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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1966 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der Cortes aus Madrid und Rektoren spanischer Universitäten 2373 D Glückwunsch zum Geburtstag der Abg. Frau Albertz 2367 A Fragestunde (Drucksache V/720) Fragen des Abg. Zerbe: Richtlinien des Bundeskabinetts für kommunale Kontakte zwischen Instanzen der Bundesrepublik und der SBZ Dr. Mende, Bundesminister . . . . 2367 D Zerbe (SPD) . . . . . 2368 B, 2369 B Hauck (SPD) 2369 A Fragen des Abg. Dr. Häfele: Notwendigkeit des Beginns von Straßenbauarbeiten unverzüglich nach der Frostperiode 2369 B Frage des Abg. Strohmayr: Zahl der jährlich durch Wild verursachten Verkehrsunfälle Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2369 C Strohmayr (SPD) 2369 D Brück (Köln) (CDU/CSU) 2369 D Dröscher (SPD) 2370 B Frage der Abg. Frau Freyh: Projekt Verbindungsbahn Frankfurt Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2370 B Frau Freyh (SPD) 2370 C Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . 2371 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 2371 A Frage des Abg. Kulawig: Als-ob-Tarife zugunsten der Saarwirtschaft — Möglichkeit von Unterstützungstarifen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2371 C Kulawig (SPD) 2371 C Frage des Abg. Kulawig: Frage eines Verstoßes der Als-obTarife gegen Bestimmungen der Europäischen Verträge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2372 A Kulawig (SPD) 2372 A Hussong (SPD) . . . . . . . 2372 C Fragen des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Sofortmaßnahmen am Unfallort, Ausbildung in „Erste Hilfe", Ausrüstung von Kfz mit Verbandskästen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2372 D Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2373 B Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . . . 2373 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 Frage des Abg. Prinz von Bayern: Verhandlungen über die Errichtung eines neuen Flughafens für München Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2373 D Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . 2374 A Börner (SPD) 2374 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2374 D Frage des Abg. Dröscher: Fernbahnhof Bingerbrück Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2374 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2375 A Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Erhöhung der Gebühren des TÜV für die Prüfung von Kfz und überwachungsbedürftigen Anlagen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2375 C Fragen des Abg. Seibert: Verbesserung der Wirtschaftsergebnisse auf den Nebenbahnstrecken der Bundesbahn durch Konzentration der Verkehrsbedienung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2376 A Seibert (SPD) 2376 B Frage des Abg. Seibert: Möglichkeit einer Übernahme der Verkehrsbedienung stillgelegter Strecken durch Privatbahnen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2376 D Seibert (SPD) 2377 B Brück (Köln) (CDU/CSU) 2377 C Fragen des Abg. Haar (Stuttgart) : Finanzierung des Investitionsprogramms der Bundesbahn D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 2377 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2377 D Fragen des Abg. Tönjes: Reparaturen und Neufertigungen als Regiearbeit der Bundesbahn oder als Unternehmerarbeit Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 2378 C Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Mißstand getrennter Fahrkarten bei Bundesbahnbussen und Eisenbahn auf übereinstimmenden Strecken . . . . 2379 A Frage des Abg. Dr. Lohmar: Neue Leitung der Kulturabteilung des AA Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2379 A Dr. Lohmar (SPD) 2379 B Raffert (SPD) . . . . . . . . 2379 D Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 2380 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 GO, in Verbindung mit Sammelübersicht 6 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die vom 18. 10. 1965 bis 31. 5. 1966 eingegangenen Petitionen (Drucksache V/683) Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 2380 B Dr. Kübler (SPD) . . . . . . . 2383 D Orgaß (CDU/CSU) . . . . . . . 2384 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2385 A Große Anfrage betr. auswärtige Kulturpolitik und auslandsdeutsche Schulen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/439), in Verbindung mit Antrag (SPD) betr. deutsche Auslandsschulen (Drucksache V/435), mit Antrag (SPD) betr. europäische Schulen (Drucksache V/533), und mit Antrag (SPD) betr. Kulturarbeit im Ausland (Drucksache V/692) Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 2386 A Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 2389 B Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2394 B Merten (SPD) . . . . . . . . . 2398 A Moersch (FDP) . . . . . . . . 2400 D Dr. Martin (CDU/CSU) 2403 C Dr. Schulz (Berlin) (SPD) 2405 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2407 B Dr. Hellige (FDP). . . . 2409 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Februar 1964 mit der Republik Korea über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen V/332) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/660, zu V/660) — Zweite und dritte Beratung — 2413 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. April 1965 mit Sierra Leone über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/415) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksachen V/661, zu V/661) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 2413 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Juni 1965 mit der Republik Ecuador über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/508); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstansdfragen (Drucksachen V/662, zu V/662) — Zweite und dritte Beratung — 2413 B Entwurf eines Gesetzes über die Unterbringung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen (Drucksache V/320) ; Berichte des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/697) und des Ernährungsausschusses (Drucksache V/631) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 2413 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Schlachtgewichtsstatistik (Drucksache V/610) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/706) Zweite und dritte Bera- tung — 2414 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand (Drucksache V/624) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksache V/699) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 2414 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Bundesrat) (Drucksache V/627) ; Schriftlicher Bericht des Arbeitsauschusses (Drucksache V/713) — Zweite und dritte Beratung — 2414 B Dr. Schmid, Vizepräsident . . . 2414 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. November 1963 mit Ceylon über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache V/676) — Erste Beratung — 2414 D Entwurf eines Gesetzes über einen Währungsausgleich für Reichsmarksparguthaben von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin (Drucksache V/636) — Erste Beratung — . . . 2415 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Standortübungsplatzes TübingenWaldhausen (Drucksache V/669) . . . 2415 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von Teilflächen der ehem. Telegrafen-Kaserne in Karlsruhe (Drucksache V/672) . . . . . . . . 2415 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Standortübungsplatzes Burgholzhof; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/482, V/702) 2415 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Artillerie-Kaserne in Münster (Westf.) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/586, V/703) . . . . . . . . 2415 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Flakkaserne in Berlin-Lankwitz, Gallwitz-Allee 115; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/550, V/704) 2415 D Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für die Verordnung des Rats Nr. ... über die Einführung eines Margentarifsystems im Güterverkehr der Eisenbahnen, des Straßenverkehrs und der Binnenschiffahrt (Drucksachen V/30, V/718) 2415 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern (Höchstgeschwindigkeit, Beifahrersitze und Ladepritschen) (Drucksachen V/547, V/719) 2415 D Nächste Sitzung 2416 C Anlagen 2417 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 2367 49. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.33 Uhr
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    Berichtigung: Es ist zu lesen: 46. Sitzung, Seite 2281 D, Zeile 16 statt politische: positive Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 24.6. Arendt (Wattenscheid) 24.6. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 22.6. Frau Brauksiepe 22.6. Dichgans **) 23. 6. Dr. Dittrich 24. 6. Dr. Effertz 22.6. Eisenmann 24. 6. Dr. Elbrächter 23.6. Frieler 2. 7. Jacobi (Köln) 23.6. Frau Jacobi (Marl) 1. 7. Dr. Jungmann 30. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 22.6. Klinker 22. 6. Leber 25. 6. Logemann 22. 6. Dr. Löhr 22.6. Mauk 22. 6. Michels 23. 6. Mick 22. 6. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30.6. Dr. Morgenstern 30.6. Paul *) 23. 6. Picard 22. 6. Pöhler 22. 6. Dr. Rutschke 22.6. Dr. Schmidt-Burgk 26.6. Stooß 25. 6. Teriete 2. 7. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell *) 25. 6. Dr. Wahl *) 24. 6. Weimer 25.6. Wedelborn 1. 7. b) Urlaubsanträge Dr. Eckhardt 1. 7. Strauß 1. 7. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidt (Kempten) für die Fraktion der FDP zu Punkt 10 der Tagesordnung (Drucksachen V/267 und V/713) Die FDP-Fraktion erkennt an, daß durch ,den Änderungsantrag der CDU/CSU im Bundestagsausschuß für Arbeit der in der Regierungsvorlage vorgesehene Zwang aufgelockert wurde und daß durch *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates **) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht die nunmehrige Einschaltung des Personensorgeberechtigten die Verantwortung des Elternhauses mit eingeschaltet wird. Dennoch sieht sich die FDP-Fraktion zu einer Zustimmung nicht in der Lage. Hierfür gibt es mehrere Grande: 1. Die in der Vorlage zugrunde gelegten Zahlen über die zweiten Untersuchungen von Jugendlichen entsprechen in keiner Weise dem augenblicklichen Stand. Es bleibt unverständlich, daß auch der Bericht des Ausschusses wieder die Zahl 35 % enthält, obwohl nach neuen, dem Ausschuß zum Teil vorliegenden Statistiken, die Zahlen in den einzelnen Ländern zwischen 40 und 75 % schwanken. Die FDP ist der Meinung, daß nach weiterem ruhigen Verlauf sich in wenigen Jahren ein zu vertretender Prozentsatz eingespielt hätte. 2. Die arbeitsrechtlichen Folgen des nunmehr vorgesehenen Beschäftigungsverbotes konnten nach Auffassung der FDP auch in der Ausschußberatung nicht voll geklärt werden. Daher sind zahlreiche Verfahren vor den Sozialgerichten zu befürchten. Entscheidend für die Enthaltung der FDP-Fraktion bleibt die Tatsache, daß mit diesem Gesetz eine gefährliche Entwicklung von der Gesundheitserziehung zum staatlichen Gesundheitsdienst eingeleitet wird, eine Entwicklung, die unserer freiheitlichen Gesellschaft sicher nicht gut bekommen wird. Versuche im Ausschuß, eine dritte Untersuchung bereits im Gesetz zu verankern, haben gezeigt, wohin ,die Reise nach dem Wunsche vieler hier gehen soll. Wir haben das Vertrauen zu Eltern und jungen Menschen, daß diese sich der Bedeutung der eigenverantwortlichen Gesundheitskontrolle gerade im Hinblick auf Auswirkungen des Berufes auf die Gesundheit weitgehend bewußt sind. Wir sind der Meinung, daß Aufklärung und Erziehung hier richtiger und am Ende erfolgreicher sind als Zwang aus staatsautoritären Gründen. Deshalb wird sich die FDP-Fraktion auch im Plenum der Stimme enthalten, wie sie es bereits im Ausschuß getan hat. Anlage 3 Schriftliche Erklärung der Abgeordneten Frau Korspeter für die Fraktion der SPD zu Punkt 15 der Tagesordnung (Drucksache V/636) Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt, daß die Bundesregierung den einstimmig gefaßten Beschluß des Parlamentes vom 1. Juli 1965, der die Bundesregierung beauftragt hatte, den Entwurf eines Währungsausgleichsgesetzes für Flüchtlinge aus der Zone vorzulegen, erfüllt hat. Es ist auch anzuerkennen, daß die Bundesregierung von ihrem nach langem Zögern eingenommenen politischen Ziel, die Gleichstellung der Flüchtlinge mit 2418 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 den Heimatvertriebenen herbeizuführen, trotz der schwierigen Situation des Haushalts nicht abgewichen ist. Dieser Entwurf und die darin vorgesehenen Regelungen sind für die Flüchtlinge von grundsätzlicher Bedeutung. Hiermit wird, zwar mit einer Einschränkung, auf die noch einzugehen ist, ein erster Schritt zur grundsätzlichen Gleichstellung der Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen getan. Darüber hinaus werden die sogenannten anerkannten Flüchtlinge mit C-Ausweis und die sogenannten nichtanerkannten Flüchtlinge in gleicher Weise von diesem Gesetz erfaßt. Das bedeutet, daß hinsichtlich des Währungsausgleichs die Kluft, die in den sozialen Eingliederungsmaßnahmen zwischen diesen beiden Gruppen noch besteht, überwunden werden soll. Die Sozialdemokraten bejahen diese Regelung. Es ist bekannt, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sich schon vor Jahren um die gleiche Behandlung aller Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen ausgesprochen hat und sich auch durch die Vorlage eines Flüchtlingsgesetzentwurfes in der 4. Legislaturperiode darum bemüht hat. Wir haben, ebenso wie der Staatsrechtler Professor Weber aus Göttingen, immer auf die Einheitlichkeit der Ereignisse, von der beide Gruppen betroffen sind, hingewiesen und sind ebenso wie er der Meinung, daß sich vor dem Forum der Gesetzgebung eine unterschiedliche Behandlung, die eindeutig zu Lasten der Flüchtlinge geht, nicht vertreten läßt. Wir haben uns seit langen Jahren gegen die Differenzierung in der Gesetzgebung zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen ausgesprochen und haben immer wieder gefordert, die Angelegenheiten beider Gruppen als einheitliches Problem aufzufassen und alle Regelungen auch für die Flüchtlinge mit Rechtsanspruch zu versehen. Darüber hinaus haben wir ständig die Forderung erhoben, daß mit der Aufspaltung in anerkannte und nicht-anerkannte Flüchtlinge Schluß gemacht wird, da es sich auch bei den Flüchtlingen in gleicher Weise wie bei den Vertriebenen um ein Gesamtschicksal handelt und auch die Flüchtlinge auf Grund einer gleichen allgemeinen Zwangslage in die Bundesrepublik gekommen sind. Dabei ist an die grundsätzlichen Äußerungen unserer Fraktionssprecher bei den Debatten über die Regierungserklärungen der letzten Jahre zu erinnern, bei denen ständig darauf hingewiesen wurde, daß gleiches Schicksal gleiche Hilfe verdiene und ,daß endlich Heimatvertriebene und Flüchtlinge einander voll gleichzustellen seien. Ich erinnere auch an den Entwurf unseres Flüchtlingsgesetzes in der vorigen Legislaturperiode, der den Flüchtlingen die volle rechtliche Gleichstellung gebracht hätte und den die Regierungsparteien — ich habe das schon einmal 'bei der Beratung des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes gesagt — aus Gründen abgelehnt haben, die einer sachlichen Prüfung nicht standhalten konnten und die nunmehr auch nicht mehr aufrechterhalten werden. Erst am Ende der vorigen Legislaturperiode — erst nachdem unser Gesetzentwurf abgelehnt worden war — erklärten sich die Regierungsparteien ,gegenüber den Flüchtlingenbereit, ihnen im Grundsatz, wenn auch in Stufen, die gleichen Rechte und Vergünstigungen einzuräumen wie den Vertriebenen. Eine dieser Stufen ist der Entwurf eines Währungsausgleichsgesetzes. Deshalb sind diese grundsätzlichen Bemerkungen zur allgemeinen Flüchtlingsgesetzgebung hier bei der ersten Beratung durchaus berechtigt. Wir können den Regierungsparteien den Vorwurf nicht ersparen, daß sie durch die bis vor kurzem ablehnende Haltung gegenüber den berechtigten Forderungen der Flüchtlinge eine gerechte Gesetzgebung für sie verhindert und sich nicht rechtzeitig um eine politische Revision ihrer Haltung bemüht haben. Schließlich hat sich in unserer Haltung zur Zone nichts geändert. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist von jeher davon ausgegangen, daß die unmittelbar Geschädigten in gerechter Weise eingegliedert werden müssen. Wir bedauern, daß durch die ablehnende Haltung der Regierungsparteien zukünftige Gesetze sich in vielen Fällen nun nur noch an die Erben richten können. Unter diesen Gesichtspunkten wird es auch bei weiteren Gesetzen immer schwieriger werden, zwischen den Ansprüchen der Berechtigten und der schwierigen Haushaltslage einen gerechten Ausgleich zu finden. Die Problematik wird noch verzerrter, wenn wir an die Haushaltsrede des Bundesfinanzministers denken. Er führte damals aus: Ein Anliegen vor allem der Flüchtlinge aus Miteldeutschland ist eine allgemeine Entschädigung der in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands erlittenen Vermögensverluste auf der Grundlage des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzen. So verständlich dieses Anliegen ist, so kann doch nicht übersehen werden, daß der Verwirklichung eines Vorhabens, das sich in einer Größenordnung von 10 bis 12 Milliarden DM bewegen würde, von der Finanzierungsseite her unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Bei der derzeitigen Haushaltslage sehe ich leider keine Möglichkeit, die für ein so weit gestecktes Vorhaben erforderlichen Mittel in absehbarer Zeit in den Haushalt einzuplanen. Dieses Spannungsfeld hat sich auch bereits im Bundesrat beim ersten Durchgang dieses Gesetzentwurfes niedergeschlagen. Es ist bekannt, daß der Finanzausschuß des Bundesrates der finanziellen Situation den Vorrang einräumen wollte und dem Plenum des Bundesrates vorschlug, seine Ablehnung für den zweiten Durchgang des Gesetzes in Aussicht zu stellen, mit der Begründung, auch insbesondere unter Bezugnahme auf die Erklärungen des Bundesfinanzministers, daß sich der Bundesrat bei dieser Situation grundsätzlich nicht in der Lage sehe, neuen Gesetzen mit finanziellen Mehraufwendungen zuzustimmen, solange nicht genau Vorstellungen über eine Rangordnung der Aufgaben und Ausgaben und deren Finanzierungsmöglichkeiten für einen mehrjährigen Zeitraum bestehen. Dies gilt — so hieß es weiter — insbesondere für Gesetze, die zunächst nur ein Teilgebiet eines umfassenden Komplexes regeln und daher weitere ausgabenwirk- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1966 2419 same Gesetze nach sich ziehen können. Erfreulicherweise ist das Plenum des Bundesrates der Empfehlung seines Finanzausschusses nicht gefolgt. Es hätte auch eine für die Flüchtlinge untragbare und unzumutbare Verzögerung ihrer Ansprüche aus dem Währungsausgleich bedeutet, der für die übrigen Währungsgeschädigten bereits seit vierzehn Jahren geregelt ist. Wir wissen, alle Fraktionen müssen sich gemeinsam darum bemühen, einen Weg zur Verbesserung des Haushalts und zur Stabilisierung unserer Währung zu finden. Dazu haben auch wir unsere Mitarbeit zugesichert. Aber es wäre zu einfach, die finanziellen Schwierigkeiten als Vorwand für eine weitere Verzögerung der Weiterentwicklung des Flüchtlingsrechts zu benutzen. In einem Punkt enthält dieser Gesetzentwurf eine Schlechterstellung der Flüchtlinge gegenüber den Heimatvertriebenen. Das ist sehr wahrscheinlich auf die Haushaltssituation zurückzuführen. Es handelt sich dabei um die festgelegte Zinsregelung, die in Abweichung von derjenigen bei den Heimatvertriebenen, bei denen sie am 1. Januar 1952 begann, für die Flüchtlinge erst mit dem 1. Januar 1967 beginnen soll. Das bedeutet — darüber wollen wir uns klar sein — wiederum einen fühlbaren Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, der um so schwerer wiegt, als die dem Gesetzentwurf zugrunde liegenden Schadenstatbestände bei beiden Gruppen völlig gleich liegen und die Schädigung für beide Gruppen zum gleichen Zeitpunkt eingetreten ist. Die Flüchtlinge müßten bei einer solchen Regelung gegenüber den Vertriebenen eine Zinseinbuße von 14 mal 4 % gleich 56 % hinnehmen. Darüber werden wir bei den Ausschußberatungen noch reden müssen, dies um so mehr, als leider wegen der strengen Anforderungen im Beweisverfahren nicht damit zu rechnen ist, daß 400 000 Flüchtlinge von diesem Recht Gebrauch machen können und unter Umständen die veranschlagten Mittel für eine verbesserte Zinsregelung ausreichen würden. Das muß sehr sorgfältig untersucht werden. Im übrigen hoffe ich sehr, daß wir im Ausschuß in guter Zusammenarbeit im Interesse der Flüchtlinge zu einem positiven Ergebnis kommen werden. Der Bundesregierung möchte ich noch folgendes sagen. Sie hat durch ihre ablehnende Haltung in der Vergangenheit gegenüber der Gleichstellung der Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen nunmehr die Pflicht, auch in der Öffentlichkeit dafür zu sorgen, daß die Diskussionen um die Weiterentwicklung der Flüchtlingsgesetzgebung nicht zu Lasten der Flüchtlinge gehen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 16. Juni 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rehs (Drucksache V/681 Frage. VIII/9) : In welcher Weise informiert die Bundesregierung die deutschen Hochseefischer über die Hoheits- und Fischereischutzgewässer der Ostseeanliegerländer? Alle für die Seeschiffahrt und Seefischerei bedeutsamen Angaben über Hoheits- und Fischereigrenzen anderer Küstenstaaten, zeitweilige militärische Sperrgebiete und dergleichen finden sich in den vom Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) herausgegebenen Seehandbüchern. Irgendwelche Veränderungen und neue Tatbestände, die für Schiffahrt und Fischerei von Bedeutung sind, werden fortlaufend in den ebenfalls vom DHI herausgegebenen „Nachrichten für Seefahrer" bekanntgegeben. Unabhängig davon informiert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Küstenländer und die Seefischereiverbände über Änderungen der Fischereigrenzen und sonstige für die Seefischerei bedeutsame Tatsachen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers von Hassel vom 16. Juni 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Prochazka (Drucksache V/681 Frage X/3) : Treffen Meldungen zu, wonach das Bundesverteidigungsministerium beabsichtigt, die Bundeswehrkantinen in Zukunft als staatliche Regiebetriebe zu führen und den Kantinenpächtern zu kündigen? Ich lasse seit geraumer Zeit die Frage prüfen, in welcher Form eine aus verteidigungspolitischen und sozialen Gründen erwünschte Modernisierung des Kantinenwesens der Bundeswehr durchgeführt werden könnte. Eine solche Möglichkeit böte allerdings die Errichtung einer Zentralen Kantinenbetriebsgesellschaft, die nach privatrechtlichen Grundsätzen errichtet und geführt werden könnte. Dagegen erwäge ich nicht die Bewirtschaftung der einzelnen Truppenkantine in der Form eines staatlichen Regiebetriebes. Einmal entspricht die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit durch einen Regiebetrieb gem. § 15 Reichshaushaltsordnung nicht den wirtschaftlichen Grundsätzen der Bundesregierung. Zum anderen halte ich auch die Leitung der einzelnen Truppenkantine durch einen Beamten oder einen anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf die insoweit gemachten Erfahrungen für nicht zweckmäßig. Hinsichtlich der mit einer Verbesserung des derzeitigen Kantinenwesens der Bundeswehr verbundenen Problematik berate ich mich z. Z. noch mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft. Vor einer Entscheidung in dieser Angelegenheit werde ich auch den Verteidigungsausschuß und den Wirtschaftsausschuß des Bundestages unterrichten. Sollten die Beratungen ergeben, daß es notwendig ist, eine Zentrale Kantinenbetriebsgesellschaft zu gründen, würde es allerdings erforderlich werden, die Pachtverträge der Truppenkantinen zu kündigen. Dies würde jedoch für die Pächter der Truppenkantinen weder den Verlust ihrer Existenz noch einen sozialen Abstieg mit sich bringen; die Pächter könnten dann bei entsprechender Bereitschaft als Filialleiter mit einer festen Vergütung und einer Umsatzprovision bei einer Zentralen Kantinenbetriebsgesellschaft beschäftigt werden. Abschließend darf ich auf die Erklärungen von Herrn Staatssekretär Gumbel zu diesem Problem in der 168. Sitzung des Vierten Deutschen Bundestages am 25. 2. 1965 und in der 8. Sitzung des Fünften Deutschen Bundestages am 30. 11. 1965 hinweisen.
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    Rede von Hans Merten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch die Antwort des Herrn Ministers keine Sternstunde im Rahmen der kulturpolitischen Debatten dieses Hauses war, so hatte sie doch den großen Vorzug, nüchtern und sachlich die Dinge anzusprechen, die in dem Antrag meiner Fraktion und 'in der Anfrage der Regierungskoalition dargestellt sind.
    Der Herr Minister hat das Bildungsziel der Auslandsschulen in wenigen Worten darzustellen versucht. Ich will ihm zugeben, daß es nicht einfach ist, ein Bildungsziel darzustellen von Schulen, die so außerordentlich unterschiedlichen Charakter haben wie die deutschen Schulen im Ausland. Von den 28 Schulen, die wir in Europa haben — ich darf einmal von den Ordensschulen absehen, die auch aus Gründen der kirchlichen Mission bestehen —, haben 20 wesentlich mehr ausländische Kinder als deutsche Kinder; darunter ist eine — es ist eine Ordensschule , wo 355 ausländischen Kindern ein einziges deutsches Kind gegenübersteht.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es ist auch notwendig, scharf zu scheiden zwischen den Schulen, die aus praktischen Gründen — wegen der Anwesenheit zahlreicher deutscher Beamter oder sonstiger deutscher Staatsangehöriger — gebildet worden sind, um den Kindern dieser Staatsangehörigen einen geordneten Schulunterricht zu geben, und den Schulen, die zum Teil schon vor langen Jahrzehnten aus Kulturpropagandagründen ins Leben gerufen worden sind und die heute ein bißchen ihre geistige Grundlage verloren haben, weil die damals bestimmt sehr nationalistische Kulturpropaganda heute nicht mehr die Grundlage einer Schule im Ausland sein kann; der Herr Minister hat auch dieses Wort nicht in den Mund genommen. Das Bildungsziel der deutschen Schulen, d. h. die Möglichkeit der Ausstrahlung in bezug auf die deutsche
    Sprache und in bezug auf das deutsche Kulturgut, müßte, glaube ich, noch etwas intensiver und auch noch in Einzelheiten stärker betont beraten werden. Dazu wird im Ausschuß Gelegenheit gegeben sein.
    Ich möchte hier auf einen besonderen Punkt eingehen, der in dem Antrag Nr. 533 meiner Fraktion angesprochen ist und der die europäischen Schulen betrifft. Diese Schulen beruhen ja auf einem Staatsvertrag der sechs Länder der Gemeinschaft, und sie haben auch neuerlich das Europäische Parlament beschäftigt. Bei der Diskussion im Europäischen Parlament hat sich herausgestellt, daß diese Schulen in der Vergangenheit ein Dasein geführt haben, das mehr oder weniger im Verborgenen war, und daß es hier auch einige Dinge gibt, die von uns im Parlament angesprochen und durch Beschlüsse des Parlaments und der Regierung in Ordnung gebracht werden müssen. Es liegt eine eingehende Entschließung des Europäischen Parlaments vor, die der Bundesregierung auch offiziell zugegangen ist, auf die ich mich hier bei einzelnen Punkten lediglich zu beziehen brauche.
    Es trifft das insbesondere auch die Fragen der Entschließung, die mit unserer auswärtigen Schulpolitik zusammenhängen, wenn es darum geht, weitere Schulen dieses europäischen Typs in Europa zu errichten, und zwar an Orten, an denen sich im Gegensatz zu den bisherigen Schulen keine besonderen Einrichtungen der europäischen Gemeinschaften befinden. Ich glaube, daß diese Frage jetzt gerade besonders aktuell wird, wenn durch die Verlegung einiger Dienststellen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft und der mitteleuropäischen Kommandobehörden der NATO die bisherigen internatinalen Schulen in Fontainebleau und bei SHAPE in Paris vermutlich aufgelöst werden müssen.
    Nun haben diese internationalen Schulen eigentlich überhaupt keinen internationalen Charakter; denn sie sind, obwohl sie diesen Namen führen, vom französischen Ministerium für nationale Erziehung eingerichtet worden, sie werden nach dem französischen Schulsystem geführt, und ihre Prüfungen werden auch nur dann anerkannt, wennn aus dem jeweiligen Staatsgebiet Prüfungskommissionen diese Prüfungen abnehmen. Ich glaube, hier haben wir eine klassische Gelegenheit vor uns — auch darüber müßte im Ausschuß gesprochen werden —, bei der Verlegung dieser Schulen in ein anderes Staatsgebiet, die ja mit großer Wahrscheinlichkeit zu erfolgen hat, europäische Schulen nach dem bisherigen System, das im Staatsvertrag niedergelegt ist, zu errichten und diese Schulen durch eine englische Sprachabteilung zu erweitern, weil ja die englische Sprache sowohl bei den mitteleuropäischen als auch bei den gesamtatlantischen Kommandobehörden eine große Rolle spielt. Die Entschließung des Europäischen Parlaments zeigt die Voraussetzungen auf, die für die Errichtung weiterer derartiger Schulen notwendig sind.
    Bei der Beschäftigung mit diesen Schulen sind den deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament und auch mir selbst als Berichterstatter einige Dinge aufgefallen, die sich auf die Lehrer deutscher Staats-



    Merten
    angehörigkeit an diesen Schulen beziehen und die die Situation dieser Lehrer in einem besonderen Licht erscheinen lassen. Diese Situation ist verschieden von der der deutschen Lehrer an den deutschen Auslandsschulen, über die ja hier schon gesprochen worden ist.
    In Ziffer 1 unseres Antrags bitten wir die Bundesregierung bzw. die deutschen Vertreter im Obersten Schulrat, sich dafür einzusetzen, daß die Lehrer an diesen Schulen ein Personalstatut erhalten, das ihre rechtliche Stellung besser sichert, als das bisher der Fall gewesen ist. Insbesondere sollte man den Fall vorsehen, daß für alle Lehrer, die an diesen Schulen beschäftigt werden, besondere und in allen Fällen gleichformulierte Arbeitsverträge geschlossen werden, die die Rechte und Pflichten dieser Lehrer einwandfrei regeln. Das jetzige Personalstatut ist außerordentlich lückenhaft. Deswegen kommt es auch dauernd zu Streitigkeiten über diese Punkte, die durch einen Beschluß des Obersten Schulrates, in dem ja auch die Bundesregierung vertreten ist, geklärt werden könnten.
    Es wäre sehr gut und entspräche auch den Gegebenheiten, wenn es gelingen könnte, den Lehrern an den europäischen Schulen einen Status zu geben, der es möglich macht, sie auch nach den europäischen Gehaltsstufen zu bezahlen, je nachdem, welche Vorbildung sie mitbringen. Noch besser wäre es, sie als europäische Beamte auf Zeit einzuklassifizieren, falls diese Möglichkeit nach den Verträgen besteht. Das bisherige System, wonach die Heimatstaaten die Lehrergehälter en bloc an die Schulen zahlen und die Schulen dann die Gehälter mit gewissen Zuschlägen weiterleiten, bewirkt, daß die Gehälter je nach Staatsangehörigkeit an diesen Schulen außerordentlich verschieden sind, daß sich die Studienräte insbesondere schlechter stehen als die Dolmetscher der Gemeinschaft und daß sie auch schlechter bezahlt werden als ihre deutschen Kollegen an den entsprechenden deutschen Auslandsschulen am selben Ort. Hinzu kommt, daß sie im Gegensatz zu den deutschen Lehrern an den deutschen Auslandsschulen nicht beihilfeberechtigt sind und sonst vom Heimatstaat her kaum noch irgendwelche Unterstützung an Material für ihre Arbeit erhalten. Ich glaube, man sollte jetzt die Zeit für gekommen halten, die Dinge zu ändern.
    Das Personalstatut, das wir heute haben, läuft 1967 aus. Es muß ein neues Personalstatut vorbereitet werden. Wir ersuchen die Bundesregierung, bei diesen Verhandlungen den Standpunkt zu vertreten, daß diese unterschiedliche Behandlung in Zukunft wegfallen sollte. Das wäre bei der Neuformulierung des Personalstatuts möglich.
    Ich möchte aber noch die Bitte an die Bundesregierung richten, bei der Behandlung dieses Statuts in allererster Linie schulische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wenn, wie der Herr Außenminister hier angekündigt hat, im Auswärtigen Amt eine Zentralstelle für die Schulen entstehen sollte, verspreche auch ich mir davon, sofern diese Zentralstelle mit Leuten aus dem Leben der Schule
    besetzt wird, eine Möglichkeit, sachfremde Entscheidungen in dieser Frage zu verhindern. Ich denke da z. B. an die völlig sachfremde Entscheidung des Obersten Schulrats von 1964, durch den die Zahl der Unterrichtsstunden für Volksschullehrer von 26 Wochenstunden auf 34 Wochenstunden erhöht wurde, weil man im Rat der Finanzexperten herausbekommen hatte, daß eine Schulstunde ja nicht 60 Minuten, sondern nur 45 Minuten lang ist. Daraufhin wurde gerechnet, und es wurden aus den bis dahin üblichen 26 Schulstunden — gleich Zeitstunden — 34 Schulstunden, ohne Rücksicht darauf, daß das von der Schule her gesehen eine völlig sachfremde Entscheidung war. Das ist bis heute nicht in Ordnung gekommen, obwohl man weiß, daß die Arbeit des Volksschullehrers an diesen Schulen im Vergleich zu der seiner Kollegen in der Heimat insofern etwas schwierig ist, als er ja dort auch deutschen Sprachunterricht in frankophonen Klassen oder für italienische und niederländische Schüler zu geben hat.
    Ebenso sachfremd war die Entscheidung des Obersten Schulrats, im Vergleich zu dem Gehalt der Studienräte und in der Relation dazu das Gehalt der Volksschullehrer von 80 % eines Studienratsgehalts auf 70 bis 72 % eines Studienratsgehaltes zu senken. Auch hier wurde nicht berücksichtigt, daß diese Relation in den Heimatländern seit langem zu einem festen Begriff gehört und daß es für diese Senkung keinerlei Gründe von der Sache her gab, wenn es nicht ausschließlich Gründe gewesen sind, hier an dem schwächsten Punkt Geld einzusparen. Ich glaube, auch auf diese Frage sollte man die Aufmerksamkeit lenken, um das Betriebsklima an diesen Schulen wesentlich zu verbessern. Es geht hier gar nicht darum, ob das viele oder ob das wenige sind, sondern es geht einfach darum, daß auch hier eine vom schulischen Denken her bestimmte Gerechtigkeit Platz greifen muß.
    Der zweite Punkt, der uns in unserem Antrag beschäftigt, bezieht sich darauf, daß das Lehrpersonal dieser Schulen von den fünf anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auf unbegrenzte Zeit an die europäischen Schulen abgeordnet wird. Die deutschen Lehrer sind die einzigen, bei denen diese Abordnung nur befristet erfolgt. Das führt zu einem sehr häufigen Wechsel. Das führt aber auch zu einer ständigen Unsicherheit, die die Lehrer sehr häufig veranlaßt, schon vor Ablauf ihrer Beurlaubung die europäischen Schulen wieder zu verlassen, etwa wenn der Zeitpunkt gekommen ist, daß ihre Kinder eingeschult werden müssen, oder auch aus anderen Gründen. Das hat den Nachteil, daß sich die deutschen Lehrer an diesen Schulen nicht so an der wissenschaftlichen Arbeit auf fachlichem und pädagogischem Gebiet beteiligen können, wie es erwünscht wäre, daß infolgedessen auch der deutsche Standpunkt insbesondere auf pädagogischem Gebiet nicht so zum Zuge kommt, wie er eigentlich zum Zuge kommen müßte, und wir in diesem Bereich weitgehend den anderen Nationen das Feld haben überlassen müssen. Ich glaube, daß durch Verhandlungen mit den Kultusministern — das kann auch die Bundesregierung nicht aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden - erreicht werden sollte, daß



    Merten
    diese Beurlaubungsgrenzen aufgehoben werden, die der pädagogischen Arbeit der deutschen Lehrer an diesen Schulen außerordentlich geschadet haben und die auch den Eltern der Kinder, die dauernd mit anderen Lehrern und Lehrmethoden zu rechnen haben, große Schwierigkeiten machen. Ich hoffe, daß es der Bundesregierung gelingt, hier zu einer Vereinbarung mit den Ländern zu kommen, um die Lehrer längerfristig, wenn möglich unbefristet, abordnen zu können.
    Der dritte Punkt betrifft die Steuer, die ja kein Mensch gern zahlt, die aber bei denen, die nie welche gezahlt haben und sie plötzlich zahlen müssen, ganz besonders unangenehme Wirkungen hat. Die deutschen Lehrer werden, wie ihnen durch die jeweiligen Botschaften mitgeteilt wurde, vom 1. Januar 1966 ab nach den nationalen Bestimmungen besteuert. Dem liegt ein Beschluß des Obersten. Schulrates zugrunde, der aber von einer der Mitgliedsregierungen, die sich gegen den Beschluß wendet, bis jetzt nicht anerkannt worden ist. Immerhin hat allein die Mitteilung an die Lehrer schon große Unruhe geschaffen, obwohl — wie ich gehört habe — die Ausführung dieses Beschlusses zunächst ausgesetzt worden ist. Die deutschen Lehrer sehen darin eine wesentliche Benachteiligung der deutschen Lehrkräfte gegenüber den anderen Lehrkräften und auch gegenüber den deutschen Auslandslehrern, über deren Besteuerung ja hier mit einigen Sätzen gesprochen worden ist. Dem Auswärtigen Amt liegen hierzu entsprechende Eingaben der Lehrer vor, auf die ich mich hier ausdrücklich beziehe, weil die deutschen Lehrer durch den Steuerabzug auch finanziell gegenüber den anderen Lehrern zu sehr ins Hintertreffen geraten würden. Ich möchte auch auf eine Eingabe verweisen, die die Lehrer in dieser Sache an den Finanzminister gerichtet haben. Es ist eine Eingabe vom 4. April 1966, die alle Details enthält, die zu wissen in diesem Zusammenhang notwendig ist.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß auch die in dem Antrag der SPD Drucksache Nr. 692 ebenso wie die in unserem Schulantrag bezeichneten Punkte nicht mit wenigen Worten erledigt werden können, sondern daß es noch einer eingehenden und detaillierten Aussprache in den Ausschüssen bedarf, um dem Anliegen gerecht zu werden, das meine Fraktion mit diesen Anträgen vorgetragen hat. Meine Fraktion ist der Auffassung, daß für die Kulturarbeit der deutschen Bundesrepublik im Ausland klare Konzeptionen und klare Ziele vorhanden sein müssen und daß man sich auch darüber unterhalten muß, ob man die finanziellen Mittel für eine Kulturarbeit aufbringen will, die wirklich Hand und Fuß hat; denn gerade auf diesem Gebiet darf es nichts Halbes geben. Man muß die Dinge in ihrem vollem Umfang betreiben und muß sich dann auch bemühen, die dafür erforderlichen Mittel aufzubringen. Anderenfalls besteht die Gefahr — und das habe ich bei meinen zahlreichen Reisen gemerkt daß uns andere Nationen hier überrunden oder uns schon überrundet haben. Den Eindruck, daß dies geschieht, darf man im Ausland nicht dadurch aufkommen lassen, daß man aus Geldmangel mit ungeeigneten Personen oder mit halben Maßnahmen arbeitet.
    Das gilt auch für die europäischen Schulen, die ja auch darunter leiden, daß die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft dazu übergegangen sind, die Mittel zu verknappen oder die Mittel für die Schulen beispielsweise aus dem Forschungshaushalt zu entnehmen oder an die Schülerzahl zu binden, — als ob die fixen Kosten bei einer Schule sehr viel mit der Schülerzahl zu tun hätten! Ich glaube, man sollte auch hier daran denken und versuchen, den Gedanken bei den anderen Mitgliedstaaten durchzusetzen, daß die Existenz dieser Schulen doch bis heute schon sehr viel zur Harmonisierung der Studiengänge in den einzelnen Ländern beigetragen hat, daß die Anerkennung der Diplome dieser Schulen in den sechs und einigen weiteren Ländern als außerordentlicher Erfolg angesehen werden muß, wenn man weiß, welche Schwierigkeiten dort überwunden werden mußten, und wenn man weiß, daß hier Menschen herangebildet werden, die bei aller Verwurzelung in ihrem Heimatland durch die Erziehung an diesen Schulen zum Verständnis für die Kultur anderer Völker und zu einer eingehenden Kenntnis der Geschichte und Lebensverhältnisse der anderen kommen. Hier haben wir Schulen vor uns, die nicht nur zweiseitige, sondern vielseitige Begegnungsschulen sind und Menschen im europäischen Geist erziehen, die später einmal als Diener Europas in den verschiedenen Gemeinschaften und in ihren Heimatländern Hervorragendes leisten können.
    Wir sollten daher auch von deutscher Seite im Rahmen unserer auswärtigen Kulturpolitik alles tun, um auch diesem Sektor große Aufmerksamkeit zu widmen. Man kann die Leistungen dieser Schulen gar nicht überschätzen. Dazu gehört, daß deutsche Pädagogen von hoher Qualität an diesen Schulen tätig werden. Wir wollen mit unserem Antrag lediglich die Voraussetzungen dafür schaffen, daß auch Pädagogen hoher Qualität, wie wir sie jetzt schon an diesen Schulen haben, in Zukunft bereit sind, nach Sicherung ihrer Lebensverhältnisse an diesen Schulen tätig zu werden.
    Das ist nur ein Ausschnitt der Probleme, die im Zusammenhang mit diesen Schulen gelöst werden müssen. Wir hoffen, daß bei einer späteren kulturpolitischen Debatte auch noch die anderen, mehr geistigen Probleme dieser Schulen hier behandelt werden können. Ich glaube, daß wir damit nicht nur unserem Land und seiner kulturpolitischen Ausstrahlung, sondern auch der europäischen Gemeinschaft einen großen Dienst erweisen können.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Moersch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich einige Worte zu der Begründung des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion durch den Kollegen Kahn-Ackermann sage. Herr Kahn-Ackermann, Sie haben ja



    Moersch
    I einen dankenswerten Fleiß an den Tag gelegt, und es wird uns sicherlich sehr nützlich sein, die Einzelheiten, die Sie hier vorgetragen haben, zur Grundlage einer Generalaussprache auch in den zuständigen Ausschüssen zu machen. Manchmal kam mir ein bißchen der Gedanke, daß Sie offensichtlich enge Beziehungen zum Detektivroman haben und als Sherlock Holmes unserer Auslandskulturarbeit durch die Welt gereist sein müssen. Wie gesagt, das ist sehr verdienstvoll. Nur vor einem möchte ich Sie doch ein bißchen warnen. Ich hatte bei Ihrem Referat das Gefühl, daß Sie ein sehr großes Vertrauen in die Organisation und in die Verwaltung im allgemeinen besitzen. Das widerspricht eigentlich ein wenig dem Wesen jeder kulturellen Arbeit, wobei ich den Wert der Organisation sicherlich nicht unterschätze. Aber es wäre doch falsch, wenn war glaubten, das Heil komme davon, daß wir organisatorisch alles richtig ordnen, daß wir die Planstellen richtig ordnen und dergl. mehr.
    Wir sollten uns einmal dem zuwenden, was Sie in Ihrem Antrag als letzten Punkt aufgeführt haben, dem Punkt 9: Situation der deutschen Sprache. Der Herr Bundesaußenminister hat uns in seiner klaren und knappen Antwort dankenswerterweise einen Bericht darüber angekündigt. Wir sollten uns vergegenwärtigen, was es eigentlich bedeutet, wenn wir uns über die Situation der deutschen Sprache im Ausland klarwerden wollen und daraus Folgerungen ziehen wollen.
    Ich meine, es bedeutet zunächst, daß wir uns einmal fragen, ob wir denn nicht ein wenig mit dem falschen Partner und auch vielleicht — verfassungsmäßig gesprochen — im falschen Saale debattieren. Denn Auslandskulturarbeit ist im Grunde nur eine Möglichkeit der inneren kulturellen Verhältnisse. Man müßte bei diesem Thema zunächst sehr gründlich über die Innenpolitik sprechen und weniger über die Außenpolitik. Die Erfolge im Ausland — Erfolge in dem Sinne, wie Sie sie uns hier skizziert haben — stellen sich doch nur dann ein, wenn wir in unseren kulturellen Institutionen, wenn wir im weiten Bereich des Geistigen in der Bundesrepublik Deutschland für die Umwelt attraktiv sind, für das Ausland attraktiv sind, d. h. wenn wir uns als Kulturnation nicht selbst darstellen müssen, sondern wenn wir ohne Schwierigkeiten als solche heute wieder in vollem Umfang anerkannt sind. Es scheint mir doch ein bedenkenswerter Zusammenhang zwischen Auslandskulturarbeit und unseren Verhältnissen im Innern zu bestehen. Es muß uns gelingen, einiges an den deutschen Universitäten zu ändern. Ich denke hier z. B. an die Studienreform als eine große Möglichkeit, den Anfang zu einer modernen Hochschule in Deutschland zu machen. Wenn es uns gelingt, wieder Modell für die moderne Wissenschaft zu sein, wenn wir sozusagen wissenschaftspolitisch ein Vorreiter sind, wenn wir in der Schule mit dem, was wir in der modernen Welt leisten, in Deutschland attraktiv sind, dann wird es gar nicht mehr so schwierig sein, den Rang zu erhalten, den wir uns wünschen.
    Es gibt noch etwas anderes, worauf wir von hier aus aber keinen Einfluß haben. Es handelt sich hier
    um den Wunsch, daß die deutsche Literatur nach sehr vielversprechenden Anläufen in den letzten Jahren — auch wenn sie von einigen amtlichen Personen nicht immer so goutiert worden sind — wieder eine breite Basis des Ansehens im Ausland bekommt; das gleiche gilt natürlich auch für die dramatische Kunst und für die bildende Kunst. Aber da können wir zunächst nur sehr wenig tun, außer daß wir die Bedingungen für ein Gedeihen schaffen.
    Der Bundestag darf auf diesem Gebiet die Gesamtverantwortung nicht nur sehen, sondern er muß sie auch in Anspruch nehmen. Niemand in der Welt versteht der Herr Bundesaußenminister hat das schon erwähnt —, daß, wenn es sich um die Vertretung kultureller Belange in einer Institution der Erziehungsminister handelt, dafür einer der elf Bundesminister der Länder in Frage kommt und daß wir auf diesem Gebiet keine gesamtstaatliche Verantwortung haben. Das muß man hier ebenfalls sehen.
    Wenn wir uns bemühen, junge Dozenten ins Ausland zu schicken, dann taucht natürlich sofort die Frage auf, wie es mit den Planstellen aussieht, wenn sie zurückkehren und ob sie nicht in ihrem Fortkommen gehindert sind. Es würde uns leichter fallen, von unserem außerordentlich knappen Nachwuchs mehr Leute für einige Zeit an neue Universitäten in Afrika oder anderswo zu schicken, wenn es gelänge, gleichzeitig in größerem Umfange junge ausländische Dozenten an deutsche Universitäten und Hochschulen zu bekommen. Auf diese Weise könnte ein gewisser Ausgleich geschaffen werden. Wenn für Ausländer noch mehr das Bedürfnis wachsen würde, in Deutschland wieder eine Forschertätigkeit auszuüben, dann wäre die Verbreitung der deutschen Sprache auch nicht mehr so einseitig. Die Lösung ergäbe sich dann sehr viel mehr aus der Nachfrage der Ausländer, die als Studenten, als junge Forscher und Dozenten zu uns kommen wollen.
    Hier kommen wir nun zu einem Punkt, bei dem wir uns fragen müssen, ob wir insgesamt genug und das Richtige getan haben, um dem Ausland die Information über den Stand der Wissenschaft und der Literatur in Deutschland zu vermitteln, die das Ausland braucht, wenn wir mit ihm in einen engeren Kontakt auf kulturellem Gebiet kommen wollen. Ich darf in diesem Zusammenhang nur eine Sache erwähnen. Ich frage die Bundesregierung, ob es ihr bekannt ist, daß z. B. die ausländischen Universitäten keine Jahresbibliographie über die Neuerscheinungen der deutschen Literatur besitzen. Ich frage, ob die Bundesregierung bereit wäre, den dafür in Frage kommenden ausländischen Universitäten und den interessierten internationalen Buchhandlungen einen solchen Katalog zur Verfügung zu stellen. Das ist einfach das Handwerkszeug, das man dem Ausland geben muß, wenn man erwartet, daß das Ausland mehr Interesse an unseren Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Literatur nimmt.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Diese Frage kann man auch in diesem Hause hier
    lösen. Das ist eine Aufgabe bei der Gestaltung des



    Moersch
    Bundeshaushaltes und sicherlich auch eine Aufgabe für den sagenhaften neuen Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt.
    Ich bin froh, daß heute eines nicht geschehen ist: es klingt manchmal, wenn man im Lande über diese Frage diskutiert, die ganz nüchterne Meinung an, Kulturarbeit im Ausland sei der Vorreiter für wirtschaftliche Erfolge. Ich glaube, daß das eine fatale Umschreibung der Zusammenhänge ist. Es handelt sich doch hier bei dem, was wir wollen, um eine Selbstdarstellung. Wirtschaftliche und kulturelle Betätigung sind ganz verschiedene Dinge. Wir müssen einfach erreichen, daß das Bild von uns als Kulturnation, das lange Jahrhunderte in der Welt vorhanden war, wiederhergestellt wird. Es muß möglich gemacht werden, daß wir politisch nicht so falsch eingeschätzt werden, wie das auch in jüngster Zeit immer noch geschieht. Ich glaube, so sollten wir diese Aufgabe vor allem sehen. Wir machen es der Welt leichter, uns richtig zu sehen, wenn wir dafür sorgen, daß diese Bereiche streng voneinander getrennt sind und daß man also nicht hier Nützlichkeitserwägungen banalster Art in die Debatte einführt, wie das leider jüngst — ich muß mich hier auf Presseberichte verlassen etwa von einem deutschen Auslandsvertreter in Paris offensichtlich geschehen ist. Man kann das wohl eine Entgleisung nennen. Es wäre also sehr nützlich, wenn unsere Vertreter im Ausland, und zwar nicht nur die amtlichen, sich gründlicher mit diesen Zusammenhängen vertraut machten. Das ist der Grund, weshalb ich glaube, daß das hier anzuführen ist.
    Bei dieser Gelegenheit muß ich eine kleine Bemerkung und Richtigstellung vornehmen. Ich hatte vor wenigen Wochen bei einer Haushaltsdebatte die Deutsche Lufthansa attackiert, und zwar wegen der mangelnden deutschen Sprachkenntnisse im Büro in London. Nun scheine ich also hier einen Fall erwischt zu haben, der sozusagen einer von tausend ist; denn in einem etwas empörten Brief des Vorstandes der- Lufthansa wurde festgestellt, daß diese 23 Damen in London habe und 22 davon deutsch sprächen. Und die eine, die nicht deutsch spricht, sei ausgerechnet diejenige gewesen, die als erste im Büro war und mich morgens um 9 Uhr bedient hat. Das nennt man natürlich Pech für beide Seiten. Ich tue das gern, und ich hoffe, daß es wirklich diese berühmte Ausnahme gewesen ist. Man macht offensichtlich als Journalist gelegentlich solche Fänge, die einem dann natürlich für eine solche Debatte sehr gelegen kommen. Das soll also hier gern an dieser Stelle geschehen, weil es nun einmal im Protokoll dieses Hauses steht. Ich habe sehr dankbar die Versicherung des Vorstandes der Lufthansa zur Kenntnis genommen, daß gerade die Lufthansa sich außerordentlich bemüht, ,die deutsche Sprache im Ausland zu pflegen. Ich kann nur hoffen, daß ,die Realität dem entspricht. Wir werden ja hoffentlich noch Gelegenheit haben, das im einzelnen einmal festzustellen; denn zweifellos sind solche Unternehmen, die als Staatsunternehmen gelten und auch künftig gelten werden, wie immer die Kapitalverhältnisse sein sollten, für unsere kulturelle Repräsentanz ebenso wichtig wie manche amtliche
    Institution. Deshalb ist es auch unsere Pflicht als Bundestag, hier die Entwicklung durchaus kritisch zu beobachten.
    Nun etwas anderes, das man hier aber ebenfalls anfügen sollte, wenn man von einer wirkungsvollen kulturellen Repräsentanz im Ausland spricht. Ich bin dem Herrn Bundesaußenminister sehr dankbar dafür, daß er die Laufbahn nicht so streng trennen will, wie manche unserer Freunde es hier vorgeschlagen haben, nämlich sozusagen Fachleute für Kulturarbeit zu schaffen, die nichts mit der übrigen diplomatischen Arbeit zu tun hätten. Es wäre fatal, wenn man hier eine saubere Trennung auf die Dauer einführen wollte. Es wird notwendig sein, daß sich unsere Auslandsvertreter ganz allgemein mit kulturellen und geistespolitischen Fragen intensiv befaßt haben, so daß man hier auch einen ständigen Wechsel in den einzelnen Aufgaben vornehmen kann. Nur dann werden wir nämlich zu dem Gesamtbild kommen, das wir wünschen. Es wäre nicht in unserem Interesse, wenn etwa nur ein jeweiliges Mitglied eines Generalkonsulats oder einer Botschaft sozusagen für den Geist zuständig wäre, andere aber sich dafür nicht zuständig fühlten und sich auch nicht entsprechend in der Öffentlichkeit verhielten. Die Repräsentanz des Geisteslebens im Ausland ist eine allgemeine Aufgabe; das kann man nicht nach Referaten aufteilen. Hier muß doch von uns einmal die Frage gestellt werden, ob bei uns die Akzente in der kulturellen Arbeit im Ausland so ganz richtig gesetzt sind. Ich sage das deshalb, weil ich manchmal den Eindruck hatte, daß wir uns manchmal eher von dem Gedanken der Volksbildung her da draußen darstellen und repräsentieren und zu wenig aus dem Bereich der Wissenschaft.
    Das Problem des Wissenschaftsattachés ist hier von Frau Kollegin Geisendörfer vor Wochen dankenswerterweise angeführt worden. Ich halte den Wissenschaftsattaché nicht nur für ebenso oder beinahe ebenso wichtig wie den Kulturreferenten der Botschaft, sondern ich halte ihn für mindestens ebenso wichtig, ja in vielen Fällen für entscheidender für das, was wir wollen: nämlich diese Internationalität im Geistesleben herstellen. Denn in der Wissenschaft heute, in dieser starken internationalen Verflechtung der Wissenschaft ergeben sich ganz zwangsläufig Anknüpfungspunkte, die man nicht erst, wie auf anderen Gebieten, etwas mühsam hier, da und dort suchen muß. Deshalb, glaube ich, ist es eine wichtige Aufgabe des Auswärtigen Amts, die Möglichkeiten des Zusammenwirkens mit den Wissenschaftsorganisationen zu verbessern, damit wir derartige geeignete Personen als Wissenschaftsattachés für unsere Auslandstätigkeit bekommen. Es wird uns sehr viel mehr helfen, als große Geldmittel an der einen oder anderen Stelle je helfen könnten, wenn wir hier nichtige und umfassend gebildete und auch in der deutschen Wissenschaft kenntnisreiche Männer und Frauen dafür zur Verfügung haben, die also hier den persönlichen Kontakt, nicht über amtliche Stellen allein, herstellen, sondern die eben dafür sorgen, daß die bereits in den wissenschaftlichen Gesellschaften bestehenden Beziehungen durch amtliche Hilfe erleichtert und verbessert werden können.



    Moersch
    Was für die Wissenschaft gilt, gilt im Grunde genommen natürlich auch für alle übrigen Bereiche. Man wird sagen müssen, daß die Buchmesse in Frankfurt ein sehr viel wichtigeres Instrument kultureller Auslandsarbeit darstellt als sehr vieles andere, was wir eben sonst tun könnten. Aber es ist eben eine Institution, die durchaus der privaten Initiative zu verdanken ist und die privaten Charakter hat. Deswegen verdienen alle solche Bemühungen, die dazu führen, daß sich hier in Frankfurt einmal im Jahr Verleger und Schriftsteller aus der ganzen Welt treffen und damit auch von unseren Verhältnissen Kenntnis nehmen können, jede Unterstützung.
    Noch einmal: Der Rang und das Ansehen unserer Kultur und der Rang und das Ansehen unseres Geisteslebens im Ausland werden entschieden von dem, was im Inland möglich ist, was hier im Inland geschieht und was hier im Inland ist. Dabei sollten wir nicht vergessen, daß die Welt von uns neben den großen naturwissenschaftlichen Leistungen, die traditionell nun einmal bei uns geworden sind — ich denke hauptsächlich an das Gebiet der Physik —, erwartet, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland alles tun, um der Germanistik in unserem Lande den Rang zu geben, den sie verdient, den sie auch nötig hat. Wenn wir die deutsche Sprache im Ausland überhaupt richtig vertreten sehen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, daß die Germanistik, die germanistische Forschung, daß die Instrumente dieser Forschung hier im Lande vorhanden sind. Es wird deswegen unter allen Umständen wichtig sein, daß wir den Neubau der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Kräften unterstützen. Das ist keine Institution, die nur für uns hier in der Bundesrepublik Deutschland wichtig wäre; das ist eine Institution, die Weltrang besitzen muß und besitzen wird, wenn sie auch in ihren Beständen wieder so aufgebaut werden sollte und werden kann — was ich sehr hoffe —, wie sie einmal gewesen ist. Wenn wir hier ein solches Zentrum schaffen, haben wir auf die Dauer mehr davon als von vielen kleinen Aktionen, die sich im Grunde doch nur verzetteln und verkleckern.
    Das Zweite, was ich hier sozusagen lokalpatriotisch anführen darf, ist das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Auch hier haben wir — nachdem nun einmal der erste Entschluß gefaßt ist — Gelegenheit, zu zeigen, daß wir verstanden haben, welche weltweite Aufgabe ein solches zentrales deutsches Literaturarchiv für die Germanistik hat und damit einen Anreiz für die Germanisten in der ganzen Welt bieten kann, zu uns zu kommen und hier zu arbeiten, und daß wir nicht mehr so häufig wie bisher gezwungen sind, unsere jungen Germanisten mit Stipendien ins Ausland zu schicken, weil dort eben mehr Forschungsmaterial, mehr Nachlässe, mehr Autographen und ähnliches liegen als bei uns im Inland. Das wird sicherlich Geld kosten; aber ich meine, diese Mittel sind gut angelegt. Sie sind besser angelegt als eine fast uferlose Ausdehnung kleiner Einrichtungen, deren Effekt doch manchmal — Herr Kollege Kahn-Ackermann hat das hier aus genauer Kenntnis der Dinge schon angeführt — sich nicht in dem richtigen Verhältnis zu dem Aufwand bewegen kann. Wir müssen also auch hier den Mut haben, Schwerpunkte zu schaffen und mit dem Geld, das wir haben und zur Verfügung stellen können, das Richtige zu tun. Wir müssen auf diese Weise demonstrieren — ich möchte nicht gerade das Wort von der formierten Gesellschaft hier zitieren; das wäre sicher fehl am Platze —, daß wir eine weltoffene Gesellschaft sind und daß wir den Willen haben, eine Kulturnation zu bleiben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU.)