betreiben, wir müßten immer mehr Künstler, Wissenschaftler und Studenten dafür finden.

    (Abg. Dr. Schäfer: Haben wir doch!)

    — Ich glaube, Herr Schäfer, das Ganze müßte noch breiter aufgefächert werden, und ich meine auch, daß sich das Auswärtige Amt hinsichtlich der Aufnahme von Außenseitern nicht so sehr zieren sollte. Wenn ich richtig sehe, hat das Auswärtige Amt mit Außenseitern ganz hervorragende Griffe gemacht. Das geht bis zum Staatssekretär hinauf. Es sind nicht nur die Leute in den Presseabteilungen und in den Kulturabteilungen draußen sondern auch in der Zentrale hat man ganz hervorragende Außenseiter, was gewiß nichts gegen die Karrierediplomaten sagt. Es scheint mir aber nützlich zu sein, diese gerade in der Kulturarbeit durch hervorragende Außenseiter zu ergänzen.
    Ein Schlußwort! Wir Deutschen haben in der Welt — wir haben das neulich im Kulturpolitischen Ausschuß in einem Bericht gehört — nicht nur Freunde; ganz im Gegenteil, wir haben viele, viele Stimmen gegen uns. Die Kulturarbeit zu nutzen, um ein gutes, günstiges und richtiges Bild von uns darzustellen, ist, glaube ich, unsere gemeinsame Aufgabe, und wir sollten uns dieser Aufgabe auch in der Erkenntnis annehmen, die Hans Freyer einmal ausgesprochen hat; und Hans Freyer wird oft von Kurt-Georg Kiesinger zitiert, an den ich auch einmal erinnern möchte. Und wenn ich mit Carlo Schmid angefangen habe, so möchte ich ganz bewußt mit Kiesinger aufhören.

    (Abg. Dr. Schäfer: Mit Rücksicht auf den Bundesrat?)

    — Nein, aber mit Rücksicht darauf, daß Kiesinger
    ein Mann ist, der uns hier in diesem Hause große
    Stunden geschenkt hat. Das ist das eine, und das zweite ist, daß ich froh bin, daß ein solcher Mann auf der kulturellen Seite unserer Politik jetzt eine deutsche Aufgabe übernommen hat; darüber bin ich sehr froh. Hans Freyer hat in seinen Büchern immer wieder das Wort zitiert: „Europa hat die Welt auf dem Gewissen". Ich glaube, daraus erwachsen für uns alle Verpflichtungen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)